Hysterie oder sinnvolle Wachsamkeit? - Landeskrankenhaus Feldkirch

Hysterie oder sinnvolle Wachsamkeit? - Landeskrankenhaus Feldkirch Hysterie oder sinnvolle Wachsamkeit? - Landeskrankenhaus Feldkirch

11.08.2012 Aufrufe

Aus den Häusern Gefährlicher Käse 14 Preis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie für Poster „FSME durch Ziegenkäse - eine besonders effektive Infektionsroute“. Prim. Dr. Stefan Koppi „Wir konnten schlüssig zeigen, wie effizient die orale Übertragungsroute bei FSME tatsächlich ist.“ So schnell kann’s gehen: Ein feines, selbst gemachtes „Ziegenkäsle“ zur Jause – und schon mit dem Zecken-Virus FSME infiziert. Dass ein derart unwahrscheinliches Szenario tatsächlich eintreten kann, hat der Fall einer Vorarlberger Senner-Familie, der im Sommer letzten Jahres für internationales Aufsehen sorgte, eindrücklich unter Beweis gestellt. Die Familie hatte Ende Juli 2008 auf einer Walgau-Alpe (Seehöhe 1564 Meter, Südostlage) unpasteurisierten Ziegenkäse genossen. Niemand war gegen FSME geimpft, konnte sich aber an keinen Zeckenbiss erinnern. Sechs von ihnen hatten sich mit dem FSME-Virus infiziert, vier davon erkrankten in der Folge an einer Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis) – mit glücklicherweise durchwegs glimpflichem Ausgang. Der mysteriöse Fall wurde von den involvierten Me- Facts: Was ist FSME? VORARLBERGER LANDESKRANKENHÄUSER Das magazin Der Vorarlberger lanDeskrankenhäuser t Eine FSME-infizierte Ziege sorgte für viel Aufsehen im Ländle und darüber hinaus. dizinern genau dokumentiert und als Poster unter dem Titel „FSME durch Ziegenkäse - eine besonders effektive Infektionsroute“ publiziert. Es konnte schlüssig gezeigt werden, dass die Infektion über eine infizierte, klinisch unauffällige Ziege stattgefunden hatte. Selbst zwei Alpschweine, die Reste des Ziegenkäses gefressen hatten, waren ebenfalls FSME positiv. Damit war der Beweis erbracht, dass die orale Übertragungsroute sehr effizient ist und ein erhöhtes Risiko beim Konsum nicht pasteurisierter Milch in den FSME-Verbreitungsgebieten besteht. Der Fall zeigte aber auch, dass Zecken in immer höherer Lage nachweisbar sind und dass die Annahme, oberhalb von 1350 Meter Seehöhe gäbe es gar keine Zecken mehr, nicht mehr stimmt. Die Arbeit, die von Neuroglogie- Primar Dr. Stefan Koppi gemeinsam mit insgesamt sieben Co-Autoren – u.a. mit Landessanitätsdirektor Hofrat Dr. Elmar Bechter und den LKH-Neurologen OA Dr. Conrad Graefe, FÄ Dr. Tanja Haydn und OA Dr. Philipp Werner – verfasst worden war, wurde anlässlich der 7. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) im März 2009 mit dem Wissenschaftspreis ausgezeichnet. n Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine durch das FSME-Virus ausgelöste Erkrankung, die mit grippeähnlichen Symptomen, Fieber und bei einem Teil der Patienten mit einer Meningoenzephalitis, einer Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten, verläuft. Eine Übertragung durch virusinfizierte Milchprodukte tritt sehr selten auf, da diese nur durch unpasteurisierte Milch von Ziegen und Schafen, in Ausnahmefällen auch von Kühen, möglich ist. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht nachgewiesen. VORARLBERGER LANDESKRANKENHÄUSER Das magazin Der Vorarlberger lanDeskrankenhäuser Ausbildung Jede Sekunde zählt Reanimation am LKH Rankweil neu organisiert Bis zu fünfzehn Mal im Jahr wird das Notfallteam am LKH Rankweil zu einer Reanimation gerufen. Der Stationsleiter der Neurologie, Christian Gartner, trainiert Mitarbeiter intensiver als bisher mit einer wirkungsvollen, weil praxisnahen, Methode. DGKP Christian Gartner “Um Stress und Panik möglichst auszublenden, wird das Notfallteam in einprägsamen Zwei-Minuten- Schritten durch kritische Situationen geführt.“ Herz-Kreislauf-Stillstand, Kammerflimmern oder gar Null-Linie: Muss ein Patient reanimiert werden, zählt jede Sekunde. Jeder Handgriff muss sitzen, und das ganze Team sollte optimal aufeinander eingespielt sein. Bisher wurden die 140 Mitarbeiter der Neurologie, Psychiatrie II und die Absolventen der Krankenpflegeschule Rankweil alle zwei Jahre zwei Stunden im Jahr für solche Notfälle ausgebildet. Rollenspiel hilft Neuerdings nimmt sich Christian Gartner, der sich zum EUzertifizierten Lehrbefähigten weitergebildet hat, drei Stunden je Kurseinheit Zeit – und spielt dabei sogar selbst das Simulationsphantom. „Nach einer theoretischen Einführung von 60 Minuten sind die Mitarbeiter in einem Rollenspiel für den kompletten Notfall verantwortlich. Dabei übernimmt jeder abwechselnd den Part des anderen. So wird nicht nur der Ablauf gelernt, sondern auch die Teamfähigkeit geschult“, sagt der Notfalltrainer. Wertvolle Hilfestellung geben die Standards – ein festgelegter Algorithmus, der die Funktion eines „roten Fadens“ übernimmt. In Zwei-Minuten- Schritten führt er das Notfallteam durch die kritische Situation. „Das ist eine wichtige Orientierungshilfe, die Sicherheit gibt“, sagt Gartner, „Stress und Panik werden ausgeblendet“. Professionelle Aufarbeitung Nicht immer ist eine Reanimation erfolgreich. Die hohe psychische Belastung ist oft erst später spürbar. Deshalb ist eine Nachbesprechung im Team von großer Bedeutung. Und natürlich befinden sich auch die nötigen Fachleute im Haus, die helfen, das Erlebte aufzuarbeiten. Alle sind involviert Jeder ist wichtig. So erhalten im LKH Rankweil auch Zivildiener einen Einführungskurs, und von der Köchin bis zum Reinigungspersonal hat jeder schon einmal einen Erste-Hilfe-Kurs besucht. In sämtlichen Stationen stehen jeweils am selben Ort Notfalltaschen bereit. Auch befinden sich fünf Defibrillatoren im Haus, die einfach zu bedienen sind. „Sie sparen im Notfall enorm Zeit“, sagt Gartner. Und Zeit ist der Faktor, der über Leben und Tod entscheidet. n p Mithilfe eines Dummys werden alle notfallmaßnahmenrealitätsnahdurchgespielt. 15

