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Aufgehorcht 2/07

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Editorial<br />

Zwischen Silberpfeil und Trabi<br />

AufgeHorcht<br />

Das zwischen dem Industriemuseum Chemnitz und dem August Horch Museum<br />

Zwickau vereinbarte Konzept zu „75 Jahre Auto Union“ ist aufgegangen – in<br />

Chemnitz die Ausstellung der nahezu vollständigen Produktpalette der vier Marken<br />

der Auto Union, in Zwickau die Exposition des Automobilrennsports mit den<br />

legendären Silberpfeilen der 1930er Jahre. Die Ausgewogenheit der Ausstellungen<br />

und der zugehörigen Veranstaltungen hat zu wachsenden Besucherzahlen in<br />

beiden Museen beigetragen.<br />

Am 29. Juni 20<strong>07</strong>, taggenau auf den 75. Jahrestag der Gründung der Auto Union,<br />

übergab der Förderverein anlässlich der Festveranstaltung und Eröffnung der<br />

Sonderausstellung den Nachbau des Rennwagens vom Typ C (1936) in seiner<br />

ersten Baustufe an das August Horch Museum. Fortan wird er als Dauerexponat im<br />

Museum für die Besucher zu sehen sein. Mit Enthusiasmus gilt es nun, in der<br />

nächsten Baustufe das komplette Fahrwerk zu realisieren. Das Ziel für die<br />

Fertigstellung dieses Abschnittes ist für das Jahr 2008 fixiert.<br />

Als ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltungen zum Jubiläum der „Vier Ringe“ fügte sich ein<br />

von der Audi AG initiiertes Colloquium an der Westsächsischen Hochschule Zwickau am<br />

17. Oktober 20<strong>07</strong> hinzu.<br />

Unter dem Leitmotiv „Aufbruch und Kontinuität am Automobilstandort Zwickau/Chemnitz“<br />

waren Vorträge kompetenter Persönlichkeiten aus der Industrie, Lehre und Forschung des<br />

Automobilbaues und seiner Traditionen in Westsachsen zu erleben.<br />

Parallel zu den vorgenannten Aktivitäten laufen kontinuierlich die Vorbereitungen zum 50. Jahrestag<br />

des Serienanlaufes des Pkw Trabant. Zu diesem Ereignis wird am 9. November 20<strong>07</strong> die<br />

Sonderausstellung „Trabant als Kultauto“ im August Horch Museum eröffnet.<br />

Zu dieser Thematik sei allen Trabantfreunden und „heimlichen Verehrern“ des Trabi ein Buch<br />

empfohlen – „50 Jahre Trabant“ vom Andrea Verlag.<br />

Geschrieben von Autoren mit höchster Kompetenz zu einem bemerkenswerten Stück Geschichte<br />

des DDR-Fahrzeugbaus, insbesondere des westsächsischen.<br />

Interessant z. B. die Trabant-Zulassungszahlen im Jahre 2006, also noch sehr aktuell:<br />

„neue Bundesländer“: 49.937<br />

„alte Bundesländer“: 8.136<br />

Wir sehen – die Legende lebt !<br />

Dr. Rainer Albrecht<br />

Präsident des Gemeinnützigen<br />

Fördervereins Automobilmuseum<br />

August Horch Zwickau e.V.<br />

02/20<strong>07</strong><br />

3


4<br />

AufgeHorcht<br />

Aus dem Inhalt<br />

250.000. Gast wurde begrüßt /<br />

Rennsport-Raritäten zum Jubiläum<br />

Die Heimkehr der sächsischen Eleganz<br />

1. Gläser-Treffen vereinte 60 Fahrzeuge mit<br />

der „Handschrift“ des Dresdner Karosseriebauers<br />

Gelungene Premiere für 1. Chemnitzer Oldtimermesse<br />

Legendärer „Silberpfeil“ entsteht wieder in Zwickau<br />

E 15 war das Genehmigungszeichen für die DDR<br />

Das Sammlerstück<br />

Typ P50/P60 „Trabant“<br />

02/20<strong>07</strong><br />

6<br />

8–9<br />

10<br />

11–13<br />

Ein Pkw für Ost und West<br />

Die Entwicklung des Auto Union DKW F9<br />

und seine jahrzehntelangen Wirkungen – Teil1 14–17<br />

Der Trabant wird 50<br />

Am 7. November 1957 startete in Zwickau<br />

die Produktion des Kleinwagens 18–23<br />

24–25


Rennen um den „Coppa Acerbo“<br />

Aus dem Tagebuch eines Rennmechanikers<br />

der Auto Union – Teil 4<br />

Als Botschafter im Tatra um die Welt<br />

Verkehrsmuseum Dresden machte in einer<br />

Sonderausstellung mit den legendären Reisen von<br />

Miroslav Zikmund und Jiri Hanzelka bekannt<br />

Veranstaltungskalender / Glückwunsch zum 80. Geburtstag /<br />

Nachruf für Paul Wittber<br />

AufgeHorcht<br />

Automobilgeschichte unterhaltsam vermittelt<br />

Entdecken, begegnen, bewegen, erleben – der komplexe Weg<br />

zu einem Museum der Emotion und Faszination – Teil 1<br />

Es müssen nicht immer Räder sein<br />

Automobiles Engineering für den Wintersport<br />

Innovationsstark seit 125 Jahren – AWEBA Werkzeugbau Aue<br />

eng mit der Automobilindustrie verflochten<br />

Nicht nur Eulen nach Athen getragen<br />

Aufbruch und Kontinuität – Colloquium von Audi Tradition<br />

und Westsächsischer Hochschule Zwickau beleuchtete<br />

75 Jahre Auto Union<br />

34–37<br />

38–42<br />

44–45<br />

46–47<br />

48–49<br />

50–51<br />

52<br />

02/20<strong>07</strong> 5


6<br />

AufgeHorcht<br />

250.000. Gast<br />

wurde begrüßt<br />

Besucherandrang im Horch Museum<br />

übertrifft weiter die Erwartungen<br />

Auf den Monat genau drei Jahre nach<br />

der Neueröffnung konnte Ende September<br />

der 250.000. Besucher im August<br />

Horch Museum Zwickau begrüßt<br />

werden. Alfons Jochmaring aus Brakel<br />

waren Freude und Überraschung ins<br />

Gesicht geschrieben, am letzten September-Wochentag<br />

zu solchen Ehren zu<br />

gelangen. Der 52-jährige Westfalener,<br />

der mit seiner Frau Doris auf Empfehlung<br />

einer Kollegin extra zum Museumsbesuch<br />

nach Zwickau gereist war, erhielt<br />

einen Blumenstrauß sowie den<br />

reich bebilderten Katalog „Die Ausstellung“.<br />

Außerdem konnte sich das Ehepaar<br />

Jochmaring in einer Sonderführung<br />

dem Erlebnis automobiler Geschichte<br />

unter sachkundiger Begleitung widmen.<br />

Die Gäste aus Brakel besuchten außerdem<br />

noch die Zwickauer Altstadt und<br />

die Region.<br />

Alfons Jochmaring (l.) mit Ehefrau Doris. Der Direktor<br />

des August Horch Museums Zwickau, Rudolf<br />

Vollnhals, begrüßte den Gast aus Brakel/Westfalen<br />

als 250.000. Besucher seit Neueröffnung des Museums<br />

im September 2004. Foto: Horch Museum<br />

Dass man bereits nach nur 36 Monaten<br />

den 250.000sten Gast zählen konnte,<br />

übertrifft einerseits die Erwartungen<br />

der Museumsleitung und ist andererseits<br />

auch im nationalen Vergleich eine<br />

bemerkenswerte Größenordnung. Das<br />

Ergebnis zeigt, wie groß das Interesse<br />

an der Entwicklung des Zwickauer<br />

Automobilbaus und am Kfz allgemein<br />

ist. Und dass ein nicht unerheblicher<br />

Anteil der Besucher auch zum wiederholten<br />

Male vorbeischaut bzw. den positiven<br />

Eindruck im Bekanntenkreis weitervermittelt,<br />

macht die Museums-<br />

Mitarbeiter besonders stolz. PM<br />

02/20<strong>07</strong><br />

www.horch-museum.de<br />

Rennsport-Raritäten<br />

zum Jubiläum<br />

Sonderausstellung zu „75 Jahre Auto Union“<br />

im Horch Museum<br />

Blick auf die Rennsport-Sonderschau mit dem DKW<br />

Roadster auf dem Podest.<br />

Bis 4. November gibt das August Horch<br />

Museum Zwickau in einer Sonderausstellung<br />

Einblick in die überaus erfolgreiche<br />

Motorsportgeschichte der Auto Union.<br />

Anlass ist die Gründung des Automobilkonzerns<br />

vor 75 Jahren. Die am 29. Juni<br />

1932 erfolgte Vereinigung von Audi,<br />

DKW, Horch und Wanderer im Zeichen<br />

der Vier Ringe wuchs damals nach Opel<br />

zum zweitgrößten deutschen Automobil-<br />

hersteller. Unter dem Titel „Rennen,<br />

Siege und Rekorde“ stellt das Museum<br />

insbesondere die legendären Auto Union-<br />

„Silberpfeile“ vor, die in den 1930er Jahren<br />

von Sieg zu Sieg eilten.<br />

Bei der Eröffnung am 29. Juni wies<br />

Museumsdirektor Rudolf Vollnhals darauf<br />

hin, dass mit der Sonderausstellung erstmals<br />

alle vier von der Auto Union gebauten<br />

Rennwagen-Typen unter einem Dach<br />

vereint seien. Einen Typ A stellte der belgische<br />

VW/Audi-Importeur D´Iteren als<br />

Leihgabe zur Verfügung. Leider musste<br />

der Wagen bereits Anfang September seinen<br />

Ausstellungsplatz wieder verlassen,<br />

da er für eine Demonstrationsfahrt bei<br />

einem Automobilrennen gebraucht wurde.<br />

Auch ein Rennwagen Typ D war aufgrund<br />

anderer Termine nur zeitweise in<br />

der Sonderschau vertreten. Dafür wurde<br />

dieser Mitte Oktober durch einen ganz<br />

besonderen Typ D ersetzt – den Rennwagen<br />

aus der Saison 1939 mit dem<br />

Doppelkompressor. Zu Jahresanfang sollte<br />

der Wagen aus englischem Privatbesitz<br />

noch bei Christie’s als teuerstes Auto der<br />

Welt versteigert werden, wurde aber<br />

zurückgezogen.<br />

Zu sehen sind außerdem eine Replica des<br />

Typs B und ein Stromlinienkarosseriemodell<br />

des Typs C, beide gebaut von der<br />

Meisterschule für Karosserie- und Fahrzeugbau<br />

Leipzig-Leisnig. Ein besonderes<br />

Exponat stellt der Nachbau eines Typ C<br />

von 1936/37 dar. Den Wagen hat eine<br />

Projektgruppe des Museums-Fördervereins<br />

mit Unterstützung von Unternehmen<br />

der Region und der Westsächsischen<br />

Hochschule aufwändig nachkonstruiert<br />

sowie -gebaut und in einer ersten Baustufe<br />

dem Museum übergeben (ausführli-<br />

Rechts vorn der nicht mehr in der Ausstellung befindliche Typ D, hinten der Nachbau des Typ C,<br />

links der Wanderer Stromlinie Spezial.<br />

che Informationen zum Projekt auf den<br />

Seiten 11 bis 13).<br />

Weiterhin macht die Schau bekannt mit<br />

einem DKW 1001 Roadster, der die<br />

2000-Kilometer-Fahrt von 1934 absolvierte,<br />

und einem Wanderer Stromlinie<br />

Spezial, einer von drei Wagen, der die<br />

Fahrt Lüttich – Rom – Lüttich bewältigte.<br />

IR<br />

Links vorn der Typ A, hinten der Typ B.<br />

Fotos: Frank Reichel


Auto-Faszination ungebrochen<br />

Rund 10.000 Besucher sahen Sonderschau „Vier Ringe für Sachsen“<br />

im Industriemuseum Chemnitz<br />

Vom 9. Juni bis 2. September präsentierte<br />

das Sächsische Industriemuseum<br />

Chemnitz „Vier Ringe für Sachsen – 75<br />

Jahre Auto Union“. Die Sonderschau<br />

entstand in Zusammenarbeit mit dem<br />

August Horch Museum Zwickau und<br />

dem Verkehrsmuseum Dresden anlässlich<br />

des 75. Gründungstages der Auto<br />

Union am 29. Juni 1932. Rund 10.000<br />

Besucher sahen diese Exposition und belegten<br />

damit, dass das Thema Auto<br />

nach wie vor fasziniert. Die Gäste<br />

konnten sich mit einer Auswahl historischer<br />

Fahrzeuge aus dem Zeitraum<br />

1932 bis 1945 vertraut machen und erhielten<br />

außerdem Einblicke in die unterschiedlichen<br />

Entwicklungslinien im Fahrzeugbau<br />

in Ost und West nach 1945.<br />

Gezeigt wurden Fahrzeuge aller vier<br />

Hersteller, darunter ein Audi Front, ein<br />

Audi 920, ein Wanderer W23, DKW-<br />

Modelle der Reihen F5, F7 und F9, verschiedene<br />

DKW-Motorräder und die<br />

großen Horch-Wagen. Besonders begeisterte<br />

ein Horch 853 Sport Cabriolet aus<br />

dem Jahr 1937. Mit seinen 120 PS<br />

schafft er auch heute noch Spitzengeschwindigkeiten<br />

bis zu 140 km/h. Ergänzt<br />

wurde die Sonderausstellung mit<br />

Fan- und Werbeartikeln sowie weiteren<br />

Exponaten aus dem Umfeld des Fahrzeugbaus.<br />

PM<br />

www.saechsischesindustriemuseum.de<br />

Sachsens Ministerpräsident, Prof. Dr. Georg Milbradt,<br />

war Schirmherr der „Vier Ringe-Ausstellung“ im<br />

Industriemuseum Chemnitz. Er nahm zur Eröffnung<br />

kurz in einem Wanderer Cabrio Platz.<br />

AufgeHorcht<br />

„Wir brauchen Geschichte, um Werte zu erkennen.“<br />

Unter diesem Leitmotiv beleuchtete der Automobilhistoriker<br />

Prof. Peter Kirchberg das Wirken der Vier<br />

Ringe in Sachsen.<br />

Gezeigt wurde auch dieser Audi 920. Fotos: Industriemuseum Chemnitz<br />

02/20<strong>07</strong> 7


AufgeHorcht<br />

Die Heimkehr der sächsischen Eleganz<br />

1. Gläser-Treffen vereinte 60 Fahrzeuge mit<br />

der „Handschrift“ des Dresdner Karosseriebauers<br />

1864 gründete Carl Heinrich Gläser in Dresden eine Werkstatt für Kutschwagen und<br />

Pferdeschlitten. Er stieg damit zum königlich-sächsischen Hoflieferanten auf. Anfang des 20.<br />

Jahrhunderts sattelte er mit seinem Schwiegersohn und Kompagnon Friedrich August Emil<br />

Heuer um auf den Karosseriebau. Seine Blütezeit erreichte das Unternehmen Gläser in den<br />

1930er Jahren mit edlen Ganzstahl-Cabrio-Sonderkarosserien für alle renommierten<br />

Automobilfirmen von A wie Adler bis W wie Wanderer. An die Fahrzeuge mit der eleganten<br />

Linienführung erinnerte das 1. Gläser-Karosserie-Treffen vom 19. bis 22. Juli 20<strong>07</strong> in Dresden.<br />

