Aufgehorcht 2/07
Aufgehorcht 2/07
Aufgehorcht 2/07
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Editorial<br />
Zwischen Silberpfeil und Trabi<br />
AufgeHorcht<br />
Das zwischen dem Industriemuseum Chemnitz und dem August Horch Museum<br />
Zwickau vereinbarte Konzept zu „75 Jahre Auto Union“ ist aufgegangen – in<br />
Chemnitz die Ausstellung der nahezu vollständigen Produktpalette der vier Marken<br />
der Auto Union, in Zwickau die Exposition des Automobilrennsports mit den<br />
legendären Silberpfeilen der 1930er Jahre. Die Ausgewogenheit der Ausstellungen<br />
und der zugehörigen Veranstaltungen hat zu wachsenden Besucherzahlen in<br />
beiden Museen beigetragen.<br />
Am 29. Juni 20<strong>07</strong>, taggenau auf den 75. Jahrestag der Gründung der Auto Union,<br />
übergab der Förderverein anlässlich der Festveranstaltung und Eröffnung der<br />
Sonderausstellung den Nachbau des Rennwagens vom Typ C (1936) in seiner<br />
ersten Baustufe an das August Horch Museum. Fortan wird er als Dauerexponat im<br />
Museum für die Besucher zu sehen sein. Mit Enthusiasmus gilt es nun, in der<br />
nächsten Baustufe das komplette Fahrwerk zu realisieren. Das Ziel für die<br />
Fertigstellung dieses Abschnittes ist für das Jahr 2008 fixiert.<br />
Als ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltungen zum Jubiläum der „Vier Ringe“ fügte sich ein<br />
von der Audi AG initiiertes Colloquium an der Westsächsischen Hochschule Zwickau am<br />
17. Oktober 20<strong>07</strong> hinzu.<br />
Unter dem Leitmotiv „Aufbruch und Kontinuität am Automobilstandort Zwickau/Chemnitz“<br />
waren Vorträge kompetenter Persönlichkeiten aus der Industrie, Lehre und Forschung des<br />
Automobilbaues und seiner Traditionen in Westsachsen zu erleben.<br />
Parallel zu den vorgenannten Aktivitäten laufen kontinuierlich die Vorbereitungen zum 50. Jahrestag<br />
des Serienanlaufes des Pkw Trabant. Zu diesem Ereignis wird am 9. November 20<strong>07</strong> die<br />
Sonderausstellung „Trabant als Kultauto“ im August Horch Museum eröffnet.<br />
Zu dieser Thematik sei allen Trabantfreunden und „heimlichen Verehrern“ des Trabi ein Buch<br />
empfohlen – „50 Jahre Trabant“ vom Andrea Verlag.<br />
Geschrieben von Autoren mit höchster Kompetenz zu einem bemerkenswerten Stück Geschichte<br />
des DDR-Fahrzeugbaus, insbesondere des westsächsischen.<br />
Interessant z. B. die Trabant-Zulassungszahlen im Jahre 2006, also noch sehr aktuell:<br />
„neue Bundesländer“: 49.937<br />
„alte Bundesländer“: 8.136<br />
Wir sehen – die Legende lebt !<br />
Dr. Rainer Albrecht<br />
Präsident des Gemeinnützigen<br />
Fördervereins Automobilmuseum<br />
August Horch Zwickau e.V.<br />
02/20<strong>07</strong><br />
3
4<br />
AufgeHorcht<br />
Aus dem Inhalt<br />
250.000. Gast wurde begrüßt /<br />
Rennsport-Raritäten zum Jubiläum<br />
Die Heimkehr der sächsischen Eleganz<br />
1. Gläser-Treffen vereinte 60 Fahrzeuge mit<br />
der „Handschrift“ des Dresdner Karosseriebauers<br />
Gelungene Premiere für 1. Chemnitzer Oldtimermesse<br />
Legendärer „Silberpfeil“ entsteht wieder in Zwickau<br />
E 15 war das Genehmigungszeichen für die DDR<br />
Das Sammlerstück<br />
Typ P50/P60 „Trabant“<br />
02/20<strong>07</strong><br />
6<br />
8–9<br />
10<br />
11–13<br />
Ein Pkw für Ost und West<br />
Die Entwicklung des Auto Union DKW F9<br />
und seine jahrzehntelangen Wirkungen – Teil1 14–17<br />
Der Trabant wird 50<br />
Am 7. November 1957 startete in Zwickau<br />
die Produktion des Kleinwagens 18–23<br />
24–25
Rennen um den „Coppa Acerbo“<br />
Aus dem Tagebuch eines Rennmechanikers<br />
der Auto Union – Teil 4<br />
Als Botschafter im Tatra um die Welt<br />
Verkehrsmuseum Dresden machte in einer<br />
Sonderausstellung mit den legendären Reisen von<br />
Miroslav Zikmund und Jiri Hanzelka bekannt<br />
Veranstaltungskalender / Glückwunsch zum 80. Geburtstag /<br />
Nachruf für Paul Wittber<br />
AufgeHorcht<br />
Automobilgeschichte unterhaltsam vermittelt<br />
Entdecken, begegnen, bewegen, erleben – der komplexe Weg<br />
zu einem Museum der Emotion und Faszination – Teil 1<br />
Es müssen nicht immer Räder sein<br />
Automobiles Engineering für den Wintersport<br />
Innovationsstark seit 125 Jahren – AWEBA Werkzeugbau Aue<br />
eng mit der Automobilindustrie verflochten<br />
Nicht nur Eulen nach Athen getragen<br />
Aufbruch und Kontinuität – Colloquium von Audi Tradition<br />
und Westsächsischer Hochschule Zwickau beleuchtete<br />
75 Jahre Auto Union<br />
34–37<br />
38–42<br />
44–45<br />
46–47<br />
48–49<br />
50–51<br />
52<br />
02/20<strong>07</strong> 5
6<br />
AufgeHorcht<br />
250.000. Gast<br />
wurde begrüßt<br />
Besucherandrang im Horch Museum<br />
übertrifft weiter die Erwartungen<br />
Auf den Monat genau drei Jahre nach<br />
der Neueröffnung konnte Ende September<br />
der 250.000. Besucher im August<br />
Horch Museum Zwickau begrüßt<br />
werden. Alfons Jochmaring aus Brakel<br />
waren Freude und Überraschung ins<br />
Gesicht geschrieben, am letzten September-Wochentag<br />
zu solchen Ehren zu<br />
gelangen. Der 52-jährige Westfalener,<br />
der mit seiner Frau Doris auf Empfehlung<br />
einer Kollegin extra zum Museumsbesuch<br />
nach Zwickau gereist war, erhielt<br />
einen Blumenstrauß sowie den<br />
reich bebilderten Katalog „Die Ausstellung“.<br />
Außerdem konnte sich das Ehepaar<br />
Jochmaring in einer Sonderführung<br />
dem Erlebnis automobiler Geschichte<br />
unter sachkundiger Begleitung widmen.<br />
Die Gäste aus Brakel besuchten außerdem<br />
noch die Zwickauer Altstadt und<br />
die Region.<br />
Alfons Jochmaring (l.) mit Ehefrau Doris. Der Direktor<br />
des August Horch Museums Zwickau, Rudolf<br />
Vollnhals, begrüßte den Gast aus Brakel/Westfalen<br />
als 250.000. Besucher seit Neueröffnung des Museums<br />
im September 2004. Foto: Horch Museum<br />
Dass man bereits nach nur 36 Monaten<br />
den 250.000sten Gast zählen konnte,<br />
übertrifft einerseits die Erwartungen<br />
der Museumsleitung und ist andererseits<br />
auch im nationalen Vergleich eine<br />
bemerkenswerte Größenordnung. Das<br />
Ergebnis zeigt, wie groß das Interesse<br />
an der Entwicklung des Zwickauer<br />
Automobilbaus und am Kfz allgemein<br />
ist. Und dass ein nicht unerheblicher<br />
Anteil der Besucher auch zum wiederholten<br />
Male vorbeischaut bzw. den positiven<br />
Eindruck im Bekanntenkreis weitervermittelt,<br />
macht die Museums-<br />
Mitarbeiter besonders stolz. PM<br />
02/20<strong>07</strong><br />
www.horch-museum.de<br />
Rennsport-Raritäten<br />
zum Jubiläum<br />
Sonderausstellung zu „75 Jahre Auto Union“<br />
im Horch Museum<br />
Blick auf die Rennsport-Sonderschau mit dem DKW<br />
Roadster auf dem Podest.<br />
Bis 4. November gibt das August Horch<br />
Museum Zwickau in einer Sonderausstellung<br />
Einblick in die überaus erfolgreiche<br />
Motorsportgeschichte der Auto Union.<br />
Anlass ist die Gründung des Automobilkonzerns<br />
vor 75 Jahren. Die am 29. Juni<br />
1932 erfolgte Vereinigung von Audi,<br />
DKW, Horch und Wanderer im Zeichen<br />
der Vier Ringe wuchs damals nach Opel<br />
zum zweitgrößten deutschen Automobil-<br />
hersteller. Unter dem Titel „Rennen,<br />
Siege und Rekorde“ stellt das Museum<br />
insbesondere die legendären Auto Union-<br />
„Silberpfeile“ vor, die in den 1930er Jahren<br />
von Sieg zu Sieg eilten.<br />
Bei der Eröffnung am 29. Juni wies<br />
Museumsdirektor Rudolf Vollnhals darauf<br />
hin, dass mit der Sonderausstellung erstmals<br />
alle vier von der Auto Union gebauten<br />
Rennwagen-Typen unter einem Dach<br />
vereint seien. Einen Typ A stellte der belgische<br />
VW/Audi-Importeur D´Iteren als<br />
Leihgabe zur Verfügung. Leider musste<br />
der Wagen bereits Anfang September seinen<br />
Ausstellungsplatz wieder verlassen,<br />
da er für eine Demonstrationsfahrt bei<br />
einem Automobilrennen gebraucht wurde.<br />
Auch ein Rennwagen Typ D war aufgrund<br />
anderer Termine nur zeitweise in<br />
der Sonderschau vertreten. Dafür wurde<br />
dieser Mitte Oktober durch einen ganz<br />
besonderen Typ D ersetzt – den Rennwagen<br />
aus der Saison 1939 mit dem<br />
Doppelkompressor. Zu Jahresanfang sollte<br />
der Wagen aus englischem Privatbesitz<br />
noch bei Christie’s als teuerstes Auto der<br />
Welt versteigert werden, wurde aber<br />
zurückgezogen.<br />
Zu sehen sind außerdem eine Replica des<br />
Typs B und ein Stromlinienkarosseriemodell<br />
des Typs C, beide gebaut von der<br />
Meisterschule für Karosserie- und Fahrzeugbau<br />
Leipzig-Leisnig. Ein besonderes<br />
Exponat stellt der Nachbau eines Typ C<br />
von 1936/37 dar. Den Wagen hat eine<br />
Projektgruppe des Museums-Fördervereins<br />
mit Unterstützung von Unternehmen<br />
der Region und der Westsächsischen<br />
Hochschule aufwändig nachkonstruiert<br />
sowie -gebaut und in einer ersten Baustufe<br />
dem Museum übergeben (ausführli-<br />
Rechts vorn der nicht mehr in der Ausstellung befindliche Typ D, hinten der Nachbau des Typ C,<br />
links der Wanderer Stromlinie Spezial.<br />
che Informationen zum Projekt auf den<br />
Seiten 11 bis 13).<br />
Weiterhin macht die Schau bekannt mit<br />
einem DKW 1001 Roadster, der die<br />
2000-Kilometer-Fahrt von 1934 absolvierte,<br />
und einem Wanderer Stromlinie<br />
Spezial, einer von drei Wagen, der die<br />
Fahrt Lüttich – Rom – Lüttich bewältigte.<br />
IR<br />
Links vorn der Typ A, hinten der Typ B.<br />
Fotos: Frank Reichel
Auto-Faszination ungebrochen<br />
Rund 10.000 Besucher sahen Sonderschau „Vier Ringe für Sachsen“<br />
im Industriemuseum Chemnitz<br />
Vom 9. Juni bis 2. September präsentierte<br />
das Sächsische Industriemuseum<br />
Chemnitz „Vier Ringe für Sachsen – 75<br />
Jahre Auto Union“. Die Sonderschau<br />
entstand in Zusammenarbeit mit dem<br />
August Horch Museum Zwickau und<br />
dem Verkehrsmuseum Dresden anlässlich<br />
des 75. Gründungstages der Auto<br />
Union am 29. Juni 1932. Rund 10.000<br />
Besucher sahen diese Exposition und belegten<br />
damit, dass das Thema Auto<br />
nach wie vor fasziniert. Die Gäste<br />
konnten sich mit einer Auswahl historischer<br />
Fahrzeuge aus dem Zeitraum<br />
1932 bis 1945 vertraut machen und erhielten<br />
außerdem Einblicke in die unterschiedlichen<br />
Entwicklungslinien im Fahrzeugbau<br />
in Ost und West nach 1945.<br />
Gezeigt wurden Fahrzeuge aller vier<br />
Hersteller, darunter ein Audi Front, ein<br />
Audi 920, ein Wanderer W23, DKW-<br />
Modelle der Reihen F5, F7 und F9, verschiedene<br />
DKW-Motorräder und die<br />
großen Horch-Wagen. Besonders begeisterte<br />
ein Horch 853 Sport Cabriolet aus<br />
dem Jahr 1937. Mit seinen 120 PS<br />
schafft er auch heute noch Spitzengeschwindigkeiten<br />
bis zu 140 km/h. Ergänzt<br />
wurde die Sonderausstellung mit<br />
Fan- und Werbeartikeln sowie weiteren<br />
Exponaten aus dem Umfeld des Fahrzeugbaus.<br />
PM<br />
www.saechsischesindustriemuseum.de<br />
Sachsens Ministerpräsident, Prof. Dr. Georg Milbradt,<br />
war Schirmherr der „Vier Ringe-Ausstellung“ im<br />
Industriemuseum Chemnitz. Er nahm zur Eröffnung<br />
kurz in einem Wanderer Cabrio Platz.<br />
AufgeHorcht<br />
„Wir brauchen Geschichte, um Werte zu erkennen.“<br />
Unter diesem Leitmotiv beleuchtete der Automobilhistoriker<br />
Prof. Peter Kirchberg das Wirken der Vier<br />
Ringe in Sachsen.<br />
Gezeigt wurde auch dieser Audi 920. Fotos: Industriemuseum Chemnitz<br />
02/20<strong>07</strong> 7
AufgeHorcht<br />
Die Heimkehr der sächsischen Eleganz<br />
1. Gläser-Treffen vereinte 60 Fahrzeuge mit<br />
der „Handschrift“ des Dresdner Karosseriebauers<br />
1864 gründete Carl Heinrich Gläser in Dresden eine Werkstatt für Kutschwagen und<br />
Pferdeschlitten. Er stieg damit zum königlich-sächsischen Hoflieferanten auf. Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts sattelte er mit seinem Schwiegersohn und Kompagnon Friedrich August Emil<br />
Heuer um auf den Karosseriebau. Seine Blütezeit erreichte das Unternehmen Gläser in den<br />
1930er Jahren mit edlen Ganzstahl-Cabrio-Sonderkarosserien für alle renommierten<br />
Automobilfirmen von A wie Adler bis W wie Wanderer. An die Fahrzeuge mit der eleganten<br />
Linienführung erinnerte das 1. Gläser-Karosserie-Treffen vom 19. bis 22. Juli 20<strong>07</strong> in Dresden.<br />
„Wenn Sie Benzin im Blut und eine<br />
Gläser-Karosse auf dem Fahrgestell<br />
haben, melden Sie sich an!“ So lockten<br />
Monika und Siegfried Rüdiger<br />
aus Radebeul Gläser-Freunde aus<br />
Deutschland und Österreich an die<br />
Geburtsstätte der edlen Fahrzeug-<br />
Aufbauten. Die Freunde kamen mit<br />
60 echten „Gläsern“, die zwischen<br />
1928 und 1958 gebaut wurden. Die<br />
Markenpalette war ein komprimiertes<br />
„Who is who“ der Pkw-Oldtimer<br />
und reichte von Adler, Audi, Buick<br />
und Bugatti über DKW, Ford, Horch<br />
und Mercedes bis Opel, Steyr, Wan-<br />
8<br />
02/20<strong>07</strong><br />
derer und Wartburg. Darunter befanden<br />
sich manche Raritäten. So<br />
sahen Experten in dem im Feld befindlichen<br />
Bugatti den wohl einzigen<br />
Vertreter seiner Marke, der mit Gläser<br />
karosseriert wurde. Ähnliches<br />
dürfte auf einen Mercedes mit einer<br />
Gläser-Modellkarosserie zutreffen.<br />
Auch von dem gezeigten Opel Kapitän<br />
sowie dem Opel Admiral gibt es<br />
weltweit jeweils nur noch drei Fahrzeuge.<br />
Eine besondere Augenweide<br />
waren ebenso zwei Horch-Cabriolets.<br />
Gemeinsam mit dem Bugatti<br />
wurden diese beiden Luxuswagen<br />
Gläser-Karosserien sind<br />
u. a. am Emblem auf<br />
den vorderen Kotflügeln<br />
erkennbar.<br />
Familie Rüdiger und ihr Opel Kapitän mit Gläser-Karosserie. Mit Blick auf die Dresdner Altstadtsilhouette hat bereits die Firma Gläser in den 1920er und 1930er<br />
Jahren ihre Produkte für Prospekte ins Bild gesetzt.<br />
von den Teilnehmern zu den drei<br />
besten Kfz im Starterfeld gekürt.<br />
Die Idee zum 1. Gläser-Treffen entstand<br />
aus einem Streit. Der Dresdner<br />
Veteranen-Club lehnte bei seinem<br />
Jubiläumstreffen 2006 die Anmeldung<br />
von drei Opel mit Gläser-<br />
Karosserien ziemlich barsch ab. Die<br />
Begründung lautete, dass man eine<br />
Oldtimerveranstaltung und kein Gläser-Treffen<br />
durchführe. Die abgelehnten<br />
Fahrzeuge waren die der<br />
Familie Rüdiger, und das Argument<br />
ließ sie nicht mehr los. Warum<br />
eigentlich kein Gläser-Treffen organi-
Der Ford-Eifel mit Gläser-Karosserie steht sonst im Foyer der Karosseriewerke Dresden GmbH, dem<br />
Gläser-Nachfolger. Das Unternehmen hat als Hauptsponsor wesentlichen Anteil am Gelingen des<br />
1. Gläser-Treffens.<br />
sieren? Gesagt, getan. Mit enormem<br />
Enthusiasmus ging insbesondere<br />
Monika Rüdiger ans Werk, um Gläser-Fans<br />
mit ihren Fahrzeugen ausfindig<br />
zu machen, eine mehrtägige<br />
Ausfahrt zu planen, Quartiere zu organisieren<br />
und Unterstützer zu finden.<br />
Mit etwa 35 Fahrzeugen hatte<br />
Familie Rüdiger in ihren kühnsten<br />
Träumen gerechnet. Dass sich 60<br />
meldeten, war schon ein erster großer<br />
Erfolg.<br />
Die Streckenführung der mehrtägigen<br />
Ausfahrt erwies sich als das nächste<br />
Highlight, wie zahlreiche Dankesschreiben<br />
im Nachgang des Treffens<br />
an die Rüdigers belegen. Los ging es<br />
am 19. Juli abends mit einem Korso<br />
vom Kim-Hotel im Park am westlichen<br />
Stadtrand Dresdens durch die<br />
Innenstadt mit Halt an der Frauenkirche<br />
und wieder zurück ins Hotel.<br />
Eskortiert wurde der Konvoi dabei<br />
von der Dresdner Verkehrspolizei,<br />
die das Gläser-Treffen, so Frau Rüdiger,<br />
nach besten Kräften unterstützt habe.<br />
Der wahrscheinlich einzige Bugatti, der jemals eine Gläser-Karosserie als<br />
Aufbau erhielt.<br />
Am zweiten Tag stattete das Fahrerfeld<br />
dem Gläser-Nachfolger und<br />
Hauptsponsor des Treffens einen Besuch<br />
ab. In der Karosseriewerke<br />
Dresden GmbH mit Sitz in Radeberg,<br />
heute ein Unternehmen der<br />
KWD Automobiltechnik im Verbund<br />
der Schnellecke Group, entstehen<br />
zwar keine Komplett-Karosserien<br />
mehr. Dafür werden für mehrere<br />
Automobilhersteller Karosserieteile<br />
gepresst und Rohbaugruppen gefertigt.<br />
Von Radeberg aus führte die<br />
Fahrtroute in die Sächsische Schweiz<br />
mit Mittagessen auf der Bastei,<br />
Kaffeepause am Schloss Pillnitz und<br />
Rückkehr am Elbufer entlang. Für<br />
einige Teilnehmer hatte Monika Rüdiger<br />
schon weit im Vorfeld der Veranstaltung<br />
außerdem noch Karten<br />
fürs Grüne Gewölbe besorgen können.<br />
Am dritten Tag erfuhren die Gläser-<br />
Fans Meißen mit Dom und Albrechtsburg,<br />
besuchten Moritzburg und<br />
machten vor der Abendveranstal-<br />
AufgeHorcht<br />
Beeindruckende Fahrzeugparade vor Schloss<br />
Moritzburg.<br />
tung im Hotel noch einen Abstecher<br />
auf den Hof der Rüdigers in<br />
Radebeul. Die Opel- und Gläserbesessene<br />
Familie war mit Gläserbestückten<br />
Opel Kapitän, Admiral<br />
und Super 6 selbst zur Fahrt mit<br />
dabei. In den Garagen tummeln sich<br />
jedoch noch andere Schätze dieser<br />
Art. Siegfried Rüdiger weist Besucher<br />
gern auf die Unterschiede<br />
zwischen Opel-Werkscabrios und<br />
Opel mit Gläser-Aufbau hin. Letztere<br />
sind für ihn in der Linienführung u. a.<br />
am Heck wesentlich eleganter.<br />
Die Rüdigers sind mit der Resonanz<br />
auf das 1. Gläser-Treffen „mehr als<br />
zufrieden“. Obwohl dessen Organisation<br />
von September 2006 bis Juli<br />
20<strong>07</strong> fast ein Jahr in Anspruch genommen<br />
hat, wollen sie 2008 wieder<br />
alle Freunde der Dresdner<br />
Cabrio-Karosserien einladen und mit<br />
ihnen wieder das Motto anstimmen:<br />
Hoch die Gläser!<br />
Ina Reichel<br />
Cabrios mit edler Linienführung – im Vordergrund ein Horch.<br />
Fotos: Archiv Rüdiger<br />
02/20<strong>07</strong> 9
AufgeHorcht<br />
Gelungene Premiere<br />
1. Chemnitzer Oldtimermesse zog rund 5000 Besucher an<br />
Mit der 1. Chemnitzer Oldtimermesse<br />
am 8. und 9. September ist die Eventund<br />
Messegesellschaft Chemnitz mbH<br />
erfolgreich in die neue Veranstaltungssaison<br />
20<strong>07</strong>/2008 gestartet. Nahezu<br />
5000 Besucher bestaunten an beiden<br />
Messetagen die knapp 100 Old- und<br />
Youngtimer, die auf über 7500 Quadratmeter<br />
präsentiert wurden. 78<br />
Aussteller aus ganz Deutschland hatten<br />
sich gemeldet. Neben der Schau<br />
mit liebevoll restaurierten Fahrzeugen<br />
fanden Fans und „Schrauber“ auf<br />
einem umfangreichen Teilemarkt<br />
Ersatzteile und Zubehör für das<br />
eigene historische Schmuckstück.<br />
Messechef Michael Kynast war sehr<br />
zufrieden: „Einen solchen Erfolg hatten<br />
wir für die erste Auflage dieser<br />
Messe gar nicht erwartet. Die große<br />
Resonanz bei Besuchern und Ausstellern<br />
zeigt, dass das Interesse an<br />
der Automobilgeschichte hier nicht<br />
nur auf Fachleute und Oldtimerliebhaber<br />
beschränkt ist. Die Chemnitzer<br />
bekennen sich zu ihrer Tradition – das<br />
motiviert für die zweite Auflage der<br />
Oldtimermesse im kommenden Jahr.“<br />
Das älteste Fahrzeug, wenn auch noch<br />
nicht vollständig wiederhergestellt,<br />
war zweifelsfrei ein Cyklonette Vier-<br />
10<br />
Eine Schau historischer Feuerwehrfahrzeuge<br />
gehörte zum Programm der 1. Chemnitzer<br />
Oldtimermesse Anfang September.<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Präsentation historischer Opel-Fahrzeuge. Fotos: Frank Reichel<br />
sitzer aus dem Jahr 1908. Nur wenig<br />
jünger, aber perfekt restauriert und<br />
zugelassen, war der Peugeot 6 CV<br />
TYP NN (Baujahr 1924), der für Aufsehen<br />
bei den Besuchern sorgte. Die<br />
weiteste Anreise hatte ein Aussteller<br />
aus Husum, der mit einer Riedel Imme<br />
R 100 (Baujahr 1949) ein äußerst seltenes<br />
Leichtmotorrad nach Chemnitz<br />
gebracht hatte. Von 1949 bis<br />
1951 wurden nur 12.000 Stück dieses<br />
Typs gebaut.<br />
Mit zehn Fahrzeugen aus fünf Jahrzehnten<br />
Opel-Geschichte (1930–1980),<br />
darunter das größte jemals von Opel<br />
gebaute Modell, der Diplomat V8,<br />
war das Autohaus an der Lutherkirche<br />
Chemnitz gemeinsam mit der<br />
„ALT-OPEL Interessengemeinschaft<br />
von 1972 e.V.“ auf der Messe vertreten.<br />
„Wir sind über den regen Zuspruch<br />
zu unserer Präsentation sehr<br />
erfreut und konnten vielen interessierten<br />
Besuchern die Historie der<br />
Marke Opel und unsere Fahrzeuge<br />
näher bringen“, so Wolfgang Ludwig,<br />
Geschäftsführer des Autohauses an<br />
der Lutherkirche.<br />
Zum Rahmenprogramm gehörte<br />
eine Sonderausstellung zu historischen<br />
Feuerwehrfahrzeugen. High-<br />
light war das Opel Blitz Tanklöschfahrzeug<br />
TLF 15, eine Original-Requisite<br />
aus dem aktuellen Stauffenbergfilm<br />
mit Tom Cruise. Zahlreiche<br />
Besucher unternahmen mit einem<br />
Oldtimerbus H 6 BL eine Reise in<br />
vergangene Zeiten bei einer kurzen<br />
Stadtrundfahrt. Der Kraftomnibus<br />
e.V. aus Mittweida hatte nicht nur<br />
das restaurierte Fahrzeug (Baujahr<br />
1954), sondern auch einen versierten<br />
Fahrer zur Messe geschickt. In enger<br />
Zusammenarbeit mit dem 1. Chemnitzer<br />
Oldtimerclub sowie mit Unterstützung<br />
der traditionsreichen internationalen<br />
Oldtimer-Rallye Sachsen<br />
