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<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong>Herausgegeben vonDirk Fox und Stefan FalkISSN 2192-5879


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>EditorialGedruckt!Besucher und Aussteller der fischertechnik-Convention<strong>2011</strong> in Erbes-Büdesheimund glückliche Knobloch-Kundenhalten diese Ausgabe gedruckt in Händen –dafür ein ganz herzliches Dankeschön anRalf Knobloch, der auf eigene Kosten denDruck der <strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong> übernommen hat!In dieser dritten Ausgabe findet ihr einenErfahrungsbericht von Harald zu der immerwieder die Gemüter bewegenden Frage, obman denn <strong>ft</strong>-Teile „modifizieren“ darf odersollte. Schwache Naturelle dürfen sichanschließend von Fredys Vorschlag tröstenlassen, wie sich das „Modden“ kreativvermeiden lässt.Dirk Fox, Stefan FalkStefan setzt seine Schaltungstechnik-Seriemit einem Einstieg in die Elektronik fort,und Thomas entwickelt die Getriebe-Grundlagen zu raffinierten Übersetzungenweiter. Schließlich führen Dirk und Johannin die Funktionsweise eines Hubschrauberrotorsein.Wir wünschen euch eine spannende underkenntnisreiche Lektüre – und dann: Ranan die Baukästen!Euer <strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>-TeamP.S.: Am einfachsten erreicht ihr uns unter<strong>ft</strong><strong>pedia</strong>@<strong>ft</strong>community.de oder über die Rubrik<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong> im Forum der <strong>ft</strong>-Community.2


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Inhalt • Termine • Hinweise • ImpressumInhaltGedruckt!............................................................................2Motorsteuerungen (Teil 3) ..................................................4Neue <strong>ft</strong>-Teile selbstgemacht: Polycaprolacton..................14Neue <strong>ft</strong>-Teile selbstgemacht: Teile-Modding ....................20Zahnräder und Übersetzungen (Teil 2).............................25Hubschrauberrotoren........................................................29TermineWas? Wann? Wo?fischertechnikConvention <strong>2011</strong>20jährigesClubjubiläumModellschauMünster10jähriges Jubiläumder <strong>ft</strong> Community24.09.<strong>2011</strong> Erbes-Büdesheim05.11.<strong>2011</strong> Schoonhoven13.11.<strong>2011</strong> HBZ Münster18.11.<strong>2011</strong> Im NetzHinweiseImpressumSeit Juli vermittelt Ludger Mäsing Fan-Kontakte – bitteschreibt ihm bei Interesse an fischertechnik@versanet.de.Das <strong>ft</strong>:c-Jubiläums-Plakat (Seite 2) von Limit gibt es zumPreis von 2 Euro (zzgl. Versand) in DIN A1.Thomas Habig (Triceratops) hat in Ergänzung zu seinemArtikel LEDs mit Vorwiderstand in <strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong> Ausgabe 2/<strong>2011</strong>eine erweiterte Fassung zum Herunterladen bereit gestellt.http://www.<strong>ft</strong>community.de/<strong>ft</strong><strong>pedia</strong>Herausgeber: Dirk Fox, Ettlinger Straße 12-14,76137 Karlsruhe und Stefan Falk, Siemensstraße 20,76275 EttlingenAutoren: Stefan Falk (steffalk), Dirk Fox (Dirk Fox),Johann Fox, Thomas Püttmann (geometer), HaraldSteinhaus (Harald), Frederik Vormann (Fredy).Copyright: Jede unentgeltliche Verbreitung der unverändertenund vollständigen Ausgabe sowie einzelnerBeiträge (mit vollständiger Quellenangabe: Autor,Ausgabe, Seitenangabe <strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>) ist nicht nur zulässig,sondern ausdrücklich erwünscht. Die Verwertungsrechtealler in <strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong> veröffentlichten Beiträge liegen bei denjeweiligen Autoren.3


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Artikels zwar nicht genauer erklären – wermag, suche mal im Internet nach demBegriff Halbleiter, dazu muss man aberschon etwas mehr von Physik verstehen.Wir können aber überlegen, was wir miteiner solchen Diode machen können, undwo sie uns in unserer Schaltung helfenkann.Damit wir Schaltungen mit Dioden zeichnenkönnen, brauchen wir natürlich auchein Schaltzeichen dafür. Das sieht so aus:Abb. 2: Aktuelles und älteresSchaltzeichen einer DiodeFrüher zeichnete man die „Pfeilspitze“, diedie Durchlassrichtung anzeigt, ausgefüllt,heute leer – auf den in den 1970er Jahrenhergestellten fischertechnik-Elektronikbausteinen(den „Silberlingen“) findet ihrnoch das ältere, ausgefüllte Schaltzeichen.In diesem Artikel verwenden wir natürlichdas aktuelle Symbol.Abb. 3: Diodensymbole auf dem fischertechnikElektronik-Grundbaustein h4G von 1972Die Sperrlinie des Schaltzeichens ist auchauf der echten Diode angedeutet: An einemihrer Enden trägt sie einen weißen Ring –in Abb. 1 rechts. Die Diode in Abb. 1 lässtden Strom also von Plus nach Minus vonlinks nach rechts durch, während sie ihnsperrt, wenn rechts Plus und links Minusangelegt wird.Die in Abb. 2 eingezeichneten „+“ und „-“stellen dar, in welche Richtung die Diodeden Strom durchlässt – so soll es ja auchder Pfeil im Schaltbild darstellen. In dieandere Richtung kommt der Strom nichthindurch (deshalb der senkrechte Strich imSchaltbild).Dioden haben noch etwas Schönes an sich:Sie sind spottbillig. Es gibt sie für wenigeCent bei den einschlägigen Elektronikversendern– einige Quellen sind am Endedieses Artikels aufgeführt [2, 3]. Wenn ihrnoch keine Dioden habt, bestellt also ambesten gleich mehrere davon, denn sonstsind die Versandkosten viel höher als dieKosten für die Dioden selbst. Für den Preiseines fischertechnik-Tasters (der jaaufwändig von Hand zusammengesetztwerden muss) bekommt man viele Dioden(die in billiger Massenproduktion automatischhergestellt werden können).Wie man mit Dioden umgehtWenn ihr eure Dioden dann in Händenhabt, müsst ihr sie erst noch mit fischertechnik-Steckernversehen. Wichtig: Dabeimüsst ihr sehr vorsichtig sein, damit ihr dieDiode nicht beschädigt! Es ist keinProblem, die fischertechnik-Stecker auf dieDrahtenden zu schrauben. Es ist auch keinProblem, die Drähte mit einer Zange odereiner krä<strong>ft</strong>igen Schere vorsichtig zu kürzen.Wir werden die Dioden aber meistens soverwenden, dass ihre Drähte senkrechtabgeknickt werden müssen, und beimAbknicken muss man aufpassen.Ganz wichtig ist: Niemals die Drähte direktan der Diode selbst abknicken! Das Innereder Diode könnte damit beschädigt und dieDiode unbrauchbar werden. Deshalbverwendet zum Abknicken bitte immereine Zange, wie es Abb. 4 zeigt.Setzt also die Zange so an, dass zwischenDiode und Zange noch etwas Platz ist. DieZange darf nur den Draht selbst festhalten,aber nicht an der Diode anliegen. Dannhaltet die Zange fest und knickt den Draht6


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Schaltungstechnikan der anderen Seite (da wo die Diodenicht ist) ab. So kommt ihr zu sauber abgeknicktenDrähten und immer noch intaktenDioden.viel Spaß mit Dioden haben. Fangen wiralso gleich damit an!Erste Experimente mit DiodenUm unsere Diode kennen zu lernen, bauenwir zunächst Schaltung 4 auf:Abb. 4: Richtiges Abknicken der DrähteNoch eine wichtige Warnung: Die fürunsere fischertechnik-Modelle geeignetenDioden tragen eine der Typbezeichnungen1N4001 bis 1N4007. Sie vertragen problemlosdie 9 V Versorgungsspannung undmindestens 1 A Stromstärke und genügendamit für einen fischertechnik-Motor.Die Dioden mit den größeren Nummern inder Typbezeichnung verkra<strong>ft</strong>en höhereStröme, wären also grundsätzlich zubevorzugen. Ihr dür<strong>ft</strong> aber niemals einesolche Diode etwa in eine 230 V-Steckdosestecken! Das wäre genauso lebensgefährlichwie wenn ihr eine fischertechnik-Achseoder einen Schraubendreherin die Steckdose stecken würdet! Versuchtes nicht! Der Strom aus der Steckdose iststark genug, einen Menschen zu töten –nicht umsonst gibt es für unserefischertechnik-Modelle Netzgeräte, die diegefährlichen 230 V aus der Steckdose inharmlose 9 V transformieren.Verwendet Dioden auch bitte niemals ohneVerbraucher (Motor) – sie würden wie einKurzschluss wirken und sehr heiß werden!Innerhalb einer fischertechnik-Schaltung,die mit den üblichen 9 V Versorgungsspannungbetrieben wird, werden wir aberSchaltung 4: Stromversorgungeines Motors durch eine Diode hindurchDann beobachtet, was passiert, wenn ihrdie Diode andersherum einbaut, oder wennihr die Anschlüsse am Netzteil vertauscht.ihr werdet feststellen: So wie in Schaltung4 gezeigt, läu<strong>ft</strong> der Motor, so wie inSchaltung 5 aber bewegt er sich nicht:Schaltung 5: In Sperrrichtung der Diodekann kein Strom fließenDie Diode kann also – ähnlich wie einTaster – Strom durchlassen oder sperren.Außerdem könnt ihr mit dieser Schaltungauch feststellen, wo bei eurem Netzgerätdie Plus- und Minuspole liegen: Einfachschauen, ob der Motor läu<strong>ft</strong> (oder eineLampe leuchtet) und wie herum die Diodeangeschlossen ist.Mit diesem kleinen elektronischen Bauelementkann man nicht nur – wie wirgleich sehen werden – fischertechnik-Motoren steuern, sondern es gab sogarschon 1968 einen programmierbarenComputer, dessen Rechenfunktionen ausschließlichmit (vielen) Dioden realisiertwurden [4, 5].Damit wir erkennen, wie uns Dioden beiunserem Problem helfen, die Anzahl dernotwendigen Leitungen zu reduzieren,7