„Wenn Sie Benzin im Blut und eine<br />

Gläser-Karosse auf dem Fahrgestell<br />

haben, melden Sie sich an!“ So lockten<br />

Monika und Siegfried Rüdiger<br />

aus Radebeul Gläser-Freunde aus<br />

Deutschland und Österreich an die<br />

Geburtsstätte der edlen Fahrzeug-<br />

Aufbauten. Die Freunde kamen mit<br />

60 echten „Gläsern“, die zwischen<br />

1928 und 1958 gebaut wurden. Die<br />

Markenpalette war ein komprimiertes<br />

„Who is who“ der Pkw-Oldtimer<br />

und reichte von Adler, Audi, Buick<br />

und Bugatti über DKW, Ford, Horch<br />

und Mercedes bis Opel, Steyr, Wan-<br />

8<br />

02/20<strong>07</strong><br />

derer und Wartburg. Darunter befanden<br />

sich manche Raritäten. So<br />

sahen Experten in dem im Feld befindlichen<br />

Bugatti den wohl einzigen<br />

Vertreter seiner Marke, der mit Gläser<br />

karosseriert wurde. Ähnliches<br />

dürfte auf einen Mercedes mit einer<br />

Gläser-Modellkarosserie zutreffen.<br />

Auch von dem gezeigten Opel Kapitän<br />

sowie dem Opel Admiral gibt es<br />

weltweit jeweils nur noch drei Fahrzeuge.<br />

Eine besondere Augenweide<br />

waren ebenso zwei Horch-Cabriolets.<br />

Gemeinsam mit dem Bugatti<br />

wurden diese beiden Luxuswagen<br />

Gläser-Karosserien sind<br />

u. a. am Emblem auf<br />

den vorderen Kotflügeln<br />

erkennbar.<br />

Familie Rüdiger und ihr Opel Kapitän mit Gläser-Karosserie. Mit Blick auf die Dresdner Altstadtsilhouette hat bereits die Firma Gläser in den 1920er und 1930er<br />

Jahren ihre Produkte für Prospekte ins Bild gesetzt.<br />

von den Teilnehmern zu den drei<br />

besten Kfz im Starterfeld gekürt.<br />

Die Idee zum 1. Gläser-Treffen entstand<br />

aus einem Streit. Der Dresdner<br />

Veteranen-Club lehnte bei seinem<br />

Jubiläumstreffen 2006 die Anmeldung<br />

von drei Opel mit Gläser-<br />

Karosserien ziemlich barsch ab. Die<br />

Begründung lautete, dass man eine<br />

Oldtimerveranstaltung und kein Gläser-Treffen<br />

durchführe. Die abgelehnten<br />

Fahrzeuge waren die der<br />

Familie Rüdiger, und das Argument<br />

ließ sie nicht mehr los. Warum<br />

eigentlich kein Gläser-Treffen organi-


Der Ford-Eifel mit Gläser-Karosserie steht sonst im Foyer der Karosseriewerke Dresden GmbH, dem<br />

Gläser-Nachfolger. Das Unternehmen hat als Hauptsponsor wesentlichen Anteil am Gelingen des<br />

1. Gläser-Treffens.<br />

sieren? Gesagt, getan. Mit enormem<br />

Enthusiasmus ging insbesondere<br />

Monika Rüdiger ans Werk, um Gläser-Fans<br />

mit ihren Fahrzeugen ausfindig<br />

zu machen, eine mehrtägige<br />

Ausfahrt zu planen, Quartiere zu organisieren<br />

und Unterstützer zu finden.<br />

Mit etwa 35 Fahrzeugen hatte<br />

Familie Rüdiger in ihren kühnsten<br />

Träumen gerechnet. Dass sich 60<br />

meldeten, war schon ein erster großer<br />

Erfolg.<br />

Die Streckenführung der mehrtägigen<br />

Ausfahrt erwies sich als das nächste<br />

Highlight, wie zahlreiche Dankesschreiben<br />

im Nachgang des Treffens<br />

an die Rüdigers belegen. Los ging es<br />

am 19. Juli abends mit einem Korso<br />

vom Kim-Hotel im Park am westlichen<br />

Stadtrand Dresdens durch die<br />

Innenstadt mit Halt an der Frauenkirche<br />

und wieder zurück ins Hotel.<br />

Eskortiert wurde der Konvoi dabei<br />

von der Dresdner Verkehrspolizei,<br />

die das Gläser-Treffen, so Frau Rüdiger,<br />

nach besten Kräften unterstützt habe.<br />

Der wahrscheinlich einzige Bugatti, der jemals eine Gläser-Karosserie als<br />

Aufbau erhielt.<br />

Am zweiten Tag stattete das Fahrerfeld<br />

dem Gläser-Nachfolger und<br />

Hauptsponsor des Treffens einen Besuch<br />

ab. In der Karosseriewerke<br />

Dresden GmbH mit Sitz in Radeberg,<br />

heute ein Unternehmen der<br />

KWD Automobiltechnik im Verbund<br />

der Schnellecke Group, entstehen<br />

zwar keine Komplett-Karosserien<br />

mehr. Dafür werden für mehrere<br />

Automobilhersteller Karosserieteile<br />

gepresst und Rohbaugruppen gefertigt.<br />

Von Radeberg aus führte die<br />

Fahrtroute in die Sächsische Schweiz<br />

mit Mittagessen auf der Bastei,<br />

Kaffeepause am Schloss Pillnitz und<br />

Rückkehr am Elbufer entlang. Für<br />

einige Teilnehmer hatte Monika Rüdiger<br />

schon weit im Vorfeld der Veranstaltung<br />

außerdem noch Karten<br />

fürs Grüne Gewölbe besorgen können.<br />

Am dritten Tag erfuhren die Gläser-<br />

Fans Meißen mit Dom und Albrechtsburg,<br />

besuchten Moritzburg und<br />

machten vor der Abendveranstal-<br />

AufgeHorcht<br />

Beeindruckende Fahrzeugparade vor Schloss<br />

Moritzburg.<br />

tung im Hotel noch einen Abstecher<br />

auf den Hof der Rüdigers in<br />

Radebeul. Die Opel- und Gläserbesessene<br />

Familie war mit Gläserbestückten<br />

Opel Kapitän, Admiral<br />

und Super 6 selbst zur Fahrt mit<br />

dabei. In den Garagen tummeln sich<br />

jedoch noch andere Schätze dieser<br />

Art. Siegfried Rüdiger weist Besucher<br />

gern auf die Unterschiede<br />

zwischen Opel-Werkscabrios und<br />

Opel mit Gläser-Aufbau hin. Letztere<br />

sind für ihn in der Linienführung u. a.<br />

am Heck wesentlich eleganter.<br />

Die Rüdigers sind mit der Resonanz<br />

auf das 1. Gläser-Treffen „mehr als<br />

zufrieden“. Obwohl dessen Organisation<br />

von September 2006 bis Juli<br />

20<strong>07</strong> fast ein Jahr in Anspruch genommen<br />

hat, wollen sie 2008 wieder<br />

alle Freunde der Dresdner<br />

Cabrio-Karosserien einladen und mit<br />

ihnen wieder das Motto anstimmen:<br />

Hoch die Gläser!<br />

Ina Reichel<br />

Cabrios mit edler Linienführung – im Vordergrund ein Horch.<br />

Fotos: Archiv Rüdiger<br />

02/20<strong>07</strong> 9


AufgeHorcht<br />

Gelungene Premiere<br />

1. Chemnitzer Oldtimermesse zog rund 5000 Besucher an<br />

Mit der 1. Chemnitzer Oldtimermesse<br />

am 8. und 9. September ist die Eventund<br />

Messegesellschaft Chemnitz mbH<br />

erfolgreich in die neue Veranstaltungssaison<br />

20<strong>07</strong>/2008 gestartet. Nahezu<br />

5000 Besucher bestaunten an beiden<br />

Messetagen die knapp 100 Old- und<br />

Youngtimer, die auf über 7500 Quadratmeter<br />

präsentiert wurden. 78<br />

Aussteller aus ganz Deutschland hatten<br />

sich gemeldet. Neben der Schau<br />

mit liebevoll restaurierten Fahrzeugen<br />

fanden Fans und „Schrauber“ auf<br />

einem umfangreichen Teilemarkt<br />

Ersatzteile und Zubehör für das<br />

eigene historische Schmuckstück.<br />

Messechef Michael Kynast war sehr<br />

zufrieden: „Einen solchen Erfolg hatten<br />

wir für die erste Auflage dieser<br />

Messe gar nicht erwartet. Die große<br />

Resonanz bei Besuchern und Ausstellern<br />

zeigt, dass das Interesse an<br />

der Automobilgeschichte hier nicht<br />

nur auf Fachleute und Oldtimerliebhaber<br />

beschränkt ist. Die Chemnitzer<br />

bekennen sich zu ihrer Tradition – das<br />

motiviert für die zweite Auflage der<br />

Oldtimermesse im kommenden Jahr.“<br />

Das älteste Fahrzeug, wenn auch noch<br />

nicht vollständig wiederhergestellt,<br />

war zweifelsfrei ein Cyklonette Vier-<br />

10<br />

Eine Schau historischer Feuerwehrfahrzeuge<br />

gehörte zum Programm der 1. Chemnitzer<br />

Oldtimermesse Anfang September.<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Präsentation historischer Opel-Fahrzeuge. Fotos: Frank Reichel<br />

sitzer aus dem Jahr 1908. Nur wenig<br />

jünger, aber perfekt restauriert und<br />

zugelassen, war der Peugeot 6 CV<br />

TYP NN (Baujahr 1924), der für Aufsehen<br />

bei den Besuchern sorgte. Die<br />

weiteste Anreise hatte ein Aussteller<br />

aus Husum, der mit einer Riedel Imme<br />

R 100 (Baujahr 1949) ein äußerst seltenes<br />

Leichtmotorrad nach Chemnitz<br />

gebracht hatte. Von 1949 bis<br />

1951 wurden nur 12.000 Stück dieses<br />

Typs gebaut.<br />

Mit zehn Fahrzeugen aus fünf Jahrzehnten<br />

Opel-Geschichte (1930–1980),<br />

darunter das größte jemals von Opel<br />

gebaute Modell, der Diplomat V8,<br />

war das Autohaus an der Lutherkirche<br />

Chemnitz gemeinsam mit der<br />

„ALT-OPEL Interessengemeinschaft<br />

von 1972 e.V.“ auf der Messe vertreten.<br />

„Wir sind über den regen Zuspruch<br />

zu unserer Präsentation sehr<br />

erfreut und konnten vielen interessierten<br />

Besuchern die Historie der<br />

Marke Opel und unsere Fahrzeuge<br />

näher bringen“, so Wolfgang Ludwig,<br />

Geschäftsführer des Autohauses an<br />

der Lutherkirche.<br />

Zum Rahmenprogramm gehörte<br />

eine Sonderausstellung zu historischen<br />

Feuerwehrfahrzeugen. High-<br />

light war das Opel Blitz Tanklöschfahrzeug<br />

TLF 15, eine Original-Requisite<br />

aus dem aktuellen Stauffenbergfilm<br />

mit Tom Cruise. Zahlreiche<br />

Besucher unternahmen mit einem<br />

Oldtimerbus H 6 BL eine Reise in<br />

vergangene Zeiten bei einer kurzen<br />

Stadtrundfahrt. Der Kraftomnibus<br />

e.V. aus Mittweida hatte nicht nur<br />

das restaurierte Fahrzeug (Baujahr<br />

1954), sondern auch einen versierten<br />

Fahrer zur Messe geschickt. In enger<br />

Zusammenarbeit mit dem 1. Chemnitzer<br />

Oldtimerclub sowie mit Unterstützung<br />

der traditionsreichen internationalen<br />

Oldtimer-Rallye Sachsen<br />

Classic gelang der Event- und Messegesellschaft<br />

Chemnitz mbH eine<br />

gute Premiere.<br />

Für die künftigen Chemnitzer Oldtimermessen<br />

stellt sich Chef Michael<br />

Kynast „noch mehr Ausstellung und<br />

noch mehr Programm“ vor. Erwogen<br />

wird, den Teilemarkt von der Oldtimerschau<br />

zu trennen. Der genaue<br />

Termin für die Veranstaltung 2008<br />

befindet sich noch in der Abstimmung.<br />

IR/PM<br />

www.messe-chemnitz.com


Legendärer „Silberpfeil“<br />

entsteht wieder in Zwickau<br />

Erfahrene sächsische Automobilingenieure und junge<br />

Studenten bauen Auto Union Rennwagen Typ C nach<br />

– Erste Stufe im Horch Museum zu sehen<br />

Mit der Sonderausstellung „Rennen, Siege und Rekorde“ feiert das Automobilmuseum<br />

August Horch Zwickau den 75. Gründungstag der Auto Union.<br />

Ein Höhepunkt dieser Schau ist der seit 2004 in Zwickau nachkonstruierte<br />

und -gebaute Rennwagen Typ C, der in einer ersten Baustufe gezeigt wird.<br />

Mit diesem auf einer Ferdinand-Porsche-Konstruktion basierenden Fahrzeug<br />

sind nicht nur weltweite Rennerfolge der „Silberpfeile“ in den 1930er Jahren<br />

verknüpft. Es zeugt zugleich von der hohen fachlichen Meisterschaft<br />

sächsischer Ingenieure und Facharbeiter, an die mit dem Nachbau in hervorragender<br />

Weise angeknüpft wird.<br />

Entstanden sind bisher die komplette<br />

Karosserie mit Stahlrohrrahmen,<br />

Cockpit, Sitz und Instrumententafel.<br />

Das klingt im ersten Moment unspektakulär,<br />

ändert sich aber sofort,<br />

wenn man bedenkt, dass das Projektteam<br />

unter Leitung des erfahrenen<br />

Automobilingenieurs Rainer Mosig<br />

buchstäblich bei Null anfing. Einige<br />

Fotos und die kurzzeitige Leihgabe<br />

eines im Besitz der Audi AG befindlichen<br />

Rennwagens Typ C, an dem<br />

Messungen durchgeführt werden<br />

konnten, war alles, was an Unterlagen<br />

zur Verfügung stand. Keine Konstruktionszeichnungen,<br />

keine Teile-<br />

Stücklisten, schon gar kein Geld lagen<br />

bereit. Dafür gingen die Akteure<br />

mit einer ungeheuren Portion Mut<br />

und Enthusiasmus an die Arbeit und<br />

fanden bald Mitstreiter. In welche<br />

Dimensionen sie sich bewegten, zeigen<br />

zwei Preise. Der Nachbau eines<br />

solchen Fahrzeugs kostet bei den britischen<br />

Spezialisten Crosthwaite &<br />

Gardiner um die 1,5 Millionen Euro.<br />

Das Auktionshaus Christies wollte<br />

kürzlich einen Auto Union Rennwagen<br />

Typ D aus dem Jahr 1939 versteigern:<br />

Schätzpreis zwischen 8,8 und<br />

12 Millionen Euro.<br />

„Der Auto Union Rennwagen Typ C<br />

ist ein echtes Stück Zwickauer Automobilbaugeschichte.<br />

Deshalb gehört<br />

er ins Horch Museum. Im Zuge der<br />

Wiedereröffnung verfestigte sich bei<br />

uns die Idee, einen Nachbau selbst zu<br />

wagen und damit zugleich zu bewei-<br />

Auch der ehemalige VW-Vorstandsvorsitzende, Prof. Dr. Carl H. Hahn, zollte dem Nachbau des Typ C durch<br />

den Förderverein des Horch Museums seinen Respekt. Auf dem Foto links zu sehen mit dem Projektleiter<br />

