Gläserne Manufaktur, CarGoTram, GVZ Dresden-Friedrichstadt
Gläserne Manufaktur, CarGoTram, GVZ Dresden-Friedrichstadt Gläserne Manufaktur, CarGoTram, GVZ Dresden-Friedrichstadt
Güter auf die Schiene! Fallstudie Innerstädtische Logistik: Gläserne Manufaktur, CarGoTram, GVZ Dresden-Friedrichstadt Melanie Mazur 1
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- Seite 15 und 16: Maßstab: 0 2 4 6 8 10 Abb. 2: Funk
- Seite 17 und 18: Großer Garten Elbe Maßstab: 0 500
- Seite 19 und 20: Abb. 4: Modul bzw. Warenkorb der VW
- Seite 22 und 23: Technische Daten Die CarGo Tram bes
- Seite 24 und 25: Vergleich anderer Gütertransporter
- Seite 26: Abb. 8: Zehn CarGo Tram ersetzen 30
- Seite 30 und 31: Literatur BODE, Peter: Artikel In:
Güter auf die Schiene!<br />
Fallstudie Innerstädtische Logistik:<br />
<strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong>, <strong>CarGoTram</strong>, <strong>GVZ</strong> <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong><br />
Melanie Mazur<br />
1
Impressum:<br />
Hauptfach Bildsprache - Die unsichtbare Stadt.<br />
Dipl.-Ing. Grit Koalick<br />
Professur Darstellungslehre<br />
Fakultät Architektur<br />
Technische Universität <strong>Dresden</strong><br />
Sommer 2007<br />
2
Inhaltsverzeichnis<br />
05 Einleitung<br />
07 VW-<strong>Manufaktur</strong> und die Idee der CarGo Tram<br />
07 Einleitung<br />
08 Philosophie<br />
08 Logistik<br />
09 Lagerhaltung<br />
09 Inszenierung<br />
13 Logistik<br />
14 Abwicklung und Just-In-Sequence<br />
14 Streckenverlauf<br />
18 Beladung und Module<br />
22 Technische Daten<br />
24 Vergleich anderer Gütertransporter<br />
29 Diskussion des Konzeptes<br />
30 Literatur<br />
30 Interview<br />
31 Abbildungsnachweis<br />
3
Einleitung<br />
<strong>Dresden</strong> - eine Kulturstadt. Berühmt durch barocke Sehenswürdigkeiten wie<br />
zum Beispiel Semperoper, Hofkirche oder Frauenkirche. Eine blaue Straßenbahn<br />
mit einem Volkswagen-Logo fährt durch die Innenstadt. Nanu, damit<br />
kann man ja gar nicht mitfahren!?<br />
Diese Straßenbahn, die CarGo Tram, ist ein Teil der außergewöhnlichen Idee<br />
der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong>.<br />
Auf den nächsten Seiten soll dem Betrachter diese Idee und weitere Konzepte<br />
wie zum Beispiel Philosophie und Logistik der <strong>Manufaktur</strong> näher gebracht werden.<br />
Die blaue CarGo Tram wird sich auch auf einigen Seiten präsentieren.<br />
Zudem wird sie in Vergleiche mit anderen Transportmitteln mit einbezogen.<br />
Am Ende findet eine kurze »wenn, dann«-Diskussion statt. Hier sollen die Idee<br />
und das Konzept der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> reflektiert werden. Die Schwächen<br />
und Stärken werden herausgearbeitet. Dabei geht es nicht um eine<br />
Erörterung, ob die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> mit all ihren Komponenten generell<br />
sinnvoll ist - das bleibt zum Schluss dem Leser überlassen.<br />
5
VW-<strong>Manufaktur</strong> und die Idee der CarGo Tram<br />
Einleitung<br />
Hinter der Idee, den VW Phaeton in<br />
<strong>Dresden</strong> zu produzieren, steckt ein<br />
ungewöhnliches Konzept bezüglich<br />
Idee, Inszenierung, Logistik und<br />
Marketing.<br />
Woher hatte die Automobilmanufaktur<br />
<strong>Dresden</strong> GmbH, eine Tochtergesellschaft<br />
des Volkswagen-Konzerns<br />
den Ansatz, einen Phaeton zu<br />
