6 Betriebliche Gesundheitsförderung ist eine Management - Connexia
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Karl-Franzens-Universität Graz<br />
Gabriele Fellner<br />
Arbeitszufriedenheit erhalten und un-<br />
terstützen durch betriebliche Gesund-<br />
heitsförderung<br />
Abschlussarbeit<br />
Karl-Franzens-Universität Graz<br />
Mag. Daniel Morscher<br />
2012
Karl-Franzens-Universität Graz<br />
Ehrenwörtliche Erklärung<br />
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde<br />
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen<br />
wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit<br />
wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form k<strong>eine</strong>r anderen inländischen oder ausländischen<br />
Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung<br />
entspricht der eingereichten elektronischen Version.<br />
22. März 2012 Gabriele Fellner<br />
2
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung ...................................................................................................................... 5<br />
1.1 Ziel der Arbeit ........................................................................................................ 5<br />
1.2 Fragestellung .......................................................................................................... 6<br />
1.3 Methode .................................................................................................................. 6<br />
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren............................................................ 6<br />
2.1 Begriffsklärung ....................................................................................................... 6<br />
2.2 Einflussfaktoren von Arbeitszufriedenheit ............................................................... 8<br />
2.2.1 Arbeitsklima .................................................................................................... 8<br />
2.2.2 Arbeitsbelastung .............................................................................................. 9<br />
2.2.3 Führungsstil ................................................................................................... 11<br />
2.2.4 Arbeitsorganisation ........................................................................................ 11<br />
2.2.5 Lernkultur ...................................................................................................... 12<br />
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle ............................................................. 12<br />
3.1 Was <strong>ist</strong> Gesundheit? .............................................................................................. 13<br />
3.2 Modelle zur <strong>Gesundheitsförderung</strong>........................................................................ 14<br />
3.2.1 Das biomedizinische Modell .......................................................................... 14<br />
3.2.2 Das Salutogenetische Modell ......................................................................... 15<br />
3.2.3 Das Biopsychosoziale Modell ........................................................................ 16<br />
3.3 Die Entwicklung der Konzeption <strong>Gesundheitsförderung</strong> bis zur Ottawa Charta ..... 17<br />
3.4 Das neue betriebliche Gesundheitsverständnis....................................................... 19<br />
4 Das betriebliche Gesundheitsmanagement ................................................................... 20<br />
4.1 <strong>Betriebliche</strong> Gesundheitsorganisation .................................................................... 21<br />
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> .............................................................................. 22<br />
5.1 Begriffsabgrenzung, Interessen und Ziele .............................................................. 23<br />
3
5.1.1 Prävention ...................................................................................................... 26<br />
5.1.2 Luxemburger Deklaration zur betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> in der<br />
Europäischen Union (1997) ......................................................................................... 26<br />
5.1.3 Demographischer Wandel .............................................................................. 28<br />
6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe ......... 29<br />
6.1 <strong>Management</strong>- und Führungsaufgaben .................................................................... 29<br />
6.2 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> als Unternehmensziel ..................................... 32<br />
6.3 Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Herausforderung ................................ 33<br />
7 Resümee ...................................................................................................................... 37<br />
Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 39<br />
4
1 Einleitung<br />
1 Einleitung<br />
Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>ist</strong> von verschiedenen<br />
Faktoren abhängig und prägt im Wesentlichen den Unternehmenserfolg.<br />
Letztlich geht es um das Ziel, die Arbeitszufriedenheit zu erhalten und zu steigern.<br />
Im Laufe m<strong>eine</strong>r Tätigkeit als Führungsperson konnte ich immer wieder feststellen,<br />
dass in sozialen Einrichtungen die Personal- und Organisationsstrukturen wenig Anreiz und<br />
Möglichkeiten gaben, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Arbeitszufriedenheit zu<br />
fördern.<br />
Auf m<strong>eine</strong>r Recherche nach geeigneter Literatur im Bereich der Arbeits- und<br />
Mitarbeiterzufriedenheit, wurde ich zunehmend auf die Wichtigkeit der betrieblichen<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> aufmerksam.<br />
In m<strong>eine</strong>r Arbeit stelle ich die betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> in den Mittelpunkt für die<br />
Erhaltung und Unterstützung der Arbeitszufriedenheit.<br />
1.1 Ziel der Arbeit<br />
In dieser Arbeit möchte ich unterschiedlich wichtige Einflussfaktoren der<br />
Arbeitszufriedenheit aufzeigen, sowie die Herausforderung und den Nutzen der betrieblichen<br />
Gesundheitsvorsorge für m<strong>eine</strong> Führungsarbeit näher analysieren.<br />
Das Beleuchten der geschichtlichen Entwicklung der Konzeption <strong>Gesundheitsförderung</strong> bis<br />
zur Ottawa Charta sowie theoretische Grundlagen und Modelle der Gesundheit in der<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> sollen die Wissenslücken der Thematik schließen, den Nebel lichten<br />
und die Bedeutsamkeit der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> unterstreichen.<br />
In unserer täglichen Arbeit sind wir immer mit Krankheit konfrontiert. Doch was <strong>ist</strong><br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong>?<br />
5
1.2 Fragestellung<br />
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren<br />
1. Was muss aus Sicht der Führung bei der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> beachtet<br />
werden?<br />
2. Welche wichtigen Aspekte beinhaltet Arbeitszufriedenheit im Kontext mit der<br />
betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong>?<br />
1.3 Methode<br />
Durchführung <strong>eine</strong>r systematischen Literaturrecherche welche anhand folgender Kriterien<br />
erfolgte (vgl. Frank 2008, S 64): Ausgewählte Fachliteratur aus dem Bereich<br />
Arbeitszufriedenheit, betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> und <strong>Management</strong>aufgabe.<br />
Auf m<strong>eine</strong> Fragestellung der Arbeitszufriedenheit wurde ich nur begrenzt fündig. Sehr oft<br />
wurde die betriebliche Gesundheitsvorsorge im Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit<br />
genannt. Ein Teil der Literatur wurde aus Querverweisen in Fachbüchern gefunden, sowie<br />
aus Internetquellen verwendet. In m<strong>eine</strong>r Literatur nehme ich Bezug auf den<br />
deutschsprachigen Raum.<br />
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren<br />
In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, welche möglichen Einflussfaktoren auf die<br />
Zufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirken können.<br />
Es bleibt festzustellen, wie Arbeitszufriedenheit mit und durch Führungsqualität entsteht und<br />
positiv wie auch negativ gefördert und beeinflusst werden kann.<br />
2.1 Begriffsklärung<br />
In der Literatur lassen sich für den Oberbegriff „Arbeitszufriedenheit,<br />
Mitarbeiterzufriedenheit und Personalzufriedenheit“ k<strong>eine</strong> eindeutigen Begriffsklärungen<br />
finden.<br />
6
Arbeitsinhalte, wie zum Beispiel<br />
� Tätigkeiten<br />
� Arbeitsabläufe<br />
� Arbeitsbedingungen<br />
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren<br />
� Arbeitsumfeld (zum Beispiel Organisation, Verantwortung, Entlohnung und<br />
Karriereperspektiven)<br />
sind Teilaspekte der Arbeitszufriedenheit.<br />
Arbeitszufriedenheit <strong>ist</strong> ein Gleichgewichtszustand, der durch <strong>eine</strong>n hohen Grad an<br />
Übereinstimmung zwischen Erwartung, Ansprüchen bzw. Werten der Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter und Merkmalen ihrer Arbeitssituation bestimmt <strong>ist</strong>. Arbeitszufriedenheit<br />
manifestiert <strong>eine</strong> wertende Einstellung zur eigenen Arbeit hinsichtlich der Befriedigung <strong>eine</strong>r<br />
ganzheitlichen Erlebnisqualität. Wird diese nicht erfahren, tritt Arbeitsunzufriedenheit und<br />
Demotivation ein.<br />
Die Arbeitszufriedenheit <strong>ist</strong> in diesem Sinne:<br />
� Ein amotivationaler Begriff, da Motive Mitauslöser von Verhalten sind,<br />
welche ein ausgeglichenes, emotionales Empfinden anstreben<br />
� Ein dynamischer Begriff, da die Arbeitszufriedenheit an die jeweilige<br />
Anspruchsniveaus der individuellen Erwartung gekoppelt <strong>ist</strong><br />
� Ein relationaler und wertender Begriff, da die Arbeitszufriedenheit als<br />
Ergebnis inter-individueller Vergleichs- und Bewertungsprozesse entsteht.<br />
Arbeitszufriedenheit <strong>ist</strong> dabei immer im Zusammenhang mit der Lebens- und<br />