Rainer Mosig (mitte) und Museumsdirektor Rudolf Vollnhals.<br />

AufgeHorcht<br />

02/20<strong>07</strong> 11


sen, dass auch heute die Fachkompetenz<br />

in Sachsen vorhanden ist, um<br />

solch ein Projekt zu realisieren“,<br />

informieren Dr. Rainer Albrecht, Präsident<br />

des Gemeinnützigen Fördervereins<br />

Automobilmuseum August<br />

Horch Zwickau e.V., und Rainer<br />

Mosig, Präsidiumsmitglied und Projektleiter<br />

für den Nachbau, über die<br />

Geburt dieses überaus anspruchsvollen<br />

Vorhabens.<br />

Ein wesentlicher Förderer ist die FES<br />

GmbH Fahrzeug-Entwicklung Sachsen<br />

in Zwickau. Hier begannen 2004<br />

in Zusammenarbeit mit dem Förderverein<br />

und weiteren Sponsoren die<br />

ersten Planungen. In Tausenden<br />

ehrenamtlichen Stunden haben<br />

Ingenieure, Fördervereinsmitglieder<br />

sowie Studenten der Westsächsischen<br />

Hochschule Zwickau (WHZ) die<br />

Fahrzeugkonstruktion nahezu vollständig<br />

rekonstruiert. Bis auf einige<br />

Teile des Triebwerks liegen momentan<br />

alle Daten im modernen CAD-<br />

System CATIA V5 vor.<br />

Bei der FES entstand auch im Wesentlichen<br />

die Karosserie. Die Restaurationsfirma<br />

Werner Zinke aus<br />

Zwönitz stellte die Instrumente für<br />

das Cockpit zur Verfügung. Die IAV<br />

GmbH in Chemnitz fertigte Teile der<br />

Lenksäule und das Pedalwerk. Die<br />

Polsterung des Sitzes sowie die Ummantelung<br />

des Lenkrades übernahm<br />

die Sattlerei Dietrich in Werdau. Die<br />

komplette Karosserie wurde bei der<br />

ATC Autotechnik-Center GmbH<br />

Glauchau silbergrau lackiert und anschließend<br />

bei der FES montiert.<br />

Der ADAC Sachsen, die Sparkasse<br />

Zwickau, die Schnellecke Gruppe,<br />

die KoKi Technik Niederwürschnitz,<br />

Scholz Recycling Zwickau, Theo Förch<br />

Zwickau, das Tower Automotive<br />

Presswerk Zwickau, die Zwickauer<br />

Energieversorgung sowie die Regio-<br />

12<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Fachsimpeln am alten neuen „Silberpfeil“. Rainer<br />

Mosig (Mitte) u. a. im Gespräch mit FES-AES-<br />

Geschäftsführer Frank Weidenmüller (l.).<br />

Sponsorenleistungen für den Nachbau des Auto-Union-Rennwagens Typ C<br />

Firma/Institution<br />

ADAC Sachsen<br />

ATC Autotechnik-Center GmbH Glauchau<br />

Audi AG<br />

Behr Industrie Reichenbach GmbH<br />

FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung<br />

Sachsen, Auto-Entwicklungsring Sachsen<br />

GmbH Zwickau<br />

IAV GmbH Chemnitz<br />

IHK Regionalkammer Zwickau<br />

Keller & Kalmbach GmbH Chemnitz<br />

Kesselbau GmbH Meerane<br />

KoKi–Technik Niederwürchnitz<br />

Lackiererei Vogel Zwickau<br />

Mittelsächsische Kunststoff- und<br />

Metallveredlung GmbH Oberlungwitz<br />

MTM Metalltechnik GmbH<br />

Sattlerei Dietrich Werdau<br />

Schnellecke Group Sachsen<br />

Scholz Recycling Zwickau<br />

Sparkasse Zwickau<br />

Theo Förch GmbH & Co KG Zwickau<br />

Tower Automotive Presswerk Zwickau<br />

VW Bildungsinstitut GmbH Zwickau<br />

VW Sachsen GmbH Mosel<br />

Westsächsische Hochschule Zwickau,<br />

Fachbereiche Kraftfahrzeugtechnik,<br />

Fertigung/Technologie<br />

Werkzeug Adler Werdau<br />

Werner Zinke Technische<br />

Restaurationen Zwönitz<br />

ZIS Schweißtechnik Meerane<br />

Zwickauer Energieversorgung GmbH<br />

Leistung<br />

Geldspende<br />

Lackierung von Karosserie und<br />

Rohrrahmen<br />

Bereitstellung von Konstruktionsdaten<br />

für Triebwerk tw. und eines<br />

Vergleichfahrzeuges Typ C<br />

Beschichtung Kraftstofftank<br />

Unterstützung Projektleitung,<br />

Unterstützung Konstruktion,<br />

Baugruppen, Fertigung Karosserie,<br />

Chassisrahmen und Cockpit,<br />

Karosseriemontage und Dokumentation<br />

Fertigung Lenksäule, Pedalwerk und<br />

Fahrwerkteile<br />

Geldspende<br />

Bereitstellung von Normteilen und<br />

Werkzeugen<br />

Biegen der Chassisrohre<br />

Geldspende<br />

Außenlackierung Kraftstofftank<br />

Verchromung von Karosserie- und<br />

Fahrwerkteilen<br />

Fertigung von Rohrrahmenteilen<br />

Sitzpolsterung und<br />

Lenkradummantelung<br />

Geldspende<br />

Geldspende<br />

Geldspenden<br />

Geldspende<br />

Geldspende<br />

Fertigung mechanischer Teile<br />

Fertigung Fahrwerkteile<br />

Praktikumstätigkeit bei<br />

Auto-Entwicklungsring Sachsen GmbH<br />

und Teilefertigung<br />

Bereitstellung Normteile/Werkzeuge<br />

Fertigung Instrumente und Öl- und<br />

Wasserkühler<br />

Lieferung Chassisrohre<br />

Geldspende


nalkammer Zwickau der IHK Südwestsachsen<br />

spendeten Geld und<br />

befördern damit die Arbeiten am<br />

Rennwagen mit einer insgesamt beträchtlichen<br />

fünfstelligen Summe.<br />

Viele weitere Firmen unterstützen<br />

das Projekt mit materiellen Leistungen<br />

(Aufstellung aller Sponsoren siehe<br />

Tabelle S. 12).<br />

In einer Gemeinschaftsveranstaltung<br />

mit der Sparkasse Zwickau Anfang<br />

Juli hat sich der Förderverein bei<br />

allen Sponsoren und Helfern bedankt<br />

und das Ergebnis der ersten<br />

Baustufe präsentiert. Ein besonderer<br />

Dank galt an diesem Abend dem rastlosen<br />

Projektleiter Rainer Mosig. Er<br />

erhielt die Ehrenmitgliedschaft des<br />

Vereins. Noch mehr Enthusiasmus<br />

für das Voranschreiten des Nachbaus<br />

verbreitete der Vorstandsvorsitzende<br />

der Sparkasse Zwickau, Heinrich<br />

Zilker. Er zeigte, dass es seinem Institut<br />

sehr ernst ist mit der weiteren<br />

Unterstützung des Rennwagen-Projektes<br />

und übergab an Fördervereins-Präsident<br />

Dr. Rainer Albrecht<br />

einen Scheck in Höhe von 3000 Euro.<br />

Das Geld soll für die Fertigung der<br />

Räder genutzt werden.<br />

Gegenwärtig laufen die Arbeiten an<br />

Fahrwerk, Kühl- sowie Hydrauliksystem.<br />

Probleme bereitet noch das<br />

Triebwerk. Zwar ist an der Technischen<br />

Universität Dresden ein damals<br />

verwendeter Original 16-Zylinder-V-<br />

Motor vorhanden, doch gestaltet sich<br />

die in Erwägung gezogene Nutzung<br />

Blick ins Cockpit.<br />

Rennwagen-Projektleiter Rainer Mosig (r.) erhält die<br />

Ehrenmitgliedschaft für den Förderverein des August<br />

Horch Museums aus den Händen von Vereinspräsident<br />

Dr. Rainer Albrecht.<br />

Erneut eine Geldspende – diesmal in Höhe von 3000<br />

Euro – überbrachte die Sparkasse Zwickau dem Förderverein<br />

des Horch Museums für den Nachbau des<br />

Auto Union Rennwagens Typ C. Der Vorstandsvorsitzende<br />

Heinrich Zilker (l.) überreichte den Scheck<br />

an Vereinspräsident Dr. Rainer Albrecht anlässlich der<br />

Dankesveranstaltung für die Sponsoren und Helfer<br />

am Rennwagen-Projekt Anfang Juli.<br />

Fotos: Frank Reichel<br />

äußerst schwierig. Sollte kein anderes<br />

geeignetes Aggregat gefunden<br />

werden, wird der Förderverein wie<br />

bereits bei den jetzt vorhandenen<br />

Komponenten selbst an Nachkonstruktion<br />

und Nachbau gehen.<br />

Ina Reichel<br />

AufgeHorcht<br />

Weitere Unterstützung für<br />

das Projekt Nachbau<br />

Rennwagen Typ C nimmt<br />

der Förderverein gern<br />

entgegen:<br />

Gemeinnütziger<br />

Förderverein<br />

Automobilmuseum<br />

August Horch Zwickau e.V.<br />

Audistraße 7<br />

08058 Zwickau<br />

Tel. 0375-2706587<br />

(dienstags und donnerstags<br />

jeweils 9.00 bis 11.00 Uhr)<br />

Fax 0375-2706587<br />

Spendenkonto:<br />

Sparkasse Zwickau<br />

BLZ 870 550 00<br />

Konto-Nr. 22 12 00 03 51<br />

Kennwort: RWC<br />

02/20<strong>07</strong> 13


AufgeHorcht<br />

Ein Pkw für Ost und West<br />

Die Entwicklung des Auto<br />

Union DKW F9 und seine<br />

jahrzehntelangen Wirkungen<br />

1938/39 begann die Auto Union die Entwicklung des<br />

DKW F9. Es entstanden erste Musterfahrzeuge. Das<br />

neue Modell sollte neben den bewährten DKW-Typen<br />

Reichs- und Meisterklasse in Zukunft die Hohe Klasse<br />

bilden und dabei im Folgejahr die Sonderklasse und später<br />

die Meisterklasse ablösen. Mit dieser Neuentwicklung<br />

galt es einerseits, die Konkurrenzfähigkeit der Auto Union<br />

DKW-Wagen der unteren Leistungsklasse besonders gegenüber<br />

Opel-Fahrzeugen dieser Kategorie zu verbessern,<br />

und andererseits den neuen Anforderungen für<br />

Autobahnfahrten anzupassen.<br />

1936 setzte die Adam Opel AG mit dem P4, dem<br />

Olympia und dem Kadett wesentlich mehr Pkw der<br />

Leistungsklasse bis ca. 30 PS mit Viertaktmotoren ab als<br />

14<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Teil 1<br />

Im DKW F9 sehen Experten das reifste Produkt der<br />

Auto Union. Der kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkriegs<br />

entwickelte Pkw verkörpert ein sächsisches Erzeugnis,<br />

das noch jahrzehntelang gesamtdeutsch wirkte.<br />

Der Dreizylinder-Zweitaktmotor wurde über 40<br />

Jahre in Deutschland genutzt. Er war in der DDR Basis<br />

vom IFA F9 bis zum Wartburg. In der BRD wurde die<br />

von der Auto Union geschaffene strömungsgünstige<br />

Karos-serieform des F9 rund 25 Jahre angewendet. Der<br />

DKW F9 war ein Pkw für Ost und West. Prospekt der IFA-Vereinigung volkseigener Fahrzeugwerke vom März 1949.<br />

die Auto Union, die diesen Leistungsbereich mit Zweitaktmotoren<br />

ausstattete. Die Opel-Typen Olympia und<br />

Kadett hatten geschweißte, selbsttragende Blechkarosserien,<br />

waren mit Vierzylinder-Viertaktmotoren und<br />

hydraulischen Bremsen ausgestattet. Diese Fahrzeuge<br />

galten als außerordentlich preiswürdig und modern in<br />

ihrer Gestaltung. Die Fertigungsstätte in Rüsselsheim<br />

umfasste sowohl die Motoren- und Karosseriefertigung<br />

als auch die Endmontage der Fahrzeuge.<br />

Die DKW-Wagen der Reichs- und Meisterklasse wiesen<br />

einen von Jörg Skafte Rassmussen im Jahre 1931 initiierten,<br />

in Folge ständig weiterentwickelten und bewährten<br />

Frontantriebsblock mit gemischgeschmierten Zweitaktmotoren<br />

von 18 bzw. 20 PS auf. Dieser Antriebsblock<br />

DKW-Zweizylinder-Frontantriebsblock mit Schnürle-Umkehrspülung. Vierzylinder-V-Motor mit zwei Ladepumpen für DKW-Sonderklasse 1937.


umfasste neben dem Motor ein 3-Ganggetriebe mit<br />

Rückwärtsgang, ein angeblocktes Differenzialgetriebe<br />

und eine Anlass-Lichtmaschine. Ein Rahmen trug den<br />

DKW F9 im IFA-Prospekt von 1949, dessen Aufnahmen 1940 entstanden.<br />

Frontantriebsblock und eine außen mit Kunstleder bezogene<br />

Holzkarosse, wobei jedoch Kotflügel, Kühlerhaube<br />

und Frontpartie aus Blech bestanden. Die Reichs- und<br />

Meisterklasse erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden<br />

in hohen Stückzahlen verkauft. Zeitweise konnte die<br />

Nachfrage nach diesen Typen wegen fehlender Fertigungskapazität<br />

nicht befriedigt werden.<br />

DKW unter Rasmussen und später auch die Auto Union<br />

setzten für Fahrzeuge der nächst höheren Leistungsklasse<br />

Zweitaktmotoren mit vier Zylindern in V-Anordnung<br />

und Fremdspülung ein. Deren Leistung betrug 32 PS in<br />

den Jahren nach 1935. Jeder Zylinderreihe war zusätzlich<br />

ein doppeltwirkender Ladepumpenzylinder zugeordnet,<br />

der beide Zylinder seiner Reihe über Spülkanäle<br />

mit Brennstoff-Luft-Gemisch speiste. Die Schmierung<br />

des Motors erfolgte über ein Druckumlaufsystem für das<br />

Triebwerk. Diese V-Motoren waren in ihrer Bauart generell<br />

aufwändig, bereiteten vielfältige Schwierigkeiten,<br />

und der Kraftstoffverbrauch war hoch. Die Schwebeund<br />

Sonderklasse von DKW wiesen diese V-Motoren mit<br />

einem konventionellen Hinterradantrieb auf.<br />

AufgeHorcht<br />

1937 erfolgte die Ablösung der Schwebe- durch die Sonderklasse.<br />

Die Schwebeklasse basierte auf einer außen<br />

mit Kunstleder bezogenen Holzkarosserie, die selbsttragend<br />

und in ihrer Form in Ansätzen aerodynamisch<br />

angepasst ausgeführt war. Die Karosserie entsprach<br />

einerseits nicht dem Zeitgeschmack und andererseits<br />

war ihre Stabilität unbefriedigend.<br />

Die Sonderklasse erhielt deshalb eine Blechkarosserie mit<br />

Holzskelett, das mit entsprechenden Formblechen beplankt<br />

war. Ihre äußere Form wies Ähnlichkeit mit den neuen Wanderer-Automobilen<br />

W23 und W24 der Auto Union auf und<br />

wirkte wesentlich gefälliger als die Schwebeklasse. Der<br />

fremdgespülte Vierzylinder-V-Zweitaktmotor mit 32 PS wurde<br />

wiederum eingesetzt. Die Verkaufzahlen blieben niedrig.<br />

Für eine wirtschaftlich optimale Fertigung der DKW-Wagen<br />

bildeten die örtlich verteilten Fertigungsstätten ein Hindernis.<br />

Für die DKW-Frontantriebsmodelle wurden Motor<br />

und Getriebe in Zschopau, Rahmen, Lenkung und<br />

Antriebsteile in Zwickau, Karosserien in Berlin/Spandau,<br />

Elektroteile und Dynastart in Chemnitz hergestellt. Die<br />

Endmontage erfolgte in Zwickau. Diese Struktur ergab<br />

sich aus den von Rasmussen für DKW aufgekauften und<br />

1931 in die Auto Union übernommenen Betriebsstätten.<br />

Die in kleinen Stückzahlen produzierten DKW-Modelle<br />

mit Hinterradantrieb wurden in Berlin/Spandau montiert,<br />

wo auch die zugehörigen Karosserien hergestellt<br />

wurden. Motoren, Getriebe und andere Baugruppen<br />

kamen von den sächsischen Standorten.<br />

1937 erfolgte eine Vereinheitlichung von Baugruppen<br />

der DKW-Frontantriebsmodelle Reichs- und Meisterklasse<br />

zur Rationalisierung der Fertigung. Der V-Motor mit Ladepumpe<br />

für die Sonderklasse mit seinem hohen technischen<br />

Aufwand bildete einen Widerspruch zur Einfachheit<br />

von Mehrzylinder-Zweitaktmotoren. Die Relationen<br />

zwischen technischem Aufwand sowie Leistung, Kraftstoffverbrauch<br />

und Betriebssicherheit legten eine Ablösung<br />

des V-Motors nahe.<br />

Bereits Mitte des Jahres 1934 wies der Auto Union-Mitarbeiter<br />

Dr.-Ing. Herbert Venediger in der ATZ (Automobiltechnische<br />

Zeitschrift) auf die besondere Eignung<br />

von Dreizylinder-Zweitaktmotoren mit Kurbelgehäusespülung<br />

und einem Hubraum bis 350 ccm pro Zylinder zum<br />

Antrieb eines „billigen Volksfahrzeuges“ hin. Gemessen<br />

an den bewährten 700 ccm DKW Zweizylinder-Zweitaktmotoren<br />

mit 20 PS war zu damaliger Zeit für einen<br />

Dreizylindermotor mit etwa gleichem Zylindervolumen<br />

eine Leistung um 30 PS zu erwarten.<br />

Die DKW-Schwebeklasse entsprach nach 1935 nicht mehr dem Zeitgeschmack. Die Sonderklasse löste 1937 die Schwebeklasse ab.<br />