entwickeln und zu bauen? Dazu soll<br />
zunächst die eigene ›Firmenstrategie‹<br />
erklärt werden. Zu dieser Firma zählen<br />
auch Skoda, Bentley, Audi. Der<br />
Sitz in Wolfsburg bietet schon eine<br />
breite Angebotspalette. Die Firma<br />
bietet günstige Familienautos und<br />
ist kein Nischenhersteller wie zum<br />
Beispiel Ferrari. Den meisten Firmen<br />
ist ein balanciertes, ausgeglichenes<br />
Portfolio wichtig. VW stellte für sich<br />
fest, dass eine Lücke aus ihrer Sicht<br />
bestand: Es fehlte eine Wagen der<br />
oberen Mittelklasse wie zum Beispiel<br />
Audi A8 sowie ein Wagen der<br />
unteren Luxusklasse wie zum Beispiel<br />
Bentley. Daraufhin wurde der potentielle<br />
Markt erkundet und erarbeitet.<br />
Zum Beispiel fährt ein vermögender<br />
Handwerksmeister diesen Volkswagen,<br />
aber dieses Auto gehört nicht<br />
zur Luxusklasse und somit stellt sich<br />
der Meister ebenfalls nicht über seine<br />
eigene Kundschaft bzw. Arbeitgeber.<br />
Somit wollte VW dieses Segment<br />
abdecken. Dafür ist ein kräftiger<br />
Markteinstieg notwendig (Marketing,<br />
Auftritt, Werbung) und es kann<br />
passieren, dass dieses teure Konzept<br />
nicht aufgeht. Allgemein lässt sich<br />
sagen, dass etwa zehn Jahre benötigt<br />
werden, um eine Marke zu etablieren.<br />
VW wollte dieses Ziel vor allem über<br />
eine starke Imagekampagne bzw.<br />
über ein wertiges Werbebild angehen.<br />
Da eine <strong>Manufaktur</strong> als »deutsche<br />
Wertarbeit« gilt und Sachsen für<br />
VW der Inbegriff der ›Ur-<strong>Manufaktur</strong>‹<br />
(zum Beispiel Porzellan-<strong>Manufaktur</strong><br />
in Meißen) war, wurde dieses Bundesland<br />
als Favorit für den Standort<br />
auserkoren. In Frage kamen ebenso<br />
neben <strong>Dresden</strong>, auch Wien, Prag<br />
und Budapest. Ein anderer Faktor für<br />
die Standortwahl war natürlich die<br />
Suche nach einem Ort, welcher noch<br />
nicht durch einen Automobil-Konzern<br />
erschlossen war: BMW in München,<br />
Daimler Chrysler in Stuttgart, VW in<br />
Wolfsburg, Porsche in Leipzig.<br />
Dem Konzern ist eine Stadt wichtig,<br />
welche als Kulturstadt »glanzvoll<br />
erscheint«. Mit diesen Städten wurden<br />
Verhandlungen geführt; da VW unter<br />
anderem den Werkbau, Investitionen<br />
tätigt und neue Arbeitsplätze schafft,<br />
bestanden auch Forderungen seitens<br />
7
des Konzerns. Eine Forderung war<br />
der Innenstandort (vs. Charta von<br />
Athen). Die Charta von Athen besagt,<br />
dass Wohnen und Arbeiten in der<br />
Stadt nicht nebeneinander liegen.<br />
Der Gedanke von VW war, dass<br />
das Fahrzeug ein Stück von Hand<br />
gefertigte Kulturarbeit ist und somit<br />
auch berechtigt ist in der Kulturstadt<br />
zu entstehen.<br />
Als <strong>Dresden</strong> als Standort gewählt<br />
war, wurden zunächst Verhandlungen<br />
über die Standorte geführt: Die Stadt<br />
<strong>Dresden</strong> sah zunächst nur periphere<br />
Standorte vor (Klotzsche, neben Flughafen<br />
und Infineon) bzw. ein weiterer<br />
möglicher Standort war die Neustädter<br />
Seite, hinter der Marienbrücke.<br />
Der VW-Konzern sah sich dagegen<br />
im Herzoginengarten, neben der<br />
Semperoper oder dem Zwinger. Man<br />
wollte das, hatte das Selbstbewusstein<br />
es auszuformulieren und die Stadt<br />
als »kulturelle Sprunglatte« zu nutzen.<br />
