Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria
Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria
46sind von der Natur bestimmt, und darunter ist vor allem die Norm desrichtigen Handelns. Jene Norm ist aber auch eine natürliche Neigung, dieGott in die Natur und somit in den Menschen eingepflanzt hat. Erbezeichnet die Norm auch als aequitas, die offenbart, was richtig und billigist, und die somit zur rechten Handlung einlädt. Wenn der Mensch derEinladung folgt und sich an der inneren Ordnung der Dinge orientiert, ister gerecht und in seiner eigenen Weise Teilhaber der von Gottausstrahlenden Gerechtigkeit. Das menschliche Recht ist aber immer nureine unvollständige Übersetzung der von Natur aus gerechten Ordnungzu konkreten Rechtsaussagen, denen zu folgen ist. 44Laut Martinus (ca. 1100–1166/1178) ist aequitas mit Gott identisch, undsomit die Quelle aller Gerechtigkeit und allen Rechts. Die Gerechtigkeitentspricht der Wesensart des Menschen, vorausgesetzt, dass der Wille desMenschen sich ständig nach Gerechtigkeit und Recht richtet. Mit demRecht meint er die in einzelnen, geschriebenen oder ungeschriebenenRechtssätzen formulierte Gerechtigkeit. Somit entsteht eine Wertung, inder aequitas auf der höchsten Stufe steht. Mit aequitas meint er eineEntsprechung, die in ähnlichen Verhältnissen gleiche Rechte gibt. Siewohnt aber den Dingen nicht als eine natürliche Ordnung inne, sondernbefindet sich bei Gott als der einzigartige, vollkommene Charakter derGerechtigkeit. Die Regeln des Völkerrechts stammen aus der Vernunftund entsprechen nicht in gleicher Weise der Billigkeit und Gerechtigkeit.So ist zum Beispiel das Recht zur Notwehr sowohl recht als gerecht, aberdie Sklaverei ist nicht billig, obwohl sie dem allgemeinen Guten dient. 45Eine ganz neue Periode der Rechtswissenschaft begann mit dem Studiumdes römischen Rechts im Geiste und mit Methoden des Humanismus (mosgallicus). 46 Mit ihm wuchs auch das Interesse an rechtsphilosophischen44 Weigand 1967, 23.45 Weigand 1967, 31–33.46 Strohm 2000a, 402 über den mos gallicus: "Man wollte den Studenten diespitzfindigen Distinktionen und weitschleifigen Kommentierungen ersparen und statt derdetaillierten Erklärung einzelner Texte einen umfassenden Überblick bieten. Die Studentensollten angeleitet werden, die Grundgedanken des römischen Rechts, insbesondere auch inihrer moralphilosophischen Bedeutung, zu erfassen. Die Philosophie wurde als Quelle des
47Fragen, die man mit Hilfe der antiken griechischen Rechtsphilosophieund des Denkens Aristoteles behandeln wollte. 47 Kennzeichend für diehumanistische Jurisprudenz ist die Auseinandersetzung mit den Fragenvon Recht und Moral, des Wesens der Gerechtigkeit und der Natur derGesetze. 48Erasmus von Rotterdam, obwohl kein Rechtsgelehrter, hatte einen großenEinfluss auf das Rechtsdenken seiner Zeit. In seinem Werk über alteSprichwörter und Redewendungen, Adagia, stellt er die Redewendung"Summum ius summa malicia" oder "Summum ius, summa iniuria"vor, diedie alte römische Auffassung über das Verhältnis zwischen dem Rechtund der Billigkeit trägt. Für Erasmus ist die Billigkeit, aequitas,Gerechtigkeit in ihrer allgemeinen Bedeutung als Gegensatz zurUngerechtigkeit. 49 Die aristotelische epieikeia- Auffassung benutzt er nur,um seine eigene Auffassung zu bestätigen. In seinem Werk InstitutioPrincipis Christiani behandelt er das Verhältnis zwischen dem Gesetz unddem Recht näher. Die besten Gesetze unter dem besten Fürsten sind demStaate besonders glücklich, und die Lage des Staates ist am glücklichsten,wenn alle Untertanen dem Fürsten gehorchen und der Fürst den Gesetzenfolgt, die dem Gerechten und Rechtschaffenen entsprechen (leges autem adarchetypum aequi et honesti respondent) und die nur auf Förderung desgemeinsamen Lebens zielen. Bei der Gesetzgebung ist zu