und unseren Verstand. O<strong>der</strong> ist da immer schon allesbelegt? Und das ist <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> überall vorhandenenMedien, die uns zu je<strong>der</strong> Zeit mit allem Möglichenversorgen und viel Überflüssigem. In unserer Zeit istdas e<strong>in</strong>e echte Frage? Haben wir noch Aufnahmekapazitätfrei für Gott o<strong>der</strong> ist alles zu, ist alles dicht,weil wir uns vollgesaugt haben mit an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>gen imFernsehen, im Internet usw. usw.? Gibt’s da nochFreiraum für Gott? Gibt es noch die Stellen unsererArmut, die wir vor ihn h<strong>in</strong>tragen und wo er zu unskommen kann. Das ist e<strong>in</strong>e entscheidene Frage fürdie Zukunft <strong>der</strong> Kirche.Das mit den Strukturen, das kostet uns e<strong>in</strong>iges anArbeit, aber das werden wir h<strong>in</strong>kriegen. Aber die entscheiden<strong>der</strong>eFrage, die wir uns als Geme<strong>in</strong>de stellenmüssen, ist die geistliche Frage. Die Frage danach,ob Gott noch Platz hat bei uns. Ob wir bereit s<strong>in</strong>d, vorihm arm zu se<strong>in</strong>, denn an<strong>der</strong>s werden wir nie und niemalsvor Gott se<strong>in</strong>. Man kann nicht vor Gott auftrumpfenund rumprotzen. Das geht nicht. Vor Gott s<strong>in</strong>d wiralle arm. Wir s<strong>in</strong>d mit Nichts nackt <strong>in</strong> die Welt gekommen,und wir gehen genauso wie<strong>der</strong> raus. Vor Gotts<strong>in</strong>d wir arm, und das ist gut so. Es ist gut so, weil eruns beschenken will mit dem, was wir nicht haben,was wir nur <strong>von</strong> ihm haben können: mit se<strong>in</strong>erGegenwart, mit <strong>der</strong> Macht se<strong>in</strong>er Liebe. Paulus sagt:Ich b<strong>in</strong> überzeugt, nichts kann uns scheiden kann <strong>von</strong><strong>der</strong> Liebe Gottes, die <strong>in</strong> Jesus Christus ist, we<strong>der</strong> Bedrängnisnoch Not, noch irgendetwas <strong>in</strong> dieser Welt.Nichts kann uns scheiden <strong>von</strong> <strong>der</strong> Macht <strong>der</strong> LiebeGottes. Sie ist stärker als alles. Und wenn sie uns erfüllt,dann ist sie auch die Kraft, mit <strong>der</strong> wir alles, wasschwer se<strong>in</strong> mag <strong>in</strong> unserem Leben, zu leben undgeistlich und menschlich zu überleben, auch wenn wiran Krankheit, Misserfolg o<strong>der</strong> Armut leiden. Daskönnen wir vor diesen Gott tragen, <strong>der</strong> uns beschenkenwill mit dem Reichtum se<strong>in</strong>er Gegenwart.Unsere Gesellschaft geht <strong>in</strong> e<strong>in</strong> geistliches Niemandsland.Sie geht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Raum, wo es ke<strong>in</strong>göttliches Du mehr gibt, wo nur noch wenige daranglauben. An irgendetwas Religiöses glauben e<strong>in</strong>ige,aber nur noch wenige an das Du <strong>der</strong> GegenwartGottes, das Du se<strong>in</strong>er Güte und Barmherzigkeit, andas Du, das jeden E<strong>in</strong>zelnen <strong>von</strong> uns sieht, wo je<strong>der</strong><strong>von</strong> uns wertgeschätzt wird, so wie es ihm vor Gottentspricht, <strong>der</strong> uns ja sieht <strong>in</strong> unserer Gestalt, die <strong>in</strong>die Ewigkeit h<strong>in</strong>übergehen soll. Unsere Gesellschaftsieht das nicht mehr. Sie sieht nicht mehr die Quelle<strong>der</strong> Liebe, aus <strong>der</strong> alles Leben kommt und <strong>in</strong> die wirzurückgehen dürfen e<strong>in</strong>es Tages e<strong>in</strong>mal. Sie weißdarum nicht mehr. Die Menschen wissen nicht mehr,dass sie unendlich geliebt s<strong>in</strong>d und dass trotz allerSchwierigkeiten und trotz aller Leiden, die wir zu ertragenhaben, dass eben trotzdem alles gut ist, weilGott es gut machen wird. Das wissen die Menschennicht mehr, denn sie rechnen nicht mehr mit Gott.Tragen wir die Zuversicht, dass Gott jeden <strong>von</strong> unsauf <strong>der</strong> Rechnung hat, dass er jeden <strong>von</strong> uns unendlichliebt <strong>in</strong> unsere Gesellschaft