5. Potenzielle Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnissegr<strong>und</strong>sätzlich offen für Neues <strong>und</strong> für Anregungen? Ist er durch seine Persönlichkeit in der Lage, seineMitarbeiter für Veränderungen zu motivieren <strong>und</strong> zu begeistern? Für die Frage, wie ein Unternehmen nunErfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse in Bezug auf seine Mitglieder verändern kann, ist es jedoch in zweifacherHinsicht wieder auf eine Veränderung der eigenen Ordnungsmomente zurückgeworfen: Diese beeinflussendirekt das Handeln der Mitglieder, <strong>und</strong> auch nur durch sie hat das Unternehmen beschränkt die Möglichkeit,die persönlichen Handlungseinflüsse zu verändern, z.B. durch Weiterbildungsmaßnahmen, Anreizsystemeoder schlimmstenfalls Entlassungen.5.2 Interne Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse für ein ESSM5.2.1 Ordnungsmomente als interne Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> HemmnisseDie folgende Darstellung 6.1 zeigt die Wechselwirkungen zwischen den Ordnungsmomenten derUnternehmung <strong>und</strong> ihren Handlungen, wie sie in den Kapiteln 3 <strong>und</strong> 4 erläutert wurden, <strong>und</strong> bezieht diesenZusammenhang auf die Fragestellung des ESSM. Das Management der Energie- <strong>und</strong> Stoffströme, ebenso wiedie konkrete Reduzierung des Energie- <strong>und</strong> Materialeinsatzes <strong>und</strong> die oftmals damit verb<strong>und</strong>enenKosteneinsparungen finden in den Unternehmensprozessen statt, in denen sich die unternehmerischenHandlungen vollziehen.Darst. 5.1: Ordnungsmomente als interne Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse für ESSMQuelle: Eigene Darstellung auf Basis von Rüegg-Stürm (2002), S. 79.Eine Ausrichtung dieser Handlungen darauf, diese Kosteneinsparpotenziale zu nutzen, erfolgt durch dieOrdnungsmomente des Handelns, denn diese sind es, die die gr<strong>und</strong>sätzlich kontingenten unternehmerischenHandlungen ausrichten <strong>und</strong> formen bzw. ordnen. Damit sind Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse für einerfolgreiches ESSM in den Ordnungsmomenten des Unternehmens zu suchen <strong>und</strong> nicht in den Prozessen.Mit anderen Worten: Die Frage danach, warum in manchen Unternehmen ESSM-Projekte erfolgreich <strong>und</strong> inanderen Unternehmen nicht erfolgreich durchgeführt werden, kann nur beantwortet werden, wenn mannach den Verhaltensmustern bzw. Routinen sucht, die hinter den vordergründigen Handlungen stecken.Folglich werden die Konzepte <strong>und</strong> Methoden für eine Verbesserung der Erfolgschancen für ESSM (vgl. Kapitel9 <strong>und</strong> 10) auf eine Veränderung der Ordnungsmomente abzielen. Es gilt letztlich, die relevanten materiellenStrukturen ebenso wie die immateriellen Deutungsmuster <strong>und</strong> Regeln eines Unternehmens zu identifizieren<strong>und</strong> gezielt zu verändern, um damit indirekt die Handlungen zum Erfolg – in dem Fall die Realisierung vonKosteneinsparpotenzialen durch ESSM – zu führen.32 <strong>Pforzheim</strong>er Forschungsberichte Nr. 7
Erfolgsfaktoren für betriebliches Energie- <strong>und</strong> Stoffstrommanagement5.2.2 Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse in den Strategien, Strukturen <strong>und</strong> KulturenDie wesentlichen potenziellen Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse für ein ESSM bergen die Ordnungsmomentedes Unternehmens. Hier befinden sich auch die konkreten Ansatzpunkte, wie mit der Hilfe von Methoden <strong>und</strong>Konzepten Hindernisse für ein ESSM beseitigt werden können:• Unternehmungsstrategie: Wie positioniert sich das Unternehmen im Wettbewerb? Strebt es eineKosten- oder Leistungsführerschaft an? Verhält es sich proaktiv oder passiv, agierend oderreagierend?