02/20<strong>07</strong> 15


AufgeHorcht<br />

Venediger war von Rasmussen auf Grund seiner<br />

Dissertation, die sich mit der Verbesserung von Zweitaktmotoren<br />

befasste, Anfang der 1930er Jahre als Leiter<br />

der Entwicklungsabteilung in Zschopau eingestellt<br />

worden. Er initiierte<br />

in der Auto<br />

Union den Erwerb<br />

einer ausschließlichen<br />

Lizenz für<br />

die Anwendung<br />

der Schnürle-Umkehrspülung<br />

bei<br />

Zweitakt-Ottomotoren.<br />

Die FirmaKlöckner-Humboldt-Deutz<br />

war Inhaber<br />

der Patente,<br />

sie nutzte die<br />

Schnürle-Umkehrspülung<br />

jedoch nur<br />

für ihre großen<br />

Zweitaktdieselmotoren.<br />

Venediger<br />

leitete die Einführung<br />

der Um-<br />

kehrspülung bei den DKW-Zweitaktmotoren für Motorräder,<br />

Automobile und stationären Einsatz. Er schuf dabei<br />

patentierte Verbesserungen für die Ladungswechselund<br />

Spülkänäle von Zweitaktmotoren. Mitte der 1930er<br />

Jahre wirkte er in der Patentabteilung der Auto Union,<br />

später war er jedoch wieder im DKW-Versuch tätig.<br />

Anfang 1935 regte Dr. Carl Hahn, Vorstandstandsmitglied<br />

der Auto Union und DKW-Verkaufsdirektor, bei<br />

dem für die technische Entwicklung verantwortlichen<br />

Vorstandsmitglied Dr. William Werner die Verbesserung<br />

der DKW-Meisterklasse durch einen stärkeren Dreizylinder-Zweitaktmotor<br />

mit 26 bis 28 PS an. Er brachte<br />

damit die bereits von Dr. Venediger in der ATZ veröffentlichten<br />

Schlussfolgerungen zum sinnvollen Einsatz<br />

von Dreizylinder-Zweitaktmotoren in „Volksfahrzeugen“<br />

in die Vorstandsetage der Auto Union. Eine kurz darauffolgende<br />

Besprechung mit Dr. Werner, Dr. Hahn und<br />

den Direktoren der an der DKW-Fahrzeugfertigung<br />

beteiligten Werke Audi Zwickau, DKW Zschopau und<br />

Berlin/Spandau sowie Fachleuten der Motoren- und<br />

Fahrzeugentwicklung führte mutmaßlich zum Beginn der<br />

Entwicklung von Dreizylinder-Zweitaktmotoren.<br />

1936/37 erfolgten Studien zur kompakteren Gestaltung<br />

von DKW-Wagen in der neu in Chemnitz geschaffenen<br />

Zentralen Entwicklungs- und Versuchsabteilung. Der<br />

Antriebsblock dieser kompakteren Fahrzeuge sollte sich<br />

über der Vorderachse erstrecken, wobei der Motor vor<br />

bzw. teilweise über der Achse lag und das Getriebe sich<br />

in Fahrtrichtung gesehen hinter der Achse befand.<br />

Vorgesehen waren Zweizylinder-Zweitaktmotoren mit<br />

Zylindern in Reihen- bzw. in Boxeranordnung. Beide<br />

Ausführungen ergaben eine geringere Länge des Motorraumes<br />

als bei der bisherigen Anordnung des Frontantriebsblockes.<br />

Dieser Vorteil entstand, weil ein großer<br />

Teil des Antriebsblockes sich zwischen den Rädern<br />

erstreckte. Nur zwei Patentschriften dokumentieren diese<br />

Lösungen. Bilddarstellungen sind nicht bekannt geworden.<br />

16<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Dr.-Ing. Herbert Venediger.<br />

Deutsches Reichspatent DRP 726 370 von 1937: Frontantriebsblock mit<br />

Zweizylindermotor, der sich vor und über der Antriebsachse quer erstreckt.<br />

Deutsches Reichspatent DRP 723 332 von 1936: Frontantriebsblock mit vor<br />

der Vorderachse angeordnetem Boxermotor.<br />

Durch Patente und Zeichnung belegt, begannen 1937<br />

die Entwicklung von Dreizylinder-Zweitaktmotoren und<br />

Studien für die Gestaltung eines Antriebsblockes mit<br />

einem solchen Motor. Aus dem Patent DE 744 911 der<br />

Auto Union ist erkennbar, dass als Versuchsträger modifizierte<br />

DKW F7 bzw. Vorserienfahrzeuge DKW F8 dienten.<br />

Der Dreizylindermotor war an einem bekannten<br />

DKW Frontantriebsblock quer zur Fahrtrichtung angeordnet<br />

und mittels einer dreireihigen Rollenkette in<br />

bekannter Weise angekoppelt. Vom Schwungrad des<br />

Motors erfolgte der Abtrieb über einen zwischengeschalteten<br />

Freilauf zum Abtriebskettenrad. Ein üblicher<br />

Anlasser griff in eine Verzahnung des Schwungrades ein.<br />

Auf der anderen Seite der Kurbelwellen erfolgte mittels<br />

eines Keilriementriebs der Antrieb einer in Höhe des<br />

F9-Motor für Quereinbau, Zeichnung vom Dezember 1937 (Ausschnitt).


Zylinderkopfes angeordneten Lichtmaschine. Am Ende<br />

der Kurbelwelle war ein Zündnocken platziert, der über<br />

eine Dreihebel-Unterbrecherplatte die Zündung aller<br />

Zylinder steuert. Ähnlich wie bei den DKW Zweizylindermotoren<br />

war jedem Zylinder ein Unterbrecher und<br />

eine Zündspule zugeordnet.<br />

1938 begann die Entwicklung des F9 neben der Weiterentwicklung<br />

zur Vereinheitlichung der DKW-Reichs-<br />

und Meisterklasse. Die Karosserie des F9 entstand parallel<br />

mit der Stromlinienkarosserie des Auto Union-<br />

Stromlinien-Horchs. Dieser Horch 930 S wurde zur<br />

Internationalen Automobilausstellung in Berlin im Februar<br />

1939 erstmalig in der Öffentlichkeit gezeigt. Zu diesem<br />

Zeitpunkt war noch keine Patentanmeldung für die<br />

Karosserieform beim Reichspatentamt eingereicht worden.<br />

Dies offenbart die spätere Patentanmeldung, für<br />

welche die Ausstellungspriorität in Anspruch genommen<br />

wurde. Dieser Umstand lässt auf eine sehr kurzfristige<br />

Konzipierung und Realisierung der Karosserieform<br />

schließen. Die patentierte Karosserieform „mit einer der<br />

durch den Fahrtwind erzeugten Luftströmung angepassten<br />

Oberfläche“ entsprach in Design und Ästhetik dem<br />

Zeitgeschmack und, wie die Zukunft zeigte, dies über<br />

viele Jahre. Sie war ein gelungener Kompromiss zwischen<br />

ansprechender Aerodynamik und Optik, wobei<br />

der Luftwiderstand gegenüber damals üblichen Karosserieformen<br />

etwa 20 bis 25 Prozent geringer war.<br />

Im September 1939 standen drei F9-Musterfahrzeuge<br />

zur Verfügung, die im Werk Spandau montiert wurden.<br />

Die Zulieferungen erfolgten aus den sächsischen Auto<br />

Union-Betrieben. Der Antriebsblock, bei dem die Wellen<br />

von Motor und Getriebe in Fahrtrichtung angeordnet<br />

waren, erstreckte sich mit einem Teil des Motors, dem<br />

Kupplungsgehäuse und dem Getriebe durch den Bereich<br />

zwischen den Vorderrädern. Dies brachte eine gute Raumausnutzung<br />

und eine gleichmäßige Belastung der Vorderräder<br />

durch den Antriebsblock bei allen Fahrzuständen.<br />

Eine mehrtägige Erprobungsfahrt u. a. in die Alpen, die<br />

Dr. Hahn und zwei Mitarbeiter der Entwicklung im<br />

Oktober 1939 mit einem der F9-Musterfahrzeuge unternahmen,<br />

zeigte, dass Motor und Getriebe zum Gesamtfahrzeug<br />

gut abgestimmt waren. Die erreichten Fahrleis-<br />

Deutsches Bundespatent DBP 767 439: Patentschrift für einen „Wagenkasten mit einer der<br />

Luftströmung angepassten Oberfläche“. Eine entsprechende Karosserie hatte erstmals der Horch<br />