h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>: Er kennt dieBedürfnisse unserer Seele und er kann sie unendlichmehr befriedigen kann als je<strong>der</strong> <strong>von</strong> uns sich dasüberhaupt ausdenken kann? Tragen wir diese Zuversicht<strong>in</strong> unsere Welt h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und auch <strong>in</strong> unsere Geme<strong>in</strong>den!Da<strong>von</strong> hängt ganz viel ab. Wenn wir dasleben, immer mehr leben, dann s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> dieserGesellschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> wir leben, nicht die Retrogard (dieRückwärtsgewandten), nicht diejenigen, die irgendwiee<strong>in</strong> kirchlich katholisches Retrodesign pflegen. Ne<strong>in</strong>,dann s<strong>in</strong>d wir weiterh<strong>in</strong> die Avantgard (die Vorhut) <strong>der</strong>Gesellschaft, weil wir im geistlichen Niemandslandwissen, woh<strong>in</strong> die Reise geht, weil wir es im Glaubenwissen, weil wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung erhaschen, dass dieReise nicht <strong>in</strong>s Nichts geht. Es stimmt nicht, wasHe<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit vor se<strong>in</strong>er Bekehrunge<strong>in</strong>mal gesagt habe, das wir auf all unsere Fragen amEnde e<strong>in</strong>e Schaufel Erde <strong>in</strong>s Maul bekommen. Ja,wenn das stimmte, dann Prost! Dann werde ich jetztversuchen, alles an Leben an mich zu raffen und dieErde zu packen wie e<strong>in</strong>e Zitrone und sie auszuquetschenbis die Kerne quietschen. Das hat dann Auswirkungauf me<strong>in</strong> Verhalten zu an<strong>der</strong>en Menschenund auch zur Umwelt. Wenn alle das „Leben führenals letzte Gelegenheit“, dann kann die Erde uns nichtmehr ertragen.Also vom Kle<strong>in</strong>en bis <strong>in</strong> die ganz großen Zusammenhängeist es wichtig, ist es wirklich wichtig, dass wiran Gott glauben, dass wir glauben, dass die Befriedigungunserer Bedürfnisse nicht vom Irdischen alle<strong>in</strong>abhängt, son<strong>der</strong>n dass letztlich Gott es ist, <strong>der</strong> jeden<strong>von</strong> uns im Tiefsten befriedigt. Das hat politischhöchste Relevanz, und das hat auch höchste Relevanzim persönlichen Bereich Das ist entscheidenddafür, wie wir mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> umgehen. Auch wie wir mitEnttäuschungen umgehen. Die Enttäuschungen werdennicht das Letzte se<strong>in</strong>. Und die Leiden werdennicht das Letzte se<strong>in</strong>. Es gibt den, dessen Zuwendungalles aufwiegt. Es werden eben wirklich alleTränen getrocknet. Wir dürfen auf diesen Gott zugehenund mit ihm jetzt schon leben, <strong>der</strong> uns kennt undjeden <strong>von</strong> uns tröstet. Er macht uns so sanfter undbarmherziger. Auch das brauchen wir. Das wissen wirdoch eigentlich alle. Und auch unsere Gesellschaftbraucht das. Wenn wir aus <strong>der</strong> Gegenwart Gottesheraus leben, dann s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> dieser Gesellschaft
nicht Retrodesign, son<strong>der</strong>n echt Avantgard, weil wirim geistlichen Niemandsland Spuren zum Lebenzeigen.Zugleich, und erlauben Sie noch e<strong>in</strong>mal diese militärischeSprache <strong>von</strong> Avantgard, <strong>der</strong> Vorhut, da gibt’snämlich auch e<strong>in</strong>e Arièregard, e<strong>in</strong>e Nachhut, diejenigen,die h<strong>in</strong>terhergehen. Die braucht es auch. Diejenigen,die die auflesen, die unter die Rä<strong>der</strong> gekommens<strong>in</strong>d, die ke<strong>in</strong>en mehr haben, <strong>der</strong> für sie e<strong>in</strong>tritt,die ke<strong>in</strong>en mehr haben, <strong>der</strong> zu ihnen spricht. Wirdürfen nicht bes<strong>in</strong>nungslos voranpreschen mit <strong>der</strong>Dynamik unserer Gesellschaft, <strong>der</strong> Dynamik desimmer Neuen, des immer stärker und immer größer,wir müssen auch den Blick haben nach h<strong>in</strong>ten. DieserBlick hat zwei Hauptrichtungen er geht, wie gesagtauf diejenigen, die das Tempo nicht mehr mithaltenund er geht zurück