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DIE REPORTAGE - made in LEVERKUSEN

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Auf dem Boden der Moschee glänzt<br />

allerd<strong>in</strong>gs noch kaum etwas. „Wir s<strong>in</strong>d<br />

eben noch mitten <strong>in</strong> den Arbeiten“, entschuldigt<br />

Muhamet Abazi das e<strong>in</strong>stweilen<br />

noch regierende Chaos auf Erden, das bis<br />

zum anvisierten Eröffnungsterm<strong>in</strong>, spätestens<br />

am „Tag der offenen Moschee“<br />

am 3. Oktober, der Vergangenheit angehören<br />

soll. Überall stehen Bau-Utensilien<br />

herum, der Fußboden im großen, 175<br />

Quadratmeter umfassenden Gebetsraum<br />

der Männer harrt weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Teppichs.<br />

Wer das Innere der Moschee betreten<br />

will, muss erst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Slalom<br />

auf den Estrich legen, um den vielen<br />

Farbeimern auszuweichen. Doch Herrn<br />

Abazi kann das Durche<strong>in</strong>ander nicht aus<br />

der Fassung br<strong>in</strong>gen.<br />

Der 34-Jährige sitzt im Vorstand der<br />

muslimisch-albanischen Geme<strong>in</strong>de<br />

Leverkusens. E<strong>in</strong>mal hat der Sohn e<strong>in</strong>es<br />

albanischen Gastarbeiters islamische<br />

Theologie studiert – heute dient der<br />

Mann se<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en, rund 270 Familien<br />

zählenden Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft als<br />

Sprecher. Und zu erklären gibt es ja <strong>in</strong> der<br />

Tat e<strong>in</strong>iges, seit nach den Anschlägen<br />

islamistischer Terroristen am 11. September<br />

2001 praktisch alle Muslime – auch<br />

hierzulande – unter e<strong>in</strong>em verschärften<br />

Erklärungsdruck stehen.<br />

Man mag diesen Umstand betrüblich<br />

f<strong>in</strong>den oder auch nicht – das unterschwellige<br />

Misstrauen, das den Gläubigen<br />

der mit rund 1,3 Milliarden Mitgliedern<br />

weltweit zweitgrößten Religionsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