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>SchaltungstechnikDrücken wir aber den Taster, wird diesperrende Diode einfach umgangen und derMotor läu<strong>ft</strong>:können wir die Diode auch einfachzwischen Arbeits- und Ruhekontaktschalten und haben damit weniger starkabgeknickte Drähte. Schaltung 11 undAbb. 6 zeigen diese Variante:Schaltung 10: Umgehung der SperrungPraktische TippsDie Diode kann übrigens ganz einfachparallel zum Taster geschaltet werden,indem sie direkt am Taster angebrachtwird. Das geht auf zwei Arten:Entweder, wir richten uns strikt nachunseren bisherigen Schaltbildern undstecken die beiden Stecker der Diode alsoin die von den Kabeln kommenden Steckeram Zentral- und Ruhekontakt:Abb. 5: Diode an Zentral- und RuhekontaktGenauso geht es natürlich, wenn der Tasterbeim Loslassen sperren und beim DrückenKontakt herstellen soll, also Zentral- undArbeitskontakt verwendet werden müssen.Ihr seht aber, dass die Diodenstecker dannsehr nahe beieinander liegen und dieDrähte der Diode stark abgeknickt werdenmüssen. Aber die Diode brauchen wir jazur Überbrückung des Tasters nur dann,wenn der Taster nicht sowieso schongeschlossen ist. Bei geschlossenem Tasterist die Diode ja überflüssig, nur beigeöffnetem soll sie den Strom in dierichtige Richtung durchlassen. DeshalbSchaltung 11: Diode an ArbeitsundRuhekontaktAbb. 6: Diode an Arbeits- und Ruhekontaktdes fischertechnik-TastersIn der hier gezeigten unbetätigten Tasterstellunglässt die Diode also den Stromdurch – aber nur in eine Richtung. Beibetätigtem Taster stellt dieser den Stromflusssicher. Der Effekt ist also derselbewie in Schaltung 8, aber die Diodendrähtemüssen nicht so weit gebogen werden.Endspurt!Unsere ursprüngliche Forderung lautete ja,dass der Motor beim Erreichen des Endlagentastersabgeschaltet werden, aber indie andere Richtung weiterlaufen könnensoll. Nun, genau so etwas haben wir jagerade gebaut! Nun wollen wir esanwenden. Dazu greifen wir zunächstnochmal auf die Steuerungsschaltung ohneEndlagentaster zurück, wie wir sie in<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong> 1/<strong>2011</strong> entwickelt hatten:9


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Schaltung 12: Die ursprüngliche SteuerungDie ergänzen wir nun so, dass eine derLeitungen zum Motor hin von den (roteingezeichneten) Endlagentastern einfachunterbrochen wird:Schaltung 13: Steuerung mit EndlagentasternDie blaue Linie wollen wir für den Augenblicknoch nicht beachten, sondern uns aufdie Schaltung konzentrieren. Wir habenzunächst die normale links/rechts-Steuerungvor uns. Beide Endlagentaster sind inder Lage, die Stromzufuhr zum Motor zuunterbrechen – der Motor soll ja auchweiterhin anhalten, wenn einer derEndlagentaster gedrückt ist. Aber jeder derbeiden Endlagentaster wird von einerDiode überbrückt, und zwar jeweils ineiner anderen Stromrichtung! Schaut genauhin: die beiden Dioden sind nicht inderselben Stromrichtung verbaut.Jeder der beiden Endlagentaster kann alsoin die andere Stromrichtung einfach überbrücktwerden. Dadurch kann der Motorimmer noch, wie gefordert, wieder zurückin die andere Richtung drehen. Jeder Endlagentastersperrt also nur genau dieStromrichtung, deren korrespondierendeMotordrehrichtung gesperrt werden muss,wird aber in der anderen Strom- und damitDrehrichtung von der jeweiligen Diodeüberbrückt.Jetzt schauen wir uns wieder an, welcheBauelemente wo im Modell verbaut sind.Alles links von der blauen Linie inSchaltung 13 gehört zur Steuereinheit, allesrechts davon – also die Endlagentaster, dieDioden und der Motor – befinden sich imModell.Zwischen Steuerung und Modell kommenwir jetzt mit nur zwei Leitungen aus! Wirhaben zwar die Kurzschlussbremse nichtmehr, dafür sparen wir drei Leitungen(siehe Schaltung 3). Und für jeden weiterenzu steuernden Motor benötigen wir nurjeweils zwei zusätzliche Leitungen!Es ist übrigens völlig egal, ob ihr wie inSchaltung 13 gezeigt Endschalter 1, Endschalter2 und den Motor in Serie schaltet,oder eine der Taster/Dioden-Kombinationenin die obere Leitung vom Motor inSchaltung 13 einsetzt, also Endschalter 1,dann erst den Motor, und dann Endschalter2 in Serie schaltet:Schaltung 14: Alternative Anordnungenmit derselben WirkungAchtet nur darauf, dass dann beide Diodenentweder zum Motor hin oder beide vomMotor weg zeigen, damit immer eineStromrichtung zugelassen und die anderegesperrt wird (überlegt, was passiert, wennihr eine der Dioden andersherum einbaut).Wunderbar! Wir haben – bis auf diefehlende Kurzschlussbremse – denselbenEffekt erreicht wie vorher: Wir können denMotor komfortabel steuern, er wird zuverlässigan den Enden stoppen, kann abertrotzdem noch in die andere Richtunglaufen. Und all das mit genau so wenigLeitungen (nämlich nur zwei) wie wir10


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Schaltungstechnikbenötigen würden, wenn wir den Motoreinfach direkt an eine Stromquelleanschließen würden – besser geht’s nicht.FehlersucheAuch wenn wir unser Modell grundsätzlichnach Schaltung 13 oder 14 aufbauen,könnten uns allerdings leicht einige Fehlerunterlaufen, die man nicht gleich erkennt,etwa: Verwechslung der Pole der Stromquelle falsch herum angeschlossener Motor Verwechslung der Endlagentaster Verwechslung von Arbeits- und Ruhekontakt eine oder beide Dioden falsch herumangeschlossenMögliche Folgen solcher Fehler wären: Der Motor läu<strong>ft</strong> nie. Der Motor läu<strong>ft</strong> immer in die falscheRichtung. Der Motor hält an der Endlage nicht an,es sei denn, wir betätigen von Hand denanderen Endlagentaster.Insbesondere der letzte Fehler könnte unserModell oder ein Bauteil gefährden. Bei denersten Versuchen empfiehlt es sich deshalb,den Strom schnell abschalten zu könnenoder die Schaltung noch außerhalb desModells zu testen.Eine ganz hervorragende Übung ist es,wenn ihr die jeweiligen Schaltungsfehlereinmal als vollständiges Schaltbild zeichnetund überlegt – oder ausprobiert – welcherSchaltungsfehler jeweils welchesFehlverhalten im Modell zur Folge hätte.Dann könnt ihr nämlich auch umgekehrtvon einer festgestellten Fehlfunktion aufden Schaltungsfehler rückschließen! Jemehr Übung ihr in solchen Dingen entwickelt,desto schneller entlarvt undkorrigiert ihr Schaltungsfehler – ein äußerstlohnendes Ziel also!Langsames Auslaufen einesMotorsDa wir ja nun keine Kurzschlussbremsemehr haben, könnten wir auch noch etwasweiter gehen: Wenn ein abgeschalteterMotor etwas Schweres antreibt, wollen wirvielleicht gar nicht, dass er abrupt anhält.Lieber wäre es uns dann, er würde san<strong>ft</strong>auslaufen.Auch hierfür kann uns Elektronik nützlichsein. Ein anderes elektronisches Bauelement,der Kondensator, speichert ähnlichwie ein Akku elektrische Ladung undEnergie. Er hat nicht so viel Kapazität wieein Akku (wir wollen ja unseren Motorauch nicht stundenlang auslaufen lassen),dafür kann er viel schneller aufgeladenwerden. Das Schaltzeichen für einenKondensator sieht fast genauso aus, wie ertatsächlich aufgebaut ist: Einfach zweiMetallplatten, die sich gegenüber stehen:Abb. 7: Schaltzeichen eineseinfachen KondensatorsViele Informationen über Kondensatorenfinden sich unter [5]. Dort sieht man auch,dass es verschiedene Arten und Bauweisenvon Kondensatoren gibt. Für unsereMotorsteuerungen brauchen wir Kondensatorenmit genug Kapazität, deshalbverwenden wir hier Elektrolyt-Kondensatoren.Der Nachteil ist allerdings, dassman sie nur richtig herum gepolt anschließendarf. Das drückt sich auch inihrem Schaltzeichen aus:Abb. 8: Schaltzeichen einesElektrolyt-KondensatorsWichtig: Der Elektrolytkondensator (oderkurz Elko) darf niemals falsch herumangeschlossen werden! Er könnte schlagartigzerstört werden, explodieren und seingi<strong>ft</strong>iges Elektrolyt könnte austreten. Des-11


