brennpunkt 3-2012 .indd - Edition dibue
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Galerien<br />
Jens Knigge<br />
»Le Thoronet<br />
– La Tourette«<br />
Synergie der Künste<br />
Platinum-Prints<br />
Romanisches Mauerwerk, Rundbögen<br />
und Würfelkapitelle neben Quadern,<br />
Pfeilern und Wandflächen aus Beton –<br />
Jens Knigge portraitiert in seinen Photographien<br />
zwei auf den ersten Blick völlig<br />
unterschiedliche Bauwerke. Die Zisterzienser-Abtei<br />
Le Thoronet wurde zwischen<br />
1160 und 1190 nach den Vorgaben<br />
von Bernhard von Clairvaux in der<br />
Provence erbaut. Durch die Verwendung<br />
des örtlichen Kalksteins hat der<br />
unbekannte Baumeister die in mehreren<br />
Ebenen gestaffelte Anlage in die Umgebung<br />
eingebunden, während der weltberühmte<br />
Architekt Le Corbusier 1956-<br />
60 mit dem Konvent Sainte-Marie de<br />
la Tourette einen die Landschaft beherrschenden<br />
Solitär erschuf. Einem gestrandeten<br />
Raumschiff gleich liegt der kompakte<br />
Großbau, Ausbildungsstätte der<br />
französischen Dominikaner, an einem<br />
abfallenden Hang auf dem Gelände<br />
eines ehemaligen Landgutes bei Lyon.<br />
Für den Minimalisten Le Corbusier war<br />
Le Thoronet gleichwohl Vorbild, eine<br />
»Architektur der Wahrheit, der Stille<br />
und der Stärke«. Um die konzeptionelle<br />
Reinheit und Geistigkeit der mittelalterlichen<br />
Sakralkunst in zeitgenössische<br />
Raumvorstellungen zu überführen,<br />
nutzte er das geometrische Element<br />
des Quadrats, etwa für die wabenartigen<br />
Öffnungen der Wohnzellen an den<br />
Außenfassaden wie für die Wände der<br />
Gemeinschaftsräume mit ihrem rhythmischen<br />
Wechsel aus offenen Glasflächen<br />
und geschlossenen Betonplatten.<br />
Hier wie dort spiegelt die Architektur<br />
die Spiritualität des monastischen<br />
Lebens wider, ist die Formensprache<br />
aufs Äußerste reduziert. Dem Prinzip<br />
der Versenkung und Reflektion folgen<br />
auch Jens Knigges Photographien, konzentrieren<br />
sich auf Licht und Raum,<br />
erkennen die Schönheit im Kargen und<br />
das Komplexe im Einfachen. Die Kraft<br />
sparsam eingesetzter architektonischer<br />
Details, die Struktur der Oberflächen<br />
36 <strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2012</strong><br />
© Jens Knigge, »Le Thoronet«<br />
© Jens Knigge, »La Tourette«<br />
und die Beschaffenheit der Materialien,<br />
des grob behauenen oder geglätteten<br />
Steins, werden in aufwendig hergestellten<br />
Platinabzügen kontrastreich<br />
und differenziert umgesetzt. »Die Seele<br />
muss das Licht suchen, indem sie dem<br />
Licht folgt«, schrieb Bernhard von Clairvaux.<br />
Photographie ist Licht-Kunst, und<br />
dem Photographen Jens Knigge gelingt<br />
es eindrucksvoll eine Brücke zwischen<br />
den Künsten und den Zeiten zu schlagen<br />
und gleichzeitig zur Kontemplation<br />
einzuladen. Susanne Schmid<br />
Vernissage:<br />
29. August <strong>2012</strong>, 19 bis 21 Uhr<br />
30. August bis 13. Oktober <strong>2012</strong><br />
Johanna Breede<br />
PHOTOKUNST<br />
Fasanenstraße 69<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />
Sa 11 – 16 Uhr