Fortbildung undMarketingMarketingKammerzertifikat als GütesiegelMan soll niemand zu seinem Glückzwingen, lautet ein populäresSprichwort. Vielleicht lässt sichdas Bun<strong>de</strong>sjustizministerium davon leiten,wenn es eine gesetzgeberische Initiativezur Sanktionierung <strong>de</strong>r Fortbildungspflicht<strong>de</strong>r Rechtsanwälte (§ 43 a Abs. 6BRAO) ablehnt.Verschärfter WettbewerbDer Anwaltsberuf wird durch die unreglementierteSelbstbestimmung <strong>de</strong>s einzelnenAnwalts bestimmt. Im Interesse dieses freienBerufes ist es allerdings an <strong>de</strong>r Zeit, etwas zuunternehmen. Der Entwurf <strong>de</strong>s RDG wirdwohl nicht, wie viele hofften, <strong>de</strong>r Diskontinuitätanheim fallen, son<strong>de</strong>rn als Grundlagefür die Weiterführung <strong>de</strong>s Gesetzgebungsverfahrendienen. Es bleibt absehbar: DieAnwaltschaft muss sich auf eine verschärfteKonkurrenz durch an<strong>de</strong>re Berufs- und Gesellschaftsgruppeneinrichten.Die entstehen<strong>de</strong> Situation und das richtigeRezept dagegen lässt sich mit einemZitat skizzieren (Römermann, DB 2005,931, 936):„Mit <strong>de</strong>n Preisen von Nichtanwälten, an<strong>de</strong>ren Ausbildung, Fortbildung und Bürostrukturwesentlich geringere Anfor<strong>de</strong>rungengestellt wer<strong>de</strong>n, wird die Anwaltschaftkaum konkurrieren können. Hier wird nureines helfen: Sich an die Spitze einer neuentfachten Qualitätsdiskussion zu stellenund damit radikal von <strong>de</strong>n Dienstleisternan<strong>de</strong>rer beruflicher Herkunft abzusetzen.“Auffächerung <strong>de</strong>rFachanwaltschaftenDie Satzungsversammlung <strong>de</strong>r BRAK hatmit einer breiten Auffächerung <strong>de</strong>r Fachanwaltschaftbegonnen. Dass die Fachanwaltschaft,nicht zuletzt wegen <strong>de</strong>r sanktioniertenFortbildungspflicht, die Qualität<strong>de</strong>r anwaltlichen Dienstleistung steigert,bestätigen alle Kenner <strong>de</strong>r Materie. DassFachanwälte im Regelfall mehr verdienen,als <strong>de</strong>r Durchschnittsanwalt ohne zertifiziertenSpezialisierungsnachweis, ist ebenfallsbekannt. Steigerung und Sicherung<strong>de</strong>r Qualität anwaltlicher Dienstleistungenheißt also das Gebot <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong>. Was kanngeschehen, um Anwälten, die sich als Allgemeinanwälteo<strong>de</strong>r auf nicht von Fachanwaltschaftenbelegten Gebieten betätigen,ebenfalls einen zertifizierten Nachweis <strong>de</strong>rständigen Fortbildung zu ermöglichen? DieBRAK hat die Pflicht, Hilfe anzubieten. Siehat <strong>de</strong>n vom Gesetzgeber erteilten Auftrag(§ 177 Abs. 2 Nr. 6 BRAO) zu erfüllen, dieberufliche Fortbildung <strong>de</strong>r Rechtsanwältezu för<strong>de</strong>rn.Die rechtliche Situation und das Selbstverständnis<strong>de</strong>r freien Anwaltschaft gebietenes, einen Anreiz durch ein freiwilligesFortbildungsmo<strong>de</strong>ll zu schaffen. Es muss<strong>de</strong>m einzelnen Rechtsanwalt ermöglichen,die nachhaltige Erfüllung eines bestimmtenFortbildungsprogramms nach außen zudokumentieren.Fortbildung mit ZertifikatSoll das Zertifikat für <strong>de</strong>n Verbraucherwahrnehmbar wer<strong>de</strong>n, so bedarf es eineseinheitlichen, überregionalen Auftritts. Dazuist ein griffiges Logo notwendig, <strong>de</strong>ssen sichdie Rechtsanwälte in ihrer Werbung (Internet-Auftritt,Kanzleibroschüren, Anzeigen,Kanzleischil<strong>de</strong>r, Briefbögen) bedienen dürfen.Ein solches Logo kann als Kollektivmarkegeschützt wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Nutzung <strong>de</strong>nRechtsanwälten nach Erfüllung bestimmterVoraussetzungen erlaubt wird.Der Wert eines solchen Zertifikats stehtund fällt mit <strong>de</strong>m Anfor<strong>de</strong>rungslevel. Kaumproblematisch ist dabei das Rechtsgebiet,auf das sich die Fortbildung bezieht. Eskann getrost <strong>de</strong>m einzelnen Rechtsanwaltüberlassen wer<strong>de</strong>n, hier Schwerpunkte nachseinen eigenen Bedürfnissen