Classic gelang der Event- und Messegesellschaft<br />
Chemnitz mbH eine<br />
gute Premiere.<br />
Für die künftigen Chemnitzer Oldtimermessen<br />
stellt sich Chef Michael<br />
Kynast „noch mehr Ausstellung und<br />
noch mehr Programm“ vor. Erwogen<br />
wird, den Teilemarkt von der Oldtimerschau<br />
zu trennen. Der genaue<br />
Termin für die Veranstaltung 2008<br />
befindet sich noch in der Abstimmung.<br />
IR/PM<br />
www.messe-chemnitz.com
Legendärer „Silberpfeil“<br />
entsteht wieder in Zwickau<br />
Erfahrene sächsische Automobilingenieure und junge<br />
Studenten bauen Auto Union Rennwagen Typ C nach<br />
– Erste Stufe im Horch Museum zu sehen<br />
Mit der Sonderausstellung „Rennen, Siege und Rekorde“ feiert das Automobilmuseum<br />
August Horch Zwickau den 75. Gründungstag der Auto Union.<br />
Ein Höhepunkt dieser Schau ist der seit 2004 in Zwickau nachkonstruierte<br />
und -gebaute Rennwagen Typ C, der in einer ersten Baustufe gezeigt wird.<br />
Mit diesem auf einer Ferdinand-Porsche-Konstruktion basierenden Fahrzeug<br />
sind nicht nur weltweite Rennerfolge der „Silberpfeile“ in den 1930er Jahren<br />
verknüpft. Es zeugt zugleich von der hohen fachlichen Meisterschaft<br />
sächsischer Ingenieure und Facharbeiter, an die mit dem Nachbau in hervorragender<br />
Weise angeknüpft wird.<br />
Entstanden sind bisher die komplette<br />
Karosserie mit Stahlrohrrahmen,<br />
Cockpit, Sitz und Instrumententafel.<br />
Das klingt im ersten Moment unspektakulär,<br />
ändert sich aber sofort,<br />
wenn man bedenkt, dass das Projektteam<br />
unter Leitung des erfahrenen<br />
Automobilingenieurs Rainer Mosig<br />
buchstäblich bei Null anfing. Einige<br />
Fotos und die kurzzeitige Leihgabe<br />
eines im Besitz der Audi AG befindlichen<br />
Rennwagens Typ C, an dem<br />
Messungen durchgeführt werden<br />
konnten, war alles, was an Unterlagen<br />
zur Verfügung stand. Keine Konstruktionszeichnungen,<br />
keine Teile-<br />
Stücklisten, schon gar kein Geld lagen<br />
bereit. Dafür gingen die Akteure<br />
mit einer ungeheuren Portion Mut<br />
und Enthusiasmus an die Arbeit und<br />
fanden bald Mitstreiter. In welche<br />
Dimensionen sie sich bewegten, zeigen<br />
zwei Preise. Der Nachbau eines<br />
solchen Fahrzeugs kostet bei den britischen<br />
Spezialisten Crosthwaite &<br />
Gardiner um die 1,5 Millionen Euro.<br />
Das Auktionshaus Christies wollte<br />
kürzlich einen Auto Union Rennwagen<br />
Typ D aus dem Jahr 1939 versteigern:<br />
Schätzpreis zwischen 8,8 und<br />
12 Millionen Euro.<br />
„Der Auto Union Rennwagen Typ C<br />
ist ein echtes Stück Zwickauer Automobilbaugeschichte.<br />
Deshalb gehört<br />
er ins Horch Museum. Im Zuge der<br />
Wiedereröffnung verfestigte sich bei<br />
uns die Idee, einen Nachbau selbst zu<br />
wagen und damit zugleich zu bewei-<br />
Auch der ehemalige VW-Vorstandsvorsitzende, Prof. Dr. Carl H. Hahn, zollte dem Nachbau des Typ C durch<br />
den Förderverein des Horch Museums seinen Respekt. Auf dem Foto links zu sehen mit dem Projektleiter<br />
Rainer Mosig (mitte) und Museumsdirektor Rudolf Vollnhals.<br />
AufgeHorcht<br />
02/20<strong>07</strong> 11
sen, dass auch heute die Fachkompetenz<br />
in Sachsen vorhanden ist, um<br />
solch ein Projekt zu realisieren“,<br />
informieren Dr. Rainer Albrecht, Präsident<br />
des Gemeinnützigen Fördervereins<br />
Automobilmuseum August<br />
Horch Zwickau e.V., und Rainer<br />
Mosig, Präsidiumsmitglied und Projektleiter<br />
für den Nachbau, über die<br />
Geburt dieses überaus anspruchsvollen<br />
Vorhabens.<br />
Ein wesentlicher Förderer ist die FES<br />
GmbH Fahrzeug-Entwicklung Sachsen<br />
in Zwickau. Hier begannen 2004<br />
in Zusammenarbeit mit dem Förderverein<br />
und weiteren Sponsoren die<br />
ersten Planungen. In Tausenden<br />
ehrenamtlichen Stunden haben<br />
Ingenieure, Fördervereinsmitglieder<br />
sowie Studenten der Westsächsischen<br />
Hochschule Zwickau (WHZ) die<br />
Fahrzeugkonstruktion nahezu vollständig<br />
rekonstruiert. Bis auf einige<br />
Teile des Triebwerks liegen momentan<br />
alle Daten im modernen CAD-<br />
System CATIA V5 vor.<br />
Bei der FES entstand auch im Wesentlichen<br />
die Karosserie. Die Restaurationsfirma<br />
Werner Zinke aus<br />
Zwönitz stellte die Instrumente für<br />
das Cockpit zur Verfügung. Die IAV<br />
GmbH in Chemnitz fertigte Teile der<br />
Lenksäule und das Pedalwerk. Die<br />
Polsterung des Sitzes sowie die Ummantelung<br />
des Lenkrades übernahm<br />
die Sattlerei Dietrich in Werdau. Die<br />
komplette Karosserie wurde bei der<br />
ATC Autotechnik-Center GmbH<br />
Glauchau silbergrau lackiert und anschließend<br />
bei der FES montiert.<br />
Der ADAC Sachsen, die Sparkasse<br />
Zwickau, die Schnellecke Gruppe,<br />
die KoKi Technik Niederwürschnitz,<br />
Scholz Recycling Zwickau, Theo Förch<br />
Zwickau, das Tower Automotive<br />
Presswerk Zwickau, die Zwickauer<br />
Energieversorgung sowie die Regio-<br />
12<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Fachsimpeln am alten neuen „Silberpfeil“. Rainer<br />
Mosig (Mitte) u. a. im Gespräch mit FES-AES-<br />
Geschäftsführer Frank Weidenmüller (l.).<br />
Sponsorenleistungen für den Nachbau des Auto-Union-Rennwagens Typ C<br />
Firma/Institution<br />
ADAC Sachsen<br />
ATC Autotechnik-Center GmbH Glauchau<br />
Audi AG<br />
Behr Industrie Reichenbach GmbH<br />
FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung<br />
Sachsen, Auto-Entwicklungsring Sachsen<br />
GmbH Zwickau<br />
IAV GmbH Chemnitz<br />
IHK Regionalkammer Zwickau<br />
Keller & Kalmbach GmbH Chemnitz<br />
Kesselbau GmbH Meerane<br />
KoKi–Technik Niederwürchnitz<br />
Lackiererei Vogel Zwickau<br />
Mittelsächsische Kunststoff- und<br />
Metallveredlung GmbH Oberlungwitz<br />
MTM Metalltechnik GmbH<br />
Sattlerei Dietrich Werdau<br />
Schnellecke Group Sachsen<br />
Scholz Recycling Zwickau<br />
Sparkasse Zwickau<br />
Theo Förch GmbH & Co KG Zwickau<br />
Tower Automotive Presswerk Zwickau<br />
VW Bildungsinstitut GmbH Zwickau<br />
VW Sachsen GmbH Mosel<br />
Westsächsische Hochschule Zwickau,<br />
Fachbereiche Kraftfahrzeugtechnik,<br />
Fertigung/Technologie<br />
Werkzeug Adler Werdau<br />
Werner Zinke Technische<br />
Restaurationen Zwönitz<br />
ZIS Schweißtechnik Meerane<br />
Zwickauer Energieversorgung GmbH<br />
Leistung<br />
Geldspende<br />
Lackierung von Karosserie und<br />
Rohrrahmen<br />
Bereitstellung von Konstruktionsdaten<br />
für Triebwerk tw. und eines<br />
Vergleichfahrzeuges Typ C<br />
Beschichtung Kraftstofftank<br />
Unterstützung Projektleitung,<br />
Unterstützung Konstruktion,<br />
Baugruppen, Fertigung Karosserie,<br />
Chassisrahmen und Cockpit,<br />
Karosseriemontage und Dokumentation<br />
Fertigung Lenksäule, Pedalwerk und<br />
Fahrwerkteile<br />
Geldspende<br />
Bereitstellung von Normteilen und<br />
Werkzeugen<br />
Biegen der Chassisrohre<br />
Geldspende<br />
Außenlackierung Kraftstofftank<br />
Verchromung von Karosserie- und<br />
Fahrwerkteilen<br />
Fertigung von Rohrrahmenteilen<br />
Sitzpolsterung und<br />
Lenkradummantelung<br />
Geldspende<br />
Geldspende<br />
Geldspenden<br />
Geldspende<br />
Geldspende<br />
Fertigung mechanischer Teile<br />
Fertigung Fahrwerkteile<br />
Praktikumstätigkeit bei<br />
Auto-Entwicklungsring Sachsen GmbH<br />
und Teilefertigung<br />
Bereitstellung Normteile/Werkzeuge<br />
Fertigung Instrumente und Öl- und<br />
Wasserkühler<br />
Lieferung Chassisrohre<br />
Geldspende
nalkammer Zwickau der IHK Südwestsachsen<br />
spendeten Geld und<br />
befördern damit die Arbeiten am<br />
Rennwagen mit einer insgesamt beträchtlichen<br />
fünfstelligen Summe.<br />
Viele weitere Firmen unterstützen<br />
das Projekt mit materiellen Leistungen<br />
(Aufstellung aller Sponsoren siehe<br />
Tabelle S. 12).<br />
In einer Gemeinschaftsveranstaltung<br />
mit der Sparkasse Zwickau Anfang<br />
Juli hat sich der Förderverein bei<br />
allen Sponsoren und Helfern bedankt<br />
und das Ergebnis der ersten<br />
Baustufe präsentiert. Ein besonderer<br />
Dank galt an diesem Abend dem rastlosen<br />
Projektleiter Rainer Mosig. Er<br />
erhielt die Ehrenmitgliedschaft des<br />
Vereins. Noch mehr Enthusiasmus<br />
für das Voranschreiten des Nachbaus<br />
verbreitete der Vorstandsvorsitzende<br />
der Sparkasse Zwickau, Heinrich<br />
Zilker. Er zeigte, dass es seinem Institut<br />
sehr ernst ist mit der weiteren<br />
Unterstützung des Rennwagen-Projektes<br />
und übergab an Fördervereins-Präsident<br />
Dr. Rainer Albrecht<br />
einen Scheck in Höhe von 3000 Euro.<br />
Das Geld soll für die Fertigung der<br />
Räder genutzt werden.<br />
Gegenwärtig laufen die Arbeiten an<br />
Fahrwerk, Kühl- sowie Hydrauliksystem.<br />
Probleme bereitet noch das<br />
Triebwerk. Zwar ist an der Technischen<br />
Universität Dresden ein damals<br />
verwendeter Original 16-Zylinder-V-<br />
Motor vorhanden, doch gestaltet sich<br />
die in Erwägung gezogene Nutzung<br />
Blick ins Cockpit.<br />
Rennwagen-Projektleiter Rainer Mosig (r.) erhält die<br />
Ehrenmitgliedschaft für den Förderverein des August<br />
Horch Museums aus den Händen von Vereinspräsident<br />
Dr. Rainer Albrecht.<br />
Erneut eine Geldspende – diesmal in Höhe von 3000<br />
Euro – überbrachte die Sparkasse Zwickau dem Förderverein<br />
des Horch Museums für den Nachbau des<br />
Auto Union Rennwagens Typ C. Der Vorstandsvorsitzende<br />
Heinrich Zilker (l.) überreichte den Scheck<br />
an Vereinspräsident Dr. Rainer Albrecht anlässlich der<br />
Dankesveranstaltung für die Sponsoren und Helfer<br />
am Rennwagen-Projekt Anfang Juli.<br />
Fotos: Frank Reichel<br />
äußerst schwierig. Sollte kein anderes<br />
geeignetes Aggregat gefunden<br />
werden, wird der Förderverein wie<br />
bereits bei den jetzt vorhandenen<br />
Komponenten selbst an Nachkonstruktion<br />
und Nachbau gehen.<br />
Ina Reichel<br />
AufgeHorcht<br />
Weitere Unterstützung für<br />
das Projekt Nachbau<br />
Rennwagen Typ C nimmt<br />
der Förderverein gern<br />
entgegen:<br />
Gemeinnütziger<br />
Förderverein<br />
Automobilmuseum<br />
August Horch Zwickau e.V.<br />
Audistraße 7<br />
08058 Zwickau<br />
Tel. 0375-2706587<br />
(dienstags und donnerstags<br />
jeweils 9.00 bis 11.00 Uhr)<br />
Fax 0375-2706587<br />
Spendenkonto:<br />
Sparkasse Zwickau<br />
BLZ 870 550 00<br />
Konto-Nr. 22 12 00 03 51<br />
Kennwort: RWC<br />
02/20<strong>07</strong> 13
AufgeHorcht<br />
Ein Pkw für Ost und West<br />
Die Entwicklung des Auto<br />
Union DKW F9 und seine<br />
jahrzehntelangen Wirkungen<br />
1938/39 begann die Auto Union die Entwicklung des<br />
DKW F9. Es entstanden erste Musterfahrzeuge. Das<br />
neue Modell sollte neben den bewährten DKW-Typen<br />
Reichs- und Meisterklasse in Zukunft die Hohe Klasse<br />
bilden und dabei im Folgejahr die Sonderklasse und später<br />
die Meisterklasse ablösen. Mit dieser Neuentwicklung<br />
galt es einerseits, die Konkurrenzfähigkeit der Auto Union<br />
DKW-Wagen der unteren Leistungsklasse besonders gegenüber<br />
Opel-Fahrzeugen dieser Kategorie zu verbessern,<br />
und andererseits den neuen Anforderungen für<br />
Autobahnfahrten anzupassen.<br />
1936 setzte die Adam Opel AG mit dem P4, dem<br />
Olympia und dem Kadett wesentlich mehr Pkw der<br />
Leistungsklasse bis ca. 30 PS mit Viertaktmotoren ab als<br />
14<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Teil 1<br />
Im DKW F9 sehen Experten das reifste Produkt der<br />
Auto Union. Der kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkriegs<br />
entwickelte Pkw verkörpert ein sächsisches Erzeugnis,<br />
das noch jahrzehntelang gesamtdeutsch wirkte.<br />
Der Dreizylinder-Zweitaktmotor wurde über 40<br />
Jahre in Deutschland genutzt. Er war in der DDR Basis<br />
vom IFA F9 bis zum Wartburg. In der BRD wurde die<br />
von der Auto Union geschaffene strömungsgünstige<br />
Karos-serieform des F9 rund 25 Jahre angewendet. Der<br />
DKW F9 war ein Pkw für Ost und West. Prospekt der IFA-Vereinigung volkseigener Fahrzeugwerke vom März 1949.<br />
die Auto Union, die diesen Leistungsbereich mit Zweitaktmotoren<br />
ausstattete. Die Opel-Typen Olympia und<br />
Kadett hatten geschweißte, selbsttragende Blechkarosserien,<br />
waren mit Vierzylinder-Viertaktmotoren und<br />
hydraulischen Bremsen ausgestattet. Diese Fahrzeuge<br />
galten als außerordentlich preiswürdig und modern in<br />
ihrer Gestaltung. Die Fertigungsstätte in Rüsselsheim<br />
umfasste sowohl die Motoren- und Karosseriefertigung<br />
als auch die Endmontage der Fahrzeuge.<br />
Die DKW-Wagen der Reichs- und Meisterklasse wiesen<br />
einen von Jörg Skafte Rassmussen im Jahre 1931 initiierten,<br />
in Folge ständig weiterentwickelten und bewährten<br />
Frontantriebsblock mit gemischgeschmierten Zweitaktmotoren<br />
von 18 bzw. 20 PS auf. Dieser Antriebsblock<br />
DKW-Zweizylinder-Frontantriebsblock mit Schnürle-Umkehrspülung. Vierzylinder-V-Motor mit zwei Ladepumpen für DKW-Sonderklasse 1937.
umfasste neben dem Motor ein 3-Ganggetriebe mit<br />
Rückwärtsgang, ein angeblocktes Differenzialgetriebe<br />
und eine Anlass-Lichtmaschine. Ein Rahmen trug den<br />
DKW F9 im IFA-Prospekt von 1949, dessen Aufnahmen 1940 entstanden.<br />
Frontantriebsblock und eine außen mit Kunstleder bezogene<br />
Holzkarosse, wobei jedoch Kotflügel, Kühlerhaube<br />
und Frontpartie aus Blech bestanden. Die Reichs- und<br />
Meisterklasse erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden<br />
in hohen Stückzahlen verkauft. Zeitweise konnte die<br />
Nachfrage nach diesen Typen wegen fehlender Fertigungskapazität<br />
nicht befriedigt werden.<br />
DKW unter Rasmussen und später auch die Auto Union<br />
setzten für Fahrzeuge der nächst höheren Leistungsklasse<br />
Zweitaktmotoren mit vier Zylindern in V-Anordnung<br />
und Fremdspülung ein. Deren Leistung betrug 32 PS in<br />
den Jahren nach 1935. Jeder Zylinderreihe war zusätzlich<br />
ein doppeltwirkender Ladepumpenzylinder zugeordnet,<br />
der beide Zylinder seiner Reihe über Spülkanäle<br />
mit Brennstoff-Luft-Gemisch speiste. Die Schmierung<br />
des Motors erfolgte über ein Druckumlaufsystem für das<br />
Triebwerk. Diese V-Motoren waren in ihrer Bauart generell<br />
aufwändig, bereiteten vielfältige Schwierigkeiten,<br />
und der Kraftstoffverbrauch war hoch. Die Schwebeund<br />
Sonderklasse von DKW wiesen diese V-Motoren mit<br />
einem konventionellen Hinterradantrieb auf.<br />
AufgeHorcht<br />
1937 erfolgte die Ablösung der Schwebe- durch die Sonderklasse.<br />
Die Schwebeklasse basierte auf einer außen<br />
mit Kunstleder bezogenen Holzkarosserie, die selbsttragend<br />
und in ihrer Form in Ansätzen aerodynamisch<br />
angepasst ausgeführt war. Die Karosserie entsprach<br />
einerseits nicht dem Zeitgeschmack und andererseits<br />
war ihre Stabilität unbefriedigend.<br />
Die Sonderklasse erhielt deshalb eine Blechkarosserie mit<br />
Holzskelett, das mit entsprechenden Formblechen beplankt<br />
war. Ihre äußere Form wies Ähnlichkeit mit den neuen Wanderer-Automobilen<br />
W23 und W24 der Auto Union auf und<br />
wirkte wesentlich gefälliger als die Schwebeklasse. Der<br />
fremdgespülte Vierzylinder-V-Zweitaktmotor mit 32 PS wurde<br />
wiederum eingesetzt. Die Verkaufzahlen blieben niedrig.<br />
Für eine wirtschaftlich optimale Fertigung der DKW-Wagen<br />
bildeten die örtlich verteilten Fertigungsstätten ein Hindernis.<br />
Für die DKW-Frontantriebsmodelle wurden Motor<br />
und Getriebe in Zschopau, Rahmen, Lenkung und<br />
Antriebsteile in Zwickau, Karosserien in Berlin/Spandau,<br />
Elektroteile und Dynastart in Chemnitz hergestellt. Die<br />
Endmontage erfolgte in Zwickau. Diese Struktur ergab<br />
sich aus den von Rasmussen für DKW aufgekauften und<br />
1931 in die Auto Union übernommenen Betriebsstätten.<br />
Die in kleinen Stückzahlen produzierten DKW-Modelle<br />
mit Hinterradantrieb wurden in Berlin/Spandau montiert,<br />
wo auch die zugehörigen Karosserien hergestellt<br />
wurden. Motoren, Getriebe und andere Baugruppen<br />
kamen von den sächsischen Standorten.<br />
1937 erfolgte eine Vereinheitlichung von Baugruppen<br />
der DKW-Frontantriebsmodelle Reichs- und Meisterklasse<br />
zur Rationalisierung der Fertigung. Der V-Motor mit Ladepumpe<br />
für die Sonderklasse mit seinem hohen technischen<br />
Aufwand bildete einen Widerspruch zur Einfachheit<br />
von Mehrzylinder-Zweitaktmotoren. Die Relationen<br />
zwischen technischem Aufwand sowie Leistung, Kraftstoffverbrauch<br />
und Betriebssicherheit legten eine Ablösung<br />
des V-Motors nahe.<br />
Bereits Mitte des Jahres 1934 wies der Auto Union-Mitarbeiter<br />
Dr.-Ing. Herbert Venediger in der ATZ (Automobiltechnische<br />
Zeitschrift) auf die besondere Eignung<br />
von Dreizylinder-Zweitaktmotoren mit Kurbelgehäusespülung<br />
und einem Hubraum bis 350 ccm pro Zylinder zum<br />
Antrieb eines „billigen Volksfahrzeuges“ hin. Gemessen<br />
an den bewährten 700 ccm DKW Zweizylinder-Zweitaktmotoren<br />
mit 20 PS war zu damaliger Zeit für einen<br />
Dreizylindermotor mit etwa gleichem Zylindervolumen<br />
eine Leistung um 30 PS zu erwarten.<br />
Die DKW-Schwebeklasse entsprach nach 1935 nicht mehr dem Zeitgeschmack. Die Sonderklasse löste 1937 die Schwebeklasse ab.<br />
02/20<strong>07</strong> 15
AufgeHorcht<br />
Venediger war von Rasmussen auf Grund seiner<br />
Dissertation, die sich mit der Verbesserung von Zweitaktmotoren<br />
befasste, Anfang der 1930er Jahre als Leiter<br />
der Entwicklungsabteilung in Zschopau eingestellt<br />
worden. Er initiierte<br />
in der Auto<br />
Union den Erwerb<br />
einer ausschließlichen<br />
Lizenz für<br />
die Anwendung<br />
der Schnürle-Umkehrspülung<br />
bei<br />
Zweitakt-Ottomotoren.<br />
Die FirmaKlöckner-Humboldt-Deutz<br />
war Inhaber<br />
der Patente,<br />
sie nutzte die<br />
Schnürle-Umkehrspülung<br />
jedoch nur<br />
für ihre großen<br />
Zweitaktdieselmotoren.<br />
Venediger<br />
leitete die Einführung<br />
der Um-<br />
kehrspülung bei den DKW-Zweitaktmotoren für Motorräder,<br />
Automobile und stationären Einsatz. Er schuf dabei<br />
patentierte Verbesserungen für die Ladungswechselund<br />
Spülkänäle von Zweitaktmotoren. Mitte der 1930er<br />
Jahre wirkte er in der Patentabteilung der Auto Union,<br />
später war er jedoch wieder im DKW-Versuch tätig.<br />
Anfang 1935 regte Dr. Carl Hahn, Vorstandstandsmitglied<br />
der Auto Union und DKW-Verkaufsdirektor, bei<br />
dem für die technische Entwicklung verantwortlichen<br />
Vorstandsmitglied Dr. William Werner die Verbesserung<br />
der DKW-Meisterklasse durch einen stärkeren Dreizylinder-Zweitaktmotor<br />
mit 26 bis 28 PS an. Er brachte<br />
damit die bereits von Dr. Venediger in der ATZ veröffentlichten<br />
Schlussfolgerungen zum sinnvollen Einsatz<br />
von Dreizylinder-Zweitaktmotoren in „Volksfahrzeugen“<br />
in die Vorstandsetage der Auto Union. Eine kurz darauffolgende<br />
Besprechung mit Dr. Werner, Dr. Hahn und<br />
den Direktoren der an der DKW-Fahrzeugfertigung<br />
beteiligten Werke Audi Zwickau, DKW Zschopau und<br />
Berlin/Spandau sowie Fachleuten der Motoren- und<br />
Fahrzeugentwicklung führte mutmaßlich zum Beginn der<br />
Entwicklung von Dreizylinder-Zweitaktmotoren.<br />
1936/37 erfolgten Studien zur kompakteren Gestaltung<br />
von DKW-Wagen in der neu in Chemnitz geschaffenen<br />
Zentralen Entwicklungs- und Versuchsabteilung. Der<br />
Antriebsblock dieser kompakteren Fahrzeuge sollte sich<br />
über der Vorderachse erstrecken, wobei der Motor vor<br />
bzw. teilweise über der Achse lag und das Getriebe sich<br />
in Fahrtrichtung gesehen hinter der Achse befand.<br />
Vorgesehen waren Zweizylinder-Zweitaktmotoren mit<br />
Zylindern in Reihen- bzw. in Boxeranordnung. Beide<br />
Ausführungen ergaben eine geringere Länge des Motorraumes<br />
als bei der bisherigen Anordnung des Frontantriebsblockes.<br />
Dieser Vorteil entstand, weil ein großer<br />
Teil des Antriebsblockes sich zwischen den Rädern<br />
erstreckte. Nur zwei Patentschriften dokumentieren diese<br />
Lösungen. Bilddarstellungen sind nicht bekannt geworden.<br />
16<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Dr.-Ing. Herbert Venediger.<br />
Deutsches Reichspatent DRP 726 370 von 1937: Frontantriebsblock mit<br />
Zweizylindermotor, der sich vor und über der Antriebsachse quer erstreckt.<br />
Deutsches Reichspatent DRP 723 332 von 1936: Frontantriebsblock mit vor<br />
der Vorderachse angeordnetem Boxermotor.<br />
Durch Patente und Zeichnung belegt, begannen 1937<br />
die Entwicklung von Dreizylinder-Zweitaktmotoren und<br />
Studien für die Gestaltung eines Antriebsblockes mit<br />
einem solchen Motor. Aus dem Patent DE 744 911 der<br />
Auto Union ist erkennbar, dass als Versuchsträger modifizierte<br />
DKW F7 bzw. Vorserienfahrzeuge DKW F8 dienten.<br />
Der Dreizylindermotor war an einem bekannten<br />
DKW Frontantriebsblock quer zur Fahrtrichtung angeordnet<br />
und mittels einer dreireihigen Rollenkette in<br />
bekannter Weise angekoppelt. Vom Schwungrad des<br />
Motors erfolgte der Abtrieb über einen zwischengeschalteten<br />
Freilauf zum Abtriebskettenrad. Ein üblicher<br />
Anlasser griff in eine Verzahnung des Schwungrades ein.<br />
Auf der anderen Seite der Kurbelwellen erfolgte mittels<br />
eines Keilriementriebs der Antrieb einer in Höhe des<br />
F9-Motor für Quereinbau, Zeichnung vom Dezember 1937 (Ausschnitt).
