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Gläserne Manufaktur, CarGoTram, GVZ Dresden-Friedrichstadt

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Güter auf die Schiene!<br />

Fallstudie Innerstädtische Logistik:<br />

<strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong>, <strong>CarGoTram</strong>, <strong>GVZ</strong> <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong><br />

Melanie Mazur<br />

1


Impressum:<br />

Hauptfach Bildsprache - Die unsichtbare Stadt.<br />

Dipl.-Ing. Grit Koalick<br />

Professur Darstellungslehre<br />

Fakultät Architektur<br />

Technische Universität <strong>Dresden</strong><br />

Sommer 2007<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

05 Einleitung<br />

07 VW-<strong>Manufaktur</strong> und die Idee der CarGo Tram<br />

07 Einleitung<br />

08 Philosophie<br />

08 Logistik<br />

09 Lagerhaltung<br />

09 Inszenierung<br />

13 Logistik<br />

14 Abwicklung und Just-In-Sequence<br />

14 Streckenverlauf<br />

18 Beladung und Module<br />

22 Technische Daten<br />

24 Vergleich anderer Gütertransporter<br />

29 Diskussion des Konzeptes<br />

30 Literatur<br />

30 Interview<br />

31 Abbildungsnachweis<br />

3


Einleitung<br />

<strong>Dresden</strong> - eine Kulturstadt. Berühmt durch barocke Sehenswürdigkeiten wie<br />

zum Beispiel Semperoper, Hofkirche oder Frauenkirche. Eine blaue Straßenbahn<br />

mit einem Volkswagen-Logo fährt durch die Innenstadt. Nanu, damit<br />

kann man ja gar nicht mitfahren!?<br />

Diese Straßenbahn, die CarGo Tram, ist ein Teil der außergewöhnlichen Idee<br />

der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong>.<br />

Auf den nächsten Seiten soll dem Betrachter diese Idee und weitere Konzepte<br />

wie zum Beispiel Philosophie und Logistik der <strong>Manufaktur</strong> näher gebracht werden.<br />

Die blaue CarGo Tram wird sich auch auf einigen Seiten präsentieren.<br />

Zudem wird sie in Vergleiche mit anderen Transportmitteln mit einbezogen.<br />

Am Ende findet eine kurze »wenn, dann«-Diskussion statt. Hier sollen die Idee<br />

und das Konzept der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> reflektiert werden. Die Schwächen<br />

und Stärken werden herausgearbeitet. Dabei geht es nicht um eine<br />

Erörterung, ob die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> mit all ihren Komponenten generell<br />

