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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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Sabine Marxdamit den Mitarbeiter zurück. Dieseswidersprechende Verhalten wirdvon der Inhaltsebene überlagert undkonterkariert, auf der Neuhoff –scheinbar – auf die artikuliertenSorgen Althoffs eingeht. Damit hatihre Äußerung auch den Charaktereiner doppelten Botschaft.Ebene von TeamarbeitAlthoff präsentiert sich in diesemAusschnitt als „versorgende“ Leitungsfigur.Er definiert seine Rolleüber Fürsorglichkeit. Im weiterenGesprächsverlauf wird dieses nochdeutlicher, ebenso wie seine Rolleals „informeller Leiter“ im Team.Indem die Teamleiterin eine Tendenzzeigt, Althoff zu widersprechen– ein Muster, das im Gesprächwiederholt auftaucht – unterläuft siediese Funktion und entmutigt subtilAlthoffs Beiträge. Aus der Geschlechterperspektivewird sichtbar,dass Althoff durch Bezugnahmeauf einen fürsorglichen Leitungsstileher den stereotyp „weiblichen“Part übernimmt, während sich Neuhoffeher als dem „männlichen“Führungs-Stereotyp entsprechendpräsentiert und den emotionalenGehalt der Äußerung übergeht.Ebene von OrganisationAlthoff artikuliert in dem AusschnittZukunftsängste im Unternehmen.Er gibt die Sorgen von untennach oben weiter, bringt unklarePerspektiven zur Sprache. DieAnalyse der Gruppendiskussionverdeutlicht, dass dieses Thema –Zukunftsängste, Verunsicherung –im Team, wahrscheinlich weitergehendim Unternehmen, virulent ist.Neuhoff gibt ein Programm derOrganisationsentwicklung vor, dasan die Unternehmensleitung angelehntist, nach dem Motto „Zukunftdurch Innovation“. Zwar birgt diesesProgramm ein Potenzial von Beruhigung– die Leitung werde sichschon darum kümmern, dass dieLeute immer genug zu tun haben –doch es wirkt nicht überzeugend,zumindest nicht in der Diskussion,wo das Thema brisant bleibt. Hinzukommt, dass Neuhoff von ihremArgument selbst nicht richtigüberzeugt ist, wofür Hinweise an andererStelle sprechen, in der konkretenSituation weist das Absenkender Stimme darauf hin, dass sie womöglichZweifel am durch sie repräsentiertenUnternehmensprogrammhegt. Hier wird die Zukunftder Organisation verhandelt, wobeiüberzeugende Antworten fehlen.Althoffs Turn kann als Stimme dertraditionellen („patriarchalischen“)Organisation gehört werden, währendNeuhoff die moderne („phallokratische“)Sichtweise anklingenlässt. Im Subtext bringt Althoff damitals Mann die Überlegenheit deralten Ordnung gegenüber der neuenin Stellung und bringt Neuhoffin die zwiespältige Position, als jüngereFrau eine neue Ordnung einzuführen,ohne Belohnung durch alteSicherheiten bieten zu können. DieMachtfrage ist offen.Ebene von GesellschaftWas die AkteurInnen in dem Gesprächsausschnittverhandeln, sindweitergehend die Zukunft von Arbeitsverhältnissenund die Maßstäbeihrer Gestaltung. Hier interagierendie Unternehmen mit dem unberechenbarscheinenden Markt,den KundInnen und ihrem (inZweifel gezogenen) Bedarf an technischenKommunikationsgerätschaften.Eine Grenze dieses Marktesscheint denkbar, das Handeln indiesem Geschehen wird mit einerdem Krieg entlehnten Vokabel beschrieben(„hochrüsten“), was dieängstliche Färbung verstärkt. AmGegenhorizont dieses Bildes vomWirtschaften als kriegerischem Akt,taucht die Frage auf, wie Arbeit alsBeziehung von Produkten, HerstellerInnen,VertreiberInnen und KäuferInnenauf friedliche, dauerhafteArt und Weise organisiert werdenkönnte. Die Frage nach den lohnenswertenVisionen, von denen imManagementbereich doch so ausgiebiggesprochen wird, stellt sichhier, ohne das Echo einer Antwort.Das Feedbackgespräch mitFrau NeuhoffDie Ergebnisse wurden in einemFeedbackgespräch an die Gruppezurückgegeben. Hinzu kam ein ausführlichesEinzelgespräch mit FrauNeuhoff. Auf diesem Wege konntesie mehr über ihre Art der Gesprächsführungerfahren, also beispielsweiseihre Tendenz, Äußerungenvon Mitarbeiterin zu widersprechen.Solche Verhaltensweisen sindnicht als prinzipielle Inkompetenzzu bewerten, sie laufen eher „automatisch“ab, sind auf biographischeFaktoren zurückzuführen und invielen beruflichen Situationen sicherlichnützlich. Sie zu reflektierenund auf ihren Einsatz hin zu prüfen,erhöht den Handlungsspielraum.Im Falle von Frau Neuhoffwar es außerdem für sie erhellend,Althoffs informelle Leitungsfunktionim Team zu erkennen, die ihrbisher nicht so deutlich gewordenwar. In dem Gespräch bekundetesie, dass sie bewusst versuche, dasStereotyp der „weiblichen“ Führungskraftzu vermeiden, da es ihrnicht adäquat erscheine im Umgangmit den Mitarbeitern. Sie möchtenicht als „Weichei“ erscheinen. Hiersind Kollisionen zwischen Stereotypen,Vermeidungsstrategien und situativenAnforderungen angelegt,die zur Verhinderung einer produktiverenBeziehung zwischen Mitarbeiterund Leitung beitragen können.Die Gesprächsanalyse bot ihrreflexiv die Möglichkeit, ihr Verhaltensrepertoireanzureichern. 2124

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