20.11.2012 Aufrufe

brennpunkt 3-2012 .indd - Edition dibue

brennpunkt 3-2012 .indd - Edition dibue

brennpunkt 3-2012 .indd - Edition dibue

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Galerien<br />

Michael Harms<br />

»Zeit–doppelt<br />

belichtet«<br />

Mit 15 zum ersten Mal in Berlin. Zusammen<br />

mit einem Freund erkundete ich<br />

die uns faszinierende Großstadt. Besonders<br />

das morbide Kreuzberg, die brutalen<br />

und unvorstellbaren Mauersituationen,<br />

die nüchternen »Trabantenstädte«<br />

Gropiusstadt und das märkische Viertel<br />

zogen uns an. Die Kameras wurden vorwiegend<br />

auf Motive gerichtet, die der<br />

Reiseführer nicht, oder nur oberflächlich<br />

erwähnte. Eine Sichtweise, der ich<br />

seitdem beim Erkunden fremder Städte<br />

treu geblieben bin. Auch ein Besuch<br />

Ost-Berlins wurde möglich durch die<br />

Begleitung eines volljährigen Begleiters,<br />

jemand den wir in der Jugendherberge<br />

kennenlernten. Die Einreise gestaltete<br />

sich gleich als Angst einflößendes<br />

Erlebnis, da unser Begleiter ein Buch im<br />

Gepäck hatte und wir alle drei daraufhin<br />

ausführlich und getrennt im Bahnhof<br />

Friedrichstrasse verhört wurden. Die<br />

folgende Erkundungstour fand daher<br />

unter diesem beängstigen Erlebnis statt<br />

und die Kamera wurde nur vorsichtig<br />

benutzt, um weiteren Ärger zu vermeiden.<br />

Etliche Bilder dieser Reise konnte<br />

ich noch im gleichen Jahr unter dem<br />

Titel »BERLIN - Bilder einer Insel« in<br />

mehreren Sparkassenfilialen in meiner<br />

Heimatstadt Oldenburg ausstellen. Die<br />

vergleichende Erkundung der Trabantenstädte<br />

ist als Nächstes geplant.<br />

Seit zehn Jahren lebe ich wieder in<br />

Berlin, diesmal im Ostteil der Stadt.<br />

Viele der damals besuchten Orte in<br />

Berlin sind zum alltäglichen Erlebnisraum<br />

geworden. Ich geniesse immer<br />

noch die Atmosphäre dieser Stadt, die<br />

man nun ohne trennende Mauer durchqueren<br />

kann. Genau nach 30 Jahren<br />

mache ich mich auf den Weg, um die<br />

damals photographierten Situationen<br />

erneut in der Veränderung aufzunehmen.<br />

Anhand der Negative rekontruiere<br />

ich die damals gelaufenen Routen, mit<br />

dabei Abzüge der früheren Bilder und<br />

ich versuche die Motive möglichst identisch,<br />

oder in gleichem Sinne abzulichten.<br />

Drei besondere Aspekte wurden für<br />

mich immer deutlicher: Berlin ist deut-<br />

12 <strong>brennpunkt</strong> 3/<strong>2012</strong><br />

© Michael Harms<br />

lich grüner geworden. Oft konnten frühere<br />

Standpunkte wegen der gewachsenen<br />

Bäume nicht wieder eingenommen<br />

werden. Die Mauer und die damals<br />

völlig absurden Situationen im Verlauf<br />

der Mauer sind kaum noch erfahrbar. Die<br />

Umgebungen der wenigen verblieben<br />

Mauerreste sind eher »Rummelplätze«<br />

geworden, das Gedenken an das durch<br />

die Mauer verursachte Leid und die<br />

nunmehr fast unvorstellbare Teilung der<br />

Stadt wird nur an der Bernauer Strasse<br />

ermöglicht. Während der Suche nach<br />

damals gesehenen Blickwinkeln fallen<br />

mir auch die Unterschiede in meiner<br />

heutigen Wahrnehmung der Orte auf,<br />

aber auch das über viele Jahre erhalten<br />

gebliebene Interesse an eher skurrilen<br />

und düsteren Motiven.<br />

Michael Harms, August 2010<br />

bis 6. Juli <strong>2012</strong><br />

Fotogalerie Friedrichshain<br />

Helsingforser Platz 1<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di, Mi, Fr, Sa 13 – 18 Uhr<br />

Do 10 – 18 Uhr

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!