930 S. Der F9 weist eine stilistisch gleichartige, jedoch in sich harmonischere Außenform auf.<br />

AufgeHorcht<br />

Deutsches Bundespatent DBP 919 929: Frontantriebsblock des F9 von 1939.<br />

Der Dreizylindermotor liegt weit vor der Vorderachse.<br />

tungen waren mit denen des Auto Union Wanderer-<br />

Wagens W24 mit einem 42 PS -1,8 l Viertaktmotor vergleichbar.<br />

Es wurden hohe Dauergeschwindigkeiten und<br />

als Höchstgeschwindigkeit ca.110 km/h erreicht. Im Typenblatt<br />

des 900 ccm Motors war die Leistung mit 30 PS<br />

angegeben. Die Bremsen des Fahrzeugs erwiesen sich<br />

als zu schwach und besonders wegen der beachtlichen<br />

Fahrleistungen als dringend änderungsbedürftig.<br />

In der Öffentlichkeit erregte der F9 Aufsehen: „Wo immer<br />

wir hielten, fand der Wagen größte Beachtung und<br />

Neugier. Im ersten Moment wurde er von den Leuten<br />

immer als Volkswagen angesprochen. Jedenfalls hat er<br />

allen Leuten, die uns ansprachen, gefallen“, schreibt<br />

Dr. Hahn in seinem Bericht. Dieser endet, unter der<br />

Voraussetzung, dass besonders die Mängel an den Bremsen<br />

abgestellt werden, mit folgender Einschätzung,<br />

„dann ist uns mit dem F9 ein Wurf geglückt, wie weder<br />

in der Auto Union noch in der deutschen Kraftfahrzeugindustrie<br />

in den letzten Jahren in ähnlicher Weise dies<br />

bisher der Fall war. Ich kann nur sagen, der F9 ist ein<br />

Fahrzeug, das Jeden begeistern muss!“<br />

Ein langsamer Serienanlauf des DKW F9 war für 1940 geplant,<br />

womit die Ablösung der Sonderklasse mit dem<br />

Vierzylinder-Ladepumpenmotor erfolgen sollte. Trotz des<br />

Krieges gab es eine mehrjährige Planung für die F9-Produktion<br />

bis zur Ablösung des DKW F8, auch<br />

entsprechende Kalkulationen der Kostengestaltung<br />

wurden vorgenommen. Aus heutiger<br />

Sicht waren diese Planungen von einem unverständlichen<br />

Optimismus getragen, dass ein<br />

baldiges Kriegsende nahe sei. Im gleichen<br />

Jahr entstand auch eine Serie von Werbeaufnahmen<br />

mit einem der F9-Musterfahrzeuge.<br />

Diese sollten erst nach dem Krieg, im Jahre<br />

1949, zur Gestaltung des ersten F9-Prospekt<br />

der volkseigenen IFA-Betriebe Verwendung<br />

finden. Obwohl sich der Krieg stetig ausweitete<br />

und letztendlich fast ausschließlich Kriegsmaterial<br />

produziert werden musste, wurde<br />

die F9-Entwicklung bis etwa 1943 in unauffälligem<br />

Umfang weitergeführt.<br />

Walter Siepmann<br />

Fotos/Illustrationen: Archiv des Autors,<br />

Archiv Thomas Erdmann<br />

Fortsetzung folgt<br />

02/20<strong>07</strong> 17


AufgeHorcht<br />

Der Trabant wird 50<br />

Am 7. November 1957<br />

startete in Zwickau die<br />

Produktion des Kleinwagens<br />

3.096.099 mal wurde er zwischen 1957 und 1991<br />

gebaut: Der Trabant war damit der meist produzierte<br />

Pkw in der DDR. Der Autor dieses Beitrags erinnert an<br />

den Produktionsstart vor 50 Jahren. Er hat wesentlich an<br />

der Entwicklung der Kunststoffkarosserie mitgearbeitet.<br />

Vorgeschichte<br />

In AufgeHorcht 02/2006 wurde ausführlich über die<br />

Entwicklung der Kunststoffkarosserie in der früheren<br />

DDR berichtet. Ende 1953 begann im damaligen<br />

Forschungswerk des Automobilbaues der DDR in<br />

Chemnitz die Entwicklung des Kleinwagens P50, später<br />

zur Unterscheidung als Ur-P50 bezeichnet. Initiator war<br />

der Hauptverwaltungsleiter des Fahrzeugbaus, Oberingenieur<br />

Kurt Lang. Der Produktionsanlauf der Neuentwicklung<br />

war jedoch 1954/55 nicht möglich. Es fehlten<br />

die Blechpresswerkzeuge für den Plattformrahmen<br />

und das Karosseriegerippe. Der dafür zuständige Betrieb,<br />

Formenbau Schwarzenberg, war durch Großaufträge für<br />

VW Wolfsburg, Pressformen für die Umstellung des F9<br />

auf den Wartburg für das Automobilwerk Eisenach und<br />

Blechumformwerkzeuge für den P240 für das Kraft-<br />

18<br />

02/20<strong>07</strong><br />

P70 Kombi aus der Produktion des Automobilwerkes<br />

AWZ Zwickau mit gleichen Kunststoffformteilen<br />

wie der Ur-P50.<br />

Ur-P50 des WTZ Automobilbau in Chemnitz mit<br />

dem IFA Zeichen in der Attrappe.<br />

fahrzeugwerk Horch in Zwickau gebunden. Der<br />

Serienanlauf des neuen Kleinwagens und damit der<br />

Kunststoffkarosserie hätte erst 1956 oder später erfolgen<br />

können. Als Zwischenlösung entstand ungeplant als<br />

Schwarzentwicklung der P70. Fahr- und Triebwerk<br />

waren vom DKW F8. Die Kunststoffkarosserieteile des<br />

Ur-P50 wurden auf einem Karosseriegerippe aus Holz<br />

befestigt. Der P70 war für die Kunststoffkarosserie-<br />

Entwicklung ein Glücksfall. Die notwendige Passgenauigkeit<br />

zum Karosserieskelett aus Stahlblech hätte sicher<br />

am Anfang zu unüberwindlichen Schwierigkeiten<br />

geführt. Die Montage auf einem Holzgerippe war einfacher.<br />

Die Nullserie des P70 begann am 1. April 1955, und<br />

Serienanlauf war am 1. Juli des gleichen Jahres. Der P70<br />

war mit seiner Kunststoffkarosserie die Sensation auf der<br />

Leipziger Herbstmesse 1955. Die Wirtschaftlichkeit des<br />

neuen Karosseriebaustoffes und seine Elastizität im<br />

Vergleich zu Karosserieblech erregten großes Aufsehen.<br />

1955 wurden noch 2193 P70 produziert. Das war der<br />

Start der Kunststoffkarosserie in der DDR.<br />

Der zweite P50 – die neue Karosserie<br />

Anfang 1956 begann die zweite Phase der Entwicklung<br />

des Kleinwagens P50, der, nach einem Preisausschreiben,<br />

im November 1957 den Namen Trabant erhielt. In<br />

AufgeHorcht 02/2006 wurde eingehend darüber berichtet.<br />

Die Entwicklung erfolgte im Automobilwerk<br />

Zwickau, vormals Audi, also im späteren Produktionsbetrieb.<br />

Eine zentrale Entwicklung der Fahrzeuge, wie<br />

beim Ur-P50, hatte sich für eine schnelle Umsetzung in


Ein 50-Kilo-Hammer schlägt auf eine F9 Kofferklappe, ohne das Kunststoffteil<br />

zu verformen. (Aufnahme von der Herbstmesse Leipzig 1955)<br />

die Produktion nicht bewährt. Die speziellen Bedingungen<br />

der Produktion wurden dabei zu wenig beachtet. Grundlage<br />

der zweiten P50-Entwicklung war der im FEW in<br />

Chemnitz entwickelte Ur-P50. Fahr- und Triebwerk<br />

waren seit 1954 an den vorhandenen Funktionsmustern<br />

eingehend erprobt worden. Es fehlte nur eine neue<br />

Karosserie mit den Produktionserkenntnissen aus dem<br />

nun schon ersten Jahr der P70-Fertigung. Als Chefkonstrukteur<br />

holte der damalige Technische Direktor<br />

des Automobilwerkes Zwickau, Dr. Winfried Sonntag,<br />

den Chef der Entwicklung des Ur-P50 im FEW<br />

Chemnitz, Oberingenieur Wilhelm Orth, nach Zwickau.<br />

Karosseriekonstrukteur war der von den Horchwerken<br />

bekannte Ing. Walter Ende. Die Gestaltung der Kunststoff-Formteile<br />

sowie deren Montage und Verbindungsmöglichkeiten<br />

lag in den Händen der Kunststoffexperten<br />

der Außenstelle Zwickau des FEW Chemnitz, Dipl.-Ing.<br />

Wolfgang Barthel und Dr.-Ing. Werner Reichelt. Bereits<br />

am 23. Mai 1956 war das Kopiermodell der neuen<br />

Karosserie fertig – ein 1:1 Holzmodell. Darauf konnten<br />

die ersten neuen Karosserieformteile aus Glasfaser-<br />

Polyesterharz für die Versuchsfahrzeuge hergestellt werden.<br />

Die Stahlguss-Pressformen für den Duroplast-<br />

Karosseriebaustoff mussten erst angefertigt werden. Die<br />

Entwicklung der Polyesterharztechnologie zur Erprobung<br />

der neuen Karosserieteile erfolgte in enger Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Autor dieses Artikels mit Dr.<br />

Wende in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin.<br />

Die Vorstellung des ersten P50 mit der neuen Karosserie<br />

mit den Polyesterteilen war am 23. Oktober 1956.<br />

Danach begann die Phase der Erprobung und der<br />

Vorbereitungen für die Nullserienproduktion.<br />

AufgeHorcht<br />

Abnehmen des Formteiles aus glasfaserverstärktem Polyesterharz vom<br />

Kopiermodell aus Holz. So wurden die ersten Kunststoffteile für den Musterbau<br />

gefertigt.<br />

Stand der Duroplastproduktion<br />

1957 wurde noch der P70 produziert. Im Automobilwerk<br />

Zwickau, vormals Audi, war im Juni 1956 im Werk III<br />

auch der P70 Kombi angelaufen. Leiter dieser neuen<br />

Fertigungsabteilung war Erich Klaus, vorher verdienstvoller<br />

Abteilungsleiter der Kunststoffteilefertigung.<br />

In dieser Phase galt es, noch viele Probleme in der Kunststoffkarosserieproduktion<br />

zu lösen, wie folgende Beispiele<br />

zeigen:<br />

– Das Vormaterial für die Pressstoff-Formteile wurde<br />

noch weitestgehend auf der Pelztrommel direkt an der<br />

Krempelmaschine gebildet. Erst in Herbst 1957 lief die<br />

von Dipl.-Ing. Wolfgang Barthel entwickelte erste Vliesstraße<br />

an. Die Automatisierung der Vormaterialfertigung,<br />

einschließlich des Zuschneidens der Formteile, erfolgte<br />

1958 mit dem Serienanlauf des späteren Trabant.<br />

Darstellung der Elastizität<br />

des Kunststoffdaches.<br />

02/20<strong>07</strong> 19


AufgeHorcht<br />

Karosseriegerippe des P50 mit den Durchbrüchen in den Türsäulen zur<br />

Befestigung der in die Kotflügel eingepressten Zungenbleche.<br />

– Die Pressformen bestanden noch aus Betongrundkörpern<br />

mit Stahlarmierung, und die Formschalen waren<br />

aus Bronze mit auf der Rückseite mit Deckblechen verschweißten<br />

Heiznuten. Die erste Hohlgussformschale<br />

aus Stahl, nach einer Entwicklung von Ing. Alfred<br />

Schädlich, wurde Anfang 1957 getestet.<br />

– Auch die Presstechnik zur Herstellung der Kunststoffteile<br />

bereitete noch große Probleme. Bei ungenügender<br />

Entlüftung im Anfang des Pressvorganges entstanden<br />

Bläschen in der Lackierung. Das beim Härtungsprozess<br />

des Phenolharzes entstehende Wasser musste<br />

in den ersten drei Minuten des Pressvorganges ausgelüftet<br />

werden. Anfangs erfolgte die Kontrolle über<br />

Lüftungsschreiber und später mit von Ing. Grauer entwickelten<br />

Lüftungsautomaten.<br />

– Sorgen bereitete in dieser Phase auch der Ausschussanteil<br />

wegen kleinerer Oberflächenfehler an den groß-<br />

Kostengegenüberstellung von Karosseriebaustoffen in der DDR.<br />

Duroplast war zusätzlich im Importanteil viel günstiger.<br />

20<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Firmenzeichen von AWZ<br />

Zwickau, vormals Audi, vor der<br />

Zusammenlegung mit dem Werk Horch.<br />

flächigen Formteilen. Erst nach der Entwicklung<br />

spezieller Nacharbeitsverfahren mit Spachtelmasse aus<br />

Epoxydharz wurde ein Ausschussanteil unter ein Pro-<br />

zent erreicht, für große Bauteile ein wichtiger<br />

Kostenfaktor.<br />

Zu diesen Problemen in der Kunststoffteileherstellung<br />

kam mit der Vorbereitung des Nullserienanlaufes die<br />

vollkommen neue Montagetechnik mit Kunststoffteilen<br />

auf einem Stahlgerippe. Beim P70 bestand das Karosserieskelett<br />

aus Holz. Die Nacharbeit und Anpassung<br />

war einfacher. Auch die notwendige Abdichtung<br />

zwischen der durch den Gummistempel auf der<br />

Rückseite unebenen Innenseite der Duroplastteile mit<br />

den Blechprofilen war neu. Dauerelastische Dichtbänder<br />

wurden notwendig.<br />

Die Befestigung der Kotflügel auf der Türsäule sollte<br />

anfangs mit Zungenblechen erfolgen. In den Türsäulen<br />

Vorgesehene Befestigungsart der Kotflügel an der Türsäule mit<br />

Zungenblechen.


waren deshalb viereckige Ausstanzungen vorgesehen,<br />

und in die Innenseite der Kotflügel wurden Zungenbleche<br />

eingepresst. An den Versuchsfahrzeugen erwies<br />

sich eine angepresste Kante am Türanschluss des Kotflügels<br />

als günstiger und wurde für die Nullserie bereits<br />

übernommen.<br />

Später entfielen diese Anfangsprobleme durch die<br />

Entwicklung geeigneter Klebstoffe und spezieller Klebeverfahren.<br />

Das war aber erst nach dem Bau eines Lacktrockenofens<br />

ab 1961 möglich.<br />

Die Nullserie<br />

Für die Nullserie musste im Werk AWZ eine neue<br />

Fertigungshalle errichtet werden. Unmittelbar an das<br />

Kunststoffwerk im Werk III grenzte eine nicht mehr<br />

benötigte Kammgarnspinnerei. In diesem großen Flachbau<br />

errichtete der damalige Haupttechnologe von AWZ,<br />

Ing. Fritz Hans, eine komplette Karosseriefertigung mit<br />

Gerippebau, Tauchgrundierung, Kunststoffteilemontage,<br />

Lackiererei und Karosserie-Fertigmacherei. Leiter dieses<br />

Gesamtkomplexes wurde Erich Klaus, zuletzt Leiter des<br />

P70-Kombibaues im Werk AWZ. In diesem Werkteil<br />

begann am 7. November 1957 die Nullserie des später<br />

Trabant genannten Kleinwagens P50.<br />

Der Plattformrahmen und das Karosseriegerippe wurden<br />

in der Nullserie und in der Anfangszeit der P50-<br />

Fertigung in einer Durchlaufanlage zinkphosphatiert und<br />

tauchgrundiert. Das führte zu einem relativ guten<br />

Korrosionsschutz. Später wurde zur Verringerung der<br />

Läuferbildung an den noch sichtbaren Blechteilen auf<br />

eine elektrophoretische Beschichtung und mit ihr auf<br />

Eisenphosphatierung des Karosseriegerippes umgestellt.<br />

Das führte zu Arbeitskräfteeinsparungen. Der Korrosionsschutz,<br />

insbesondere im Bereich der Bodenverstärkungen<br />

und Radkästen, wurde dadurch jedoch wesentlich<br />

verringert. Diese Haltbarkeitsreduzierung der tragenden<br />

Teile des Plattformrahmens konnte erst Ende 1988/<br />

Anfang 1989 durch den Import und die Wiedereinführung<br />

der Zinkphosphatierung und die nun kataphoretische<br />

Beschichtung von der Firma Herberts beseitigt<br />

werden. Begründung für den Import dieser Vorbehandlungs-<br />

und Beschichtungsstoffe aus der damaligen BRD<br />

war der überdimensional ansteigende Ersatzteilbedarf<br />

für die Blechteile der Bodenverstärkungen und Radkästen<br />

des Trabant. Man muss dabei bedenken, dass der<br />

Trabant in der DDR, bedingt durch die zu geringe<br />

AufgeHorcht<br />

Vormaterialbildung in der Anfangszeit auf der Pelztrommel an der<br />

Krempelmaschine.<br />

Erste Versuche der serienmäßigen Vormaterialbildung auf der<br />

Vliesstraße.<br />

Spätere Vliesstraße mit automatischer Zuschneideanlage für das<br />

Vormaterial vor dem Verpressen.<br />

Einlegen des Vormateriales in die Pressform. Der Pressformgrundkörper<br />

war in der Anfangszeit aus Beton mit Stahlarmierungen.<br />

02/20<strong>07</strong> 21


AufgeHorcht<br />

Fahrzeugproduktion, eine mittlere Lebensdauer von<br />

28,5 Jahren hatte. Diese Haltbarkeitsdauer wurde nur<br />

durch die korrosionsbeständigen Duroplastteile der<br />

Außenhaut und mehrfache Grundinstandsetzungen des<br />

Bodenbereiches mit sehr hohem Ersatzteilbedarf erreicht.<br />

Es entstanden sogar spezielle Betriebe zur<br />

Grundinstandsetzung von Pkw in der DDR.<br />

Ein ganz besonderes Problem für die Nullserie und den<br />

späteren P50-Anlauf war die Kombination Stahlblechgerippe<br />

mit Kunststoffkarosserieteilen. Neue und verbesserte<br />

Hilfsstoffe der chemischen Industrie waren<br />

notwendig. Vorrangig kamen dauerelastische Dichtbinden<br />

für die Abdichtung der unebenen Innenseite der<br />

Kunststoffteile zum Blechgerippe, spritzfähige Abdichtmassen,<br />

Regenleistenkitt, Punktschweißpasten, spezielle<br />

Klebstoffe u. a. zum Einsatz. Für die Nullserie wurden<br />

diese Stoffe teilweise aus der BRD importiert. Ein stän-<br />

22<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Trabant aus der Nullserie von vorn mit AWZ Emblem.<br />

Nach dem Serienanlauf war auf der Motorhaube<br />

das Sachsenringzeichen.<br />

Die Dachbefestigung erfolgte durch Einfalzen und Aufklemmen<br />

einer Zierleiste.<br />

diger Import war wegen fehlender Devisen nicht möglich.<br />

Auf Anregung des Generaldirektors des Automobilbaues<br />

in der DDR und des Initiators der Kunststoffkarosserie,<br />

Oberingenieur Kurt Lang, führte Dr. Mergenthaler von<br />

der Staatlichen Plankommission am 14. Mai 1958 in<br />

Auswertung der Nullserie mit den Forschungsleitern der<br />

für diese Stoffe zuständigen Industriezweige eine<br />

Beratung durch und bildete die AG Autochemie.<br />

Sie hatte die Entwicklung und Produktion dieser<br />

Hilfsstoffe zu koordinieren. Leiter für den Automobilbau<br />

wurde Dr. Reichelt. In dieser AG waren auch Vertreter<br />

der Automobilwerke. In kurzer Zeit gelangen die Entwicklung<br />

und Einführung der wichtigsten Hilfsstoffe und<br />

damit eine hohe Deviseneinsparung. Diese AG Autochemie<br />

bestand noch viele Jahre zur Koordinierung der<br />

Forderungen des Fahrzeugbaues der DDR an die Zulieferindustrie.<br />

Wesentliche Ergebnisse waren Karosseriehilfsstoffe,<br />

verbesserte Vorbehandlungs- und Anstrichstoffe,<br />

zinkstaubbeschichtete Karosseriebleche, verzinkte<br />

Bleche, hochfeste Karosseriebleche u. a. und deren<br />

Erprobung an Versuchsfahrzeugen. Die Einführung am<br />

Trabant und Wartburg entfiel jedoch durch die Wende<br />

und das Ende der Produktion.<br />

Vorbereitung des Serienanlaufes<br />

Die Nullserie mit 50 Fahrzeugen lief ohne größere<br />

Probleme ab. Die von Ingenieur Walter Ende gestaltete<br />

neue Karosserie hatte sich in der Fertigung im Wesentlichen<br />

bewährt. Damit war die Entwicklungsphase der<br />

Karosserie des P50 abgeschlossen.<br />

Anbringen des Vorderkotflügels. Auf dem vorgrundierten Gerippe<br />

liegt an der Kammlinie dauerelastisches Dichtband.


