Die „kleine“ Polka - TSG Rot-Weiße Funken Güsten eV
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Tänzerinnen projeziert wurde?! <strong>Die</strong>se Frage<br />
impliziert ja geradezu, dass meine Tänzerinnen<br />
mir hörig seien und auch gegen<br />
ihren Willen etwas tanzen müssten! Ich<br />
war quasi der imaginäre Zuhälter aus dem<br />
Tanz, der die Mädchen zu etwas zwingt,<br />
das sie nicht wollen. Ein ungeheuerlicher<br />
Vorwurf, der in der Gruppe eine „jetzt erst<br />
recht“-Einstellung aufkommen ließ und zu<br />
ungeahntem Trainingsfleiß motivierte. <strong>Die</strong><br />
Jury war übrigens vor diesem Eklat bereits<br />
über den angeblichen „Porno-Tanz“ informiert,<br />
interessanterweise aber, ohne dass<br />
der Tanz vorher gesehen wurde: er wurde<br />
beim Koblenzer Turnier uraufgeführt.<br />
Anschließend haben wir einige Änderungen<br />
am Tanz vorgenommen. Beim Turnier<br />
in Frankfurt, dem ersten Auftritt nach dem<br />
Skandal, waren alle extrem nervös; Würde<br />
es diesmal wieder zu einer Nichtbewertung<br />
kommen oder waren die Änderungen ausreichend?<br />
Sie waren. <strong>Die</strong> Beats ertanzten<br />
sich die höchste Punktzahl des gesamten<br />
Turniers! Ein Erfolg, der uns ganze Gebirge<br />
vom Herzen plumsen ließ. Von diesem<br />
Turnier an hörte man von allen Seiten nur<br />
noch die ungläubige Frage, was denn an<br />
dem Tanz so anstößig gewesen sein soll,<br />
man habe etwas viel Schlimmeres erwartet.<br />
Der Wunsch, den Originaltanz auf DVD<br />
gucken zu dürfen, wurde von dem Moment<br />
an ständig an uns herangetragen. Bei der<br />
NRW-Meisterschaft in Jülich kam es zu<br />
einer erneuten nervlichen Zerreißprobe.<br />
Nach Ende der Kategorie stand fest, dass<br />
die Beats und ihre Mitstreiter aus Oberhausen<br />
die gleiche Punktzahl ertanzt hatten.<br />
Es kam zu einem Stechen. Den entscheidenden<br />
Tanz zeigten die Beats dann in<br />
34<br />
qualitativ hoher Form, und mit dem denkbar<br />
knappen Unterschied von nur einem<br />
Zehntel sicherten sie sich den Meistertitel.<br />
Ein Erfolg, der wenige Wochen vorher noch<br />
völlig undenkbar schien, der uns aber auch<br />
für die anstehenden Endmeisterschaften<br />
in eine klare Favoritenrolle brachte. Bei<br />
der DM in Aldenhoven hatte die Gruppe<br />
aus Oberhausen dann, aus meiner Sicht<br />
verdient, die Nase vorn. So ruhte nun unsere<br />
ganze Hoffnung auf der EM, bei der wir<br />
die Qualen der Saison mit einem Triumph<br />
vergessen machen wollten und auf die wir<br />
uns intensiv vorbereitet hatten. <strong>Die</strong> Beats<br />
mussten mit Startnr. 1 ins Rennen und<br />
zeigten den Tanz sowohl schauspielerisch<br />
wie auch technisch in der besten Form des<br />
Jahres. Viel Applaus und eine hohe Wertung<br />
(u.a. eine 9,7!) waren der Lohn. <strong>Die</strong><br />
schärfste Konkurrenz aus Oberhausen war<br />
direkt als zweite dran. Was danach passierte,<br />
werde ich in meinem Leben nicht mehr<br />
vergessen. Nach Ende des Tanzes und bevor<br />
dieser öffentlich bewertet wurde, meldete<br />
sich der Jurykommissar zu Wort und<br />
wies darauf hin, dass die maximal erlaubte<br />
Tanzzeit von 4 Min. überschritten sei. <strong>Die</strong>ses<br />
Vergehen wird laut Richtlinien mit einem<br />
Abzug von 1,5 Punkten vom Gesamtergebnis<br />
geahndet. Der Verbandspräsident<br />
ordnete aber eine Maßnahme an, die ich in<br />
20 Jahren IIG noch nie erlebt habe, und die<br />
es nirgendwo anders in der Sportwelt geben<br />
wird! <strong>Die</strong> Oberhausener Gruppe wäre<br />
zwar schon in der Turniersaison darauf<br />
hingewiesen worden, dass die Tanzzeit am<br />
Limit sei, aber bevor die Wertung bekannt<br />
gegeben würde, hätten nun die Konkurrenzvereine<br />
die Möglichkeit, auf Einhaltung der<br />
4-Minuten-Regel zu bestehen, woraufhin<br />
die Oberhausener Gruppe disqualifiziert<br />
würde! Sollte sich niemand melden, würde<br />
die Gruppe ganz normal bewertet. Danach<br />
wären keine Beschwerden mehr zulässig.<br />
Bitte was?! <strong>Die</strong> Konkurrenzvereine sollten<br />
über das Schicksal dieser 6 Tänzer/innen<br />
entscheiden?! Eine Ungeheuerlichkeit! Nebenbei<br />
nochmals der Hinweis, für die Überschreitung<br />
der Maximalzeit gibt es „nur“ einen<br />
Punktabzug und keine Disqualifikation.<br />
Endlose Minuten vergingen. Diskussionen<br />
brandeten im Publikum auf. <strong>Die</strong> Gruppen,<br />
die noch nervös vor ihrem eigenen Auftritt<br />
standen, kommunizierten ratlos miteinander;<br />
der Jurykommissar, der mit dem Hinweis<br />
auf dieses Vergehen nur seiner Pflicht<br />
nachgekommen war, verstand ganz offensichtlich<br />
die Welt nicht mehr, und die Jury<br />
diskutierte untereinander, verglich bereits<br />
35<br />
ihre Wertungen, rechnete das Ergebnis<br />
aus. Mit diesem Wissen versuchte mir eine<br />
Jurorin ziemlich deutlich zu signalisieren,<br />
ich sollte mich beim Präsidenten zwecks<br />
Einhaltung der Regel melden! So wie auch<br />
alle anderen Vereine in dieser Kategorie<br />
waren wir mit dieser unsäglichen Situation<br />
total überfordert. Natürlich legte niemand<br />
Einspruch ein. <strong>Die</strong> Richtlinie bedurfte doch<br />
keiner zusätzlichen Diskussion? <strong>Die</strong> Wertung<br />
wurde also verlesen. Oberhausen<br />
siegte mit einem Zehntel vor uns!<br />
An dieser Stelle möchte ich in aller Deutlichkeit<br />
zu verstehen geben, dass es nicht<br />
darum geht, wer Europameister geworden<br />
ist, sondern um die Tatsache, dass sich der<br />
Verbandspräsident im eigenen Ermessen<br />
über Richtlinien hinwegsetzt, sie willkürlich<br />
anwendet oder auch nicht. Der Präsident<br />
steht über den Richtlinien!? Vor diesem