DIE REPORTAGE - made in LEVERKUSEN

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PORTRAIT von Marco Wiefel ICH HABE DEN PERFEKTEN SPRUNG IM KOPF Jörn Elberding ist neuer Bundestrainer im Stabhochsprung. Auf dem Leverkusener ruhen die Hoffnungen für die Weltmeisterschaften in Helsinki. Seit dem enttäuschenden Abschneiden der deutschen Leichtathleten bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen wurde auf Athleten- und Verbandsebene viel analysiert und diskutiert über Wettbewerbsvorbereitung, Methodik und über personelle Veränderungen. Mit Blick auf die Weltmeisterschaften in diesem Monat in Helsinki wurden einige Bereiche neu organisiert, so auch der Stabhochsprung. Gerade in dieser Disziplin erhoffen sich die Verantwortlichen einen Schub nach vorne. Schließlich gehören die „Herren der Lüfte“ nach wie vor zur internationalen Elite und daher zu den ernst zu nehmenden Anwärtern auf eine Medaillie. Beim Deutschen Leichtathletik Verband wurde entschieden, den Posten des Bundestrainers Ende vergangenen Jahres neu zu besetzen. Verpflichtet wurde der Leverkusener Jörn Elberding. 16 DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 4/2005
„Das kam zum damaligen Zeitpunkt überraschend. Ich gehörte zwar seit drei Jahren einem speziellen Trainer-Fortbildungsprogramm des DLV an, mit der Perspektive im Jahr 2007 eine Tätigkeit zu übernehmen. Aber dann kam plötzlich die Anfrage, ob ich auch schon früher einsteigen wolle.“ Das Interesse seinerseits war natürlich vorhanden, aber bis zu einer definitiven Zusage musste Elberding einiges hinterfragen und organisieren. Seit 1999 war er für den TSV Bayer Dormagen tätig. Dort trainierte er nicht nur Spitzenathleten wie Björn Otto oder Tim Lobinger, sondern den talentierten Nachwuchs. Und um den kümmert er sich vorerst auch weiterhin, trotz seines neuen Engagements. „Beim DLV habe ich einen Zwei- Jahresvertrag unterschrieben. Als Dienstort wurde mir Leverkusen zugewiesen. Aber ich habe eine Zusage, dass ich meine Jugendgruppen in Dormagen noch bis Ende des Jahres weiter betreuen kann.“ Das sei ihm wichtig, „denn da sind einige richtig gute Talente bei“, erläutert Elberding, der künftig das praktische mit dem angenehmen verbinden kann. Denn nicht nur seine berufliche, sondern auch seine private Basis hat der 36- Jährige in Leverkusen. Hier ist er geboren, in Rheindorf aufgewachsen, hat sein Abitur am Landrat-Lucas-Gymnasium absolviert und wohnt mittlerweile in Opladen. Während seiner Schulzeit und im Verlauf seines Diplom-Sportstudiums hat er beim TSV Bayer 04 Leverkusen alles rund um den Stabhochsprung erlernt. „Zunächst habe ich alles in der Leichtathletik ausprobiert, aber dann hat mich diese spektakuläre Sportart am meisten fasziniert.“ In Gerd Osenberg und Leszek Klima hatte er die besten Trainer. Das er sich in seiner eigenen aktiven Zeit aber mit eher bescheidenen Sprunghöhen begnügen musste, war für Elberding kein Drama: „Das Talent für die ganz großen Sachen reichte einfach nicht. Das habe ich akzeptiert. Man muss ja auch nicht ein überragender Springer gewesen sein, um als Trainer einen guten Job zu machen.“ Und Jörn Elberding macht seinen Job gut. Zu Beginn seiner Trainer-Karriere betreute er Michael Stolle, dann unter anderem Björn Otto. Aktuell ist er für Danny Ecker und Richard Spiegelburg zuständig. Einen Konflikt zwischen der Tätigkeit als „Heimtrainer“ und dem Job als Bundestrainer gibt es deswegen nicht. Ein neues Konzept macht’s möglich. „Der DLV befürwortet ausdrücklich diese Doppelfunktion und die direkte Betreuung. Dadurch kommt es nicht länger zu Diskrepanzen und Eifersüchteleien zwischen den Heim- und den Bundestrainern. Der Kontakt zu den Athleten wird intensiviert. Aber ich kenne die Jungs ja eh alle bestens“, erklärt Elberding. Den Teamgeist und den Konkurrenzkampf zwischen den Athleten zu fördern, um dann im Wettkampf die individuellen Stärken herauskitzeln zu können, ist die Hauptaufgabe des neuen Bundestrainers. Er sieht sich als eine Art Service-Dienstleis PORTRAIT ter. Die Athleten sollen ihn im positiven Sinn ausnutzen. Aber Jörn Elberding geht es nicht allein darum, Leistung zu fördern und Medaillen zu holen. Er lebt diesen Sport, der für ihn zuweilen etwas Philosophisches hat. „Ich habe den perfekten Sprung im Kopf. Allerdings ist so etwas nur sehr schwer zu erreichen. Das ist wie bei einer Treppe: Man erklimmt die erste Stufe und erkennt, wie viele es noch bis nach oben sind.“ Richard Spiegelburg beispielsweise sei einer, der das Bild vom perfekten Sprung im Kopf habe. „Er hat jedoch noch Probleme bei der Umsetzung. Es reicht eben nicht allein das technische Vermögen. Wenn du so ein Ding hinkriegen willst, muss alles punktgenau stimmen.“ Einen besonderen Kick brachte Elberding ein Trainingstrip nach Monaco. Nicht wegen des tollen Ambientes, sondern weil er dort auf die lebende Stabhochsprung-Legende Sergej Bubka traf. „Mit ihm zu arbeiten und ihn zu erleben war eine grandiose Geschichte. Keiner weiß so viel über den Stabhochsprung wie er. Ihm zuzusehen und vor allem zuzuhören ist toll.“ Der neue Bundestrainer Jörn Elberding arbeitet akribisch, ist vom Stabhochsprung fasziniert und will damit auch seine Athleten anstecken. Damit es vielleicht wirklich irgendwann einmal klappt mit dem perfekten Sprung. DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 4/2005 17
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