r1 - Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf
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dann, wie bereits erwähnt, ein Gantverkauf unausbleiblich gewesen. Die Gründe <strong>für</strong><br />
die Darlehensaufnahme waren außeror<strong>den</strong>tlich vielfältig. Sie reichten von der Anschaffung<br />
eines Ochsenpaars über das fällige Heiratsgut <strong>für</strong> eine Schwester, die Hinauszahlung<br />
von Vormundschaftsgeld und <strong>den</strong> Ankauf einer Wismath (Wiese) oder eines Padts<br />
(Badehaus) hin bis zur unausweichlichen Rückzahlung von Schul<strong>den</strong>. Die Nichteinforderung<br />
von Schul<strong>den</strong> durch eine Kirche war von sehr hohem sozialen Stellenwert.<br />
Neben diesen Darlehen, die an die erwähnten 71 Privatpersonen gingen, scheinen in der<br />
1724er Kirchenrechnung auch vier Kirchen und ein Kloster als Schuldner auf. Insgesamt<br />
899 Gul<strong>den</strong> lagen bei <strong>den</strong> Kirchen von Iggensbach, Grafling, Wühn und Schierling<br />
(20 km südlich von Regensburg), weitere 400 Gul<strong>den</strong> beim Kloster St. Mang (Regensburg).<br />
Die fast 12 000 Gul<strong>den</strong> waren damit <strong>für</strong> <strong>den</strong> Kirchenbau nicht greifbar.<br />
Irgendwie mußten aber die Ausgaben in Höhe von 3333 fl 40 X 3 1/2 hl des Jahres 1724<br />
beglichen wer<strong>den</strong>. Die Kirchenrechnung des Pfleg- und Landgerichts <strong>Deggendorf</strong> <strong>für</strong><br />
das Jahr 1724 vermerkt als gesamten Geldeingang einen Betrag von 3544 fl 8 X 3 1/2 hl.<br />
Schlüsselt man diese Summe nach ihrer Herkunft einmal auf, ergibt sich folgendes Bild:<br />
knapp 451 Gul<strong>den</strong> blieben vom Vorjahr (1723) übrig, das gegen Zins ausgeliehene Geld<br />
erbrachte aus <strong>den</strong> 71 Positionen fast 544 Gul<strong>den</strong>, der Gottsberath des Jahres 1724 belief<br />
sich auf rund 344 Gul<strong>den</strong> und außerdem wur<strong>den</strong> in diesem Jahr über 1213 Gul<strong>den</strong> Darlehensgeld<br />
an die Gläubigerin, die Kirche von Greising, zurückbezahlt. Weiters kamen<br />
noch einige kleinere Beträge, wie z. B. 5 Gul<strong>den</strong> Zins aus 100 Gul<strong>den</strong>, die <strong>für</strong> eine<br />
ewige Jahrtagsmesse gestiftet wor<strong>den</strong> waren, hinzu. Rechnet man alle diese Geldeingänge<br />
zusammen, so kommt man auf eine Summe von genau 2464 fl 8 X 3 1/2 hl, ein<br />
Betrag, der um 980 Gul<strong>den</strong> unter der in der Kirchenrechnung angegebenen Summe von<br />
3544 fl 8 X 3 1/2 hl liegt.<br />
Mit <strong>den</strong> nicht ganz 2500 Gul<strong>den</strong> hätte die Baufinanzierung 1724 nicht durchgezogen<br />
wer<strong>den</strong> können. Wo kamen also die fehlen<strong>den</strong> 980 Gul<strong>den</strong> her? Aus der St.-Ulrich-Filialkirche<br />
auf der Altenpürg! Man nahm dort ein zinsloses Darlehen in dieser Höhe auf.<br />
Mehr noch: auch in <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Jahren 1725 und 1726 flössen namhafte Beträge, 968<br />
Gul<strong>den</strong> und 400 Gul<strong>den</strong>, von St. Ulrich nach Greising. Unsere Lieben Frauen Hilffs-<br />
Capelln stand dann mit 2348 Gul<strong>den</strong> in der Kreide.<br />
Nicht ohne ein gewisses Mißtrauen liest man in der 1724er Kirchenrechnung (fol 238<br />
Rückseite), daß schon die 980 Gul<strong>den</strong> dieses Jahres in etlich wenigen Jahren wieder ersezt<br />
wer<strong>den</strong> khönnen. Nun, wenige Jahre waren es nicht, die vergehen mußten, bis man<br />
in St. Ulrich das Geld wiedersah, etliche kamen schon zusammen. Die Tilgung der<br />
Greisinger Schuld begann im Jahre 1751 mit geradezu lächerlichen 123 fl 12 X. Erst<br />
1766 griff man kräftig in die Kirchenkasse und erstattete 1224 fl 44 X zurück, so daß immer<br />
noch eine Restschuld von exakt 1000 Gul<strong>den</strong> verblieb. Diese müssen dann 1768 zurückbezahlt<br />
-wor<strong>den</strong> sein. Leider fehlt <strong>für</strong> dieses Jahr die Kirchenrechnung, aber 1769<br />
ist mit Sicherheit alles bereinigt gewesen.<br />
Eine kleine Nachlese zu diesem Finanzgebaren: hätte man <strong>für</strong> das bei St. Ulrich ausgeliehene<br />
Geld die landesüblichen 5 Prozent Zins bezahlen müssen, so wäre im Laufe der<br />
Jahre eine Summe von über 4800 Gul<strong>den</strong> zusammengekommen. Da das eigene Geld gegen<br />
Zins gereicht wurde, fremdes Geld jedoch zinslos war, kann man hier schon von einer<br />
beachtlichen ökonomischen Tüchtigkeit sprechen.<br />
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