beachten, dassdie Gesetze weder dem Gewinn des Staates noch dem Vorteil einer Elitedienen, sondern sie müssen das gemeinsame und allgemeine GemeinwohlRechts und die Jurisprudenz selbst als ein Teil der Moralphilosophie angesehen."47 Kisch 1960, 51–53. Strohm 2000a, 401: "Die humanistisch orientierten Juristenhingegen versuchten, das römische Recht im Kontext der klassischen Antike zu verstehen.."Tamm 1993, 283 betrachtet Alciato, Zasius und Budé als die drei großen Humanistjuristenund merkt, dass der mos gallicus auch durch sein gründliches Studium der Quellen dazubeitrug, dass das klassische Latein zur Verwendung kam.48 Strohm 2000a, 403, 399 "Der aequitas-Lehre und dem Naturrechtsgedanken kam eineSchlüsselstellung in der humanistischen Jursiprudenz insgesamt zu."49 "Summum ius, summa iniuria, hoc est, Tum maxime discetitur ab aequuitate, cummaxime superstitiose haeratur legum literis. Id enim summum ius appellant, cum de uerbisiuris contenditur, neque spectatur quid senserit is qui scripsit. Nam oces et literae, quasilegum summa cutis est. ... Terentius ... Verum illud Chreme dicunt, ius summum, saepesumma malitia est. ... In omnibus quidem, maxime tamen in iure aequitas spectanda est."Adagia 1.10.25.
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46sind von der Natur bestimmt, und darunter ist vor allem die Norm desrichtigen Handelns. Jene Norm ist aber auch eine natürliche Neigung, dieGott in die Natur und somit in den Menschen eingepflanzt hat. Erbezeichnet die Norm auch als aequitas, die offenbart, was richtig und billigist, und die somit zur rechten Handlung einlädt. Wenn der Mensch derEinladung folgt und sich an der inneren Ordnung der Dinge orientiert, ister gerecht und in seiner eigenen Weise Teilhaber der von Gottausstrahlenden Gerechtigkeit. <strong>Das</strong> menschliche <strong>Recht</strong> ist aber immer nureine unvollständige Übersetzung der von Natur aus gerechten Ordnungzu konkreten <strong>Recht</strong>saussagen, denen zu folgen ist. 44Laut Martinus (ca. 1100–1166/1178) ist aequitas mit Gott identisch, undsomit die Quelle aller Gerechtigkeit und allen <strong>Recht</strong>s. Die Gerechtigkeitentspricht der Wesensart des Menschen, vorausgesetzt, dass der Wille desMenschen sich ständig nach Gerechtigkeit und <strong>Recht</strong> richtet. Mit dem<strong>Recht</strong> meint er die in einzelnen, geschriebenen oder ungeschriebenen<strong>Recht</strong>ssätzen formulierte Gerechtigkeit. Somit entsteht eine Wertung, inder aequitas auf der höchsten Stufe steht. Mit aequitas meint er eineEntsprechung, die in ähnlichen Verhältnissen gleiche <strong>Recht</strong>e gibt. Siewohnt aber den Dingen nicht als eine natürliche Ordnung inne, sondernbefindet sich <strong>bei</strong> Gott als der einzigartige, vollkommene Charakter derGerechtigkeit. Die Regeln des Völkerrechts stammen aus der Vernunftund entsprechen nicht in gleicher Weise der Billigkeit und Gerechtigkeit.So ist zum Beispiel das <strong>Recht</strong> zur Notwehr sowohl recht als gerecht, aberdie Sklaverei ist nicht billig, obwohl sie dem allgemeinen Guten dient. 45Eine ganz neue Periode der <strong>Recht</strong>swissenschaft begann mit dem Studiumdes römischen <strong>Recht</strong>s im Geiste und mit Methoden des Humanismus (mosgallicus). 46 Mit ihm wuchs auch das Interesse an rechtsphilosophischen44 Weigand 1967, 23.45 Weigand 1967, 31–33.46 Strohm 2000a, 402 über den mos gallicus: "Man wollte den Studenten diespitzfindigen Distinktionen und weitschleifigen Kommentierungen ersparen und statt derdetaillierten Erklärung einzelner Texte einen umfassenden Überblick bieten. Die Studentensollten angeleitet werden, die Grundgedanken des römischen <strong>Recht</strong>s, insbesondere auch inihrer moralphilosophischen Bedeutung, zu erfassen. Die Philosophie wurde als Quelle des