Einig wurden sich schließlich beide<br />
Parteien bei dem Standort neben dem<br />
Großen Garten. Da es zudem im<br />
Flächennutzungsplan als Gewerbefläche<br />
ausgeschrieben war, konnten sich<br />
beide Seiten damit arrangieren. Der<br />
VW-Konzern fühlt sich kulturell aufgehoben<br />
und für die Stadt <strong>Dresden</strong><br />
ist dieser Standort ein touristisch nicht<br />
allzu sensibler Bereich.<br />
8<br />
Philosophie<br />
Die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> hat einen<br />
Ein-Schicht-Betrieb. Möglich ist aber<br />
eine dreimal höhere Produktion.<br />
Momentan produziert das Werk<br />
täglich etwa 30 Autos; es könnte<br />
aber theoretisch auch 150 Autos<br />
produzieren. Trotz guter Absatzzahlen<br />
und des guten Images des Phaeton<br />
nimmt man sich die Zeit, um die<br />
Autos in einem ›Atelier‹ herzustellen.<br />
Dies ist ein Luxus im Zeitalter der<br />
Globalisierung und Echtzeit. Diesen<br />
Luxus hat und nimmt sich VW.<br />
Logistik<br />
Die benötigten Autoteile werden mit<br />
Lastkraftwagen oder mit der CarGo<br />
Tram aus dem Güterverkehrszentrum<br />
<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong> angeliefert.<br />
Dazu war es nötig, die maximale<br />
Zahl der zu produzierten Autos zu ermitteln,<br />
um darüber wieder zurückzurechnen,<br />
wie viele Autoteile benötigt<br />
werden (Karosserie, Motor, Getriebe,<br />
Achse, ...). Daraus ergab sich die<br />
Anzahl der erforderlichen Transporte<br />
und damit eine zusätzliche Verkehrsbelastung.<br />
Hierbei wurde nicht das<br />
Konzept »Just-In-Time« angewendet.<br />
Das heißt: Es sind keine zeitlichen<br />
und punktgenauen Zulieferungen<br />
erforderlich. Aus der Idee, dass<br />
VW für die Produktion der Wagen
»Zeit hat«, wurde ein Logistiksystem<br />
entwickelt, welches in ein bestehendes<br />
Zeitkonzept eingeschliffen wurde.<br />
Dieses System ist langsamer, aber<br />
zuverlässiger.<br />
Bei den <strong>Dresden</strong>er Verkehrsbetrieben<br />
schaute man sich das bestehende<br />
Streckennetz an und entdeckte<br />
Zeitfenster. Daher konnte ein Teil der<br />
Transporte über die Straßenbahnschienen<br />
erfolgen.<br />
Lagerhaltung, Transportsystem<br />
Das VW-Werk wendet das Prinzip der<br />
Konfektionierung an. Warenkörbe<br />
werden vor der Zulieferung in die<br />
<strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> zusammengestellt.<br />
Ein Lager im eigentlichen Sinne<br />
gibt es nicht mehr.<br />
Aufgrund der städtebaulichen Enge<br />
am Standort konnte keine flächige<br />
Produktionsstraße gebaut werden.<br />
Es musste eine Geschossproduktion<br />
geplant und ein neues Transportsystem<br />
entwickelt werden. Man entwarf<br />
ein fahrerloses Transportsystem und<br />
baute Magnetbänder in die Fußböden<br />
ein. Die gepackten Warenkörbe<br />
fahren führerlos von dem Untergeschoss<br />
zum Obergeschoss zu den<br />
einzelnen Arbeitsplätzen.<br />
Da es nun ein neues Transportsystem<br />
gab und keine Gabelstapler mehr<br />
notwendig sind, sind auch keine<br />
abriebfesten Böden mehr nötig. Man<br />
konnte nun auf hochwertigere Böden<br />
als Kunstharz o.ä. zurückgreifen: Die<br />
<strong>Manufaktur</strong> erhielt Böden aus Eichen-<br />
und Ahornparkett. Zudem spiegelte<br />
sich ebenso die Idee eines Ateliers<br />
bzw. einer <strong>Manufaktur</strong> wider.<br />