auf unsere Herkunft. Wir brauchenden Blick <strong>in</strong> unsere Geschichte. Wir brauchen Gedächtnis,damit wir wissen, wo wir herkommen undwer wir s<strong>in</strong>d. Sonst werden wir schnell identitätslosund folglich manipulierbar. Das brauchen wir hier <strong>in</strong><strong>Roxel</strong>, das brauchen wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzen Stadt Münster,<strong>in</strong> unserem Land, <strong>in</strong> unserem Volk, das brauchenauch die an<strong>der</strong>en Völker.nicht nur nutzlos verstrichen, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> bisschenmehr <strong>von</strong> <strong>der</strong> Kraft <strong>der</strong> Liebe Gottes und se<strong>in</strong>er Gegenwartist spürbar geworden <strong>in</strong> unserer Beziehungzu Gott und <strong>in</strong> unseren Beziehungen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.Lassen wir Christus ankommen <strong>in</strong> unserer Mitte! Undwir werden spüren, dass er <strong>der</strong> Herr ist, <strong>der</strong> unsnichts aufoktroyiert, <strong>der</strong> uns nichts wegnimmt, waskostbar und wertvoll ist, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> uns alles gibt,<strong>der</strong> sanft ist und demütig. Er verwandelt uns und gibtuns Hoffnung und Freude am Leben. Er ist unsereZuversicht. Er ist die Kont<strong>in</strong>uität im Wandel. Christus<strong>der</strong>selbe gestern, heute und <strong>in</strong> Ewigkeit. Mit ihmgehen wir <strong>in</strong> diese Jahre. Es wird nicht heißen: ImWesten nichts Neues <strong>von</strong> Münster, son<strong>der</strong>n es wirde<strong>in</strong>iges Neue geben, aber es gibt auch Kont<strong>in</strong>uität.Und diese Kont<strong>in</strong>uität liegt vor allem <strong>in</strong> ihm. Und dannauch <strong>in</strong> uns, denn ihm geht’s um uns, uns geht’s umihn. Und dar<strong>in</strong> liegt die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Kirche. Dann ist er<strong>in</strong> unserer Mitte. Dann wird er uns verwandeln immerwie<strong>der</strong> neu, nicht nur das Brot, das auf den Altarkommt, son<strong>der</strong>n auch uns selbst zu se<strong>in</strong>er Kirche.Zum Sakrament se<strong>in</strong>er Gegenwart <strong>in</strong> dieser Welt.Dieser Kirche ist ewige Zukunft zugesagt.Gerade <strong>in</strong> den Zeiten des Wandels und <strong>der</strong> großenVerän<strong>der</strong>ungen, <strong>in</strong> denen wir begriffen s<strong>in</strong>d, brauchenwir die Versicherung unserer eigenen Identität. Undsie kommt durch die Memoria, durch das Gedächtnis.Dadurch, dass wir uns er<strong>in</strong>nern an das Große undSchöne, das geschehen ist und dass wir es weitergeben.Das gilt sowohl im weltlichen Bereich wienatürlich im religiösen Bereich. Denn hier feiern wirdas Gedächtnis <strong>der</strong> Großtaten Gottes. Wir tun zuse<strong>in</strong>em Gedächtnis, was er uns aufgetragen hat. Wirleben daraus, dass er sich für jeden <strong>von</strong> uns gegebenhat. Wir leben daraus, und wir er<strong>in</strong>nern uns daran.Und dieses Gedächtnis, das eröffnet uns die Zukunft:Wir gehen <strong>in</strong> den Advent, wir gehen auf den zu, <strong>der</strong>sich damals für uns gegeben hat. Wir gehen zu aufden, <strong>der</strong> auf uns zukommt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft. In <strong>der</strong> kollektivenAmnesie <strong>der</strong> vorwärts stürmenden Bes<strong>in</strong>nungslosigkeitunserer Zeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, können wir wissen,wer wir s<strong>in</strong>d als Christen aus <strong>Roxel</strong>, aus Münster, ausDeutschland.Wer wollen wir im Jahre 2019 gewesen se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> zehnJahren? Das hängt natürlich nicht nur <strong>von</strong> uns selberab. Aber das, was <strong>von</strong> uns abhängt, dass die Geschichtegut wird, kraftvoll und lebendig; - das, was<strong>von</strong> uns abhängt, da wollen wir tun und dabei wollenwir uns gegenseitig unterstützen <strong>in</strong> diesen Jahren.Damit wir am Ende sagen können, die Jahre s<strong>in</strong>d