sinnvoll ist - das bleibt zum Schluss dem Leser überlassen.<br />

5


VW-<strong>Manufaktur</strong> und die Idee der CarGo Tram<br />

Einleitung<br />

Hinter der Idee, den VW Phaeton in<br />

<strong>Dresden</strong> zu produzieren, steckt ein<br />

ungewöhnliches Konzept bezüglich<br />

Idee, Inszenierung, Logistik und<br />

Marketing.<br />

Woher hatte die Automobilmanufaktur<br />

<strong>Dresden</strong> GmbH, eine Tochtergesellschaft<br />

des Volkswagen-Konzerns<br />

den Ansatz, einen Phaeton zu<br />

entwickeln und zu bauen? Dazu soll<br />

zunächst die eigene ›Firmenstrategie‹<br />

erklärt werden. Zu dieser Firma zählen<br />

auch Skoda, Bentley, Audi. Der<br />

Sitz in Wolfsburg bietet schon eine<br />

breite Angebotspalette. Die Firma<br />

bietet günstige Familienautos und<br />

ist kein Nischenhersteller wie zum<br />

Beispiel Ferrari. Den meisten Firmen<br />

ist ein balanciertes, ausgeglichenes<br />

Portfolio wichtig. VW stellte für sich<br />

fest, dass eine Lücke aus ihrer Sicht<br />

bestand: Es fehlte eine Wagen der<br />

oberen Mittelklasse wie zum Beispiel<br />

Audi A8 sowie ein Wagen der<br />

unteren Luxusklasse wie zum Beispiel<br />

Bentley. Daraufhin wurde der potentielle<br />

Markt erkundet und erarbeitet.<br />

Zum Beispiel fährt ein vermögender<br />

Handwerksmeister diesen Volkswagen,<br />

aber dieses Auto gehört nicht<br />

zur Luxusklasse und somit stellt sich<br />

der Meister ebenfalls nicht über seine<br />

eigene Kundschaft bzw. Arbeitgeber.<br />

Somit wollte VW dieses Segment<br />

abdecken. Dafür ist ein kräftiger<br />

Markteinstieg notwendig (Marketing,<br />

Auftritt, Werbung) und es kann<br />

passieren, dass dieses teure Konzept<br />

nicht aufgeht. Allgemein lässt sich<br />

sagen, dass etwa zehn Jahre benötigt<br />

werden, um eine Marke zu etablieren.<br />

VW wollte dieses Ziel vor allem über<br />

eine starke Imagekampagne bzw.<br />

über ein wertiges Werbebild angehen.<br />

Da eine <strong>Manufaktur</strong> als »deutsche<br />

Wertarbeit« gilt und Sachsen für<br />

VW der Inbegriff der ›Ur-<strong>Manufaktur</strong>‹<br />

(zum Beispiel Porzellan-<strong>Manufaktur</strong><br />

in Meißen) war, wurde dieses Bundesland<br />

als Favorit für den Standort<br />

auserkoren. In Frage kamen ebenso<br />

neben <strong>Dresden</strong>, auch Wien, Prag<br />

und Budapest. Ein anderer Faktor für<br />

die Standortwahl war natürlich die<br />

Suche nach einem Ort, welcher noch<br />

nicht durch einen Automobil-Konzern<br />

erschlossen war: BMW in München,<br />

Daimler Chrysler in Stuttgart, VW in<br />

Wolfsburg, Porsche in Leipzig.<br />

Dem Konzern ist eine Stadt wichtig,<br />

welche als Kulturstadt »glanzvoll<br />

erscheint«. Mit diesen Städten wurden<br />

Verhandlungen geführt; da VW unter<br />

anderem den Werkbau, Investitionen<br />

tätigt und neue Arbeitsplätze schafft,<br />

bestanden auch Forderungen seitens<br />

7


des Konzerns. Eine Forderung war<br />

der Innenstandort (vs. Charta von<br />

Athen). Die Charta von Athen besagt,<br />

dass Wohnen und Arbeiten in der<br />

Stadt nicht nebeneinander liegen.<br />

Der Gedanke von VW war, dass<br />

das Fahrzeug ein Stück von Hand<br />