Ein weiterer Vorteil ist, dass dieser<br />
Bau auch städtebaulich funktioniert;<br />
eine flache Lagerhalle wäre am<br />
Straßburger Platz undenkbar gewesen.<br />
Inszenierung<br />
Den für die VW-<strong>Manufaktur</strong> ausgeschriebenen<br />
Wettbewerb gewannen<br />
die HENN Architekten Ingenieure.<br />
Die Aufgabenstellung und Programm<br />
der Automobilmanufaktur <strong>Dresden</strong><br />
GmbH war die bauliche Realisierung<br />
eine innovativen Konzeptes, bei dem<br />
die Endmontage des Phaeton für den<br />
Kunden, aber auch für das Auto-interessierte<br />
Publikum zur Schau gestellt<br />
werden sollte.<br />
Auch die Auslieferung an den Kunden<br />
sollte »inszeniert« werden.<br />
Deswegen wurde der Bau zu diesem<br />
Zweck von außen und innen völlig<br />
verglast. Ein spezieller »Erlebnisbereich«<br />
sollte nicht nur dieser Auslieferung<br />
an den Kunden dienen, sondern<br />
mit Ausstellungen, technischen<br />
Simulationen usw. über das Thema<br />
9
»Auto« und »VW-Konzern« informieren,<br />
zugleich aber auch den Rahmen<br />
bieten für allgemeine kulturelle<br />
Veranstaltungen.<br />
Peter M. Bode stellt fest: »Dass die<br />
Dresdner VW-Fabrik sich inmitten<br />
der Stadt ansiedeln konnte, ist ein<br />
Novum. Galt doch jahrzehntelang<br />
der städteplanerische Grundsatz der<br />
Moderne, dass Wohnen und Produzieren<br />
in der Stadt unvereinbar seien.<br />
Die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> macht das<br />
faszinierende Ereignis der Automobilproduktion<br />
nach außen sichtbar und<br />
initiiert in nie dagewesener Weise den<br />
Austausch zwischen Technik, Umwelt<br />
und Mensch.« 1<br />
1 BODE, In: art - Das Kunstmagazin.<br />
04/2002.<br />
10
Maßstab:<br />
0 2 4 6 8 10<br />
km<br />
Karte Seite 16/17<br />
G roßer G arten<br />
Abb. 1: Gewerbe- und Industriestandorte im 20. Jahrhundert in <strong>Dresden</strong>.<br />
Die bestehenden Standorte sind entweder in der Peripherie oder an dem Eisenbahnnetz<br />
angesiedelt. Die <strong>Manufaktur</strong> dagegen befindet sich im Zentrum.<br />
Elbe<br />
11
Logistik<br />
Am 03. März 2000 wurde es offiziell:<br />
<strong>Dresden</strong> erhielt eine Güterstraßenbahn,<br />
die CarGo Tram, welche<br />
zwischen dem Güterverkehrszentrum<br />
<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong> und der<br />
<strong>Gläserne</strong>n VW-<strong>Manufaktur</strong> fährt.<br />
Zunächst war das Logistikzentrum,<br />
welches die Warenkörbe zu der<br />
<strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> liefern sollte,<br />
in einem Gewerbegebiet geplant,<br />
weil die Stadt <strong>Dresden</strong> den Verkehr<br />
nicht in der Stadt haben wollte. Der<br />
Vorsitzende des Güterverkehrszentrum<br />
<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>, Herr<br />
Dr. Hintz, brachte die Idee ein, das<br />
benötigte Logistikzentrum in <strong>Friedrichstadt</strong><br />
zu bauen.<br />
Während der Idee des Baus der<br />
<strong>Gläserne</strong>n Volkswagen-<strong>Manufaktur</strong><br />
entstand die Vision des Transportes<br />
der notwendigen Güter auf Straßenbahnschienen.<br />
Dafür lieferten die<br />
Dresdner Verkehrsbetriebe AG unter<br />
Anleitung von Herr Müller-Ebertstein<br />
ein passendes Logistikkonzept um<br />
den innerstädtischen Verkehr zu<br />
entlasten.<br />
Der Vertrag für das gemeinsame<br />