• Unternehmensstruktur: Welche Abteilungen bzw. Bereiche sind durch das ESSM <strong>und</strong> die Realisierungder Einsparpotenziale tangiert? Wie sind die betroffenen bzw. verantwortlichen Abteilungenmiteinander strukturell <strong>und</strong> kommunikativ verb<strong>und</strong>en? Wie verläuft die Interaktion? Wie sind dieKosten- <strong>und</strong> Umweltverantwortlichkeiten geregelt, besteht ein Anreiz zur Einsparung von Material-,Energieströmen <strong>und</strong> Kosten? Wie sind die Unternehmensstrukturen charakterisiert (z.B. flach oderhierarchisch, formell oder informell)? Welche Informationsinstrumente werden genutzt zurIdentifizierung von Kosten-, Material- <strong>und</strong> Energieeinsparmöglichkeiten? Passen die Instrumente desESSM zu den bestehenden Informationsinstrumenten?• Unternehmenskultur: Welche Erwartungen, gemeinsamen Erfahrungen, ungeschriebenen Regeln,impliziten Kontrakte, Normen <strong>und</strong> Werte, Einstellungen <strong>und</strong> Haltungen, Geschichten <strong>und</strong> Mythen,Denk-, Argumentations- <strong>und</strong> Interpretationsmuster, Sprachregelungen sowie kollektive Erwartungen<strong>und</strong> Hintergr<strong>und</strong>überzeugungen sind auf die Realisierung von Kosten-, Material- <strong>und</strong>Energieeinsparungen gerichtet? Stehen sie Veränderungen des Unternehmens entgegen oder nicht?Die Realisierung relevanter Kosteneinsparpotenziale durch ein ESSM bringt gr<strong>und</strong>sätzlich Veränderungendieser sog. „Ordnungsmomente erster Ordnung“, z.B. der Produktionsstruktur oder der Verantwortlichkeiten,mit sich. Diese Ordnungsmomente zu verändern, ist jedoch in der Regel schwierig, denn Ordnungsmomentesind nichts anderes als Routinisierungen des Handelns, aufgr<strong>und</strong> derer die Mitglieder für die Wahl ihrerAnschlusshandlungen auf praktisches Bewusstsein zurückgreifen <strong>und</strong> ihre Handlungen in aller Regel nichtmehr reflektieren. Auf diese Weise stabilisieren Routinisierungen das Handeln <strong>und</strong> bergen dabei die Gefahr,Veränderungen auszubremsen. 1085.2.3 Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Hemmnisse in der Wandelfähigkeit von UnternehmenWenn unternehmerische Routinen einem notwendigen Wandel entgegenstehen, müssen erst dieVoraussetzungen für eine Veränderung der Ordnungsmomente erster Ordnung geschaffen <strong>und</strong> dasUnternehmen „wandelfähig“ gemacht werden. Allein die Herstellung einer solchen Wandelfähigkeitermöglicht es letztlich, Hemmnisse für ein erfolgreiches ESSM nachhaltig abzubauen. Darüber hinaus hat dieWandelfähigkeit noch viel weitreichendere Auswirkungen: Das Unternehmen lernt dadurch, nicht nurKosteneinsparungen sondern auch weitere vielfältige Wettbewerbsvorteile durch das Unternehmen angesichtssich dynamisch verändernder Rahmenbedingungen proaktiv zu nutzen.Die Herstellung der Wandelfähigkeit bedingt eine Veränderung der sog. „Ordnungsmomente zweiterOrdnung“:• Systemische Irritationstoleranz <strong>und</strong> kommunikative Resonanz: Verdrängen die Mitglieder desUnternehmens Widersprüche <strong>und</strong> Störungen, also unangenehme Beobachtungen, oder sind siebereit, diese wahrzunehmen <strong>und</strong> zu kommunizieren? Sind die Mitglieder der Meinung, dass esgr<strong>und</strong>sätzlich erwünscht <strong>und</strong> legitim ist, ungewohnte Ideen <strong>und</strong> Widersprüche <strong>und</strong> Störungen zuäußern <strong>und</strong> ggf. zu widersprechen? Sind sie auch bereit <strong>und</strong> in der Lage, diese Dinge konstruktivaufzugreifen <strong>und</strong> Veränderungen herbeizuführen? Haben die Mitglieder so viel Vertrauen in ihreVorgesetzten <strong>und</strong> Kollegen, dass sie wissen, dass sie hierfür nicht bestraft werden?• Organisationsbewusstheit: Sind die Mitglieder des Unternehmens bereit <strong>und</strong> in der Lage, sich mit densozialen Prozessen, insbesondere bei Störungen <strong>und</strong> Widersprüchen, in ihrem Unternehmensumfeldauseinanderzusetzen <strong>und</strong> deren Ursachen zu erforschen? Sind sie in der Lage, die strukturellen,sozialen <strong>und</strong> emotionalen Hintergründe zu erkennen <strong>und</strong> zu analysieren? Wissen sie über die„Gesetze“ von sozialen Systemen Bescheid?108Vgl. Abschnitt 4.2.• IAF • 33