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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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Feministische Mädchenarbeit gestern und heuteDie Botschaft heute lautet: alles istmachbar, du musst selbst kompetentdafür sein. Damit zurechtzukommenmacht stark und einsam!“(Bitzan/Daigler 2001, S. 207).Dadurch werden Mädchen mindestenszwei Botschaften vermittelt:1. Ein modernes Bild von einer erfolgreichenJugend. Die Mädchenwollen und müssen demBild entsprechen, um „cool“ zusein. Dieses bedeutet für sie, dasssie Widersprüche zudecken undUnsicherheiten tabuisieren, umKompetenz und Souveränität zuzeigen.2. Im Weiteren sind die Mädchenmit weiblichen Vorbildern (Mütter,Pädagoginnen, Lehrerinnen)konfrontiert, die vorgeben, allesindividuell geregelt zu haben und,die öffentlich und gegenüberTöchtern, Schülerinnen undAdressatinnen negieren, was siedie Bewältigung des modernenweiblichen Alltages an Lebensqualitätkostet.Damit werden Erscheinungen undErfahrungen von Zurücksetzungen,von Gewalt und Übergangenwerdenzugedeckt, genauso wie Ansprüche,und Vorstellungen an einbesseres Leben, die nicht im Mithaltenaufgehen (vgl. Bitzan/Daigler 2001). Die eben aufgeführtenVerhältnisse beschreiben Funk/Schwarz (1999) als Derealisierungen.Darüber hinaus wird Mädchendurch aktuelle Mädchenbilder – u.a.in den Medien – suggeriert, dassMädchen stark sein sollten, was dieVerunsicherungen, den Verlust desSelbstbewusstseins durch diffuse,sich widersprechende Anforderungenan das Mädchen-Sein, durchden aufgesetzten und von außenerlebten Druck, unterstützt. DieseMädchenbilder können den Mädchenauf der einen Seite Unterstützungbieten, auf der anderen Seitekönnen sie aber auch eine erdrükkendeWirkung haben (vgl. Stauber1999). Danach sind diese ineinanderverwobenen Prozesse zwischenAngleichung der Chancen und Verhaltensweisenvon Mädchen undJungen fortgesetzte (De-)Thematisierungensozialer Notwendigkeiten,Erlebnisweisen und Zurücksetzungen.Diese Benachteiligungender Mädchen stellen sich in der modernenLebenslage äußerst unterschiedlichdar, je nach Ressourcenfür materielle und psychische Unterstützung,sowie regionalen und subjektivenLebenswelten. Bitzan/Daigler (2001) zufolge besteht fürdie Theorie und Praxis feministischerMädchenarbeit die Notwendigkeit,eine Vorgehensweise zu entwickeln,die gefundene und von denMädchen präsentierte Lösungen ihrerLebenssituation als Bewältigunginterpretiert, und dieses als Ergebniseines inneren Austarierens vonWidersprüchen und ambivalentenHerausforderungen sieht. „Mädchenlernen, so zu tun, als ob – dasheißt, sie sind aktiv, sie integrierenetwas und sie lernen, den schwankendenBoden, auf dem sie stehen,als Normalfall zu begreifen und zuignorieren“ (Bitzan/Daigler 2001, S.208).In dieser Betrachtungsweise stelltGeschlecht eine fundamentale aberambivalente Bewältigungsform dar.Für die „Mädchen“ bedeutet dieRückbeziehung auf Weiblichkeit,dass sie in eine bekannte Formschlüpfen können, die sie entlastet,weil sie allgemein anerkannt ist.Folglich können durch die Bezugnahmeirritierende Erfahrungennormalisiert werden. Zugleich bedeutet„Mädchen-Sein und Frau-Werden“ eine Anforderung an diePerson, die zunehmend diffuserwird. Die Mädchen sollen etwaswerden, von dem in der heutigenZeit nicht (mehr) klar ist, was eswirklich bedeutet. An dieser Stellefindet eine Verschränkung alter undneuer Widersprüchlichkeiten derGeschlechtsidentität statt. Für diefeministische Theorie und Praxisstellt sich an dieser Stelle die Frage:Wie können Probleme und Konfliktevon Mädchen erkannt werden,wenn ihre Bewältigung für das Erscheinungsbildverschwiegen werdenmuss, weil sie nach außen hindarstellen, dass sie keine Problemehaben, nicht benachteiligt sind unddass sie kompetent sind?„Hierausfolgt, den Begriff „Mädchen“ alspolitische Kategorie zu betrachten,mit der bestimmte Prozesse thematisiertwerden können. Auf dieserEbene bewegt sich u.E. feministischeMädchenarbeit – ein Zurechtkommenmit gemachten Unterschieden,ein Bewältigen und Unterstützenvon Überschreitungen“(Bitzan/Daigler 2001, S.212).6. Zusammenfassung/AusblickDer Beitrag gibt einen Überblicküber die Entwicklung der feministischenMädchenarbeit in den letztenJahren. Auf die Grundsätze der feministischenMädchenarbeit undauf die Entwicklung der Parteilichkeitinnerhalb der feministischenSozialarbeit wurde eingegangen,weil dies originäre Leistungen derFrauenbewegung und Frauenforschungsind. Die theoretischenDiskurse der Frauenbewegung undder Frauen- und Geschlechterforschunghatten – insbesondere inden 1970er bis Anfang der 1990erJahre – starke Einflüsse auf die feministischeMädchenarbeit. Einwichtiger Einfluss zu Beginn der feministischenMädchenarbeit warenTheorien der geschlechtsspezifischenSozialisation; wobei sicherlichUrsula Scheu (1977) mit ihremBuch: „Was geschieht mit kleinenMädchen“ als wegweisend herauszustellenwäre. Das Innovative anihrem Ansatz war, dass sie Ge-<strong>Info</strong> 21.Jg. <strong>Nr</strong>.<strong>27</strong>/<strong>2004</strong>53

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