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>halb werden wir in unseren Schaltungenimmer eine Schutzdiode verwenden.Kondensatoren bekommt man bei denselbenElektronikversendern wie Diodenauch. Wenn ihr bestellt, verwendet welchemit Kapazitäten ab 1000 µF. Das Farad Fist die Einheit der Kapazität, ein µF ist einMikrofarad, also ein Millionstel Farad.1.000 µF sind also auch 1 mF (Millifarad,ein Tausendstel Farad), aber diese Sprechweiseist ungebräuchlich, weil Kondensatorenmeist eine relativ kleine Kapazitäthaben. Je größer die Kapazität, desto mehrelektrische Ladung und Energie kann derKondensator speichern.Zum Ausprobieren bauen wir folgendeSchaltung auf:Vergleicht den Effekt mit und ohneangeschlossenem Kondensator!Wer noch einen der alten hobby-4-Gleichrichterbausteineaus den 1970er Jahren hat,verfügt übrigens schon über eine raffinierteDiodenschaltung (einen sogenanntenGraetz-Gleichrichter) und einen 1.000 µF-Kondensator, wie das Schaltbild auf seinerFrontseite zeigt:Schaltung 15: Langsames Auslaufendes MotorsDie Diode dient uns als Schutz vorVerpolung des Kondensators: Sie lässt denStrom ja nur in die angezeigte Richtunghindurch, so dass „+“ auch wirklich bei „+“des Kondensators ankommt. Würden wirdie Stromversorgung versehentlichandersherum anschließen, würde nichtspassieren, weil die Diode einfach sperrt.Wichtig ist aber, dass ihr den Kondensatorauch wirklich richtig herum anschließt.Achtet unbedingt genau auf die Zeichen„+“ und „-“ auf dem Gehäuse!Wenn ihr nun den Taster betätigt, läu<strong>ft</strong>nicht nur der Motor, sondern der Kondensatorwird gleichzeitig aufgeladen. Dasgeht sehr schnell – ein Augenblick genügt.Lasst ihr den Taster nun los, gibt derKondensator seine gespeicherte Ladungund Energie an den Motor ab – der Motorläu<strong>ft</strong> länger nach als ohne Kondensator.Das geht natürlich nur so lange, bis derKondensator wieder ganz entladen ist.Abb. 9: Schaltungsaufdruck auf dem 1972erElektronik-Gleichrichterbaustein h4GBWenn ihr die Diodenschaltung genaudurchdenkt, werdet ihr feststellen, dass anden Plus- und Minus-Ausgängen wirklichimmer „+“ bzw. „-“ herauskommt, ganzegal, wie die Versorgungsspannung amEingang gepolt ist – sehr praktisch. DerElektrolytkondensator am Ende wird alsoimmer richtig herum gepolt sein. Ihr dür<strong>ft</strong>nur die Plus- und Minusausgänge nicht(falsch herum) mit der Stromquelleverbinden. Das Netzgerät soll hier immereinfach an die mit dem Wechselspannungssymbol„~“ gekennzeichneten Eingängeangeschlossen werden.12


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>SchaltungstechnikGleichrichterKondensatorAbb. 10: Blick ins Innere desGleichrichterbausteinsDen Taster könnt ihr unter Verwendungdieses Elektronikbausteins einfach vor demGleichrichter anschließen:Schaltung 16: Verwendung desGleichrichterbausteinsAuch hier wird der Motor langsam auslaufen,nur dass diese Schaltung durch deneingebauten Gleichrichter funktioniert, egalwie herum ihr die Stromquelle anschließt.Wegen der immer gleichen Polung desMotors ist es bei dieser Form des langsamenAuslaufens nur nicht mehr soeinfach möglich, zwei Endlagentastereinzubauen. Bitte versucht auch nicht, eineKurzschlussbremse so zu realisieren, dassder Kondensator kurzgeschlossen würde –es tut ihm nicht gut, wenn er so schnellentladen wird.Wie geht’s weiter?Mittlerweile haben wir schon ein ganzhübsches Arsenal an Schaltungstechnikenentwickelt. In der nächsten Folge wollenwir deshalb eine Reihe ganz unterschiedlicherMaschinen bauen, in der wir dieseund ähnliche Schaltungen zur Steuerungverwenden.Damit kommen wir fast automatisch zurnächsten Stufe: Maschinen, die sich selbststeuern! Wir lernen Ablaufsteuerungenkennen, die – immer noch ganz ohneComputer – mehrere Motoren, Lampen undMagnete in der richtigen Reihenfolgeansteuern. Es bleibt also weiter spannend!Literatur[1] Wiki<strong>pedia</strong>-Artikel über Dioden:http://de.wiki<strong>pedia</strong>.org/wiki/Diode[2] Dioden im Shop der KnoblochElectronic GmbH:http://www.knoblochgmbh.de/shop/query.php?cp_tpl=5504&cp_pid=19917[3] Diode 1N4007 bei ConradElectronic:http://www.conrad.de/ce/de/suggest/diode%201n4007[4] Beschreibung des programmierbarenTischrechners HP 9100 (englisch):http://www.hpmuseum.org/hp9100.htm[5] Geöffneter HP 9100 mit vielenDioden auf der Bodenplatine:http://www.hpmuseum.org/9100/9100opnl.jpg[6] Wiki<strong>pedia</strong>-Artikel zu Kondensatoren:http://de.wiki<strong>pedia</strong>.org/wiki/Kondensator_(Elektrotechnik)13


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Tipps & TricksNeue <strong>ft</strong>-Teile selbstgemacht: PolycaprolactonFrederik VormannNeue fischertechnik-Teile lassen sich nicht nur durch „Modding“ gewinnen (siehe den Beitragvon Harald Steinhaus), sondern auch selbst „gießen“. Das Zaubermittel heißt Plaast(Polycaprolacton) – ein Kunststoff, der in 60° heißem Wasser zu einer durchsichtigen Knetmassewird. Er kann dann prima mit den Finger geformt oder auch in aus fischertechnikgebaute Formen gedrückt werden. In diesem Beitrag wird vorgestellt, wie sich aus Plaast mitwenig Aufwand Bauteile für fischertechnik selbst herstellen lassen.Immer wieder einmal fehlt euch ein Bausteinfür ein Modell, an dem ihr geradearbeitet? Oder ihr sucht nach einem speziellenVerbindungsstück, das es in eurerfischertechnik-Sammlung (oder gar überhaupt)nicht gibt? Kein Problem: Gießt eseuch selbst – aus Polycaprolacton (kurz:Plaast). Plaast könnt ihr in einem Online-Shop in Berlin in Mengen von ein, zweiund fünf Kilogramm bestellen [1]. Füreinfache Versuche reicht ein Kilogrammewig – das kostet derzeit 16,90 €.Was wird gebraucht?Um den Anleitungen dieses Artikels zufolgen, benötigt ihr neben Plaast einigeHaushaltsgegenstände: einen Wasserkocher oder Kochtopf, ein Thermometer, eine Tasse oder ein ähnliches Gefäß, einen Löffel, einen Pinsel, etwas Margarine oder Fett, Handtücher und schließlich fischertechnik-Teile für die Formen zumGuss der Selbstbauteile.Plaast vorbereitenZunächst wird Wasser mit einem Wasserkochero. ä. auf ca. 60 °C erhitzt und ineine Schüssel oder Tasse gegeben. In dasheiße Wasser kommt nun das Plaast-Granulat. Nach ein paar Minuten ist derKunststoff weich und kann weiterverarbeitetwerden. Größere Stücke oder fertigeTeile, die wieder verarbeitet werden sollen,brauchen etwas länger. Dabei müsst ihr dieTemperatur vielleicht nochmals anpassen.Abb. 1: Das ursprüngliche Plaast-GranulatPlaast sollte mit einem Löffel aus demheißem Wasser geholt werden – aber Achtung:Verbrühungsgefahr! Das Plaast selbstlässt sich dann ganz gut anfassen. Die14


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Tipps & TricksVerarbeitung sollte zügig erfolgen, daPlaast beim Abkühlen wieder fest wird.Abb. 2 zeigt Plaast in dem Zustand, in demes aus dem aus dem heißen Wasser kommt.Abb. 2: Plaast nach dem WasserbadEs muss nun noch in eine brauchbare Formgebracht werden. Grundsätzlich gibt esdafür zwei Möglichkeiten: der Bau von Formen aus fischertechnik das Abformen von Teilen mit Plaast –diese „Gussform“ kann dann wiederummit Plaast gefüllt werden.Beide Varianten werden im Folgendenvorgestellt.Formen aus fischertechnikDie Gussformen müssen das „Negativ“,also das Gegenteil von dem enthalten, wasman als fertiges Teil haben möchte. Siemüssen an der Oberseite zunächst offenbleiben, damit dort das Plaast mit denFingern hinein gedrückt werden kann. Ambesten lasst ihr ein wenig Plaast überstehen,damit der Baustein, der als Abschlussoben drauf kommt, auch noch seineForm abgeben kann und nicht etwa dortMaterial fehlt.Bevor ihr das Plaast in die Form drückt,solltet ihr diese mit etwas Margarine oderFett einstreichen, da es sonst sehr schwerist, die fischertechnik-Steine wieder vomPlaast zu lösen. Dabei müsst ihr aufpassen,dass das Fett nicht in das weiche Plaastgerät, sonst fallen die Steine an diesenStellen wieder auseinander. Später werdenwir noch sehen, wie man sich diesen Effektabsichtlich zu Nutze machen kann.Wichtig ist: Die Formen müssen immer sogebaut werden, das sie wieder auseinandergeschoben werden können, nachdem derHohlraum mit Plaast ausgefüllt und dieseserstarrt ist – sonst bekommt ihr den neuenPlaast-Baustein nicht heil aus der Gussform.Bei neu erdachten Formen heißt eshier also gut Nachdenken, bevor ihr amEnde fischertechnik-Teile zerstören müsst,um die Form wieder zu zerlegen.Wenn wir etwa einen Baustein 15 herstellenmöchten, der an allen sechs SeitenStege und nirgends Nuten besitzt, muss dieForm also rundherum Nuten (das Gegenteilvon Stegen) aufweisen. Form A (Abb. 3)zeigt eine Möglichkeit dafür.Abb. 3: Form AWenn die rechte kleine Baugruppe mit demroten Baustein 15 oben eingesetzt wird,bleibt im Inneren eine Form übrig, die auf15


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>allen sechs Seiten Nuten hat. Abb. 4 zeigtdas Ergebnis: Das Plaast läu<strong>ft</strong> in alle Nutender Form und bildet nach dem AushärtenStege an allen sechs Seiten.Abb. 4: Ergebnis A: Baustein 15mit Stegen an allen sechs SeitenForm B (Abb. 5) liefert einen Baustein 30mit Stegen an den vier langen Seiten.Abb. 7: Form CWer genau hinsieht, erkennt, dass da zweiVerbinder 15 etwas beschnitten werdenmüssen, damit es einen umlaufenden Stegin der Form gibt, der im fertigen Teil eineumlaufende Nut erzeugt.Abb. 5: Form BAn einem Ende bekommt er einen Steg(weil in Abb. 5 links eine Nut liegt), amanderen Ende eine Nut (weil im roten Baustein15 ein Verbinder 15 steckt).Abb. 6: Ergebnis B: Baustein 30mit fünf Stegen und einer NutForm C (Abb. 7) schließlich ergibt einenBaustein 15 mit Nuten an allen sechsSeiten.Abb. 8: Ergebnis C: Baustein 15mit Nuten an allen sechs SeitenEs lassen sich natürlich auch Winkelsteineund dergleichen bauen – da setzt wahrscheinlichfast nur die Kreativität Grenzen.Abformen mit zwei FormteilenDie zweite Möglichkeit, neue Teile herzustellen,besteht darin, von den Teilen ersteinen Abdruck zu machen (ein Negativeines existierenden Bauteils also), spricheine „richtige“ Form wie eine echte Spritzgussform.16