zu setzen.Ulrich Scharf betont zu Recht, kein Familienrechtlerwer<strong>de</strong> sich im Wettbewerbsrechtfortbil<strong>de</strong>n (BRAKMagazin 03/2005,S. 5). Mehr Gedanken erfor<strong>de</strong>rt die Art <strong>de</strong>rFortbildung: Es entspricht <strong>de</strong>m Stand <strong>de</strong>rDiskussion, dass die Lektüre <strong>de</strong>r NJW mit<strong>de</strong>n sprichwörtlichen „Glas Rotwein auf<strong>de</strong>r Terrasse“ nicht ausreicht. Man wird diehören<strong>de</strong> und/o<strong>de</strong>r dozieren<strong>de</strong> Teilnahme anLehrveranstaltungen, eine Publikationstätigkeit,die Tätigkeit als Prüfer und sonstigeAktivitäten einbin<strong>de</strong>n müssen, die einvertieftes Eindringen in rechtliche Materiengewährleisten. Und man wird einen Zeitraumfestlegen müssen, für <strong>de</strong>n ein FortbildungszertifikatGültigkeit hat.Satzungsversammlung hatvorgedachtDer Ausschuss 6 <strong>de</strong>r Satzungsversammlunghat vorgedacht, wie ein Fortbildungsprogrammaussehen könnte. Die RAKFrankfurt/Main hat im Juli 2005 bereitsein regionales Mo<strong>de</strong>ll gestartet. Die BRAKist aufgerufen, diese Signale aufzugreifenund ein standardisiertes Fortbildungsmo<strong>de</strong>llanzubieten. Die einzelnen Kammern,zuständig für alle Angelegenheiten, die vonallgemeiner Be<strong>de</strong>utung für die Rechtsanwaltschaftsind (BGH, BRAK-Mitt. 2005,120, 121), haben für <strong>de</strong>n Vollzug zu sorgen.Nur so können sie sich im Interessevon Anwaltschaft und Verbrauchern an dieSpitze einer neu entfachten Qualitätsdiskussionstellen.RA Hansjörg Staehle,Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r RAK München8 BRAKMagazin 04/2005
Einer für alle?Die Kunst, sich beliebt zu machenMarketingRechtsverdreher, Winkeladvokat– das hört man heutzutage nochimmer bei je<strong>de</strong>r Gelegenheit.Anwälte kämpfen darum, ihr Image in <strong>de</strong>rÖffentlichkeit zu verbessern und zu stärken,bemühen sich, bei potentiellen MandantenVertrauen in und vor allem Sympathiefür <strong>de</strong>n Anwalt zu wecken. Dochwas nützt gutes Marketing von Hun<strong>de</strong>rten,wenn einer es zerstört?In <strong>de</strong>r Kriminologie gibt es ein Experiment,bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Teilnehmern Fotos verschie<strong>de</strong>nerPersonen vorgelegt wer<strong>de</strong>n undsie raten, wer von ihnen <strong>de</strong>r gesetzestreueMitmensch und wer das – nun ja – Frie<strong>de</strong>nstören<strong>de</strong> Subjekt ist. In <strong>de</strong>n meistenFällen liegen die Teilnehmer mit ihrer Einschätzungfalsch und ordnen <strong>de</strong>n gepflegtund gebil<strong>de</strong>t Wirken<strong>de</strong>n stets <strong>de</strong>r erstenGruppe zu. Das Unheil ereilt uns <strong>de</strong>swegenoft gänzlich unerwartet.Genau so erging es mir kürzlich. Ichstand schwitzend an <strong>de</strong>r Theaterkasse in<strong>de</strong>m überfüllten, kleinen Foyer. Es war einbeson<strong>de</strong>rs schwüler, heißer Julitag und dieKlimaanlage war ausgefallen. Vielleichtlag es an <strong>de</strong>r Hitze, dass die Kun<strong>de</strong>n eineEwigkeit brauchten, sich für diese o<strong>de</strong>rjene Vorstellung und ihre Plätze zu entschei<strong>de</strong>n.Endlich, endlich war <strong>de</strong>r Mann vor miran <strong>de</strong>r Reihe. Ein Blick auf ihn überzeugtemich, dass es schnell gehen wür<strong>de</strong>. Er sahaus wie jemand, <strong>de</strong>r genug zu tun hat, alsdass er lange über Platzwahl und Preisenach<strong>de</strong>nken müsste. Mit halbem Ohr hörteich, dass es um Rückgabe einer Karte füreine entfallene Vorstellung ging. Das Geldbekam er ausgezahlt und ich zückte dasPortemonnaie in freudiger Erwartung, nunmeine Karten kaufen und diesen unerträglichstickigen Ort verlassen zu können.„Moment“, sagte er da, „wo sind diefünf Euro Vorverkaufsgebühr?“Die Frau hinter <strong>de</strong>r Kasse blinzelte verblüfft.Dann versuchte sie, ihm zu erklären,dass die Gebühr natürlich nicht rückerstattetwür<strong>de</strong>. Lei<strong>de</strong>r wollte <strong>de</strong>r Mann diesganz und gar nicht begreifen.