7. Unternehmensinterne Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse für ein ESSMDarst. 7.5: Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse in der UnternehmenskulturMerkmaleAusprägungenUnternehmenskultur:• Anspruchsgruppenorientierungverantwortungsbewusstopportunistischdesorientiert• Innovationsfreudigkeit veränderungsbereit änderungsfeindlichQuelle: Eigene Darstellung.7.4.1 Verantwortungsbewusste UnternehmungskulturEine verantwortungsbewusste Unternehmungskultur fühlt sich nicht nur ökonomischen, sondern auchsachlichen <strong>und</strong> sozialen Zielen <strong>und</strong> damit vielfältigen Ansprüchen gegenüber verpflichtet. SolcheUnternehmen sind daher stark qualitativ auf die Generierung vielfältiger Nutzen hin ausgerichtet. Dementsprechend werden die Mitarbeiter als Menschen im Unternehmen wertgeschätzt, bei Konflikten eingemeinsamer Konsens gesucht <strong>und</strong> häufig an den Gemeinschaftssinn appelliert. Dies führt zu einer hohenSolidarität der Mitglieder untereinander <strong>und</strong> einer starken Loyalität gegenüber dem eigenen Team <strong>und</strong> demUnternehmen insgesamt.Ein Unternehmen, das über eine verantwortungsbewusste Unternehmenskultur verfügt, hat in Bezug auf dieUmsetzung <strong>und</strong> die Identifikation von Kosteneinsparpotenzialen Vor- <strong>und</strong> Nachteile. Einerseits läuft es Gefahr,dass ein starker Gemeinschaftssinn <strong>und</strong> ein harmonisches Miteinander dazu führen, dass kein ausreichenderLeistungsdruck aufgebaut wird, der nötig wäre, damit Kostensenkungen von Managern <strong>und</strong> vor allem auchvon Mitarbeitern aufgegriffen <strong>und</strong> umgesetzt würden.Diese Unternehmen sind teilweise in einer Gemeinde oder Region alteingesessen <strong>und</strong> scheuen sich aus einemVerpflichtungsgefühl heraus, einen Leistungsdruck auf ihre Manager <strong>und</strong> Mitarbeiter aufzubauen oder diesewomöglich zu entlassen. Die Fluktuation ist folglich sehr gering. Ein solches Unternehmen läuft jedochGefahr, dass sich viele Mitarbeiter <strong>und</strong> teilweise auch Manager bequem in ihrer Aufgabe <strong>und</strong> ihrem Bereicheinrichten, ihren Arbeitseifer auf das Notwendige beschränken <strong>und</strong> ein Mittelmaß das unternehmerischeHandeln prägt. Dies kann dazu führen, dass Kosteneinsparmaßnahmen nicht aufgegriffen <strong>und</strong> umgesetztwerden, denn der Zwang für Mitarbeiter, sich flexibel anzupassen <strong>und</strong> einen überdurchschnittlichen Einsatz zuzeigen, ist eher gering. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass im Unternehmen selber neueEinsparpotenziale identifiziert werden, da wenig kreative Eigeninitiative vorherrscht <strong>und</strong> kaum neue Impulse indas Unternehmen gelangen.Auf der anderen Seite verfügt eine verantwortungsbewusste Unternehmenskultur jedoch auch über einegroße Stärke: Die hohe Identifikation <strong>und</strong> Loyalität der Mitarbeiter führt zumindest dazu, dass eingr<strong>und</strong>sätzliches Interesse am Wohl des Unternehmens <strong>und</strong> damit auch an Kostensenkungen besteht. Eindirekter Widerstand gegen Einsparmaßnahmen ist darum nicht zu erwarten. Auch solcheKostensenkungsmaßnahmen, die eher langfristig zu Erfolg führen <strong>und</strong> zunächst Umstrukturierungenerfordern, finden in dieser Hinsicht gute Voraussetzungen vor: Ein hohes Vertrauen