gefertigte Kulturarbeit ist und somit<br />

auch berechtigt ist in der Kulturstadt<br />

zu entstehen.<br />

Als <strong>Dresden</strong> als Standort gewählt<br />

war, wurden zunächst Verhandlungen<br />

über die Standorte geführt: Die Stadt<br />

<strong>Dresden</strong> sah zunächst nur periphere<br />

Standorte vor (Klotzsche, neben Flughafen<br />

und Infineon) bzw. ein weiterer<br />

möglicher Standort war die Neustädter<br />

Seite, hinter der Marienbrücke.<br />

Der VW-Konzern sah sich dagegen<br />

im Herzoginengarten, neben der<br />

Semperoper oder dem Zwinger. Man<br />

wollte das, hatte das Selbstbewusstein<br />

es auszuformulieren und die Stadt<br />

als »kulturelle Sprunglatte« zu nutzen.<br />

Einig wurden sich schließlich beide<br />

Parteien bei dem Standort neben dem<br />

Großen Garten. Da es zudem im<br />

Flächennutzungsplan als Gewerbefläche<br />

ausgeschrieben war, konnten sich<br />

beide Seiten damit arrangieren. Der<br />

VW-Konzern fühlt sich kulturell aufgehoben<br />

und für die Stadt <strong>Dresden</strong><br />

ist dieser Standort ein touristisch nicht<br />

allzu sensibler Bereich.<br />

8<br />

Philosophie<br />

Die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> hat einen<br />

Ein-Schicht-Betrieb. Möglich ist aber<br />

eine dreimal höhere Produktion.<br />

Momentan produziert das Werk<br />

täglich etwa 30 Autos; es könnte<br />

aber theoretisch auch 150 Autos<br />

produzieren. Trotz guter Absatzzahlen<br />

und des guten Images des Phaeton<br />

nimmt man sich die Zeit, um die<br />

Autos in einem ›Atelier‹ herzustellen.<br />

Dies ist ein Luxus im Zeitalter der<br />

Globalisierung und Echtzeit. Diesen<br />

Luxus hat und nimmt sich VW.<br />

Logistik<br />

Die benötigten Autoteile werden mit<br />

Lastkraftwagen oder mit der CarGo<br />

Tram aus dem Güterverkehrszentrum<br />

<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong> angeliefert.<br />

Dazu war es nötig, die maximale<br />

Zahl der zu produzierten Autos zu ermitteln,<br />

um darüber wieder zurückzurechnen,<br />

wie viele Autoteile benötigt<br />

werden (Karosserie, Motor, Getriebe,<br />

Achse, ...). Daraus ergab sich die<br />

Anzahl der erforderlichen Transporte<br />

und damit eine zusätzliche Verkehrsbelastung.<br />

Hierbei wurde nicht das<br />

Konzept »Just-In-Time« angewendet.<br />

Das heißt: Es sind keine zeitlichen<br />

und punktgenauen Zulieferungen<br />

erforderlich. Aus der Idee, dass<br />

VW für die Produktion der Wagen


»Zeit hat«, wurde ein Logistiksystem<br />

entwickelt, welches in ein bestehendes<br />

Zeitkonzept eingeschliffen wurde.<br />

Dieses System ist langsamer, aber<br />

zuverlässiger.<br />

Bei den <strong>Dresden</strong>er Verkehrsbetrieben<br />

schaute man sich das bestehende<br />

Streckennetz an und entdeckte<br />

Zeitfenster. Daher konnte ein Teil der<br />

Transporte über die Straßenbahnschienen<br />

erfolgen.<br />

Lagerhaltung, Transportsystem<br />

Das VW-Werk wendet das Prinzip der<br />

Konfektionierung an. Warenkörbe<br />

werden vor der Zulieferung in die<br />

<strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> zusammengestellt.<br />