Berufszufriedenheit zu sehen. (vgl. Bruggemann/Groskurth/Ulrich 1975, Fischer 1989,<br />
Becker1994, Wunderer 2011, S 613 )<br />
Die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. Personal (als<br />
Mitarbeiter- bzw. Personalzufriedenheit) <strong>ist</strong> nach Bröckermann (2007, zitiert in Mahler 2007,<br />
S 4) ein emotionaler Zustand, der eintritt, wenn aufgrund <strong>eine</strong>s motivierten Arbeitsverhalten<br />
gehegte oder erwartete Ansprüche und Konsequenzen erfüllt oder übertroffen werden. Olfert<br />
(2006, zitiert in Mahler 2007, S 4) bezeichnet sie als positiven Eindruck subjektiver<br />
Bewertung der Arbeitsbedingungen und eigenen Arbeit.<br />
Richter (1999, zitiert in Mahler 2007, S 4) beschreibt, dass sich die Arbeitszufriedenheit der<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in deren Einstellung zu Betrieb und Vorgesetzten, im<br />
7
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren<br />
Sozialverhalten zu anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie in deren<br />
Le<strong>ist</strong>ungsbereitschaft und „Goodwill“ widerspiegelt.<br />
Die Arbeitszufriedenheit <strong>ist</strong> ein subjektives Konstrukt jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes<br />
einzelnen Mitarbeiters. Sie <strong>ist</strong> daher kaum objektivierbar. Allerdings lassen sich bestimmte<br />
Größen auf die Arbeitszufriedenheit zurückführen, selbst wenn sie nicht plausibel darstellbar<br />
sind.<br />
Dies sind Faktoren wie:<br />
� Fluktuationsquote<br />
� Arbeitsproduktivitätsquoten<br />
� Fehlzeitenquote<br />
� Beschwerdequote<br />
Zusammenhänge zwischen Arbeitszufriedenheit und Handlungsqualität, Le<strong>ist</strong>ung,<br />
Unternehmensbindung, Arbeitsmotivation usw. sind empirisch nachweisbar (Bröckermann<br />
2007, Hänggi et al 2007, Fischer 2006, Olfert 2006, Wenderlein 2005, von Rosenstiel et al<br />
2005, zitiert in Mahler 2007, S 4)<br />
Wegger (2007, zitiert in Mahler 2007, S 4) zeigt auf, dass Arbeitszufriedenheit als<br />
Einstellung <strong>eine</strong>r Person mit kognitiven und affektiven Komponenten auf Gesundheit und<br />
Le<strong>ist</strong>ung dieser Person Einfluss nimmt. Insbesondere die emotionalen Aspekte bzw.<br />
affektiven Erlebnisse im Arbeitsprozess und der Arbeitsumwelt können als Ursache von<br />
Arbeitszufriedenheit bzw. Arbeitsunzufriedenheit angesehen werden. Diese haben große<br />
Auswirkung auf Wohlbefinden, Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit und Motivation.<br />
2.2 Einflussfaktoren von Arbeitszufriedenheit<br />
2.2.1 Arbeitsklima<br />
Ein positives Arbeitsklima kann sehr stark zur Arbeitszufriedenheit beitragen und wird durch<br />
verschiedene Faktoren positiv oder negativ beeinflusst.<br />
8
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren<br />
Aspekte wie Motivation, Kommunikation, Ziele, Förderung, Kooperation, Verantwortung,<br />
Fairness, Qualität, Transparenz, Teilhaben, Autonomie, Berufsethos, sozialer Umgang<br />
fördern ein positiv erlebtes Arbeitsklima.<br />
Arbeitsklima besteht überwiegend aus sozial-kommunikativen und interaktiven Beziehungs-,<br />
Verhaltens- und Kooperations- bzw. Zusammenarbeitsdimensionen. Insbesondere die<br />
Kommunikationsweisen untereinander im Team und betriebsintern sowie der Führungskräfte<br />
zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bestimmend für das wahrgenommene<br />
Betriebsklima (vgl. Hänggi 2007, Richter 1999, zitiert in Mahler 2007, S 8)<br />
Der Einfluss <strong>eine</strong>s positiv erlebten Arbeitsklimas wirkt sich bei Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern auf die<br />
� Arbeitszufriedenheit<br />
� Arbeitseinstellung<br />
� Le<strong>ist</strong>ungsbereitschaft<br />
� Wohlbefinden<br />
� und der Identifikation mit dem Unternehmen aus.<br />
Dagegen fördert ein negativ erlebtes Arbeitsklima<br />
� Fluktuation<br />
� Fehlzeiten<br />
� innere Kündigung<br />
� Frustration<br />
� Abwehr und Resignation.<br />
Diesbezüglich besteht nachweislich <strong>eine</strong> signifikante Verbindung von Arbeitseinstellung,<br />
Wohlbefinden, und Le<strong>ist</strong>ung. (vgl. Schmid 2007, Mahler A. 2007, S 8)<br />
„Somit stellt es <strong>eine</strong> Führungsaufgabe dar, für ein gutes Arbeitsklima Sorge zu tragen. Denn<br />
das Vorleben angemessener Kommunikation, Kooperation und Interaktion sowie der<br />
Erbringung akzeptabler und fairer Arbeitsbedingungen wie auch weitest gehender Schaffung<br />
von Möglichkeiten der Entfaltung von Kompetenz und Interessen sind besondere Grundlage<br />
für ein gutes Arbeitsklima.“ ( Mahler 2007, S 8)<br />
2.2.2 Arbeitsbelastung<br />
Jede einzelne Mitarbeiterin und jeder einzelne Mitarbeiter empfindet Belastung anders.<br />
9
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren<br />
Um nun zunächst die spezifischen Belastungen in der Pflege zu identifizieren, muss man sich<br />
klar machen, was den Kern der Le<strong>ist</strong>ung, also die Hauptaufgabe der Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter darstellt.<br />
Elementarer Bestandteil der Dienstle<strong>ist</strong>ungstätigkeit in der Pflege <strong>ist</strong> – wie in vielen<br />
Dienstle<strong>ist</strong>ungen – die Interaktion mit den Kundinnen und den Kunden oder den Patientinnen<br />
und Patienten. Das Zusammenspiel zwischen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern und<br />
Patientinnen/Patienten stellt also die wichtigste Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
dar, sie wird gewissermaßen „mitgekauft“. Es soll positiv auf das Befinden der Patientinnen<br />
und Patienten eingewirkt und auf diese Weise deren Zufriedenheit erhöht sowie die Le<strong>ist</strong>ung<br />
verbessert werden. Im Vordergrund steht die emotionale Beziehung zwischen<br />
Patientinnen/Patient und Personal, deren Gestaltung häufig <strong>eine</strong> Belastung mit sich bringt, die<br />
als „emotionale Arbeit“ bezeichnet wird. (vgl. Rotzen 2005, S 12)<br />
Arbeitsbelastung wird nicht unbedingt als negativ empfunden. Priester (1993, zitiert in<br />
Wenderlein 2005, S 78) fasst den Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und<br />
Belastung wie folgt zusammen: „In dem Maße, wie die Anforderungen und Zumutungen in<br />
der Arbeitswelt, mit denen die Menschen konfrontiert werden, vorhersehbar sind und<br />
eingeordnet werden können, wie Reaktions- und Eingriffsmöglichkeiten bestehen bzw.<br />
Chancen zur Einflussnahme auf Entwicklung und Ereignisse gegeben sind und wie<br />
Möglichkeiten bestehen unter diesen Bedingungen individuelle oder kollektive Ziele<br />
anzustreben und auch zu erreichen, bleibt Individuen und Gruppen von Menschen auch unter<br />
hohen Belastungen gesund.“<br />
Arbeitsunzufriedenheit bedingt durch zwischenmenschliche Diskrepanz im Team und zur<br />
Führung wird allgemein von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wesentlich belastender<br />
empfunden als andere Faktoren und Aspekte.<br />
„Damit <strong>ist</strong> es nachweislich <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>aufgabe die Mitarbeiterressourcen und die<br />
Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch angemessenes <strong>Management</strong><br />
der Arbeitsbelastung und Anforderungen zu steuern.“ ( Mahler 2007, S 9)<br />
10
2.2.3 Führungsstil<br />
2 Arbeitszufriedenheit und deren Einflussfaktoren<br />
Eindeutige empirische Erkenntnisse weisen nach, dass der Führungsstil sehr bedeutenden<br />
Einfluss auf die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat. Ein sogenannter<br />
kooperativer und demokratischer Führungsstil hat nachgewiesene betriebswirtschaftliche<br />
Vorteile und besseres Arbeitsklima zur Folge (Wunderer 2003, zitiert in Mahler 2007, S 10)<br />
Das Vorgesetztentun stellt damit <strong>eine</strong> der wichtigsten Schlüsselfaktoren der Zufriedenheit der<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dar. Im Vergleich zu Führungsstil und Führungsqualität<br />
sind die sozialen Komponenten bzw. die soziale Unterstützung, die Wertschätzung und<br />
Motivation sowie Anreiz- bzw. Belohnungssystem für die Arbeitszufriedenheit der<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bedeutung. Damit lässt sich nachweisen, dass<br />
Führungsstil und Führungsqualität auf Grund der integralen, sozialen und kontextuellen<br />
Faktoren auch maßgebliche Auswirkungen auf Fehlzeiten und Fluktuation von<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat.<br />
Laut Wenderlein, (2005, zitiert in Mahler 2007, S 13) wird deutlich, dass das <strong>Management</strong><br />
bzw. die Führung deutliche Einflussmöglichkeiten zur Förderung von Arbeitszufriedenheit<br />
hat. Damit wird es zur Aufgabe des <strong>Management</strong>s bewusst und gezielt positiven Einfluss auf<br />
die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu nehmen, denn dafür sind gerade<br />
die Führung und die Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und dem Team auf Grund<br />
ihrer sozial-kommunikativen Dimensionen der wichtigste Ansatzpunkt.<br />
2.2.4 Arbeitsorganisation<br />
Eine Organisation <strong>ist</strong> zielgerichtet, Teilbereiche können sein:<br />
� Aufbauorganisation<br />
� Ablauforganisation<br />
� Organisationskultur<br />
� Führungsstil<br />
� Personalstruktur<br />
� Programmstruktur und<br />
� Qualifikationsprogramm<br />
11
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
Die Arbeitsorganisationen sollten nach bestimmten Kriterien ausgerichtet sein,<br />
Eigenbeteiligung, verantwortliche Tätigkeiten und Autonomie möglich machen, um<br />
Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern und zu schaffen. Ungenügende<br />
Mitwirkungsangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu wenig flache Hierarchien,<br />
mangelhafter Informationsfluss, fehlende oder nicht partnerschaftliche Kommunikation<br />
können als schwerwiegende Führungsfehler angesehen werden.<br />
Qualifizierte Mitarbeiter möchten ihre Eigenverantwortung zeigen und ihre Kreativität, Ideen<br />
und Kompetenz einbringen können. Sie möchten angemessen gefördert und eingesetzt<br />
werden. (vgl. Mahler 2007, S 11)<br />
2.2.5 Lernkultur<br />
Eine Lernkultur <strong>ist</strong> gerade in den heutigen, schnell fortschreitenden Zeiten ein wichtiger<br />
Faktor zur Förderung und Erhaltung von Arbeitszufriedenheit und Gesundheit. Wissen und<br />