Eine größere Änderung wurde jedoch notwendig. An<br />

der Kammlinie wünschten die Gestalter keine die<br />

Schraubstellen überdeckende Zierleisten. Es wurden deshalb<br />

überlackierbare Polyamid-Profilschienen vorgesehen.<br />

Sie erwiesen sich als nicht formstabil und wurden nach<br />

der Lackierung wellig. Die Kotflügelformschalen mussten<br />

deshalb an der Oberkante nachgearbeitet werden. Ab<br />

Fortschrittszahl 800 wurden Zierleisten aus Aluminium<br />

an der Kammlinie angebracht.<br />

Der neue Kleinwagen brauchte auch einen Namen. Die<br />

Typenbezeichnung P50 reichte nicht mehr. Nach einem<br />

Preisausschreiben in der Betriebszeitung „Zündkerze“<br />

vom Herbst 1956 wurde am 25. November 1957, also<br />

während der Nullserienproduktion, der Name Trabant<br />

gewählt. Trabant = der Begleiter, war ein guter Vorschlag.<br />

Er kam von Herbert Mothes, einem Mitarbeiter<br />

der firmeneigenen Werbeabteilung.<br />

In der Zwischenzeit hatte Dr. Sonntag die Zusammenlegung<br />

von AWZ, also dem früheren Audiwerk in<br />

Zwickau, mit dem Horchwerk vorbereitet. Diese Zusammenlegung<br />

wurde notwendig für die vom Trabant<br />

geforderten Stückzahlen. Die Vorbereitung der Produktion<br />

des P240 wurde eingestellt. Am 1. Mai 1958 entstand<br />

so das Automobilwerk Sachsenring Zwickau.<br />

Betriebsdirektor wurde Ing. Herbert Uhlmann, der<br />

langjährige Betriebsdirektor des Horchwerkes. Technischer<br />

Leiter blieb Dr. Winfried Sonntag von AWZ.<br />

Dr. Werner Lang, der Technische Leiter der Horchwerke,<br />

wurde Chefkonstrukteur des vereinigten<br />

Betriebes und damit zuständig für die spätere Weiterentwicklung<br />

des P50-Trabant.<br />

P50 Trabant aus der Nullserie mit AWZ Zeichen<br />

und überlackierten Polyamidleisten<br />

an der Kammlinie.<br />

AufgeHorcht<br />

Nach der Nullserie und der Zusammenlegung wurde<br />

die Gerippefertigung in die 300-Meter-Halle des früheren<br />

Horchwerkes verlagert. Vor dem Serienstart lief ab<br />

10. Juli 1958 noch eine Vorserie mit 150 Fahrzeugen. Sie<br />

diente zum Test des Gerippebaues an dem neuen Fertigungsstandort<br />

im früheren Horchwerk. Der endgültige<br />

Serienanlauf war am 1. September 1958. In diesem Jahr<br />

wurden noch 1750 Trabant-Fahrzeuge produziert. 1959<br />

waren es weitere 19.824 Limousinen und 216 Kombis.<br />

Der Karosseriebau der Kombis erfolgte im Karosseriewerk<br />

Meerane, im früheren Werk Hornig. Die P70-<br />

Kombifertigung im Werk III von Sachsenring lief Mitte<br />

1959 aus, um mehr Produktionskapazität für den<br />

Trabant zu schaffen.<br />

Dr.-Ing. Werner Reichelt<br />

Fotos: Archiv des Autors<br />

P50 auf der Kunststoffteile-Montagestraße. Lackierung des Trabant mit noch 6 Schichten Nitrolack nach der<br />

Vorgrundierung der Kunststoff-Formteile mit Einbrenn-Haftgrund.<br />

Später wurden nur 3 Schichten Kunstharzlack aufgetragen.<br />

02/20<strong>07</strong> 23


AufgeHorcht<br />

E 15 war das Genehmigungszeichen für die DDR<br />

Die Entwicklung internationaler Bauvorschriften für Kraftfahrzeuge und die Anwendung beim Pkw Trabant<br />

Bereits 1949 hatte das Bestreben, den<br />

internationalen Straßenverkehr zu<br />

erleichtern, die Sicherheit auf den Straßen<br />

durch einheitliche Verkehrsregelungen<br />

zu erhöhen und Erleichterungen<br />

für die Hersteller zu schaffen, zu<br />

einem ersten Übereinkommen über<br />

den Straßenverkehr im Rahmen des<br />

Genfer Abkommens geführt. 1968<br />

wurde dieses Abkommen an die inzwischen<br />

veränderten Bedingungen<br />

angepasst.<br />

Zu dieser Zeit war es jedoch nicht<br />

gelungen, konkrete Forderungen festzulegen.<br />

Es wurden nur allgemeine<br />

Parameter und das Vorhandensein<br />

bestimmter Einrichtungen vorgeschlagen,<br />

über deren Anwendung nur in<br />

wenigen Fällen eine Einigung erzielt<br />

werden konnte. Die Vertragsparteien<br />

hatten sich jedoch verpflichtet, keine<br />

Vorschriften national zu erlassen, die<br />

dem Inhalt der „Wiener Konvention<br />

über den Straßenverkehr“, wie dieses<br />

Abkommen öffentlich hieß,<br />

widersprachen.<br />

Neben der Erhöhung der Sicherheit<br />

im Straßenverkehr gab es Anfang der<br />

1960er Jahre auch Bemühungen, die<br />

Sicherheit der Fahrzeuge zu erhöhen.<br />

So stellten Institute und Automobilfirmen<br />

von Zeit zu Zeit so genannte<br />

Sicherheitswagen als Experimentiermuster<br />

vor. 1967 erschien in den USA<br />

eine Fahrzeugstudie für ein Sicherheitsautomobil.<br />

In diesem Fahrzeug,<br />

das unter dem Namen „Republic“ oder<br />

auch „New York Safety Sedan“ bekannt<br />

wurde, waren 20 Sicherheitsnormen<br />

eingearbeitet. Im Dezember<br />

1966 veröffentlichte die National<br />

Traffic Agency diese Sicherheitsnormen<br />

und erklärte Sie ab 1. Januar<br />

1968 in den USA für verbindlich.<br />

Die DDR ist 1973 der „Wiener Konvention<br />

über den Straßenverkehr“<br />

beigetreten. Bereits 1981 waren 52<br />

Staaten Mitglied des Verkehrsabkommens<br />

bzw. hatten es ratifiziert.<br />

Die Straßenverkehrsordnung der<br />

DDR wurde 1977 diesem internationalen<br />

Abkommen angepasst. Seitdem<br />

gab es z. B. kein eigenes nationales<br />

Parkverbotsschild mehr, und die<br />

Regelungen beim Kreisverkehr waren<br />

an die internationalen Vorfahrtsregelungen<br />

angepasst worden.<br />

24<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Parallel zur „Wiener Konvention über<br />

den Straßenverkehr“ begann im Februar<br />

1953 die Arbeit der von der<br />

UN-Wirtschaftskommission für Europa<br />

beauftragten Arbeitsgruppe „Kraftfahrzeugbau<br />

– WP 29“ in der nach<br />

Aufnahme der DDR am 13. Dezember<br />

1972 in die ECE (Economic Commission<br />

for Europe) bereits alle europäischen<br />

RGW-Länder vertreten waren.<br />

Um die Ergebnisse der Arbeit dieser<br />

Expertengruppe in den einzelnen Beitrittsländern<br />

durchzusetzen, wurde<br />

im März 1958 in Genf ein Übereinkommen<br />

über einheitliche Prüfrichtlinien,<br />

Grenzwerte und über die gegenseitige<br />

Anerkennung durchgeführter<br />

Prüfungen an Kraftfahrzeugen und<br />

Fahrzeugteilen abgeschlossen. Die speziellen<br />

Forderungen wurden als so<br />

genannte Regelungen bekannt gemacht.<br />

Mit Stand April 1982 existierten<br />

51 dieser Regelungen und weitere<br />

15 von der WP 29 bestätigte Letztentwürfe.<br />

Ziel dieses internationalen Vertragswerkes<br />

war es, einheitliche Sicherheitsvorschriften<br />

auf dem Gebiet des<br />

Kraftfahrzeugbaues zu erarbeiten,<br />

Fahrzeuge nach diesen Vorschriften<br />

zu bauen und in den jeweiligen Ländern<br />

zuzulassen. Diese Festlegungen<br />

des internationalen Vertragswerkes<br />

wurden jedoch erst dann wirksam,<br />

wenn das betreffende Land die Anwendung<br />

der Regelungen national<br />

erklärt hatte. Am 4. Oktober 1974 trat<br />

die DDR diesem Vertragswerk bei.<br />

Vorrichtung zur Prüfung der Befestigungspunkte für die Sicherheitsgurte.<br />

Im Rahmen dieser Mitgliedschaft<br />

wurde dem Ministerium für Allgemeinen<br />

Maschinen-, Landmaschinenund<br />

Fahrzeugbau (MALF) die Mitarbeit<br />

in der eben erwähnten Expertengruppe<br />

für die Konstruktion von<br />

Kraftfahrzeugen WP 29 übertragen.<br />

Das Ministerium verpflichtete das<br />

Wissenschaftlich-Technische Zentrum<br />

(WTZ) Automobilbau mit der Wahrnehmung<br />

aller in diesem Rahmen<br />

anfallenden Aufgaben. Vorbereitend<br />

begann bereits im Juni 1973 die kontinuierliche<br />

Mitarbeit des WTZ in der<br />

genannten Arbeitsgruppe WP 29.<br />

Mit der Erklärung der Anwendung<br />

war die Pflicht verbunden, jedes Fahrzeug,<br />

was dieser Regelung entsprach,<br />

ungehindert hinsichtlich der Bedingungen<br />

dieser Regelungen in der DDR<br />

zuzulassen. Damit hatte sich die DDR<br />

gleichzeitig das Recht erworben, selbst<br />

Prüfungen nach dieser Regelung durchzuführen<br />

und das Genehmigungszeichen<br />

zu erteilen. Mit dem Besitz des<br />

Veto-Rechtes hatte jedes Land den<br />

Vorteil, dass eine von ihm angewandte<br />

Regelung auch nur durch Zustimmung<br />

desselben verändert werden durfte.<br />

National, d. h. in der DDR, gab es die<br />

Entscheidung, die Erklärung der Anwendung<br />

der Regelung und die innerstaatliche<br />

Durchsetzung in drei Schritte<br />

zu trennen.<br />

1. Schritt: Anwendungserklärung für<br />

eine bestimmte Regelung durch das<br />

Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten<br />

beim Generalsekretär der Vereinten<br />

Nationen. Daraus ergab sich


die rechtliche Pflicht, importierte Fahrzeuge<br />

entsprechend der jeweiligen Regelung<br />

ohne Auflagen oder zusätzliche<br />

Forderungen zuzulassen, wenn sie das<br />

Genehmigungszeichen tragen. Andererseits<br />

war die DDR berechtigt, selbst<br />

Genehmigungsprüfungen durchzuführen.<br />

Von 1976 bis 1981 wurden an Erzeugnissen<br />

der DDR 162 Genehmigungsprüfungen<br />

erfolgreich abgeschlossen<br />

und das Genehmigungszeichen<br />

E 15, das war die Kennzahl<br />

für die DDR, vergeben.<br />

2. Schritt: Durchsetzung der zur Anwendung<br />

in der DDR erklärten ECE-<br />

Regelungen durch Erarbeitung von<br />

Prüf- und Erzeugnisstandards. Damit<br />

mussten Neu- bzw. Weiterentwicklungen<br />

oder auch die bereits in der<br />

laufenden Produktion hergestellten<br />

Fahrzeuge regelungskonform produziert<br />

werden. Von 37 durch die DDR<br />

zur Anwendung erklärten Regelungen<br />

waren 29 bis 1982 durchgeführt<br />

worden.<br />

3. Schritt: Ab einem festgelegten Termin<br />

ist dann die Erfüllung dieser Standards<br />

Bedingung für die Zulassung<br />

aller Fahrzeuge zum Straßenverkehr,<br />

einschließlich der Importfahrzeuge.<br />

Die am 1. Juni 1982 in Kraft getretene<br />

neue StVZO berücksichtigte in ihrer 3.<br />

Durchführungsbestimmung voll diese<br />

Situation.<br />

Aus der Mitgliedschaft der DDR in der<br />

„Wiener Konvention über den Straßenverkehr“<br />

und dem Beitritt zur<br />

ECE-Arbeitsgruppe „Kraftfahrzeugbau<br />

– WP 29“ ergaben sich gesetztliche<br />

Regularien für die technische Ausführung<br />

und Zulassung der Produkte<br />

des Kraftfahrzeugbaues in der DDR<br />

und damit zwangsläufig auch für den<br />

Pkw Trabant.<br />

Bereits vor der Zugehörigkeit der<br />

DDR in diesen internationalen Gremien<br />

waren die Zwickauer Automobilbauer<br />

nach der Serieneinführung<br />

des Trabant im November 1957 ständig<br />

bemüht, durch konstruktive Veränderungen<br />

das Fahrzeug zu verbessern<br />

und den Gebrauchswert und die<br />

aktive und passive Sicherheit für die<br />

Kunden zu erhöhen.<br />

So erfolgte 1961 die Veränderung der<br />

Heizungs- und Entfrostungs- und der<br />

Scheibenwaschanlage, 1963 eine Verstärkung<br />

der Batterie- und Tankbefestigung<br />

sowie eine automatische Nachstellung<br />

der Bremsen und bereits<br />

1965 der Einsatz von Befestigungs-<br />

punkten für Sicherheitsgurte vorn.<br />

1967 wurden Duplexbremsen an der<br />

Vorderachse und 1971 die abgasgerechte<br />

Einstellung des Leerlaufes an<br />

jedem Fahrzeug serienwirksam.<br />

1974 erfolgte der Einsatz einer<br />

Warnblinkanlage, 1980 die Zweikreisbremse<br />

in Achse-Achse-Schaltung<br />

und 1983 von Kopfstützen und<br />

heizbarer Heckscheibe sowie 1988<br />

eine Windschutzscheibe aus Mehrscheibensicherheitsglas,<br />

um nur einige<br />

Beispiele zu nennen.<br />

Zur Prüfung der Karosseriefertigung<br />

und Verbesserung des Insassenschutzes<br />

führte die Versuchsabteilung<br />

des VEB Sachsenring Automobilwerke<br />

Crash-Versuche mit<br />

einer selbst entwickelten Versuchsanlage<br />

durch, deren Ergebnisse zu<br />

einer höheren Stabilität der Karosserie<br />

und zu einem optimierten<br />

Übersicht über die Anwendung von ECE-Regelungen mit Stand 1982.<br />

AufgeHorcht<br />

Energieaufnahmevermögen beitrugen.<br />

Trotz aller unter den damaligen volkswirtschaftlichen<br />

Bedingungen unternommenen<br />

Anstrengungen konnte<br />

jedoch nicht verhindert werden, dass<br />

der Pkw Trabant, der zum Zeitpunkt<br />

seines Produktionsbeginnes durchaus<br />

dem Stand der Technik entsprach und<br />

diesen mitbestimmte, mit zunehmender<br />

Produktionsdauer auch auf dem<br />

Gebiet der aktiven und passiven Fahrzeugsicherheit<br />

zunehmend in Rückstand<br />

geriet. Deshalb bemühten sich<br />

die Automobilbauer bereits Mitte der<br />

1960er Jahre, dies durch eine Neukonstruktion<br />

zu verhindern, was bekanntlich<br />

leider bis zum Ende der<br />

DDR nicht erreicht werden konnte.<br />

Karl-Heinz Brückner,<br />

Dr. Winfried Sonntag<br />

Abbildungen: Archiv der Autoren<br />

02/20<strong>07</strong> 25


AufgeHorcht<br />

Am liebsten Partner aus dem „Autoland Sachsen“<br />

Herpa stellte „newTrabi“-Studie auf der IAA vor – 93 Prozent wollen modernen<br />