Ein Lager im eigentlichen Sinne<br />

gibt es nicht mehr.<br />

Aufgrund der städtebaulichen Enge<br />

am Standort konnte keine flächige<br />

Produktionsstraße gebaut werden.<br />

Es musste eine Geschossproduktion<br />

geplant und ein neues Transportsystem<br />

entwickelt werden. Man entwarf<br />

ein fahrerloses Transportsystem und<br />

baute Magnetbänder in die Fußböden<br />

ein. Die gepackten Warenkörbe<br />

fahren führerlos von dem Untergeschoss<br />

zum Obergeschoss zu den<br />

einzelnen Arbeitsplätzen.<br />

Da es nun ein neues Transportsystem<br />

gab und keine Gabelstapler mehr<br />

notwendig sind, sind auch keine<br />

abriebfesten Böden mehr nötig. Man<br />

konnte nun auf hochwertigere Böden<br />

als Kunstharz o.ä. zurückgreifen: Die<br />

<strong>Manufaktur</strong> erhielt Böden aus Eichen-<br />

und Ahornparkett. Zudem spiegelte<br />

sich ebenso die Idee eines Ateliers<br />

bzw. einer <strong>Manufaktur</strong> wider.<br />

Ein weiterer Vorteil ist, dass dieser<br />

Bau auch städtebaulich funktioniert;<br />

eine flache Lagerhalle wäre am<br />

Straßburger Platz undenkbar gewesen.<br />

Inszenierung<br />

Den für die VW-<strong>Manufaktur</strong> ausgeschriebenen<br />

Wettbewerb gewannen<br />

die HENN Architekten Ingenieure.<br />

Die Aufgabenstellung und Programm<br />

der Automobilmanufaktur <strong>Dresden</strong><br />

GmbH war die bauliche Realisierung<br />

eine innovativen Konzeptes, bei dem<br />

die Endmontage des Phaeton für den<br />

Kunden, aber auch für das Auto-interessierte<br />

Publikum zur Schau gestellt<br />

werden sollte.<br />

Auch die Auslieferung an den Kunden<br />

sollte »inszeniert« werden.<br />

Deswegen wurde der Bau zu diesem<br />

Zweck von außen und innen völlig<br />

verglast. Ein spezieller »Erlebnisbereich«<br />

sollte nicht nur dieser Auslieferung<br />

an den Kunden dienen, sondern<br />

mit Ausstellungen, technischen<br />

Simulationen usw. über das Thema<br />

9


»Auto« und »VW-Konzern« informieren,<br />

zugleich aber auch den Rahmen<br />

bieten für allgemeine kulturelle<br />

Veranstaltungen.<br />

Peter M. Bode stellt fest: »Dass die<br />

Dresdner VW-Fabrik sich inmitten<br />

der Stadt ansiedeln konnte, ist ein<br />

Novum. Galt doch jahrzehntelang<br />

der städteplanerische Grundsatz der<br />

Moderne, dass Wohnen und Produzieren<br />

in der Stadt unvereinbar seien.<br />

Die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> macht das<br />

faszinierende Ereignis der Automobilproduktion<br />

nach außen sichtbar und<br />

initiiert in nie dagewesener Weise den<br />

Austausch zwischen Technik, Umwelt<br />

und Mensch.« 1<br />

1 BODE, In: art - Das Kunstmagazin.<br />

04/2002.<br />

10


Maßstab:<br />

0 2 4 6 8 10<br />

km<br />

Karte Seite 16/17<br />

G roßer G arten<br />

Abb. 1: Gewerbe- und Industriestandorte im 20. Jahrhundert in <strong>Dresden</strong>.<br />

Die bestehenden Standorte sind entweder in der Peripherie oder an dem Eisenbahnnetz<br />

angesiedelt. Die <strong>Manufaktur</strong> dagegen befindet sich im Zentrum.<br />