Projekt zwischen der DVB AG und der<br />
Volkswagen Automobil-<strong>Manufaktur</strong><br />
<strong>Dresden</strong> GmbH wurde am 03. März<br />
2000 unterzeichnet. In Zukunft<br />
sollten diese Güterstraßenbahnen<br />
die notwendigen Produktionsteile für<br />
die VW-<strong>Manufaktur</strong> aus dem Logistikzentrum<br />
in <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong><br />
abholen.<br />
Ebenfalls am Tag der Vertragsunterzeichnung<br />
erhielten die Schalker<br />
Eisenhütte Maschinenfabrik GmbH<br />
Gelsenkirchen den Auftrag zwei spezielle<br />
Güterstraßenbahnen anzufertigen.<br />
Den Zuschlag für den Auftrag,<br />
welcher öffentlich ausgeschrieben<br />
wurde, bekam dieses Unternehmen,<br />
weil diese das optimale Verhältnis<br />
und Ausgewogenheit hinsichtlich<br />
der Kriterien technisches Konzept,<br />
Liefertermin und Preis hatten. Der<br />
Preis für eine Güterstraßenbahn liegt<br />
bei etwa 6,5 Millionen Mark (ca.<br />
3,25 Millionen Euro).<br />
Weitere Bedingungen waren vor<br />
allem eine technisch sehr solide<br />
ausgeführte Bahn in einer für Neuentwicklungen<br />
von Schienenfahrzeugen<br />
kurzen Zeit und die Fertigstellung der<br />
Bahn in weniger als zwölf Monaten.<br />
13
Abwicklung und Just-In-Sequence<br />
Um die Innenstadtlage <strong>Dresden</strong>s zu<br />
entlasten, wurde die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong><br />
mit zwei Güterstraßenbahnen<br />
ausgestattet. Dabei ist die DVB AG<br />
als Frachtführer für den Transport und<br />
für die Sicherheit der Ladung verantwortlich.<br />
Die Fahrer der Bahn wurden<br />
eigens für die VW-Güterstraßenbahn<br />
geschult. Nach einer Anlaufphase<br />
wird die <strong>Manufaktur</strong> in einem<br />
30-40minütigen Takt beliefert. Die<br />
beiden Straßenbahnen fungieren im<br />
Pendelverkehr und schaffen maximal<br />
zehn Fahrten pro Tag (Montag bis<br />
Freitag).<br />
Das Logistikkonzept heißt »Just-<br />
In-Sequence«. Dabei werden die<br />
benötigten Fahrzeugteile genau in<br />
der vorgesehenen Montagereihenfolge<br />
der individuell ausgestatteten<br />
Autos an das Montageband geliefert.<br />
Durch die exakte Anlieferung ist<br />
eine Minimierung der Lagerhaltung<br />
möglich.<br />
14<br />
Streckenverlauf<br />
Die Route, welche sich über etwa 4,5<br />
km erstreckt, verläuft i.d.R. von dem<br />
Güterverkehrszentrum in <strong>Dresden</strong>-<br />
<strong>Friedrichstadt</strong> über den Postplatz, die<br />
Grunaer Straße und den Straßburger<br />
Platz. Bei aufkommenden Störungen<br />
im Straßenbahn- oder Autoverkehr<br />
ist es möglich, dass die Bahn auf<br />
mindestens eine weitere Route ausweichen<br />
kann. Überquerungen über<br />
die Elbbrücken sind nicht möglich,<br />
da diese dem Gewicht der VW-<br />
Güterstraßenbahn nicht standhalten<br />
würden.<br />
Um den Anschluss an das Straßenbahnnetz<br />
der DVB AG zu gewährleisten,<br />
wurde im Februar 2001 der<br />
Gleisanschluss an das vorhandene<br />
Streckennetz fertiggestellt. Ab dem<br />
06. Mai 2002 werden die beiden<br />
Züge täglich eingesetzt.<br />
Eine Besonderheit in <strong>Dresden</strong> ist die<br />
Trennung der Verkehrsspuren von<br />
Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen<br />
(siehe Abbildung 2 gegenüber).<br />
Die Spuren des Öffentlichkeits- und<br />
des Produktionstransportes werden<br />
übereinander gelegt.