seit den Anschlägen von New<br />

York und Wash<strong>in</strong>gton im Alltag entgegenschlägt,<br />

ist e<strong>in</strong> zu ernstes Problem,<br />

als dass es totgeschwiegen werden könnte.<br />

„Wir haben mit dem politischen Islam<br />

nichts zu tun“, erklärt Abazi. Aber zum<br />

wievielten Male er diese Worte wiederholt,<br />

dürfte der im Zivilleben bei e<strong>in</strong>em<br />

Sicherheitsunternehmen tätige Mann<br />

beim besten Willen nicht mehr wissen.<br />

Nachdem vor e<strong>in</strong>igen Jahren klar war,<br />

dass auf dem Gelände der Dhünnaue die<br />

Landesgartenschau 2005 ihre Zelte aufschlagen<br />

würde, stand auch fest, dass die<br />

albanische Geme<strong>in</strong>de nicht länger <strong>in</strong><br />

ihrem alten Domizil am Overfeldweg<br />

bleiben konnte. Ohneh<strong>in</strong> passte den<br />

Gläubigen der dortige schlichte Gebetsraum<br />

nicht mehr so ganz. E<strong>in</strong>e richtige<br />

Moschee sollte es se<strong>in</strong>. Doch nachdem<br />

die Muslime <strong>in</strong> Küppersteg e<strong>in</strong> geeignetes<br />

Grundstück für den Bau des Gotteshauses<br />

gefunden hatten, galt es zunächst e<strong>in</strong>mal,<br />

die Bedenken der christlichen<br />

Anwohner zu zerstreuen.<br />

„Wir glauben, dass uns das recht gut<br />

gelungen ist“, erklärt Abazi, der sich mit<br />

Jannis Goudoulakis, dem Vorsitzenden<br />

des Leverkusener Integrationsrates e<strong>in</strong>ig<br />

weiß. Diskussionsveranstaltungen wurden<br />

abgehalten, um eventuelle Missverständnisse<br />

bereits im Vorfeld aus der Welt<br />

zu schaffen.<br />

Dazu sei man, so Abazi, angesichts der<br />

e<strong>in</strong>deutigen Rechtslage zwar gar nicht<br />

verpflichtet gewesen. Aber dennoch, der<br />

Umstand, dass e<strong>in</strong> eher abwegiges Argument<br />

wie das fehlender Parkmöglichkeiten<br />

von den Gegnern des Moscheebaus<br />

<strong>in</strong>s Feld geführt wurde, signalisierte vor<br />

allem e<strong>in</strong>es:<br />

Es gab und gibt Gesprächsbedarf.<br />

Um es kurz zu machen. Die vom<br />

Gesetzgeber geforderte Zahl an Abstellplätzen<br />

für Autos wurde von der<br />

Geme<strong>in</strong>de auf dem Grundstück der<br />

rund 500.000 Euro teuren Moschee<br />

geschaffen. Ohneh<strong>in</strong> wurde an vieles<br />

bei dem Neubau, der vor allem<br />

durch das freiwillige Engagement<br />

der Geme<strong>in</strong>de-Mitglieder vergleichsweise<br />

preiswert ausfiel,<br />

gedacht. Neben sanitären<br />

Anlagen verfügt das Gotteshaus<br />

unter anderem<br />

über Räume, die später<br />

e<strong>in</strong>mal als<br />

Bibliothek, Hausmeisterzimmer<br />

und Jugend-<br />

Begegnungsstätte<br />

genutzt<br />

werden sollen.<br />

Neudeutsch<br />

ge-sprochen<br />

ist die Hardware<br />

also vor-<br />

<strong>DIE</strong> <strong>REPORTAGE</strong><br />

handen, <strong>in</strong> der kommenden Zeit nach<br />

der offiziellen Eröffnung der Moschee,<br />

die schon seit Januar provisorisch als<br />

Gebetsraum genutzt wird, gilt es dann,<br />

für die Software zu sorgen. Soll heißen,<br />

das Geme<strong>in</strong>deleben muss sich am neuen<br />

Standort entfalten, der vielbeschworene<br />

Dialog der Kulturen soll <strong>in</strong> Leverkusen<br />

Realität werden.<br />

Schon aus diesem Grund war es den<br />

Albanern, die mit ihrem Vorsitzenden<br />

Rafi Mustafi <strong>in</strong>nerhalb der rund 5000<br />

Mitglieder starken islamischen M<strong>in</strong>derheit<br />

<strong>in</strong> der Stadt wiederum nur e<strong>in</strong>e<br />

M<strong>in</strong>orität bilden, wichtig, ihren Neubau<br />

nicht – wie an manchem anderen Ort<br />

üblich – am Rande irgend e<strong>in</strong>es Gewerbeoder<br />

Industriegebiets zu errichten.<br />

„Integration bed<strong>in</strong>gt die Bereitschaft<br />

beider Seiten, aufe<strong>in</strong>ander<br />

zuzugehen“, erklärt Integrationsratschef<br />

Goudoulakis.<br />

Wie gesagt, zum „Tag der offenen<br />

Moschee“ soll das Küppersteger Gotteshaus<br />

fertig se<strong>in</strong>, und dann sollen auch<br />

die nicht muslimischen Küppersteger<br />

e<strong>in</strong>en ersten positiven E<strong>in</strong>druck von<br />

ihren Nachbarn bekommen – zumal vorgesehen<br />

ist, dass die Gläubigen <strong>in</strong><br />

Zukunft an Freitagen und besonderen<br />

Feiertagen vom M<strong>in</strong>arett aus zum<br />

Gebet gerufen werden. Eben von<br />

jenem M<strong>in</strong>arett, das an diesem<br />

sonnigen Sommertag dem architektonisch<br />

eher gleichförmigen<br />

Stadtteil Küppersteg e<strong>in</strong>e besondere<br />

Note verleiht. 40 Jahre,<br />

nachdem die ersten albanischen<br />

Arbeitsmigranten aus<br />

dem damaligen Jugoslawien<br />

<strong>in</strong> Leverkusen<br />

ankamen, ist<br />

die Geme<strong>in</strong>de für<br />

jeden sichtbar<br />

<strong>in</strong> der<br />

Stadt angekommen.<br />

DAS REGIONALE FREIZEITMAGAZIN 4/2005 13

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