Trabant wieder auf der Straße sehen<br />

Etwas wuchtig präsentiert sich die 1:10-Designstudie des „newTrabi“. Der fränkische Miniaturautohersteller Herpa will den Trabant in moderner Form wieder auf die<br />

Straße bringen.<br />

Hellblau mit weißem Dach zog ein Designmodell in Halle<br />

1.1. auf der IAA in Frankfurt zahlreiche Besucher an.<br />

Was annähernd aussah wie eine verkleinerte Ausgabe<br />

eines 601er Trabi, entpuppte sich als 1:10-Studie des<br />

„newTrabi“. Diese Version wirkte etwas klobig-klotziger<br />

als das Original, die Verwandtschaft zum Trabant war<br />

aber dennoch zu erkennen.<br />

Der fränkische Miniaturmodell-Hersteller Herpa hat seit<br />

1990 bereits mehrere hunderttausend Exemplare des<br />

Trabant als Qualitätsmodelle im Maßstab 1:87 produziert.<br />

Mit der „Initiative newTrabi“ gehen die Miniatur-<br />

Autobauer einen Schritt weiter. Der Dietenhofener Hersteller<br />

erwarb in einem ersten Schritt vom Verein Trabant-Register<br />

e.V. die Rechte an der Marke „Trabant“<br />

und präsentierte zur IAA eine erste Designstudie des<br />

„newTrabi“ im Maßstab 1:10.<br />

Auf der Automobilmesse befragte der Hersteller von<br />

Auto- und Flugzeugmodellen Interessenten, inwieweit<br />

das Modell gefällt und ob der Trabant in moderner Form<br />

wieder 1:1 gebaut werden soll. Das Echo fiel recht ein-<br />

Der Trabant 601 - Vorbild für das „newTrabi“-Projekt. Fotos: Herpa<br />

26<br />

02/20<strong>07</strong><br />

deutig aus. 93 Prozent der Umfrageteilnehmer wünschen,<br />

dass der „newTrabi“ Wirklichkeit werden soll.<br />

Inwieweit sie dann auch ein solches Auto kaufen würden,<br />

bleibt offen. Mehr als 10.000 Autofans definierten<br />

ihre Anforderungen und Erwartungen an einen neuen<br />

Trabi. Das Gros der Teilnehmer setzt auf ein kultiges,<br />

unverwechselbares Design mit innovativer, sparsamer<br />

Technik. Die charaktervollen Stilelemente des Trabant, in<br />

moderner Form umgesetzt, sollen nach Meinung der<br />

Umfrageteilnehmer auch einen neuen Trabant auszeichnen.<br />

Die Mehrheit setzt zudem auf die Neuinterpretation<br />

der typisch unkomplizierten und robusten Technik<br />

und erwartet bei einem neuen Trabant zudem eine innovative,<br />

umweltfreundliche Lösung hinsichtlich des<br />

Antriebs. Gemeinsam mit Partnern und Sponsoren soll<br />

die Initiative weitergeführt werden.<br />

„Die überaus hohe Resonanz auf die ‚newTrabi‘-Umfrage<br />

hat unsere Erwartungen mehr als übertroffen“, freut sich<br />

Klaus Schindler, Begründer der „Initiative newTrabi“ und<br />

Mitglied der Geschäftsleitung bei Herpa. „Die Ergebnisse<br />

bestätigen unser Engagement: Die Menschen wollen den<br />

Trabant gerne in moderner Form wieder auf den Straßen<br />

sehen. In vielen Gesprächen wurde deutlich, wie sehr<br />

sich die Autofans hierbei eine maßgebliche Rolle des<br />

‚Autolandes Sachsen‘, der Geburtsstätte des Trabants,<br />

wünschen. Unsere Grundidee scheint somit die Menschen<br />

in hohem Maße anzusprechen. Das bestärkt uns natürlich<br />

in unseren Bemühungen, Partner und Sponsoren zu<br />

finden, vorzugsweise aus dem ‚Autoland Sachsen‘, mit<br />

denen wir diese zukunftsträchtige Initiative weiter gestalten<br />

können. Als nächsten Schritt haben wir uns die<br />

Entwicklung eines fahrfähigen Prototyps des ‚newTrabi‘<br />

vorgenommen.“ Ina Reichel<br />

www.herpa.de


AufgeHorcht<br />

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AufgeHorcht<br />

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Technische Beschreibung<br />

Personenwagen Typ P50/P60 „Trabant“<br />

Hersteller Automobilwerk Zwickau, ab 01.05.1958<br />

VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau<br />

Bauzeit P50 1957 bis 1963<br />

P60 1963 bis 1964, Universal bis 1965<br />

Produktion P50 131.450 Fahrzeuge, davon 11.643 Universal<br />

P60 106.628 Fahrzeuge, davon 36.729 Universal<br />

AufgeHorcht<br />

Gesamtfahrzeug:<br />

Bauart: 4-sitziger, 2-türiger Personenwagen mit selbsttragender<br />

Stufenheckkarosserie und 3-türiger Kombi (Universal)<br />

Antrieb: Frontantrieb durch quer im Fahrzeugbug vor der Vorderachse<br />

eingebauten luftgekühlten 2-Zylinder-2-Taktmotor und danebenliegenden<br />

4-Gang-Schaltgetriebe<br />

Aufbau:<br />

Art: Limousine und Universal (Kombi)<br />

Ausführung: Verbundbauweise mit Stahlblechgerippe und Duroplast- Außenverkleidung<br />

Hauptabmessungen:<br />

Radstand: 2020 mm<br />

Spurweite vorn: 1200 mm<br />

Spurweite hinten: 1240 mm<br />

Gesamtlänge: 3361 mm<br />

Gesamtlänge Universal: 3400 mm<br />

Gesamtbreite: 1493 mm<br />

Gesamthöhe: 1460 mm<br />

Gewichte: Limousine Universal<br />

Wagengewicht: 620 kg 660 kg<br />

zul. Gesamtgewicht: 950 kg 1000 kg<br />

Nutzlast: 330 kg 340 kg<br />

Höchstgeschwindigkeit: P50 90 km/h<br />

P50/2 95 km/h P50/2 90 km/h<br />

P60 100 km P60 95 km/h<br />

Kraftstoffnormverbrauch: P50 8 l/100 km<br />

P50/2 8 l/100 km P50/2 8,5 l/100 km<br />

P60 8,5 l/100 km P60 9 l/100 km<br />

Triebwerk:<br />

Motor:<br />

Bauart: 2-Zylinder-Reihenmotor, luftgekühlt<br />

Arbeitsverfahren: 2-Takt-Ottomotor mit Umkehrspülung und Einlassdrehschieber<br />

Kurbelwelle: 3-fach gelagert in Wälzlagern<br />

Pleuellager: Rollenlager<br />

Schmiersystem: Frischölschmierung durch Öl-Kraftstoffgemisch 1 : 25 (ab <strong>07</strong>/1961 1 : 33)<br />

Kühlung: Luftkühlung durch Axialgehäuse<br />

P50 P50/2 P60<br />

Hub/Bohrung (mm): 73/66 73/6 73/72<br />

Hubraum (cm 3 ): 499 499 595<br />

Verdichtung: 6,6 : 1 7,2 : 1 7,6 : 1<br />

max. Leistung (PS): 18 20 23<br />

bei Drehzahl (U/min): 3750 3800 3900<br />

max. Drehmoment (mkg): 4,3 4,5 5,2<br />

bei Drehzahl (U/min): 2500 2750 2750<br />

Vergaser: 1 Flachstromvergaser BVF<br />

Typ: H 261-1 28 HB2-1 28 HB2-2<br />

02/20<strong>07</strong>


AufgeHorcht<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Kraftstoffanlage:<br />

Anordnung des<br />

Kraftstoffbehälters: im Motorraum rechts vor der Stirnwand<br />

Kraftstoffförderung: Fallbenzin<br />

Inhalt: 24 l davon 4 l Reserve<br />

Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung<br />

Schaltung: Krückstockschaltung<br />

Getriebe: 4-Gang-Schaltgetriebe und Kegelraddifferential mit Motor verblockt<br />

Bauart: bis 02/1961 ab 03/1961<br />

alle Gänge mit Freilauf, Freilauf nur im 4. Gang,<br />

abschaltbar, ohne nicht abschaltbar,<br />

Synchronisierung Synchronisierung<br />

1. bis 4. Gang<br />

Übersetzungen:<br />

1. Gang: 4,08 4,08<br />

2. Gang: 2,38 2,32<br />

3. Gang: 1,50 1,52<br />

4. Gang: 1,02 1,03<br />

Rückwärtsgang: 5,35 5,35<br />

Achsübersetzung: 4,93 4,33<br />

Elektrische Anlage:<br />

Bordspannung: 6 V<br />

Zündung: Batteriezündung mit 1 Spule/Zylinder<br />

Zündkerzen: M 18/225 P60 M 18/240<br />

Lichtmaschine: 180 W/6 V ab 09/1961 220 W/6 V<br />

Anlasser: Schubtriebanlasser 0,6 PS/6 V<br />

Batterie: 6 V/56 Ah im Motorraum an der Stirnwand angeordnet und befestigt<br />

Fahrwerk:<br />

Vorderachse:<br />

Bauart: Einzelradaufhängung an Dreiecklenkern unten und oben liegender<br />

Halbelliptik-Blattfeder, doppelt wirkende hydraulische Stoßdämpfer<br />

Federung vorn: Einzelradfederung durch Halbelliptik-Blattfeder<br />

Antrieb: durch Gelenkwellen mit inneren Gleitstein- und äußeren Scharniergelenken<br />

Hilfsrahmen: Stahlblechrahmen zur Aufnahme des Motor-Getriebeblockes, der<br />

Radantriebe mit Dreiecklenkern und Querblattfeder und des Zahnstangenlenkgetriebes<br />

Befestigung: durch Verschrauben mit der Bodengruppe der Karosserie<br />

Hinterachse:<br />

Bauart: Schrägpendelachse mit 2 Dreiecklenkern und doppelt wirkenden<br />

hydraulischen Stoßdämpfern<br />

Federung hinten: Einzelradfederung durch oben liegende Halbelliptik-Querblattfeder<br />

Lenkung:<br />

Bauart: Zahnstangenlenkung<br />

Wendekreis: Ø 10 m<br />

Bremsen:<br />

Bauart: hydraulisch auf 4 Räder wirkende Trommelbremse,<br />

Trommel-Ø 200 mm<br />

Handbremse: mechanisch durch Seilzug betätigt, auf die Hinterachse wirkend<br />

Räder/Reifen:<br />

Felgenart und Tiefbettfelge<br />

-größe: 4 J x 13<br />

Reifengröße: 5,20 - 13<br />

Reifendruck: 1,6 atü<br />

Quellen: Technische Daten und Beschreibungen aus „Betriebsanleitung für PKW AWZ Trabant“, Unterlagen des Automobilmuseums<br />

A. Horch e. V. Zwickau, Fotos: FES GmbH vom Fahrzeug des Automobilmuseums A. Horch Zwickau,<br />

Zusammenstellung Dipl. Ing. K.-H. Brückner, Förderverein Automobilmuseum A. Horch e. V. Zwickau


Die Legende wird gefeiert<br />

Viele Aktivitäten rund um den 50. Trabant-<br />

Geburtstag in Zwickau<br />

Mit einem großen Fest feiert die Stadt Zwickau am 9. und 10.<br />

November einen ihrer berühmtesten „Söhne“ – den Trabant.<br />

Die Nullserie des P 50 lief am 7. November 1957 vom Band.<br />

Zwar wird der Trabi nun schon 16 Jahre nicht mehr produziert,<br />

doch wird auf dem Gelände der ehemaligen Sachsenringwerke,<br />

auf dem er mehr als drei Millionen Mal gebaut wurde,<br />

viel zu erleben sein. Sein Kommen fest zugesagt hat nicht zuletzt<br />

der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Prof. Dr.<br />

Georg Milbradt. „Wir rücken den Trabant in den Mittelpunkt<br />

der Festivität“, erläutert der Leiter des Presse- und Oberbürgermeisterbüros<br />

der Stadtverwaltung Zwickau, Mathias<br />

Merz. „Wichtig ist uns darüber hinaus zu zeigen, was davor<br />

und insbesondere was seither an diesem Standort geschah.“<br />

So können sich die Besucher auf die Trabant-Sonderausstellung<br />

im August Horch Museum freuen, die vom 10. November<br />

an zu sehen sein wird. Gezeigt werden im Festgelände tagsüber<br />

aber auch Trabis aus der Rallye-Ära, Vertreter des Wettbewerbs<br />

„Supertrabi“, der alljährlich zum Trabant-Fahrer-Treffen<br />

ausgetragen wird, sowie Beispiele aus dem Fahrzeugdesign<br />

der DDR. Auch ein Oldtimer- und Teilemarkt findet statt. Eingeladen<br />

wurden zudem Trabi-Clubs aus ganz Deutschland und<br />

angrenzenden europäischen Ländern.<br />

Der Wirtschaftsstandort Zwickau wird präsentiert durch eine<br />

Ausstellung in der Halle der Meta Werk AG an der Pölbitzer<br />

Straße. Hier zeigen die Volkswagen Sachsen GmbH und Zulieferbetriebe<br />

ihre heutigen Produkte und Leistungsfelder. Tage<br />

der offenen Tür bieten zudem die Sächsische Aufbau- und Qualifizierungsgesellschaft<br />