Zylinderkopfes angeordneten Lichtmaschine. Am Ende<br />
der Kurbelwelle war ein Zündnocken platziert, der über<br />
eine Dreihebel-Unterbrecherplatte die Zündung aller<br />
Zylinder steuert. Ähnlich wie bei den DKW Zweizylindermotoren<br />
war jedem Zylinder ein Unterbrecher und<br />
eine Zündspule zugeordnet.<br />
1938 begann die Entwicklung des F9 neben der Weiterentwicklung<br />
zur Vereinheitlichung der DKW-Reichs-<br />
und Meisterklasse. Die Karosserie des F9 entstand parallel<br />
mit der Stromlinienkarosserie des Auto Union-<br />
Stromlinien-Horchs. Dieser Horch 930 S wurde zur<br />
Internationalen Automobilausstellung in Berlin im Februar<br />
1939 erstmalig in der Öffentlichkeit gezeigt. Zu diesem<br />
Zeitpunkt war noch keine Patentanmeldung für die<br />
Karosserieform beim Reichspatentamt eingereicht worden.<br />
Dies offenbart die spätere Patentanmeldung, für<br />
welche die Ausstellungspriorität in Anspruch genommen<br />
wurde. Dieser Umstand lässt auf eine sehr kurzfristige<br />
Konzipierung und Realisierung der Karosserieform<br />
schließen. Die patentierte Karosserieform „mit einer der<br />
durch den Fahrtwind erzeugten Luftströmung angepassten<br />
Oberfläche“ entsprach in Design und Ästhetik dem<br />
Zeitgeschmack und, wie die Zukunft zeigte, dies über<br />
viele Jahre. Sie war ein gelungener Kompromiss zwischen<br />
ansprechender Aerodynamik und Optik, wobei<br />
der Luftwiderstand gegenüber damals üblichen Karosserieformen<br />
etwa 20 bis 25 Prozent geringer war.<br />
Im September 1939 standen drei F9-Musterfahrzeuge<br />
zur Verfügung, die im Werk Spandau montiert wurden.<br />
Die Zulieferungen erfolgten aus den sächsischen Auto<br />
Union-Betrieben. Der Antriebsblock, bei dem die Wellen<br />
von Motor und Getriebe in Fahrtrichtung angeordnet<br />
waren, erstreckte sich mit einem Teil des Motors, dem<br />
Kupplungsgehäuse und dem Getriebe durch den Bereich<br />
zwischen den Vorderrädern. Dies brachte eine gute Raumausnutzung<br />
und eine gleichmäßige Belastung der Vorderräder<br />
durch den Antriebsblock bei allen Fahrzuständen.<br />
Eine mehrtägige Erprobungsfahrt u. a. in die Alpen, die<br />
Dr. Hahn und zwei Mitarbeiter der Entwicklung im<br />
Oktober 1939 mit einem der F9-Musterfahrzeuge unternahmen,<br />
zeigte, dass Motor und Getriebe zum Gesamtfahrzeug<br />
gut abgestimmt waren. Die erreichten Fahrleis-<br />
Deutsches Bundespatent DBP 767 439: Patentschrift für einen „Wagenkasten mit einer der<br />
Luftströmung angepassten Oberfläche“. Eine entsprechende Karosserie hatte erstmals der Horch<br />
930 S. Der F9 weist eine stilistisch gleichartige, jedoch in sich harmonischere Außenform auf.<br />
AufgeHorcht<br />
Deutsches Bundespatent DBP 919 929: Frontantriebsblock des F9 von 1939.<br />
Der Dreizylindermotor liegt weit vor der Vorderachse.<br />
tungen waren mit denen des Auto Union Wanderer-<br />
Wagens W24 mit einem 42 PS -1,8 l Viertaktmotor vergleichbar.<br />
Es wurden hohe Dauergeschwindigkeiten und<br />
als Höchstgeschwindigkeit ca.110 km/h erreicht. Im Typenblatt<br />
des 900 ccm Motors war die Leistung mit 30 PS<br />
angegeben. Die Bremsen des Fahrzeugs erwiesen sich<br />
als zu schwach und besonders wegen der beachtlichen<br />
Fahrleistungen als dringend änderungsbedürftig.<br />
In der Öffentlichkeit erregte der F9 Aufsehen: „Wo immer<br />
wir hielten, fand der Wagen größte Beachtung und<br />
Neugier. Im ersten Moment wurde er von den Leuten<br />
immer als Volkswagen angesprochen. Jedenfalls hat er<br />
allen Leuten, die uns ansprachen, gefallen“, schreibt<br />
Dr. Hahn in seinem Bericht. Dieser endet, unter der<br />
Voraussetzung, dass besonders die Mängel an den Bremsen<br />
abgestellt werden, mit folgender Einschätzung,<br />
„dann ist uns mit dem F9 ein Wurf geglückt, wie weder<br />
in der Auto Union noch in der deutschen Kraftfahrzeugindustrie<br />
in den letzten Jahren in ähnlicher Weise dies<br />
bisher der Fall war. Ich kann nur sagen, der F9 ist ein<br />
Fahrzeug, das Jeden begeistern muss!“<br />
Ein langsamer Serienanlauf des DKW F9 war für 1940 geplant,<br />
womit die Ablösung der Sonderklasse mit dem<br />
Vierzylinder-Ladepumpenmotor erfolgen sollte. Trotz des<br />
Krieges gab es eine mehrjährige Planung für die F9-Produktion<br />
bis zur Ablösung des DKW F8, auch<br />
entsprechende Kalkulationen der Kostengestaltung<br />
wurden vorgenommen. Aus heutiger<br />
Sicht waren diese Planungen von einem unverständlichen<br />
Optimismus getragen, dass ein<br />
baldiges Kriegsende nahe sei. Im gleichen<br />
Jahr entstand auch eine Serie von Werbeaufnahmen<br />
mit einem der F9-Musterfahrzeuge.<br />
Diese sollten erst nach dem Krieg, im Jahre<br />
1949, zur Gestaltung des ersten F9-Prospekt<br />
der volkseigenen IFA-Betriebe Verwendung<br />
finden. Obwohl sich der Krieg stetig ausweitete<br />
und letztendlich fast ausschließlich Kriegsmaterial<br />
produziert werden musste, wurde<br />
die F9-Entwicklung bis etwa 1943 in unauffälligem<br />
Umfang weitergeführt.<br />
Walter Siepmann<br />
Fotos/Illustrationen: Archiv des Autors,<br />
Archiv Thomas Erdmann<br />
Fortsetzung folgt<br />
02/20<strong>07</strong> 17
AufgeHorcht<br />
Der Trabant wird 50<br />
Am 7. November 1957<br />
startete in Zwickau die<br />
Produktion des Kleinwagens<br />
3.096.099 mal wurde er zwischen 1957 und 1991<br />
gebaut: Der Trabant war damit der meist produzierte<br />
Pkw in der DDR. Der Autor dieses Beitrags erinnert an<br />
den Produktionsstart vor 50 Jahren. Er hat wesentlich an<br />
der Entwicklung der Kunststoffkarosserie mitgearbeitet.<br />
Vorgeschichte<br />
In AufgeHorcht 02/2006 wurde ausführlich über die<br />
Entwicklung der Kunststoffkarosserie in der früheren<br />
DDR berichtet. Ende 1953 begann im damaligen<br />
Forschungswerk des Automobilbaues der DDR in<br />
Chemnitz die Entwicklung des Kleinwagens P50, später<br />
zur Unterscheidung als Ur-P50 bezeichnet. Initiator war<br />
der Hauptverwaltungsleiter des Fahrzeugbaus, Oberingenieur<br />
Kurt Lang. Der Produktionsanlauf der Neuentwicklung<br />
war jedoch 1954/55 nicht möglich. Es fehlten<br />
die Blechpresswerkzeuge für den Plattformrahmen<br />
und das Karosseriegerippe. Der dafür zuständige Betrieb,<br />
Formenbau Schwarzenberg, war durch Großaufträge für<br />
VW Wolfsburg, Pressformen für die Umstellung des F9<br />
auf den Wartburg für das Automobilwerk Eisenach und<br />
Blechumformwerkzeuge für den P240 für das Kraft-<br />
18<br />
02/20<strong>07</strong><br />
P70 Kombi aus der Produktion des Automobilwerkes<br />
AWZ Zwickau mit gleichen Kunststoffformteilen<br />
wie der Ur-P50.<br />
Ur-P50 des WTZ Automobilbau in Chemnitz mit<br />
dem IFA Zeichen in der Attrappe.<br />
fahrzeugwerk Horch in Zwickau gebunden. Der<br />
Serienanlauf des neuen Kleinwagens und damit der<br />
Kunststoffkarosserie hätte erst 1956 oder später erfolgen<br />
können. Als Zwischenlösung entstand ungeplant als<br />
Schwarzentwicklung der P70. Fahr- und Triebwerk<br />
waren vom DKW F8. Die Kunststoffkarosserieteile des<br />
Ur-P50 wurden auf einem Karosseriegerippe aus Holz<br />
befestigt. Der P70 war für die Kunststoffkarosserie-<br />
Entwicklung ein Glücksfall. Die notwendige Passgenauigkeit<br />
zum Karosserieskelett aus Stahlblech hätte sicher<br />
am Anfang zu unüberwindlichen Schwierigkeiten<br />
geführt. Die Montage auf einem Holzgerippe war einfacher.<br />
Die Nullserie des P70 begann am 1. April 1955, und<br />
Serienanlauf war am 1. Juli des gleichen Jahres. Der P70<br />
war mit seiner Kunststoffkarosserie die Sensation auf der<br />
Leipziger Herbstmesse 1955. Die Wirtschaftlichkeit des<br />
neuen Karosseriebaustoffes und seine Elastizität im<br />
Vergleich zu Karosserieblech erregten großes Aufsehen.<br />
1955 wurden noch 2193 P70 produziert. Das war der<br />
Start der Kunststoffkarosserie in der DDR.<br />
Der zweite P50 – die neue Karosserie<br />
Anfang 1956 begann die zweite Phase der Entwicklung<br />
des Kleinwagens P50, der, nach einem Preisausschreiben,<br />
im November 1957 den Namen Trabant erhielt. In<br />
AufgeHorcht 02/2006 wurde eingehend darüber berichtet.<br />
Die Entwicklung erfolgte im Automobilwerk<br />
Zwickau, vormals Audi, also im späteren Produktionsbetrieb.<br />
Eine zentrale Entwicklung der Fahrzeuge, wie<br />
beim Ur-P50, hatte sich für eine schnelle Umsetzung in
Ein 50-Kilo-Hammer schlägt auf eine F9 Kofferklappe, ohne das Kunststoffteil<br />
zu verformen. (Aufnahme von der Herbstmesse Leipzig 1955)<br />
die Produktion nicht bewährt. Die speziellen Bedingungen<br />
der Produktion wurden dabei zu wenig beachtet. Grundlage<br />
der zweiten P50-Entwicklung war der im FEW in<br />
Chemnitz entwickelte Ur-P50. Fahr- und Triebwerk<br />
waren seit 1954 an den vorhandenen Funktionsmustern<br />
eingehend erprobt worden. Es fehlte nur eine neue<br />
Karosserie mit den Produktionserkenntnissen aus dem<br />
nun schon ersten Jahr der P70-Fertigung. Als Chefkonstrukteur<br />
holte der damalige Technische Direktor<br />
des Automobilwerkes Zwickau, Dr. Winfried Sonntag,<br />
den Chef der Entwicklung des Ur-P50 im FEW<br />
Chemnitz, Oberingenieur Wilhelm Orth, nach Zwickau.<br />
Karosseriekonstrukteur war der von den Horchwerken<br />
bekannte Ing. Walter Ende. Die Gestaltung der Kunststoff-Formteile<br />
sowie deren Montage und Verbindungsmöglichkeiten<br />
lag in den Händen der Kunststoffexperten<br />
der Außenstelle Zwickau des FEW Chemnitz, Dipl.-Ing.<br />
Wolfgang Barthel und Dr.-Ing. Werner Reichelt. Bereits<br />
am 23. Mai 1956 war das Kopiermodell der neuen<br />
Karosserie fertig – ein 1:1 Holzmodell. Darauf konnten<br />
die ersten neuen Karosserieformteile aus Glasfaser-<br />
Polyesterharz für die Versuchsfahrzeuge hergestellt werden.<br />
Die Stahlguss-Pressformen für den Duroplast-<br />
Karosseriebaustoff mussten erst angefertigt werden. Die<br />
Entwicklung der Polyesterharztechnologie zur Erprobung<br />
der neuen Karosserieteile erfolgte in enger Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Autor dieses Artikels mit Dr.<br />
Wende in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin.<br />
Die Vorstellung des ersten P50 mit der neuen Karosserie<br />
mit den Polyesterteilen war am 23. Oktober 1956.<br />
Danach begann die Phase der Erprobung und der<br />
Vorbereitungen für die Nullserienproduktion.<br />
AufgeHorcht<br />
Abnehmen des Formteiles aus glasfaserverstärktem Polyesterharz vom<br />
Kopiermodell aus Holz. So wurden die ersten Kunststoffteile für den Musterbau<br />
gefertigt.<br />
Stand der Duroplastproduktion<br />
1957 wurde noch der P70 produziert. Im Automobilwerk<br />
Zwickau, vormals Audi, war im Juni 1956 im Werk III<br />
auch der P70 Kombi angelaufen. Leiter dieser neuen<br />
Fertigungsabteilung war Erich Klaus, vorher verdienstvoller<br />
Abteilungsleiter der Kunststoffteilefertigung.<br />
In dieser Phase galt es, noch viele Probleme in der Kunststoffkarosserieproduktion<br />
zu lösen, wie folgende Beispiele<br />
zeigen:<br />
– Das Vormaterial für die Pressstoff-Formteile wurde<br />
noch weitestgehend auf der Pelztrommel direkt an der<br />
Krempelmaschine gebildet. Erst in Herbst 1957 lief die<br />
von Dipl.-Ing. Wolfgang Barthel entwickelte erste Vliesstraße<br />
an. Die Automatisierung der Vormaterialfertigung,<br />
einschließlich des Zuschneidens der Formteile, erfolgte<br />
1958 mit dem Serienanlauf des späteren Trabant.<br />
Darstellung der Elastizität<br />
des Kunststoffdaches.<br />
02/20<strong>07</strong> 19
AufgeHorcht<br />
Karosseriegerippe des P50 mit den Durchbrüchen in den Türsäulen zur<br />
Befestigung der in die Kotflügel eingepressten Zungenbleche.<br />
– Die Pressformen bestanden noch aus Betongrundkörpern<br />
mit Stahlarmierung, und die Formschalen waren<br />
aus Bronze mit auf der Rückseite mit Deckblechen verschweißten<br />
Heiznuten. Die erste Hohlgussformschale<br />
aus Stahl, nach einer Entwicklung von Ing. Alfred<br />
Schädlich, wurde Anfang 1957 getestet.<br />
– Auch die Presstechnik zur Herstellung der Kunststoffteile<br />
bereitete noch große Probleme. Bei ungenügender<br />
Entlüftung im Anfang des Pressvorganges entstanden<br />
Bläschen in der Lackierung. Das beim Härtungsprozess<br />
des Phenolharzes entstehende Wasser musste<br />
in den ersten drei Minuten des Pressvorganges ausgelüftet<br />
werden. Anfangs erfolgte die Kontrolle über<br />
Lüftungsschreiber und später mit von Ing. Grauer entwickelten<br />
Lüftungsautomaten.<br />
– Sorgen bereitete in dieser Phase auch der Ausschussanteil<br />
wegen kleinerer Oberflächenfehler an den groß-<br />
Kostengegenüberstellung von Karosseriebaustoffen in der DDR.<br />
Duroplast war zusätzlich im Importanteil viel günstiger.<br />
20<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Firmenzeichen von AWZ<br />
Zwickau, vormals Audi, vor der<br />
Zusammenlegung mit dem Werk Horch.<br />
flächigen Formteilen. Erst nach der Entwicklung<br />
spezieller Nacharbeitsverfahren mit Spachtelmasse aus<br />
Epoxydharz wurde ein Ausschussanteil unter ein Pro-<br />
zent erreicht, für große Bauteile ein wichtiger<br />
Kostenfaktor.<br />
Zu diesen Problemen in der Kunststoffteileherstellung<br />
kam mit der Vorbereitung des Nullserienanlaufes die<br />
vollkommen neue Montagetechnik mit Kunststoffteilen<br />
auf einem Stahlgerippe. Beim P70 bestand das Karosserieskelett<br />
aus Holz. Die Nacharbeit und Anpassung<br />
war einfacher. Auch die notwendige Abdichtung<br />
zwischen der durch den Gummistempel auf der<br />
Rückseite unebenen Innenseite der Duroplastteile mit<br />
den Blechprofilen war neu. Dauerelastische Dichtbänder<br />
wurden notwendig.<br />
Die Befestigung der Kotflügel auf der Türsäule sollte<br />
anfangs mit Zungenblechen erfolgen. In den Türsäulen<br />
Vorgesehene Befestigungsart der Kotflügel an der Türsäule mit<br />
Zungenblechen.
waren deshalb viereckige Ausstanzungen vorgesehen,<br />
und in die Innenseite der Kotflügel wurden Zungenbleche<br />
eingepresst. An den Versuchsfahrzeugen erwies<br />
sich eine angepresste Kante am Türanschluss des Kotflügels<br />
als günstiger und wurde für die Nullserie bereits<br />
übernommen.<br />
Später entfielen diese Anfangsprobleme durch die<br />
Entwicklung geeigneter Klebstoffe und spezieller Klebeverfahren.<br />
Das war aber erst nach dem Bau eines Lacktrockenofens<br />
ab 1961 möglich.<br />
Die Nullserie<br />
Für die Nullserie musste im Werk AWZ eine neue<br />
Fertigungshalle errichtet werden. Unmittelbar an das<br />
Kunststoffwerk im Werk III grenzte eine nicht mehr<br />
benötigte Kammgarnspinnerei. In diesem großen Flachbau<br />
errichtete der damalige Haupttechnologe von AWZ,<br />
Ing. Fritz Hans, eine komplette Karosseriefertigung mit<br />
Gerippebau, Tauchgrundierung, Kunststoffteilemontage,<br />
Lackiererei und Karosserie-Fertigmacherei. Leiter dieses<br />
Gesamtkomplexes wurde Erich Klaus, zuletzt Leiter des<br />
P70-Kombibaues im Werk AWZ. In diesem Werkteil<br />
begann am 7. November 1957 die Nullserie des später<br />
Trabant genannten Kleinwagens P50.<br />
Der Plattformrahmen und das Karosseriegerippe wurden<br />
in der Nullserie und in der Anfangszeit der P50-<br />
Fertigung in einer Durchlaufanlage zinkphosphatiert und<br />
tauchgrundiert. Das führte zu einem relativ guten<br />
Korrosionsschutz. Später wurde zur Verringerung der<br />
Läuferbildung an den noch sichtbaren Blechteilen auf<br />
eine elektrophoretische Beschichtung und mit ihr auf<br />
Eisenphosphatierung des Karosseriegerippes umgestellt.<br />
Das führte zu Arbeitskräfteeinsparungen. Der Korrosionsschutz,<br />
insbesondere im Bereich der Bodenverstärkungen<br />
und Radkästen, wurde dadurch jedoch wesentlich<br />
verringert. Diese Haltbarkeitsreduzierung der tragenden<br />
Teile des Plattformrahmens konnte erst Ende 1988/<br />
Anfang 1989 durch den Import und die Wiedereinführung<br />
der Zinkphosphatierung und die nun kataphoretische<br />
Beschichtung von der Firma Herberts beseitigt<br />
werden. Begründung für den Import dieser Vorbehandlungs-<br />
und Beschichtungsstoffe aus der damaligen BRD<br />
war der überdimensional ansteigende Ersatzteilbedarf<br />
für die Blechteile der Bodenverstärkungen und Radkästen<br />
des Trabant. Man muss dabei bedenken, dass der<br />
Trabant in der DDR, bedingt durch die zu geringe<br />
AufgeHorcht<br />
Vormaterialbildung in der Anfangszeit auf der Pelztrommel an der<br />
Krempelmaschine.<br />
Erste Versuche der serienmäßigen Vormaterialbildung auf der<br />
Vliesstraße.<br />
Spätere Vliesstraße mit automatischer Zuschneideanlage für das<br />
Vormaterial vor dem Verpressen.<br />
Einlegen des Vormateriales in die Pressform. Der Pressformgrundkörper<br />
war in der Anfangszeit aus Beton mit Stahlarmierungen.<br />
02/20<strong>07</strong> 21
AufgeHorcht<br />
Fahrzeugproduktion, eine mittlere Lebensdauer von<br />
28,5 Jahren hatte. Diese Haltbarkeitsdauer wurde nur<br />
durch die korrosionsbeständigen Duroplastteile der<br />
Außenhaut und mehrfache Grundinstandsetzungen des<br />
Bodenbereiches mit sehr hohem Ersatzteilbedarf erreicht.<br />
Es entstanden sogar spezielle Betriebe zur<br />
Grundinstandsetzung von Pkw in der DDR.<br />
Ein ganz besonderes Problem für die Nullserie und den<br />
späteren P50-Anlauf war die Kombination Stahlblechgerippe<br />
mit Kunststoffkarosserieteilen. Neue und verbesserte<br />
Hilfsstoffe der chemischen Industrie waren<br />
notwendig. Vorrangig kamen dauerelastische Dichtbinden<br />
für die Abdichtung der unebenen Innenseite der<br />
Kunststoffteile zum Blechgerippe, spritzfähige Abdichtmassen,<br />
Regenleistenkitt, Punktschweißpasten, spezielle<br />
Klebstoffe u. a. zum Einsatz. Für die Nullserie wurden<br />
diese Stoffe teilweise aus der BRD importiert. Ein stän-<br />
22<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Trabant aus der Nullserie von vorn mit AWZ Emblem.<br />
Nach dem Serienanlauf war auf der Motorhaube<br />
das Sachsenringzeichen.<br />
Die Dachbefestigung erfolgte durch Einfalzen und Aufklemmen<br />
einer Zierleiste.<br />
diger Import war wegen fehlender Devisen nicht möglich.<br />
Auf Anregung des Generaldirektors des Automobilbaues<br />
in der DDR und des Initiators der Kunststoffkarosserie,<br />
Oberingenieur Kurt Lang, führte Dr. Mergenthaler von<br />
der Staatlichen Plankommission am 14. Mai 1958 in<br />
Auswertung der Nullserie mit den Forschungsleitern der<br />
für diese Stoffe zuständigen Industriezweige eine<br />
Beratung durch und bildete die AG Autochemie.<br />
Sie hatte die Entwicklung und Produktion dieser<br />
Hilfsstoffe zu koordinieren. Leiter für den Automobilbau<br />
wurde Dr. Reichelt. In dieser AG waren auch Vertreter<br />
der Automobilwerke. In kurzer Zeit gelangen die Entwicklung<br />
und Einführung der wichtigsten Hilfsstoffe und<br />
damit eine hohe Deviseneinsparung. Diese AG Autochemie<br />
bestand noch viele Jahre zur Koordinierung der<br />
Forderungen des Fahrzeugbaues der DDR an die Zulieferindustrie.<br />
Wesentliche Ergebnisse waren Karosseriehilfsstoffe,<br />
verbesserte Vorbehandlungs- und Anstrichstoffe,<br />
zinkstaubbeschichtete Karosseriebleche, verzinkte<br />
Bleche, hochfeste Karosseriebleche u. a. und deren<br />
Erprobung an Versuchsfahrzeugen. Die Einführung am<br />
Trabant und Wartburg entfiel jedoch durch die Wende<br />
und das Ende der Produktion.<br />
Vorbereitung des Serienanlaufes<br />
Die Nullserie mit 50 Fahrzeugen lief ohne größere<br />
Probleme ab. Die von Ingenieur Walter Ende gestaltete<br />
neue Karosserie hatte sich in der Fertigung im Wesentlichen<br />
bewährt. Damit war die Entwicklungsphase der<br />
Karosserie des P50 abgeschlossen.<br />
Anbringen des Vorderkotflügels. Auf dem vorgrundierten Gerippe<br />
liegt an der Kammlinie dauerelastisches Dichtband.