Anforderungen ändern sich permanent und können zu Stress und Überforderung führen. Zur<br />
Bewältigung und Erfassung von Kompetenzanforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
<strong>ist</strong> es in unserer Zeit unvermeidbar, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über <strong>eine</strong>n guten<br />
Wissens- und Informationsstand verfügen. Dazu gehört auch das Lernen aus Fehlern<br />
(Risikomanagement) und die Einbringung persönlicher Erfahrungswerte (Erfahrungswissen).<br />
Im Sinne <strong>eine</strong>r lernenden Organisation <strong>ist</strong> die Förderung und Entwicklung der<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie das Leben und Gestalten von Lernkultur <strong>eine</strong> zentrale<br />
Aufgabe der Führung.<br />
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
In diesem Abschnitt wird versucht „Licht in das Dunkel“ der Begrifflichkeiten von<br />
Gesundheit und den verschiedenen Gesundheitsmodellen zu bringen.<br />
Jeder von uns kann zum Thema „Gesundheit“ etwas sagen und jeder von uns glaubt zu<br />
wissen, was gesund und ungesund <strong>ist</strong>, welche Ernährung und Sportarten, welche<br />
Entspannungstechniken und Arbeitsbedingungen – und was wir für ein langes und gutes<br />
Leben benötigen und mit welchen Maßnahmen wir es fördern können.<br />
12
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
In der heutigen Zeit werden wir von den Medien mit Gesundheitsberichten und<br />
Gesundheitstipps, Büchern und Gesundheitsratgebern überflutet.<br />
Hinzu kommen die vielen persönlichen Erfahrungen, die jede und jeder von uns mit sich<br />
selbst oder mit Menschen aus dem näheren Umfeld von Gesundheit und Krankheit gemacht<br />
haben. Gerade diese persönlichen Erfahrungen prägen und beeinflussen das<br />
Gesundheitsverständnis und Gesundheitsverhalten weitaus mehr als die wissenschaftlichen<br />
Fachberichte.<br />
Diese unglaubliche Vielfalt von angesammelten Informationen, Grundsätzen und<br />
Einstellungen zum Thema Gesundheit, die geschichtlichen Hintergründe und<br />
Weiterentwicklungen machen es notwendig <strong>eine</strong> Definition dafür zu finden, was Gesundheit<br />
eigentlich <strong>ist</strong>.<br />
3.1 Was <strong>ist</strong> Gesundheit?<br />
Das Wort Gesundheit stammt vom germanischen (ga)sunda ab, das so viel bedeutet wie stark<br />
und kräftig.<br />
Die wohl bekannteste und umfassendste Definition von Gesundheit <strong>ist</strong> sicher die der<br />
Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1946:<br />
„ Gesundheit <strong>ist</strong> der Zustand des vollständigen körperlichen, psychischen und sozialen<br />
Wohlbefindens und nicht nur das Frei-sein bei Krankheit und Gebrechen…Gesundheit wird<br />
von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen: dort wo sie spielen, lernen und<br />
arbeiten und lieben…Die Art und Weise, wie <strong>eine</strong> Gesellschaft die Arbeit, die<br />
Arbeitsbelastungen und die Freizeit organisieren, sollte <strong>eine</strong> Quelle der Gesundheit und nicht<br />
der Krankheit sein…Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen:<br />
dort wo sie spielen, lernen und arbeiten und lieben.“ ( Schneider 2011, S 28)<br />
Mit 1987 folgte <strong>eine</strong> Erweiterung der Definition durch die WHO:<br />
„Gesundheit <strong>ist</strong> die Fähigkeit und Motivation, ein wirtschaftlich und sozial aktives Leben zu<br />
führen.“<br />
Gesundheit beschreibt <strong>eine</strong>n Zustand auf verschiedenen Ebenen. Gesundheit beinhaltet also<br />
nicht nur die rein körperliche Unversehrtheit, sondern auch <strong>eine</strong> als gut empfundenen<br />
psychischen Zustand und ein befriedigendes Gefühl auf der sozialen Ebene. Der<br />
13
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
Gesundheitswissenschaftler Klaus Hurrelmann definiert dementsprechend Gesundheit auch<br />
als Balance zwischen inneren Möglichkeiten und Zielen und äußeren Lebensbedingungen.<br />
(vgl. Gesundheit )<br />
3.2 Modelle zur <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
Wie es unterschiedliche Gesundheitsdefinitionen gibt, so findet man auch in der<br />
Gesundheitswissenschaft zahlreiche Gesundheitsmodelle.<br />
Prozesse zur Entstehung und Erhaltung von Gesundheit werden beschrieben und alle Modelle<br />
stellen Gesundheit in ihrer Beziehung zur Krankheit dar.<br />
Zum besseren Verständnis möchte ich die aus m<strong>eine</strong>r Sicht wichtigsten Gesundheitsmodelle<br />
gegenüberstellen.<br />
3.2.1 Das biomedizinische Modell<br />
Dieses Modell hat die Prävention und Therapie des letzten Jahrhunderts stark geprägt und<br />
wurde entwickelt um das Auftreten von bestimmten Krankheiten erklären zu können.<br />
Das biomedizinische Modell <strong>ist</strong> pathogenetisch orientiert und beschäftigt sich primär mit der<br />
Krankheit (Pathos). Chemische, biologische oder physikalische Noxen wirken auf den<br />
gesunden Menschen ein, welche zu <strong>eine</strong>r Struktur- und Funktionsstörung führen. Aber nicht<br />
bei allen Krankheiten lassen sich eindeutig Noxen feststellen, sondern werden durch<br />
vielfältige Risiken verursacht oder begünstigt.<br />
Man orientiert sich an rein biologischen Faktoren: Blutwerte, Röntgenbefunde, Herz-<br />
Kreislauf-Werte oder verschiedene Organfunktionsparametern. Den Befindlichkeiten des<br />
Menschen wird kaum Achtung geschenkt.<br />
„Eine Krankheitsursache wird grundsätzlich im Individuum gesehen, Interaktionen mit der<br />
sozialen Umwelt oder psychische Prozesse werden nicht oder nur wenig berücksichtigt. Das<br />
Krankheitsgeschehen wird durch das Vorliegen bestimmter Risikofaktoren verursacht oder<br />
begünstigt. Daher sollte die Prävention möglicher schädlicher (biologische) Einflüsse<br />
ausgeschaltet werden. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass durch die Eliminierung<br />
schädlicher Einflussfaktoren Gesundheit hergestellt wird. In der Tat konnten mit dem<br />
14
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
biomedizinischen Modell bestimmte Krankheiten im Keim erstickt werden. Der klassische<br />
Arbeitsschutz <strong>ist</strong> ein Beispiel für <strong>eine</strong> wertvolle biomedizinische Vorgehensweise in der<br />
betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> .Die typischen Maßnahmen der <strong>Gesundheitsförderung</strong> im<br />
biomedizinischen Modell sind Aufklärung hinsichtlich Ernährung, Bewegung, Rauchen,<br />
Drogen, Hygieneregeln und der Einsatz von Impfungen.“ (Schneider 2011, S 29)<br />
3.2.2 Das Salutogenetische Modell<br />
Entwickelt von Aaron Antonovsky (1923 – 1994), steht bei ihm vordergründig die<br />
Gesundheit und nicht die Krankheit im Fokus. Dem salutogenetischen Modell liegt die<br />
Vorstellung <strong>eine</strong>s Gesundheits- Krankheits- Kontinuum zugrunde.<br />
Antonovsky war fasziniert von s<strong>eine</strong>r Beobachtung, dass durch extrem widrige und<br />
belastende Lebensumstände (Gefangenschaft in <strong>eine</strong>m Konzentrationslager) einige Menschen<br />
erstaunlich gesund und psychisch stabil geblieben sind. Für sein beschriebenes<br />
Kohärenzgefühl, welches er durch psychologische Tiefeninterviews erlangte, filterte er<br />
bestimmte Lebenseinstellungen und Glaubenssysteme heraus, die die Menschen vor<br />
Krankheit schützten.<br />
Dieses Kohärenzgefühl umfasst drei unterschiedliche innere Zustände, beziehungsweise<br />
Fähigkeiten, die ein umfassendes und überdauerndes Gefühl des Vertrauens erzeugen.<br />
Kohärenzsinn lässt sich mit <strong>eine</strong>m Fragebogen messen. In verschiedenen Studien konnte<br />
belegt werden, dass ein hoher Kohärenzsinn mit <strong>eine</strong>m guten Gesundheitsstand verknüpft <strong>ist</strong>.<br />
1. Verstehbarkeit: Innere und äußere Umweltreize und Ereignisse sind strukturiert<br />
vorhersehbar. Für das Individuum wichtige Informationen sind geordnet, strukturiert<br />
und in sich schlüssig.<br />
2. Machbarkeit: Es sind Ressourcen verfügbar, um die anstehenden Anforderungen<br />
bewältigen zu können.<br />
3. Sinnhaftigkeit: Gestellte Anforderungen werden als Herausforderungen gesehen und<br />
als Sinn für den Betroffenen gesehen. Es handelt sich um <strong>eine</strong> emotionale<br />
Komponente, bei der das Individuum erkannt hat, dass es sich lohnt, sich für <strong>eine</strong><br />
bestimmte Entwicklung zu engagieren.<br />
Das salutogenetische Modell kann zu <strong>eine</strong>m erweiterten Verständnis von Gesundheit<br />
beitragen und <strong>ist</strong> vor allem als Denkmodell zum Thema Führung und Gesundheit hilfreich.<br />
15
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
Unterschiedliche Probleme am Arbeitsplatz können mit Hilfe der Faktoren Verstehbarkeit,<br />
Machbarkeit und Sinnhaftigkeit analysiert werden. Die Beurteilungskriterien verhelfen zu<br />
<strong>eine</strong>m besseren Verständnis in Stresssituationen und Lösungsansätze können gefunden<br />
werden. In s<strong>eine</strong>r Anwendbarkeit <strong>ist</strong> es jedoch begrenzt, da es als alleinige Erklärung für<br />
Gesundheit und Krankheit am Arbeitsplatz nicht ausreicht. (vgl. Schneider 2011, S 31)<br />
3.2.3 Das Biopsychosoziale Modell<br />
Georg L. Engel, ein amerikanischer Psychiater, publizierte 1977 <strong>eine</strong>n bahnbrechenden<br />
Artikel, in dem er das biomedizinische Modell heftig kritisierte und diesem ein neues,<br />
nämlich das biopsychosoziale Modell entgegenstellte. Kritisch betrachtete er an der Medizin,<br />
dass sie an <strong>eine</strong>m Krankheitsmodell festhalte, welches den wissenschaftlichen Aufgaben und<br />
der sozialen Verantwortung von Medizin nicht mehr gerecht werde. Im biomedizinischen<br />
Modell sei Krankheit nur durch somatische Parameter definiert und dabei würden<br />
psychosoziale Probleme bedeutungslos. Für Krankheit sei nicht nur ein biochemischer Defekt<br />
verantwortlich. Engel erachtete die Lebensumstände als bedeutsame Variable für die<br />
Beeinflussung des Krankheitsverlaufs.<br />
„Engel hatte den Nerv der Zeit getroffen, da er <strong>eine</strong> Kritik formulierte, die von vielen<br />
getragen wurde. Die Biomedizin, die mit ihren Paradigma so lange ihren Platz verteidigen<br />
konnte, hatte zu <strong>eine</strong>r einseitigen Betonung der pathophysiologischen Erklärungsansätze für<br />
