1244.3.4. adiaphoraIm Leben gibt es aber auch viele Dinge, über die Gott weder Gebote nochVerbote gegeben hat und die deswegen dem Menschen nach eigenemUrteil frei zur Verfügung stehen. Diese adiafora-Dinge nennt <strong>Calvin</strong> in derlateinischen Ausgabe der Institutio res per se mediae und in der französischenAusgabe choses indifferentes. 280 Nach ihm ist das Gewissen derVerfügung dieser Dinge gegenüber frei und ungebunden, aber auch <strong>bei</strong>ihnen muss der Mensch aufpassen, dass er nicht durch seinen Umgangund seine Wahl andere Menschen verletzt. Als Beispiel nennt er das Gebotdes Paulus, dass man aus Rücksicht zum Gewissen des Nächsten dasOpferfleisch nicht essen soll (1. Kor. 10:28–29), und er erklärt, dass dasGebot die äußere Handlung bindet, aber das Gewissen frei bleiben lässt. 281Die Achtung auf anderen <strong>bei</strong> adiaphora sehe ich als Verwirklichung desLiebesgebotes, das Gottes Willen wiedergibt: der bzw. die andere istwichtiger als des Menschen eigene Lust oder eigenes Gut.Die von Gott gegebene freie Entscheidung über die adiafora ist für <strong>Calvin</strong>so wertvoll, dass er verbietet, mit Menschensatzungen das zu beschränken,was Gott frei gesetzt hat. Er stellt fest, dass das Gewissen wichtigerist als alle Urteile. 282 <strong>Das</strong> Gewissen muss sich aber seiner Freiheit bewusstsein, denn sonst ruht es sich nicht aus und gerät in Hoffnungslosigkeit. 283Auch in den adiafora muss der Mensch Rücksicht auf seine Nächsten280 Der Konzept der Indifferenten ist gemeinsames Gut der Reformation des 16.Jahrhunderts. Bei Reformatoren mit humanistischem Hintergrund werden sie mit demgriechischen Wort adiaphora weitergegeben. Erst in der Reformation bekommen sie einebedeutende Stellung in der Theologie. <strong>Calvin</strong> behandelt sie mit viel mehr Gewicht als Luther.Douglass 1985, 15–16.281 “Alia in rebus per se mediis est ratio. Abstinere enim debemus siquod pariantoffendiculum: sed libera conscientia. Ita de carne idolis consecrata Paulus loquitur. Siquisiniiciat scrupulum (inquit) noli attingere, propter conscientiam. Dico autem conscientiam,non tuam, sed alterius [Cor. I0. f. 28]. Peccaret homo fidelis, qui prius admonitus, eiusmodicarnem nihilominus ederet. Sed utrunque fratris respectu necessaria illi sit abstinentia, ut aDeo praescribitur, non tamen conscientiae libertatem retinere desinit. Videmus ut lex istaexternum opus ligans, conscientiam solutam relinquat.” IIIxix16282 "..., haec tamen exigua lucis scintilla residua mansit, ut humanis omnibus iudiciissuperiorem esse hominis conscientiam agnoscerent." IVx5283 "Atque huius etiam libertatis cognitio perquam nobis necessaria est; quae si aberit,nulla conscientiis nostris futura est quies, nullus superstitionum finis." IIIxix7
125nehmen, aber anderseits kann er auch in ihnen die Nächstenliebeverwirklichen.4.3.5. Inneres Gericht<strong>Das</strong> Gewissen ist nicht losgelöst von den Gesetzen, denn das GesetzGottes bindet es. 284 <strong>Calvin</strong> nennt als Beispiel das Verbot des Gesetzes überunsittliche Handlungen und Reden. <strong>Das</strong> Gewissen wäre diesem Verbotuntergeordnet, auch falls es keinen anderen Menschen auf der Erde gäbe,und wer gegen das Verbot verstößt, der verstößt nicht erstrangig mitseiner äußeren Handlung, sondern weil sein Gewissen vor Gott mit demBand der Schuld gebunden ist. 285 Durch das Beispiel wird klar, dass dasGewissen nicht nur die äußeren Taten des Menschen beurteilt undberührt, sondern dass es darum geht, was für ein Verhältnis der Menschzu Gott hat und wie er dem Willen Gottes gehorcht.Im Prozess des Gewissens wirkt das Gewissen in drei Rollen: es istAnkläger, Zeuge, und Gericht. Der Mensch würde gern seine üblen unddreckigen Taten verbergen, aber das Gewissen lässt das nicht zu, sondernes sagt gegen ihn aus. 286 Es enthüllt also die Sünden, die der Menschverhüllen möchte. <strong>Calvin</strong> zitiert Bernhard von Clairvaux über die dreiTeile des Zeugnisses des Gewissens: das Gewissen beweist erstens, dassdie Vergebung der Sünden nur die Gnade Gottes ist; zweitens, dass derMensch nichts Gutes tun kann, es sei denn, es ist ihm gegeben; und284 Douglass 1985, 32–34, 51 bespricht die Erläuterung <strong>Calvin</strong>s über die Aussage Paulus’,dass die Frauen in der Gemeinde schweigen sollen und den Kopf bedecken müssen. Nach ihrsieht <strong>Calvin</strong> da nur zeit- und kulturgebundene Umstände, aber kein ewiges göttlichesGesetz, das in der Aussage des Apostels offenbart würde.285 “Hinc fit ut obstringere conscientiam lex dicatur, quae simpliciter hominem ligat,sine hominum intuitu, vel non habita eorum ratione. Exempli gratia, Non modo castumservare animum purumque ab omni libidine, Deus praecipit sed quanlibet verborumobscoenitatem et.externam lasciviam pro hibet. Huius legis observationi, etiamsi nullus inmundo homo viveret, conscientia mea subiicitur. ” IIIxix16; s. auch IVx4286 "Ergo sensus hic, qui hominem sistit ad Dei iudicium, est quasi appositus hominicustos, qui omnia eius arcana observet ac speculetur, ne quid in tenebris sepultum maneat."IIIxix15, IVx3
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