Eine größere Änderung wurde jedoch notwendig. An<br />
der Kammlinie wünschten die Gestalter keine die<br />
Schraubstellen überdeckende Zierleisten. Es wurden deshalb<br />
überlackierbare Polyamid-Profilschienen vorgesehen.<br />
Sie erwiesen sich als nicht formstabil und wurden nach<br />
der Lackierung wellig. Die Kotflügelformschalen mussten<br />
deshalb an der Oberkante nachgearbeitet werden. Ab<br />
Fortschrittszahl 800 wurden Zierleisten aus Aluminium<br />
an der Kammlinie angebracht.<br />
Der neue Kleinwagen brauchte auch einen Namen. Die<br />
Typenbezeichnung P50 reichte nicht mehr. Nach einem<br />
Preisausschreiben in der Betriebszeitung „Zündkerze“<br />
vom Herbst 1956 wurde am 25. November 1957, also<br />
während der Nullserienproduktion, der Name Trabant<br />
gewählt. Trabant = der Begleiter, war ein guter Vorschlag.<br />
Er kam von Herbert Mothes, einem Mitarbeiter<br />
der firmeneigenen Werbeabteilung.<br />
In der Zwischenzeit hatte Dr. Sonntag die Zusammenlegung<br />
von AWZ, also dem früheren Audiwerk in<br />
Zwickau, mit dem Horchwerk vorbereitet. Diese Zusammenlegung<br />
wurde notwendig für die vom Trabant<br />
geforderten Stückzahlen. Die Vorbereitung der Produktion<br />
des P240 wurde eingestellt. Am 1. Mai 1958 entstand<br />
so das Automobilwerk Sachsenring Zwickau.<br />
Betriebsdirektor wurde Ing. Herbert Uhlmann, der<br />
langjährige Betriebsdirektor des Horchwerkes. Technischer<br />
Leiter blieb Dr. Winfried Sonntag von AWZ.<br />
Dr. Werner Lang, der Technische Leiter der Horchwerke,<br />
wurde Chefkonstrukteur des vereinigten<br />
Betriebes und damit zuständig für die spätere Weiterentwicklung<br />
des P50-Trabant.<br />
P50 Trabant aus der Nullserie mit AWZ Zeichen<br />
und überlackierten Polyamidleisten<br />
an der Kammlinie.<br />
AufgeHorcht<br />
Nach der Nullserie und der Zusammenlegung wurde<br />
die Gerippefertigung in die 300-Meter-Halle des früheren<br />
Horchwerkes verlagert. Vor dem Serienstart lief ab<br />
10. Juli 1958 noch eine Vorserie mit 150 Fahrzeugen. Sie<br />
diente zum Test des Gerippebaues an dem neuen Fertigungsstandort<br />
im früheren Horchwerk. Der endgültige<br />
Serienanlauf war am 1. September 1958. In diesem Jahr<br />
wurden noch 1750 Trabant-Fahrzeuge produziert. 1959<br />
waren es weitere 19.824 Limousinen und 216 Kombis.<br />
Der Karosseriebau der Kombis erfolgte im Karosseriewerk<br />
Meerane, im früheren Werk Hornig. Die P70-<br />
Kombifertigung im Werk III von Sachsenring lief Mitte<br />
1959 aus, um mehr Produktionskapazität für den<br />
Trabant zu schaffen.<br />
Dr.-Ing. Werner Reichelt<br />
Fotos: Archiv des Autors<br />
P50 auf der Kunststoffteile-Montagestraße. Lackierung des Trabant mit noch 6 Schichten Nitrolack nach der<br />
Vorgrundierung der Kunststoff-Formteile mit Einbrenn-Haftgrund.<br />
Später wurden nur 3 Schichten Kunstharzlack aufgetragen.<br />
02/20<strong>07</strong> 23
AufgeHorcht<br />
E 15 war das Genehmigungszeichen für die DDR<br />
Die Entwicklung internationaler Bauvorschriften für Kraftfahrzeuge und die Anwendung beim Pkw Trabant<br />
Bereits 1949 hatte das Bestreben, den<br />
internationalen Straßenverkehr zu<br />
erleichtern, die Sicherheit auf den Straßen<br />
durch einheitliche Verkehrsregelungen<br />
zu erhöhen und Erleichterungen<br />
für die Hersteller zu schaffen, zu<br />
einem ersten Übereinkommen über<br />
den Straßenverkehr im Rahmen des<br />
Genfer Abkommens geführt. 1968<br />
wurde dieses Abkommen an die inzwischen<br />
veränderten Bedingungen<br />
angepasst.<br />
Zu dieser Zeit war es jedoch nicht<br />
gelungen, konkrete Forderungen festzulegen.<br />
Es wurden nur allgemeine<br />
Parameter und das Vorhandensein<br />
bestimmter Einrichtungen vorgeschlagen,<br />
über deren Anwendung nur in<br />
wenigen Fällen eine Einigung erzielt<br />
werden konnte. Die Vertragsparteien<br />
hatten sich jedoch verpflichtet, keine<br />
Vorschriften national zu erlassen, die<br />
dem Inhalt der „Wiener Konvention<br />
über den Straßenverkehr“, wie dieses<br />
Abkommen öffentlich hieß,<br />
widersprachen.<br />
Neben der Erhöhung der Sicherheit<br />
im Straßenverkehr gab es Anfang der<br />
1960er Jahre auch Bemühungen, die<br />
Sicherheit der Fahrzeuge zu erhöhen.<br />
So stellten Institute und Automobilfirmen<br />
von Zeit zu Zeit so genannte<br />
Sicherheitswagen als Experimentiermuster<br />
vor. 1967 erschien in den USA<br />
eine Fahrzeugstudie für ein Sicherheitsautomobil.<br />
In diesem Fahrzeug,<br />
das unter dem Namen „Republic“ oder<br />
auch „New York Safety Sedan“ bekannt<br />
wurde, waren 20 Sicherheitsnormen<br />
eingearbeitet. Im Dezember<br />
1966 veröffentlichte die National<br />
Traffic Agency diese Sicherheitsnormen<br />
und erklärte Sie ab 1. Januar<br />
1968 in den USA für verbindlich.<br />
Die DDR ist 1973 der „Wiener Konvention<br />
über den Straßenverkehr“<br />
beigetreten. Bereits 1981 waren 52<br />
Staaten Mitglied des Verkehrsabkommens<br />
bzw. hatten es ratifiziert.<br />
Die Straßenverkehrsordnung der<br />
DDR wurde 1977 diesem internationalen<br />
Abkommen angepasst. Seitdem<br />
gab es z. B. kein eigenes nationales<br />
Parkverbotsschild mehr, und die<br />
Regelungen beim Kreisverkehr waren<br />
an die internationalen Vorfahrtsregelungen<br />
angepasst worden.<br />
24<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Parallel zur „Wiener Konvention über<br />
den Straßenverkehr“ begann im Februar<br />
1953 die Arbeit der von der<br />
UN-Wirtschaftskommission für Europa<br />
beauftragten Arbeitsgruppe „Kraftfahrzeugbau<br />
– WP 29“ in der nach<br />
Aufnahme der DDR am 13. Dezember<br />
1972 in die ECE (Economic Commission<br />
for Europe) bereits alle europäischen<br />
RGW-Länder vertreten waren.<br />
Um die Ergebnisse der Arbeit dieser<br />
Expertengruppe in den einzelnen Beitrittsländern<br />
durchzusetzen, wurde<br />
im März 1958 in Genf ein Übereinkommen<br />
über einheitliche Prüfrichtlinien,<br />
Grenzwerte und über die gegenseitige<br />
Anerkennung durchgeführter<br />
Prüfungen an Kraftfahrzeugen und<br />
Fahrzeugteilen abgeschlossen. Die speziellen<br />
Forderungen wurden als so<br />
genannte Regelungen bekannt gemacht.<br />
Mit Stand April 1982 existierten<br />
51 dieser Regelungen und weitere<br />
15 von der WP 29 bestätigte Letztentwürfe.<br />
Ziel dieses internationalen Vertragswerkes<br />
war es, einheitliche Sicherheitsvorschriften<br />
auf dem Gebiet des<br />
Kraftfahrzeugbaues zu erarbeiten,<br />
Fahrzeuge nach diesen Vorschriften<br />
zu bauen und in den jeweiligen Ländern<br />
zuzulassen. Diese Festlegungen<br />
des internationalen Vertragswerkes<br />
wurden jedoch erst dann wirksam,<br />
wenn das betreffende Land die Anwendung<br />
der Regelungen national<br />
erklärt hatte. Am 4. Oktober 1974 trat<br />
die DDR diesem Vertragswerk bei.<br />
Vorrichtung zur Prüfung der Befestigungspunkte für die Sicherheitsgurte.<br />
Im Rahmen dieser Mitgliedschaft<br />
wurde dem Ministerium für Allgemeinen<br />
Maschinen-, Landmaschinenund<br />
Fahrzeugbau (MALF) die Mitarbeit<br />
in der eben erwähnten Expertengruppe<br />
für die Konstruktion von<br />
Kraftfahrzeugen WP 29 übertragen.<br />
Das Ministerium verpflichtete das<br />
Wissenschaftlich-Technische Zentrum<br />
(WTZ) Automobilbau mit der Wahrnehmung<br />
aller in diesem Rahmen<br />
anfallenden Aufgaben. Vorbereitend<br />
begann bereits im Juni 1973 die kontinuierliche<br />
Mitarbeit des WTZ in der<br />
genannten Arbeitsgruppe WP 29.<br />
Mit der Erklärung der Anwendung<br />
war die Pflicht verbunden, jedes Fahrzeug,<br />
was dieser Regelung entsprach,<br />
ungehindert hinsichtlich der Bedingungen<br />
dieser Regelungen in der DDR<br />
zuzulassen. Damit hatte sich die DDR<br />
gleichzeitig das Recht erworben, selbst<br />
Prüfungen nach dieser Regelung durchzuführen<br />
und das Genehmigungszeichen<br />
zu erteilen. Mit dem Besitz des<br />
Veto-Rechtes hatte jedes Land den<br />
Vorteil, dass eine von ihm angewandte<br />
Regelung auch nur durch Zustimmung<br />
desselben verändert werden durfte.<br />
National, d. h. in der DDR, gab es die<br />
Entscheidung, die Erklärung der Anwendung<br />
der Regelung und die innerstaatliche<br />
Durchsetzung in drei Schritte<br />
zu trennen.<br />
1. Schritt: Anwendungserklärung für<br />
eine bestimmte Regelung durch das<br />
Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten<br />
beim Generalsekretär der Vereinten<br />
Nationen. Daraus ergab sich
die rechtliche Pflicht, importierte Fahrzeuge<br />
entsprechend der jeweiligen Regelung<br />
ohne Auflagen oder zusätzliche<br />
Forderungen zuzulassen, wenn sie das<br />
Genehmigungszeichen tragen. Andererseits<br />
war die DDR berechtigt, selbst<br />
Genehmigungsprüfungen durchzuführen.<br />
Von 1976 bis 1981 wurden an Erzeugnissen<br />
der DDR 162 Genehmigungsprüfungen<br />
erfolgreich abgeschlossen<br />
und das Genehmigungszeichen<br />
E 15, das war die Kennzahl<br />
für die DDR, vergeben.<br />
2. Schritt: Durchsetzung der zur Anwendung<br />
in der DDR erklärten ECE-<br />
Regelungen durch Erarbeitung von<br />
Prüf- und Erzeugnisstandards. Damit<br />
mussten Neu- bzw. Weiterentwicklungen<br />
oder auch die bereits in der<br />
laufenden Produktion hergestellten<br />
Fahrzeuge regelungskonform produziert<br />
werden. Von 37 durch die DDR<br />
zur Anwendung erklärten Regelungen<br />
waren 29 bis 1982 durchgeführt<br />
worden.<br />
3. Schritt: Ab einem festgelegten Termin<br />
ist dann die Erfüllung dieser Standards<br />
Bedingung für die Zulassung<br />
aller Fahrzeuge zum Straßenverkehr,<br />
einschließlich der Importfahrzeuge.<br />
Die am 1. Juni 1982 in Kraft getretene<br />
neue StVZO berücksichtigte in ihrer 3.<br />
Durchführungsbestimmung voll diese<br />
Situation.<br />
Aus der Mitgliedschaft der DDR in der<br />
„Wiener Konvention über den Straßenverkehr“<br />
und dem Beitritt zur<br />
ECE-Arbeitsgruppe „Kraftfahrzeugbau<br />
– WP 29“ ergaben sich gesetztliche<br />
Regularien für die technische Ausführung<br />
und Zulassung der Produkte<br />
des Kraftfahrzeugbaues in der DDR<br />
und damit zwangsläufig auch für den<br />
Pkw Trabant.<br />
Bereits vor der Zugehörigkeit der<br />
DDR in diesen internationalen Gremien<br />
waren die Zwickauer Automobilbauer<br />
nach der Serieneinführung<br />
des Trabant im November 1957 ständig<br />
bemüht, durch konstruktive Veränderungen<br />
das Fahrzeug zu verbessern<br />
und den Gebrauchswert und die<br />
aktive und passive Sicherheit für die<br />
Kunden zu erhöhen.<br />
So erfolgte 1961 die Veränderung der<br />
Heizungs- und Entfrostungs- und der<br />
Scheibenwaschanlage, 1963 eine Verstärkung<br />
der Batterie- und Tankbefestigung<br />
sowie eine automatische Nachstellung<br />
der Bremsen und bereits<br />
1965 der Einsatz von Befestigungs-<br />
punkten für Sicherheitsgurte vorn.<br />
1967 wurden Duplexbremsen an der<br />
Vorderachse und 1971 die abgasgerechte<br />
Einstellung des Leerlaufes an<br />
jedem Fahrzeug serienwirksam.<br />
1974 erfolgte der Einsatz einer<br />
Warnblinkanlage, 1980 die Zweikreisbremse<br />
in Achse-Achse-Schaltung<br />
und 1983 von Kopfstützen und<br />
heizbarer Heckscheibe sowie 1988<br />
eine Windschutzscheibe aus Mehrscheibensicherheitsglas,<br />
um nur einige<br />
Beispiele zu nennen.<br />
Zur Prüfung der Karosseriefertigung<br />
und Verbesserung des Insassenschutzes<br />
führte die Versuchsabteilung<br />
des VEB Sachsenring Automobilwerke<br />
Crash-Versuche mit<br />
einer selbst entwickelten Versuchsanlage<br />
durch, deren Ergebnisse zu<br />
einer höheren Stabilität der Karosserie<br />
und zu einem optimierten<br />
Übersicht über die Anwendung von ECE-Regelungen mit Stand 1982.<br />
AufgeHorcht<br />
Energieaufnahmevermögen beitrugen.<br />
Trotz aller unter den damaligen volkswirtschaftlichen<br />
Bedingungen unternommenen<br />
Anstrengungen konnte<br />
jedoch nicht verhindert werden, dass<br />
der Pkw Trabant, der zum Zeitpunkt<br />
seines Produktionsbeginnes durchaus<br />
dem Stand der Technik entsprach und<br />
diesen mitbestimmte, mit zunehmender<br />
Produktionsdauer auch auf dem<br />
Gebiet der aktiven und passiven Fahrzeugsicherheit<br />
zunehmend in Rückstand<br />
geriet. Deshalb bemühten sich<br />
die Automobilbauer bereits Mitte der<br />
1960er Jahre, dies durch eine Neukonstruktion<br />
zu verhindern, was bekanntlich<br />
leider bis zum Ende der<br />
DDR nicht erreicht werden konnte.<br />
Karl-Heinz Brückner,<br />
Dr. Winfried Sonntag<br />
Abbildungen: Archiv der Autoren<br />
02/20<strong>07</strong> 25
AufgeHorcht<br />
Am liebsten Partner aus dem „Autoland Sachsen“<br />
Herpa stellte „newTrabi“-Studie auf der IAA vor – 93 Prozent wollen modernen<br />
Trabant wieder auf der Straße sehen<br />
Etwas wuchtig präsentiert sich die 1:10-Designstudie des „newTrabi“. Der fränkische Miniaturautohersteller Herpa will den Trabant in moderner Form wieder auf die<br />
Straße bringen.<br />
Hellblau mit weißem Dach zog ein Designmodell in Halle<br />
1.1. auf der IAA in Frankfurt zahlreiche Besucher an.<br />
Was annähernd aussah wie eine verkleinerte Ausgabe<br />
eines 601er Trabi, entpuppte sich als 1:10-Studie des<br />
„newTrabi“. Diese Version wirkte etwas klobig-klotziger<br />
als das Original, die Verwandtschaft zum Trabant war<br />
aber dennoch zu erkennen.<br />
Der fränkische Miniaturmodell-Hersteller Herpa hat seit<br />
1990 bereits mehrere hunderttausend Exemplare des<br />
Trabant als Qualitätsmodelle im Maßstab 1:87 produziert.<br />
Mit der „Initiative newTrabi“ gehen die Miniatur-<br />
Autobauer einen Schritt weiter. Der Dietenhofener Hersteller<br />
erwarb in einem ersten Schritt vom Verein Trabant-Register<br />
e.V. die Rechte an der Marke „Trabant“<br />
und präsentierte zur IAA eine erste Designstudie des<br />
„newTrabi“ im Maßstab 1:10.<br />
Auf der Automobilmesse befragte der Hersteller von<br />
Auto- und Flugzeugmodellen Interessenten, inwieweit<br />
das Modell gefällt und ob der Trabant in moderner Form<br />
wieder 1:1 gebaut werden soll. Das Echo fiel recht ein-<br />
Der Trabant 601 - Vorbild für das „newTrabi“-Projekt. Fotos: Herpa<br />
26<br />
02/20<strong>07</strong><br />
deutig aus. 93 Prozent der Umfrageteilnehmer wünschen,<br />
dass der „newTrabi“ Wirklichkeit werden soll.<br />
Inwieweit sie dann auch ein solches Auto kaufen würden,<br />
bleibt offen. Mehr als 10.000 Autofans definierten<br />
ihre Anforderungen und Erwartungen an einen neuen<br />
Trabi. Das Gros der Teilnehmer setzt auf ein kultiges,<br />
unverwechselbares Design mit innovativer, sparsamer<br />
Technik. Die charaktervollen Stilelemente des Trabant, in<br />
moderner Form umgesetzt, sollen nach Meinung der<br />
Umfrageteilnehmer auch einen neuen Trabant auszeichnen.<br />
Die Mehrheit setzt zudem auf die Neuinterpretation<br />
der typisch unkomplizierten und robusten Technik<br />
und erwartet bei einem neuen Trabant zudem eine innovative,<br />
umweltfreundliche Lösung hinsichtlich des<br />
Antriebs. Gemeinsam mit Partnern und Sponsoren soll<br />
die Initiative weitergeführt werden.<br />
„Die überaus hohe Resonanz auf die ‚newTrabi‘-Umfrage<br />
hat unsere Erwartungen mehr als übertroffen“, freut sich<br />
Klaus Schindler, Begründer der „Initiative newTrabi“ und<br />
Mitglied der Geschäftsleitung bei Herpa. „Die Ergebnisse<br />
bestätigen unser Engagement: Die Menschen wollen den<br />
Trabant gerne in moderner Form wieder auf den Straßen<br />
sehen. In vielen Gesprächen wurde deutlich, wie sehr<br />
sich die Autofans hierbei eine maßgebliche Rolle des<br />
‚Autolandes Sachsen‘, der Geburtsstätte des Trabants,<br />
wünschen. Unsere Grundidee scheint somit die Menschen<br />
in hohem Maße anzusprechen. Das bestärkt uns natürlich<br />
in unseren Bemühungen, Partner und Sponsoren zu<br />
finden, vorzugsweise aus dem ‚Autoland Sachsen‘, mit<br />
denen wir diese zukunftsträchtige Initiative weiter gestalten<br />
können. Als nächsten Schritt haben wir uns die<br />
Entwicklung eines fahrfähigen Prototyps des ‚newTrabi‘<br />
vorgenommen.“ Ina Reichel<br />
www.herpa.de
AufgeHorcht<br />
02/20<strong>07</strong>
AufgeHorcht<br />
02/20<strong>07</strong>
Technische Beschreibung<br />
Personenwagen Typ P50/P60 „Trabant“<br />
Hersteller Automobilwerk Zwickau, ab 01.05.1958<br />
VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau<br />
Bauzeit P50 1957 bis 1963<br />
P60 1963 bis 1964, Universal bis 1965<br />
Produktion P50 131.450 Fahrzeuge, davon 11.643 Universal<br />
P60 106.628 Fahrzeuge, davon 36.729 Universal<br />
AufgeHorcht<br />
Gesamtfahrzeug:<br />
Bauart: 4-sitziger, 2-türiger Personenwagen mit selbsttragender<br />
Stufenheckkarosserie und 3-türiger Kombi (Universal)<br />
Antrieb: Frontantrieb durch quer im Fahrzeugbug vor der Vorderachse<br />
eingebauten luftgekühlten 2-Zylinder-2-Taktmotor und danebenliegenden<br />
4-Gang-Schaltgetriebe<br />
Aufbau:<br />
Art: Limousine und Universal (Kombi)<br />
Ausführung: Verbundbauweise mit Stahlblechgerippe und Duroplast- Außenverkleidung<br />
Hauptabmessungen:<br />
Radstand: 2020 mm<br />
Spurweite vorn: 1200 mm<br />
Spurweite hinten: 1240 mm<br />
Gesamtlänge: 3361 mm<br />
Gesamtlänge Universal: 3400 mm<br />
Gesamtbreite: 1493 mm<br />
Gesamthöhe: 1460 mm<br />
Gewichte: Limousine Universal<br />
Wagengewicht: 620 kg 660 kg<br />
zul. Gesamtgewicht: 950 kg 1000 kg<br />
Nutzlast: 330 kg 340 kg<br />
Höchstgeschwindigkeit: P50 90 km/h<br />
P50/2 95 km/h P50/2 90 km/h<br />
P60 100 km P60 95 km/h<br />
Kraftstoffnormverbrauch: P50 8 l/100 km<br />
P50/2 8 l/100 km P50/2 8,5 l/100 km<br />
P60 8,5 l/100 km P60 9 l/100 km<br />
Triebwerk:<br />
Motor:<br />
Bauart: 2-Zylinder-Reihenmotor, luftgekühlt<br />
Arbeitsverfahren: 2-Takt-Ottomotor mit Umkehrspülung und Einlassdrehschieber<br />
Kurbelwelle: 3-fach gelagert in Wälzlagern<br />
Pleuellager: Rollenlager<br />
Schmiersystem: Frischölschmierung durch Öl-Kraftstoffgemisch 1 : 25 (ab <strong>07</strong>/1961 1 : 33)<br />
Kühlung: Luftkühlung durch Axialgehäuse<br />
P50 P50/2 P60<br />
Hub/Bohrung (mm): 73/66 73/6 73/72<br />
Hubraum (cm 3 ): 499 499 595<br />
Verdichtung: 6,6 : 1 7,2 : 1 7,6 : 1<br />
max. Leistung (PS): 18 20 23<br />
bei Drehzahl (U/min): 3750 3800 3900<br />
max. Drehmoment (mkg): 4,3 4,5 5,2<br />
bei Drehzahl (U/min): 2500 2750 2750<br />
Vergaser: 1 Flachstromvergaser BVF<br />
Typ: H 261-1 28 HB2-1 28 HB2-2<br />
02/20<strong>07</strong>
AufgeHorcht<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Kraftstoffanlage:<br />
Anordnung des<br />
Kraftstoffbehälters: im Motorraum rechts vor der Stirnwand<br />
Kraftstoffförderung: Fallbenzin<br />
Inhalt: 24 l davon 4 l Reserve<br />
Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung<br />
Schaltung: Krückstockschaltung<br />
Getriebe: 4-Gang-Schaltgetriebe und Kegelraddifferential mit Motor verblockt<br />
Bauart: bis 02/1961 ab 03/1961<br />
alle Gänge mit Freilauf, Freilauf nur im 4. Gang,<br />
abschaltbar, ohne nicht abschaltbar,<br />
Synchronisierung Synchronisierung<br />
1. bis 4. Gang<br />
Übersetzungen:<br />
1. Gang: 4,08 4,08<br />
2. Gang: 2,38 2,32<br />
3. Gang: 1,50 1,52<br />
4. Gang: 1,02 1,03<br />
Rückwärtsgang: 5,35 5,35<br />
Achsübersetzung: 4,93 4,33<br />
Elektrische Anlage:<br />
Bordspannung: 6 V<br />
Zündung: Batteriezündung mit 1 Spule/Zylinder<br />
Zündkerzen: M 18/225 P60 M 18/240<br />
Lichtmaschine: 180 W/6 V ab 09/1961 220 W/6 V<br />
Anlasser: Schubtriebanlasser 0,6 PS/6 V<br />
Batterie: 6 V/56 Ah im Motorraum an der Stirnwand angeordnet und befestigt<br />
Fahrwerk:<br />
Vorderachse:<br />
Bauart: Einzelradaufhängung an Dreiecklenkern unten und oben liegender<br />
Halbelliptik-Blattfeder, doppelt wirkende hydraulische Stoßdämpfer<br />
Federung vorn: Einzelradfederung durch Halbelliptik-Blattfeder<br />
Antrieb: durch Gelenkwellen mit inneren Gleitstein- und äußeren Scharniergelenken<br />
Hilfsrahmen: Stahlblechrahmen zur Aufnahme des Motor-Getriebeblockes, der<br />
Radantriebe mit Dreiecklenkern und Querblattfeder und des Zahnstangenlenkgetriebes<br />
Befestigung: durch Verschrauben mit der Bodengruppe der Karosserie<br />
Hinterachse:<br />
Bauart: Schrägpendelachse mit 2 Dreiecklenkern und doppelt wirkenden<br />
hydraulischen Stoßdämpfern<br />
Federung hinten: Einzelradfederung durch oben liegende Halbelliptik-Querblattfeder<br />
Lenkung:<br />
Bauart: Zahnstangenlenkung<br />
Wendekreis: Ø 10 m<br />
Bremsen:<br />
Bauart: hydraulisch auf 4 Räder wirkende Trommelbremse,<br />
Trommel-Ø 200 mm<br />
Handbremse: mechanisch durch Seilzug betätigt, auf die Hinterachse wirkend<br />
Räder/Reifen:<br />
Felgenart und Tiefbettfelge<br />
-größe: 4 J x 13<br />
Reifengröße: 5,20 - 13<br />
Reifendruck: 1,6 atü<br />
Quellen: Technische Daten und Beschreibungen aus „Betriebsanleitung für PKW AWZ Trabant“, Unterlagen des Automobilmuseums<br />
A. Horch e. V. Zwickau, Fotos: FES GmbH vom Fahrzeug des Automobilmuseums A. Horch Zwickau,<br />
Zusammenstellung Dipl. Ing. K.-H. Brückner, Förderverein Automobilmuseum A. Horch e. V. Zwickau
Die Legende wird gefeiert<br />
Viele Aktivitäten rund um den 50. Trabant-<br />
Geburtstag in Zwickau<br />
Mit einem großen Fest feiert die Stadt Zwickau am 9. und 10.<br />
November einen ihrer berühmtesten „Söhne“ – den Trabant.<br />
Die Nullserie des P 50 lief am 7. November 1957 vom Band.<br />