Maßstab:<br />
0 2 4 6 8 10<br />
Abb. 2: Funktionstrennung. Schematischer Schnitt und Grundriss.<br />
m<br />
15
Abb. 3: Streckenverlauf (blau) der CarGo Tram.<br />
16
Großer Garten<br />
Elbe<br />
Maßstab: 0 500 1000 1500<br />
2000 m<br />
17
Beladung und Module<br />
In der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> werden<br />
ausschließlich vorgefertigte Teile zu<br />
einem Produkt zusammengefügt.<br />
Es gibt keine Emissionen, wie sie<br />
beispielsweise in Lackierereien<br />
oder Blechpressen auftreten. Durch<br />
die Verlagerung dieser Prozesse<br />
müssen die vorgefertigten Teile aus<br />
den unterschiedlichsten Richtungen<br />
herantransportiert werden. So müssen<br />
zum Beispiel 1200 Einzelteile und<br />
34 Module, wie Schalttafeln oder<br />
Hinterachsen, Tag für Tag in die<br />
<strong>Manufaktur</strong> geliefert werden.<br />
Die Automobilmanufaktur ist ein<br />
Endmontagewerk. Das heißt: Die<br />
einzelnen Komponenten für den<br />
Fahrzeugbau werden von anderen<br />
Werken des Volkswagenkonzerns und<br />
18<br />
von externen Zulieferern im separaten<br />
Logistikzentrum angeliefert. Lediglich<br />
die Karossen werden aufgrund der<br />
Größe und Empfindlichkeit per Lastkraftwagen<br />
direkt in die <strong>Manufaktur</strong><br />
geliefert.<br />
Über den Tag verteilt kommen die<br />
Fahrzeugteile per LKW am VW-Logistikzentrum<br />
in <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong><br />
an. Dort werden sie zwischengelagert,<br />
bis sie schließlich in die CarGo<br />
Tram geladen werden, um sich<br />
auf den Weg in die <strong>Manufaktur</strong> zu<br />
machen. Hier räumen Gabelstapler<br />
innerhalb von 30 Minuten die<br />
Bahnen leer und verstauen die Ware<br />
in die unterirdische Logistikebene der<br />
<strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong>. Täglich werden<br />
hier 1600 Behälter angeliefert.
