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Erziehung

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Regeln gibt, sonst wollen sie erst recht<br />

machen, was verboten ist.»<br />

«Ich finde, dass <strong>Erziehung</strong> nötig ist, weil jeder<br />

wissen muss, wie man sich anständig benimmt<br />

und wie man mit anderen Menschen umgehen<br />

muss. Wenn die Eltern und Lehrer keine klaren<br />

Regeln aufstellen und darauf bestehen,<br />

dass diese auch eingehalten werden, hat man<br />

es als Erwachsener schwer.»<br />

«Natürlich ist <strong>Erziehung</strong> wichtig, denn ein<br />

Kind weiss nicht einfach so, was höflich und<br />

was unhöflich ist. Das müssen einem die<br />

Eltern beibringen, denn in der Schule, finde<br />

ich, hat dies keinen Platz mehr.»<br />

«Kinder werden durch gute Vorbilder erzogen,<br />

das sollen vor allem die Eltern sein, aber auch<br />

alle anderen Familienmitglieder und die Lehrer.»<br />

«Bei uns gelten folgende Regeln: Keine<br />

Fluchwörter, Hausaufgaben machen, im<br />

Haushalt helfen, rechtzeitig zu Bett gehen.<br />

Das macht nicht immer Spass, aber es muss<br />

wohl so sein.»<br />

«Die Eltern müssen uns Kindern Regeln<br />

geben. Das gibt uns Sicherheit.»<br />

9<br />

LOLLYPOP<br />

Früher war alles besser. Da waren die Schüler<br />

noch anständiger, hielten sich an Hausordnung<br />

und Regeln, machten ihre Hausaufgaben.<br />

Unterrichten war ein Vergnügen.<br />

Und Erziehen ein Kinderspiel. Die folgende<br />

Glosse aus dem Jahre 1980 zeigt aber ein<br />

anderes Bild.<br />

Ich hatte mich schon lange auf diesen Donnerstagnachmittag<br />

gefreut. Ein grandioses<br />

Erlebnis stand bevor: Pausenaufsicht bei herrlich<br />

frühlinghaftem Wetter. Und das Ende<br />

Februar.<br />

Wir hatten uns bis ins kleinste Detail abgesprochen:<br />

Bea übernahm zusammen mit<br />

Christine die Al Porto (heute Freya) – und<br />

Kioskkontrolle. Das war Bea hoch anzurechnen.<br />

Sie war nämlich in anderen Umständen.<br />

Und schliesslich konnte man ja nie im Voraus<br />

wissen, wie die ertappten und zur Rede<br />

gestellten Schüler reagieren würden. Nicht<br />

auszudenken, wenn sie in ein Handgemenge<br />

mit Suter-Schülern geraten wäre, die beim<br />

Spielen im Las Vegas im Neuhaus erwischt<br />

worden waren. Gottlob waren die Schüler<br />

etwas nachsichtig. Vielleicht gerade deshalb,<br />

weil sie von diesen besonderen Umständen<br />

wussten.<br />

Schon beim Verlassen des Schulhauses fiel<br />

uns auf, dass recht viele Schüler einen<br />

Schleckstengel, besser gesagt eine Schleckkugel,<br />

im Munde drehten. «Diese Unart, einen<br />

solchen Lollypop im Mund zu lutschen und<br />

gleichzeitig zu sprechen, wird also auch bei<br />

uns Mode», dachte ich. «Woher sie nur das<br />

Zeug haben? Vom Kiosk natürlich!»<br />

Wer sich im Schulkreis Margeläcker, in dem<br />

ich seit gut zehn Jahren unterrichte, nicht aus-<br />

kennt, kann kaum ermessen, mit welcher Konsequenz<br />

das Kollegium den Schülern den<br />

Gang zum Kiosk während der Pause verbietet.<br />

Deshalb war auch kurz vor den Sportferien der<br />

Bestand der Pausenaufsicht verdoppelt worden:<br />

Wir wollten ein für allemal wenigstens<br />

die Sache mit dem «Verhalten während der<br />

Pause» in den Griff bekommen.<br />

Christoph hatte auch schon die ersten Sünder<br />

entdeckt. Vier Mädchen aus der Klasse Lehner.<br />

Ein Fischzug, der sich lohnt. Wir steuerten<br />

schnurstracks auf die Vierergruppe zu.<br />

Auf einen Blick konnte ich feststellen:<br />

vier Lollypops, zwei RAGUSA, ein Päckli<br />

SUGUS, eine FRISCO-Glacé Vanille/Erdbeer.<br />

«Und? Ihr kennt doch die Hausordnung! Während<br />

der Pause darf das Schulareal nicht verlassen<br />

werden. Also auch kein Kioskbesuch!»,<br />

sagte ich zu ihnen in forschem Ton.<br />

«Was meinen Sie mit während der Pause? Wir<br />

haben keine Schule mehr. Nach der Physik<br />

waren wir völlig erledigt, wir mussten unbedingt<br />

zum Kiosk», gab Sandra keck zurück.<br />

«Wenigsten den Lollypop könntest du aus<br />

dem Mund nehmen, wenn du mit mir<br />

sprichst!» Ich wollte noch einmal punkten.<br />

Christoph hatte sich bereits abgewandt.<br />

«Wenn die noch Schule haben...!» Im Grunde<br />

genommen hatte aber auch ich schon aufgegeben.<br />

«Du, Christoph, weisst du etwa, wie solche<br />

Lollypops schmecken?» Er zuckte nur mit den<br />

Achseln.<br />

Heinz Bürgler / 22. Februar 1980

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