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Tipps & TricksDer Ablauf ist dann wie folgt:1. Zwei Rahmen für Plaast bauen (jeweilsvier verschalte Seiten genügen).2. Den ersten Rahmen mit Fett einstreichen,damit das Plaast später leichtwieder entfernt werden kann.3. Das heiße Plaast in den ersten Rahmendrücken.4. Das zu kopierende fischertechnik-Teilebenfalls mit Fett bestreichen und halb(!) ins Plaast eindrücken.5. Die so vervollständigte erste Halbschalekalt werden lassen. Das ist die untereHäl<strong>ft</strong>e der gesamten Form (Abb. 9).Danach können die Halbformen voneinandergetrennt und das eingesetzte fischertechnik-Bauteilentnommen werden. Dieuntere Form zeigt Abb. 10.Abb. 10: Die fertige DoppelformAbb. 9: fischertechnik-Teilin der unteren Halbform eingesetzt6. Den zweiten Rahmen aufsetzen.7. Diesen zweiten Rahmen, das mittlerweilekalte Plaast des unteren Rahmenssowie das noch darin steckendefischertechnik-Bauteil einfetten.8. Plaast in den oberen Rahmen drücken.Dabei müsst ihr ein wenig daraufachten, dass das Muster nicht aus derunteren Form rutscht.9. Alles erkalten lassen. Diese Menge anPlaast braucht einige Zeit, bis sie wiederfest ist. Am besten stellt ihr sie dazu inden Kühlschrank, dann geht es etwasschneller.Abb. 11: Die Plaast-Halbformen„Gießen“ neuer TeileUnsere selbst hergestellten „Gussformen“sind nun fertig. Ihr dür<strong>ft</strong> beim Benutzennur nie vergessen, sie mit Fett zu bestreichen,sonst verbindet sich das Plaast undihr bekommt das Ganze nicht mehr auseinander.Achtet dabei darauf, dass dieVertiefungen eurer Form auch etwas vondem Fett abbekommen – überall dort, wokein Fett ist, verbindet sich das Plaast.Nun erhitzt ihr ein wenig Plaast (ungefährso viel, wie ihr für euren neuen Steinbraucht) und rollt es zu einer kleinenKugel. Die drückt ihr leicht in die untere17


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Häl<strong>ft</strong>e der Form, dann wird die obere aufgesetztund festgedrückt. Am bestenbenutzt ihr die Hilfsrahmen aus fischertechnikals Führung, damit die beidenFormen passend übereinander sitzen.In Abb. 13 und 14 sieht man das Gussteilnoch in der linken Häl<strong>ft</strong>e stecken. Löst dassoeben hergestellte Teil evtl. unter Zuhilfenahmeeines Messers vorsichtig heraus –und ihr besitzt euer erstes selbst hergestelltesfischertechnik-Teil!Abb. 12: Vorbereitung für die Herstellungder TeilekopieDanach lasst ihr das Plaast wieder abkühlenund könnt dann die Form vorsichtigöffnen.Abb. 15: Das fertige Teilim Vergleich zum OriginalWie man in Abb. 15 erkennen kann, wurdehier etwas zu viel Plaast verwendet,dadurch entstanden zu große Ränder.Mit einem selbst hergestellten Baustein 7,5gelang es schon besser (siehe Abb. 16).Abb. 13: Die getrennten FormenAbb. 14: Herausgelöstes FormteilAbb. 16: Baustein 7,5 im EigenbauEinen Blick auf die dazugehörige Rohformgibt Abb. 17.18


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Tipps & TricksAbb. 17: Formteile für den Baustein 7,5Wozu eignet sich welcheMethode?Die zuerst vorgestellte Form aus fischertechnik-Teilenkann in alle Richtungenerweitert werden. Damit können dannSteine in unterschiedlichen Größen undFormen erzeugt werden, bei denen Nutenund Zapfen in alle Richtungen verlaufen.Mit einer zweiteiligen Form aus Plaastkönnen dagegen z. B. die normalenfischertechnik-Zapfen erzeugt werden –das geht mit einer einteiligen Form odereiner Form nur aus fischertechnik-Teilennicht. Dafür funktioniert diese Methodenicht sehr präzise, da das Plaast zu starrdafür ist.Allgemeine TippsDie „gegossenen“ Teile müssen abschließendnoch von Hand von unsauberenKanten und Graten befreit werden. Dazueignet sich ein scharfes Messer.Eine interessante Weiterentwicklung ist,mehrere Gussteile zu verbinden. Taucht dieStellen, die verschmelzen sollen, kurz inheißes Wasser und drückt sie vorsichtiganeinander. Auf diese Weise lassen sichganz neuartige Kombinationsteile herstellen.Bei meinen Versuchen hat das Plaast dierote Farbe der fischertechnik-Teile angenommen.Ob die Originalteile dadurchleiden, konnte ich nicht feststellen.Ein Dankeschön geht an Harald Steinhausfür das Entdecken von Plaast und seineersten Versuche damit.Als Appetitanregung zum Schluss noch einpaar Einsatzbeispiele für selbst hergestelltefischertechnik-Teile (Abb. 18).Abb. 18: Verbaute Plaast-TeileSicherheitshinweisAbschließend sei noch einmal wiederholt:60° heißes Wasser ist heiß und scharfeMesser sind scharf. Lasst euch gegebenenfallsvon einer älteren Person helfen, damitihr euch nicht verletzt.Quellen[1] http://www.plaast.de[2] http://www.<strong>ft</strong>community.de/categories.php?cat_id=49119


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Tipps & TricksNeue <strong>ft</strong>-Teile selbstgemacht: Teile-ModdingHarald SteinhausEs gibt Fälle, in denen der geneigte Bastler an die Grenzen des Systems fischertechnik stößt.Hier verschiebt sich ein Zapfen unter Last, da ist eine Bauteilkante im Weg und der <strong>ft</strong>-Zapfenstört, da rutscht ein Zahnrad auf der Achse, am Räumschild möchte man etwas anbauen, undschließlich müsste dort eine Achse durch ein Teil hindurch.Das Thema „Teile-Modding“ spaltet die <strong>ft</strong>-Gemeinde seit den Anfängen der fischertechnik-Foren,und diverse Threads mitheiß geführten Diskussionen sind leider mitden Umzügen verloren gegangen. ImBilderpool der <strong>ft</strong>community findet sichaber der eine oder andere Thread zu diesemThema.Es gibt einmal die Puristen, die da sagen,dass man ein <strong>ft</strong>-Teil einfach niemals bearbeitet(schnell wird auch von ‚verstümmelt’gesprochen) und bitteschön seineKonstruktion mit den Teilen aufbaut, dieman im Kasten vorgefunden hat.Die anderen vertreten den Standpunkt, dassman mit Kauf und Bezahlung Eigentümerder Teile geworden ist und es weder einReinheitsgebot noch eine UN-Teileschutzkonventiongibt, die einem das Tuning oderModding verbieten könnte.Abb. 1: Nicht jedermanns Sache: einfischertechnik-Reifen in der Drehbank. DieNabenflügel waren auch im Weg.Das Für und Wider dieser zweitgenanntenPosition soll der vorliegende Artikel mitein paar Beispielen beleuchten.Wir beginnen …… mit einem Kasten voller Originalteileund einem Bastler voller Ideale. Der Wegauf die schiefe Bahn ist ganz leicht: manmöchte einen Spiegel, eine Antenne undeinen Suchscheinwerfer am Führerhaus38443 oder 31140 und Konsorten haben.Tja, da sind keine Bohrungen und keineZapfen vorgesehen. Kleben wäre eineLösung, aber ein Loch hier oder dort hätteuniverselle Möglichkeiten.Oder der Zapfen eines Baustein 30 stört,und man findet heraus, dass es denzapfenlosen BS30 unter den Teilenummern35014 und 35001 gegeben hat, die abernicht mehr lieferbar sind. Da könnte manauf die Idee verfallen, seinem amschlimmsten ausgeleierten Baustein 30 mitdem Bastelmesserchen ... – an dieser Stelleist für eher zart besaitete Gemüter eineSchmerzgrenze erreicht. Bitte hinsetzen,denn es kommt noch „dicker“.Die fischerwerke tun’s ja auch!Man kann sich darauf berufen, dass diefischerwerke auch nicht unschuldig sind.Im Baukasten u-t3 aus der Schulserie findetman eine Anleitung, aus dem Spurkranzmittels scharfem Messer eine Schaltscheibe20