Abb. 4: Modul bzw. Warenkorb der VW-<strong>Manufaktur</strong>. Diese werden mit den<br />
zu benötigten Teilen für ein Auto beladen und zu einem Arbeitsplatz über das<br />
Transportsystem gefahren.<br />
19
Abb. 5: Beladung der Warenkörbe im Logistikzentrum in <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>.<br />
20
Technische Daten<br />
Die CarGo Tram besteht aus zwei<br />
Steuerwagen und drei Mittelwagen.<br />
Sie hat eine Gesamtlänge von 59,4<br />
m und ein Eigengewicht von 95,8<br />
Tonnen.<br />
Abb. 6: Steuerwagen (oben) und Mittelwagen (unten) der CarGo Tram.<br />
22
Steuerwagen<br />
Baujahr: 2000<br />
Roll-Out: 16.11.2000<br />
Länge über Kupplung: 11.925 mm<br />
Breite des Wagenkastens: 2.200 mm<br />
Leermasse: 21,8 t<br />
Maximale Zuladung: 7.500 kg<br />
Transportvolumen: 26,8 m³<br />
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h<br />
Unterflurbauweise<br />
Mittelwagen<br />
Baujahr: 2000<br />
Roll-Out: 16.11.2000<br />
Länge über Kupplung: 11.850 mm<br />
Breite des Wagenkastens: 2.200 mm<br />
Leermasse: 17,4 t<br />
Maximale Zuladung: 15.000 kg<br />
Transportvolumen: 53,5 m³<br />
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h<br />
Unterflurbauweise<br />
23
Vergleich anderer Gütertransporter<br />
Interessant wird das Ganze auch,<br />
wenn man Vergleiche anstellt, wie viel<br />
die CarGo Tram gegenüber einem<br />
Lastkraftwagen (LKW) zuladen kann.<br />
Als weiterer Vergleich wurde der<br />
Niederflurgelenktriebwagen (NGT)<br />
der DVB mit herangezogen.<br />
Vergleicht man die maximalen<br />
Zuladungsmengen zwischen der<br />
CarGo Tram, dem NGT und einem<br />
18-Meter-Lastkraftwagen, so ergibt<br />
sich folgendes:<br />
Die Tram kann bis zu 60 Tonnen<br />
zuladen. Das entspricht in dieser<br />
Abbildung sechs Modulen. Dagegen<br />
schafft der NGT, auch weil diese auf<br />
Abb. 7: Vergleich anderer Transportmöglichkeiten.<br />
24<br />
Personentransporte spezialisiert ist,<br />
eine Zuladung von 15 Tonnen. Ein<br />
Lastkraftwagen schafft eine Zuladung<br />
von 20 Tonnen.<br />
Eine CarGo Tram schafft also eine<br />
Zuladung bis zu 60 Tonnen; das<br />
entspricht der dreifachen Ladung<br />
eines 18-Meter-Lastkraftwagens.<br />
Geht man davon aus, dass die<br />
CarGo Tram an einem Werktag<br />
insgesamt zehnmal zwischen Logistikzentrum<br />
und <strong>Manufaktur</strong> verkehrt,<br />
so ergibt sich eine ›Gesamtersparnis‹<br />
von zehn Lastkraftwagen am Tag<br />
(siehe dazu Abbildung 8).
= 10 Tonnen<br />
25
Abb. 8: Zehn CarGo Tram ersetzen 30 Lastkraftwagen.<br />
26
Diskussion des Konzeptes<br />
Entscheidend war die Einigung zwischen der Stadt <strong>Dresden</strong> und dem Automobilkonzern<br />
VW, dass der Standort in der Innenstadt, und nicht an der<br />
Peripherie, genehmigt wurde. Damit im Zusammenhang ging die Idee eine<br />
Güterstraßenbahn einher, welche den innerstädtischen Verkehr entlasten soll.<br />
Stellt man sich doch nur einmal vor, dass täglich 30 Lastkraftwagen die <strong>Manufaktur</strong><br />
beliefern würden – wie ein Großhandel würden etwa jede Stunde vier<br />
Lastkraftwagen die <strong>Manufaktur</strong> erreichen. Die Güterstraßenbahn ist produktionstechnisch<br />
gesehen also hoch sinnvoll, ökonomisch und ökologisch. Zudem<br />
werden stets offene Zeitfenster im Straßenbahnverkehr der DVB gesucht. Eine<br />
weitere Vergünstigung ist die Trennung im Straßenraum zwischen Kraftwagen-<br />
und Straßenbahnverkehr.<br />
Ebenso durchdacht war der Bau des Logistikzentrums im Güterverkehrszentrum<br />
