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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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Feministische Mädchenarbeit gestern und heuteschaftliche Realität zu erkennen,aber nicht mehr definieren zu können,was Mädchen (Hervorhebungim Original) sind.“ (Howald 2001,S. 304f.)Damit eröffnet sich für die Praxisder Mädchenarbeit die Möglichkeit,mit einer Vorstellung von Geschlechtund Sexualität jenseits vonfestschreibenden Identitätskonstruktionenzu arbeiten (vgl. Howald2001). Welche Auswirkungenkönnte dies auf die Arbeit der Pädagoginnenhaben?Die neuen Perspektiven, die sichaus der dekonstruktivistischen Theorieauf Macht, Geschlecht undSubjekt ergeben und sich auf pädagogischeHandlungspraxen derMädchenarbeit auswirken, könnendazu beitragen, die normativen Vorstellungen,die Pädagoginnen vonMädchen haben, zu überprüfen.Diese normativen Vorstellungenvon Pädagoginnen könnten beinhalten,dass sie ein feministischesIdeal (etwa vom starken, selbstbewusstenMädchen) konstruiert habenund darauf hinarbeiten. Dieseidealen Vorstellungen können sichunter anderem in einem verdecktenandrozentristischen Maßstab widerspiegeln,entlang dem Mädchen bestehensollen. Dieser Maßstab beinhaltetauch bestimmte Vorstellungenüber bestimmte Identitäten, diedie Mädchen ausformen, beziehungsweiseannehmen sollen. Stattdessenplädiert z.B. Schmidt (2001)für ein „Denken der Unentscheidbarkeit“:„Um die Perspektive derMädchen im Sinne von Akzeptanzund Anerkennung wach halten zukönnen, ist das poststrukturalistischeDenken der Unentscheidbarkeitvon Bedeutung. Die Akzeptanzdessen, die Mädchen nicht einordnenzu können, weder ihre Auswirkungenauf das eigene Handelnnoch die Wirksamkeit des eigenenHandelns auf die Mädchen berechnenzu können, bedeutet einen Abschiedvon einer pädagogischen Fiktion,Menschen nach Idealbildernformen zu können. Poststrukturalismusund Dekonstruktion auf pädagogischePraxis zu beziehen, heißtnicht Handlungsfähigkeit, sonderneine Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten,indem Widersprücheund Brüche eben nicht geglättetwerden, sondern eine Erweiterungvon Handlungsmöglichkeiten, indemWidersprüche und Brücheeben nicht geglättet werden, sondernindem sie aufgegriffen undpädagogische Prozesse initiiert werdenkönnen.“ (ebd., S. <strong>27</strong>8f.)Innerhalb der dekonstruktivistischenSichtweise auf Macht, Subjektund Geschlecht kann die PädagoginVerhaltensweisen und Selbstinszenierungenvon Mädchen akzeptierenund nicht, wie bisher,als veränderungsbedürftig und defizitärbegreifen. Die Deutungenvon pädagogischen Interaktionensollten sich nicht nur ausschließlichin der Kategorie Geschlecht erschöpfen,vielmehr muss ihre Verwobenheitmit anderen Kategorienberücksichtigt werden. Für die Praxisder feministischen Mädchenarbeitkann diese Sicht auf Mädchendarüber hinaus bedeuten, dass diePädagogin die eigenen Ansprüche,das eigene Tun und die eigenenIdentifizierungen und Abwehrmechanismenimmer wieder reflektierenmuss. Feministische Mädchenarbeitmit Mädchen ist ein von derjeweiligen persönlichen Betroffenheitbestimmtes Feld. Das heißt, inder Arbeit mit Mädchen sind Pädagoginnenmit ihren eigenen Lebensgeschichtenund ihren eigenenEmanzipationsprozessen konfrontiert.Auf diesem Hintergrund erscheintes sinnvoll, neue Konzeptefür die feministische Mädchenarbeit,bezogen auf die Anforderungenan die Pädagoginnen, zu entwerfen.„So würden nicht neue Forderungenund mithin Zuschreibungenan Mädchen im Mittelpunktkonzeptioneller und praktischerÜberlegungen stehen, sondern einenoch weitergehende Fundierungvon Handlungs- und Reflexionskompetenzenvon Pädagoginnen.“(Schmidt 2001, S. <strong>27</strong>9)Aus den Theorierichtungen der(De-)Konstruktion von Geschlechtergibt sich anschließend die Frage,ob Parteilichkeit, in den Anfängender feministischen Mädchenarbeitals eine ihrer zentralen Prämissenformuliert, noch ein wichtiges Prinzipsein soll oder kann.3.2. Die aktuelle feministischeDiskussion zur „Parteilichkeit“und ihre Auswirkungen auf diefeministische MädchenarbeitZiel feministischer Theorie und Sozialarbeitwar und ist es, Parteilichkeitfür Frauen und Mädchen in denMittelpunkt des feministischen Erkenntnisinteressesund ihrer Praxiszu stellen, um jegliche Herrschaftsverhältnisseüberwinden zu können.Aus der zweiten Frauenbewegungist sowohl eine hohe Aufmerksamkeitfür Ausgrenzungs- und Benachteiligungsmechanismenvon Frauenund Mädchen, als auch eine wachsendeSensibilität für geschlechtsspezifischeSegmentierungen undRollenzwänge entstanden. DieHoffnung, die am Anfang in derFrauenbewegung vorherrschte, dassaufgrund der gemeinsamen Betroffenheitvon Gewalt und Unterdrükkungeine schwesterliche Solidaritätaller Frauen zu einer Überwindungder Männerherrschaft führen könnte,hat sich nur zum Teil erfüllt (vgl.Hartwig/Weber 2000). Im Laufeder Jahre hat sich die Prämisse derSolidarität innerhalb der FrauenundMädchenprojekte von der solidarischenzur parteilichen Arbeitshaltungweiterentwickelt. Dies führ-<strong>Info</strong> 21.Jg. <strong>Nr</strong>.<strong>27</strong>/<strong>2004</strong>49

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