die Krankheit geführt, die nun aus verschiedenen Richtungen kritisiert wurden.“ ( Ruckstuhl<br />
2011, S 47)<br />
Dieses Gesundheitsmodell bildet die Basis für das Verständnis von Gesundheit und<br />
Krankheit. Biologische, psychische und soziale Faktoren sowie Risiken spielen dabei <strong>eine</strong><br />
tragende Rolle. Hinzu kommen Schutzfaktoren wie zum Beispiel ein hoher sozialer Status,<br />
psychische Widerstandskräfte oder ein gesunder Lebensstil. Diese werden gegenübergestellt<br />
und bei <strong>eine</strong>m Ungleichgewicht zwischen Risiko- und Schutzfaktoren entsteht Krankheit.<br />
So kann zum Beispiel der Kopfschmerz, der mit biomedizinischen Daten (Röntgenbefunde,<br />
Computertomografie und Blutwerte) objektivierbar <strong>ist</strong>, durchaus auch durch psychische und<br />
soziale Einflüsse begründbar sein. Umgekehrt können psychische Beeinträchtigungen oder<br />
16
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
Beschwerden biologisch Mitverursacher sein. Symptom- und Verursachungsebene stehen<br />
damit nicht immer miteinander in Bezug.<br />
Das systemische Anforderungs- und Ressourcenmodell (SAR-Modell) <strong>ist</strong> <strong>eine</strong><br />
Ausdifferenzierung des biopsychosozialen Modells und gründet auf <strong>eine</strong>r systemischen<br />
Sichtweise. Subjektive und biologische Gesundheitsparameter stehen gleichrangig<br />
nebeneinander. Das Zusammenspiel zwischen Umwelt und Individuum steht im Fokus der<br />
Betrachtung. (vgl. Schneider 2011, S 31-32)<br />
3.3 Die Entwicklung der Konzeption <strong>Gesundheitsförderung</strong> bis zur<br />
Ottawa Charta<br />
Der gesellschaftliche Wandel, welche alle Bereiche erfasste, sowie die Diskussionen und<br />
Auseinandersetzungen der 1970er Jahre brachte ein Umdenken in Verbindung mit anderen<br />
Vorstellungen und Werten bezüglich Gestaltungsmöglichkeiten sozialer und persönlicher<br />
Freiräume. Altes wurde in Frage gestellt und auch das Gesundheitswesen mit s<strong>eine</strong>n<br />
Fehlentwicklungen wurde kritisiert. Eine neue „Gesundheitsbewegung“ wurde geboren.<br />
Die neuen sozialen Bewegungen kämpften nicht um <strong>eine</strong> bessere Verteilung von Gütern, es<br />
ging ihnen nicht um die Teilhabe am Reichtum, wie in der Regel von Parteien oder<br />
Gewerkschaften vertreten, sondern es waren immaterielle Forderungen, die im Vordergrund<br />
stand:<br />
� mehr Lebensqualität<br />
� Abbau gesellschaftlicher Hierarchien<br />
� Demokratisierung<br />
� Gleichstellung der Frau. ( vgl. Ruckstuhl 2011, S 61)<br />
Mit der Internationalen Konferenz im Jahre 1978 von Alma Ata (damalige Sowjetunion)<br />
wurden neue Wege mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die Entwicklung des<br />
Konzepts Primäre Gesundheitsversorgung bzw. das Ziel der Gesunderhaltung des Menschen,<br />
beschritten.<br />
Ausgangslage für das neue Konzept der Primären Gesundheitsversorgung war das<br />
Ungleichgewicht von Gesundheit in den Industrie – und Entwicklungsländern.<br />
17
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
Obwohl sich einige Industrieländer davon d<strong>ist</strong>anzierten, da sie das Konzept Primäre<br />
Gesundheitsversorgung in erster Linie als ein Konzept für nicht industrialisierte Länder<br />
sahen, wurde das Dokument zu <strong>eine</strong>m Referenzdokument, welches für neue Programme und<br />
Projekte die Grundlage gab.<br />
Aber auch die Jahre zwischen 1980 und 1985 waren für die Entwicklung des Konzepts<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> von großer Bedeutung bis 1986 die erste Internationale Konferenz zur<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> abgehalten werden konnte.<br />
„Die erste Internationale Konferenz zur <strong>Gesundheitsförderung</strong> hat am<br />
21. November 1986 in Ottawa die folgende Charta verabschiedet.<br />
Sie rief damit auf zu aktivem Handeln für das Ziel „Gesundheit für alle“ bis zum Jahr 2000<br />
und darüber hinaus.<br />
Die Konferenz verstand sich in erster Linie als <strong>eine</strong> Antwort auf die wachsenden<br />
Erwartungen an <strong>eine</strong> neue öffentliche Gesundheitsbewegung. Die Diskussion befasste sich<br />
vorrangig mit Erfordernissen in Industrieländern, es wurden aber auch Probleme aller<br />
anderen Regionen erörtert. Dazu wurden folgende grundlegend wichtigen Fakten zum Thema<br />
Gesundheit zusammengetragen und vereinbart.<br />
� <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
� Voraussetzungen für die Gesundheit<br />
� Befähigen und ermöglichen<br />
� Vermitteln und vernetzen<br />
� Aktives, gesundheitsförderndes Handeln erfordert die Entwicklung <strong>eine</strong>r<br />
Ziele der Konferenz:<br />
gesundheitsfördernden Gesamtpolitik<br />
Füreinander Sorge zu tragen, Ganzheitlichkeit und ökologisches Denken sind Kernelemente<br />
bei der Entwicklung von Strategien zur <strong>Gesundheitsförderung</strong>.<br />
Die Konferenzteilnehmer riefen dazu auf, sich in diesem Sinne zu <strong>eine</strong>r starken Allianz zur<br />
Förderung der öffentlichen Gesundheit zusammenzuschließen. Die Konferenz ersuchte die<br />
Weltgesundheitsorganisation und alle anderen internationalen Organisationen, für die<br />
Förderung von Gesundheit Partei zu ergreifen und ihre einzelnen Mitgliedsländer dabei zu<br />
unterstützen, Strategien und Programme für die <strong>Gesundheitsförderung</strong> zu entwickeln. (vgl.<br />
Ottawa Charta zur <strong>Gesundheitsförderung</strong>)<br />
18
3 Gesundheitsbegriffe und Gesundheitsmodelle<br />
3.4 Das neue betriebliche Gesundheitsverständnis<br />
Weg von <strong>eine</strong>r eindimensionalen Sichtweise und Verstehen von Gesundheit sollen das neue<br />
betriebliche Gesundheitsverständnis charakterisieren. Der Mensch besteht aus Körper, Ge<strong>ist</strong><br />
und Seele und <strong>ist</strong> eingebettet in s<strong>eine</strong>m sozialen Umfeld. Da diese in <strong>eine</strong>m wechselseitigen<br />
Spannungsfeld stehen, muss auch die betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> von <strong>eine</strong>m<br />
ganzheitlichen Konzept ausgehen. Unsere Arbeitsle<strong>ist</strong>ung und Arbeitsqualität wird von dem<br />
Wechselspiel von Körper, Ge<strong>ist</strong> und Seele abhängig gemacht. Demnach darf sich die<br />
betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> nicht nur auf die betrieblichen Störfaktoren beschränken,<br />
sondern muss sich auch mit dem privaten und sozial–ökologischen Gegebenheiten<br />
auseinander setzen.<br />
„<strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> also ein Netzwerk persönlicher und systematischer<br />
Gesundheitsentwicklung, Personal- und Organisationsentwicklung, mitarbeiterorientierter<br />
Gesundheitspflege und betrieblichem Gesundheitsmanagement. Das Krankheitspanorama hat<br />
sich erheblich verändert. Neben der erhöhten Zahl sogenannter Muskel- und<br />
Skeletterkrankungen („Kreuzweh“) nehmen die chronischen Erkrankungen (z.B. Diabetes,<br />
Herz- Kreislauf) und die psychomentalen Gesundheitsstörungen (Nervosität, innere<br />
Anspannung, Schlaflosigkeit, depressive Verstimmung u.a.) zu. Es entsteht ein neues<br />
Verständnis für betriebliche Gesundheitsentwicklung.“ ( Decker 2011, S 43-44)<br />
Der traditionelle Arbeitsschutz kann den Herausforderungen der unspezifischen,<br />
multifaktoriell verursachten Gesundheitsstörungen nichts mehr entgegensetzen. Aus diesem<br />
Grund benötigt man <strong>eine</strong> präventive Aufklärung über Lebensweise und Gesundheitsschutz<br />
am Arbeitsplatz, Förderung der Selbststärkungskräfte und der Fähigkeit, frühzeitig<br />
Belastungen zu erkennen und durch bestimmte Maßnahmen auszugleichen (z.B.<br />
Stressbalance, Energiebalance), bevor unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter<br />
funktionellen Störungen oder Krankheiten leiden.<br />
Das neue Konzept von <strong>Gesundheitsförderung</strong> beinhaltet sowohl Verhaltensentwicklung als<br />
auch Verhaltensprävention. Die Schwerpunktbereiche der betrieblichen<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> haben sich verlagert, alte Paradigmen von Gesundheit und Krankheit<br />
wurden durch die neue Betrachtungsweise, den Körper als ganzheitliches dynamisches<br />
System zu sehen, ersetzt.<br />
Im Zentrum <strong>eine</strong>r zukünftigen <strong>Gesundheitsförderung</strong> und Betrachtung, steht der Prozess der<br />
Selbstveränderung. Neue Vorstellungen von Lebensweisen, das Denken zu ändern und die<br />
19
4 Das betriebliche Gesundheitsmanagement<br />
eigene, innere Kraft zu mobilisieren, wird als neuer Inhalt der betrieblichen<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> gesehen. (vgl. Decker 2011, S 45-50)<br />
4 Das betriebliche Gesundheitsmanagement<br />
Eine Definition von betrieblichem Gesundheitsmanagement und betrieblicher<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> erscheint unabdingbar und ermöglicht so erst <strong>eine</strong> weitere strukturierte<br />
Vorgehensweise bei der Umsetzung <strong>eine</strong>r betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> für<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>eine</strong>s Unternehmens.<br />
Für den Experten <strong>ist</strong> diese Differenzierung selbstverständlich, in der Praxis längst nicht<br />
gegeben. Ein Einheitliches Verständnis und die Erleichterung der Kommunikation durch <strong>eine</strong><br />
gemeinsame Sprache können im Vorfeld Missverständnisse und Konflikte minimieren.<br />
Gesundheit, Wohlbefinden und Arbeitszufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
muss als Führungsaufgabe wahrgenommen werden, bei den sich rasch ändernden<br />
Arbeitsbedingungen <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> verstärkte Orientierung an den Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern unumgänglich.<br />
<strong>Betriebliche</strong>s Gesundheitsmanagement <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> strategische <strong>Management</strong>aufgabe und<br />
umfasst die Steuerung und Verknüpfung aller betrieblichen Prozesse mit dem Ziel der<br />
Erhaltung und Förderung der Gesundheit, der Motivation und des Wohlbefindens aller im<br />
Betrieb angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />
Das betriebliche Gesundheitsmanagement bildet die strukturelle Basis für den nachhaltigen<br />
Erfolg in der <strong>Betriebliche</strong>n <strong>Gesundheitsförderung</strong>.<br />
Zielgruppe sind die Führungskräfte und bei Bedarf zusätzlich speziell ausgewählte Akteure.<br />
betriebliche Strukturen und Prozesse <strong>eine</strong>s betrieblichen Gesundheitsmanagement können<br />
zum Beispiel sein:<br />
� Betriebsvereinbarungen zum Thema Gesundheit<br />
� Strukturen, wie zum Beispiel Lenkungskreis, Gesundheitszirkel,<br />
Gesundheitswerkstätten, Arbeitskreis<br />
20
4 Das betriebliche Gesundheitsmanagement<br />
� Zeitregelungen, wie zum Beispiel Arbeitsfre<strong>ist</strong>ellung für Maßnahmen der<br />
betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
� Budgets<br />
� Führungskräftebeteiligung<br />
� Klare Verantwortlichkeiten – Organigramm im betrieblichem<br />
Gesundheitsmanagement<br />
� Zielvereinbarungen mit den inner- und außerbetrieblichen Akteuren<br />
� Verknüpfung der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> mit Bildungsmaßnahmen<br />
(vgl. Schneider 2011, S 18 – 19)<br />
Ziel des betrieblichen Gesundheitsmanagement sollte es sein, die Belastungen der<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu reduzieren und die persönlichen Ressourcen zu stärken.<br />
Durch gute Arbeitsbedingungen und Lebensqualität am Arbeitsplatz wird auf der <strong>eine</strong>n Seite<br />
die Gesundheit und Motivation nachhaltig gefördert und auf der anderen Seite die<br />
Produktivität, Produkt- und Dienstle<strong>ist</strong>ungsqualität und Innovationsfähigkeit <strong>eine</strong>s<br />
Unternehmens erhöht. Eine Win-Win Situation für Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer entsteht und das Unternehmensimage als "Guter<br />
Arbeitgeber“ wird verbessert und gefördert (im Sinn von Corporate Social Responsibility)<br />
Letzteres <strong>ist</strong> nicht zu unterschätzen in Bezug auf die demographische Entwicklung und den<br />
damit verbundenen Konkurrenzkampf um qualifizierte Nachwuchsmitarbeiterinnen und<br />
Nachwuchsmitarbeiter.<br />
<strong>Betriebliche</strong>s Gesundheitsmanagement <strong>ist</strong> mehr als nur die gesetzliche Verpflichtung des<br />
Arbeitsgebers zum Arbeitsschutz.<br />
Inhalte wie betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong>, Maßnahmen zur Verbesserung der<br />
Führungskultur, Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf (Work-Life-Balance) sowie<br />
altersgerechte Arbeitsplätze prägen <strong>eine</strong> gesunde Organisation.<br />
4.1 <strong>Betriebliche</strong> Gesundheitsorganisation<br />
Organisation <strong>ist</strong> die zielorientierte und dauerhafte Strukturierung bzw. Regulierung von<br />
einzelnen Teilen, hier der <strong>Gesundheitsförderung</strong>. Sie besitzt <strong>eine</strong> ordnende Gestaltung von<br />
21
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
Teilen des Betriebsgeschehens, Ergebnisse des Organisierens in Bezug auf die<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> sind<br />
� der Aufbau <strong>eine</strong>r Organisationsstruktur für die Gesundheitsentwicklung<br />
� der Aufbau <strong>eine</strong>r Prozessorganisation<br />
B.Badura (2000, zitiert in Decker 2011, S 152) postulierte das Leitbild der gesunden<br />
Organisation: „Gesund“ <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> Organisation, deren Führungsstil, deren Arbeitsorganisation<br />
und Organisationskultur gleichermaßen Kunden- wie beschäftigungsorientiert <strong>ist</strong>, die ihre<br />
Ziele wirksam und effizient verfolgen, dabei zugleich aber auch die ihr eigenen<br />
Gesundheitspotentiale optimal zu entfalten bestrebt <strong>ist</strong>, und dies bereits bei den Prinzipien der<br />
Arbeits- und Organisationsgestaltung berücksichtigt.“<br />
Merkmale, die <strong>eine</strong> gesunde Organisation auszeichnen, sollten sein:<br />
� hohes Vertrauen in die Führung<br />
� starke Identifizierung mit gemeinsamen Werten, Überzeugungen und Regeln<br />
� hohe Beteiligung der Mitarbeiter/innen an Entscheidungsfindungen<br />
� hohes gegenseitiges Vertrauen und Zusammenhalt unter den Mitgliedern<br />
� hoher Umfang sozialer Kontakte<br />
� stark ausgeprägte soziale Kompetenz<br />
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
<strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> (BGF) bezeichnet <strong>eine</strong> mehrere Analyse- und<br />
Gestaltungsebenen umfassende Handlungsstrategie auf den Ebenen Mensch – Organisation –<br />
Arbeit, die strategisch und methodisch darauf abzielt, Gesundheitsressourcen im<br />
Unternehmen aufzubauen. In methodischer Hinsicht relevant <strong>ist</strong> hierbei die Anwendung<br />
wesentlicher Prinzipien der <strong>Gesundheitsförderung</strong> - wie v.a. das Prinzip der Salutogenese von<br />
Aaron Antonovsky - auf das Gestaltungsfeld "Betrieb.<br />
Definitorisch und gesundheitspolitisch spielt im europäischen Raum die Luxemburger<br />
Deklaration (1997) <strong>eine</strong> wesentliche Rolle. Die betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> auch<br />
22
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
im Themenkreis der Vereinbarkeit von Privatleben, Familie und Beruf und Work-Life-<br />
Balance von wachsender Bedeutung.<br />
<strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> (BGF) umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von<br />
Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Gesellschaft zur<br />
Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dies kann durch <strong>eine</strong><br />
Verknüpfung folgender Ansätze erreicht werden:<br />
� Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen<br />
� Förderung <strong>eine</strong>r aktiven Mitarbeiterbeteiligung<br />
� Stärkung persönlicher Kompetenzen.<br />
Grundlage für die aktuellen europaweiten Aktivitäten zur betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
sind zwei Faktoren. Einerseits hat die EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (Richtlinie des<br />
Rates 89/391/ EWG) <strong>eine</strong> Neuorientierung des traditionellen Arbeitsschutzes in<br />
Gesetzgebung und Praxis eingeleitet. Zum anderen wächst die Bedeutung des Betriebs als<br />
Handlungsfeld der öffentlichen Gesundheitsvorsorge (Public Health). Nach diesem<br />
Verständnis sind gesunde und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl in<br />
sozialer wie ökonomischer Hinsicht <strong>eine</strong> wesentliche Voraussetzung für den zukünftigen<br />
Erfolg der Europäischen Union. Der zuständige Dienst der Europäischen Kommission hat<br />
daher <strong>eine</strong> Initiative zum Aufbau <strong>eine</strong>s europäischen Netzwerks für betriebliche<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> unterstützt. Mitglieder des Europäischen Netzwerks sind<br />
Organisationen aus den Mitgliedstaaten und den Ländern des Europäischen<br />
Wirtschaftsraums. Sie sind gleichzeitig nationale Kontaktstellen. Ziel des Netzwerks <strong>ist</strong> es -<br />
auf der Basis <strong>eine</strong>s kontinuierlichen Erfahrungsaustauschs -, models of best practise zur<br />
betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> zu identifizieren und zu verbreiten. Die EU ermutigt<br />
damit die Mitgliedstaaten, der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>eine</strong>n großen Stellenwert<br />
einzuräumen und bei politischen Entscheidungen Fragen der Gesundheit am Arbeitsplatz mit<br />
einzubeziehen. (vgl. <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong>)<br />
5.1 Begriffsabgrenzung, Interessen und Ziele<br />
Die Begriffe <strong>Gesundheitsförderung</strong> und Prävention werden auch heute noch sehr oft<br />
gleichbedeutend verwendet und führen manchmal zu Verwirrung. Dies <strong>ist</strong> in gewisser Weise<br />
23
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
nachvollziehbar, denn in der Praxis sind <strong>Gesundheitsförderung</strong> und Prävention sehr eng mit<br />
einander verknüpft obwohl vom Ansatz her ein wesentlicher Unterschied besteht.<br />
<strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> umfasst alle Maßnahmen, die direkt oder indirekt<br />
Verhalten und Verhältnisse im Sinn der <strong>Gesundheitsförderung</strong> beeinflussen.<br />
Beispiele dazu:<br />
� Stressbewältigungsprogramme<br />
� Bewegungsangebote<br />
� Ernährungsangebote<br />
� Konfliktbewältigung<br />
� ergonomische Maßnahmen<br />
� Schulung zum Heben und Tragen von Lasten<br />
� Zeit- und Selbstmanagement<br />
� Einzelcoaching in besonderen Belastungssituationen.<br />
Zielgruppe der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
<strong>eine</strong>s Betriebes. (vgl. Schneider 2011, S 19 – 20)<br />
<strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> sollte nach Schneider (2011, S 97) drei Zielebenen<br />
umfassen:<br />
1. Maßnahmen zur individuellen <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
2. teamorientierte Maßnahmen der <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
3. organisationsorientierte Maßnahmen der <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
Was verstehen wir unter betrieblicher <strong>Gesundheitsförderung</strong>?<br />
Dem Konzept für betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> liegt ein ganzheitliches Menschenbild<br />
zugrunde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden darin als untrennbare Einheit auf ihrer<br />
körperlichen, seelischen, ge<strong>ist</strong>igen und sozialen Ebene gesehen.<br />
Unsere Begleitmaßnahmen und Interventionen orientieren sich daher an <strong>eine</strong>m ganzheitlichen<br />
(biopsychosozialen) Gesundheitsbegriff.<br />
Das Hauptziel der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> besteht darin, die körperliche,<br />
seelische, ge<strong>ist</strong>ige und soziale Gesundheit aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu erhalten<br />
und zu fördern.<br />
Eine der Lebens- und Arbeitswelt entsprechende Sozial-, Selbst- und Fachkompetenz soll<br />
unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dazu verhelfen, ihr Arbeitsumfeld eigenständig<br />
24
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
und eigenverantwortlich so zu gestalten, dass unsere Grundsätze im täglichen Miteinander<br />
lebensdienlich umgesetzt werden können.<br />