Elbe<br />

11


Logistik<br />

Am 03. März 2000 wurde es offiziell:<br />

<strong>Dresden</strong> erhielt eine Güterstraßenbahn,<br />

die CarGo Tram, welche<br />

zwischen dem Güterverkehrszentrum<br />

<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong> und der<br />

<strong>Gläserne</strong>n VW-<strong>Manufaktur</strong> fährt.<br />

Zunächst war das Logistikzentrum,<br />

welches die Warenkörbe zu der<br />

<strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> liefern sollte,<br />

in einem Gewerbegebiet geplant,<br />

weil die Stadt <strong>Dresden</strong> den Verkehr<br />

nicht in der Stadt haben wollte. Der<br />

Vorsitzende des Güterverkehrszentrum<br />

<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>, Herr<br />

Dr. Hintz, brachte die Idee ein, das<br />

benötigte Logistikzentrum in <strong>Friedrichstadt</strong><br />

zu bauen.<br />

Während der Idee des Baus der<br />

<strong>Gläserne</strong>n Volkswagen-<strong>Manufaktur</strong><br />

entstand die Vision des Transportes<br />

der notwendigen Güter auf Straßenbahnschienen.<br />

Dafür lieferten die<br />

Dresdner Verkehrsbetriebe AG unter<br />

Anleitung von Herr Müller-Ebertstein<br />

ein passendes Logistikkonzept um<br />

den innerstädtischen Verkehr zu<br />

entlasten.<br />

Der Vertrag für das gemeinsame<br />

Projekt zwischen der DVB AG und der<br />

Volkswagen Automobil-<strong>Manufaktur</strong><br />

<strong>Dresden</strong> GmbH wurde am 03. März<br />

2000 unterzeichnet. In Zukunft<br />

sollten diese Güterstraßenbahnen<br />

die notwendigen Produktionsteile für<br />

die VW-<strong>Manufaktur</strong> aus dem Logistikzentrum<br />

in <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong><br />

abholen.<br />

Ebenfalls am Tag der Vertragsunterzeichnung<br />

erhielten die Schalker<br />

Eisenhütte Maschinenfabrik GmbH<br />

Gelsenkirchen den Auftrag zwei spezielle<br />

Güterstraßenbahnen anzufertigen.<br />

Den Zuschlag für den Auftrag,<br />

welcher öffentlich ausgeschrieben<br />

wurde, bekam dieses Unternehmen,<br />

weil diese das optimale Verhältnis<br />

und Ausgewogenheit hinsichtlich<br />

der Kriterien technisches Konzept,<br />

Liefertermin und Preis hatten. Der<br />

Preis für eine Güterstraßenbahn liegt<br />

bei etwa 6,5 Millionen Mark (ca.<br />

3,25 Millionen Euro).<br />

Weitere Bedingungen waren vor<br />

allem eine technisch sehr solide<br />

ausgeführte Bahn in einer für Neuentwicklungen<br />

von Schienenfahrzeugen<br />

kurzen Zeit und die Fertigstellung der<br />

Bahn in weniger als zwölf Monaten.<br />

13


Abwicklung und Just-In-Sequence<br />

Um die Innenstadtlage <strong>Dresden</strong>s zu<br />

entlasten, wurde die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong><br />

mit zwei Güterstraßenbahnen<br />

ausgestattet. Dabei ist die DVB AG<br />

als Frachtführer für den Transport und<br />

für die Sicherheit der Ladung verantwortlich.<br />

Die Fahrer der Bahn wurden<br />

eigens für die VW-Güterstraßenbahn<br />

geschult. Nach einer Anlaufphase<br />

wird die <strong>Manufaktur</strong> in einem<br />

30-40minütigen Takt beliefert. Die<br />

beiden Straßenbahnen fungieren im<br />

Pendelverkehr und schaffen maximal<br />

zehn Fahrten pro Tag (Montag bis<br />

Freitag).<br />

Das Logistikkonzept heißt »Just-<br />

In-Sequence«. Dabei werden die<br />

benötigten Fahrzeugteile genau in<br />

der vorgesehenen Montagereihenfolge<br />

der individuell ausgestatteten<br />

Autos an das Montageband geliefert.<br />

Durch die exakte Anlieferung ist<br />

eine Minimierung der Lagerhaltung<br />

möglich.<br />

14<br />

Streckenverlauf<br />

Die Route, welche sich über etwa 4,5<br />

km erstreckt, verläuft i.d.R. von dem<br />

Güterverkehrszentrum in <strong>Dresden</strong>-<br />

<strong>Friedrichstadt</strong> über den Postplatz, die<br />

Grunaer Straße und den Straßburger<br />

Platz. Bei aufkommenden Störungen<br />

im Straßenbahn- oder Autoverkehr<br />

ist es möglich, dass die Bahn auf<br />

mindestens eine weitere Route ausweichen<br />

kann. Überquerungen über<br />

die Elbbrücken sind nicht möglich,<br />

da diese dem Gewicht der VW-<br />

Güterstraßenbahn nicht standhalten<br />

würden.<br />

Um den Anschluss an das Straßenbahnnetz<br />

der DVB AG zu gewährleisten,<br />

wurde im Februar 2001 der<br />

Gleisanschluss an das vorhandene<br />

Streckennetz fertiggestellt. Ab dem<br />

06. Mai 2002 werden die beiden<br />

Züge täglich eingesetzt.<br />

Eine Besonderheit in <strong>Dresden</strong> ist die<br />

Trennung der Verkehrsspuren von<br />

Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen<br />

(siehe Abbildung 2 gegenüber).<br />

Die Spuren des Öffentlichkeits- und<br />

des Produktionstransportes werden<br />

übereinander gelegt.


