Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria

Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria

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72In seinem Denken verbindet Calvin also die Nächstenliebe und dieGerechtigkeit miteinander. Die Liebe ist nicht nur und nicht vorrangigeine geistliche Tugend, sondern sie drückt die zwischenmenschlicheBeziehung aus, und sie ist in sehr tiefem Sinn eine menschliche Eigenschaft,die dementsprechend allen Menschen gehört. Werke der Liebekönnen auch die Menschen tun, die nicht gläubige Christen sind. DieVerwirklichung der Liebe in Werken ist aber für Calvin noch keine Aussageüber die Moral, denn sein moralisches Kriterium steckt in deminneren Motiv des Menschen. 100 Das Moralgesetz wird nicht durch Tunoder Enthaltung verwirklicht, sondern das Wesentliche ist, wie und durchwelchen Gedanken der Mensch zum Tun oder zur Enthaltung gekommenist. 101 So bedeutet die vollkommene Einhaltung des Gesetzes, dass derMensch Gott gegenüber vollkommenen Gehorsam ausübt. 102100 “Initio constitutum sit, non ad externam honestatem modo, sed ad interioremspiritualemque iustitiam, hominis vitam in Lege informari. ... Deus autem (cuius oculumnihil fugit, et qui externam speciem non tam moratur quam cordis puritatem) subscortationis, homicidii, furti interdicto, libidinem, iram, odium, alieni appetentiam, delum,et quicquid tale est, vetat. Nam quum sit spiritualis Legislator, animae non minus quamcorpori loquitur.” IIviii6,7; s. auch CRI 57.101 CRI 54; “Audiunt, non occides, non moechaberis, non furaberis: gladium ad caedemnon exerunt: corpora sua meretricibus non commiscent: manus alienis bonis non iniiciunt.Haec omnia bene hactenus: sed caedes totis animis spirant, fervent in libidinem, omniumbona oculis retortis aspiciunt, et cupiditate devorant. Iam vero deest quod praecipuum eratLegis. Unde quaeso tam crassus stupor, nisi quod omisso Legislatore, iustitiam suo magisingenio accommodant? His fortiter reclamat Paulus, affirmans Legem esse spiritualem [Rom.7. c.. 14]: quo significat, non modo animae, mentis, voluntatis obsequium exigeree, sedrequirere Angelicam puritatem, quae omnibus carnis sordibus abstersa, nihil quam spiritumsapiat.” IIviii6.102 “Si verum est perfectionem iustitiae in Lege nos edoceri: istud etiam consequitur,absolutam eius observationem perfectam esse coram Deo iustitiam: qua scilicet homo iustusapud caeleste tribunal censeatur ac reputetur.” IIvii3, “illic non aliam iustitiam doceri nisiquae ad praescriptum divinae voluntatis exigatur: frustra igitur novas operum formas addemerendum Deum tentari, cuius legitimus cultus sola constat obedientia. Quin potius quodextra Dei Legem evagetur bonorum operum studium, esse divinae veraeque iustitiae nontolerandam profanationem. Verissime quoque Augustinus, qui nunc matrem custodemquevirtutum omnium, nunc originem appellat, obedientiam quae Deo praestatur “ IIviii5. —Bauke 1922, 80: "Für Calvin aber tritt die Theologie als Verbindungsglied zwischen Religionund Frömmigkeit, und zwar die Theologie in ihrer formaldialektischen Art, diese schafftdann erst die Verbindung von Religion und Sittlichkeit. ... Calvin hat wohl eine Vereinigungzwischen Religion und Sittlichkeit, es ist aber keine innerlichste Einheit, sondern die

