r1 - Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf
r1 - Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf
r1 - Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Trotz aller Übereinstimmungen ist bei diesen Kirchenrechnungen Vorsicht und Mißtrauen<br />
angezeigt. Bernhard Michl ging wohl <strong>den</strong> Dingen nicht allzu genau auf <strong>den</strong><br />
Grund. Es störte ihn wohl nicht, bei Rechnung No. 86/1724 anzugeben, daß die 10 000<br />
Scharschindeln, die man anfertigen ließ, <strong>für</strong> die Seitenkapellen bestimmt waren, während<br />
er in Rechnung No. 120/1724 diese Schindeln auf die Seitenkapellen und das halbe<br />
Langhaus beförderte. Eingangs der Ausgab aufPaucosten wetterte er über die Unzuverlässigkeit<br />
des Maurermeisters Stöckhl, weil er 1724 nicht einmal mehr <strong>den</strong> Turm auf die<br />
Kirche setzen konnte, in Rechnung No. 120 hingegen gab er an, daß man <strong>den</strong> Kirchenthurm<br />
nach der höche dess Firsts . . . verferttiget habe. Man hat fast <strong>den</strong> Eindruck, daß<br />
Michl bei <strong>den</strong> Rechnungen geradezu stur und ohne Überlegung <strong>den</strong> Text der Kostenvoranschläge<br />
abgeschrieben hat, während er in der Einleitung seine persönlichen Erfahrungen<br />
und Kennmisse einbrachte. Aber das sind Vermutungen, mehr jedoch nicht.<br />
Ein großes Rätsel blieb lange Zeit eine bei <strong>den</strong> Renovierungsmaßnahmen 1981/83 freigelegte<br />
Grundmauer, die in Höhe der hinteren Fluchtlinie der bei<strong>den</strong> Seitenkapellen<br />
quer über das ganze Langhaus verlief. Zugegebenermaßen führte diese Mauer <strong>den</strong> Verfasser<br />
zunächst einmal hinsichtlich der Bauweise von 1691/92 völlig in die Irre. Bis dann<br />
ein winziger, aber schließlich doch sehr wichtiger Hinweis in einem ganz anderen Zusammenhang<br />
zu einer plausiblen Erklärung führte. Bei der systematischen Erfassung<br />
des Gottsberaths von 1677 bis ca. 1800 fiel auf, daß auch in <strong>den</strong> Jahren des Erweiterungsbaus<br />
recht ansehnliche Opferbeträge nach Greising flössen, die sich völlig nahtlos<br />
in die vorhergehen<strong>den</strong> und nachfolgen<strong>den</strong> Summen einfügen lassen. Es gab zwar neben<br />
der großen Wallfahrtskapelle immer noch die kleine Holzkapelle; <strong>für</strong> diese lag aber<br />
keine oberhirtliche Genehmigung zur Feier der Heiligen Messe vor. Angesichts der umfangreichen<br />
Baumaßnahmen 1724/25 könnte man vermuten, daß in dieser Zeit keine<br />
Meßfeiern in Greising stattfan<strong>den</strong>. Der Gottsberath dieser Jahre widerspricht hier eindeutig.<br />
Man wird demnach 1724/25 in Greising gezwungen gewesen sein, auch während des<br />
Erweiterungsbaus die Wallfahrt in vollem Umfang aufrecht zu erhalten, einschließlich<br />
der Meßfeiern. Dies kann man sich nur vorstellen, wenn vor dem Abbruch des alten<br />
Chors, worüber man übrigens nichts weiß, eine provisorische Trennmauer in das Kirchenschiff<br />
eingezogen wurde. Deren Überreste müssen dann die 1981 gefun<strong>den</strong>e<br />
Grundmauer im Langhaus gewesen sein.<br />
Kehren wir wieder zu <strong>den</strong> Kirchenrechnungen zurück. Befaßte sich die Rechnung No.<br />
120 mit <strong>den</strong> Maurerarbeiten, so sind in No. 121/1724 die gesamten Zimmerarbeiten verzeichnet.<br />
Ausgeführt hat diese Arbeiten der <strong>Deggendorf</strong>er Stadtzimmermeister Georg Schön; er<br />
arbeitete mit fünf Gesellen in Greising. Sein Auftrag <strong>für</strong> 1724 umfaßte folgende Arbeiten:<br />
Holzeinschlag, Aushauen der Stämme zu Balken, Abbin<strong>den</strong> und Aufziehen der<br />
Dachstuhlteile mit Saill: und Kloben, Einlatten des Dachs, Anfertigung von zwei Sakristeibö<strong>den</strong><br />
sowie der Schneckhstiegen (= Wendeltreppen), die von <strong>den</strong> Sakristeien in die<br />
darüber liegen<strong>den</strong> Oratorien führen und von je einer festen eichenen Säule getragen<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Interessanterweise wur<strong>den</strong> dem Zimmermeister von vorneherein pro Woche nur<br />
1 fl 30 X als Verdienst zugestan<strong>den</strong>. Man schätzte demnach die Arbeit eines Zimmer-<br />
106