Maßstab:<br />

0 2 4 6 8 10<br />

Abb. 2: Funktionstrennung. Schematischer Schnitt und Grundriss.<br />

m<br />

15


Abb. 3: Streckenverlauf (blau) der CarGo Tram.<br />

16


Großer Garten<br />

Elbe<br />

Maßstab: 0 500 1000 1500<br />

2000 m<br />

17


Beladung und Module<br />

In der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> werden<br />

ausschließlich vorgefertigte Teile zu<br />

einem Produkt zusammengefügt.<br />

Es gibt keine Emissionen, wie sie<br />

beispielsweise in Lackierereien<br />

oder Blechpressen auftreten. Durch<br />

die Verlagerung dieser Prozesse<br />

müssen die vorgefertigten Teile aus<br />

den unterschiedlichsten Richtungen<br />

herantransportiert werden. So müssen<br />

zum Beispiel 1200 Einzelteile und<br />

34 Module, wie Schalttafeln oder<br />

Hinterachsen, Tag für Tag in die<br />

<strong>Manufaktur</strong> geliefert werden.<br />

Die Automobilmanufaktur ist ein<br />

Endmontagewerk. Das heißt: Die<br />

einzelnen Komponenten für den<br />

Fahrzeugbau werden von anderen<br />

Werken des Volkswagenkonzerns und<br />

18<br />

von externen Zulieferern im separaten<br />

Logistikzentrum angeliefert. Lediglich<br />

die Karossen werden aufgrund der<br />

Größe und Empfindlichkeit per Lastkraftwagen<br />

direkt in die <strong>Manufaktur</strong><br />

geliefert.<br />

Über den Tag verteilt kommen die<br />

Fahrzeugteile per LKW am VW-Logistikzentrum<br />

in <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong><br />

an. Dort werden sie zwischengelagert,<br />

bis sie schließlich in die CarGo<br />

Tram geladen werden, um sich<br />

auf den Weg in die <strong>Manufaktur</strong> zu<br />

machen. Hier räumen Gabelstapler<br />

innerhalb von 30 Minuten die<br />

Bahnen leer und verstauen die Ware<br />

in die unterirdische Logistikebene der<br />

<strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong>. Täglich werden<br />

hier 1600 Behälter angeliefert.


Abb. 4: Modul bzw. Warenkorb der VW-<strong>Manufaktur</strong>. Diese werden mit den<br />

zu benötigten Teilen für ein Auto beladen und zu einem Arbeitsplatz über das<br />

Transportsystem gefahren.<br />

19


Abb. 5: Beladung der Warenkörbe im Logistikzentrum in <strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>.<br />