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Tipps & Trickszu machen. Nicht genug damit, findet sichim Buch ‚Hobby 3 – Band 2’ auf denSeiten 46/47 ein Zahnrad Z20, dem jederzweite Zahn entfernt wurde, um es alsSchaltrad zu verwenden – Dank anSchnaggels und Stefan Falk für diesenHinweis. Dazu steht geschrieben: „Daszerstörte Zahnrad können Sie durch diefischertechnik-Zusatzpackung 04 ersetzen“.So so, hmm, hmm, „zerstört“. Darüberkann man diskutieren, denn wirklichzerstört wurde das Zahnrad ja nicht. Eswurde seiner ursprünglichen Funktionberaubt (ist nicht mehr als Zahnrad ineinem gewöhnlichen Getriebe zu gebrauchen),aber es hat doch eine neue Funktionerhalten. Eine Funktion, in der es einenNutzen erbringt, der mit keinem (seinerzeit)existierenden <strong>ft</strong>-Bauteil zu bewerkstelligenwar.Weiter auf der schiefen Bahn:„Auto“-ModdingBauteile können im Spielgeschehen deneinen oder anderen Schaden erleiden, dersie aber nicht zwangsläufig unbrauchbarmachen muss. Beispiele sind: BS30 mit abgebrochenem Zapfen (sieheoben; manchmal braucht man solcheTeile) Lochstreben 120 brechen leicht beiÜberlast (und besonders die aus gelbemMaterial, wenn sie zu trocken undspröde geworden sind). Wenn sie aneinem Ende brechen, entsteht darauseine Lochstrebe 105, also eine Strebemit sonst nicht erhältlicher Länge. zerbrochene BS15 mit zwei Zapfen,deren Innenleben ein interessantes neuesBauteil abgibt: einen Stahlsti<strong>ft</strong> mit zweiZapfen, der sich sehr gut zurBefestigung der Power-Motoren eignet(weitere Beispiele hier und dort).So ein zerbrochenes Teil schmerzt natürlich.fischertechnik ist recht teuer (oh,politisch korrekt müsste man sagen: bietethohen Nutzen zu einem angemessenen,aber gehobenen Preis), und gerade diejetzige Elterngeneration musste seinerzeitjede Zubehörbox vom knappen Taschengeldbestreiten, so dass die Teile sprichwörtlich‚lieb und teuer’ geworden sind.Diese emotionale Verbindung tritt nochstärker hervor, wenn anstelle eines bösenUnfalls nun die eigene Hand einem Bauteilans Leder will.Keine Hemmungen!Ist man über einen bestimmten Punkthinweg, kann man ins andere Extremschlagen und es gibt kein Halten mehr. Aufdas Messer folgen erst Säge und Bohrmaschine,dann Fräse und Drehbank, umdie Bauteile zu bearbeiten. Am Endewerden lieber Teile verändert als dass mansich auf die Suche nach einer technischenLösung macht, die ohne „Blutvergießen“auskommt. Aus dieser Zeit stammen diehier gezeigten Bausteine, denen die eineoder andere Kante mehr oder weniger weitentfernt wurde. Z. B. wird damit bewirkt,dass die Teile einer Lenkung ohne Anstoßenan Chassisträgern vorbei kommen(links ein BS5, rechts ein BS 5x15x30),siehe auch Abb. 2.Abb. 2: Abgeschrägte BausteineAuch die S-Riegel waren beliebte Opfer:meistens ist nur der Griff im Weg, abermanchmal braucht man sie auch mit„Plattfuß“, damit sie in eine <strong>ft</strong>-Flachnut(etwa vom BS5) hineinpassen.Die Steigerung sind S-Riegel mit Plattfußund gekappten „Zehen“, so dass sie z. B.mittig in die halbe Nut eines S-Winkelträ-21


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>gers geschoben werden können. AlleVarianten in Abb. 3 haben einmal einenbesonderen Zweck erfüllt, aber ob daswirklich immer nötig war?Abb. 6Abb. 3: Eine kleine Auswahl an Variationen zuS-Riegeln mit Bohrungen und „Plattfüßen“Beispiele aus wilden Zeiten Durchbohrte Achse als kra<strong>ft</strong>volle Seilwinde,Versti<strong>ft</strong>en hält Teile zusammen,Anspitzen hil<strong>ft</strong> beim „Einfädeln“,Getriebe kann man umbauen (Abb. 4).Ein paar Highlights Ein Hubgetriebe aus Riegelscheiben undFührungsplatte 32455 (Abb. 7)Abb. 4 Flach gefeilte und gebohrte Achsen, dasDifferenzial kann mit der <strong>ft</strong>-Kette angetriebenwerden (Abb. 5).Abb. 7 Nur den Achsstummel im Vordergrundbraucht man, um den XM-Motor amStufengetriebe zu betreiben. Die umlaufendeNut sorgt fürs Einrasten. Rechtsdie Befestigung der Gehäuse mittelsBS5 und V-Platte (Abb. 8).Abb. 5 Mitte links das Z10 (Idee von Claus),dahinter eine in drei Stufen längenverstellbareDrehkupplung, rechts eineversti<strong>ft</strong>ete Schnecke, deren Achse gegenHerausziehen aus dem Getriebegesichert ist (Abb. 6)Abb. 8 Mit der Laubsäge durchtrennte Platten,für Flugzeug-Tragflächen (Abb. 9)Abb. 922


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Tipps & Tricks Flachnabe mit angespitzten Griffen, alsSchrittschaltwerk (Abb. 10) Links: Die Schneckenmutter ist keinemehr, das Differenzialrad 137196 passtsauber hinein. Rechts: Diese Schneckenmutterist unverändert; das Differenzial-Antriebsrad31414 ist von hintenplan gedreht und liegt flach auf demKugellager auf (Abb. 14).Abb. 10 Zahnrad-Montagen, auf der Suche nacheinem Schaltgetriebe in m0,5 (Abb. 11)Abb. 11 Stufengetrieb mit Stirnbohrung, zumAntrieb durch den XM-Motor (Abb. 12)Abb. 12 Kabelhalter aus S-Riegeln – diese Teilesollten ins <strong>ft</strong>-Programm aufgenommenwerden (Abb. 13)Abb. 14Auszüge aus meinemSündenregister BS15-Loch gekappt und <strong>ft</strong>-Differenzialins Raster gebracht Rollenbock 32085 angeschrägt – wegenFahrwerksgeometrie S-Riegel mit gekapptem Plattfuß fürhalbe Flachnuten (hier im Gelenkwürfel) S-Riegel als Kabelhalter oder als Haken S-Riegel 6 geköp<strong>ft</strong>, verhindert Überstreckender Lenkklaue Lenkwürfel beschnitten für größerenLenkeinschlag (Abb. 15)Abb. 13Abb. 15: Beschnittene Lenkwürfel Der geköp<strong>ft</strong>e S-Riegel begrenzt denKnickwinkel beim Einsatz in einemFahrwerk Riegelstein geköp<strong>ft</strong> (Förderband)23


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong> Baustein 7,5 mittig durchgesägt, sehrvielseitig, zum Beispiel für weitöffnende Türen (Abb. 16)Abb. 16 Hubzahnstange verbunden mit Strebenadapter(nebst Einblick in des TätersPsyche) Reifen 60 halbiert, für belastbare RadantriebeEs gibt noch weitere Täter!In die Öffentlichkeit getreten und namentlichbekannt sind Peter K: Riegelstein 32850 halbiert mitKugellager 4x8x3 quincym: M4-Gewinde auf Rastachse quincym: Ritzel aufgebohrt und Rastachseeingeklebt; Kardan für Direktmontageam S-Motor aufgebohrt Claus: Rast-Z10 verschlankt und neuesTeil daraus erzeugt: Rastklemmbuchse(gezeigt an einem meiner Modelle) Arjen Neijsen/Ludger/TST: BS15-Lochabgesägt Triceratops: laut eigenem Geständnis(Beweismaterial nicht veröffentlicht) Thomas Püttmann: Rastkegelzahnrad inBS15-Loch versenkt C-Knobloch: die Laufschienen derAchterbahn sind stirnseitig gebohrt undversti<strong>ft</strong>et damit beim Verwinden keinStoß entstehtWenn man das Schlagwort „modding“ inder Bilderpool-Suche verwendet, trif<strong>ft</strong> manalle diese Kandidaten.Die Dunkelziffer der heimlichen Teilemodderist allerdings unbekannt.Für und WiderKlar, man hat die Teile bezahlt und darfmit ihnen nach Belieben verfahren. Undfischertechnik selbst hat es ja auch getan.Wie dem auch sei, auf die Zeit der lockersitzenden Klingen folgt die Besinnung.Zum Einen sind ja aus den verändertenTeilen nun Spezialteile geworden, die mangesondert aufbewahren muss oder ständigbeiseite räumen muss, wenn man Standardteilebraucht. Schwerer wiegt der Umstand,dass kein anderer ein Modell nachbauenkann, ohne ebenfalls zum Werkzeug zugreifen. Gleiches gilt, wenn man einModell mehrfach aufbauen will (etwaRennwagen für ein Autorennen) oder wenndas Modell mehrere dieser Teile braucht(z. B. in den Gondeln eines Riesenrads).Man möchte vielleicht auch den Wiederverkaufswertder Teile erhalten oder hatden Ehrgeiz, ein Problem mit Teilen ausder Schachtel zu lösen oder es zu lassen.Unterm Strich verläu<strong>ft</strong> meine Grenzliniemittlerweile genau mitten hindurch: Wenn es irgend geht, halte ich michzurück, damit weniger Blut fließt (dieersten Schnitte macht immer dasTaschenmesser...) und insbesondere,damit andere ein Modell auch ohneWerkstatt nachbauen können; Wenn ich aber meine, dass die Bearbeitungeines Teils einen Mehrnutzengegenüber dem Original erbringt (etwadie Wandlung der S-Riegel zu Kabel-Clipsen), dann gibt es kein Zurück.24


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>GetriebeGetriebeZahnräder und Übersetzungen (Teil 2)Thomas PüttmannIm ersten Teil dieser Miniserie ging es überwiegend um die Stirnräder im fischertechnik-System und die Übersetzungen, die mit ihnen erzielt werden können. In diesem zweiten Teilwerden Schnecken und vor allem Differentiale benutzt, um die Konstruktion vorgegebenerÜbersetzungen deutlich zu vereinfachen.Im ersten Teil haben wir gesehen, dass manmit fischertechnik-Stirnrädern mit Modulm = 1,5 theoretisch alle Übersetzungen derForm (2 j • 3 k ) : (2 m • 3 n ) konstruieren (alsoz. B. 8:3, 16:9 oder 27:128) und damitjedes vorgegebene Übersetzungsverhältnisbeliebig genau annähern kann.Praktikabel ist das jedoch schon bei vieleneinfachen Verhältnissen nicht. Um zumBeispiel das Verhältnis 5:1 bis auf zweiStellen hinter dem Komma zu realisieren,bräuchte man 24 Stirnräder. In diesem Teilkannst du lernen, wie du das Differentialeinsetzt, um Getriebe mit gewünschtenÜbersetzungen mit deutlich weniger Bauteilenzu konstruieren. Doch zuvor wendenwir uns kurz den Schnecken- und Kronengetriebenzu. Die Formeln brauchst dubeim ersten Lesen nicht zu verstehen.Versuche lieber die Beispiele abzuändernund zu untersuchen, was dabei passiert.Schnecken- & KronengetriebeAbbildung 1 zeigt ein Schneckengetriebe.Die Achse mit der Schnecke treibt dieAchse mit dem Stirnrad Z20 an. Bei einerUmdrehung der Antriebswelle wird dasStirnrad genau einen Zahn weiterbewegt.Bei 20 Umdrehungen der Antriebswelle hatdas Z20 also genau eine volle Umdrehunggemacht: Die Übersetzung ist 20:1.Ersetzt du das Z20 durch ein Z10, Z15,Z30 oder Z40, so erhältst du die Verhältnisse10:1, 15:1, 30:1 bzw. 40:1.Abb. 1: SchneckengetriebeAbbildung 2 zeigt dir, wie du mit einemSchneckengetriebe die Übersetzung 5:1konstruieren kannst. Theoretisch kann manmit den Stirnrädern und den Schnecken alleÜbersetzungen der folgenden Formkonstruieren:(2 j • 3 k • 5 l ) : (2 m • 3 n )Im Nenner tritt der Faktor 5 nicht auf, dadas fischertechnik-Schneckengetriebeselbstsperrend ist: Das Stirnrad kann dieSchnecke nicht antreiben. Es gibt nochzwei weitere Schnecken im fischertechnik-System: Die erste hat den Modul m = 1,0und eignet sich eigentlich nur in Verbindungmit der zugehörigen Schneckenmutter.25