733.2.5. Fokussiertes GesetzGott hat seinen Willen in Geboten und Verboten bekanntgegeben, dieimmer mehr beinhalten als das in Worten Ausgedrückte. Der Menschsteht im Prozess, in dem er aufzuklären hat, welches Ziel und welchesThema das Gebot hat. Dadurch lernt er den Willen Gottes kennen, unddann muss er das praktische Handeln ableiten — und auch das, was dasGebot verbietet. Zugleich muss er sich der Grenze zwischen der Deutungeinerseits und einem neuen Gebot andererseits bewusst werden, denn dasZiel ist nicht, dass der Mensch neue Gebote dem Gesetz Gotteshinzufüge. 103 Die Aufgabe des Menschen ist es, das ewige und unveränderlicheGesetz Gottes in seinem eigenen Leben anzuwenden, wobeiGott seinen Gehorsam prüft. Das Moralgesetz ist kein Automat, dasvorausbestimmen würde, welche Handlung in der jeweiligen Lebenssituationrichtig wäre. 104Als Beispiele dafür, wie die Handlung aus dem Gesetz Gottes abzuleitenist, dienen Calvins Erklärungen zum Gebot der Elternehrung und zumVerbot des Ehebruchs. Nach Calvin hat Gott in Geboten und Verboten desDekalogs nur die Extremfälle zum Vorschein gebracht, der Dekalog giltjedoch auch in den milderen Aspekten der jeweiligen Frage. So sucht erbei der Erklärung des Dekalogs nach den Zielen der Gebote und Verbote.Das Ziel des Gebotes der Elternehrung ist es, dass Menschen die von Gottgegebenen Wertordnungen in Ehre halten und somit die von ihrerschaffene Ordnung in Kraft halten. Der Hauptinhalt des Gebotes ist,dialektische Verbindung der Gegenstände seiner Religion, das ist des Inhaltes seinerFrömmigkeit."; Lobstein 1877, 43: "da Calvin den ganzen Umfang seiner Pflichten- undTugendlehre, das heisst seine ganze Ethik, an den Decalog angeschlossen hat." — Douglass1985, 114 “We come now to the remeining aspect of the worship of God, obedience to thewill of God shown in the law.” Johnson 2000, 63 “Indeed, the Latin word for ethics (ethice)does not appear at all in Calvin’s main work, the Institutes of the Christian Religion. The Latinword for morality or moral (moralia) appears 17 times, most often in relation to the law ofmorality and sometimes with negative overtones ... Calvin’s preferred term is obedience(obedentia), which occurs 215 times in the Institutes.”103 “Quaerendum, inquam, quatenus excedere verborum fines debeat interpretatio: utappareat, non attextam esse Legi divinae ex humanis glossis appendicem, sed purumgermanumque Legislatoris sensum fideliter redditum. ” IIviii8.104 Hancock 1989 89 stellt fest, dass Calvin kein Legalist ist, obwohl er das Gesetz sehrachtet und zum Vorschein bringt. S. auch Fuchs 1986, 68–69.

733.2.5. Fokussiertes GesetzGott hat seinen Willen in Geboten und Verboten bekanntgegeben, dieimmer mehr <strong>bei</strong>nhalten als das in Worten Ausgedrückte. Der Menschsteht im Prozess, in dem er aufzuklären hat, welches Ziel und welchesThema das Gebot hat. Dadurch lernt er den Willen Gottes kennen, unddann muss er das praktische Handeln ableiten — und auch das, was dasGebot verbietet. Zugleich muss er sich der Grenze zwischen der Deutungeinerseits und einem neuen Gebot andererseits bewusst werden, denn dasZiel ist nicht, dass der Mensch neue Gebote dem Gesetz Gotteshinzufüge. 103 Die Aufgabe des Menschen ist es, das ewige und unveränderlicheGesetz Gottes in seinem eigenen Leben anzuwenden, wo<strong>bei</strong>Gott seinen Gehorsam prüft. <strong>Das</strong> Moralgesetz ist kein Automat, dasvorausbestimmen würde, welche Handlung in der jeweiligen Lebenssituationrichtig wäre. 104Als Beispiele dafür, wie die Handlung aus dem Gesetz Gottes abzuleitenist, dienen <strong>Calvin</strong>s Erklärungen zum Gebot der Elternehrung und zumVerbot des Ehebruchs. Nach <strong>Calvin</strong> hat Gott in Geboten und Verboten desDekalogs nur die Extremfälle zum Vorschein gebracht, der Dekalog giltjedoch auch in den milderen Aspekten der jeweiligen Frage. So sucht er<strong>bei</strong> der Erklärung des Dekalogs nach den Zielen der Gebote und Verbote.<strong>Das</strong> Ziel des Gebotes der Elternehrung ist es, dass Menschen die von Gottgegebenen Wertordnungen in Ehre halten und somit die von ihrerschaffene Ordnung in Kraft halten. Der Hauptinhalt des Gebotes ist,dialektische Verbindung der Gegenstände seiner Religion, das ist des Inhaltes seinerFrömmigkeit."; Lobstein 1877, 43: "da <strong>Calvin</strong> den ganzen Umfang seiner Pflichten- undTugendlehre, das heisst seine ganze Ethik, an den Decalog angeschlossen hat." — Douglass1985, 114 “We come now to the remeining aspect of the worship of God, obedience to thewill of God shown in the law.” Johnson 2000, 63 “Indeed, the Latin word for ethics (ethice)does not appear at all in <strong>Calvin</strong>’s main work, the Institutes of the Christian Religion. The Latinword for morality or moral (moralia) appears 17 times, most often in relation to the law ofmorality and sometimes with negative overtones ... <strong>Calvin</strong>’s preferred term is obedience(obedentia), which occurs 215 times in the Institutes.”103 “Quaerendum, inquam, quatenus excedere verborum fines debeat interpretatio: utappareat, non attextam esse Legi divinae ex humanis glossis appendicem, sed purumgermanumque Legislatoris sensum fideliter redditum. ” IIviii8.104 Hancock 1989 89 stellt fest, dass <strong>Calvin</strong> kein Legalist ist, obwohl er das Gesetz sehrachtet und zum Vorschein bringt. S. auch Fuchs 1986, 68–69.

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