Die Ziele der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong>:<br />
� Primär <strong>eine</strong> Verbesserung der seelischen und körperlichen Gesundheit unter<br />
ganzheitlicher Perspektive mit dem Schwerpunkt der beruflichen Arbeitswelt.<br />
� Sekundär<br />
Aber auch:<br />
- Förderung und Verbesserung der Selbst- und Sozialkompetenz<br />
- Förderung und Verbesserung der Reflexionsfähigkeit<br />
- Förderung und Verbesserung der Flexibilität<br />
- Förderung und Verbesserung der Eigenständigkeit<br />
- Förderung und Verbesserung der Le<strong>ist</strong>ungsbereitschaft<br />
- Förderung und Verbesserung der Beziehungs-, Kommunikations- und<br />
Integrationsfähigkeit sowie der Verantwortlichkeit, Wahrnehmung und<br />
Teamfähigkeit<br />
� Work-Life-Balance: Rollen, Rollenverständnis und Identität im privaten und<br />
beruflichen Umfeld.<br />
� Frühzeitige Erfassung von stressbedingten körperlichen Erkrankungen und<br />
psychischen Erschöpfungszuständen.<br />
� Frühere und bessere Erfahrungen von stressbedingten körperlichen Auswirkungen im<br />
Vergleich zu Routineuntersuchungen.<br />
� Bestimmung und Mobilisierung biologischer Reserven und Erholungsfähigkeiten des<br />
Organismus.<br />
� Herausfiltern und Akutdiagnose von hochriskanten Lebens-, Arbeits- und<br />
Bewältigungsstilen, die zu schweren körperlichen und seelischen Folgeerscheinungen<br />
führen.<br />
� Aufdecken gesundheitsschädlicher Anforderungen in der Vergangenheit<br />
Ihr Nutzen, Ihr Vorteil, Ihr Gewinn:<br />
� Erhöhte Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Beseitigung<br />
von intrapsychischen (individuell seelischen) Stressoren<br />
25
� Standortorientierung der persönlichen Befindlichkeit<br />
� Reduktion von stressbedingten Konfliktsituationen<br />
� Erhöhte Arbeitsle<strong>ist</strong>ung und verbessertes Betriebsklima<br />
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
� Verbesserung der seelischen und körperlichen Gesundheit unter ganzheitlicher<br />
Perspektive mit dem Schwerpunkt der beruflichen Arbeitswelt<br />
� Selbst- und Sozialkompetenz<br />
� Reflexionsfähigkeit<br />
� Reduktion von Krankenstandtagen<br />
� Flexibilität<br />
5.1.1 Prävention<br />
� Eigenständigkeit<br />
� Le<strong>ist</strong>ungsbereitschaft<br />
� Beziehungs-, Kommunikations- und Integrationsfähigkeit sowie<br />
Verantwortlichkeit und Teamfähigkeit<br />
� Rolle, Rollenverständnis und Identität im privaten und beruflichen Umfeld.<br />
(vgl. <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong>)<br />
Als Prävention (vom lateinischen praevenire für „zuvorkommen, verhüten“) bezeichnet man<br />
vorbeugende Maßnahmen, um ein unerwünschtes Ereignis oder <strong>eine</strong> unerwünschte<br />
Entwicklung zu vermeiden. Ganz allgemein kann der Begriff mit „vorausschauender<br />
Problemvermeidung“ übersetzt werden. (vgl. Prävention)<br />
5.1.2 Luxemburger Deklaration zur betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> in der<br />
Europäischen Union (1997)<br />
Da im europäischen Raum gesundheitspolitisch die Luxemburger Deklaration <strong>eine</strong> wichtige<br />
Rolle spielt und auch um ein inhaltliches Verständnis für den Begriff „betriebliche<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong>“ zu erhalten, <strong>ist</strong> es aus m<strong>eine</strong>r Sicht förderlich diese zu kennen.<br />
<strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> (BGF) umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von<br />
Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und<br />
26
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dies kann durch <strong>eine</strong> Verknüpfung folgender Ansätze<br />
erreicht werden:<br />
� Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen<br />
� Förderung <strong>eine</strong>r aktiven Mitarbeiterbeteiligung<br />
� Stärkung persönlicher Kompetenzen.<br />
Grundlage für die aktuellen europaweiten Aktivitäten zur betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
sind zwei Faktoren. Einerseits hat die EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (Richtlinie des<br />
Rates 89/391/ EWG) <strong>eine</strong> Neuorientierung des traditionellen Arbeitsschutzes in<br />
Gesetzgebung und Praxis eingeleitet. Zum anderen wächst die Bedeutung des Betriebs als<br />
Handlungsfeld der öffentlichen Gesundheitsvorsorge (Public Health).<br />
Aus der Luxemburger Deklaration gehen folgende Leitlinien zur Umsetzung betrieblicher<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> hervor:<br />
1. Die gesamte Belegschaft muss einbezogen werden (Partizipation).<br />
2. BGF muss bei allen wichtigen Entscheidungen und in allen Unternehmensbereichen<br />
berücksichtigt werden (Integration).<br />
3. Alle Maßnahmen und Programme müssen systematisch durchgeführt werden:<br />
Bedarfsanalyse, Prioritätensetzung, Planung, Ausführung, kontinuierliche Kontrolle<br />
und Bewertung der Ergebnisse (Projektmanagement).<br />
4. BGF beinhaltet sowohl Verhaltens- als auch verhältnisorientierte Maßnahmen. Sie<br />
verbindet den Ansatz der Risikoreduktion mit dem des Ausbaus von Schutzfaktoren<br />
und Gesundheitspotentialen (Ganzheitlichkeit).<br />
Mit Hilfe dieses Ansatzes wird angestrebt, gesundheitsbezogene betriebliche<br />
Handlungsfelder herauszufiltern und zu analysieren (z.B. Gesundheitssituation im<br />
Betrieb/Krankenstände, Fluktuation, Fehlzeiten, Motivationsfragen, Betriebsklima), um auf<br />
dieser Basis unter entsprechender Partizipation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
Gesundheitsressourcen im Unternehmen aufzubauen. Salutogen wirksame betriebliche<br />
Gesundheitsprojekte setzen methodisch den Schwerpunkt auf Maßnahmenpakete, die unter<br />
Beachtung des Setting-Ansatzes generiert wurden und des Weiteren ein entsprechendes<br />
Empowerment, also <strong>eine</strong> themenbezogene Kompetenzentwicklung seitens der Zielgruppe,<br />
anstreben. Eine weitere Grundvoraussetzung nachhaltiger betrieblicher <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
27
5 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
<strong>ist</strong> die möglichst permanente Evaluation derartiger Projekte. Bei Projekten, mit denen das<br />
Arbeitsschutzgesetz umgesetzt werden soll, <strong>ist</strong> diese Evaluation vorgeschrieben.<br />
Im Kern besteht für die betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> k<strong>eine</strong> Pflicht zur Mitbestimmung<br />
durch Personal- oder Betriebsrat. Lediglich bestimmte Analyseverfahren, allen voran die<br />
schriftliche Mitarbeiterbefragung, und bestimmte Maßnahmen sind mitbestimmungspflichtig.<br />
Dennoch gilt <strong>eine</strong> Einbindung der Personalvertretung als vorteilhaft, um Akzeptanz und<br />
Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern. (vgl. <strong>Betriebliche</strong><br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> – Luxenburger Deklaration zur betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> in<br />
der Europäischen Union)<br />
5.1.3 Demographischer Wandel<br />
Die demographische Entwicklung des 20. Jahrhundert <strong>ist</strong> im Wesentlichen durch folgende<br />
Veränderungen beeinflusst:<br />
� Sinkende Geburtenrate<br />
� Lebenserwartung der Männer und Frauen hat sich in den letzten 100 Jahren fast<br />
verdoppelt (bei Männern auf 81,4 und bei Frauen auf 86,4 Jahren)<br />
� Anstieg der Einwanderer seit den 1960<br />
Diese Veränderung bewirkt, dass der Anteil der jüngeren Bevölkerung abnimmt und die der<br />
älteren Bevölkerung zunimmt.<br />
Dies lässt erkennen, dass sich der demographische Wandel auch auf den Arbeitsmarkt<br />
auswirkt. So waren im Jahr 2001 mehr als 4,98 Millionen Menschen der österreichischen<br />
Bevölkerung zwischen 15 und 60 Jahre alt und somit im Haupterwerbsalter. Für das Jahr<br />
2050 wird ein um 15% geringerer Wert prognostiziert, der in Zahlen ausgedrückt auf 4,32<br />
Millionen Haupterwerbstätiger sinkt. Die Arbeitsmarktsituation kann sich dadurch<br />
verbessern und der Anteil der erwerbsbeteiligten älteren Menschen wird sich erhöhen.<br />
(vgl.Guger/Mayrhuber 2003, Deutmeyer/Thiekötter 2007, S126)<br />
„Die demographische Prognose der Altersgesellschaft erreicht die Lebenswelt der Menschen.<br />
Die Zahl der pflegebedürftigen und schwerstpflegebedürftigen Menschen wächst, gleichzeitig<br />
brechen bestehende und funktionierende Stütz- und Versorgungssysteme durch die<br />
Industrialisierung der Gesellschaft weg. Umso dringlicher stellt sich die Frage nach<br />
professioneller Pflege und wer diese Pflege le<strong>ist</strong>en kann und soll.<br />
28
6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Die inhaltlichen und situativen Anforderungen an die Pflegeprofession wachsen, gleichzeitig<br />
<strong>ist</strong> die Zahl potentieller, geeigneter Bewerberinnen und Bewerber für den Beruf rückläufig.<br />
Die Kompensation der entstehenden Lücke <strong>ist</strong> auch nicht mehr kurzfr<strong>ist</strong>ig mit ausländischen<br />
Pflegekräften kompensierbar, da die Umsetzung von Pflege und Versorgungskonzepten bei<br />
demenzkranken Menschen <strong>eine</strong> hohe Kultur- und Kommunikationskompetenz erfordert.“<br />
( Heinzmann R./ Gille G. Brennpunkt Pflege „Ältere Arbeitnehmer/-innen in der Pflege“ in<br />
Bundeskonferenz der Pflegeorganisationen 2006, Göttingen )<br />
6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong><br />
<strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Wirtschaft und Gesellschaft befindet sich in unserer heutigen Zeit sehr stark im Umbruch.<br />
Die traditionellen Sicherheiten, Bindungen und Orientierungsmuster lösen sich zunehmend<br />
auf und die Arbeit verlagert sich von körperlichen zu mehr mentalen, nervlichen, sozialen<br />
und seelischen Belastungen. Eine Verschiebung der Schwerpunkte der <strong>Gesundheitsförderung</strong><br />
und Gesundheitsstörungen bringt es mit sich, dass sich auch die Krankheitsbilder zunehmend<br />
zu den chronisch-degenerativen (wie zum Beispiel Muskel- und Skeletterkrankungen, Herz-<br />
Kreislauferkrankungen, Diabetes) entwickeln. Eine Krankheitsentstehung kann bei diesen<br />
Zivilisationserkrankungen oft Jahrzehnte zurück liegen und sich als Gesundheitsstörung<br />
äußern. Aus diesem Grund muss ein neues Verständnis für Gesundheit und<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> entwickelt werden. (vgl. Decker 2001, S 63-64)<br />
