DIE REPORTAGE - made in LEVERKUSEN

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INTERVIEW von Marco Wiefel OHNE NEUE SPONSOREN MACHT BASKETBALL IN LEVERKUSEN KEINEN SINN MEHR Nach fünf Jahren als Manager der Basketball-Bundesliga (BBL) ist Otto Reintjes als Abteilungsleiter zu den Bayer Giants zurückgekehrt. Er übernimmt einen schwierigen Job, denn die Zukunft des Vereins ist ungewiss. Nach fünf Jahren als Manager der Basketball-Bundesliga sind Sie als Abteilungsleiter zu den Bayer Giants Leverkusen zurückgekehrt. Ich denke manchmal, die Vergangenheit hat mich eingeholt. Es ist noch immer alles so, wie es in den letzten 20 Jahren war. Wie war es denn in den vergangenen fünf Jahren als Liga-Manager? Ich habe dort eine Zeit erlebt, die auf der einen Seite genial, auf der anderen aber auch brutal war. Auf jeden Fall war es eine Zeit, die ich auf keinen Fall missen möchte, weil ich eben auch ganz neue Arbeitsgebiete kennen gelernt habe. Gab es für Sie noch andere Möglichkeiten als die Option Leverkusen? Ich hatte ein Angebot des Basketball-Weltverbands FIBA vorliegen. Darüber habe ich auch zwei Tage nachgedacht, aber ich bin sehr schnell zu dem Schluss gekommen, dass für mich nur Leverkusen in Frage kommt. Können Sie aus Ihrer letzten Tätigkeit bei der BBL einen Nutzen ziehen für Ihre künftige Arbeit in Leverkusen? Bei der BBL habe ich einen völlig anderen Einblick in die Thematik „Basketball“ bekommen. Entsprechend habe ich völlig neue Erfahrungen gemacht, die ich jetzt hier in Leverkusen einbringe. Zum Beispiel habe ich eine Unternehmensberatung beauftragt, um die aktuelle Situation bei den Bayer Giants zu bewerten. Ich weiß natürlich 34 DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 4/2005
selbst, dass die Lage derzeit äußerst gefährlich ist und wo die Schwachstellen sind. Ich habe auch einige konkrete Ideen und Pläne. Aber es ist besser, wenn sich zunächst Personen, die unabhängig und neutral sind, mit den Fakten beschäftigen. Noch einmal zurück zu Ihren Plänen: Können Sie diese erläutern? Wir sind finanziell in einer schwierigen Situation. Wir werden einiges komprimieren müssen. Ich denke, wenn wir die Sache hier für die Bayer AG und für den Verein stabilisieren wollen, dann müssen wir in den Bereichen Sponsoring und Marketing wesentlich mehr tun. Das hört sich ernüchternd an. Wir müssen das sachlich sehen. Es gibt eine Absprache mit Herrn Wenning, dem Vorstandsvorsitzenden der Bayer AG und dem Vorstand des TSV Bayer 04 Leverkusen. Wir haben vereinbart, dass jetzt ein Jahr zu machen und danach wird Bilanz gezogen. Dann werden wir sehen, ob für Leverkusen, für die Firma Bayer und für den Verein die Sportart Basketball auf hohem Niveau überhaupt noch Sinn macht. Es ist angebracht, das Ganze so kritisch zu sehen. Macht für Sie persönlich Basketball in Leverkusen denn noch Sinn? Es macht dann Sinn, wenn wir neben der Bayer AG noch weitere Partner finden, die sagen: Basketball gehört zu Leverkusen. Ich kenne die Zahlen in der BBL ganz genau. Die meisten Vereine der Liga würden sich die Finger danach lecken, um einen Sponsor wie die Bayer AG zu haben. Und trotzdem sieht man, wo die Bayer Giants herumdümpeln. Das heißt, wenn wir es nicht schaffen, den Weg einzuschlagen, den Frankfurt, Oldenburg oder auch Bamberg genommen haben, wo mehrere Unternehmen und auch die Kommunen die jeweiligen Vereine unterstützen, dann macht es keinen Sinn mehr. Und dann wird auch die Bayer AG ihr Engagement ernsthaft überdenken. Wie sieht bei diesen Voraussetzungen die Zielsetzung für die neue Saison aus? Wir liegen so am Boden, wir müssen erst einmal wieder aufstehen. Es gilt für uns, drei Dinge zu schaffen: Wir müssen sportlich besser abschneiden, das heißt die Play- Offs erreichen. Wir müssen eine neue Begeisterung in dieser Stadt für Basketball schaffen und wir müssen die Halle wieder voll bekommen. So einfach und so schwierig ist das. Ab der kommenden Saison gilt in der BBL eine neue Ausländerregelung. Es gibt keine Beschränkungen mehr. Für den deutschen Nachwuchs sicherlich nicht positiv. Wie stehen sie den Veränderungen gegenüber? Das ist ein ganz vielschichtiges Thema. Erstens muss man die Probleme der Nachwuchsarbeit abkoppeln von der Gestaltung der Ausländerregelung. Zweitens: Jede Beschränkung ist grundsätzlich negativ. Es ist ganz einfach: Derjenige, der die wirtschaftliche Verantwortung und das Risiko für ein Produkt trägt, entscheidet allein, wie sein Produkt aussehen soll. Drittens: Nach dem Bosman- INTERVIEW Urteil haben damals in erster Linie die Spieler profitiert. Nun, durch die Freigabe der Ausländerregelung, kommt das Ganze wieder etwas ins Gleichgewicht. Mittelfristig werden meiner Ansicht nach die Spielergehälter sinken. Und deutsche Spieler haben ja nun auch die Möglichkeit, überall zu spielen. Ich begrüße insgesamt diese Regelung. Aber ist ein „deutsches Konzept“ wie zuletzt in Leverkusen in Zukunft überhaupt realisierbar? Eines vorweg: Das Konzept in Leverkusen ist nicht gescheitert, es wurde ja umgesetzt. Aber die Zielsetzungen, die man formuliert hat, wurden nicht verwirklicht. Das ist das Problem. Wenn ich ein Konzept erarbeite und Ziele formuliere, muss das alles mit einem Wirtschaftsplan untermauert werden. Wenn man sagt, man will in drei Jahren Deutscher Meister werden, dann muss man wissen, was das letztlich kostet und woher das Geld kommt. Deswegen ist ein deutsches Konzept nach wie vor machbar, aber man muss einfach wissen, wie man es finanziert. Sie sind der dienstälteste Verantwortliche der BBL. Wie kritisch beurteilen Sie die jüngere Manager-Generation? Ich habe festgestellt, dass sich eine gewisse Kälte ausgebreitet hat. Fast jeder in der Liga ist sich mittlerweile selbst der Nächste. Ich vermisse Kollegialität. Einige Manager geben sich aalglatt, sind nur auf ihren persönlichen, kurzfristigen Erfolg bedacht. Aber in der Liga sind alle aufeinander angewiesen. DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 4/2005 35
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