20


Technische Daten<br />

Die CarGo Tram besteht aus zwei<br />

Steuerwagen und drei Mittelwagen.<br />

Sie hat eine Gesamtlänge von 59,4<br />

m und ein Eigengewicht von 95,8<br />

Tonnen.<br />

Abb. 6: Steuerwagen (oben) und Mittelwagen (unten) der CarGo Tram.<br />

22


Steuerwagen<br />

Baujahr: 2000<br />

Roll-Out: 16.11.2000<br />

Länge über Kupplung: 11.925 mm<br />

Breite des Wagenkastens: 2.200 mm<br />

Leermasse: 21,8 t<br />

Maximale Zuladung: 7.500 kg<br />

Transportvolumen: 26,8 m³<br />

Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h<br />

Unterflurbauweise<br />

Mittelwagen<br />

Baujahr: 2000<br />

Roll-Out: 16.11.2000<br />

Länge über Kupplung: 11.850 mm<br />

Breite des Wagenkastens: 2.200 mm<br />

Leermasse: 17,4 t<br />

Maximale Zuladung: 15.000 kg<br />

Transportvolumen: 53,5 m³<br />

Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h<br />

Unterflurbauweise<br />

23


Vergleich anderer Gütertransporter<br />

Interessant wird das Ganze auch,<br />

wenn man Vergleiche anstellt, wie viel<br />

die CarGo Tram gegenüber einem<br />

Lastkraftwagen (LKW) zuladen kann.<br />

Als weiterer Vergleich wurde der<br />

Niederflurgelenktriebwagen (NGT)<br />

der DVB mit herangezogen.<br />

Vergleicht man die maximalen<br />

Zuladungsmengen zwischen der<br />

CarGo Tram, dem NGT und einem<br />

18-Meter-Lastkraftwagen, so ergibt<br />

sich folgendes:<br />

Die Tram kann bis zu 60 Tonnen<br />

zuladen. Das entspricht in dieser<br />

Abbildung sechs Modulen. Dagegen<br />

schafft der NGT, auch weil diese auf<br />

Abb. 7: Vergleich anderer Transportmöglichkeiten.<br />

24<br />

Personentransporte spezialisiert ist,<br />

eine Zuladung von 15 Tonnen. Ein<br />

Lastkraftwagen schafft eine Zuladung<br />

von 20 Tonnen.<br />

Eine CarGo Tram schafft also eine<br />

Zuladung bis zu 60 Tonnen; das<br />

entspricht der dreifachen Ladung<br />

eines 18-Meter-Lastkraftwagens.<br />

Geht man davon aus, dass die<br />

CarGo Tram an einem Werktag<br />

insgesamt zehnmal zwischen Logistikzentrum<br />

und <strong>Manufaktur</strong> verkehrt,<br />

so ergibt sich eine ›Gesamtersparnis‹<br />

von zehn Lastkraftwagen am Tag<br />

(siehe dazu Abbildung 8).


= 10 Tonnen<br />

25


Abb. 8: Zehn CarGo Tram ersetzen 30 Lastkraftwagen.<br />

26


Diskussion des Konzeptes<br />

Entscheidend war die Einigung zwischen der Stadt <strong>Dresden</strong> und dem Automobilkonzern<br />

VW, dass der Standort in der Innenstadt, und nicht an der<br />

Peripherie, genehmigt wurde. Damit im Zusammenhang ging die Idee eine<br />

Güterstraßenbahn einher, welche den innerstädtischen Verkehr entlasten soll.<br />

Stellt man sich doch nur einmal vor, dass täglich 30 Lastkraftwagen die <strong>Manufaktur</strong><br />

beliefern würden – wie ein Großhandel würden etwa jede Stunde vier<br />

Lastkraftwagen die <strong>Manufaktur</strong> erreichen. Die Güterstraßenbahn ist produktionstechnisch<br />

gesehen also hoch sinnvoll, ökonomisch und ökologisch. Zudem<br />

werden stets offene Zeitfenster im Straßenbahnverkehr der DVB gesucht. Eine<br />

weitere Vergünstigung ist die Trennung im Straßenraum zwischen Kraftwagen-<br />

und Straßenbahnverkehr.<br />

Ebenso durchdacht war der Bau des Logistikzentrums im Güterverkehrszentrum<br />

<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>. Dorthin gelangen die benötigten Module per<br />

Eisenbahn oder per Lastkraftwagen und werden anschließend auf die CarGo<br />

Tram verladen. Hier bestehen aber noch Optimierungslücken: Eine weitere<br />

Vorsortierung wäre denkbar bzw. es könnten bereits einige Autoteile im<br />

Logistikzentrum zusammengesetzt werden.<br />

Weiterhin agiert die CarGo Tram als Vorbild: Obwohl sich der Gebrauch der<br />

CarGo Tram auf die Belieferung des VW-Werkes beschränkt, diente sie doch<br />

einigen anderen Projekten als Vorbild. Zu nennen wären hier die CityCargo<br />

in Amsterdam, die Cargo Tram und E-Tram in Zürich sowie die GüterBim (zur<br />

Weihnachtszeit auch PackerlBim genannt) in Wien.<br />

Fragwürdig ist allerdings, dass die Karosserien der Phaetons trotzdem per<br />

Lastkraftwagen angeliefert werden, da diese zu sensibel seien um erst per LKW<br />

oder Eisenbahn über die Tram zur <strong>Manufaktur</strong> geliefert zu werden.<br />