„Hören Sie, wir haben einen Kaufvertrag,<strong>de</strong>r nicht erfüllt wor<strong>de</strong>n ist Ihrerseits.Da bekommt man alles zurück bei <strong>de</strong>rRückabwicklung.“Ich stöhnte innerlich. Das konnte sichnur um Stun<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>ln. Während erdie Frau mit juristischen Fachausdrückenbombardierte, von <strong>de</strong>nen sie nicht einmaldie Hälfte begreifen konnte, fächelten wirübrigen Mitlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n uns mit ProspektenLuft zu, bemüht, Nerven zu behalten. DieKlei<strong>de</strong>r klebten uns bereits am Körper.Die Aggression, die sich gegen <strong>de</strong>ndozieren<strong>de</strong>n Querulanten wie ein Gewitteraufbaute, konnte ich förmlich im Rückenspüren.„Was heißt, Sie haben eine Leistungerbracht? Wir sprechen hier nicht von einemDienstleistungsvertrag. Mir die lächerlicheKarte zu verkaufen, ist keine Leistung, dieBestandteil <strong>de</strong>s Vertrages gewor<strong>de</strong>n ist.“Bewun<strong>de</strong>rnswert höflich versuchte dieVerkäuferin, in <strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>r Normalsterblichenihm noch einmal <strong>de</strong>n Sachverhaltzu erläutern. Doch <strong>de</strong>r Vollblutjuristwarf nun eifrig mit AGB-Vorschriften umsich. Offenbar musste <strong>de</strong>r Strauß bis zumbitteren En<strong>de</strong> ausgefochten wer<strong>de</strong>n. Worumging es dabei noch mal, um fünf Euro?„Jetzt hören Sie, für diese angeblichenLeistungen besteht kein Vergütungsanspruch.Ich wer<strong>de</strong> das wohl wissen,schließlich...“ Nein! Bitte verrate es nicht,betete ich still und mir wur<strong>de</strong> noch heißer.„...schließlich bin ich Rechtsanwalt.“Oh Großer Geist, konnte sich <strong>de</strong>nnnicht die Er<strong>de</strong> auftun und dieses Prachtexemplarseiner Berufsgruppe in sich aufnehmen?In <strong>de</strong>r nun folgen<strong>de</strong>n Stille war ichdankbar, dass das Mittelalter weit zurückliegt, sonst wären die an<strong>de</strong>ren über michhinweg getrampelt und hätten Lynchjustizbegangen. Ich konnte ihre Gedankenförmlich hören, zumin<strong>de</strong>st vom Gesicht<strong>de</strong>r Frau hinter <strong>de</strong>r Kasse ablesen: „Aha,natürlich so ein Winkeladvokat, <strong>de</strong>r mitallen Mitteln und Schleichwegen um <strong>de</strong>nkleinsten Betrag kämpft. Der Teufel holediese Rechtsverdreher.“„Es reicht,“ sagte sie. „Wür<strong>de</strong>n Sie bitte<strong>de</strong>n Platz freigeben? Ich muss weiterarbeiten.“Empört drehte sich <strong>de</strong>r Mann um.Gera<strong>de</strong> trat ich an <strong>de</strong>n Schalter, als nocheinmal seine Stimme ertönte: „Arschloch.“Ich fuhr herum. An <strong>de</strong>n versteinertenMienen <strong>de</strong>r übrigen Anwesen<strong>de</strong>n konnteich sehen, dass ich nicht geträumt hatte.Jetzt galt es eine Lanze zu brechen, wenigstenseine klitzekleine von <strong>de</strong>r Wirkungeines Zahnstochers, nach<strong>de</strong>m das Kindbereits in <strong>de</strong>n Brunnen gefallen war.„Na, das war jetzt ein satter 185 StGB,wür<strong>de</strong> ich sagen,“ sagte ich laut und fügtein seinem selbstherrlichen Ton hinzu: „Ichweiß das, schließlich bin ich vom Fach.“War ich verrückt? Unterschrieb ich nichtim Auge <strong>de</strong>s Tornados mein To<strong>de</strong>surteil?Entsetzt sah ich, wie die Menge auf michzuwogte. Doch dann erkannte ich, dasssie sich lediglich zwischen mich und <strong>de</strong>nMann drängte, bevor er noch Gelegenheithatte, mir die neueste Rechtsprechung zumTatbestand <strong>de</strong>r Beleidigung mitzuteilen.Ich wandte mich wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Frau zu, entschlossen,nun meine Karten zu kaufen.Sie strahlte mich an.„Was kann ich <strong>de</strong>nn für Sie tun?“Ich hatte nie einen fürsorglicheren Servicebei <strong>de</strong>r Platzwahl.Referendarin Sonja Detlefsen,BRAK, Berlin04/2005 BRAK Magazin 9