122gerecht richten kann (Römer 2:14–15). 273 Alle Menschen werden vomeigenen Gewissen verurteilt, und somit kann kein Mensch sich vor Gottmit seinem Nicht-Wissen entschuldigen. Wegen der Wirkung des imGewissen wirkenden natürlichen Gesetzes ist der Mensch vor sich undvor Gott inexcusabilis, unentschuldbar geworden. 274Nach <strong>Calvin</strong> ist das Gewissen vor allem ein religiöses Empfinden oderWissen, dessen Ziel Gott und eine lebendige Zuneigung zur Gottesverehrungbilden. 275 Zu jenem Ziel kann es gelangen, indem es demMenschen seine tatsächliche Natur zeigt und ihn somit dazu bringt, dasser sich auf die Gnade und Vergebung Gottes verlässt. Es kann aber denMenschen auch zum Unglauben oder zur Furcht bringen, falls es derGnade Gottes nicht begegnet. 276 In seiner vorrangigen Funktion übt dasGewissen also die usus paedagogigus legis aus, wenn es den Menschen zurSuche nach der Gnade Gottes treibt.273 “Siquidem testatur Apostolus, Gentes quae Legem non habent, dum Legis operafaciunt, sibi pro Lege esse, ac ostendere opus Legis scriptum in cordibus suis, testimoniumillis reddente conscientia, et cogitationibus inter se accusantibus, aut excusantibus coramiudicio Dei [Rom. 2. b. 14]” IIii22 — Helm 2004, 371 “But whatever the exact position wasoriginally, whether the knowledge of the natural law was innate or acquired <strong>Calvin</strong> is clearthat at present, in his sinful and fallen condition, man is unable by the exercise of his ownpowers alone (action that is 'natural' in yet another sense) to reacquire and retain theknowledge of God's natural law in its entirety. <strong>Calvin</strong> is emphatic on this point, as <strong>bei</strong>ng theplight of fallen humankind, all ‘in Adam'. Yet he characteristically adds that through thecontinued activity of conscience each man knows enough of God's original, natural law, asa result of which he is rendered inexcusable before God for his sin.”274 "Finis ergo legis naturalis est, ut reddatur homo inexcusabilis." IIii22 — “the law ofnature ultimately places sinful humanity under the verdict, ‘inexcusable’” Hesselink 1992, 59.— Schreiner 1991, 66: “In opposition to Plato, <strong>Calvin</strong> censured the reliance on humnaunderstanding. The knowledge of natural law, <strong>Calvin</strong> argued, disproved the Platonic theorythat sin resulted from ignorance. ... Therefore, coram Deo the knowledge of natural law rendesfallen men and women inexcusable:”275 "His enim verbis vivum esse colendi Dei affectum, sincerumque pie et sancte vivendistudium indicat. ... Itaque sicut opera respectum ad homines habent, ita conscientia ad Deumrefertur:" IIIxix16, IVx4276 "Ipsa praecipue conscientia incumbente peccatorum mole oppressa, nunc secumquerulatur ac gemit, nunc se arguit, nunc tacite fremit, nunc aperte tumultuatur. Sive ergores adversae iram Dei prae se ferunt, sive eius argumentum et materiam conscientia in sereperit, inde tela et machinas ad profligandam fidem icredulitas arripit:" IIIii20, "Unde fit utplus unde timoris et consternationis sentiat conscientia, quam securitatis." IIIxiv20
123Obwohl das Gewissen für <strong>Calvin</strong> vorrangig ein geistliches Empfinden ist,sieht er, dass einige Stellen des Neuen Testaments das Gewissen mit demweltlichen Leben verbinden. <strong>Das</strong> sind zwei Aussagen des Paulus: manmuss der Obrigkeit wegen des Gewissens und nicht wegen der Furcht voreiner Strafe gehorchen (Römer 13:1,5), und er übt sich darin, allezeit einunverletztes Gewissen vor Gott und den Menschen zu haben (Apg. 24:16).Die Zustimmung <strong>Calvin</strong>s zur Wirkung des Gewissens in Verhältnissenzwischen Menschen wird dadurch begrenzt, dass er in den Verhältnissenzwischen Menschen nur äußere Früchte sieht und dass er das eigentlicheZiel des Gewissens auch in zwischenmenschlichen Verhältnissen <strong>bei</strong> Gottzu sein versteht. 277 Den Gehorsam den weltlichen Gesetzen gegenüberbegründet er weder mit den Gesetzen noch mit ihren Inhalten, sondernmit dem allgemeinen Gebot Gottes, dass der Obrigkeit zu gehorchen ist. 278<strong>Das</strong> Gewissen würde dementsprechend nicht bezeugen, dass man gegenein Gesetz verstoßen hat, sondern dass man der Obrigkeit nicht gehorchthat. Zugleich stellt <strong>Calvin</strong> aber fest, dass nicht einmal die guten undgerechten Gesetze, denen zu gehorchen ist, das Gewissen binden. 279 <strong>Das</strong>Gewissen ist nur dem Gebot Gottes verbunden, das allen Obrigkeiten undGesetzen ihre Autorität verleiht.277 “Sed hoc ideo dictum est, quod bona conscientia fructus ad hominews usque manantac perveniunt. Proprie autem loquendo, solum Deum respicit, ut iam dixi.” IIIxix16; s. auchIVx4 — Helm 2004, 378 “So we may conclude from this that although the sensus remains inthe members of fallen humanity the moral aspect of the sensus is more deeply embeddedthan is the metaphysical aspect, though even this does not function equally in all. Forwhereas it is possible to be an atheist, it is usually not possible to avoid the activity of theconscience and conscience is the voice of equity, even though it is a voice that is oftendistorted and out of tune.”278 "Nam si principibus obediendum est non poenae tantum, sed conscientiae causa,inde consequi videtur, in conscientiam quoque dominari principum leges. Quod si verumest, idem et de Ecclesiasticis dicendum erit. Respondeo, primum inter genus et speciem hicdistinguendum. Nam etsi leges singulae conscientiam non attingant, generali tamenpreacepto Dei tenemur, quod magistratuum authoritatem nobis commendat." IVx5279 "Alterum quoque notatu dignum est (quod tamen ex superioribus pendet) legeshumanas, sive a magistratu, sive ab Ecclesia ferantur, tametsi sint observatu necessariae (deprobis et iustis loquor) ideo tamen non ligare per se conscientiam, quia tota observandinecessitas ad generalem finem respicit, non autem consistit in rebus praeceptis." IVx5
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"Porro haec ipsa quae ex duabus tab