Offen bleibt auch die Frage, wie mit den fertig gestellten Autos umgegangen<br />

wird: Werden diese von ihrem zukünftigen Besitzer abgeholt oder verteilt ein<br />

Autotransporter die Phaetons an die verschiedenen Autohändler?<br />

Um eine Stellungnahme der Automobilmanufaktur <strong>Dresden</strong> GmbH zu der<br />

Idee und Konzept der <strong>Gläserne</strong>n <strong>Manufaktur</strong> und der CarGo Tram hatte ich<br />

gebeten. Eine Antwort bleibt offen. Keine Zeit? Diese wird wohl doch für den<br />

Phaeton benötigt...<br />

29


Literatur<br />

BODE, Peter: Artikel In: art - Das Kunstmagazin. 04/2002.<br />

HENN ARCHITEKTEN INGENIEURE (Hrsg.): Corporate Architecture.<br />

Autostadt Wolfsburg. <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> <strong>Dresden</strong>. Berlin. 2000.<br />

SCHÜCO INTERNATIONAL: Die <strong>Gläserne</strong> <strong>Manufaktur</strong> der Volkswagen AG<br />

in <strong>Dresden</strong>. Schüco - Objekt - Report. Bielefeld. 2002.<br />

Internet: [Abrufdatum: 03.05., 15.05., 13.06., 03.07., 05.07.2007]<br />

www.glaeserne-manufaktur.de,<br />

www.gvz-dresden.de,<br />

www.gvz-org.de,<br />

www.region.dresden.de,<br />

www.dvbag.de.<br />

Interview<br />

Herr Nönnig, Technische Universität <strong>Dresden</strong>, Fakultät Architektur,<br />

Lehrstuhl Industriebau, wissenschaftlicher Mitarbeiter.<br />

Gespräch am 28.06.2007.<br />

Herr Finger, Stadt <strong>Dresden</strong>, Geschäftsbereich Wirtschaft.<br />

Telefonat am 02.07.2007.<br />

30


Abbildungsnachweis<br />

Titlebild: CarGo Tram. Verfasser.<br />

Abb. 1: Gewerbe- und Industriestandorte im 20. Jahrhundert in <strong>Dresden</strong>.<br />

Die bestehenden Standorte sind entweder in der Peripherie oder an den Eisenbahnnetz<br />

angesiedelt. Die <strong>Manufaktur</strong> dagegen befindet sich im Zentrum.<br />

Verfasser; Kartengrundlagen aus: www.region.dresden.de. 2007.<br />

Abb. 2: Funktionstrennung. Schematischer Schnitt und Grundriss. Verfasser.<br />

Abb. 3: Streckenverlauf (blau) der CarGo Tram. Verfasser.<br />

Abb. 4: Modul bzw. Warenkorb der VW-<strong>Manufaktur</strong>. Diese werden mit den<br />

zu benötigten Teilen für ein Auto beladen und zu einem Arbeitsplatz über das<br />

Transportsystem gefahren. Verfasser.<br />

Abb. 5: Beladung der Warenkörbe im Logistikzentrum in<br />

<strong>Dresden</strong>-<strong>Friedrichstadt</strong>. Verfasser.<br />

Abb. 6: Steuerwagen (oben) und Mittelwagen (unten) der CarGo Tram.<br />

Verfasser.<br />

Abb. 7: Vergleich anderer Transportmöglichkeiten. Verfasser.<br />

Abb. 8: Zehn CarGo Trams ersetzen 30 Lastkraftwagen. Verfasser.<br />

31

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