Zwar wird der Trabi nun schon 16 Jahre nicht mehr produziert,<br />
doch wird auf dem Gelände der ehemaligen Sachsenringwerke,<br />
auf dem er mehr als drei Millionen Mal gebaut wurde,<br />
viel zu erleben sein. Sein Kommen fest zugesagt hat nicht zuletzt<br />
der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Prof. Dr.<br />
Georg Milbradt. „Wir rücken den Trabant in den Mittelpunkt<br />
der Festivität“, erläutert der Leiter des Presse- und Oberbürgermeisterbüros<br />
der Stadtverwaltung Zwickau, Mathias<br />
Merz. „Wichtig ist uns darüber hinaus zu zeigen, was davor<br />
und insbesondere was seither an diesem Standort geschah.“<br />
So können sich die Besucher auf die Trabant-Sonderausstellung<br />
im August Horch Museum freuen, die vom 10. November<br />
an zu sehen sein wird. Gezeigt werden im Festgelände tagsüber<br />
aber auch Trabis aus der Rallye-Ära, Vertreter des Wettbewerbs<br />
„Supertrabi“, der alljährlich zum Trabant-Fahrer-Treffen<br />
ausgetragen wird, sowie Beispiele aus dem Fahrzeugdesign<br />
der DDR. Auch ein Oldtimer- und Teilemarkt findet statt. Eingeladen<br />
wurden zudem Trabi-Clubs aus ganz Deutschland und<br />
angrenzenden europäischen Ländern.<br />
Der Wirtschaftsstandort Zwickau wird präsentiert durch eine<br />
Ausstellung in der Halle der Meta Werk AG an der Pölbitzer<br />
Straße. Hier zeigen die Volkswagen Sachsen GmbH und Zulieferbetriebe<br />
ihre heutigen Produkte und Leistungsfelder. Tage<br />
der offenen Tür bieten zudem die Sächsische Aufbau- und Qualifizierungsgesellschaft<br />
sowie das Sächsische Technologie<br />
Zentrum an. Über Ausbildungsmöglichkeiten und Berufe rund<br />
um das Auto informiert die Bundesagentur für Arbeit.<br />
Im Festzelt auf dem Pölbitzer Platz wird der Trabi-Geburtstag<br />
musikalisch gefeiert. Am 9. November gibt DJ Happy Vibes die<br />
MAXI-Trabi-Show. Highlight des 10. November ist der Auftritt<br />
von Marquess, die mit ihrem Hit „Vayamos Compañeros“ auf<br />
Anhieb in den Charts landeten.<br />
AufgeHorcht<br />
Trabi-Veranstaltungen<br />
am 10. November auf einen Blick<br />
Ö-Konzept – Audistraße 3, Zwickau<br />
Ausstellung „Entwürfe des DDR-Fahrzeugdesigns“<br />
August Horch Museum – Audistraße 7, Zwickau<br />
Trabant-Sonderausstellung, stündlich Trabant-Filme,<br />
Teilemarkt auf dem Museumsgelände,<br />
Signierstunde mit den Autoren von „Wir Horch-Arbeiter<br />
bauen wieder Autos“, „Fahrzeuglexikon Trabant“, „Der<br />
Trabant wird 50“<br />
Agentur für Arbeit – Pölbitzer Straße 9a<br />
Informationstag zu Berufen rund um das Kfz<br />
Meta Werk – Pölbitzer Straße<br />
Sonderaustellung „Automobilbau – Trabant und heute“<br />
von Volkswagen Sachsen und Zulieferunternehmen<br />
HQM Sachsenring, „Econic-Halle“ – Crimmitschauer<br />
Straße 67<br />
Supertrabi-Ausstellung, Kartfahren<br />
SAQ – Horchstraße 2<br />
Werkführungen/Tag der offenen Tür, Besichtigung der<br />
Restaurationswerkstatt, Probefahrten mit Oldtimern (bei<br />
gutem Wetter), Skulpturenausstellung im Freigelände<br />
STZ – Audistraße/Horchstraße<br />
Tag der offenen Tür, Besichtigung der Branchenkabinette<br />
Sachsen Motorsport Zwickau e.V. – Trabantstraße<br />
Trabant im Rallyesport<br />
Zwischen dem Festgelände und der Trabantausstellung in<br />
der Uhdestraße verkehrt ein Trabant-Shuttle.<br />
Änderungen vorbehalten!<br />
02/20<strong>07</strong> 31
AufgeHorcht<br />
Besonderes<br />
Dankeschön<br />
Sander Fördertechnik lud Kunden<br />
ins Horch Museum ein<br />
Die Sander Fördertechnik GmbH<br />
Chemnitz sagte ihren Kunden in diesem<br />
Jahr auf besondere Art Dankeschön für<br />
eine gute Zusammenarbeit: Sie lud zu<br />
zwei Veranstaltungen ins August Horch<br />
Museum nach Zwickau ein. Während<br />
der Führungen konnten die Gäste sogar<br />
mit August Horch persönlich Bekanntschaft<br />
schließen und Einblick in sein Lebenswerk<br />
erhalten. Bei einem Büfett in<br />
der Museums-Cafeteria und angenehmer<br />
Unterhaltung klangen diese Abende aus.<br />
Die Sander Fördertechnik GmbH<br />
Chemnitz unterstützt die automobile<br />
Traditionspflege als Mitglied des Horch<br />
Museum-Fördervereins. Die Automobilindustrie<br />
bestimmt auch das Tagesgeschäft<br />
des Linde-Vertragshändlers. Neben<br />
weiteren Kunden betreut er zahlreiche<br />
Automobilzulieferer in der Region Südwestsachsen.<br />
IR<br />
August Horch alias Bernd Göpfert führte Kunden der<br />
Sander Fördertechnik GmbH Chemnitz u. a. den<br />
Motorenprüfstand im Horch Museum vor.<br />
Foto: Frank Reichel<br />
32<br />
02/2006<br />
Verdiente Würdigungen<br />
Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt<br />
Endlich erfährt er auch per Buch die<br />
verdiente Würdigung – Sachsens erster<br />
Automobilbauer Emil Hermann Nacke.<br />
Das vom Verkehrsmuseum Dresden in<br />
Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv<br />
Coswig herausgegebene Werk beleuchtet<br />
nicht nur das bewegte Leben Nackes,<br />
sondern verkörpert zugleich auch ein<br />
Stück sächsischer Industriegeschichte,<br />
die in manchen Teilen noch nicht so bekannt<br />
sein dürfte. Der 1843 geborene<br />
Nacke war eigentlich kein typischer Automobilbauer.<br />
In erster Linie betrieb er<br />
eine Maschinenbaufabrik, die ihm und<br />
den Familien seiner Beschäftigten die<br />
Existenz sicherte. Den Automobilbau<br />
betrachtete er als Leidenschaft, zu der<br />
er erst mit knapp 60 Jahren fand. Im Jahr<br />
1900 schuf er in seiner „gut eingerichteten<br />
und rentierenden, schuldenfreien<br />
und mit reichlich Betriebskapital versehenen“<br />
Maschinenfabrik die Abteilung<br />
Automobilbau und verwirklichte sich<br />
damit einen Traum. Von seinem ersten<br />
Wagen namens „Coswiga“ über Busse<br />
und Lkw reicht das Spektrum, das er in<br />
Links: Das Buch über<br />
Emil Hermann Nacke<br />
ist u. a. erhältlich im<br />
Verkehrsmuseum<br />
Dresden und im Bürgerbüro<br />
der Stadtverwaltung<br />
Coswig.<br />
Rechts: Das etwas<br />
andere Trabi-Buch<br />
kann u. a. im Horch<br />
Museum Zwickau erworben<br />
werden.<br />
wenigen Jahren schuf und damit über<br />
die sächsischen Grenzen hinaus Aufmerksamkeit<br />
fand. Mit dem Tod Nackes<br />
am 30. Mai 1933 wurde auch der Automobilbau<br />
in Coswig eingestellt. Geblieben<br />
bzw. wiedergefunden sind Patentschriften,<br />
Fotos sowie weitere Zeitdokumente<br />
– sehr gut aufbereitet in einem<br />
sehr gut lesbaren Buch, für Geschichtsund<br />
Technikinteressierte mindestens so<br />
spannend wie ein Krimi.<br />
Eine Neuerscheinung ganz anderer Art<br />
liefert der Andrea-Verlag zum 50. Trabant-<br />
Geburtstag. Dieses Buch zum Jubiläum<br />
verpackt die historischen Fakten und<br />
Fotos mit frechen Karikaturen und Witzen<br />
zum Trabi und zum Fahren allgemein.<br />
Für Trabi-Fans ein Muss. IR
34<br />
AufgeHorcht<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Teil 4<br />
Rudolf Friedrich hat als Rennmechaniker bei der Auto<br />
Union die großen Erfolge der Silberpfeile in den 1930er<br />
Jahren miterlebt und genauso die Schattenseiten des<br />
Rennsports kennengelernt. In der Betriebszeitung des<br />
ehemaligen VEB Sachsenring Zwickau berichtete er<br />
Ende der 1950er Jahre über seine Zeit an der Seite<br />
von Stuck, Rosemeyer & Co.<br />
„AufgeHorcht“ veröffentlicht Auszüge aus diesem<br />
hochinteressanten Tatsachenbericht in der Serie „Aus<br />
dem Tagebuch eines Rennmechanikers der Auto<br />
Union“. In Teil 4 schildert Rudolf Friedrich Training und<br />
Rennen um den „Coppa Acerbo“.<br />
Training: Für Mercedes-Benz hatte das Jahr 1936 mit<br />
Misserfolgen begonnen, deshalb zog dieser Rennstall<br />
seine Meldung um den „Coppa Acerbo“ zurück. Die<br />
Entscheidung musste also zwischen den Alfa-Romeo-<br />
Rennwagen von Skuderia Ferrari und den unseren fallen.<br />
Heiß brannte die Augustsonne auf die Rennstrecke.<br />
Pescara: Rennen um den „Coppa Acerbo“ 1936.<br />
Rennen um den<br />
Aus dem Tagebuch eines<br />
Der Autor dieser Serie, der Auto Union-Rennmechaniker Rudolf Friedrich<br />
(Mitte), mit seinem Kollegen Fritz Mathay (l.) und Rennfahrer Hans Stuck.<br />
52 Grad am Boden, 37 Grad in der Luft. Unsere Rennmotoren<br />
wurden sehr heiß. Öl und Wasser hatten<br />
Temperaturen von 120 und 105 Grad. Die 420er-Kerzen<br />
knallten nur so auf der Geraden. Die Motoren hatten<br />
Glühzündung. Die Vergaser schwangen durch und das<br />
Benzin lief über. Die Bremsen blockierten und wurden<br />
zu heiß. Der erste Trainingstag fing ja gut an.<br />
Als Rosemeyer in der vierten Runde durch die erste<br />
Schikane fuhr, sah er den Rennwagen von Stuck im Felde<br />
an einem Baum lehnen. Stuck stand mit blutender Hand<br />
und verletztem Ellbogen am Heck des Rennwagens und<br />
winkte. Er war mit dem Hinterrad an den Betonsockel<br />
der Schikane gefahren, drehte sich um 180 Grad und<br />
rutschte rückwärts eine Böschung hinab. Dort blieb sein<br />
Wagen an einem Baum hängen. Rosemeyer hielt an.<br />
Stuck stellte sich dann mit beiden Beinen auf die Hinterachsrohre,<br />
hielt sich mit der unverletzten Hand an der Heckhaube<br />
fest, und Rosemeyer fuhr ihn langsam an die Boxe.<br />
Zweiter Trainingstag: Durch Auswechseln der Silumin<br />
Ölwannen mit Blechwannen, Schlitzen und Erweitern<br />
der Kühlerverkleidungen und neue Vergasereinstellung<br />
erreichten wir das Absinken der hohen Öl- und Wassertemperaturen<br />
auf 85 und 95 Grad. Aber die Kerzen knallten<br />
weiter. Da wurden aus Stuttgart per Luftpost 400er<br />
Bosch-Kerzen von einer neuen Serie angefordert. Die<br />
Verringerung der Servowirkung und das Aufbohren der<br />
Bremsautomaten an den Bremsen brachten auch keine<br />
Besserung. Erst mit HTC-Bremstrommeln – mit hartverchromten<br />
Brems-Stahlringen – zogen die Bremsen gleichmäßiger<br />
und wurden nicht mehr so heiß.<br />
Nach einigen Versuchen erreichten nun die Motoren von<br />
Stucks und Rosemeyers Rennwagen auf der Kilometer<br />
Lance – das war die längste Gerade mit 2,2 Kilometer<br />
Länge – im großem Gang 5000 U/min und 285 Kilometer.<br />
Doch da kam Rosemeyer auch schon mit zerbeultem<br />
Heck an die Boxe gefahren. „Mich haben die<br />
Schikanen gekitzelt.“, sagte er zu uns. Dann krachte es<br />
beim Abschalten seines Motors in der Ölwanne. Das
„Coppa Acerbo“<br />
Rennmechanikers der Auto Union<br />
erste Pleul war am Kurbelzapfen abgerissen. Da fuhr<br />
auch Delius wieder bei uns an den Boxen vorbei. Wie<br />
beim schönsten Feuerwerk, so knallten die Kerzen seines<br />
Motors aus allen Auspuffrohren. In der sechsten<br />
Runde war sein Kompressor gebrochen. Feine Bruchteile<br />
eines Flügels lagen im Druckkanal.<br />
Jetzt fuhr Rosemeyer mit der Startnummer 48 los. Nach<br />
zwei Runden übergab er den Rennwagen Delius. Der<br />
Wagen lief zufriedenstellend. Kaum war Delius eine<br />
Runde an uns vorbei, knallten die Kerzen wieder. In der<br />
sechsten Runde kam er rollend an die Boxe. Nanu?<br />
Diesmal hatte der kleine Ernst Delius zwei Kolben<br />
durchgeknallt. Am dritten und siebenten Auspuffrohr lief<br />
das Öl herunter. Nun hatten uns alle guten Geister verlassen.<br />
Am anderen Tag vormittags sollte die Abnahme<br />
der Rennwagen sein. Drei von vier Rennwagen waren<br />
schon vor dem Start sauer.<br />
Auf dieser Rennstrecke war es auch, als sich Rosemeyer<br />
ein Artistenstück leistete. Sein Rennwagen wurde mit<br />
100 Kilometer Geschwindigkeit am Ende der 1,9 Kilometer<br />
Geraden aus der Kurve getragen und in den Graben<br />
gedrückt. Aus dem Graben wieder herausfahren<br />
war unmöglich. Links stand eine große Bretterwand,<br />
rechts eine Telegrafenstange. Da hindurchfahren war<br />
Wahnsinn. Diese Durchfahrt war viel zu eng. Jetzt erfasste<br />
Rosemeyer, wie so oft, blitzschnell die tödliche Situation.<br />
Er gab Vollgas und raste durch das Loch hindurch.<br />
Keiner von uns wollte ihm das nachher glauben. Wir fuhren<br />
hin an diese Stelle und überzeugten uns. Mit einem<br />
Zollstock hatten wir die Weite zwischen Bretterwand<br />
und Mast gemessen. Sie war genau fünf Zentimeter<br />
enger als der äußerste Radstand der Hinterachse. So<br />
genau hatte Rosemeyer seinen Rennwagen in dem<br />
Tempo hindurchgesteuert. Ein paar Holzsplitter und<br />
zwei eingedrückte Radkappen der Hinterradnaben<br />
waren die Zeugen. Seine Kaltblütigkeit war direkt aufregend.<br />
Zum Rennleiter sagte er ironisch: „Nachmachen!“<br />
14. August, 15 Uhr. 18 Stunden vor dem<br />
Rennen um den „Coppa Acerbo“ – Pokal<br />
des italienischen Landwirtschaftsministers<br />
Acerbo. In der engen Garage einer Autowerkstatt<br />
in Italien berieten acht Monteure<br />
mit der Rennleitung und teilten die Arbeit<br />
ein. Schauen wir einmal hinein in das<br />
Nachtleben dieser Rennmechaniker, so wie<br />
es wirklich war.<br />
Letztes Tageslicht drang durch die<br />
schmutzigen Fensterscheiben der Werkstatt.<br />
Drei Rennwagen lagen ausgeschlachtet<br />
am Boden. Schwaches Licht<br />
von notdürftig aufgehängten Lampen<br />
erleuchtete den Raum. Dunkle Ölflecke<br />
klebten am Boden. Fettige Putzlappen<br />
lagen darin. Schwarze, schmierige<br />
AufgeHorcht<br />
Arbeiterhände mit Mutterschlüssel schoben sich zwischen<br />
Duraluminium und Stahl. An den aufgebockten<br />
Rennwagen ohne Karosserie wurden die Bremsbacken<br />
abmontiert und neu belegt. Die Bremsbeläge wurden<br />
tuschiert, weil sie vor dem Rennen nicht mehr eingefahren<br />
werden konnten. Da der verletzte Hans Stuck nicht<br />
starten konnte, wurde der Motor seines Rennwagens<br />
mit dem im Training sauer gewordenen Motor von Delius<br />
ausgewechselt. Monteure stemmten sich unter starke<br />
Holzbalken und hoben mit Seilen das schwere Motor-<br />
Hinterachs-Getriebe-Aggregat aus dem Rohrrahmen.<br />
Die Nacht brach herein. Am Garagentor standen schon<br />
lange zwei Jungen und schauten uns zu. Das war etwas für<br />
diese Kinderseelen. Diese Motoren, die Drahtspeichenräder<br />
und diese schönen verchromten Mutterschlüssel am<br />
Boden. Gespannt verfolgten sie unsere Handgriffe.<br />
Wir bekamen Hunger und Durst. Mit unserem Groschen-<br />
Italienisch machten wir den Jungen verständlich, dass sie<br />
für uns einkaufen gehen sollten. Sie verstanden uns und<br />
machten sich mit einem 100-Lire-Schein von uns auf den<br />
Weg. Am Strand waren ja die Geschäfte bis in die Nacht<br />
offen. Eine halbe Stunde verging. Ob die schwarzhaarigen<br />
Bengels mit den listigen Augen mit unserem Geld<br />
durchgebrannt waren? Da kamen Sie an. Einen Korb voll<br />
Pane, Mortadella und piccole und grande bottiglie di<br />
birra. Und da, das nasse Stück Eiswaffel auf der Wurst, was<br />
ist denn das? Aha, ihr habt euch beide von unserem Geld<br />
eine Portion Eis gekauft. Als wir darüber lachten, wollten<br />
die beiden weglaufen. Wir hielten Sie fest. Da sahen Sie uns<br />
ängstlich an. Als wir Ihnen aber die restlichen 15 Lire (1,80<br />
Mark) in die Hände drückten, wurden sie mutiger und<br />
sahen uns mit strahlenden Augen an. Mit einem lauten<br />
„Grazia“ waren sie aus der Werkstatt hinaus.<br />
Nun wurde erstmal richtig in das Brot und die Wurst<br />
gebissen. Zwischendurch ging die Arbeit weiter. Teile<br />
um Teile formten sich langsam wieder zu einem<br />
Rennwagen. Der „Kompressormax“ montierte Vergaser<br />
Hans Stuck, Bernd Rosemeyer und Achille Varzi (im Wagen sitzend)<br />
am ersten Trainingstag an den Boxen in Pescara.<br />
02/20<strong>07</strong> 35
ab und überprüfte mit hauchdünnem Stahlblech die Luft<br />
der Flügel. Magnete wurden neu eingestellt. Benzintanks<br />
wurden ausgespült, der Methylalkohol hatte feinen<br />
Schlamm abgesetzt. Geplatzte Spannbänder am Rahmen<br />
wurden ausgewechselt. Ausgebesserte Karosserieteile<br />
wurden angepasst.<br />
Zwischendurch schimpfte Fritz M., der Bayer: „Himmelherrgottkreizkruzefix!<br />
Wer hoat mei Birr ausg`soffen?“<br />
Dreckig und schmierig lag noch immer ein Monteur<br />
neben einer Ölwanne unter einem Rennwagen. Öltropfen<br />
liefen ihm über Gesicht und Arme. Seine Augen<br />
kämpften mit dem Schlaf.<br />
Rennfahrer Hans Stuck 1936 an der Rennstrecke in Pescara.<br />
„Verdammisch!“ Mit einem derben Fluch sauste ein aufgeplatzter<br />
Zwölfkantschlüssel durch die Luft. Ein Schraubenzieher<br />
folgte nach. Dann flossen einige Blutstropfen<br />
aus der aufgerissenen Haut über die Auspuffrohre. Das<br />
geschah beim Einstellen der Ventile. Keiner nahm Notiz<br />
davon. Teilnahmslos tat jeder seine Arbeit.<br />
Draußen im Hof saß ein Lastwagenfahrer mit nickendem<br />
Kopf und wuchtete Rennräder aus. Der starke Bleidraht<br />
fiel ihm aus der Hand. Dann schlug sein Kopf etwas derb<br />
auf den Felgenrand auf und brachte das Rad ins Rollen.<br />
Da wurde er wach. Auch das unschuldige Speichenrad<br />
musste einen Fluch hinnehmen. Bald wurde es Morgen.<br />
Im Lichtschein der sechs Lampen kreuzten sich die<br />
Schatten der Monteure geisterhaft an den Kalkwänden.<br />
Übernächtige, wortkarge Gestalten schlichen umher. Da<br />
schraubten die Klempner auch schon das letzte Heck<br />
und Unterteil von Delius` Wagen an. Einige reparierte<br />
Blechteile wurden neu gespritzt. An zwei Rennwagen<br />
wechselte ich mit roter Farbe die Startnummern. Um<br />
frische Luft zu atmen, ging ich auf die Straße. Vom Turm<br />
einer nahen Kirche klangen dumpf drei Glockenschläge<br />
zur Werkstatt herüber. Aus einem Kirchenfenster in<br />
romanischem Stil flackerte mattes Licht. Vielleicht betete<br />
dort ein Geistlicher bis zum Morgengrauen seinen<br />
Rosenkranz ab. In dieser Stille unter dem Sternenhimmel<br />
macht man sich beim Anblick einer katholischen Kirche<br />
manche Gedanken. Es wurde schon viel darüber geschrieben<br />
und gelesen. Ganze Völker sind dabei wach<br />
geworden. Auch ich habe einiges davon erlebt.<br />
An einem heißen Julitag 1935 war es. Wir fuhren mit unserem<br />
Lastwagen durch ein französisches Dorf. Da mussten<br />
wir halten. Ein katholischer Prozessionszug – Bittgang –<br />
kreuzte unsere Fahrbahn. Drei Wochen hatte es in dieser<br />
36<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Gegend nicht geregnet. Die Einwohner mehrerer Dörfer<br />
waren auf den Beinen und beteten laut auf den Straßen.<br />
Während das Vieh auf den Feldern verdurstete, verspritzte<br />
der Priester unter einem Tuchhimmel, von Chorknaben<br />
getragen, aus einem Weihwasserkessel das wenige, kostbare<br />
Wasser des Dorfes. Aber es regnete nicht. Die Felder<br />
verdorrten weiter. Der Gott, zu dem diese irregeführten<br />
Menschen beteten, konnte ja nicht helfen, weil die Natur<br />
keine Lust hatte, die wassergesättigten Aufwinde ihrer<br />
Meere in dieses Land zu schicken. Wenn und wo es regnet,<br />
das bestimmen allein die Sonne, das Meer und der<br />
Wind. Und wenn es nicht regnet, dann fließt das Wasser<br />
aus den von Menschenhirnen und -händen<br />
geschaffenen Talsperren. Leichtgläubig<br />
sind diese Menschen. Sie beten ins Leere,<br />
Ungewisse, während täglich im Osten vor<br />
ihren Augen die Sonne aufgeht und die<br />
Erde fruchtbar macht.<br />
Als wir über diesen katholischen<br />
Leidenszug etwas lachten – wer hätte<br />
ernst bleiben können beim Anblick dieser<br />
Kirchendemonstration – warfen die<br />
Bittgänger Steine auf unsere Lastwagen<br />
und wir mussten schnell wegfahren.<br />
Steinigen ließen wir uns nicht.<br />
Da kehrte ich wieder zurück in den<br />
Werkstatthof. Es wurde kühl. Wir bekamen<br />
langsam eine Gänsehaut. Mit einem<br />
rosigen Lichtstreifen am Horizont brach<br />
ein neuer Tag an, und drei startfertige Rennwagen standen<br />
mit silbernen Leibern im ersten Frühlicht des<br />
Morgens.<br />
Wo wart ihr denn heute Nacht, ihr Berichterstatter und<br />
Kameramänner? Das wäre ein Sensationsbericht für eure<br />
Zeitungen geworden. Fette Überschrift: „Acht Monteure<br />
gewinnen das größte Nachtrennen Italiens!“ Und<br />
ihr wäret am längsten Berichterstatter gewesen. Eure<br />
Chefs hätten getobt vor Wut, nicht aus Freude an wahren<br />
Begebenheiten.<br />
Draußen im Hof fährt im grauen Horch 8 die Rennleitung<br />
vor. Gut gefrühstückt, gewaschen, sauber und wach. Ein<br />
Staunen ihrerseits. Bewunderung. Dann wurden technische<br />
Dinge besprochen – keine menschlichen. Doch<br />
weiter ging die Arbeit. Es gab noch viel bis zum Start des<br />
Rennens zu tun. Endlich nach zwei Stunden des Eintreffens<br />
der Rennleitung kam ein großer Korb mit Wurstsemmeln<br />
und mehrere Kannen mit schwarzem Kaffee an.<br />
Dann wurden Reifen, Benzinfässer, Wagenheber, Kupferhämmer<br />
und Kerzen für die Rennboxen zusammengestellt.<br />
Acht Uhr war es dann, als wir unsere speckigen<br />
Schlosseranzüge auszogen und einige Eimer kaltes Wasser<br />
über unsere Oberkörper gossen. Dann zogen wir<br />
unsere sauberen hellblauen Rennkombinationen an, und<br />
nur unsere Gesichter verrieten, was sich in dieser Nacht<br />
zugetragen hatte.<br />
Die „Coppa Acerbo“ wurde wie im Vorjahre auf einer<br />
25,8-Kilometer-Rundstrecke bei Pescara ausgetragen.<br />
Zwei Hauptgeraden von je 2,2 Kilometer Länge wurden<br />
durch eine künstliche Kurve und zwei neue Schikanen<br />
auf der Rennstrecke unterbrochen. Das Rennen wurde<br />
in 16 Runden = 412,8 Kilometer ausgefahren. Am Start<br />
standen drei deutsche und neun italienische Rennwagen.
