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Galerien<br />
Alfred Ehrhardt<br />
»Portugal 1951–1961«<br />
Fotografie und Film<br />
1951 hielt sich der Kulturfilmer Alfred<br />
Ehrhardt fünf Monate in Portugal auf,<br />
um den 92minütigen Schwarz-Weiß-<br />
Film Portugal – Unbekanntes Land am<br />
Meer zu drehen, für den er seinen dritten<br />
Bundesfilmpreis erhielt. Es war der<br />
erste abendfüllende Kulturfilm, der nach<br />
1945 von einem Deutschen im Ausland<br />
gedreht wurde. Aus dem Material entstand<br />
der Kurzfilm Das steinerne Antlitz<br />
Portugals, der das Prädikat Besonders<br />
Wertvoll erhielt. Sieben Jahre später<br />
führte ihn eine zweite Reise nach<br />
Portugal, wo er, unterstützt von der portugiesischen<br />
Regierung, die Kurzfilme<br />
Die Küste der Fischer (Prädikat Wertvoll),<br />
Korkland Portugal (Prädikat Besonders<br />
Wertvoll), Portwein (Prädikat Wertvoll),<br />
Das Boot von Torreira (Prädikat Wertvoll)<br />
sowie Iberische Skizzen drehte – in<br />
Farbe.<br />
Wie so häufig fotografierte Ehrhardt<br />
parallel zur Filmarbeit. Das annähernd<br />
400 Fotografien umfassende Konvolut<br />
wird nun erstmals in einer Auswahl<br />
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.<br />
Ebenfalls zu sehen sein wird der preisgekrönte<br />
Film Portugal – Unbekanntes<br />
Land am Meer. Fritz Kempe, Leiter der<br />
Staatlichen Landesbildstelle Hamburg,<br />
befand: »Was sonst bei programmfüllenden<br />
Kulturfilmen selten zutrifft, das<br />
ist hier weitgehend gelungen, nämlich<br />
einen spannenden und in sich zusammenhängenden<br />
Bogen zu schlagen.<br />
Besonders lobenswert scheint mir die<br />
meisterhafte Fotografie, die auch die<br />
geographische Struktur Portugals außerordentlich<br />
wirksam hervorhebt.«<br />
Portugal in den 1950er Jahren – das sind<br />
Bilder aus einer Zeit, als man noch Lasten<br />
auf dem Kopf trug und barfuß lief, das<br />
Korn auf den Feldern mit einer Handsichel<br />
schnitt, den Wein unter Musikbegleitung<br />
erntete und die Trauben mit den Füßen<br />
kelterte, Sardinen und Thunfische mit<br />
Netzen per Hand einholte und Kork<br />
das einzige Material war, mit dem man<br />
Flaschen stopfte. Die auch für dama-<br />
6 <strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2012</strong><br />
Alfred Ehrhardt, »Uralte Windmühlen am Atlantik«, 1951, 17,5 x 23,5 cm, Vintage, Silbergelatineabzug,<br />
© Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
lige Verhältnisse exotische Anmutung<br />
der archaischen Produktionsmethoden<br />
erscheinen nicht nur dem heutigen<br />
Betrachter wie Bilder aus einer anderen<br />
Welt, sondern übten schon auf Ehrhardt<br />
sichtbar große Faszination aus. Für ihn<br />
war das Leben der Portugiesen »von<br />
einer biblischen Einfachheit und von<br />
besinnlicher Heiterkeit«.<br />
Wenngleich der Schwerpunkt des<br />
Films – und somit auch der Fotografien<br />
– auf der folkloristischen Tradition des<br />
Handwerks liegt, so wird Portugal doch<br />
auch als Land der Gegensätze zwischen<br />
Vergangenheit und Gegenwart<br />
gezeigt. Ehrhardt filmt und fotografiert<br />
die Luxusdampfer und den Flugboot-<br />
Landeplatz im Hafen von Lissabon<br />
oder die Neubauviertel im Norden der<br />
Hauptstadt genauso wie die maschinelle<br />
Fabrikation von Sardinenkonserven und<br />
Korkprodukten.<br />
Wie bei allen seinen Filmen zeichnete<br />
Ehrhardt für Regie, Kamera, Schnitt und<br />
Produktion verantwortlich. Aber er verwendete<br />
auch vor Ort aufgenommene<br />
Geräuschkulissen und portugiesische<br />
Musik wie die Choräle der Gläubigen<br />
in der Wallfahrtskirche zu Fatima. Alfred<br />
Ehrhardt fertigte mit seinem geschulten<br />
Blick für Komposition, Abstraktion und<br />
Grafik eine »künstlerische Reportage<br />
von dokumentarischem Wert« (Die Welt,<br />
1952). »Ehrhardt gelingen betörend<br />
schöne Bilder; selbst wenn er so nüchterne<br />
Gegenstände wie eine Korkfabrik<br />
beschreibt, entdeckt er reizvolle und<br />
verblüffende Perspektiven. So wird dieser<br />
Film ein ästhetischer Genuss; seine<br />
dichten Stimmungsbilder erschließen<br />
unserem Bewusstsein das Land Portugal<br />
vielleicht eher als es strenge Sachlichkeit<br />
vermocht hätte.« (Berliner Morgenpost,<br />
1952)<br />
bis 15. Juli <strong>2012</strong><br />
Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
Auguststraße 75<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Di – So 11 – 18 Uhr<br />
Do 11 – 21 Uhr<br />
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de