Aus den Häusern<br />

Gefährlicher Käse<br />

14<br />

Preis der Österreichischen Gesellschaft für<br />

Neurologie für Poster „FSME durch Ziegenkäse<br />

- eine besonders effektive Infektionsroute“.<br />

Prim. Dr.<br />

Stefan Koppi<br />

„Wir konnten schlüssig<br />

zeigen, wie effizient<br />

die orale Übertragungsroute<br />

bei FSME<br />

tatsächlich ist.“<br />

So schnell kann’s gehen: Ein feines, selbst gemachtes<br />

„Ziegenkäsle“ zur Jause – und schon<br />

mit dem Zecken-Virus FSME infiziert. Dass<br />

ein derart unwahrscheinliches Szenario tatsächlich eintreten<br />

kann, hat der Fall einer Vorarlberger Senner-Familie,<br />

der im Sommer letzten Jahres für internationales<br />

Aufsehen sorgte, eindrücklich unter Beweis gestellt.<br />

Die Familie hatte Ende Juli 2008 auf einer Walgau-Alpe<br />

(Seehöhe 1564 Meter, Südostlage) unpasteurisierten<br />

Ziegenkäse genossen. Niemand war gegen FSME geimpft,<br />

konnte sich aber an keinen Zeckenbiss erinnern.<br />

Sechs von ihnen hatten sich mit dem FSME-Virus<br />

infiziert, vier davon erkrankten in der Folge an einer<br />

Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis) – mit<br />

glücklicherweise durchwegs glimpflichem Ausgang.<br />

Der mysteriöse Fall wurde von den involvierten Me-<br />

Facts: Was ist FSME?<br />

VORARLBERGER LANDESKRANKENHÄUSER<br />

Das magazin Der Vorarlberger lanDeskrankenhäuser<br />

t Eine FSME-infizierte<br />

Ziege sorgte<br />

für viel Aufsehen im<br />

Ländle und darüber<br />

hinaus.<br />

dizinern genau dokumentiert und<br />

als Poster unter dem Titel „FSME<br />

durch Ziegenkäse - eine besonders<br />

effektive Infektionsroute“ publiziert.<br />

Es konnte schlüssig gezeigt<br />

werden, dass die Infektion über<br />

eine infizierte, klinisch unauffällige<br />

Ziege stattgefunden hatte. Selbst<br />

zwei Alpschweine, die Reste des<br />

Ziegenkäses gefressen hatten,<br />

waren ebenfalls FSME positiv. Damit<br />

war der Beweis erbracht, dass<br />

die orale Übertragungsroute sehr<br />

effizient ist und ein erhöhtes Risiko<br />

beim Konsum nicht pasteurisierter<br />

Milch in den FSME-Verbreitungsgebieten<br />

besteht. Der Fall zeigte<br />

aber auch, dass Zecken in immer<br />

höherer Lage nachweisbar sind<br />

und dass die Annahme, oberhalb<br />

von 1350 Meter Seehöhe gäbe es<br />

gar keine Zecken mehr, nicht mehr<br />

stimmt.<br />

Die Arbeit, die von Neuroglogie-<br />

Primar Dr. Stefan Koppi gemeinsam<br />

mit insgesamt sieben<br />

Co-Autoren – u.a. mit Landessanitätsdirektor<br />

Hofrat Dr. Elmar<br />

Bechter und den LKH-Neurologen<br />

OA Dr. Conrad Graefe, FÄ Dr.<br />

Tanja Haydn und OA Dr. Philipp<br />

Werner – verfasst worden war, wurde<br />

anlässlich der 7. Jahrestagung<br />

der Österreichischen Gesellschaft<br />

für Neurologie (ÖGN) im März<br />

2009 mit dem Wissenschaftspreis<br />

ausgezeichnet. n<br />

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine durch das FSME-Virus ausgelöste<br />

