44Im Spätmittelalter wurde im Kampf um die Grundlagen der Ethik auchdas Naturrecht säkularisiert. Die voluntaristische Lehre Ockhams fandAnhänger, die ihre eigenen Nuancen zur Naturrechtslehre hinzufügten.Für Pierre d’Ailly (1350–1420) ist nicht einmal die Gerechtigkeit einenatürliche Eigenschaft, sondern sie bedarf einer Billigung Gottes. Für<strong>Johannes</strong> Gerson (1363–1429) ist "Gut" eine Funktion des göttlichenWillens. Würde Gott sich anders entscheiden, würden alle ethischenPrinzipien im gleichen Moment geändert. Was Gott akzeptiert, ist gut,und was Gott verbietet, ist böse. Durch die Verbindung der Begriffe desrömischen <strong>Recht</strong>s mit den Worten des Evangeliums verteidigt er denVoluntarismus und bringt den theologischen Voluntarismus in die Weltder Jurisprudenz, indem er Eigenschaften Gottes mit juristischenBegriffen erklärt. Gabriel Biel (1410–1495) definiert, dass, solange man die"Non moechaberis", "Non mentieris", et huiusmodi. Aliter dicitur ius naturale quodservandum est ab illis qui sola aequitate naturali absque omni consuetudine et constitutionehumana utuntur, quod ideo dicitur naturale quia contrarium est contra statum naturaeinstitutae et, si homines omnes viverent secundum rationem naturalem aut legem divinam,non esset servandum nec faciendum. Isto modo et non primo modo ex iure naturali omniasunt communia, quia in statu naturae institutae omnia fuissent communia, et si post lapsumomnes homines secundum rationem viverent, omnia deberent esse communia et nihilproprium; ... Ex quibus verbis colligitur quod iure naturali omnes homines sunt liberi, ettamen aliqui iure gentium fiunt servi. Ex quo concluditur quod ius naturale uno modoaccepto vocabulo non est immutabile, imo licet contrarium statuere, ut iure fiatcontrarium.Tertio modo dicitur ius naturale illud quod ex iure gentium vel alio, aut ex aliquofacto (divino vel humano), evidenti ratione colligitur, nisi de consensu illorum quoruminterest contrarium statuatur. Quod potest vocari ius naturale "ex suppositione", sicutsecundum Isidorum, ubi prius, "Ius naturale est deposite rei vel commodatae pecuniaerestitutio, violentiae per vim repulsio". Ista enim non sunt iura naturalia primo modo, necetiam secundo modo, quia nec fuissent in statu naturae institutae, nec essent inter illos quisecundum rationem viventes sola aequitate naturali absque omni consuetudine etconstitutione humana essent contenti, quia inter illos nulla res esset deposita vel commodatanec aliquis alteri vim inferret. Sunt ergo iura naturalia ex suppositione, quia, supposito quodres et pecuniae sint appropriatae iure gentium vel aliquo iure humano, evidenti rationecolligitur quod res deposita et pecunia commodata debent restitui, nisi ex causa per illum(vel per illos) cuius (vel quorum) interest contrarium ordinetur. Similiter, supposito quodaliquis violentiam de facto iniuriose inferat alteri, quod non est de iure naturali sed contraius naturale, evidenti ratione colligitur quod licet per vim violentiam talem repellere.Propteristos itaque tres modos iuris naturalis dicunt quod Romani ex iure divino habent ius eligendisummum pontificem, extendendo ius divinum ad omne ius naturale." Dialogus III, tr. 2, p. 3,c. 6. — S. CHLMPh, 714–715.
45Dinge außerhalb Gottes betrachtet, die rechte Vernunft mit dem WillenGottes identisch ist. Der Einfluss Ockhams reicht bis in die antinominalistischespanische Spätscholastik, die später das profane Naturrechtentwickelte. 42Die Gedanken Ockhams fanden auch ihre Gegner, unter denen Gregor vonRimini (1300–1358) geschichtlich sehr wichtig war. Er verbindet dienominalistische Begriffslehre mit dem augustinischem Gedankengut. Erbenutzt den Begriff des ewigen Gesetzes (lex aeterna) im Naturrecht undfolgt der Definition Augustins, dass Sünde Sünde sei, weil das ewigeGesetz das sündhafte Verhalten verboten hat. Den in der Definitioninnewohnenden Voluntarismus biegt er dadurch ab, dass er dem Gesetzzwei Funktionen gibt. Die erste Funktion ist, dass das Gesetz "anzeigend"ist (lex indicativa), in dem es nur angibt, dass etwas gut oder böse, gerechtoder ungerecht, lobens- oder tadelnswert ist. Die andere Funktion ist diebefehlende (lex imperativa). Da vermittelt das Gesetz den Untertanen dasGebot eines übergeordneten Willens etwas zu tun oder etwas zu lassen. Esgeht um die indikative Funktion, wenn die Sünde als Verstoß gegen dasewige Gesetz definiert wird. Wer gegen das indikative Gesetz handelt,sündigt, auch wenn Gott für die Situation kein Gebot gegeben hätte.Somit sind die sittlichen Wertprädikate im ewigen Gesetz enthalten, dasauf der Vernunft Gottes basiert, und das als göttliche Vernunft stets rechteVernunft (recta ratio) ist. Sünde ist ein Verstoß gegen die Vernunftinsoweit die Vernunft richtig ist. So macht Gregor die Geltung dersittlichen Werte von der Existenz Gottes unabhängig, denn die rechteVernunft kann es anderswo als <strong>bei</strong> Gott geben. 43In Corpus iuris civilis hatten die Legisten, die Erklärer des römischen<strong>Recht</strong>s, vielerlei Definitionen des Naturrechts vor ihren Augen. Wie dieQuellen, benutzt auch Irnerius (ca. 1055–1130/1138), der Begründer der<strong>Recht</strong>sschule von Bologna, selten den Begriff "Naturrecht", aber eridentifiziert doch zum Teil das Naturrecht mit dem Völkerrecht, das dienatürlichen <strong>Recht</strong>sansprüche <strong>bei</strong>nhaltet. Viele Normen des Völkerrechts42 Welzel 1960, 90–92.43 Welzel 1960, 93–95.
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"Porro haec ipsa quae ex duabus tab