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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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Kerstin Petersenpolitischen und pädagogischenPrinzip der feministischen Arbeitmit Mädchen. 1 Parteilichkeit wurdevon Mitarbeiterinnen in FrauenundMädchenprojekten als Kernstückihrer grundsätzlichen Frauenorientierungbenannt, wobei dieparteiliche Haltung der Pädagoginnicht etwa so verstanden werdensollte, dass die Pädagogin vorbehaltlosalles, was Mädchen machen, alsgut und richtig erachten muss. Siebeinhaltet vielmehr, dass sie dieMädchen als Unterdrückte und Gewordenein ihrem Ist-Zustand vorurteilsfreiannimmt (vgl. Klees/Marburger/Schumacher 1989).Zentrale Aspekte der parteilichenHaltung einer Pädagogin sind demnach:• Mädchen zum Mittelpunkt despädagogischen Handelns zu machen;• den Mädchen jegliche Unterdrückungvon Frauen und Mädchenaufzuzeigen und diese zubekämpfen;• das Empfinden, Denken, Handelnund Verhalten der Mädchenzum jetzigen Zeitpunkt als dasmaximal Mögliche zu akzeptierenund wertzuschätzen;• die Bedürfnisse, Interessen,Wünsche, Lebensvorstellungenund Zukunftspläne von Mädchenaus deren Perspektive wahrund ernst zu nehmen;• pädagogische Hilfe zum Entdekkender eigenen Bedürfnisse undInteressen der Mädchen, zum Erwerbund zur Erweiterung derFähigkeit zur Selbst-Definitionund Selbst-Organisation und zurDurchsetzung ihrer Belange anzubieten;• ganzheitliche Gegenerfahrungenzu alltäglichen Diskriminierungenzu ermöglichen, damit dasSelbstvertrauen der Mädchenwächst, um beispielsweise eigeneLebenspläne zu entwerfen,oder über vorhandene Lebenspläneeigenständig entscheidenzu können.Die parteiliche Haltung der Pädagoginbeinhaltet damit, dass sie sich inihrer Zielsetzung, ihrem Verhaltenund Handeln an die Seite der Mädchenstellt, mit der Absicht, der täglichenoffenen und subtilen Diskriminierungvon Frauen und Mädchenentgegenzuwirken (vgl. Klees/Marburger/Schuhmacher 1989).Ein wesentlicher Punkt der Parteilichkeitals pädagogischem Grundsatzist, dass Frauen und Mädchenaus der Opferrolle herausgeführtwerden und von individuellenSchuldzuschreibungen, z. B. bei Gewalterfahrungen,befreit werden(vgl. Bitzan 1993a). Parteilichkeit bedeutetin diesem Zusammenhangaber auch, dass die gesellschaftlicheZuordnung von Eigenschaften, Fertigkeitenund Fähigkeiten von Menschenin „weibliche“ und „männliche“und die sich anschließende Abwertungweiblicher Eigenschaftenund Kompetenzen, durchbrochenund überwunden werden muss. Daim feministisch-pädagogischen Ansatzdavon ausgegangen wird, dassmenschliche Eigenschaften undKompetenzen nicht an einen männlichenoder weiblichen Körper gebundensind, ist es einerseits Aufgabeeiner feministischen Mädchenarbeit,den Mädchen Handlungsspielräumezu eröffnen, in denen sie sichsogenannte männliche Eigenschaftenund Kompetenzen aneignenkönnen, da diese Kapazitäten bislangnur durch die Erziehung zurWeiblichkeit in ihrer Person unterdrücktwurden. Anderseits ist esaber auch notwendig, die sogenanntenweiblichen Fähigkeiten der Mädchenaufzuwerten, um so das Selbstvertrauen,und das Selbstwertgefühlder Mädchen zu stärken. Damit diesepädagogischen Ziele erreicht werdenkönnen, bedarf es einerseits Pädagoginnen,die sich der formuliertenParteilichkeit „verpflichtet fühlen“(vgl. Klees/Marburger/Schuhmacher1989), anderseits aber auchneue (Frei-)Räume für eine solcheparteiliche pädagogische Arbeit.Konsequenterweise avanciertedamit der Anspruch, dass feministischeMädchenarbeit in geschlechtshomogenenRäumen und Gruppenstattfinden sollte, zu einer weiterenzentralen Prämisse des eigenenSelbstverständnisses. Als Vorteil einerpädagogischen Arbeit mit Mädchenin geschlechtshomogenenGruppen und Räumen wurde angesehen,dass die Mädchen lernenkönnen, sich gegenseitig wahrzunehmenund anzuerkennen. Durchdie Abwesenheit von Jungen entfälltdie ständige Präsenz männlicherWerte, Normen, Erwartungen undAnforderungen. Dass die geschlechtshomogenenGruppen undRäume frei von Jungen sind, bedeutetzwar nicht, dass das Klima in derMädchengruppe zwangsläufig harmonischist, doch sind Mädchen ingleichgeschlechtlichen Gruppeneher bereit, sich mit ihrer persönlichenEigenart und der Art andererMädchen auseinander zu setzen.Hier können sie eigenen Bedürfnissen,Empfindungen, Interessen,Kränkungen und Verletzungen Beachtungschenken, untereinanderProbleme und Schwierigkeiten austauschenund sich darüber gegenseitiganerkennen und bestätigen. Ingeschlechtshomogenen Gruppenbesteht für die Mädchen die Möglichkeit,sich von gesellschaftlichenRollenzuweisungen zu lösen. DiesenFreiraum können sie nutzen, umneue Verhaltensweisen auszuprobieren,ihre Handlungsmöglichkeitenzu erweitern und dadurch ihrSelbstbewusstsein und ihr Selbstvertrauenin ihre eigene Kompetenz zustärken. Mädchen, die so gestärkt inden Alltag gehen, können, so die44

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