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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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Kerstin Petersenschlecht als sozial hergestellt betrachteteund nicht, wie damals gängig,als biologische Kategorie.In aktuellen Diskussionen überfeministische Mädchenarbeitscheint ein Perspektivenwechselstattgefunden zu haben, ausgelöstdurch neue theoretische Diskussionender Frauen- und Geschlechterforschunghinsichtlich der KategorieGeschlecht (vgl. Plößer 2002).Diese Ansätze tragen, wie aufgezeigtwurde, derzeit zu einer Veränderungund Infragestellung des Verständnissesaktueller feministischerMädchenarbeit bei. Inbesondere der(de-)konstruktivistische Theoriediskurshat einerseits die Wahrnehmungdafür geschärft, dass die Unterschiedezwischen Mädchen größersein können als die zwischeneinem Mädchen und einem Jungen,andererseits aber darauf aufmerksamgemacht, dass durch die Erweiterungdes Spielraums der Kategorie„Mädchen“, die Eindeutigkeitdarüber, was ein Mädchen ausmacht,verloren gegangen ist. Auswirkungendieser Sichtweise auf diePraxis einer feministischen Mädchenarbeitwurden u.a. hinsichtlichder Weiterentwicklung des Parteilichkeitsbegriffesbehandelt. Für diePraxis der Mädchenarbeit ist der dekonstruktivistischeAnsatz eineChance, jene Ausschlussverfahrenaufzudecken, mittels derer Mädchenarbeitnur für weiße, heterosexuelleMädchen gedacht und praktiziertwurde. Diese Sichtweise ermöglicht,verschiedene Gruppenvon Mädchen (wie z.B. behinderte,lesbische u.a.) intensiver als bisherin die Betrachtungsweise der praktischenpädagogischen Arbeit einzubeziehen(vgl. Schmidt 2001). Bislangsteht eine Umsetzung der(de-)konstruktivistischen Ansätze inder praktischen feministischenMädchenarbeit noch aus. Beachtenswertbei der praktischen Umsetzungist der Widerspruch zwischeneiner parteilicher Haltung fürdie Mädchen und den theoretischenAnforderungen an die Auflösungder Geschlechtertrennung. DiesenWiderspruch hat bereits Hagemann-White(1993) so formuliert,dass einerseits Zweigeschlechtlichkeittheoretisch hinterfragt werdensoll, andererseits aber Zweigeschlechtlichkeitals soziale Realitätdie Praxis bestimmt. Für Pädagoginnenin der feministischen Mädchenarbeitbedeutet dies, diesenWiderspruch in der alltäglichen Arbeitaushalten zu können. Hilfreichist dafür m.E. der Leitsatz von Tatschmurat:„parteilich handeln –dekonstruktivistisch denken“ (Tatschmurat1996).Der letzte Punkt des Beitragesstreifte noch kurz den relativ neuenDiskursstrang um den Ansatz desgeschlechtshierarchischen Verdeckungszusammenhangs,der – dieIndividualisierungs- und Pluralisierungsdebattenaufnehmend – davonausgeht, dass geschlechtsspezifischeDiskriminierungen sich nur verschobenhaben und nicht mehr offensichtbar sind. Diskussionen,welche Auswirkungen dieser Ansatzperspektivisch für das Selbstverständnisder feministischen Mädchenarbeitund deren Praxis hat,haben erst begonnen, deuten jedochin der Tendenz eher eine erneute„Repolitisierung“ derselben und damitmöglicherweise eine „Wiederaufnahme“der Prämissen und Diskussionender „ersten Jahre“ an.Anmerkungen1 Sehr bald wurde erkannt, dass die w e-sentlichen Prozesse und Strukturen fürgeschlechtstypisches Verhalten in derKindheit begründet waren (vgl. Bitzan1993a). „Die Sozialisation der Mädchen,ihre gesellschaftliche wenig wahrgenommePosition, ihre Schwierigkeitenund ihre Fähigkeiten sollen fortan beachtetund positiv beeinflusst werden.“(Bitzan 1993a, S. 199)2 Die Absicht der „Queer Theory“ istes nicht, Kategorien abzuschaffen, sondernNormierungen in Bezug auf Geschlechtund Sexualität aufzudeckenund damit hegemoniale gesellschaftlicheMachtverhältnisse in Frage zu stellen(vgl. Howald 2001).LiteraturBeck, Ulrich: Die Erfindung des Politischen,Frankfurt 1993.Bilden, Helga/Keupp Heiner: Verunsicherungen.Das Subjekt im gesellschaftlichenWandel, Göttingen/Toronto/Zürich1989.Bitzan, Maria: Parteilichkeit zwischenPolitik und Professionalität, in: Heiliger,Anita/Kuhne, Tina (Hgg.): FeministischeMädchenpolitik, München1993a, S. 196-206.Bitzan, Maria: In Widersprüchen ganzheitlicharbeiten? Methodische Überlegungenaus der Gemeinwesenarbeitmit Frauen, in: Rauschenbach,T./Ortmann, F./Karsten, M. (Hgg.):Der sozialpädagogische Blick. LebensweltorientierteMethoden in dersozialen Arbeit, Weinheim 1993b, S.129-155.Bitzan, Maria: Veränderte Mädchenweltenund Parteilichkeit. Neue Herausforderungen,in: LandesarbeitsgemeinschaftMädchenarbeit inNRW e.V., 3.Rundbrief: ErsterVernetzungskongress „Mädchenarbeitin NRW“, 2000, S. 9-17.Bitzan, Maria: GeschlechtshierarchischerVerdeckungszusammenhang.Überlegungen zur sozialpädagogischenMädchen- und Frauenforschung,in: Lemmermöhle, Doris/Fischer, Dietlind/Klika, Dorle/Schlüter, Anne (Hgg.): Lesarten desGeschlechts. Zur De-Konstruktionsdebattein der erziehungswissenschaftlichenGeschlechterforschung,Opladen 2000, S. 146-160.Bitzan, Maria/Daigler, Claudia: Eigensinnund Einmischung. Einführung54

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