untereinander führt zueiner Offenheit gegenüber Neuem, da kaum Angst besteht, dass die Umstrukturierungen zu Machtzweckenmissbraucht werden oder gar schlimmstenfalls zu Entlassungen führen. Es kann über die Notwendigkeit,Veränderungen vorzunehmen, offen <strong>und</strong> ehrlich geredet werden, <strong>und</strong> die Versicherung von Seiten derInitiatoren, dass diese Veränderungen dem Unternehmen nützen <strong>und</strong> keine Nachteile für die Betroffenen zuerwarten sind, wirkt in solchen Unternehmen glaubhaft.7.4.2 Opportunistische UnternehmungskulturIn Unternehmen, in denen eine opportunistische Unternehmenskultur vorherrscht, besteht unter denMitarbeitern <strong>und</strong> Managern hingegen eine geringe Solidarität <strong>und</strong> Loyalität. Jeder versucht, egoistisch nur dieeigenen Interessen zu verfolgen, ohne dabei auf andere Belange Rücksicht zu nehmen. Mitarbeiter werden alsreine Mittel zum Zweck behandelt, die Zusammenarbeit ist entsprechend von Misstrauen geprägt. DieseHaltung macht sich auch nach außen gegenüber externen Anspruchsgruppen bemerkbar: Das Unternehmenorientiert sich einzig am Unternehmenswert, wobei das Management seinen Informationsvorsprung50 <strong>Pforzheim</strong>er Forschungsberichte Nr. 7
Erfolgsfaktoren für betriebliches Energie- <strong>und</strong> Stoffstrommanagementgegenüber den Kapitaleignern oft auch zu seinem eigenen Vorteil missbraucht. Anderen, z.B. sozialen <strong>und</strong>ökologischen Ansprüchen gegenüber zeigt sich das Unternehmen eher rücksichtslos. Unternehmenskooperationenwerden eher selten eingegangen, da auch gegenüber Partnern Misstrauen herrscht. Zudem führt dieopportunistische Unternehmenskultur dazu, dass sich das Unternehmen schwer tut, Geschäftspartner zufinden, die bereit sind, eine vertrauensvolle Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen einzugehen.Auch im Innern besteht ein geringes Interesse an Kooperationen, Arbeitsbeziehungen sind aufgr<strong>und</strong> desbestehenden Misstrauens daher stark hierarchisch <strong>und</strong> autoritär geprägt. Dementsprechend gering sind dieMotivation <strong>und</strong> die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Konflikte werden entwederunterdrückt, da Angst besteht, dass geübte Kritik von den Betroffenen als persönlicher Angriff oder Eingriff indie eigene Machtsphäre interpretiert wird. Treten Konflikte dennoch an die Oberfläche, werden sie eherdestruktiv denn konstruktiv ausgetragen: Es wird schnell nach Schuldigen gesucht, die direkt mit der Kritikkonfrontiert werden.In Unternehmen dieser Kategorie werden Kostensenkungspotenziale vor allem dann aufgegriffen, wenn sieim direkten persönlichen Interesse eines Akteurs liegen, z.B. des Unternehmers oder von Kostenverantwortlichen.Sobald jedoch, was vor allem bei langfristigen Kostensenkungspotenzialen der Fall ist, weitreichendereVeränderungen im Unternehmen nötig sind, besteht die Gefahr, dass diese blockiert werden. Gründe dafürsind das fehlende Interesse <strong>und</strong> die mangelnde Motivation anderer Akteure, die aus den Veränderungen keineeigenen Vorteile ziehen können, aber vor allem auch das Misstrauen, dass durch die VeränderungenMachtbereiche verschoben werden. Daher haben nur solche Kostensenkungsmaßnahmen eine Chancerealisiert zu werden, die top-down per Autorität angeordnet <strong>und</strong> entsprechend kontrolliert werden