Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria
Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria Das Universale Recht bei Johannes Calvin - Doria
178Das Gesetz ist für Calvin im Großen und Ganzen die Regel des frommenund richtigen Lebens. Als Regel des Lebens zielt das Gesetz auf dievollkommene Gerechtigkeit. Wenn das Gesetz vollkommen eingehaltenwürde, würde es den Menschen rechtfertigen, aber kein einziger Menschist je der vollkommenen Einhaltung des Gesetzes fähig. Deswegen kannder Mensch nicht auf seine eigenen Tugenden vertrauen. Wenn Adamunverdorben geblieben wäre, könnte der Mensch Gott vollkommenkennen und seinen Willen vollkommen einhalten — Adam ist aber nichtunverdorben geblieben.Das Gesetz hat nach Calvin einen dreifachen Gebrauch. In seinem erstenGebrauch zeigt es dem Menschen, wie unvollständig seine Gerechtigkeitist und treibt ihn so zu Gott. Er steht nämlich weit von der Erfüllung desWillens Gottes entfernt, und das Gesetz warnt ihn, klagt ihn an undverurteilt ihn wegen seiner Ungerechtigkeit. Obwohl das Gesetz ihnunentschuldbar macht, ist sein Ziel nicht, den Menschen zur Verzweiflungund Hoffnungslosigkeit zu führen, sondern zur Suche nach Gott zubringen. Der erste Gebrauch des Gesetzes geschieht in allen Menschen,aber einen besonderen Wert hat er für die Nicht-Wiedergeborenen, dieerwählt, aber noch nicht berufen sind.Der zweite Gebrauch des Gesetzes hat seine besondere Aufgabe in denGemeinschaften, die Menschen aus ihren natürlichen Neigungengründen. Das Gesetz steuert äußere Taten, mäßigt sie und ermöglicht soein Gemeinschaftsleben. Wenn notwendig, schreibt das Gesetz Sanktionenzur Zurückhaltung in äußeren Taten vor, aber es hat keinen Einfluss aufdie innere Verderbtheit des Menschen. Der zweite Gebrauch des Gesetzesgeschieht in der Scham und in der Furcht des Menschen, die denMenschen daran hindern, solche innere Lust zu verwirklichen, die gegenNächstenliebe verstößt. So garantiert das Gesetz den Frieden derGemeinschaft. In dieser Funktion berührt das Gesetz alle Menschen, undobwohl es nur äußere Werke bewirken kann, führt es zweierlei Menschenzu Gott: erstens Selbstzufriedene, zweitens solche, die sich leicht zu etwasverleiten lassen. Wie Calvin den zweiten Gebrauch des Gesetzes ausführt,zeigt, dass es seiner Meinung nach nicht möglich ist, von der äußeren
179Lage eines Menschen aus zu sagen, ob er zu den Erwählten gehört oderaber nicht.Der wertvollste Gebrauch des Gesetzes ist für Calvin der dritte Gebrauchin den Gläubigen. Auch sie warnt das Gesetz, auch für sie ist es der besteWeg, den Willen Gottes genauer kennenzulernen und in seinem Verständnisstärker zu werden. Das Gesetz treibt die Gläubigen zur Arbeit,zur Tätigkeit, aber es verurteilt sie nicht. Es zeigt ihnen das Ziel derVollkommenheit, nach dem sie trachten und streben. Die Gläubigenstehen nicht mehr unter dem Gesetz, das Gesetz bindet ihre Gewissennicht und das Moralgesetz ist für sie kein Moralgesetz, sondern die Regeleines besseren Lebens. Ihre Werke und Taten werden neben dem Gesetzauch vom Geist Gottes gesteuert, welches ermöglicht, dass sie von ihrenHerzen aus das Gesetz erfüllen können.Der erste und der zweite Gebrauch des Gesetzes erstrecken sich auf alleMenschen, aber der dritte Gebrauch begrenzt sich auf die Gläubigen. Derdritte Gebrauch bringt die Kontinuität der Offenbarung zum Vorschein,die