166<strong>Das</strong> positive <strong>Recht</strong> findet seinen Ausdruck in Wortlauten verschiedenerGesetze und Verordnungen. <strong>Calvin</strong> lässt es zu, dass Gesetze undVerordnungen nicht überall gleich sind. Sie dürfen aber nicht willkürlichsein, wollen sie den Namen des Gesetzes verdienen. Es gibt eine Richtschnur,mit dem jeder Gesetze messen kann: aequitas, Billigkeit. Wer einGesetz mit der Billigkeit messen will, kann sich an dem von Gottgegebenen Moralgesetz bedienen, weil es die Billigkeit <strong>bei</strong>nhaltet. Weil sieim Moralgesetz Gottes zu lesen ist, gibt das natürliche Gesetz Zeugnisüber sie, wie sie auch im Gewissen wirkt. 101constitutionem et aequitatem, cuius ratione constituio ipsa fundata es ac nititur. Aequitas,quia naturalis est, non nisi una omnium esse potest, ideo et legibus omnibus, pro negotiigenere, aedem proposita esse debet. Constitutiones, quia circunstantias aliquas habent a quibuspro parte pendeant, modo in eundem aequitatis scopum omnes pariter intendant,diversas esse nihil obest. Iam quum Dei Legem, quam moralem vocamus, constet non aliudesse quam naturalis legis testimonium, et eius conscientiae quae hominum animis a Deoinsculpta est, tota huius de qua nunc loquimur, aequitatis ratio in ipsa praescripta est. Proindesola quoque ipsa legum omnium et scopus et regula et terminus sit oportet. Ad eamregulam quaecunque formatae erunt leges, quae in eum scopum directae, quae eo terminolimitatae, non est cur a nobis improbentur, utcunque vel a Lege Iudaica, vel inter se ipsaealias differant..... Videmus tamen ut eiusmodi diversitate in eundem omnes finem tendant.Nam uno simul ore poenam pronuntiat in ea quae aeterna Dei Lege damnata suntfacinora:..." IVxx16. —Laut Bohatec ist <strong>Recht</strong> identisch mit Billigkeit <strong>bei</strong> <strong>Calvin</strong>. 1934,46. —Baur 1965, 211 “Bei der "aequitas" handelt es sich um einen aus der Popularphilosophie unddem römischen <strong>Recht</strong> in die kanonische und germanische <strong>Recht</strong>swelt übergegangenen fastpopulären Kardinalbegriff des Naturrechts. <strong>Calvin</strong> gestaltet diesen Begriff in einemchristlichen Sinne um. Da<strong>bei</strong> geht er sogar über die mittelalterlichen Auffassungen hinaus.Noch Thomas v.Aquin verstand die "aequitas" und entsprechend die Epikie als eine Tugenddurch die im Einzelfall die Anwendung der Gesetze eingeschränkt werden kann. DieserGedanke findet sich auch im Seneca-Kommentar <strong>Calvin</strong>s, wenn er die "aequitas" dem"summuum ius", dem strengen Gesetzesrecht, gegenüberstellt. Als das Besondere in derAuffassung <strong>Calvin</strong>s muß aber angesehen werden, dass er in seinen späteren Schriften die"aequitas" zu einem notwendigen Bestandteil aller menschlichen Gesetze erklärt und damitden bisher bestehenden Gegensatz zwischen <strong>bei</strong>den aufhebt.” — Helm 2004, 361 “So lawswhich flout the second table of the moral law are ipso facto inequitable, and so we shouldnot exaggerate the pluralism that may seem to implicit in what <strong>Calvin</strong> sometimes says. Thepoint is, then, that different systems of laws may express the same values, even the samebasic laws, in different ways, perhaps through varying kinds of rewards and punishments.”— S. auch Schreiner 1991, 78, 89–90.101 IVxx16 — Helm 2004, 360 “So equity (whatever exactly this is) provides a rule, a goal,and a limit which actual laws ought to reflect. And <strong>Calvin</strong> suggests that different systems oflaw reflect equity in different ways. How widely <strong>Calvin</strong>'s approval of diverse systems of law
167Die Richtschnur für Gesetze besitzt also ein jeder Mensch, aber nicht jederhat sie in gleicher Weise. <strong>Calvin</strong> ist laut IVxx8 kein Befürworter derdirekten Demokratie, sondern er schätzt ein schätzt, das er Aristokratienennt, wir aber indirekte Demokratie nennen. 102 <strong>Das</strong> System war ihm imStadtstaat von Genf bekannt geworden, auch mit seinen Schwächen. <strong>Das</strong>Wichtigste für ihn ist aber, dass jedes Volk in Freiheit und Harmonieglücklich leben könne. 103 Obwohl <strong>Calvin</strong> jedem Menschen die Möglichkeitgibt, die Legalität der Gesetze zu messen, geht er nicht so weit, dass erzuließe, jeder Mensch möge gegen unbilliges Gesetz oder unbillige Obrigkeithandeln. Für ihn ist der Gehorsam (obedientia) ein noch höheresPrinzip. 104 Der spätere Kalvinismus aber ging weiter, und entwickelte eineWiderstandstheorie. 105Die Billigkeit betrifft in der Gesellschaft nicht nur Gesetze und Gesetzgebung,sondern auch die Obrigkeit. Einerseits muss die Obrigkeit nachder Billigkeit handeln. <strong>Das</strong> bringt <strong>Calvin</strong> vor, allerdings ohne das Wortaequitas zu gebrauchen, wenn er der Obrigkeit die Steuererhebung fürandere als wirkliche Nöte — wozu er auch eine dem Wert der Obrigkeitentsprechende Stattlichkeit zählt — verbietet. Anderseits zeigt die Billigkeitzusammen mit der Vernunft, dass die Fürsten Waffen nicht nur zurBestrafung der einzelnen Straffälligen tragen. Sie müssen die ihnenanvertraute Religion notfalls mit dem Krieg beschützen. Solche Kriegewerden vom Heiligen Geist in vielen Zeugnissen der Heiligen Schrift alslegitim erklärt. 106is to be expressed is not clear. ”102 S. IVxx8 — S. auch Bohatec 1937.103 “Atque, ut libenter fateor nullum esse gubernationis genus isto beatius, ubi libertasad eam quam decet moderationem est composita, et ad diuturnitatem rite constituta: sic etbeatissimos censeo quibus hac conditione frui licet: et si in ea conservanda retinendaquestrenue ac constanter laborant, eos nihil ab officio alienum facere concedo.” IVxx8104 S. IVxx23–24. — S. auch Bohatec 1937.105 S. z.B. Bohatec 1935.106 "Hoc ergo et naturalis aequitas et officii ratio dictat, armatos esse principes nontantum ad privata maleficia iudiciaris poenis coercenda, sed ad ditiones quoque fidei suaecommisa bello defendendas, siquando hostiliter impetantur. Et eiusmodi bella Spritussanctus multis Scripturae testimoniis legitima esse declarat." IVxx13 —Ramp stellt fest, dassdie Aufgabe der Obrigkeit durch das Doppelgebot der Liebe gebunden ist, und dass dieObrigkeit ihre Aufgabe mit Gott wahrnehmen soll, weil eine von Gott losgelöste
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Kalle ElonheimoDas Universale Recht
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31Seine weiteren Quellen hat Gratia
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