Erkrankung, die mit grippeähnlichen Symptomen, Fieber und bei einem Teil der Patienten mit einer<br />

Meningoenzephalitis, einer Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten, verläuft. Eine Übertragung durch<br />

virusinfizierte Milchprodukte tritt sehr selten auf, da diese nur durch unpasteurisierte Milch von Ziegen<br />

und Schafen, in Ausnahmefällen auch von Kühen, möglich ist. Eine Übertragung von Mensch zu<br />

Mensch ist nicht nachgewiesen.<br />

VORARLBERGER LANDESKRANKENHÄUSER Das magazin Der Vorarlberger lanDeskrankenhäuser<br />

Ausbildung<br />

Jede Sekunde zählt<br />

Reanimation am LKH<br />

Rankweil neu organisiert<br />

Bis zu fünfzehn Mal im Jahr wird das Notfallteam am LKH Rankweil<br />

zu einer Reanimation gerufen. Der Stationsleiter der Neurologie,<br />

Christian Gartner, trainiert Mitarbeiter intensiver als bisher mit einer<br />

wirkungsvollen, weil praxisnahen, Methode.<br />

DGKP<br />

Christian Gartner<br />

“Um Stress und Panik möglichst<br />

auszublenden, wird<br />

das Notfallteam in einprägsamen<br />

Zwei-Minuten-<br />

Schritten durch kritische<br />

Situationen geführt.“<br />

Herz-Kreislauf-Stillstand,<br />

Kammerflimmern <strong>oder</strong><br />

gar Null-Linie: Muss<br />

ein Patient reanimiert werden,<br />

zählt jede Sekunde. Jeder Handgriff<br />

muss sitzen, und das ganze<br />

Team sollte optimal aufeinander<br />

eingespielt sein. Bisher wurden die<br />

140 Mitarbeiter der Neurologie,<br />

Psychiatrie II und die Absolventen<br />

der Krankenpflegeschule Rankweil<br />

alle zwei Jahre zwei Stunden im<br />

Jahr für solche Notfälle ausgebildet.<br />

Rollenspiel hilft<br />

Neuerdings nimmt sich Christian<br />

Gartner, der sich zum EUzertifizierten<br />

Lehrbefähigten<br />

weitergebildet hat, drei Stunden je<br />

Kurseinheit Zeit – und spielt dabei<br />

sogar selbst das Simulationsphantom.<br />

„Nach einer theoretischen<br />

Einführung von 60 Minuten sind<br />

die Mitarbeiter in einem Rollenspiel<br />

für den kompletten Notfall<br />

verantwortlich. Dabei übernimmt<br />

jeder abwechselnd den Part des<br />

anderen. So wird nicht nur der<br />

Ablauf gelernt, sondern auch die<br />

Teamfähigkeit geschult“, sagt der<br />

Notfalltrainer. Wertvolle Hilfestellung<br />

geben die Standards – ein<br />

festgelegter Algorithmus, der die<br />

Funktion eines „roten Fadens“<br />

übernimmt. In Zwei-Minuten-<br />

Schritten führt er das Notfallteam<br />

durch die kritische Situation. „Das<br />

ist eine wichtige Orientierungshilfe,<br />

die Sicherheit gibt“, sagt<br />

Gartner, „Stress und Panik werden<br />

ausgeblendet“.<br />

Professionelle Aufarbeitung<br />

Nicht immer ist eine Reanimation<br />

erfolgreich. Die hohe<br />

psychische Belastung ist oft erst<br />

später spürbar. Deshalb ist eine<br />

Nachbesprechung im Team von<br />

großer Bedeutung. Und natürlich<br />

befinden sich auch die nötigen<br />

Fachleute im Haus, die helfen, das<br />

Erlebte aufzuarbeiten.<br />

Alle sind involviert<br />

Jeder ist wichtig. So erhalten im<br />

LKH Rankweil auch Zivildiener<br />

einen Einführungskurs, und von<br />

der Köchin bis zum Reinigungspersonal<br />

hat jeder schon einmal<br />

einen Erste-Hilfe-Kurs besucht.<br />

In sämtlichen Stationen stehen<br />

jeweils am selben Ort Notfalltaschen<br />

bereit. Auch befinden sich<br />

fünf Defibrillatoren im Haus, die<br />

einfach zu bedienen sind. „Sie<br />

sparen im Notfall enorm Zeit“,<br />

sagt Gartner. Und Zeit ist der<br />

Faktor, der über Leben und Tod<br />

entscheidet. n<br />

p Mithilfe eines<br />

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alle notfallmaßnahmenrealitätsnahdurchgespielt.<br />

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