Vorn in der ersten Reihe stand unser Rennwagen mit<br />
dem Fahrer Varzi. Neben ihm in der Mitte saß mit roter<br />
Kappe, roter ärmelloser Lederweste und gelbem Hemd<br />
bekleidet der Italiener Tazio Nuvolari am Steuer seines<br />
roten Alfa-Romeo. Die Wagen von Delius und Rosemeyer<br />
standen diesmal in der zweiten Reihe.<br />
Noch fünf Minuten bis zum Start. Die Zuschauer auf der<br />
gegenüberliegenden transportablen Stahlrohrtribüne mit<br />
Sonnenschutzdach wurden ungeduldig. Von allen Rennen<br />
Europas stellte Italien das lauteste Publikum. Drei<br />
Minuten noch bis zum Start. Jetzt warfen wir unsere<br />
Motoren an. Da erhoben sich 2000 Menschen aufgeregt<br />
von ihren Sitzen. Spannungsgeladen lag die mit Rizinusöl<br />
geschwängerte Atmosphäre über den brüllenden<br />
Motoren der Rennwagen. Wehe dem Rennfahrer, der<br />
seinen Motor nicht auf Touren hielt und ihn absterben<br />
ließ. Das konnte den Sieg kosten.<br />
Die Spannung und Nervosität der Zuschauer mit ihrem<br />
Geschnatter hatte nun den Höhepunkt erreicht. Auf<br />
dem Chronometer machte der Sekundenzeiger den<br />
letzten Sprung. 9.30 Uhr. Da jagten zwölf Rennwagen in<br />
silbernen und roten Farben mit Vollgas davon. Der Rote<br />
von Nuvolari schoss aus dem Rudel heraus und übernahm<br />
die Spitze. Mehr konnte man in dem blauen Dunst<br />
und der Staubwolke am Start nicht erkennen. Nach der<br />
ersten Runde führte Nuvolari neun Sekunden vor Varzi<br />
und elf Sekunden vor Rosemeyer und Delius. Dahinter<br />
folgten die Italiener Brivio, Biondetti, Chersi, der Franzose<br />
Dreyfuß, die Engländer Seamen und Dobson, der<br />
Schweizer Ruesch und der Italiener Dr. Farina.<br />
Walther K. und ich, wir beide hatten ungefähr auf halber<br />
Rennstrecke ein Reservedepot zu betreuen, damit die<br />
Fahrer bei einer Panne nicht die lange Fahrt bis zur Boxe<br />
hatten. Sie konnten auch bei uns die Reifen und Kerzen<br />
wechseln.<br />
Kaum hatten wir uns in der heißen Sonne ins Gras fallen<br />
lassen, da tauchte vor uns aus einer Staubwolke, wie ein<br />
Gespenst, ein silberner Rennwagen auf. Träumten wir?<br />
Nein. Da bremste wirklich ein Rennwagen vor unseren<br />
Augen. Der Fahrer schob seine Brille auf die Stirne und<br />
schimpfte wie verrückt auf seinen Sitz. Aus halbwachem<br />
Zustand waren wir blitzartig aufgesprungen und sahen<br />
den zerfetzten Reifen am rechten Hinterrad, über den<br />
Varzi rückwärts blickend laut fluchte. Alle Müdigkeit<br />
wich aus unseren Knochen. Mit schnellem, eingeübtem<br />
Handgriff schob ich den Wagenheber unter den Rennwagen.<br />
Zugleich schlug Walter K. mit dem bereit gelegten<br />
Kupferhammer die Radkappe los und zog das Rad ab.<br />
Seine Handgriffe verfolgend, stand ich schon mit dem<br />
Reserverad hinter ihm und brüllte: „Weg!“ Vorsichtig<br />
schob ich das neue Rad über die feine Rudge-Verzahnung<br />
der Radnabe. Mit einer drehenden Handbewegung rollte<br />
die Radkappe über das 110er-Gewinde auf den<br />
Konus. Dann sausten zwei wuchtige Schläge des 3-Kilogramm-Kupferhammers<br />
auf die vorstehende Nase der<br />
Radkappe und schlugen sie fest. Bei meinem letzten<br />
Schlag zog Walter K. auch schon den Wagenheber unter<br />
dem Wagen hervor.<br />
„Ventiquattro sekondi!“ schrie uns Varzi ins Gesicht. Und<br />
raste davon. Selbst in Wut, hatte er nicht vergessen, uns<br />
mit seinem Armbandchronometer zu stoppen. In 24<br />
Sekunden hatten wir seinen Reifen gewechselt. Dem<br />
AufgeHorcht<br />
verrückten Varzi war in der zweiten Runde, bei 285<br />
Stunden-Kilometer am rechten Hinterrad das Gummiprofil<br />
weggeflogen und er räucherte nun weiter mit seinen<br />
Gummis. Auf der Fahrt zur Boxe flog ihm nun auch noch<br />
der linke Protektor durch die Luft und zertrümmerte ihm<br />
seine Windschutzscheibe. Nun wurde an der Boxe eine<br />
Windschutzscheibe aus Blech fertiggemacht und in der<br />
nächsten Runde an seinem Rennwagen anmontiert. Durch<br />
diese Aufenthalte verlor Varzi sieben Minuten. Das hatte<br />
ihm diese Rekordraserei eingebracht. Rosemeyer fuhr<br />
anders, mit Kopf. Er wechselte keine Reifen.<br />
In der vierten Runde übernahm Rosemeyer die Spitze.<br />
Zwei italienische Rennwagen fielen in der fünften Runde<br />
aus. In der achten Runde hielten Nuvolari und Brivio an der<br />
Boxe zum Tanken und Reifenwechsel. Ihre Monteure<br />
brauchten sehr viel Zeit dazu: eine Minute 24 Sekunden. Warum<br />
waren die Monteure vom Alfa-Romeo nicht schneller?<br />
In der neunten Runde hielten nacheinander unsere Rennfahrer:<br />
Rosemeyer, Delius und Varzi an der Boxe. Ihre<br />
Rennwagen wurden in 35,5 und 48 Sekunden aufgetankt.<br />
Nach dem Tanken führte Rosemeyer schon mit zwei<br />
Minuten sechs Sekunden vor Nuvolari und hatte den<br />
Schweizer Ruesch schon zweimal überrundet. Plötzlich<br />
fehlte Nuvolari. Er kehrte aus den Bergen nicht zurück.<br />
Kampfunfähig lag sein „Roter“ am Rande der Rennstrekke.<br />
Die Hitze hatte seinen Motor sauer gemacht.<br />
Schade, tapferer Nuvolari, du warst immer ein fairer<br />
Kämpfer und unser größter Rivale in den vorderen<br />
Reihen. Da kam unser Gummiräucher-Varzi in der vorletzten<br />
Runde noch einmal an die Boxe zum Reifenwechsel.<br />
Ein Reifenwechsel war aber nicht nötig. Er<br />
wurde sofort wieder ins Rennen geschickt. Dadurch lag<br />
er 30 Sekunden hinter Brivio, kam aber doch noch mit<br />
völlig abgefahrenen Reifen und seitlich abgeflogenem<br />
Protektor fünf Sekunden vor Brivio als Dritter im Ziel an.<br />
Insgesamt erreichten nur fünf Wagen das Ziel. Drei<br />
Rennwagen schoben wir an den Start. Drei kamen als<br />
Erster, Zweiter und Dritter am Ziel an. Dem Sieger,<br />
Bernd Rosemeyer, wurde ein Lorbeerkranz auf die<br />
Schultern gelegt. Die Zuschauer jubelten.<br />
Fortsetzung folgt<br />
Fotos: Archiv Jürgen Pönisch<br />
Ferdinand Porsche mit der Kamera an der Rennstrecke.<br />
02/20<strong>07</strong> 37
AufgeHorcht<br />
Automobilgeschichte<br />
unterhaltsam vermittelt<br />
38<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Teil 1<br />
Entdecken, begegnen, bewegen, erleben – der komplexe Weg zu<br />
einem Museum der Emotion und Faszination<br />
„Automobile Geschichte erleben“ – mit diesem Slogan wirbt das August Horch Museum Zwickau. Eine<br />
Botschaft, die bereits vor der Detailplanung zur Neugestaltung des Museums formuliert wurde. Der Slogan ist<br />
ein Ergebnis des im Gesamtumfang der Aufgabe integrierten Marketingkonzeptes. „Automobile Geschichte erleben“<br />
war von Anfang an auch die Vision für die Gestalter und Planer von ö_konzept Zwickau. Diplom-Designer<br />
Matthias Kaluza, einer der ö_konzept-Gründer, berichtet über die Herangehensweise an die Ausstellungsgestaltung.<br />
Aus meiner ganz persönlichen Entwicklungsgeschichte<br />
heraus – seit meiner Studienzeit und später als Angestellter<br />
bearbeitete ich als Industriedesigner für das Pkw-<br />
Kombinat bis 1989 Aufgaben – trug ich den Gedanken in<br />
mir, den Museumsbesuchern die vielschichtige, wechselvolle<br />
Automobilbaugeschichte Zwickaus in ihren<br />
Zusammenhängen erstmals komplex nachvollziehbar zu<br />
machen. Dabei sollte der Besucher nicht überfordert<br />
werden. Als kurzweilig, bildhaft, ästhetisch, in einem<br />
Wechselspiel zwischen Abstraktion und an der Realität<br />
angelehnter Inszenierungen, definierten wir die Eigenschaften<br />
der neuen Ausstellung. Uns schwebte eine<br />
Das Kontorgebäude des ehemaligen Audi Werkes in typischer Industriearchitektur<br />
der Gründerzeit hat symbolische Ausstrahlung. Es beherbergt im Erdgeschoss<br />
Ausstellungsräume, u. a. ein Direktions- und Vorzimmer im Zustand der frühen<br />
1930er Jahre.
Bild links:<br />
Der Neubauriegel stellt die Verbindung vom Fußweg zur zurückliegenden Ausstellungshalle<br />
her. Neben historischer Baukultur ist er sichtbares Zeichen für die<br />
Moderne. Die Grundhaltung Alt und Neu geschickt zu verknüpfen, zieht sich wie<br />
ein roter Faden durch das gesamte Museum.<br />
Bild rechts:<br />
Die Caféteria, geprägt durch das ca. 7,5 x 3,3 Meter große und fast 500 Kilogramm<br />
schwere Wandrelief mit einem sich bewegendem, zwei Meter hohem Kurbeltrieb<br />
thematisiert das Aufeinandertreffen der Vergangenheit und Gegenwart im<br />
Automobilbau. Gestaltet von Sven Rahnefeld und Matthias Kaluza (ö_konzept)<br />
konnte das Kunstobjekt mit massiver Unterstützung der Fa. FES vom Förderverein<br />
zu Ehren August Horch an das Museum übergeben werden.<br />
unterhaltsame Geschichtsvermittlung vor. Es sollte eine<br />
Freude, ein Erlebnis am Erkenntnisprozess sein.<br />
Klar – wir stellten uns damit heutigem Freizeitverhalten,<br />
wollten aber keinesfalls Disneyland und Co., schon gar nicht<br />
wegen des begrenzten Investitionsvolumens. Im Gegenteil,<br />
auch mit klassischen Mitteln und ohne teure, spektakuläre<br />
Attraktionen wollten wir den Museumsbesucher<br />
erreichen. In uns entwickelte sich der Ehrgeiz, dass es<br />
nicht nur in den Metropolen, sondern auch in der<br />
Provinz eine gute Automobilausstellung geben kann.<br />
Schließlich gehörte Zwickau, viertgrößte Stadt Sachsens,<br />
zu den bedeutensten Automobilbauzentren Deutschlands<br />
und ist heute wieder ein wichtiger Standort der Automobilindustrie.<br />
Hier wurden bedeutende Automarken geboren<br />
und Impulse gesetzt, welche die gesamte Automobilentwicklung<br />
beeinflussten. Diese spontanen Gedankengänge,<br />
die wir schon vor den ersten Präsentationen hegten,<br />
bestimmten das Projekt bis zum Ende. Das liegt mehr als<br />
fünf Jahre zurück. Nun ist das Museum seit drei Jahren<br />
geöffnet und kann auf mehr als 250.000 Besucher verweisen.<br />
Damit gehört es in die Liga der besten Museen in<br />
Deutschland und auch darüber hinaus. Es füllt mich auch<br />
ein wenig mit Stolz, wenn ich in großen Abständen im<br />
Gästebuch die vielen positiven Einträge lese. Eine bessere<br />
Bestätigung unserer Arbeit gibt es nicht. Das neue<br />
Museum verdeutlicht heute in Form und Inhalt mit seinem<br />
äußeren sowie inneren Erscheinungsbild das<br />
Aufeinandertreffen von Vergangenheit und Gegenwart.<br />
100 Jahre vielschichtige Automobilbaugeschichte Zwickaus<br />
werden dem Besucher in Zeitabschnitten nachvollziehund<br />
erlebbar gemacht. Auf rund 3000 Quadratmetern in<br />
zwei Geschossen widerspiegelt die Ausstellung neben<br />
der Würdigung des Automobilpioniers August Horch ein<br />
Stück deutsche Technikgeschichte – den technischen und<br />
gesellschaftlichen Wandel im Zusammenhang mit der<br />
Automobilität von den Anfängen in Zwickau im Jahr<br />
1904 bis in die Gegenwart. Im Folgenden möchte ich<br />
den Weg des „Warum so?“ und des „Wie?“ etwas näher<br />
beleuchten. Zweifelsohne hatte es die Aufgabe in sich,<br />
bewegte sich doch das Investitionsvolumen pro<br />
Quadratmeter für eine neue Ausstellung im deutschlandweiten<br />
Vergleich auf unterstem Niveau. Dem gegenüber<br />
standen unsere eigenen Visionen und eine sehr hohe<br />
Erwartungshaltung des Mitauftraggebers Audi. Und – wir<br />
waren eben aus dem Osten Deutschlands.<br />
Ein kleiner Rückblick und einige Fakten<br />
zu den Projektvoraussetzungen<br />
AufgeHorcht<br />
Unter den über 170 Automobil- und Motorradmuseen<br />
in Deutschland besitzt das August Horch Museum eine<br />
Alleinstellung. Es ist das einzige Museum in seiner originalen<br />
Geburts- und Produktionsstätte mit einer durchgehenden<br />
Entwicklungslinie bis in die Gegenwart. Hier<br />
gründete August Horch 1909 sein zweites Zwickauer<br />
Unternehmen, aus dem ab 25. April 1910 die Marke Audi<br />
hervorging. Das ist ein ganz wesentlicher Marketing- und<br />
Gestaltungsfaktor, angefangen von der Architektur bis<br />
hin zu den kleinen Elementen der Ausstellung. Die erhaltenswerte<br />
historische Industriearchitektur beeinflusste<br />
wesentlich das Gesamterscheinungsbild. Damit bildet das<br />
Zwickauer Museum einen Gegenpol zu den neu gebauten<br />
Automobilmuseen der großen Hersteller. Es hat seinen<br />
fast ursprünglichen Charakter behalten und stellt<br />
dabei selbst Industriegeschichte dar.<br />
Der Gebäudekomplex ist im Stil sächsischer Industriearchitektur<br />
des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts errichtet<br />
worden. Mit typischer Fassade aus Hartbrandziegeln<br />
überlebte die Bausubstanz 106 Jahre mit nur<br />
unwesentlichen Schäden und Veränderungen. Ursprünglich<br />
als Holzwarenfabrik mit Kontorgebäude, Maschinenhalle<br />
und Kesselhaus konzipiert, kam nach der Übernahme<br />
durch August Horch eine zweigeschossige Produktionshalle<br />
1910 hinzu. In dieser wurden bis 1931 Audi<br />
Fahrgestelle und Motoren montiert. Nachfolgend gehörte<br />
die Halle mit Kontorgebäude zur Komponentenfertigung<br />
für Auto Union Fahrzeuge und nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg zur Wareneingangskontrolle, mechanischen<br />
Fertigung und Buchhaltung des Trabantproduzenten VEB<br />
Sachsenring Automobilwerke Zwickau.<br />
Glücklicherweise begannen hier Ende der 1980er Jahre<br />
Enthusiasten – ehemalige leitende Werksangehörige von<br />
Horch, Audi und Sachsenring – mit einer Sammlung von<br />
Exponaten. Der daraus hervorgegangene Förderverein<br />
setzte sich mit beständigem Engagement das Ziel, ein<br />
Automobilmuseum zur dauerhaften Bewahrung und<br />
Pflege der kreativen, impulsgebenden Automobilbautradition<br />
zu etablieren. So entstanden in verschiedenen Stufen<br />
öffentliche Ausstellungen.<br />
Nach 16 Jahren voller Interimslösungen wurde dieses Vorhaben<br />
durch eine Spende der Audi AG in Höhe von<br />
02/20<strong>07</strong> 39
AufgeHorcht<br />
6,6 Millionen Euro und durch das Bekenntnis zu ihren<br />
sächsischen Wurzeln sowie durch weitere Investitionsmittel<br />
von rund zwei Millionen Euro durch den Bund und<br />
das Land Sachsen realisierbar. Eine umfassende Sanierung<br />
der Gebäude zuzüglich notwendiger Neubauten und eine<br />
völlige Neugestaltung der Ausstellung konnten in Angriff<br />
genommen werden.<br />
40<br />
Entstehung des Ausstellungskonzeptes<br />
Aus einem Architekturwettbewerb wurde eine Lösung favorisiert,<br />
welche im Wesentlichen die Sanierung der Bausubstanz<br />
unter denkmalpflegerischen Aspekten so original<br />
wie möglich vorsah. Alle für einen modernen Museumsbetrieb<br />
funktionell notwendigen neuen Bereiche wurden im<br />
Kontrast zeitgemäßer Architektur additiv hinzu gesetzt.<br />
Ein Neubauriegel für den Eingangsbereich schlägt symbolisch<br />
die Brücke zwischen der Gegenwart und der Geschichte.<br />
In diesem modernen Verbindungsbau zwischen<br />
der Straßen-/Fußweganbindung und der Ausstellungshalle<br />
befinden sich im Erdgeschoss der Museumsshop,<br />
der Empfangstresen, eine Caféteria, im Kellergeschoss<br />
Toiletten und Garderobe. Ein darüberliegender Kubus<br />
mit allseitigen Glasfronten beherbergt einen Multifunktionsraum<br />
mit integrierter Medientechnik. Weiterhin<br />
konnten ein zweigeschossiger Sonderausstellungsraum,<br />
die gesamte Gebäudetechnik und ein Fahrstuhl integriert<br />
werden. Zum Areal gehört ebenso eine denkmalgeschützte<br />
Villa, einst als Unterkunft für August Horch und<br />
seine Familie gebaut, die im Rahmen des Vorhabens saniert<br />
werden konnte.<br />
Nach einer zweijährigen Bauphase wurde das grundlegend<br />
sanierte Objekt mit dem ersten und größten Bauabschnitt<br />
einschließlich der neuen Ausstellung am<br />
10. September 2004 eröffnet. Betrieben als gemeinnützige<br />
GmbH halten jeweils 50 Prozent der Gesellschaftsanteile<br />
die Audi AG und die Stadt Zwickau. Der zweite<br />
Bauabschnitt – die vollständige Einbeziehung des Kontorgebäudes<br />
mit einer Ausstellungserweiterung um rund<br />
500 Quadratmeter, Archiv- und Merzweckräumen – konnte<br />
im September 2005 übergeben werden.<br />
Aus einem Wettbewerbsverfahren für die Ausstellungsgestaltung<br />
als Sieger hervorgegangen, trug die von mir<br />
und meiner Frau 1989 gegründete Firma ö_konzept<br />
Zwickau die Verantwortung für die museale Ausstellungskonzeption,<br />
die Innenarchitektur und deren Um-<br />
02/20<strong>07</strong><br />
setzung. Eingeschlossen im Auftrag war der Entwurf des<br />
Corporate Design, die Erstellung und Produktion der<br />
ersten Marketinginstrumente wie Printmedien und die<br />
Internetpräsenz. Die multimediale Umsetzung in der<br />
Ausstellung (technische Animationen, Film-/Videodokumentationen<br />
sowie Audioproduktionen) hat unsere<br />
Agentur ebenfalls realisiert.<br />
Um den Stellenwert eines neuen Automobilmuseums,<br />
die Anziehungskraft seiner Ausstellung überregional<br />
sowie in der Region Zwickau konzeptionell zu definieren,<br />
haben wir ein renommiertes Marktforschungsinstitut<br />
beauftragt, eine repräsentative CATI-Studie bundesweit<br />
durchzuführen (CATI = computerunterstützte telefonische<br />
Befragung). Die Interessen und Erwartungen<br />
potenzieller Besucher an den Museumsbesuch standen<br />
dabei im Mittelpunkt der komplexen Fragestellungen.<br />
Aber auch marketingstrategische Ansätze waren Untersuchungsziele<br />
der Studie.<br />
Nach Auswertung der Studie, intensiven Recherchen und<br />
auf der Grundlage einer grob formulierten Aufgabenstellung<br />
sowie eines ausgearbeiteten Leitbildes durch den<br />
Auftraggeber haben wir Thesen zum später folgenden,<br />
detaillierten Ausstellungskonzept erarbeitet. Ab diesem<br />
Zeitpunkt begleitete eine Arbeitsgruppe, bestehend aus<br />
der Museumsleitung, aus Historikern des August Horch<br />
Museums und der Auto Union GmbH (ein Unternehmen<br />
zur Traditionspflege der Audi AG) und aus Mitgliedern<br />
des Fördervereins, den weiteren Prozess. Parallel<br />
zu den gesamten ausstellungsspezifischen Faktoren waren<br />
die Innenarchitekten unserer Agentur in die Planungsund<br />
Bauphasen der Hochbauarchitektur eng eingebunden.<br />
Besonders in dem bauplanerischen Bereich wurde<br />
eine konsequente Verfahrensweise durch Vertreter der<br />
Bauabteilung der Audi AG befördert und begleitet.<br />
Thesen zur Ausstellungsgliederung<br />
1. Die Ausstellung bietet einen dramaturgisch angelegten<br />
Rundgang. Dieser berührt alle wesentlichenThemen<br />
und Ausstellungsstücke.<br />
2. Der Rundgang stellt das Minimalangebot an Erlebnis<br />
für die Besucher dar. Erweiterungen in Form von<br />
Nischen und Seitenwegen sind vertiefende Angebote<br />
für spezieller Interessierte.<br />
3. Der Rundgang ist im Wesentlichen chronologisch aufgebaut.<br />
Im Durchschreiten kann die Geschichte des<br />
Automobilbaus am Standort Zwickau nachvollzogen<br />
werden. Die Chronologie ist jedoch nur die Hauptgliederung,<br />
die eine allgemeinverständliche Struktur in<br />
die Präsentation bringt.<br />
4. Anhand der jeweils zur Verfügung stehenden Exponate,<br />
der unterschiedlichen Dichte an darstellenswerten<br />
Ereignissen und des unterschiedlichen Besucherinteresses<br />
erhält nicht jeder Zeitabschnitt den gleichen<br />
Raum und das gleiche Gewicht in der Ausstellung.<br />
In der Standard-Tankstelle als original großer Nachbau finden Exponate zur<br />
Geschichte des Tankens aus dem Museumsbestand ein würdiges Umfeld.