6.1 <strong>Management</strong>- und Führungsaufgaben<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von betrieblicher<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> (BGF) <strong>ist</strong>, dass sie als Aufgabe des <strong>Management</strong>s und der<br />
Führungskräfte gesehen wird. Ohne deren Commitment und aktiven Unterstützung kann BGF<br />
nicht nachhaltig verankert werden. Nur wenn das <strong>Management</strong> hinter der BGF steht, können<br />
Rahmenbedingungen und Vorgaben für Führungskräfte geschaffen werden (zum Beispiel<br />
Zeitressourcen, Integration von Gesundheitszielen in Zielvereinbarungsgesprächen)<br />
29
6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Die Rolle der Führungskräfte in der BGF:<br />
� Führungskräfte als Zielgruppe: Führungskräfte sind häufig sehr oft hoch belastete<br />
Personen, da sie unter <strong>eine</strong>m enormen Le<strong>ist</strong>ungs- und Verantwortungsdruck stehen.<br />
Ihre Führungsrolle können sie nur dann entsprechen gesundheitsförderlich<br />
wahrnehmen, wenn ihre eigene körperliche, psychische und soziale Gesundheit im<br />
Gleichgewicht <strong>ist</strong>.<br />
� Vorbildfunktion: Gesundheits- und Kommunikationsverhalten der Führungskräfte<br />
wirkt auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Fähigkeiten wie<br />
Führungskräfte mit Belastung umgehen und verarbeiten übertragen sich auf die<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Stresssymptome werden frühzeitig erkannt und<br />
entgegengewirkt. Wenn Führungskräfte deutlich machen, wie wichtig ihnen die BGF<br />
<strong>ist</strong>, kann dies <strong>eine</strong> Einstellungs- und Verhaltensveränderung bei Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter bewirken.<br />
� Arbeitsbedingungen gestalten: Arbeitsplätze, Arbeitsorganisationen (Zielvorgaben,<br />
Handlungsspielräume, Qualifikation, Anpassung von Aufgaben) und das „soziale<br />
Miteinander „ in der Organisation werden von Führungskräften gestaltet. Durch das<br />
Führungsverhalten (Entscheidungen, Führungsstil, Wertschätzung, Anerkennung)<br />
nehmen sie großen Einfluss auf Arbeitszufriedenheit, Fluktuation, Motivation und<br />
Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Studien können beweisen, dass es<br />
<strong>eine</strong>n gravierenden Bezug gibt zwischen <strong>Management</strong>- und Führungsqualität und der<br />
mit der Pflegetätigkeit verbundenen Belastung. Je positiver Führungskräfte<br />
wahrgenommen werden, desto geringer sind die emotionale Erschöpfung und die<br />
reduzierte Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit. Indirekt werden auch Pflege- und Betreuungsqualität in<br />
der Einrichtung beeinflusst.<br />
� Verankerung der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong>: Führungskräfte können ihre<br />
Funktion nutzen, um BGF als strategisches Prinzip in der Organisation zu festigen,<br />
verankern und umzusetzen. Ebenso kann das Thema <strong>Gesundheitsförderung</strong> in<br />
möglichst alle Entscheidungen, in Leitbildern und strategischen Grundsatzdokumente<br />
der Organisation eingebunden werden. ( vgl. Spicker & Schopf 2007, S 40-42)<br />
Somit <strong>ist</strong> betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>eine</strong> moderne Unternehmensstrategie zur<br />
Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.<br />
30
6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Die Autorinnen Spicker & Schopf (2007) haben in ihrem Praxishandbuch zur Umsetzung<br />
BGF für Pflege- und Sozialdienste folgendes beschrieben:<br />
„Als Ergebnis vieler durchgeführter BGF – Projekte unterschiedlicher Größe hat sich in den<br />
letzten Jahren <strong>eine</strong> Systematik bezüglich des grundsätzlichen Ablaufs von BGF<br />
herausgebildet und bewährt. Ein ganzheitliches, den Qualitätskriterien entsprechendes GBF-<br />
Projekt folgt den vier Kernprozessen Ist-Analyse, Planung von Maßnahmen,<br />
Intervention/Umsetzung von Maßnahmen und Evaluation.<br />
Ist-Analyse: Gesundheitliche Situation der Beschäftigten systematisch erheben und<br />
Einflussgrößen auf die Gesundheit erfassen. Es werden verschiedene Daten- und<br />
Informationsquellen zur Ist-Analyse herangezogen. Eine sorgfältige Ist-Analyse <strong>ist</strong> die Basis<br />
für die nachfolgende Planung und Umsetzung von Maßnahmen sowie deren Bewertung.<br />
Planung: Hier <strong>ist</strong> jener Prozess gemeint, in dem auf Basis der Ergebnisse der Ist-Analyse<br />
Ziele und Maßnahmen festgelegt werden. Aus der Praxiserfahrung muss hier genügend Zeit<br />
veranschlagt werden.<br />
Intervention: Die Durchführung und Steuerung von gesundheitsbezogenen Maßnahmen. Die<br />
Akzeptanz und Beteiligung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>ist</strong> Voraussetzung zur<br />
Übernahme von Aufgaben und Verantwortlichkeiten.<br />
Evaluation: Eine systematische Bewertung der implementierten Strukturen und Prozesse<br />
sowie der erzielten Ergebnisse durch interne oder externe Akteure. Zielerreichung und auch<br />
Prozess- und Strukturqualität werden überprüft.<br />
Die Bedingungen in Pflege und Sozialdienst machen spezifische Ansätze und Strategien in<br />
der Planung und Implementierung <strong>eine</strong>r BGF erforderlich.<br />
Das Thema „ Gesundheit und betriebliches Gesundheitsbewusstsein“ <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> zentrale<br />
Strategie im Zusammenhang mit der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong>. Die Gesundheit der<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss mehr Bedeutung zu kommen. Dies kann durch<br />
� interne Öffentlichkeitsarbeit<br />
� Verankerung von BGF in Strukturen und Prozessen<br />
� Beitrag der BGF zur Zielerreichung der Organisation transparent machen<br />
� Sensibilisierungstraining für Führungskräfte<br />
� Workshop „Organisationskultur“ geschehen.<br />
31
6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
6.2 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> als Unternehmensziel<br />
„<strong>Gesundheitsförderung</strong> setzt im Betrieb am Menschen und s<strong>eine</strong>r Umwelt an. Ganz<br />
besondere Bedeutung für Gesundheit und Betriebsergebnis besitzen die sozialen Beziehungen<br />
im Betrieb und die Unternehmenskultur. Motivation, Arbeitszufriedenheit, aber auch<br />
Le<strong>ist</strong>ung und Gesundheit hängen eng mit der Qualität der zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen zusammen. Die Qualität <strong>ist</strong> jedoch in der heutigen Arbeitswelt durch die sich<br />
beschleunigenden und rationalisierten Arbeitsprozesse, den strukturellen Wandel, besonderen<br />
Belastungen ausgesetzt.<br />
Rationalisierung und ständiges Umorganisieren bewirken<br />
- steigernden Le<strong>ist</strong>ungs- und Zeitdruck, Stress und Überforderungsängste<br />
- erhöhten Konkurrenzkampf, auch zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bis hin<br />
zum Mobbing<br />
- zunehmende Angst vor Arbeitslosigkeit und Statusverlust<br />
- Burnout <strong>ist</strong> oft die Folge.<br />
Diese Verschlechterung der sozialen Beziehungen beeinträchtigen die für den Wettbewerb<br />
der Unternehmen notwendige Offenheit und Kreativität, kooperatives Miteinander in<br />
Unternehmen und nicht zuletzt Gesundheit und Vitalität. Umgekehrt setzen positive<br />
Beziehungen Gesundheitspotenziale frei.“ (Decker 2011, S 82-83)<br />
Unternehmenskultur <strong>ist</strong> der Zusammenklang von Überzeugungen, Werten, Moral, Verfahren<br />
und dem Klima in <strong>eine</strong>r Organisation. Die Unternehmenskultur wird oft nach dem Motto »so<br />
machen wir das schon immer« ausgedrückt. Es sind überwiegend ungeschriebene Werte,<br />
Normen und Verhaltensregeln, die zur Selbstverständlichkeit geworden sind und das<br />
Verhalten von Organisationsmitgliedern prägen. Die Unternehmenskultur wird sich <strong>eine</strong>m<br />
unbeteiligten Dritten eher erschließen als den täglich davon umgebenen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern.<br />
Der Erste, der sich an <strong>eine</strong>r Definition der Unternehmenskultur versucht hat, war Edgar<br />
Schein. Sie bestehe aus Regeln, Verfahren und Abläufen, die das Abarbeiten von Aufgaben<br />
bestimmten, aber auch aus <strong>eine</strong>r Philosophie, welche die Haltung der Unternehmensleitung<br />
gegenüber Belegschaft und Kunden präge. Die Schwierigkeit, das Charakter<strong>ist</strong>ische <strong>eine</strong>r<br />
Unternehmenskultur zu benennen, ergibt sich aus der Masse der einfließenden Faktoren –<br />
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6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Politik, Betriebsklima und Machtstruktur und vieles mehr. ( vgl. Unternehmenskultur –<br />
Definition)<br />
Die Unternehmenskultur und damit die Art und Weise, wie man miteinander umgeht und wie<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt werden, hat <strong>eine</strong>n großen Einfluss auf Gesundheit<br />
und Vitalität. <strong>Gesundheitsförderung</strong> kann nur vorgelebt werden und zugleich bottom-up<br />
entwickelt werden zum Beispiel durch Gesundheitszirkel und Projektgruppen.<br />
„Auf dem Nährboden <strong>eine</strong>r positiven Unternehmenskultur, <strong>eine</strong>r Kultur des Vertrauens und<br />
der Offenheit kann sich <strong>Gesundheitsförderung</strong> entwickeln“. (Decker 2011, S 85)<br />
Aber auch umgekehrt kann <strong>eine</strong> betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> zur Entwicklung <strong>eine</strong>r<br />
Kultur des Vertrauens und der Kooperation beitragen.<br />
<strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> führt zu Unternehmensbindung, zur Arbeitsfreude,<br />
Verringerung der Fehlzeiten und zur Le<strong>ist</strong>ungssteigerung.<br />
<strong>Gesundheitsförderung</strong> sollte ein Bestandteil der Unternehmenspolitik und ein elementares<br />
Unternehmensziel werden.<br />
Das kann geschehen durch:<br />
� Aufnahme der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> in das Unternehmensbild und<br />
Unternehmensziele<br />
� Mobilisierung der Belegschaft (Aufklärung, Beratung, Projekt- und Zirkelarbeiten)<br />
� regelmäßige externe bzw. interne Gesundheits- und Mentalberatung ergänzend zum<br />