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Die zweite hat den Modul m = 1,5. In dieseSchnecke werden Rastachsen eingesteckt.Sie hat den Vorteil, besser zur Evolventenverzahnungder fischertechnik-Stirnräderzu passen und daher spielfreier zu sein.Wenn du sie verwendest, hast du wenigerLeerlauf beim Ändern der Drehrichtung.Andererseits ist sie größer und passt nichtso gut ins Raster.Das DifferentialDas entscheidende Bauteil im Weiteren istdas Differential (siehe Abbildung 4). Esbesitzt drei koaxiale An-/Abtriebe: ZweiRastachsen können in die beiden Seiteneingesteckt werden und der Differentialkäfigin der Mitte selbst trägt ein Stirnradmit 20 Zähnen sowie einen Kegelzahnkranzmit 26 Zähnen.Abb. 2: Übersetzung 5:1Auch mit einem Kronenrad kannst du dieÜbersetzung 5:1 erzielen: Das Kronengetriebein Abbildung 3 hat eine Übersetzungvon 10:32 = 5:16. Wenn du also zusätzlichmit einem zweistufigen Getriebe zweimal4:1 übersetzt (Z10 auf Z40), hast duinsgesamt die Übersetzung 5:1.Abb. 3: KronenradgetriebeMit Schnecken, Stirn- und Kronenrädernkann man somit theoretisch alle Übersetzungender folgenden Form konstruieren:(2 j • 3 k • 5 l ) : (2 m • 3 n • 5 p ).Abb. 4: Das DifferentialNimm die eine der eingesteckten Rastachsenzwischen Daumen und Zeigefingerder linken Hand, die andere zwischen Daumenund Zeigefinger der rechten Hand.Drehe nun zunächst die beiden Achsengleich schnell in dieselbe Richtung. Auchder Käfig dreht sich genauso schnell in diegleiche Richtung. Drehe jetzt die beidenAchsen ungefähr gleich schnell in entgegengesetzte Richtungen. Der Käfig sollte sichjetzt fast gar nicht drehen.Dieses Phänomen wollen wir nun mathematischgenauer fassen. Drehe dazu dasDifferential vor deinen Augen so, dass dufrontal auf das Z20 schaust (Abbildung 5).Jetzt kannst du von Umdrehungen im undgegen den Uhrzeigersinn sprechen. Umdrehungengegen den Uhrzeigersinn sollenpositiv, Umdrehungen im Uhrzeigersinnsollen negativ gezählt werden.Bezeichne mit x bzw. y die Anzahl derUmdrehungen der beiden Rastachsen undmit z die Anzahl der Umdrehungen desKäfigs. Die drei Variablen x, y und z sindoffensichtlich nicht unabhängig. Wenn dugleichzeitig an zwei der drei Stellen (zweiRastachsen und Käfig) drehst, ist die Drehbewegungder dritten Stelle schon festgelegt.26


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>GetriebeAbb. 5: Differential – FrontalansichtFalls du die Experimente von oben ausgeführthast, vermutest du vielleicht schon,dass z der Mittelwert aus x und y ist. AlsGleichung schreibt man z = (x+y)/2. Überprüfediese Gleichung jetzt noch einmalgenau, indem du einen Zahn des Z20 aufdem Käfig markierst und die beiden Endender Rastachsen genau beobachtest: Hältstdu die linke Rastachse fest und drehst dierechte Rastachse zweimal im positivenSinn (x = 0, y = 2), so dreht sich der Käfiggenau einmal im positiven Sinn (z = 1).Drehst du beide Achsen genau einmal impositiven Sinn (x = 1, y = 1), so dreht sichder Käfig genau einmal im positiven Sinn(z = 1). Drehst du beide Achsen genaueinmal entgegengesetzt (x = 1, y = -1), soist der Käfig nach den beiden Drehungengenau da, wo er vorher war (z = 0).Die Gleichung z = (x + y)/2 eignet sich indieser Form vor allem, wenn die beidenSeiten angetrieben werden und die Mitteden Abtrieb bildet. Für unsere Zwecke istes praktischer alle drei An-/Abtriebe alsgleichberechtigt anzusehen. Dann kannman die Gleichung viel besser alsx + y - 2z = 0schreiben und nach Bedarf nach derAbtriebsvariablen auflösen.Halte zum Beispiel einmal den Käfig fest(z = 0). Die Gleichung lautet also jetztx + y = 0. Wenn du die eine Achse drehst,dreht sich die andere genauso weit, nurentgegengesetzt. Oder halte eine Achse fest(x = 0). Die Gleichung lautet jetzty - 2z = 0 oder umgestellt y = 2z. Drehst dunun den Käfig, so dreht sich die andereAchse in die gleiche Richtung, aber doppeltso weit!Wahrscheinlich hast du das Differentialzuerst beim Bau von Fahrzeugen kennengelernt.Bei einer Kurvenfahrt legt dasäußere Rad einer Antriebachse einengrößeren Weg zurück als das innere undsollte entsprechend die Möglichkeit haben,sich mehr zu drehen. Genau das leistet indiesem Fall das Differential: Der Käfigwird angetrieben (die Variable z ist alsovorgegeben) und die beiden Achsen drehensich nach Bedarf: Nur die Summex + y = 2z liegt fest. Wie sich 2z auf diebeiden Seiten verteilt, hängt von derKurvenfahrt (Reibung am Boden) ab. Fährtdas Fahrzeug geradeaus, so ist x = y. Jestärker die Kurve gekrümmt ist, desto mehrruht eines der Räder, während sich dasandere entsprechend mehr dreht. Es kannsogar sein, dass sich das eine Rad rückwärtsbewegt, während sich das andere umentsprechend mehr als 2z vorwärts bewegt.Wie kannst du nun mit Hilfe desDifferentials ungewöhnliche Übersetzungenerhalten? Das funktioniert, indem duzwei der An-/Abtriebe durch ein normalesStirnradgetriebe koppelst. Am bestenschauen wir uns gleich ein Beispiel an(siehe Abbildung 6): Zwischen der einenRastachse und dem Käfig ergibt sich durchdas Stirnradgetriebe eine Übersetzung von3:1. Dies bedeutet z = 3y. Setzt du in derallgemeinen Gleichung x + y - 2z = 0 fürdas Differential z = 3y ein, so erhältst du x -5y = 0, also x = 5y. Wir haben somit jetzteine ganz andere Möglichkeit gefunden,die Übersetzung 5:1 mit Standardfischertechnik-Teilenzu konstruieren.27


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Für den Merkur kann man also in guterNäherung ein Getriebe mit Übersetzung83:20 = 4,15:1 verwenden. Der Faktor 4,15lässt sich mit einem Differential in derForm 4 + 3/20 erhalten, was zu demGetriebe in Abbildung 7 führt.Abb. 6: Übersetzung 5:1 mit DifferentialVersuche doch am besten jetzt gleich einmal,eine Übersetzung 11:1 mit Hilfe einesDifferentials zu konstruieren! Es gibt dafürverschiedene Möglichkeiten. Für einedavon brauchst du außer dem Differentialnoch ein Z40, ein Z10 und ein Z30. Miteinem Differential und einigen Stirnrädernkannst du sehr viele Übersetzungen praktischrealisieren. Dazu gehören alle ganzzahligenVerhältnisse der Form m:1 mitm < 59. So sind z. B. 43 = 3•3•3 + 4•4 oder37 = 3•3•4+1. (Die Additionen werdendabei jeweils mit dem Differentialdurchgeführt, die Multiplikationen mit denStirnrädern.) Theoretisch lassen sich mitbeliebig vielen Stirnrädern und einemDifferential alle Verhältnisse der Form(2 j1 • 3 j2 ± 2 j3 • 3 j4 ) : (2 j5 • 3 j6 ± 2 j7 • 3 j8 )konstruieren. Die Möglichkeiten steigennoch einmal deutlich bei Verwendungeines zweiten Differentials. In der Praxiswirst du jede gewünschte Übersetzung mitHilfe zweier Differentiale und wenigerStirnräder genau erzielen oder ausreichendgut annähern können.AnwendungsbeispieleAls Anwendungsmodell habe ich einePlanetenmaschine (Orrery) mit Sonne,Merkur, Venus und Erde konstruiert. DerMerkur braucht für seinen Umlauf um dieSonne 0,241 Jahre, die Venus 0,615 Jahre.Die Kehrwerte dieser beiden Zahlen sindungefähr 4,149 bzw. 1,626.Abb. 7: Getriebe für den MerkurFür die Venus kann man 1,626 durch 1,625(= 13/8) annähern. Das entsprechende Getriebeist in Abbildung 8 dargestellt, wobeider Antrieb rechts oben und der Abtrieb derDifferentialkäfig ist.Abb. 8: Getriebe für die VenusVielleicht überlegst du dir einmal selbst einpassendes Getriebe für den Mars: Er hateine Umlaufzahl von 1,881 Jahren.Ein ausführlicher Beitrag über die Planetenmaschinefolgt in einer der nächstenAusgaben.28