5. Je länger eine Epoche zurückliegt, desto weniger<br />
stimmt sie mit heutigen Erlebnisgewohnheiten überein<br />
– desto interessanter ist sie. Der frühen Geschichte<br />
wird also mehr Raum gegeben als der jüngeren<br />
(zumal der Modellwechsel in den Jahren der DDR<br />
bekanntlich nicht so schnell erfolgte wie vorher).<br />
6. Die einzelnen Epochen/Abschnitte werden nicht nach<br />
gleichen Kriterien präsentiert. Aus den drei Hauptthemen<br />
Produkt, Technologie, Nutzer wird jeweils das<br />
herausgegriffen, was besonders prägend für die Zeit<br />
war bzw. was besonders gut ausstellbar ist.<br />
7. Während einzelne attraktive Produkte solitär präsentiert<br />
werden können, wird der Aspekt der Nutzer<br />
(Entwickler, Produzenten, Besitzer, Fahrer) in engem<br />
Zusammenhang mit Produkten (Kfz, Teilen wie Motoren<br />
oder Chassis, Maschinen) oder auch mit Technologien<br />
gezeigt.<br />
8. Bedingt durch die räumliche Situation der Bausubstanz<br />
sind die zwei wesentlichen Entwicklungslinien<br />
des Automobilbaus schwerpunktmäßig den Geschossen<br />
zugeordnet. Im oberen Geschoss mit größerer<br />
Raumhöhe präsentieren sich die großen Automobile<br />
der gehobenen Preisklasse sowie die Spezial- und<br />
Nutzfahrzeuge. In den unteren, wesentlich niedrigeren<br />
Räumen wird das Thema Kleinwagen behandelt.<br />
9. Die zeitliche Überlappung der beiden Entwicklungslinien<br />
zwischen dem Ober- und Untergeschoss wird als<br />
Vorteil betrachtet. Die Geschichtsvermittlung der parallel<br />
verlaufenden Markenentwicklungen in Zwickau<br />
ist dadurch verständlicher.<br />
10. Foyer und Eingangsbereiche entziehen sich der zeitlich/thematischen<br />
Einordnung in den Ausstellungsrundgang.<br />
Sie beinhalten spezielle Themen und Ausstellungsobjekte,<br />
die entweder schwer in den Rundgang zu<br />
integrieren sind oder als attraktive Objekte das Interesse<br />
für den Rest der Ausstellung wecken können.<br />
11.<br />
Alle Ausstellungsbereiche müssen für Rollstuhlfahrer<br />
erreichbar sein.<br />
Funktionen eines realen aber statischen Exponates werden mit virtuellen<br />
Möglichkeiten nachvollziehbar. Die Kombination von Medientechnik und grafischer<br />
Visualisierung am Fahrgestell des Audi Typ M von 1927.<br />
Die Ausstellungsgestaltung<br />
AufgeHorcht<br />
Das Symbol der Vereinigung der sächsischen<br />
Fahrzeugproduzenten 1932<br />
– die Auto Union. Inspiration für diese<br />
Inszenierung war ein Anzeigenmotiv<br />
aus dieser Zeit. Sie konnte durch entsprechende<br />
Exponate der Marken<br />
Audi, DKW, Horch und Wanderer realisiert<br />
werden. Es ist gleichzeitig ein<br />
markantes Werbemotiv des Museums.<br />
Aus einem Bestand von rund 135 Großexponaten wurden<br />
ca. 70 ausgewählt. Sie werden nicht als „Schätze“ aus der<br />
Vergangenheit präsentiert, sondern als Bestandteil des<br />
gesellschaftlichen Lebens vergangener Epochen dargestellt.<br />
Damit wird der jeweilige Zeitgeist transportiert und<br />
für den Besucher nachvollziehbar.<br />
Den Rundgang kennzeichnet ein Wechselspiel aus klassischer<br />
Exponatpräsentation und Inszenierungen. Die Realisierung<br />
einer zwanglosen „Zwangsführung“ lässt den Besucher<br />
jedoch die Entscheidungsfreiheit, sogenannte „Wissensnischen“<br />
auszulassen und nur dem großen Ganzen zu<br />
folgen. Zum Erlebnischarakter trägt wesentlich bei, dass<br />
die Museumsleitung das Risiko mit trug, die Großexponate<br />
nicht abzusperren. Dadurch entsteht ein besonderes Flair.<br />
Der Besucher kann nah herantreten und sich mit dem<br />
Exponat beschäftigen, zum Großteil wie auf der Straße.<br />
Die Ausstellung ist in thematisierten Zeitabschnitten aufgebaut,<br />
die sich nach historisch wesentlichen Entwicklungsetappen<br />
in der Beziehung Produkt-Technologie-<br />
Mensch konzipiert ergeben haben. Dabei drängt sich<br />
diese Gliederung nicht auf. Dennoch ist sie Leitfaden und<br />
gibt in knapper Form erstmals einen zusammenhängenden<br />
Überblick über die sehr komplexe Entwicklung des<br />
Zwickauer Automobilbaus, der sich hier zum wichtigsten<br />
Industriezweig im 20. Jahrhundert entwickelte.<br />
02/20<strong>07</strong> 41
AufgeHorcht<br />
Begonnen wird mit August Horch als Firmengründer der<br />
Marken Horch und Audi. Als Anziehungspunkt fungiert<br />
gleich zu Beginn der Exposition der älteste, im Museumsbestand<br />
befindliche und gut restaurierte Horch Pkw von<br />
1911. Er ist über eine lange Blickachse schon vom Eingangsbereich<br />
aus zu sehen und weckt Erwartungen. Die<br />
Geschichte setzt sich mit den Produkten der beiden<br />
Zwickauer Automobilwerke fort, die später zur Auto Union,<br />
dem zweitgrößten Automobilkonzern Deutschlands in den<br />
1930er Jahren, gehörten. Hier ist auf einer kurzen Distanz<br />
die automobile Entwicklung der ersten rund 25 Jahre gut<br />
zu sehen, ohne dass eine bloße Aneinanderreihung den<br />
Vergleich im Kopf ermöglichen muss.<br />
Eingebettet in den zweiten Zeitabschnitt ist die erste<br />
Inszenierung, die parallel die Historie des Tankens aufzeigt<br />
und eine originalgroße, begehbare Standard-Tankstelle<br />
darstellt. Die Tankstellenkonstruktion ist gleichzeitig<br />
die statische Basis für die rückseitige rund drei Tonnen<br />
schwere Fahrgestellpräsentation.<br />
Latent, ohne Vordergründigkeit, sollte den Besucher die<br />
Bedeutung der technischen Erfindungen aus Zwickau<br />
begleiten: Als fertigungsstärkster Standort der Auto Union<br />
liefen in Zwickau drei bedeutende Automarken von den<br />
Bändern – Audi, Horch und DKW. Wesentliche Impulse<br />
der Automobilentwicklung gingen von Zwickau aus, die<br />
auch bestimmte Schwerpunkte im Museum setzen, beispielsweise<br />
die Horch Achtzylinder-Serienmodelle, die<br />
Serieneinführung der Linkslenkung durch Audi oder die<br />
Geburt des Frontantriebs für die Großserie bei DKW.<br />
Die Gründung der Auto Union mit dem Symbol der Vier<br />
Ringe wurde durch eine überdimensionale Inszenierung<br />
dargestellt, bei der die Anordnung der vier sächsischen<br />
Marken sich selbst erklärt. Dieses sehr ausstrahlungsstarke<br />
Szenenbild ist von vorn herein als ein repräsentatives Leitmotiv<br />
geplant worden. Letztlich liegt der Ursprung dieses<br />
noch heute verwendeten Markenzeichens hier in Sachsen.<br />
Von diesem zentralen Punkt aus hat der Besucher die<br />
Wahl, den Rundgang über das Kontorgebäude mit den<br />
Wissensnischen Werksentwicklung, Arbeitszimmer und<br />
Bild oben:<br />
Im zweiten Bauabschnitt zeigt die voll funktionsfähige, mechanische Werkstatt den<br />
technologischen Stand Mitte 1920. Charakteristisch ist der Transmissions- und<br />
Einzelantrieb von Maschinen. Auf diese Weise kann für jüngere Generationen der<br />
Weg zu mechanisierten Fertigungsmethoden realistisch dargestellt werden.<br />
Bild unten:<br />
Die Darstellung des Karosseriebaus mit seinen vielfältigen Technologien und<br />
Materialien zeigt die Unterschiede zu heutigen selbsttragenden Konstruktionen.<br />
Gleichzeitig wird der enorme handwerkliche Aufwand demonstriert.<br />
42<br />
02/20<strong>07</strong><br />
bedeutende Persönlichkeiten fortzuführen und in den<br />
zweiten Bauabschnitt zu gelangen. Oder er verkürzt den<br />
Rundgang über die Rennsportgeschichte der Auto Union.<br />
Im hinteren Teil des Kontorgebäudes findet eine tiefere<br />
Betrachtung der Zeit zwischen ca. 1925 bis 1939 statt. Es<br />
galt das Primat, mit vorführbereiten bzw. benutzbaren Exponaten<br />
die Themen Technologie, Sozialentwicklung sowie<br />
Karosseriefertigung und -entwicklung dem Besucher<br />
näher zu bringen. Der Kontext rings um die Automobilfertigung<br />
erschien uns ebenso wichtig wie Endprodukte.<br />
Inhaltlich bot es die Basis für eine weitere abwechslungsreiche<br />
Gestaltung, besonders mit Blick auf die Familientauglichkeit.<br />
Durch die beim ersten Bauabschnitt gut gewachsene Zusammenarbeit<br />
mit der Museumsleitung und den Partnern<br />
aus der Arbeitsgruppe erhielten wir den Rückenhalt für<br />
unsere waghalsigen Ideen. Die vorführbereite mechanische<br />
Fertigung mit Transmissionsantrieb oder der funktionierende<br />
Horch Motorenprüfstand wurden nur durch unermüdlichen<br />
Einsatz, der weit über unsere eigentliche Aufgabe<br />
hinausging, Realität. Die meisten Exponate dafür waren<br />
ein halbes Jahr vor der Eröffnung nur bruchstückhaft<br />
vorhanden. Ohne das Engagement einiger weniger Spezialisten<br />
wäre dieser Akt nicht möglich gewesen. Zutreffend<br />
bei dieser Umsetzung ist im wahrsten Sinne des Wortes<br />
das Sprichwort: „Allein der Glaube versetzt Berge“!<br />
Die Darstellung des Karosseriebaus mit seinen vielfältigen<br />
handwerklich anspruchsvollen Methoden und seine ingenieurtechnische<br />
Entwicklung folgen im Anschluss. Dabei<br />
werden Materialeinsatz und -kombinationen sowie der<br />
extrem hohe handwerkliche Aufwand an Einzelexponaten<br />
aufgezeigt.<br />
Die Grundzüge der bei der Auto Union in den 1930er<br />
Jahren etablierten Entwurfsmethodik prägten die Arbeit<br />
der Karosserieentwickler in Zwickau und Chemnitz bis zum<br />
Ende der DDR-Pkw-Industrie. In diesem Ausstellungsbereich<br />
wird deutlich, wie bei der Fahrzeugentwicklung eine<br />
Ästhetik abgestimmt auf die Technologie und Konstruktion<br />
zu einer qualitätvollen Formsprache führen kann. In dieser<br />
Zeit prägte sich das Bild des Industriedesigners.<br />
Getreu dem Slogan „Automobile Geschichte erleben“<br />
muss der Besucher natürlich auch in einem Produkt dieser<br />
Zeit mal Platz nehmen dürfen. Ja, auch das wurde real in<br />
dem Audi Front. Wer will, der darf, und das macht ein<br />
Museumserlebnis eben aus.<br />
Matthias Kaluza, Diplom-Designer,<br />
ö_konzept, Atelier für Gestaltung und Agentur für<br />
Werbung und Kommunikation Zwickau<br />
Fotos: Archiv des Autors<br />
Fortsetzung folgt
Geschäftsstelle Zwickau<br />
Marienstraße 5<br />
08056 Zwickau<br />
Tel. 0375 353294-0<br />
Fax 0375 2736662
AufgeHorcht<br />
Als Botschafter im<br />
Tatra um die Welt<br />
Verkehrsmuseum Dresden machte<br />
in einer Sonderausstellung mit den<br />
legendären Reisen von Miroslav<br />
Zikmund und Jiri Hanzelka bekannt<br />
Ihre Reisen machten sie nicht nur mit der Welt bekannt,<br />
sondern auch weltberühmt. Ihre Bücher und<br />
Reportagen wurden internationale Bestseller. Vor 60 Jahren<br />
erfüllten sich die tschechischen Diplomingenieure<br />
Miroslav Zikmund und Jiri Hanzelka einen Traum und<br />
starteten zu ihrer ersten Reise um die Welt – mit einem<br />
Pkw Tatra 87! Nicht allein Abenteuerlust war der Auslöser<br />
dafür, vielmehr sahen sich beide als Botschafter<br />
ihres Landes, wollten durch den Zweiten Weltkrieg<br />
verloren gegangene Handelsbeziehungen wieder mit<br />
aufbauen und Produkte „Made in Czechoslovakia“ vermarkten.<br />
Das Verkehrsmuseum Dresden erinnerte in<br />
einer Sonderausstellung an die legendären Reisen von<br />
Zikmund und Hanzelka.<br />
Der 87-jährige Miroslav Zikmund hatte es sich nicht<br />
nehmen lassen, zur Ausstellungseröffnung selbst nach<br />
Dresden zu kommen. Sein Reisepartner und Freund Jiri<br />
Hanzelka verstarb 2003 im Alter von 83 Jahren. Im<br />
besten Deutsch führte Miroslav Zikmund durch die<br />
Schau, die anhand von Fotos die Reisen von 1947 bis 1950<br />
durch Afrika, Süd- und Mittelamerika und von 1959 bis<br />
1964 durch Asien nochmals aufleben ließ. Die Motive<br />
hatte der Verein PROPHOTO Plzen aus rund 30.000<br />
Fotografien von Zikmund und Hanzelka zusammengestellt.<br />
Diese Exposition war in Dresden erstmals außerhalb<br />
Tschechiens und der Slowakei zu sehen. Daran mitgearbeitet<br />
haben auch das Tschechische Zentrum in<br />
Dresden sowie das Museum Südost-Mähren in Zlin, dem<br />
Wohnort von Miroslav Zikmund. Letztgenannte Einrichtung<br />
bewahrt den gesamten Fundus der Weltreisenden<br />
auf und eröffnete 1996 eine Dauerausstellung.<br />
Schon bei ihrer ersten Begegnung 1938 zur Einschreibung<br />
für die Prager Universität merkten die künftigen<br />
Diplomingenieure, dass sie denselben Kindertraum im<br />
Kopf trugen – eine Weltreise. Im Herbst 1939 wurden<br />
zwar alle tschechischen Hochschulen geschlossen, und<br />
die beiden mussten in den folgenden Kriegsjahren in der<br />
Landwirtschaft bzw. als Buchhalter arbeiten. Aber sie<br />
schmiedeten ihre Pläne weiter. Und nicht nur das. Sie<br />
studierten Landkarten, Reisebeschreibungen, Wetterberichte<br />
und ähnliche Dokumente. Auch begannen sie,<br />
Sprachen zu lernen, um sich weitestgehend unabhängig<br />
von Dolmetschern zu machen.<br />
44<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Miroslav Zikmund und Jiri Hanzelka überquerten mit dem Tatra 87 auch die<br />
südamerikanischen Kordilleren.<br />
1946 konnten die Freunde ihr Ingenieursstudium beenden.<br />
Nun galt es, die Reisevorbereitungen zu konkretisieren<br />
und einen Sponsor zu finden. Hanzelka und<br />
Zikmund wussten genau, welche Ziele ihre Reise haben<br />
sollten: Sie wollten tschechische Produkte in aller Welt<br />
vermarkten und mithelfen, durch den Krieg unterbrochene<br />
Handelsbeziehungen wieder aufzunehmen. Deshalb<br />
beschlossen sie, nur tschechische Produkte mit sich<br />
zu führen. Zur Ausrüstung gehörten Messgeräte, Thermometer,<br />
Höhenmeter, Fernglas, Fotoapparat, Koffer,<br />
Wäsche, Anzüge, Schuhe, Schlafsäcke und weitere<br />
Gegenstände – alles „Made in Czechoslovakia“. Auch<br />
das Fahrzeug sollte dieses Herkunftszeichen tragen.<br />
„Wir kamen überein, dass der Tatra 87, ein Wagen, mit<br />
dem sonst Minister unterwegs sind, für unser Vorhaben<br />
geeignet ist. Unabhängige Federung, stromlinienförmige<br />
Karosserie, Motor hinten, Luftkühlung, selbst ein Laie<br />
hätte keinen anderen Wagen gewählt als den Tatra 87“,<br />
erinnert sich Miroslav Zikmund. Dem Duo gelang es, die<br />
Direktion der Tatra-Werke von ihrem Vorhaben zu überzeugen.<br />
„Dass wir den Herren wirklich sehr detaillierte<br />
Vorbereitungen vorlegen konnten, war vielleicht das<br />
entscheidende Argument für ihre Unterstützung“, meint<br />
Miroslav Zikmund rückblickend.
AufgeHorcht<br />
Miroslav Zikmund in einem Tatra 87. Mit solch einem Pkw brachen er und Jiri Hanzelka 1947 zu einer dreijährigen Reise nach Afrika, Süd- und Mittelamerika auf.<br />
Sehr lebendig und in bestem Deutsch schilderte Miroslav Zikmund nicht nur seine<br />
Reisen, sondern auch einen Aufenthalt in Dresden im Dezember 1943.<br />
Fotos: Ina Reichel<br />
Am 22. April 1947 begann der Kindheitstraum Wirklichkeit<br />
zu werden. Hanzelka und Zikmund starteten im<br />
Tatra 87 mit V8-Motor und 72 PS Leistung zu ihrer Traumreise.<br />
Sie führte nach Afrika, Süd- und Mittelamerika und<br />
dauerte über drei Jahre. Doch vieles verlief anders als<br />
geplant. Die größte Veränderung im Reisevorhaben brachte<br />
der Februar 1948. Damals ergriffen die Kommunisten<br />
die Macht in Prag. Außerdem waren die Tatra-Werke verstaatlicht<br />
worden. Die neue Betriebsleitung forderte die<br />
beiden auf, sofort in die Heimat zurückzukehren. Doch<br />
Hanzelka und Zikmund dachten nicht daran. Wie geplant<br />
setzten sie nach Südamerika über. Erst die Grenze<br />
zu den USA bildete das Aus ihrer ersten Weltreise. Die<br />
US-amerikanischen Behörden weigerten sich in der Atmosphäre<br />
des beginnenden Korea-Krieges, zwei Bürgern<br />
eines kommunistischen Landes ein Visum zu erteilen.<br />
Hanzelka und Zikmund kehrten 1950 nach Prag<br />
zurück. Hier wurden sie als Helden empfangen. Immerhin<br />
hatten sie als erste überhaupt mit einem serienmäßig<br />
hergestellten Pkw Afrika von Kairo im Norden bis nach<br />
Johannesburg im Süden durchfahren.<br />
Nach der Reise wurde der Tatra demontiert und gründlichst<br />
untersucht. Das Fazit in aller Kürze: Der Wagen<br />
hatte die -zigtausend Kilometer in afrikanischen Wüsten<br />
und südamerikanischen Hochgebirgen außerordentlich<br />
gut überstanden. „Der Tatra war sehr zuverlässig. Er hat<br />
uns nie im Stich gelassen. Im Gegensatz zu den zwei Tatra-<br />
Lkw, mit denen wir 1959 unsere Reise durch Asien angetreten<br />
haben“, verweist Miroslav Zikmund auf die Unterschiede<br />
zwischen dem Pkw, gebaut Mitte der 1940er<br />
Jahre, und den leichten Lkw, gebaut Ende der 1950er<br />
Jahre. Dennoch haben sie mit den Nutzfahrzeugen Tatra<br />
805 bis 1964 auch rund 67.000 Kilometer von Albanien<br />
aus quer durch Asien bis nach Japan und auf dem Rückweg<br />
durch die gesamte damalige Sowjetunion absolviert.<br />
Aus den Reisen sind nicht nur die rund 30.000 Fotos entstanden,<br />
sondern auch 18 Bücher und mehr als 150 Filme,<br />
die nicht nur in der damaligen CSSR, sondern auch hierzulande<br />
viele Freunde gefunden haben. Ina Reichel<br />
Der Tatra 87<br />
Der Pkw Tatra 87 wurde von 1937 bis 1950 in 3032<br />
Einheiten im tschechischen Tatra-Werk Koprivnice<br />
hergestellt. Das Fahrzeug der oberen Mittelklasse<br />
besaß eine Ganzstahlkarosserie mit Mittelträgerrahmen.<br />
Der im Heck eingebaute V8-Zylinder-Viertakt-<br />
Ottomotor verhalf dem Wagen zu einer mittleren<br />
Reisegeschwindigkeit von 135 km/h.<br />
02/20<strong>07</strong> 45
46<br />
AufgeHorcht<br />
Es müssen nicht immer Räder sein<br />
Anwendung der Entwicklungsmethoden und Werkzeuge der<br />
Automobilindustrie im Wintersport<br />
Auf manchen Strecken fährt man besser mit Kufen als<br />
mit Rädern. Zum Beispiel im Eiskanal. Die Auto-<br />
Entwicklungsring Sachsen GmbH (AES) beschäftigt sich<br />
seit vier Jahren mit der Weiterentwicklung des Fahrwerks<br />
von Bobsportgeräten für<br />
die sächsischen Piloten. Die<br />
deutschen Bobfahrer setzen die<br />
vom Berliner Institut für Forschung<br />
und Entwicklung von<br />
Sportgeräten (FES) entwickelten<br />
und gebauten Bobsportgeräte<br />
ein, die seit Jahren das weltweite<br />
Spitzenniveau darstellen. Auf<br />
Grund der großen Leistungsdichte<br />
im traditionsreichen Bobsport<br />
in Deutschland findet Jahr für<br />
Jahr ein spannender Wettbewerb<br />
der deutschen Bobpiloten<br />
um die begehrten Startplätze<br />
bei den internationalen Wettkämpfen<br />
statt. Deshalb ist es für<br />
die Piloten wichtig, die Bobschlitten<br />
genau auf ihre eigenen<br />
Bedürfnisse und den eigenen<br />
Fahrstil anzupassen und weitere<br />
eigene Verbesserungen zur Fahrzeitreduzierung<br />
einzubringen.<br />
Es begann im Sommer 2003, als<br />
Gerd Leopold, der engagierte<br />
Trainer vom Sportclub Riesa, der<br />
schon den Olympiasieger im Viererbob 1994 Harald<br />
Czudaj trainierte, bei der Auto-Entwicklungsring<br />
Sachsen GmbH in Zwickau anrief und um technische<br />
Unterstützung für das Team seines Piloten Matthias<br />
Höpfner bat.<br />
Ziel war es von Anfang an, die Entwicklungsmethoden<br />
und Entwicklungswerkzeuge der Automobilindustrie im<br />
Bobsport anzuwenden. Die Mitarbeiter der AES sind mit<br />
diesen Methoden aus ihrer Tätigkeit für Audi, BMW,<br />
Daimler, Porsche, Volkswagen, Bentley und Bugatti<br />
bestens vertraut. Es besteht Zugriff auf modernste<br />
Software sowie Mess- und Versuchseinrichtungen.<br />
Das Team der Fahrwerkentwicklung fühlte sich heraus-<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Zweierbob bei Messfahrten in Oberhof im Oktober 2004.<br />
gefordert. Die Aufgabe, die hervorragenden Berliner<br />
Schlitten noch zu verbessern, erwies sich als sehr anspruchsvoll.<br />
Zuerst wurden die Schlitten in der Abteilung<br />
Versuchsbau demontiert und auf der Messmaschine<br />
vermessen. Aus den erhaltenen Daten erstellte man<br />
CAD-Modelle der Bauteile und Baugruppen für die<br />
Konstruktion in Pro/Engineer sowie Simulationsmodelle<br />
in NASTRAN und ADAMS/Car.<br />
Rechtzeitig vor Saisonbeginn stattete die Versuchsabteilung<br />
den Schlitten mit Messtechnik aus. Es sollten Kräfte<br />
an den Kufen und in der Lenkung, Lenk- und Wankwinkel<br />
sowie Beschleunigungen am Zweierbob aufgezeichnet<br />
werden. Bei den ersten Fahrten mit der Messtechnik<br />
auf der Oberhofer Rennschlittenbahn im Herbst 2003<br />
stellte sich schnell heraus, dass die Belastungen, die in<br />
der Bahn auf Mensch und Material wirken, die Erwartungen<br />
der Ingenieure weit übertrafen. Die Befestigung
des Datenrecorders löste sich, die Elektronik versagte.<br />
Über Nacht bauten die Zwickauer Ingenieure in einer<br />
Oberhofer Garage den Messaufbau um, so dass die<br />
Messungen am nächsten Tag erfolgreich fortgesetzt<br />
werden konnten. Zurück in Zwickau begann die fahrdynamische<br />
Interpretation der Daten. In zahllosen Gesprächen<br />
zwischen Matthias Höpfner und Fahrwerkingenieuren<br />
wurde ein gemeinsames Verständnis der<br />
Messdaten erarbeitet. Für die Automobil-Fahrwerker<br />
war es und ist es bis heute immer wieder eine<br />
Herausforderung, die Gemeinsamkeiten, aber auch die<br />
Viererbob im Prüffeld der AES im Januar 20<strong>07</strong>.<br />
elementaren Unterschiede in der Physik des Auto- und<br />
des Bobfahrens zu identifizieren. Im Laufe der Saison<br />
2003/2004 konnten erste Ergebnisse dieser Überlegungen<br />
in den Zweierbob einfließen. Es wurden Federraten<br />
optimiert und Materialien substituiert. Einiges erwies<br />
sich als Fehlschlag, anderes funktionierte im Zweierbob.<br />
Allerdings stellte sich bald heraus, dass die Erkenntnisse<br />
nicht ohne Weiteres auf den Viererbob übertragbar<br />
waren.<br />
Während in der Saison 2004/2005 die Fernsehkommentatoren<br />
bereits erwähnten, wie gut der Zweierbob von<br />
Matthias Höpfner läuft, wurden zum Verständnis der<br />
Vorgänge im Viererbob um den Jahreswechsel weitere<br />
AufgeHorcht<br />
Messfahrten in Altenberg durchgeführt. Aufbauend auf<br />
den Erfahrungen im Zweier konnten ohne wesentliche<br />
Probleme Messungen mit verschiedenen Fahrwerksabstimmungen<br />
und weiteren Modifikationen durchgeführt<br />
werden, die gemeinsam mit Videoanalysen den<br />