können.Dass in einer solchen Unternehmenskultur Verbesserungsvorschläge aus dem Unternehmen heraus, vor allemvon den Mitarbeitern, vorgebracht werden, ist eher unwahrscheinlich.7.4.3 Desorientierte UnternehmenskulturIn einem Unternehmen, dessen Kultur durch Desorientierung geprägt ist, herrschen tendenziell chaotischeVerhältnisse <strong>und</strong> eine Orientierungslosigkeit im gegenseitigen Umgang <strong>und</strong> im Ablauf der Prozesse. Dieunternehmerischen Abläufe sind eher <strong>und</strong>urchsichtig <strong>und</strong> im Zeitablauf zufällig oder aus persönlichenGründen <strong>und</strong> weniger aus sachorientierten Überlegungen heraus entstanden. Aufgr<strong>und</strong> dessen haben dieManager <strong>und</strong> Mitarbeiter große Schwierigkeiten, ihre Aufgaben zu bewältigen <strong>und</strong> den Unternehmenszweckzu erfüllen. Daher besteht ein großer Aktivismus bezogen auf das Tagesgeschäft, dessen Bewältigung alsgroße, kaum zu bewältigende Herausforderung betrachtet wird.Daher stehen vor allem kurzfristige Ziele im Handlungsmittelpunkt, für ein langfristiges, strategisches Denken<strong>und</strong> Handeln besteht „keine Zeit“ oder es gibt vermeintlich Wichtigeres oder Drängenderes zu tun. Die Folgeist ein als relativ hoch empf<strong>und</strong>ener Stresslevel, der den Betroffenen teilweise verdeutlicht, dass einige Dingeim Unternehmen verbessert werden müssten. Allerdings fehlen für Veränderungen die Zeit sowie dieOrientierung <strong>und</strong> Weitsicht, in welche Richtung eine Verbesserung überhaupt abzielen könnte. Die Folge sindDemotivation <strong>und</strong> Hoffnungslosigkeit bei den Mitarbeitern, dass sich überhaupt etwas ändern wird, <strong>und</strong>aufgr<strong>und</strong> der Perspektivlosigkeit (mangelnde Zielrichtung <strong>und</strong> fehlende Alternativen) eine allgemeine Angstvor Neuem.In Unternehmen, die durch eine desorientierte Unternehmenskultur gekennzeichnet sind, finden Kostensenkungsvorschlägein der Regel ein offenes Gehör, da den meisten Unternehmensmitglieder klar ist, dass dieUnternehmenssituation prekär ist <strong>und</strong> Verbesserungen dringend notwendig sind. Kommt es jedoch zurUmsetzung, gibt es Widerstand, so dass die Vorschläge letztlich im Sande verlaufen. Es fehlen die Zeit <strong>und</strong> oftauch die Mittel, außerdem scheint es vermeintlich Wichtigeres <strong>und</strong> Drängenderes zu geben, als dieNeuerungen tatsächlich umzusetzen. Dies führt z.T. sogar dazu, dass Vorschläge, die relativ einfach, schnell<strong>und</strong> kostengünstig umgesetzt werden könnten, dennoch von den Betroffenen als zu teuer <strong>und</strong> zu schwierigwahrgenommen werden.7.4.4 Veränderungsbereite UnternehmenskulturEine veränderungsbereite Unternehmenskultur orientiert sich an Chancen, die das externe Unternehmensumfeldbietet. Dazu antizipiert das Unternehmen zukünftige Entwicklungen der Interessen, die an es gestelltwerden. Diese Interessen sind jedoch oftmals sehr vielfältig <strong>und</strong> entwickeln sich unterschiedlich, so dasshierfür keine zentralistische Leitung mehr möglich ist. Nur eine dezentrale Organisation mit verschiedenenSubsystemen an der Unternehmensperipherie, die stark differenzierte Subkulturen herausgebildet haben,kann angesichts dieser unterschiedlichen Trends <strong>und</strong> Anforderungen adäquat agieren. Entsprechend sind• IAF • 51