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>FlugzeugtechnikFlugzeugtechnikHubschrauberrotorenDirk Fox, Johann FoxHubschrauber gehören zu den faszinierendsten Fluggeräten: Sie können wie Kolibris in derLu<strong>ft</strong> stehen, ohne Startbahn abheben, punktgenau landen und extrem wendige Manöver fliegen.Zwar ist die Idee des Hubschraubers bereits Jahrhunderte alt, realisiert wurden dieersten funktionsfähigen Hubschrauber aber erst vor ca. 80 Jahren – denn so einfach, wie esaussieht, ist das Fliegen mit Rotoren nicht.Ein wenig GeschichteDie Idee des Hubschraubers wird gemeinhinLeonardo da Vinci (1452-1519) zugeschrieben.So fand man in den Skizzendieses genialen Florentiner Universalgelehrten– dem wir nicht nur Kunstwerkewie die Mona Lisa oder Das Letzte Abendmahlverdanken, sondern auch zahlreichetechnische Erfindungen 1 – die Konstruktionszeichnungeines „Lu<strong>ft</strong>schraubers“.die Lu<strong>ft</strong> hineinzudrehen [1] und auf dieseWeise abzuheben – ein Denkfehler.Das Konstruktionsprinzip heutiger Hubschrauberrotorenist zudem erheblich älter:Dokumente belegen, dass es schon mehrals 1.000 Jahre früher, im 4. Jahrhundertunserer Zeitrechnung, in China Kinderspielzeugegab, die der Gestalt des Ahornsamensnachempfunden waren und dieFunktionsweise eines Hubschrauberrotorsmodellieren [2]. Mit etwas Geschick kannman sie mit Vogelfedern, einem Korkenstückund einem Schaschlikspieß nachbauen:Dreht man den Spieß schnell zwischenden Händen an, fliegt der kleine Rotordurch die Lu<strong>ft</strong>.Abb. 1: „Lu<strong>ft</strong>schrauber“ vonLeonardo da Vinci (ca. 1483)Tatsächlich konnte dieser Lu<strong>ft</strong>schrauber(Abb. 1) nicht funktionieren. Die Idee vonLeonardo da Vinci war, den „Lu<strong>ft</strong>schrauber“wie eine archimedische Schraube in1 Siehe den fischertechnik-Kasten „Da Vinci Machines“(500882).Abb. 2: Holzrotor-SpielzeugAus Holz kann man einen solchen Rotorauch kaufen (Abb. 2); es gibt ihn sogar mitHalterung und „Startschnur“, die um denStab gewickelt wird. Zieht man amSchnurende, wickelt sich die Schnur ab undversetzt den Stab in eine schnelle Rotation– und der „Drehflügler“ hebt ab.29


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Dynamischer Au<strong>ft</strong>riebWarum aber fliegt ein solcher Rotor? Dasist keineswegs selbstverständlich. Denn derRotor ist schwerer als Lu<strong>ft</strong> – anders als ein„Lu<strong>ft</strong>schiff“ (Heißlu<strong>ft</strong>ballon, Gasballonoder Zeppelin) sorgt also nicht eine geringereDichte für Au<strong>ft</strong>rieb.Neben einem solchen „statischen Au<strong>ft</strong>rieb“,auch als Archimedisches Prinzip bekannt(die verdrängte Lu<strong>ft</strong> ist schwerer alsdas verdrängende Objekt), gibt es nocheinen „dynamischen Au<strong>ft</strong>rieb“. Dieser istdas wesentliche Funktionsprinzip des Fliegens.Dynamischer Au<strong>ft</strong>rieb entsteht, wennein flügelförmiges Objekt sich durch einMedium (z. B. Wasser oder Lu<strong>ft</strong>) bewegt.Die Form ist dabei wesentlich – vor allemder spitze Zulauf des Flügelquerschnitts amhinteren Ende (Abb. 3).Vereinfacht lässt sich der Effekt wie folgterklären: Bewegt sich das flügelförmigeObjekt „schräg“ (also in einem Anstellwinkel)zur Bewegungsrichtung, strömt dasMedium unterschiedlich schnell an derOberfläche entlang: Unterhalb der Neigungentsteht ein Überdruck, da das Mediumlangsam strömt; oberhalb des geneigtenObjekts strömt das Medium schneller, dortentsteht ein Unterdruck. Die Differenzzwischen Unter- und Überdruck erzeugteine Au<strong>ft</strong>riebskra<strong>ft</strong>, die das Objekt, sofernes nicht zu schwer ist, nach oben drückt(Abb. 4).Abb. 3: Umströmtes Flügelprofilmit Über- und Unterdruck (Quelle: Wiki<strong>pedia</strong>)Je schneller sich das Objekt im Mediumbewegt, desto größer ist der Druckunterschied– und desto stärker der Au<strong>ft</strong>rieb.Aus diesem Grund benötigt ein Flugzeugeine lange Startbahn, da die Flügel erst abeiner Mindestgeschwindigkeit genügendAu<strong>ft</strong>rieb erhalten, um das Flugzeug zu tragen.Und aus demselben Grund benötigtein Rennwagen einen Spoiler (gewissermaßeneine umgedrehte Tragfläche) – dieser„drückt“ das Fahrzeug nach unten,damit der Au<strong>ft</strong>rieb es nicht vom Bodenabheben lässt. Damit kann ein Formel-1-Rennwagen theoretisch sogar an der Deckefahren – solange seine Geschwindigkeitnicht unter ca. 200 km/h sinkt.Die Mindestgeschwindigkeit muss einFlugzeug auch während des Fluges halten,damit es nicht zum „Strömungsabriss“kommt und das Flugzeug absackt oder garins Trudeln gerät. Aber auch zu schnelldarf es nicht fliegen – nähert es sich derSchallgeschwindigkeit, reißt die Strömungebenfalls ab. Und nicht nur die Geschwindigkeitkann Ursache für einen Strömungsabrisssein – auch der Anstellwinkel desFlügels ist kritisch, wenn er jenseits einesvon Flügelform, Größe und Material abhängigenGrenzwinkels (deutlich unter45°) liegt.DrehflüglerBei einem Hubschrauber („Drehflügler“)wird – im Unterschied zum Flugzeug –nicht das gesamte Flugobjekt bewegt, sondernnur die Flügel im Kreis – sie werdendaher Rotoren genannt. Auch beim Rotorhängt die Stärke des Au<strong>ft</strong>riebs von der Geschwindigkeitund der Neigung des Rotorblattsab.Da sich ein Rotorblatt an der äußerstenSpitze sehr schnell durch die Lu<strong>ft</strong> bewegt –bei üblichen Rotordurchmessern von ca. 10m und 400 Umdrehungen pro Minute mehrals 720 km/h – und es sich daher schon beiverhältnismäßig niedriger Fluggeschwindigkeit(ca. 350 km/h) der Schallgeschwin-30


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Flugzeugtechnikdigkeit und damit der Gefahr eines Strömungsabrissesnähert, wird die Umdrehungsgeschwindigkeitdes Rotors konstantgehalten und der Au<strong>ft</strong>rieb allein über dieNeigung des Rotorblatts, auch Pitch genannt,gesteuert.Die Idee der Blattverstellung geht auf denAmerikaner Robert Taylor zurück, derdiese Erfindung 1842 dem Lu<strong>ft</strong>fahrtpionierSir George Cayley (1773-1857) anbot. DerBau eines Hubschraubers scheiterte jedochdaran, dass ausreichend leistungsfähigeDampfmaschinen zu schwer waren [1].Igor SikorskyDas Konstruktionsprinzip von Hubschraubernder heute verbreitetsten Bauart mitzwei Rotoren – einem Haupt- und einemHeckrotor – geht auf den gebürtigen UkrainerIgor Sikorsky (1889-1972) zurück, dernach der Oktoberrevolution 1919 in dieUSA emigrierte. Dort gründete er 1923 dieSikorsky Aircra<strong>ft</strong> Corp., einen bis heuteführenden Hersteller von Hubschraubern.Am 14. September 1939 gelang Sikorskyder Erstflug mit seinem Heckrotor-Hubschrauber;mit dem weiter entwickeltenModell Vought-Sikorsky VS-300 stellte eram 6. Mai 1941 einen neuen Flugrekordvon über 1,5 Stunden auf (Abb. 4).Abb. 4: Igor Sikorsky in seinem VS-300beim Rekordflug 1941 [1]Die Endversion des VS-300 erhielt einen55 kW-Motor, eine einfache Blechverkleidungund Kufen. Ein Foto dieses erstenErfolgsmodells zierte am 21. Juni 1943 dieTitelseite des traditionsreichen LIFEMagazine für Fotojournalismus (Abb. 5).Abb. 5: Titelseite von LIFE von 21.06.1943Igor Sikorskys Heckrotor-Konstruktionsetzte sich erfolgreich gegen andere Konzeptewie die Verwendung von Doppelrotorendurch, die Paul Cornu (1881-1944)bei der Konstruktion seines „fliegendenFahrrads“ verwendet hatte. Am 13. November1907 hatte er damit den ersten anerkanntenDrehflügler-Flug über 20 Sekundenabsolviert.Auch der erste einsetzbare Hubschrauber,das Modell FW 61 des deutschen Ingenieursund Gründers der Focke-Wulf-Werke,Heinrich Focke (1890-1979), präsentiert1937 in der Berliner Deutschlandhalle,verwendete zwei Hauptrotoren zum Ausgleichdes Drehmoments – und stellte denerst von Sikorsky im Jahr 1941 gebrochenenFlugrekord von einer Stunde und 20Minuten auf [1].Sikorsky entwickelte nach Ende des zweitenWeltkriegs zahlreiche nicht nur in denUSA sehr erfolgreiche Hubschraubermodellevor allem für die zivile Nutzung alsTransport- und Rettungshubschrauber. DasTIME Magazine widmete Igor Sikorsky inder Ausgabe vom 16. November 1956 dieTitelgeschichte (Abb. 6).31