Zwickauer Ingenieuren weitere Erkenntnisse über<br />
Optimierungspotenziale im Fahrverhalten des Bobschlittens<br />
lieferten.<br />
In der Olympiasaison 2005/2006 stellte das Institut für<br />
Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) eine<br />
neue Generation von Bobsportgeräten bereit. Dank der<br />
sehr guten Zusammenarbeit mit<br />
dem Institut gelang es, aus dem<br />
Vorjahresmodell abgeleitete und<br />
neue Modifikationen rechtzeitig<br />
zu Saisonbeginn im neuen Bob<br />
einsatzfähig zu haben. Im Laufe<br />
der Saison steigerte das Team<br />
um Matthias Höpfner seine<br />
Leistung bis zum Sieg beim Weltcup<br />
in Cortina d`Ampezzo am<br />
17. Dezember 2005 im Zweierbob<br />
und dem zweiten Platz am<br />
nächsten Tag im Vierer. Damit<br />
qualifizierte sich Matthias Höpfner<br />
zusammen mit Anschieber Marc<br />
Kühne im Zweierbob für die<br />
Olympischen Winterspiele in<br />
Turin im Februar 2006. Er erzielte<br />
dort einen fünften Rang in<br />
einem starken internationalen<br />
Wettbewerberumfeld. Die Freude<br />
darüber war riesig.<br />
In der Saison 2006/20<strong>07</strong> dehnte<br />
die AES ihre Unterstützung auf<br />
das Team des 2006er Europacupsiegers<br />
Thomas Florschütz<br />
aus. Er wurde im Februar 20<strong>07</strong> deutscher Meister im<br />
Zweier- und Viererbob. Es wurden Messfahrten mit<br />
dem neuesten Berliner Schlitten gemacht. An der<br />
Einarbeitung der Ergebnisse in das Gerät von Thomas<br />
Florschütz wird gemeinsam mit dem Berliner Institut für<br />
Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) derzeit<br />
gearbeitet. Mit Spannung erwarten wir den Start in<br />
die neue Bobsportsaison am 1. Dezember 20<strong>07</strong> in<br />
Calgary und natürlich besonders die Weltmeisterschaft<br />
im Februar 2008 in Altenberg.<br />
Text/Fotos:<br />
Dipl.-Ing. Hartmut Schimmel<br />
02/20<strong>07</strong> 47
AufgeHorcht<br />
Bild oben: Für diese Automobilteile stellte die Fa. B.<br />
Hiltmann in den 1930er Jahren Großwerkzeuge her.<br />
Bild unten: Kokillen für die Automobil- und Motorradproduktion<br />
aus den 1920er Jahren, u. a. für DKW.<br />
Als der Schlosser Bernhard Hiltmann<br />
am 2. Februar 1882 in Aue seine<br />
„Werkstatt für Handarbeit“ gründete,<br />
hatte er jedoch nicht den Werkzeugbau<br />
für das Kraftfahrzeug im Sinn.<br />
Vielmehr fertigte er in dem kurze Zeit<br />
später als Spezialfabrik für Schnittund<br />
Stanzwerkzeuge firmierenden<br />
Betrieb Werkzeuge für die Blechund<br />
Haushaltswarenherstellung, die<br />
damals in der Region Aue-Schwarzenberg<br />
sehr verbreitet war. Bernhard<br />
Hiltmann erkannte, dass es Vorteile<br />
bringt, Maschinenbau und Werkzeugbau<br />
zu trennen und somit die<br />
jeweiligen Sparten zu spezialisieren.<br />
Zu dieser Erkenntnis verhalf ihm u. a.<br />
die Zusammenarbeit mit seinem<br />
48<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Innovationsstark<br />
seit 125 Jahren<br />
AWEBA Werkzeugbau Aue eng mit der Automobilindustrie verflochten<br />
Die Werkzeugbauer aus dem Erzgebirge haben bereits in den Anfangsjahren<br />
des Automobils wichtige Aufbauarbeit geleistet, damit dieses motorisierte<br />
Fortbewegungsmittel richtig in Fahrt kam. So vertraute Ferdinand Porsche<br />
bei der Entwicklung des Käfers auf die Fähigkeiten der Umformtechniker<br />
aus dem Raum Aue-Schwarzenberg. Zu den Vorreitern in diesem Bereich<br />
gehört die heutige AWEBA Werkzeugbau GmbH Aue, die 20<strong>07</strong> ihr 125jähriges<br />
Jubiläum feiert.<br />
älteren Bruder Gustav, der mit Bernhard<br />
Lorenz ein Maschinenbauunternehmen<br />
betrieb, in dem die international<br />
renommierten HiLo-Pressen<br />
hergestellt wurden. Bernhard Hiltmann<br />
gilt somit als ein Pionier im<br />
deutschen Werkzeugbau und hat mit<br />
seiner vor 125 Jahren gegründeten<br />
Fabrik einen Meilenstein gesetzt: Ein<br />
älterer und nach wie vor arbeitender<br />
Werkzeugbau ist in Deutschland nicht<br />
bekannt.<br />
Die Herstellung von Kombinationswerkzeugen,<br />
die mit einem Pressenhub<br />
mehrere Arbeitsgänge ausführen,<br />
sowie die Entwicklungen von Ziehwerkzeugen<br />
und sogenannten Blockschnitten<br />
zeichneten die Hiltmannsche<br />
Fabrik als modernen Werkzeugbau<br />
Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
aus. Ab den 1920er Jahren<br />
konzentrierte sich die auf rund 180<br />
Mitarbeiter angewachsene Firma auf<br />
die Werkzeugfertigung für die Elektromotorenindustrie<br />
und den Automobilbau.<br />
Diese beiden Branchen<br />
ziehen sich fortan wie ein roter Faden<br />
durch die Unternehmensgeschichte.<br />
Kataloge aus den 1920er Jahren zeigen<br />
beispielsweise Kokillenguss für<br />
DKW-Motorteile. In den 1930er<br />
Jahren entwickelt sich der Karosseriegroßwerkzeugbau<br />
u. a. für die<br />
Marken der Auto Union und für den<br />
„Käfer“ von Volkswagen. Das Unternehmen,<br />
zwischenzeitlich in den
Der Unternehmensgründer<br />
Bernhard Hiltmann<br />
(1853–1919).<br />
Händen der zweiten Hiltmann-<br />
Generation, investierte in moderne<br />
Erprobungspressen sowie in Bearbeitungsmaschinen<br />
mit einem für die<br />
damalige Zeit äußerst hohen Genauigkeitsgrad.<br />
Nach Rüstungsproduktion, Demontage,<br />
Enteignung, Zwischenstationen<br />
als Wismut- bzw. ABUS-Betrieb erfolgte<br />
im April 1951 die Neugründung<br />
als VEB Auer Werkzeugbau. Das Unternehmen<br />
konzentrierte sich fortan<br />
auf den Bau von Elektromotorenwerkzeugen<br />
und erreichte hier eine<br />
Monopolstellung in der DDR. Auch<br />
Umformwerkzeuge für die Autoindustrie<br />
gehörten zum Produktprogramm.<br />
Außergewöhnlich war in jener Zeit<br />
das Engagement, in punkto Technik<br />
mit der internationalen Spitze mitzuhalten.<br />
So hat die AWEBA ab 1977<br />
als erster DDR-Betrieb Erodiertechnik<br />
genutzt.<br />
Das Bemühen um hohes technologisches<br />
Niveau und die Tatsache, dass<br />
im Zeitraum von 1968 bis 1978 ein<br />
Betriebsneubau am heutigen Firmenstandort<br />
errichtet wurde, erleichterten<br />
der AWEBA den Start in die<br />
Marktwirtschaft. Bereits in der Übergangszeit<br />
1989/90 orientierte sich<br />
das Unternehmen an den neuen<br />
Herausforderungen und identifizierte<br />
die Automobilindustrie sowie deren<br />
große Zulieferer als potenziellen Kundenkreis.<br />
Langfristige Beziehungen<br />
entwickelten sich u. a. zu BMW und<br />
Daimler sowie zu INA und LuK.<br />
Auch Automobilhersteller wie Honda<br />
und Systemlieferanten wie Sanden<br />
gehören heute zum Kundenkreis.<br />
Die rund 500 Mitarbeiter starke<br />
AWEBA zählt mit ihrem Know-how<br />
zu den bedeutendsten konzernunabhängigen<br />
Werkzeugbauern in Europa.<br />
Die Bedeutung resultiert nicht<br />
allein aus der Größe, sondern vor<br />
allem aus der Innovationskraft. Der<br />
Auer Werkzeugbau ist eines von wenigen<br />
Unternehmen in der Welt, die<br />
sogenannte Rollwerkzeuge zur Herstellung<br />
hochpräziser Getriebekomponenten<br />
entwickeln und produzieren.<br />
Diese Leistungen fragen beispielsweise<br />
Automobilgetriebebauer<br />
in den USA stark nach. Die AWEBA<br />
beherrscht dabei die Kombination<br />
von Umformen und Feinschneiden in<br />
einem Werkzeugsatz, ein Know-how,<br />
das weltweit als einzigartig gilt.<br />
AufgeHorcht<br />
Auch bei Druckgusswerkzeugen hat<br />
das Unternehmen einen Technologievorsprung<br />
erreicht. Sie sind extrem<br />
verschleißfest und garantieren deutlich<br />
höhere Standzeiten als Konkurrenzprodukte.<br />
Mit diesem Knowhow<br />
ist AWEBA der Einstieg bei<br />
japanischen Automobilherstellern<br />
und Systemlieferanten gelungen.<br />
Schneidwerkzeuge aus Aue bewähren<br />
sich bei den führenden Herstellern<br />
industrieller Antriebstechnik,<br />
beispielsweise in Skandinavien. In<br />
Kooperation mit Materialproduzenten<br />
arbeitet der Werkzeugbauer am<br />
Einsatz neuer Werkstoffe für die<br />
internationale Luft- und Raumfahrtindustrie.<br />
Ina Reichel<br />
Fotos: Archive Bernd Hiltmann,<br />
AWEBA<br />
Bild oben: AWEBA-Know-how von heute: Der<br />
Werkzeugbauer beherrscht als eines von weltweit<br />
vier Unternehmen die Entwicklung und Herstellung<br />
von Rollwerkzeugen für die Getriebeproduktion.<br />
Bild unten: Blick auf das Unternehmen mitten im<br />
grünen Erzgebirge.<br />
02/20<strong>07</strong> 49
AufgeHorcht<br />
Nicht nur Eulen nach Athen getragen<br />
Aufbruch und Kontinuität – Colloquium von Audi Tradition und Westsächsischer<br />
Hochschule Zwickau beleuchtete 75 Jahre Auto Union<br />
Das Motto lässt Raum für Interpretationen und trifft doch konkret zu: Aufbruch und Kontinuität kennzeichnen<br />
seit einem guten Jahrhundert die Automobilindustrie in Sachsen. Die Entwicklung ist eng verbunden mit Namen<br />
wie August Horch und Jörgen S. Rasmussen, mit Produkten wie Audi, DKW, Horch und Wanderer. Der<br />
Zusammenschluss dieser vier Marken zur Auto Union vor 75 Jahren war ein Aufbruch für die Branche. An diese<br />
Zeit sowie deren Wirkungen und neuen Aufbrüche bis in die Gegenwart und Zukunft erinnerte das Colloqium<br />
„Aufbruch und Kontinuität am Automobilstandort Zwickau/Chemnitz“ der Audi Tradition und der<br />
Westsächsischen Hochschule Zwickau Mitte Oktober in Zwickau.<br />
In der Aula dominierten die historischen Themen, vor der Aula zeigte das WHZ-Racing-Team seinen für die<br />
Formula Student entwickelten Rennwagen.<br />
Eigentlich müsste jeder Vortrag den<br />
Untertitel haben „Weshalb trage ich<br />
Eulen nach Athen?“, leitete der<br />
Automobilhistoriker Prof. Dr. Peter<br />
Kirchberg seinen Beitrag „Autos aus<br />
Zwickau – Impulse, Ideen und Innovationen“<br />
ein. Doch er hat selbst demonstriert,<br />
dass es keineswegs überflüssig<br />
ist, sich immer wieder der<br />
Geschichte zuzuwenden. Die Darstellungen<br />
der technischen Leistungen<br />
des sächsischen Automobilbaus von<br />
einst und der dahinter stehenden<br />
Persönlichkeiten förderten immer<br />
wieder neue, interessante Aspekte<br />
zutage, war aus dem Publikum zu<br />
hören. Beispielsweise zum Wirken<br />
von Audi-Chefkonstrukteur Heinrich<br />
Schuh, der 1921 die Linkslenkung in<br />
Serie brachte. Oder zum konsequenten<br />
Bemühen um Produktqualität,<br />
wobei die Auto Union mit<br />
deutlich verringerten Garantieaufwendungen<br />
als die Konkurrenz Maß-<br />
50<br />
02/20<strong>07</strong><br />
stäbe setzte. Und natürlich ist es<br />
immer wieder „erfrischend“, wie ein<br />
Colloquium-Teilnehmer sagte, sich<br />
die Leistungen der Ahnen vor Augen<br />
zu führen wie August Horch´s Verdienste<br />
um den Einsatz von Leichtmetall<br />
im Automobil, die ersten<br />
Crash-Tests im deutschen Fahrzeugbau<br />
bei der Auto Union oder die<br />
Etablierung des Frontantriebs in<br />
Großserie durch DKW.<br />
Solche Traditionen verpflichten und<br />
beflügeln. Das war auch im Vortrag<br />
des ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden<br />
Prof. Dr. Carl H. Hahn zu<br />
spüren. Der gebürtige Chemnitzer<br />
spannte den Bogen vom Wirken seines<br />
Vaters, der als „DKW-Hahn“ in<br />
der Branche geachtet war und die<br />
Ratenzahlung für den Motorradkauf<br />
einführte, bis zur Gegenwart. Nicht<br />
allein Emotionen, sondern strategischer<br />
Weitblick spielten eine Rolle<br />
bei der Entscheidung von VW, sich in<br />
Zwickau und Chemnitz zu engagieren,<br />
bekanntermaßen die Initialzündung<br />
für die Renaissance des Autolandes<br />
Sachsen. „Bei unseren Reisen<br />
durch die ehemalige DDR gleich<br />
nach der Wende merkten wir, dass<br />
bei den Sachsen nichts an Können<br />
und Einsatzbereitschaft verloren<br />
gegangen war“, betonte Hahn.<br />
Auch bei einem weiteren Thema<br />
spielen die Fähigkeiten und vor allem<br />
das Engagement sächsischer Automobilbauer<br />
nach wie vor eine Rolle<br />
– dem Motorsport der Auto Union.<br />
Christoph von Eberan-Eberhorst rekapitulierte<br />
Entwicklung und Erfolge<br />
der „Silberpfeile“, für deren Konstruktion<br />
ab Mitte 1937 dessen Vater<br />
Robert von Eberan-Eberhorst verantwortlich<br />
war. Er entwickelte den<br />
Zwölfzylinder Typ D nach der 3-<br />
Liter-Formel. Der Vortragende zeigte<br />
auch auf, welche Wagen heute noch<br />
im Original bzw. als Nachbau existieren<br />
und verwies u. a. auf den<br />
noch unter Anleitung seines Vaters<br />
rekonstruierten Typ C im Deutschen<br />
Museum München, auf die sogenannten<br />
„Karrasik“-Typ D und den<br />
Rigaer Bergrennwagen. Schade, dass<br />
er für das ehrgeizige Projekt des<br />
Fördervereins vom Horch Museum<br />
Zwickau keine Worte fand. Dort<br />
entsteht ein Nachbau des Typ C von<br />
1936/37, der in der ersten Baustufe<br />
bereits im Museum zu sehen ist.<br />
Einem wichtigen Abschnitt des<br />
DDR-Fahrzeugbaus widmete sich<br />
Dr. Werner Reichelt. Der Experte<br />
für Kunststoffeinsatz im Auto zeigte<br />
auf, wie der Trabant zu seiner Plastekarosserie<br />
kam, zum damaligen<br />
Zeitpunkt in den 1950er und 1960er<br />
Jahren durchaus eine wegweisende<br />
und im In- sowie Ausland viel beachtete<br />
Entwicklung. Der eigentlich als
Während des Colloquiums erhielt Jörgen Rasmussen (r.) die Würde eines Ehrensenators der Westsächsischen<br />
Hochschule verliehen. Rektor Prof. Dr. Karl-Friedrich Fischer hob die Unterstützung hervor, die der Enkel des<br />
DKW-Gründers Jörgen Skafte Rasmussen der Hochschule gibt.<br />
Zwischenlösung gedachte Trabant<br />
601 von 1964 wurde jedoch mit seiner<br />
Karosserie über 27 Jahre produziert.<br />
Die Gründe sind bekannt: Fehlende<br />
Investitionsmittel führten dazu,<br />
dass die Zwickauer Fahrzeugbauer<br />
ihre zahlreichen Entwicklungen<br />
immer wieder abbrechen mussten.<br />
Ein ähnliches Ende fand das sogenannte<br />
RGW-Auto. Lukas Nachtmann,<br />
Leiter des Unternehmensarchivs<br />
bei Skoda Auto, und Dr.<br />
Winfried Sonntag, ehemaliger Leiter<br />
des Wissenschaftlich-Technischen<br />
Zentrums Automobilbau der DDR,<br />
berichteten über das Vorhaben, ein<br />
Fahrzeug auf einer Plattform zu entwickeln,<br />
mit dem sowohl Trabant<br />
und Wartburg als auch Skoda abgelöst<br />
werden sollten. Dieser Pkw war<br />
mit Viertakt-Motor und Hinterachse<br />
von Skoda, mit Vorderachse, Lenkgetriebe<br />
und Gelenkwellen von<br />
Sachsenring sowie mit Getriebe aus<br />
Eisenach konzipiert – jeweils<br />
300.000 Stück pro Jahr sollten in der<br />
DDR sowie in der CSSR produziert<br />
werden. Entwicklung und Bau von<br />
Karosserie lagen in den Händen des<br />
jeweiligen Landes. Weitere Zulieferungen<br />
sollten aus Ungarn kommen.<br />
Einer der technischen Hauptstreitpunkte<br />
war der Antrieb. Die<br />
DDR-Frontantriebsbefürworter und<br />
die CSSR-Heckantriebsexperten einigten<br />
sich auf Frontantrieb mit längs<br />
eingebautem Motor. Während man<br />
technisch immer wieder zusammenfand,<br />
reichten die wirtschaftlichen<br />
Kapazitäten nicht zur Umsetzung.<br />
Letztendlich scheiterte auch dieses<br />
Projekt am fehlenden Geld auf beiden<br />
Seiten.<br />
Wie eine länderübergreifende Zusammenarbeit<br />
heute funktioniert,<br />
erläuterte Dr. Joachim Böhme von<br />
der Audi AG am Beispiel der Motorenentwicklung<br />
und -fertigung im<br />
Unternehmen. So hat der Premiumfahrzeughersteller<br />
2002 eine neue<br />
Generation FSI-Motoren mit Ausgleichswellengetriebe<br />
(AWG) eingeführt.<br />
Diese Getriebe entstehen im<br />
VW-Motorenwerk Chemnitz. Auch<br />
für die TFSI-Aggregate, die Turboaufladung<br />
und Direkteinspritzung<br />
kombinieren, kommt das AWG aus<br />
Chemnitz. Die damit komplettierten<br />
Motoren aus dem Audi-Werk Györ<br />
kehren wiederum zum Teil nach<br />
Sachsen zurück und werden in<br />
Mosel in Golf und Passat verbaut.<br />
Die Zusammenarbeit erstrecke sich<br />
jedoch nicht nur auf den Konzernverbund,<br />
betonte Böhme. Mit der<br />
IAV Chemnitz und der FES Zwickau<br />
habe man starke sächsische Ingenieurdienstleister<br />
als Partner gefunden.<br />
Dass man weiterhin mit gut ausgebildeten<br />
Ingenieuren aus der Region<br />
Chemnitz-Zwickau rechnen könne,<br />
verdeutlichten Prof. Dr. Karl-Friedrich<br />
Fischer, Rektor der Westsächsischen<br />
Hochschule Zwickau, und Prof. Dr.<br />
Wolfgang Foken, Leiter des Instituts<br />
für Kfz-Technik an der Bildungseinrichtung.<br />
Text und Fotos:<br />
Ina Reichel<br />
AufgeHorcht<br />
02/20<strong>07</strong> 51
AufgeHorcht<br />
Glückwunsch zum<br />
80. Geburtstag<br />
Alles Gute für<br />
Dr.-Ing. Werner Reichelt<br />
Dr.-Ing. Werner Reichelt,<br />
Ehrenmitglied des Gemeinnützigen<br />
Fördervereins Automobilmuseum<br />
August<br />
Horch Zwickau e.V., feierte<br />
am 30. September 20<strong>07</strong><br />
seinen 80. Geburtstag. Sein<br />
Name ist eng mit der Entwicklung<br />
des DDR-Kleinwagens<br />
Trabant verbunden.<br />
Er hat vorrangig auf dem Gebiet<br />
der Kunststoffentwicklung gearbeitet<br />
und ist Mitinhaber von Patenten zur<br />
Herstellung großflächiger Pressstoff-<br />
Formteile. Seit 1993 engagiert sich Dr.<br />
Reichelt im Förderverein des Horch<br />
Museums und gehört auch hier zu den<br />
engagierten Mitstreitern für die Entwicklung<br />
der heutigen automobilen<br />
Erlebnisstätte. Dafür gebührt ihm herzlicher<br />
Dank, verbunden mit dem Wunsch,<br />
dass er seine Kraft weiterhin aktiv in den<br />
Dienst von Museum und Förderverein<br />
stellt.<br />
Gemeinnütziger Förderverein Automobilmuseum August Horch Zwickau e.V.<br />
Donnerstag, 1. November 20<strong>07</strong>, 16.30 Uhr<br />
Vortrag „Kunststoffe im Automobilbau“<br />
Prof. Dr.-Ing. Lars Frormann – Westsächsische Hochschule Zwickau, Institut für Produktionstechnik<br />
August Horch Museum Zwickau, Audistraße 7, Vortragssaal<br />
Donnerstag, 6. Dezember 20<strong>07</strong>, 16.30 Uhr<br />
Betriebsbesichtigung Gillet Abgassysteme Zwickau GmbH – ein Unternehmen der Tenneco-Gruppe<br />
Führung durch Werkleiter Jörg Feuring<br />
Treffpunkt: Firmeneingang (Zwickau, Hilferdingstraße 8)<br />
Donnerstag, 6. März 2008, 16.30 Uhr<br />
Vortrag „Auto Union DKW F 9 – Der Pkw nach dem Krieg in Ost und West“<br />
Walter Siepmann, Chemnitz<br />
August-Horch-Museum Zwickau, Audistraße 7, Vortragssaal<br />
Donnerstag, 3. April 2008, 16.30 Uhr<br />
Vortrag „Fahrzeugakustik – Entwicklungsstand und -tendenzen vom Motor bis zum Türschloss“<br />
Prof. Dr.-Inf. Wolfgang Foken, Westsächsische Hochschule Zwickau, Institut für Kraftfahrzeugtechnik<br />
August Horch Museum Zwickau, Audistraße 7, Vortragssaal<br />
Donnerstag, 8. Mai 2008, 16.30 Uhr<br />
Betriebsbesichtigung Johnson Controls Sachsen-Batterien GmbH & Co. KG<br />
oder Hoppecke Technologies GmbH & Co. KG<br />
Treffpunkt: Firmeneingang (Zwickau, Reichenbacher Str. 89) Änderungen vorbehalten!<br />
52<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Nachruf für Paul Wittber<br />
Maßgebender Konstrukteur des 2-Takt-Otto-Motors<br />
für den Trabant verstorben<br />
Am 10. April 20<strong>07</strong> ist Paul Wittber im<br />
Alter von 92 Jahren verstorben. Er war<br />
Schöpfer und maßgebender Konstrukteur<br />
des 2-Takt-Otto-Motors für den Pkw<br />
Trabant.<br />
Paul Wittber wurde am 4. Dezember<br />
1914 als jüngster von vier Brüdern in<br />
Freiberg geboren. Nach seiner Schulzeit<br />
hat er bis 1931 bei Elite Diamant den Beruf<br />
des Technischen Zeichners erlernt.<br />
Seine technische Begabung, sein Fleiß<br />
und Wissensdrang führten dazu, dass er<br />
nach Abschluss der Lehrzeit in die Entwicklungsabteilung<br />
„Fahrräder“ übernommen<br />
wurde. Hier arbeitete er bis<br />
1936, anfangs als Technischer Zeichner<br />
und später als Konstrukteur in der<br />
Gruppe „Rennradentwicklung“.<br />
In der Folgezeit wurde Paul Wittber zur<br />
Wehrmacht einberufen und damit für<br />
ihn das „Soldatsein“ bis zum Ende des<br />
unsäglichen 2. Weltkrieges festgeschrieben.<br />
Nach Beendigung der ersten Nachkriegswirren<br />
kehrte er zu seiner Familie nach<br />
Chemnitz-Reichenbrand zurück.<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Eine neue und für ihn interessante Arbeit,<br />
die er sein ganzes weiteres Leben<br />
mit Freude, Fleiß und Können ausübte,<br />
war bald gefunden. Er nahm noch 1946<br />
eine Tätigkeit als Konstrukteur im späteren<br />
Forschungs- und Entwicklungswerk<br />
der Automobilindustrie der DDR auf.<br />
Paul Wittber war an einer Vielzahl von<br />
Projekten in der Entwicklung des DDR-<br />
Fahrzeugbaus beteiligt. Eine in seinem<br />
beruflichen Leben wohl herausragende<br />
Aufgabe war die Entwicklung und Konstruktion<br />
des Motors für den Trabant,<br />
dessen von ihm entwickelte Grundkonzeption<br />
in allen Weiterentwicklungen bis<br />
zur Einstellung der Produktion praktisch<br />
unverändert blieb.<br />
1980 trat Paul Wittber in den verdienten<br />
Ruhestand. Der Gemeinnützige Förderverein<br />
Automobilmuseum August Horch<br />
Zwickau bleibt Paul Wittber in Erinnerung<br />
dankbar verbunden.<br />
Dr. Winfried Sonntag<br />
November/Dezember 20<strong>07</strong> und 1. Halbjahr 2008
54<br />
AufgeHorcht<br />
Die Geschenkidee für Autofreunde<br />
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Information unter Tel. 0371-7743510.<br />
02/20<strong>07</strong><br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Gemeinnütziger Förderverein<br />
Automobilmuseum<br />
August Horch Zwickau e.V.<br />
Audistraße 7 (vorm. Walther-<br />
Rathenau-Str. 51)<br />
08058 Zwickau<br />
Redaktion<br />
Ina Reichel, Freie Journalistin,<br />
Chemnitz<br />
Anzeigenakquise, Layout, Satz<br />
Marketingagentur Reichel<br />
Kleinolbersdorfer Str. 6<br />
09127 Chemnitz<br />
Tel. 0371-7743510<br />
Fax 0371-7743511<br />
E-Mail: mareichel@ma-reichel.de<br />
Druck<br />
Druckerei Wagner GmbH<br />
Großschirma OT Siebenlehn<br />
Redaktionsschluss dieser<br />
Ausgabe: 22. Oktober 20<strong>07</strong>