ja zu den Grundstrukturen der Theologie Calvins gehört: in denGläubigen hat die Offenbarung die Vollständigkeit erreicht, denn siehaben zuerst die Offenbarung in der Schöpfung, dann die in der Schrift,dann die in Christus und schlussendlich die durch den Heiligen Geist.Wenn das Recht im Menschen funktioniert, gibt es ihm Ziele, nach denener streben soll und die somit sein Leben formen. Gute Ziele, gute Werteoder erste Prinzipien für Calvin sind Menschlichkeit, Wahrheit undEhrlichkeit. Wenn sie im praktischen Leben in einen Konflikt miteinandergeraten, gibt Calvin Priorität danach, wo die jeweilige Sache behandeltwird. Der Privatmensch soll in seinen Entscheidungen auf die Menschlichkeitachten, aber in einem Amt — z.B. als Richter — muss der Menschder Wahrheit und der Ehrlichkeit den Vortritt gewähren. Der zentralsteInhalt der regula variiert also je nach dem, aus welcher Sicht die Sachlagebetrachtet wird. Das bedeutet aber auch, dass Calvin einen Unterschiedzwischen dem Privatleben und dem Amt eines Menschen macht.
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178<strong>Das</strong> Gesetz ist für <strong>Calvin</strong> im Großen und Ganzen die Regel des frommenund richtigen Lebens. Als Regel des Lebens zielt das Gesetz auf dievollkommene Gerechtigkeit. Wenn das Gesetz vollkommen eingehaltenwürde, würde es den Menschen rechtfertigen, aber kein einziger Menschist je der vollkommenen Einhaltung des Gesetzes fähig. Deswegen kannder Mensch nicht auf seine eigenen Tugenden vertrauen. Wenn Adamunverdorben geblieben wäre, könnte der Mensch Gott vollkommenkennen und seinen Willen vollkommen einhalten — Adam ist aber nichtunverdorben geblieben.<strong>Das</strong> Gesetz hat nach <strong>Calvin</strong> einen dreifachen Gebrauch. In seinem erstenGebrauch zeigt es dem Menschen, wie unvollständig seine Gerechtigkeitist und treibt ihn so zu Gott. Er steht nämlich weit von der Erfüllung desWillens Gottes entfernt, und das Gesetz warnt ihn, klagt ihn an undverurteilt ihn wegen seiner Ungerechtigkeit. Obwohl das Gesetz ihnunentschuldbar macht, ist sein Ziel nicht, den Menschen zur Verzweiflungund Hoffnungslosigkeit zu führen, sondern zur Suche nach Gott zubringen. Der erste Gebrauch des Gesetzes geschieht in allen Menschen,aber einen besonderen Wert hat er für die Nicht-Wiedergeborenen, dieerwählt, aber noch nicht berufen sind.Der zweite Gebrauch des Gesetzes hat seine besondere Aufgabe in denGemeinschaften, die Menschen aus ihren natürlichen Neigungengründen. <strong>Das</strong> Gesetz steuert äußere Taten, mäßigt sie und ermöglicht soein Gemeinschaftsleben. Wenn notwendig, schreibt das Gesetz Sanktionenzur Zurückhaltung in äußeren Taten vor, aber es hat keinen Einfluss aufdie innere Verderbtheit des Menschen. Der zweite Gebrauch des Gesetzesgeschieht in der Scham und in der Furcht des Menschen, die denMenschen daran hindern, solche innere Lust zu verwirklichen, die gegenNächstenliebe verstößt. So garantiert das Gesetz den Frieden derGemeinschaft. In dieser Funktion berührt das Gesetz alle Menschen, undobwohl es nur äußere Werke bewirken kann, führt es zweierlei Menschenzu Gott: erstens Selbstzufriedene, zweitens solche, die sich leicht zu etwasverleiten lassen. Wie <strong>Calvin</strong> den zweiten Gebrauch des Gesetzes ausführt,zeigt, dass es seiner Meinung nach nicht möglich ist, von der äußeren