13. August 2007 Lev.-Opladen - made in LEVERKUSEN
13. August 2007 Lev.-Opladen - made in LEVERKUSEN
13. August 2007 Lev.-Opladen - made in LEVERKUSEN
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Es gibt Themen, die lässt man<br />
lieber im Dunklen – auch wenn<br />
sie eigentlich hell erleuchten.<br />
Jedenfalls gibt man sich bei der<br />
Kommunikationsabteilung der<br />
Bayer AG e<strong>in</strong> we<strong>in</strong>ig zugeknöpft,<br />
wenn die Frage nach der Zukunft<br />
e<strong>in</strong>es der prägnantesten <strong>Lev</strong>erkusener<br />
Wahrzeichen gestellt wird.<br />
„Dazu“, bescheidet e<strong>in</strong> Sprecher<br />
des Unternehmens allzu Neugierigen,<br />
„dazu ist eigentlich alles<br />
gesagt“.<br />
Wirklich? Die Me<strong>in</strong>ungen über die<br />
Zukunft des bald 50 Jahre alten Leuchtfeuers<br />
über der Stadt gehen <strong>in</strong> <strong>Lev</strong>erkusen<br />
weit ause<strong>in</strong>ander. Geht es nach der<br />
Bayer AG, soll das Kreuz im Frühjahr<br />
2009 durch e<strong>in</strong>e Medienfassade am<br />
Bayer-Hochhaus ersetzt werden.<br />
Doch spricht man mit Bürgern, dann<br />
verb<strong>in</strong>det sich für sie mit dem geplanten<br />
Verschw<strong>in</strong>den des Kreuzes vor<br />
allem e<strong>in</strong>es: Verlustangst – und zwar<br />
e<strong>in</strong>e Furcht, für die das bedrohte Wahrzeichen<br />
vor allem e<strong>in</strong>es ist: leuchtendes<br />
Symbol.<br />
„Irgendwie kann man sich des<br />
E<strong>in</strong>drucks nicht erwehren, dass<br />
sich die Firma langsam aus der<br />
Stadt verabschiedet“, erklärt Richard<br />
Müller, der von se<strong>in</strong>er Wohnung<br />
<strong>in</strong> der Wiesdorfer Heymannstraße<br />
e<strong>in</strong>en fast unverbauten Blick auf das<br />
Kreuz hat. Der Mann ist 67, arbeitete<br />
früher zwar nicht bei Bayer, ist dafür<br />
aber gebürtiger <strong>Lev</strong>erkusener und<br />
schon deshalb aufs Engste mit Stadt<br />
und Werk verbunden.<br />
Doch dazu später. Erstmal die Fakten:<br />
120 Meter s<strong>in</strong>d sie hoch, die beiden<br />
Masten, an denen das illum<strong>in</strong>ierte<br />
Firmenlogo mit dem gekreuzten Bayer-<br />
Schriftzug hängt. Der markante R<strong>in</strong>g<br />
ums Logo hat e<strong>in</strong>en Durchmesser von<br />
51 Metern. Aufgehängt ist das Wahrzeichen<br />
an e<strong>in</strong>em Netzwerk aus stählernen<br />
Seilen, die dem Bauwerk die notwendige<br />
Stabilität verleihen.<br />
Und so hängt es da über <strong>Lev</strong>erkusen<br />
und dem Rhe<strong>in</strong>land seit dem 2. September<br />
1958. „Wenn ich abends<br />
von e<strong>in</strong>er Urlaubsreise nach<br />
Hause komme und ab dem Siebengebirge<br />
das Kreuz erblicke,<br />
dann ist das für mich das sichere<br />
Zeichen dafür, dass ich wieder <strong>in</strong><br />
der Heimat b<strong>in</strong>“, berichtet Traude<br />
Hartung. Die 52-Jährige ist zwar mitnichten<br />
<strong>in</strong> <strong>Lev</strong>erkusen geboren, sondern<br />
stammt aus dem Ruhrgebiet.<br />
Trotzdem fühlt sie sich <strong>in</strong> <strong>Lev</strong>erkusen<br />
nach über 20 Jahren längst heimisch –<br />
was nicht zuletzt an eben solchen Symbolen<br />
wie dem Kreuz liegt.<br />
Dergestalte Sentimentalitäten<br />
kann man sich <strong>in</strong> der Zentrale e<strong>in</strong>es<br />
mult<strong>in</strong>ational agierenden Unternehmens<br />
wie der Bayer AG natürlich <strong>in</strong><br />
DAS BAYERKREUZ<br />
MARKETINGINSTRUMENT<br />
ODER LEUCHTENDES SYMBOL<br />
E<strong>in</strong> überdimensionales Wahrzeichen und e<strong>in</strong> Fixpunkt <strong>in</strong> der Dunkelheit<br />
Zeiten der Globalisierung nicht mehr<br />
erlauben. Denn über e<strong>in</strong>es darf<br />
ke<strong>in</strong> Zweifel bestehen: Mag das<br />
Bayerkreuz <strong>in</strong>zwischen auch vielen<br />
Bürgern der Stadt ans Herz<br />
gewachsen se<strong>in</strong>. Es war doch<br />
immer vor allem e<strong>in</strong> – wenn man<br />
so will – Market<strong>in</strong>g<strong>in</strong>strument.<br />
1933 war es, als zum ersten Mal die<br />
wohl weltgrößte Lichtreklame das<br />
Rhe<strong>in</strong>land erstrahlen ließ. E<strong>in</strong>ige hundert<br />
Meter versetzt von dem heutigen<br />
Standort des Kreuzes erstrahlte seit<br />
dem 20. Februar dieses Jahres das erste<br />
Bayer-Kreuz.<br />
Und es war noch größer als se<strong>in</strong><br />
Nachfolger. Die alte Lichtwerbung<br />
brachte es bei 2200 Glühbirnen auf<br />
e<strong>in</strong>en Durchmesser von sage und<br />
schreibe 72 Metern. Zum Vergleich:<br />
Heute erhellen exakt 1710 Birnen<br />
den Nachthimmel über <strong>Lev</strong>erkusen,<br />
was 1958 e<strong>in</strong>e Gesamtleistung<br />
von 65000 Watt bedeutete.<br />
Der se<strong>in</strong>erzeitige Vorstandsvorsitzende<br />
der Farbenfabriken Bayer im Verbund<br />
der IG Farben schwärmte: „Wie<br />
das Kreuz des Südens dem Seefahrer<br />
richtungsgebend leuchtet, so soll dieses<br />
Kreuz des Westens im Herzen des deutschen<br />
Industriezentrums ausleuchten<br />
als Zeichen unserer Zuversicht.“ Nun<br />
ist bekannt, dass die von Duisberg <strong>in</strong>s<br />
Spiel gebrachte Zuversicht gerade e<strong>in</strong>mal<br />
sechs Jahre hielt, ehe e<strong>in</strong>en Tag vor<br />
dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs<br />
das Bayerkreuz zum letzten Mal aufleuchtete.<br />
Danach war Schluss, das<br />
Wahrzeichen fiel der Verdunklungspflicht<br />
zum Opfer.<br />
DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 4/<strong>2007</strong> >>>>>>>>> 7