<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>. Dorthin gelangen die benötigten Module per<br />
Eisenbahn oder per Lastkraftwagen und werden anschließend auf die CarGo<br />
Tram verladen. Hier bestehen aber noch Optimierungslücken: Eine weitere<br />
Vorsortierung wäre denkbar bzw. es könnten bereits einige Autoteile im<br />
Logistikzentrum zusammengesetzt werden.<br />
Weiterhin agiert die CarGo Tram als Vorbild: Obwohl sich der Gebrauch der<br />
CarGo Tram auf die Belieferung des VW-Werkes beschränkt, diente sie doch<br />
einigen anderen Projekten als Vorbild. Zu nennen wären hier die CityCargo<br />
in Amsterdam, die Cargo Tram und E-Tram in Zürich sowie die GüterBim (zur<br />
Weihnachtszeit auch PackerlBim genannt) in Wien.<br />
Fragwürdig ist allerdings, dass die Karosserien der Phaetons trotzdem per<br />
Lastkraftwagen angeliefert werden, da diese zu sensibel seien um erst per LKW<br />
oder Eisenbahn über die Tram zur <strong>Manufaktur</strong> geliefert zu werden.<br />
Offen bleibt auch die Frage, wie mit den fertig gestellten Autos umgegangen<br />
wird: Werden diese von ihrem zukünftigen Besitzer abgeholt oder verteilt ein<br />
Autotransporter die Phaetons an die verschiedenen Autohändler?<br />
Um eine Stellungnahme der Automobilmanufaktur <strong>Dresden</strong> GmbH zu der<br />
Idee und Konzept der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> und der CarGo Tram hatte ich<br />
gebeten. Eine Antwort bleibt offen. Keine Zeit? Diese wird wohl doch für den<br />
Phaeton benötigt...<br />
29
Literatur<br />
BODE, Peter: Artikel In: art - Das Kunstmagazin. 04/2002.<br />
HENN ARCHITEKTEN INGENIEURE (Hrsg.): Corporate Architecture.<br />
Autostadt Wolfsburg. <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> <strong>Dresden</strong>. Berlin. 2000.<br />
SCHÜCO INTERNATIONAL: Die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> der Volkswagen AG<br />
in <strong>Dresden</strong>. Schüco - Objekt - Report. Bielefeld. 2002.<br />
Internet: [Abrufdatum: 03.05., 15.05., 13.06., 03.07., 05.07.2007]<br />
www.glaeserne-manufaktur.de,<br />
www.gvz-dresden.de,<br />
www.gvz-org.de,<br />
www.region.dresden.de,<br />
www.dvbag.de.<br />
Interview<br />
Herr Nönnig, Technische Universität <strong>Dresden</strong>, Fakultät Architektur,<br />
Lehrstuhl Industriebau, wissenschaftlicher Mitarbeiter.<br />
Gespräch am 28.06.2007.<br />
Herr Finger, Stadt <strong>Dresden</strong>, Geschäftsbereich Wirtschaft.<br />
Telefonat am 02.07.2007.<br />
30
Abbildungsnachweis<br />
Titlebild: CarGo Tram. Verfasser.<br />
Abb. 1: Gewerbe- und Industriestandorte im 20. Jahrhundert in <strong>Dresden</strong>.<br />
Die bestehenden Standorte sind entweder in der Peripherie oder an den Eisenbahnnetz<br />
angesiedelt. Die <strong>Manufaktur</strong> dagegen befindet sich im Zentrum.<br />
Verfasser; Kartengrundlagen aus: www.region.dresden.de. 2007.<br />
Abb. 2: Funktionstrennung. Schematischer Schnitt und Grundriss. Verfasser.<br />
Abb. 3: Streckenverlauf (blau) der CarGo Tram. Verfasser.<br />
Abb. 4: Modul bzw. Warenkorb der VW-<strong>Manufaktur</strong>. Diese werden mit den<br />
zu benötigten Teilen für ein Auto beladen und zu einem Arbeitsplatz über das<br />
Transportsystem gefahren. Verfasser.<br />
Abb. 5: Beladung der Warenkörbe im Logistikzentrum in<br />
<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>. Verfasser.<br />
Abb. 6: Steuerwagen (oben) und Mittelwagen (unten) der CarGo Tram.<br />
Verfasser.<br />
Abb. 7: Vergleich anderer Transportmöglichkeiten. Verfasser.<br />
Abb. 8: Zehn CarGo Trams ersetzen 30 Lastkraftwagen. Verfasser.<br />
31