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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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Feministische Mädchenarbeit gestern und heutearbeit. Dennoch ist festzuhalten:Zurzeit existiert innerhalb der feministischenMädchenarbeit keine allgemeingeteilte Definition des Parteilichkeitsbegriffs(vgl. Bitzan2000). Es scheint daher sinnvoll, die(de-)konstruktivistische Kritik aneinem einheitlichen Begriff „Frau“bzw. „Mädchen“ aufzugreifen undnicht nur für die feministische Mädchenarbeitinsgesamt zu reflektieren,sondern auch deren Auswirkungenauf die Debatte um eine feministischeParteilichkeit und derenPotential für eine Neudefinition derselbenzu betrachten. Dieser Diskurssteckt jedoch bislang noch „inden Kinderschuhen“. Im Folgendensollen Denkanstöße, die sich aus der(de)-konstruktivistischen Theorieergeben, skizziert und damit zu einerneuen Diskussion „eingeladen“werden.Durch die (de)-konstruktivistischenTheoriediskurse wurde einekritische Auseinandersetzung umdie „Neudefinition“ der feministischenParteilichkeit angeregt. DieKategorie Geschlecht würde, so derenImpulse, als alleiniges Differenzierungsmerkmalkeinesfalls ausreichen.Die Lage der Frauen sei zuindividuell und vom gesellschaftlichenStatus her wenig vergleichbar,zudem gäbe es kulturelle, ethnische,schichtspezifische und biographischeUnterschiede. Das alle verbindendeKennzeichen „Frau als potentiellesOpfer“ reiche nicht (mehr)aus (vgl. Hartwig/Weber 2000 ).Der neue Ansatz in der feministischenParteilichkeitsdiskussion gehtdaher davon aus, dass die Unterschiedlichkeitenzwischen Frauen,zwischen Mädchen sowie zwischenFrauen und Mädchen zu erkennenund anzuerkennen sind. Eine „reflektierende“Parteilichkeit mussdemzufolge ein Nebeneinander vonGleichheit und Ungleichheit zwischenFrauen und Mädchen zulassen.„So universell die Unterdrükkungvon Frauen in dieser männlichdominierten Gesellschaft auchist, so unangemessen ist jede Analyse,die nicht neben der Hervorhebungder Gemeinsamkeiten die Differenzengenau betrachtet.“ (Kavermann1997, S. 195)Das Prinzip der Parteilichkeit hatsich in der feministisch orientiertenSozialarbeit bislang bewährt undsollte als grundlegende Prämisse einerfeministischen Mädchenarbeitauch keinesfalls „aufgegeben werden“.Gleichwohl ist ein Umdenkungsprozessund eine Neuorientierungnotwendig, da durch die Diskussionender Ansätze zur (De-)Konstruktion von Geschlecht immerunklarer geworden ist, wer mitwem und warum parteilich sein sollte.„Als Orientierung für die Gegenwartund die nächste Zukunft bleibtzunächst nur dies: Es ist notwendig,die Aporie zu leben zwischender Schwierigkeit, theoretisch genaubestimmen zu können, was „Frau“ist und gleichzeitig so zu handeln,als ob dies zweifelsfrei feststünde.“(Tatschmurat 1996, S. 22).Eine andere, sich durch die Erkenntnisseder (de-)konstruktivistischenAnsätze eröffnende Umgangsweisemit dem Thema Geschlechtin der Parteilichkeitsdiskussionwäre, die Differenzperspektiveabwechselnd ernst zu nehmen(in der Praxis) und wieder außerKraft zu setzen (in der Theorie).Damit ist gemeint, dass einerseitsdie Unterscheidbarkeit und die vermeintlicheDifferenz von Frauen gegenüberMännern vorausgesetztwerden muss, sich andererseits aberauf deren einfühlsame Beschreibungeingelassen werden muss (vgl.Hagemann-White 1993).4. Zur Pluralisierung der Geschlechtsidentitätenund demAnsatz des geschlechtshierarchischenVerdeckungszusammenhangsIm Zuge sozialer Entstrukturierungs-und Individualisierungsprozessehat sich auch die Heterogenitätinnerhalb der Geschlechtergruppen(noch einmal) vergrößert. Individualisierung,verstanden als „Herauslösung“der Individuen aus traditionellenBindungen und Vorgaben,d.h. auch aus geschlechtsspezifischenVorgaben, meint jedochkeinesfalls eine „Entnormierung“der Gesellschaft. Vielmehr habensich „Normalitäten“ vervielfältigt;Individuen haben die Möglichkeit,zwischen diesen Normalitäten zuwählen und zu wechseln. Dadurchentstehen aber auch neue Zwänge.Die Individuen kreieren nun unterschiedlichstegeschlechtsspezifische– womöglich wechselnde – Stile. Siesind nicht mehr auf zwei oder wenigeGeschlechternormalitäten festgelegt,sondern der/dem BetrachterInbietet sich ein vielfältiges Bildvon geschlechtlichen Selbstinszenierungen(vgl. Rose 2000). Eine soverstandeneFlexibilisierung vonNormalitäten innerhalb der Gesellschaftbedeutet jedoch nicht, dasssich die biographische Aufgabe dergeschlechtsspezifischen Normalisierungverflüchtigt hat. Sehr wohlhaben Jugendliche sich immer nochals Mädchen oder Junge zu inszenieren.Im Gegenteil: Es scheint eherso, dass die geschlechtsspezifischenMarkierungen gerade angesichts dergesellschaftlichen Aufbrüche undZerfaserungen zu einer der letzten„Sicherheiten“ im Pluralismus gewordensind (vgl. Preuss-Lausitz1996). „Wo die alten schicksalhaftensozialen Verortungen qua Geburtals identitätsstiftende Kennzeichnungwie auch als biographischeLandkarte zerfallen, kann das<strong>Info</strong> 21.Jg. <strong>Nr</strong>.<strong>27</strong>/<strong>2004</strong>51

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