10.07.2015 Aufrufe

IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Berichte und Beiträge aus der Universität und Fachhochschule Bielefeldnicht angerührt wird. Da wäre es natürlich günstiger, von vornherein graue Pegulan-Platten zu vermeiden und zwar nicht nur an Arbeitsplätzen für Frauen. Wände, andenen sich nur mit Hilfe eines Schlagbohrers Bilder aufhängen lassen, setzen ebenfallseiner Personalisierung großen Widerstand entgegen.Wichtig erscheint mir also die Veränderbarkeit. Selbst wenn wir wüssten, dass 70%aller Frauen besonders zufrieden und leistungsmotiviert in hellgelb gestrichenen Räumenarbeiten, wäre damit noch lange nicht den übrigen 30% gedient.Eine andere Möglichkeit besteht darin, die zukünftigen Nutzer schon in die Planungeines neuen Gebäudes oder Umbaus einzubeziehen. Dabei ergeben sich allerdingsgerade im öffentlichen Raum Schwierigkeiten. Anders als beim Entwurf einesEinfamilienhauses ist der zukünftige Benutzer oft nicht bekannt und wechselt auchhäufiger. Das erklärt vielleicht unter anderem, warum viele Architekten zumindest einpassables Einfamilienhaus zustande gebracht, aber selbst berühmte Baumeister wie leCorbusier und Scharoun Vorschläge zur Stadtplanung gemacht haben, deren Realisierunguns zum Glück erspart blieb.Die zweite Schwierigkeit besteht darin, dass viele Menschen nur ungenaue Vorstellungenhaben, in welchen noch nicht existierenden Räumen sie sich wohl fühlen könnten.Deshalb sollten meiner Meinung nach wohlmeinende Bestrebungen wie „DemokratieBauherr“ und Mietermitbestimmung nicht über ihr Ziel hinausschießen. Es empfiehltsich nicht einfach abstimmen zu lassen, wie hoch der schlanke Turm eines ansonsteneher niedrigen Wohnhauses werden darf. Dabei geraten – wie beispielsweise derspanische Beitrag zur zweiten Internationalen Bauausstellung in Berlin und der Baumit der Dreiecksfahne von Kleihues gegenüber dem Theater des Westens in Berlinzeigen – elegante Entwürfe zu unproportionierten Manifestationen des jeweils herrschendenAberglaubens, in diesem Falle, dass hohe Gebäude grundsätzlich von Übelseien.Aber nicht nur künftige Nutzer sind modischen Strömungen unterworfen. Auchoder gerade wohlmeinende Baumeister sind oft ideologieanfällig. Ein besonders abschreckendesBeispiel war die im Süden von Amsterdam liegende Trabantenstadt Bijlmermeer.Anfang der 1970er Jahre wurden dort Wohnblocks mit viel Licht und Luft,ausgedehnten Grünanlagen, direkter U-Bahnanbindung, unverstopften Zubringernund ausreichend Parkplatz gebaut. Stinkende und lärmende Autos in unmittelbarerNähe von Wohnungen sowie hässliche, kapitalistische Reklame waren zunächst verboten.Wer würde nicht vermuten, dass bei Erfüllung all dieser auch heute noch für vielegültigen Kriterien wahrhaft sozialen Bauens ein Paradies entstand? Nur wollte niemanddort wohnen. Eine Zeit lang konnte das Verlustobjekt mit Immigranten ausehemaligen niederländischen Kolonien gefüllt werden, was seine Attraktivität für andereMieter nicht eben steigerte. Mitte der 1980er Jahre versuchte man schließlich durchverzweifelte Anbiederung die ökonomische Notwendigkeit eines euphemistisch „Rückbau“genannten Abtragens oberer Stockwerke zu verhindern, wie er in einem ähnlichenFall in Schweden durchgeführt wurde. In der Bundesrepublik und in Großbritanniensind sogar ganze Nachkriegswohnblöcke abgerissen worden. Ironischerweise wurdein Bijlmermeer genau das geändert, worauf die Schöpfer so stolz gewesen waren.Frauen brauchen jetzt nicht mehr den Einkauf für die ganze Familie von dem ohnehinkriminalitätsgefährdeten Parkdeck bis zu einen Kilometer weit in ihre Wohnungschleppen. Jeder darf jetzt vor der Haustür parken. Die üppig angewachsenen Büscheund Bäume wurden gerodet, um die Grünanlagen wieder von Fenstern und Balkonenaus einsehbar zu gestalten. Unter dem Sichtschutz der Blätter waren nämlich so vieleVerbrechen geschehen, dass sich niemand mehr in dieses Stückchen Natur traute.Jegliche Werbung wurde zugelassen und die aller vulgärste machte sich breit. Mieterdurften bestimmen, wie die schlicht einfarbigen, wohlproportionierten Fassaden ge-78

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!