medizinischen Dienst<br />
� permanente Analyse der betrieblichen Gesundheitssituation und Entwicklung<br />
� Netzwerkbildung mit anderen Gesundheitsbereichen und Projekten<br />
(vgl. Decker 2011, S85)<br />
Die Bedingungen in Pflege und Sozialdienst machen spezifische Ansätze und Strategien in<br />
der Planung und Implementierung <strong>eine</strong>r BGF erforderlich.<br />
6.3 Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Herausforderung<br />
Die genannte demographische Entwicklung erhöht auch die Notwendigkeit, der Gruppe der<br />
älteren Erwerbstätigen mit ihren speziellen Eigenschaften und Bedürfnissen besondere<br />
33
6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Beachtung zu schenken. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll ein gesundes<br />
Älterwerden ermöglicht werden, damit sie dem Unternehmen auch im höheren Erwerbsalter<br />
le<strong>ist</strong>ungsfähig zur Verfügung stehen. Die betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> als <strong>eine</strong> der<br />
unternehmensbezogenen Maßnahmen nimmt hier <strong>eine</strong> zentrale Rolle ein. Gerade im<br />
pflegerischen Bereich <strong>ist</strong> das gesunde Altern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die<br />
besondere Belastungs- und Beanspruchungssituation als Herausforderung an das<br />
Unternehmen zu sehen. (vgl. Wachter 1997, Dietscher 2005, Deutmeyer/Thiekötter 2007, S<br />
124 – 125)<br />
„Mit dem Nationalprogramm „Altersgerechte Arbeitswelt“ arbeitet das Institut für<br />
betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> (IBG-Österreich) seit 1995 am Aufbau <strong>eine</strong>r nationalen<br />
Initiative für <strong>eine</strong> altersgerechte Umsetzung der Arbeitswelt aufgrund der demografischen<br />
Entwicklung.<br />
Die <strong>Betriebliche</strong>n Projekte sind ausgerichtet auf:<br />
� Altersgerechte Reform im Bereich Führungsqualität<br />
� Unternehmenskultur<br />
� Arbeitszeit<br />
� Karriereverlauf<br />
� Fortbildung<br />
� Arbeitsinhalte<br />
� Mikro-Ergonomie“ (Gesundheitswissenschaft 1998, Band 11, S 31)<br />
Voraussetzung dafür <strong>ist</strong> es, sich von den Defizitbildern über das Älterwerden zu lösen. Doch<br />
leider sind die Bilder über das Älterwerden durch die Ausblendung des Positiven und durch<br />
die Betonung von Abbau- und Krisenzeichen geprägt. Hartnäckige Vorurteile, dass ältere<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger le<strong>ist</strong>ungsfähig, kaum kreativ und belastbar sind,<br />
sich nicht anpassen können und viel öfter krank sind, halten sich in den Köpfen.<br />
„In der Arbeitswelt <strong>ist</strong> dieses Destructive Ageing in zwei Vorurteile eingefroren:<br />
1. Altern <strong>ist</strong> ein Abbauprozess<br />
2. Arbeit belastet die Gesundheit<br />
Beide sind Teilwahrheiten: Altern <strong>ist</strong> ein Abbauprozess auf körperlicher Ebene und Arbeit<br />
belastet natürlich auch die Gesundheit. Aber nicht nur, sie kann auch fördern. Das <strong>ist</strong> das<br />
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6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Gefährliche an Halbwahrheiten. Letztlich verhalten sich viele Menschen danach und<br />
produzieren <strong>eine</strong> Wirklichkeit, die dem erwarteten Bild entspricht. Wenn das Altern so<br />
negativ behandelt wird, muss es kränken und letztlich krankmachen. Dann <strong>ist</strong> zwar das Altern<br />
k<strong>eine</strong> „Krankheitsursache“, sondern nur das kränkende Denken über das Altern – in der<br />
Krankenstat<strong>ist</strong>ik scheint aber <strong>eine</strong> Altersabhängigkeit auf.“ (Gesundheitswissenschaft 1998,<br />
Band 11, S 33)<br />
„Arbeit kann, wenn sie menschengerecht und interessant organisiert <strong>ist</strong>, selbst die<br />
Gesundheit fördern. (…) Menschliche Produktivität zeigt sich als Grundlage von<br />
Gesundheit und Le<strong>ist</strong>ung. Erst Behinderung von Produktivität – durch Stress, durch<br />
autoritäre Strukturen, durch mangelnde Förderung, durch laute Arbeitsumgebung,<br />
durch eigene Krankheit – erst diese Behinderung von Produktivität führt zu Krankheit<br />
und Arbeitsunfähigkeit. Krank zu werden <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> Kunst. Leben <strong>ist</strong> primär auf<br />
Gesundheit orientiert. Und erst langzeitige Fehlanpassungen führt zu Krankheit.“<br />
(Gesundheitswissenschaft 1998, Band 11, S 41 )<br />
„Finnland, war das erste Land, welches ein Programm „respect for the ageing“ zur<br />
altersgerechten Reorganisation der Arbeitswelt 1985 – 1995 organisiert hat. Mehr als 100.00<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in 23 Pilotprojekten daran teilgenommen. In<br />
<strong>eine</strong>r Endauswertung wurden 150 Variable auf ihre Wirkung zur Verbesserung bzw.<br />
Verschlechterung von Arbeitsfähigkeit und Gesundheit berechnet. Wichtig <strong>ist</strong>, dass bei der<br />
Fragestellung die soziale Frage an oberster Stelle stand. Je besser die positive Einstellung der<br />
Vorgesetzten gegenüber dem Älterwerden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeprägt<br />
war, desto länger sind sie gesund und im Arbeitsprozess geblieben und um so länger sind sie<br />
am Leben geblieben. Umgekehrt hat ein verringerte Anerkennung und Wertschätzung älterer<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die stärkste krank- und invaliditätsmachende Wirkung auf<br />
Personal ausgeübt.<br />
Diese Ergebnisse stellen die Frage nach der Änderung der Führungskultur, die bei der<br />
Veränderung der Defizitbilder über das Älterwerden beginnen muss. Auf der anderen Seite<br />
verlangt die Zukunft, ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen zu lernen. Diese<br />
Aufgabe stellt sich, weil die Arbeitswelt älter wird. Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
sind natürlich qualifizierter, erfahrener, sie legen mehr Wert auf Mitgestaltung, auf<br />
Informiertheit über die Unternehmensentwicklung. Sie haben ein höheres Bedürfnis nach<br />
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6 <strong>Betriebliche</strong> <strong>Gesundheitsförderung</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Management</strong>- und Führungsaufgabe<br />
Anerkennung, sie sind nicht leichter zu führen, sondern komplexer zu führen als jüngere<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“<br />
(Gesundheitswissenschaft 1998, Band 11, S 42 )<br />
36
7 Resümee<br />
7 Resümee<br />
Die Arbeitszufriedenheit jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes einzelnen Mitarbeiters hat<br />
für mich als Führungskraft oberste Priorität. Im beruflichen, alltäglichen Umgang mit<br />
Krankheit <strong>ist</strong> für mich <strong>eine</strong> der wichtigsten Aufgaben die Verinnerlichung der<br />
Bedeutsamkeit der betrieblichen <strong>Gesundheitsförderung</strong> bei mir selber und bei m<strong>eine</strong>n<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />
Mein Ziel <strong>ist</strong> es, mein Hauptaugenmerk auf das „Wohlfühlen am Arbeitsplatz“ zu richten.<br />
Um Motivation, Fokussieren, Zentrieren, Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit und Ausdauer zu fördern, muss<br />
in erster Linie Klarheit geschaffen werden. Lichtet sich der Nebel, sind wir imstande klar zu<br />
sehen, klar zu denken und ruhig zu werden. Wilhelm von Humboldt hat schon gesagt:<br />
„Klarheit verschafft Ruhe oder sie entsteht doch nach und nach von selbst.“ Klarheit bedeutet<br />
Transparenz und verhindert unnötige Spekulationen. Die Motivation von Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern, sich klar und verständlich auszudrücken, kann nur mit eigener Klarheit,<br />
Kooperation, sozialer Kompetenz, Wertschätzung, Respekt, Vertrauen, sowie <strong>eine</strong>r Prise<br />
Humor erreicht werden. Humor <strong>ist</strong> zudem der Schlüssel zur Freude. M<strong>eine</strong>s Erachtens <strong>ist</strong> es<br />
ein enormer Unterschied, ob ich <strong>eine</strong> Situation als Herausforderung oder als Hindernis sehe,<br />
sowohl als Führungskraft, als auch als Mitarbeiterin und Mitarbeiter.<br />
Kollektive Ziele können sowohl arbeitsklimatisch, als auch betriebswirtschaftlich äußerst<br />
gewinnbringend sein, wenn sie die Individualität jedes Einzelnen während der Reise durch<br />
den Arbeitsalltag zulassen.<br />
Unabhängig vom sozialen Status, von psychischen Widerstandskräften oder <strong>eine</strong>m gesunden<br />
Lebensstil formt unsere Sichtweise den Alltag wesentlich mit. „Nicht, was wir erleben,<br />
sondern wie wir es empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.“ (Marie von<br />
Ebner-Eschenbach)<br />
Ich bin überzeugt, dass unser eigenes Erleben als Individuum unseren Alltag zumindest<br />
mitbestimmten kann. Sogenannte Kohärenzgefühle stärken sowohl den Einzelnen, als auch<br />
das gesamte Team und minimieren allgemein die Gesundheitsrisiken. Außerdem bewirken<br />
sie <strong>eine</strong> gesundheitsfördernde Balance zwischen Nähe und D<strong>ist</strong>anz im Umgang mit<br />
Patientinnen und Patienten.<br />
Klare Strukturen und das Verständnis, Dinge zuordnen zu können, Ressourcen zu<br />
mobilisieren, sowie die Sinnhaftigkeit bezüglich Arbeit und Umgang miteinander, sollen<br />
gesundheitsfördernd wirken und schaffen mit Bestimmtheit auch Arbeitszufriedenheit.<br />
37
7 Resümee<br />
<strong>Betriebliche</strong>s Gesundheitsmanagement <strong>ist</strong> kausal strategisch (dies obliegt der<br />
Führungsebene), auf dem sekundär die betriebliche <strong>Gesundheitsförderung</strong> gestalterisch<br />
aufbaut (Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Führungskräfte und<br />
gemeinsames Handeln).<br />
Stressbewältigungsprogramme, Bewegungsangebote, Ernährungsangebote,<br />
Konfliktbewältigung, ergonomische Maßnahmen, Schulung zum Heben und Tragen von<br />
Lasten, Zeit- und Selbstmanagement, Einzelcoaching in besonderen Belastungssituationen,<br />
vor allem aber Wertschätzung gegenüber dem Wesen jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes<br />
einzelnen Mitarbeiters und deren Arbeit sind im höchsten Maße förderlich für die psychische<br />
und emotionale Gesundheit und somit auch ein großer Schritt in Richtung<br />
„Arbeitszufriedenheit“.<br />
38
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