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Der HeckrotorZentrale Aufgabe des von Sikorsky entwickeltenHeckrotors ist es, das Drehmomentdes Hauptrotors auszugleichen, das sonstden Hubschrauber in entgegen gesetzterRichtung um sich selbst rotieren lassenwürde. Dazu wird der Heckrotor senkrechtmontiert; der Anstellwinkel (die Neigung)der Rotorblätter sorgt für die richtige Gegenkra<strong>ft</strong>.Durch Veränderung des Winkelsrichtet man den Hubschrauber in einergewünschten Richtung aus.Ein Funktionsmodell für einen Heckrotorfindet sich in der Anleitung des fischertechnik-BaukastensTechnical Revolutions.2 Abb. 8 zeigt eine für den Heckrotoroptimierte Konstruktion; sie ist stabiler undkommt mit weniger Bauteilen aus.Abb. 6: Titelseite des TIME Magazinevom 16.11.1953Für sein Lebenswerk als Pionier der Hubschraubertechnikwurde Igor Sikorsky imJahr 1988 in den USA mit einer 36 ct Lu<strong>ft</strong>post-Briefmarkegeehrt (Abb. 7).Abb. 7: 36 ct Briefmarke „Igor Sikorsky“(National Postal Museum, Washington, D.C.)So viel zur Geschichte des Hubschraubers.Wie aber funktioniert Sikorskys Hubschrauberkonstruktionin der Praxis? Daswird in den folgenden Abschnitten anhandeines fischertechnik-Funktionsmodellserläutert.Abb. 8: Steuerung des Anstellwinkelsder Heckrotorblätter (Pitch)Mit dem Zugseil werden zwei Lochsteineauf der Rastachse verschoben. Der obereLochstein ist über zwei I-Streben mit denRotorblättern verbunden und dreht sich mitdem Rotor; wird er von dem unteren Lochsteinangehoben, erhöht sich der Neigungswinkelder Rotorblätter. Die Rückstellungdes oberen Lochsteins übernimmt eineDruckfeder 30 (35796).Die Steuerung des Pitches wird dabei imModell – wie in einem echten Hubschrauber-Cockpit– durch zwei Fußpedale vor-2 Auf der Ausstellung in Schoonhoven im November2010 hatte Max Buiting drei weitereVarianten eines Funktionsmodells vorgestellt.32


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>Flugzeugtechnikgenommen, die mit einen Seilzug überUmlenkrollen mit dem Stellhebel verbundensind (Abb. 9).Abb. 9: Gesamtansicht desHeckrotor-FunktionsmodellsHauptrotor mit TaumelscheibeWie beim Heckrotor kann man auch beimHauptrotor durch die gleichzeitige Änderungdes Anstellwinkels der Rotorblätter(„kollektive Blattneigung“) den Au<strong>ft</strong>riebund damit das Steigen bzw. Sinken desHubschraubers steuern. Wie aber lässt sichein Richtungsflug erreichen?Das gelingt mit dem vom dänischen UhrmacherJakob Christian Ellehammer(1871-1946) entwickelten Prinzip der „zyklischenBlattverstellung“ [1]. Dabei wirddie Neigung der Rotorblätter während derDrehung des Rotors in einem zyklischenAblauf verändert. Das führt dazu, dass ander Stelle mit dem steilsten Anstellwinkelder Rotorblätter der Au<strong>ft</strong>rieb am größtenist. Dadurch „kippt“ die Rotorebene undder Hubschrauber fliegt in die Richtung deskleinsten Anstellwinkels. Leider wurde derHubschrauber-Prototyp, mit dem Ellehammerdiesen Rotor am 18. September1912 vorstellte, noch im gleichen Jahr beieinem Absturz vollständig zerstört.Mit derselben zyklischen und kollektivenBlattneigung arbeitete auch der Hubschrauber-Prototypdes gebürtigen ArgentiniersRaúl Pateras Pescera (1890-1966),der mit zwei koaxialen Doppelrotoren undeinem 180 PS starken Motor am 18. April1924 einen Flugrekord über 4 Minuten und11 Sekunden aufstellte.Bis heute verwenden Hubschrauber einezyklische Blattneigung für den Richtungsflug.Wie aber kann man die Blattneigungeines Rotorblatts während der Umdrehungdes Rotors in einem festen Verlauf ändern?Die Lösung ist die so genannte „Taumelscheibe“.3 Sie ist beim Hauptrotor das, wasdie Lochsteine in unserem Funktionsmodelldes Heckrotors sind: die Komponente,die über eine Verbindung mit den Rotorblätternderen Neigung verändert. Der wesentlicheUnterschied zu den Lochsteinenbesteht darin, dass die Taumelscheibe inalle Richtungen beweglich sein muss – aufimmer derselben Höhe. Dazu darf sie nichtmit der Achse verbunden sein, sondernmuss „lose“ um sie herum „taumeln“. Dennochmuss sie so stabil mit den Rotorblätternverbunden sein, dass sie auch beihoher Umdrehungszahl nicht „nachläu<strong>ft</strong>“und dadurch die Neigungswinkel der Rotorblätterverändert.Mit fischertechnik gelingt das, indem maneine Drehscheibe 60 ohne Nabe um dieRotorachse legt – und diese über I-Strebenmit den Rotorblättern verbindet. Die Verwindungssteifigkeiterreicht man durchzwei – mit einem Verbindungsstopfen(32316) und einem Abstandsring (31597)stabil verbundene – auf Gelenkwürfeln gelagerteKupplungsstücke (38260). DieseKonstruktion verwendet auch das genannteFunktionsmodell des fischertechnik-BaukastensTechnical Revolutions (Abb. 10).Tatsächlich würde sogar eine einzigeVerbindung über Kupplungsstücke diegewünschte Steifigkeit liefern, führt aberzu einer Unwucht im Rotorkopf.3 Es gibt auch Alternativen zur Taumelscheibe,z. B. die „Spinne“, siehe Harald Steinhaus’ Hinweisin der <strong>ft</strong>:c.33


He<strong>ft</strong> 3/<strong>2011</strong><strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>dieser Lösung der Reibungswiderstandgering ausfällt. Dreht sich der Rotor, „gleiten“die beiden Drehscheiben aufeinander.Abb. 10: Taumelscheibe mit Rotor-Verbindung und KupplungsstückenZur Steuerung der Taumelscheibe benötigenwir einen nicht rotierenden zweitenTeil, über den – analog dem unteren Lochsteinbeim Heckrotor – die Neigung eingestelltwird. Bei einem Hubschrauberrotorsind diese beiden Teile über ein Lagerdrehbar miteinander verbunden. Wiegelingt das mit fischertechnik?Von Harald Steinhaus stammt die erste unsbekannte fischertechnik-Konstruktion einerTaumelscheibe vom April 2003. In einerdeutlich stabileren Konstruktion vomJanuar 2007 (Abb. 11) verwendete er zurVerbindung von Ober- und Unterseite derTaumelscheibe außen angebrachte Führungsplatten(32455). Die Neigung derTaumelscheibe ließ sich über drei Rastachsenmit Schnecke (35977) einstellen.Abb. 11: Konstruktion von Harald SteinhausNach zahlreichen Versuchen entschiedenwir uns für die Verwendung von Seilrollen,die von außen in die umlaufenden Nutender beiden Drehscheiben 60 greifen, da beiAbb. 12: Verbindung der Taumelscheibedurch außen angebrachte SeilrollenDamit die Seilrollen nicht bei der Rotationnach außen weggedrückt werden, müssensie stabil mit der Drehscheibe 60 verbundenwerden (Abb. 13).Abb. 13: Befestigung der SeilrollenDer erste Prototyp verwendete wie HaraldsModell zunächst Rastachsen und Schneckenzur Verstellung des Neigungswinkels.Dann entwickelte Johann eine rein mechanischeLösung: Er befestigte die untereDrehscheibe 60 mit Lagerstücken (31772)und Gelenkwürfeln beweglich an dreiFührungsstangen und montierte unter dendrei Seilrollen jeweils einen Radhalter(35668) mit kleiner Seilrolle (38258).Damit lässt sich die Neigung der Taumelscheiberein mechanisch und stufenlos inalle Richtungen über drei an den Seilrollenbefestigte Seilzüge steuern (Abb. 14).34


<strong>ft</strong>:<strong>pedia</strong>FlugzeugtechnikDie Antriebsachse des Rotors wird übereinen Rastadapter (36227) an einem B15befestigt, der über zwei Federnocken mitden Nuten eines in der Mitte der Sternlascheeingesetzten Riegelsteins (32850)verbunden ist. Die Achse wird in der Mitteder beiden unteren, fest mit dem Hubschrauberverbundenen Drehscheiben 60durch zwei schwarze Freilaufnaben(68535) geführt und von einem Power-Motor (1:20) angetrieben.Abb. 14: Mechanische NeigungsverstellungDie – wie beim ursprünglichen SikorskyVS-300 – drei Rotorblätter des Hauptrotorswerden über eine Sternlasche (31673) miteinanderverbunden; als Rotorblätter bietensich die 240 mm langen Laufschienen(36333) an. Damit erreicht der Modellrotoreine Spannweite von etwa einem halbenMeter.Abb. 15: Gesamtansicht des RotorkopfesAbb. 16: Steuerhebel im Cockpit(nach www.hubschrauber.li)Wie in einem echten Hubschrauber kannnun die Steuerung über einen in X- und Y-Richtung beweglichen Steuerknüppel(Cyclic) erfolgen. Durch Verkürzung allerdrei Zugseile mit einem zweiten Hebel(Collective) zur gleichzeitigen Verstellungder Blattneigung aller drei Rotorblätterlassen sich Steig- und Sinkflug steuern.LiteraturEine sehr anschauliche Einführung in dieTechnik und Geschichte des Hubschraubersbietet der 15minütige Film von JörgRichter aus dem Jahr 2005 [2].[1] Sandhop, Dirk: Geschichte des Hubschraubers,http://www.heliport.de/lexika/geschichte-des-hubschraubers/.[2] Jörg Richter: Igor Sikorsky und derHubschrauber. Sendereihe ‚Meilensteineder Naturwissenscha<strong>ft</strong> undTechnik’, ARD 2005.http://www.youtube.com/watch?v=dgWi2YBi9Vc35

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