sowie das Sächsische Technologie<br />

Zentrum an. Über Ausbildungsmöglichkeiten und Berufe rund<br />

um das Auto informiert die Bundesagentur für Arbeit.<br />

Im Festzelt auf dem Pölbitzer Platz wird der Trabi-Geburtstag<br />

musikalisch gefeiert. Am 9. November gibt DJ Happy Vibes die<br />

MAXI-Trabi-Show. Highlight des 10. November ist der Auftritt<br />

von Marquess, die mit ihrem Hit „Vayamos Compañeros“ auf<br />

Anhieb in den Charts landeten.<br />

AufgeHorcht<br />

Trabi-Veranstaltungen<br />

am 10. November auf einen Blick<br />

Ö-Konzept – Audistraße 3, Zwickau<br />

Ausstellung „Entwürfe des DDR-Fahrzeugdesigns“<br />

August Horch Museum – Audistraße 7, Zwickau<br />

Trabant-Sonderausstellung, stündlich Trabant-Filme,<br />

Teilemarkt auf dem Museumsgelände,<br />

Signierstunde mit den Autoren von „Wir Horch-Arbeiter<br />

bauen wieder Autos“, „Fahrzeuglexikon Trabant“, „Der<br />

Trabant wird 50“<br />

Agentur für Arbeit – Pölbitzer Straße 9a<br />

Informationstag zu Berufen rund um das Kfz<br />

Meta Werk – Pölbitzer Straße<br />

Sonderaustellung „Automobilbau – Trabant und heute“<br />

von Volkswagen Sachsen und Zulieferunternehmen<br />

HQM Sachsenring, „Econic-Halle“ – Crimmitschauer<br />

Straße 67<br />

Supertrabi-Ausstellung, Kartfahren<br />

SAQ – Horchstraße 2<br />

Werkführungen/Tag der offenen Tür, Besichtigung der<br />

Restaurationswerkstatt, Probefahrten mit Oldtimern (bei<br />

gutem Wetter), Skulpturenausstellung im Freigelände<br />

STZ – Audistraße/Horchstraße<br />

Tag der offenen Tür, Besichtigung der Branchenkabinette<br />

Sachsen Motorsport Zwickau e.V. – Trabantstraße<br />

Trabant im Rallyesport<br />

Zwischen dem Festgelände und der Trabantausstellung in<br />

der Uhdestraße verkehrt ein Trabant-Shuttle.<br />

Änderungen vorbehalten!<br />

02/20<strong>07</strong> 31


AufgeHorcht<br />

Besonderes<br />

Dankeschön<br />

Sander Fördertechnik lud Kunden<br />

ins Horch Museum ein<br />

Die Sander Fördertechnik GmbH<br />

Chemnitz sagte ihren Kunden in diesem<br />

Jahr auf besondere Art Dankeschön für<br />

eine gute Zusammenarbeit: Sie lud zu<br />

zwei Veranstaltungen ins August Horch<br />

Museum nach Zwickau ein. Während<br />

der Führungen konnten die Gäste sogar<br />

mit August Horch persönlich Bekanntschaft<br />

schließen und Einblick in sein Lebenswerk<br />

erhalten. Bei einem Büfett in<br />

der Museums-Cafeteria und angenehmer<br />

Unterhaltung klangen diese Abende aus.<br />

Die Sander Fördertechnik GmbH<br />

Chemnitz unterstützt die automobile<br />

Traditionspflege als Mitglied des Horch<br />

Museum-Fördervereins. Die Automobilindustrie<br />

bestimmt auch das Tagesgeschäft<br />

des Linde-Vertragshändlers. Neben<br />

weiteren Kunden betreut er zahlreiche<br />

Automobilzulieferer in der Region Südwestsachsen.<br />

IR<br />

August Horch alias Bernd Göpfert führte Kunden der<br />

Sander Fördertechnik GmbH Chemnitz u. a. den<br />

Motorenprüfstand im Horch Museum vor.<br />

Foto: Frank Reichel<br />

32<br />

02/2006<br />

Verdiente Würdigungen<br />

Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt<br />

Endlich erfährt er auch per Buch die<br />

verdiente Würdigung – Sachsens erster<br />

Automobilbauer Emil Hermann Nacke.<br />

Das vom Verkehrsmuseum Dresden in<br />

Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv<br />

Coswig herausgegebene Werk beleuchtet<br />

nicht nur das bewegte Leben Nackes,<br />

sondern verkörpert zugleich auch ein<br />

Stück sächsischer Industriegeschichte,<br />

die in manchen Teilen noch nicht so bekannt<br />

sein dürfte. Der 1843 geborene<br />

Nacke war eigentlich kein typischer Automobilbauer.<br />

In erster Linie betrieb er<br />

eine Maschinenbaufabrik, die ihm und<br />

den Familien seiner Beschäftigten die<br />

Existenz sicherte. Den Automobilbau<br />

betrachtete er als Leidenschaft, zu der<br />

er erst mit knapp 60 Jahren fand. Im Jahr<br />

1900 schuf er in seiner „gut eingerichteten<br />

und rentierenden, schuldenfreien<br />

und mit reichlich Betriebskapital versehenen“<br />

Maschinenfabrik die Abteilung<br />

Automobilbau und verwirklichte sich<br />

damit einen Traum. Von seinem ersten<br />

Wagen namens „Coswiga“ über Busse<br />

und Lkw reicht das Spektrum, das er in<br />

Links: Das Buch über<br />

Emil Hermann Nacke<br />

ist u. a. erhältlich im<br />

Verkehrsmuseum<br />

Dresden und im Bürgerbüro<br />

der Stadtverwaltung<br />

Coswig.<br />

Rechts: Das etwas<br />

andere Trabi-Buch<br />

kann u. a. im Horch<br />

Museum Zwickau erworben<br />

werden.<br />

wenigen Jahren schuf und damit über<br />

die sächsischen Grenzen hinaus Aufmerksamkeit<br />

fand. Mit dem Tod Nackes<br />

am 30. Mai 1933 wurde auch der Automobilbau<br />

in Coswig eingestellt. Geblieben<br />

bzw. wiedergefunden sind Patentschriften,<br />

Fotos sowie weitere Zeitdokumente<br />

– sehr gut aufbereitet in einem<br />

sehr gut lesbaren Buch, für Geschichtsund<br />

Technikinteressierte mindestens so<br />

spannend wie ein Krimi.<br />

Eine Neuerscheinung ganz anderer Art<br />

liefert der Andrea-Verlag zum 50. Trabant-<br />

Geburtstag. Dieses Buch zum Jubiläum<br />

verpackt die historischen Fakten und<br />

Fotos mit frechen Karikaturen und Witzen<br />

zum Trabi und zum Fahren allgemein.<br />

Für Trabi-Fans ein Muss. IR


34<br />

AufgeHorcht<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Teil 4<br />

Rudolf Friedrich hat als Rennmechaniker bei der Auto<br />

Union die großen Erfolge der Silberpfeile in den 1930er<br />

Jahren miterlebt und genauso die Schattenseiten des<br />

Rennsports kennengelernt. In der Betriebszeitung des<br />

ehemaligen VEB Sachsenring Zwickau berichtete er<br />

Ende der 1950er Jahre über seine Zeit an der Seite<br />

von Stuck, Rosemeyer & Co.<br />

„AufgeHorcht“ veröffentlicht Auszüge aus diesem<br />

hochinteressanten Tatsachenbericht in der Serie „Aus<br />

dem Tagebuch eines Rennmechanikers der Auto<br />

Union“. In Teil 4 schildert Rudolf Friedrich Training und<br />

Rennen um den „Coppa Acerbo“.<br />

Training: Für Mercedes-Benz hatte das Jahr 1936 mit<br />

Misserfolgen begonnen, deshalb zog dieser Rennstall<br />

seine Meldung um den „Coppa Acerbo“ zurück. Die<br />

Entscheidung musste also zwischen den Alfa-Romeo-<br />

Rennwagen von Skuderia Ferrari und den unseren fallen.<br />

Heiß brannte die Augustsonne auf die Rennstrecke.<br />

Pescara: Rennen um den „Coppa Acerbo“ 1936.<br />

Rennen um den<br />

Aus dem Tagebuch eines<br />

Der Autor dieser Serie, der Auto Union-Rennmechaniker Rudolf Friedrich<br />

(Mitte), mit seinem Kollegen Fritz Mathay (l.) und Rennfahrer Hans Stuck.<br />

52 Grad am Boden, 37 Grad in der Luft. Unsere Rennmotoren<br />

wurden sehr heiß. Öl und Wasser hatten<br />

Temperaturen von 120 und 105 Grad. Die 420er-Kerzen<br />

knallten nur so auf der Geraden. Die Motoren hatten<br />

Glühzündung. Die Vergaser schwangen durch und das<br />

Benzin lief über. Die Bremsen blockierten und wurden<br />

zu heiß. Der erste Trainingstag fing ja gut an.<br />

Als Rosemeyer in der vierten Runde durch die erste<br />

Schikane fuhr, sah er den Rennwagen von Stuck im Felde<br />

an einem Baum lehnen. Stuck stand mit blutender Hand<br />

und verletztem Ellbogen am Heck des Rennwagens und<br />

winkte. Er war mit dem Hinterrad an den Betonsockel<br />

der Schikane gefahren, drehte sich um 180 Grad und<br />

rutschte rückwärts eine Böschung hinab. Dort blieb sein<br />

Wagen an einem Baum hängen. Rosemeyer hielt an.<br />

Stuck stellte sich dann mit beiden Beinen auf die Hinterachsrohre,<br />

hielt sich mit der unverletzten Hand an der Heckhaube<br />

fest, und Rosemeyer fuhr ihn langsam an die Boxe.<br />

Zweiter Trainingstag: Durch Auswechseln der Silumin<br />

Ölwannen mit Blechwannen, Schlitzen und Erweitern<br />

der Kühlerverkleidungen und neue Vergasereinstellung<br />

erreichten wir das Absinken der hohen Öl- und Wassertemperaturen<br />

auf 85 und 95 Grad. Aber die Kerzen knallten<br />

weiter. Da wurden aus Stuttgart per Luftpost 400er<br />

Bosch-Kerzen von einer neuen Serie angefordert. Die<br />

Verringerung der Servowirkung und das Aufbohren der<br />

Bremsautomaten an den Bremsen brachten auch keine<br />

Besserung. Erst mit HTC-Bremstrommeln – mit hartverchromten<br />

Brems-Stahlringen – zogen die Bremsen gleichmäßiger<br />

und wurden nicht mehr so heiß.<br />

Nach einigen Versuchen erreichten nun die Motoren von<br />

Stucks und Rosemeyers Rennwagen auf der Kilometer<br />

Lance – das war die längste Gerade mit 2,2 Kilometer<br />

Länge – im großem Gang 5000 U/min und 285 Kilometer.<br />

Doch da kam Rosemeyer auch schon mit zerbeultem<br />

Heck an die Boxe gefahren. „Mich haben die<br />

Schikanen gekitzelt.“, sagte er zu uns. Dann krachte es<br />

beim Abschalten seines Motors in der Ölwanne. Das


„Coppa Acerbo“<br />

Rennmechanikers der Auto Union<br />

erste Pleul war am Kurbelzapfen abgerissen. Da fuhr<br />

auch Delius wieder bei uns an den Boxen vorbei. Wie<br />

beim schönsten Feuerwerk, so knallten die Kerzen seines<br />

Motors aus allen Auspuffrohren. In der sechsten<br />

Runde war sein Kompressor gebrochen. Feine Bruchteile<br />

eines Flügels lagen im Druckkanal.<br />

Jetzt fuhr Rosemeyer mit der Startnummer 48 los. Nach<br />

zwei Runden übergab er den Rennwagen Delius. Der<br />

Wagen lief zufriedenstellend. Kaum war Delius eine<br />

Runde an uns vorbei, knallten die Kerzen wieder. In der<br />

sechsten Runde kam er rollend an die Boxe. Nanu?<br />

Diesmal hatte der kleine Ernst Delius zwei Kolben<br />

durchgeknallt. Am dritten und siebenten Auspuffrohr lief<br />

das Öl herunter. Nun hatten uns alle guten Geister verlassen.<br />

Am anderen Tag vormittags sollte die Abnahme<br />

der Rennwagen sein. Drei von vier Rennwagen waren<br />

schon vor dem Start sauer.<br />

Auf dieser Rennstrecke war es auch, als sich Rosemeyer<br />

ein Artistenstück leistete. Sein Rennwagen wurde mit<br />

100 Kilometer Geschwindigkeit am Ende der 1,9 Kilometer<br />

Geraden aus der Kurve getragen und in den Graben<br />

gedrückt. Aus dem Graben wieder herausfahren<br />

war unmöglich. Links stand eine große Bretterwand,<br />

rechts eine Telegrafenstange. Da hindurchfahren war<br />

Wahnsinn. Diese Durchfahrt war viel zu eng. Jetzt erfasste<br />

Rosemeyer, wie so oft, blitzschnell die tödliche Situation.<br />

Er gab Vollgas und raste durch das Loch hindurch.<br />

Keiner von uns wollte ihm das nachher glauben. Wir fuhren<br />

hin an diese Stelle und überzeugten uns. Mit einem<br />

Zollstock hatten wir die Weite zwischen Bretterwand<br />

und Mast gemessen. Sie war genau fünf Zentimeter<br />

enger als der äußerste Radstand der Hinterachse. So<br />

genau hatte Rosemeyer seinen Rennwagen in dem<br />

Tempo hindurchgesteuert. Ein paar Holzsplitter und<br />

zwei eingedrückte Radkappen der Hinterradnaben<br />

waren die Zeugen. Seine Kaltblütigkeit war direkt aufregend.<br />

Zum Rennleiter sagte er ironisch: „Nachmachen!“<br />

14. August, 15 Uhr. 18 Stunden vor dem<br />

Rennen um den „Coppa Acerbo“ – Pokal<br />

des italienischen Landwirtschaftsministers<br />

Acerbo. In der engen Garage einer Autowerkstatt<br />

in Italien berieten acht Monteure<br />

mit der Rennleitung und teilten die Arbeit<br />

ein. Schauen wir einmal hinein in das<br />

Nachtleben dieser Rennmechaniker, so wie<br />

es wirklich war.<br />

Letztes Tageslicht drang durch die<br />

schmutzigen Fensterscheiben der Werkstatt.<br />

Drei Rennwagen lagen ausgeschlachtet<br />

am Boden. Schwaches Licht<br />

von notdürftig aufgehängten Lampen<br />

erleuchtete den Raum. Dunkle Ölflecke<br />

klebten am Boden. Fettige Putzlappen<br />

lagen darin. Schwarze, schmierige<br />

AufgeHorcht<br />

Arbeiterhände mit Mutterschlüssel schoben sich zwischen<br />

Duraluminium und Stahl. An den aufgebockten<br />

Rennwagen ohne Karosserie wurden die Bremsbacken<br />

abmontiert und neu belegt. Die Bremsbeläge wurden<br />

tuschiert, weil sie vor dem Rennen nicht mehr eingefahren<br />

werden konnten. Da der verletzte Hans Stuck nicht<br />

starten konnte, wurde der Motor seines Rennwagens<br />

mit dem im Training sauer gewordenen Motor von Delius<br />

ausgewechselt. Monteure stemmten sich unter starke<br />

Holzbalken und hoben mit Seilen das schwere Motor-<br />

Hinterachs-Getriebe-Aggregat aus dem Rohrrahmen.<br />

Die Nacht brach herein. Am Garagentor standen schon<br />

lange zwei Jungen und schauten uns zu. Das war etwas für<br />

diese Kinderseelen. Diese Motoren, die Drahtspeichenräder<br />

und diese schönen verchromten Mutterschlüssel am<br />

Boden. Gespannt verfolgten sie unsere Handgriffe.<br />

Wir bekamen Hunger und Durst. Mit unserem Groschen-<br />

Italienisch machten wir den Jungen verständlich, dass sie<br />

für uns einkaufen gehen sollten. Sie verstanden uns und<br />

machten sich mit einem 100-Lire-Schein von uns auf den<br />

Weg. Am Strand waren ja die Geschäfte bis in die Nacht<br />

offen. Eine halbe Stunde verging. Ob die schwarzhaarigen<br />

Bengels mit den listigen Augen mit unserem Geld<br />

durchgebrannt waren? Da kamen Sie an. Einen Korb voll<br />

Pane, Mortadella und piccole und grande bottiglie di<br />

birra. Und da, das nasse Stück Eiswaffel auf der Wurst, was<br />

ist denn das? Aha, ihr habt euch beide von unserem Geld<br />

eine Portion Eis gekauft. Als wir darüber lachten, wollten<br />

die beiden weglaufen. Wir hielten Sie fest. Da sahen Sie uns<br />

ängstlich an. Als wir Ihnen aber die restlichen 15 Lire (1,80<br />

Mark) in die Hände drückten, wurden sie mutiger und<br />

sahen uns mit strahlenden Augen an. Mit einem lauten<br />

„Grazia“ waren sie aus der Werkstatt hinaus.<br />

Nun wurde erstmal richtig in das Brot und die Wurst<br />

gebissen. Zwischendurch ging die Arbeit weiter. Teile<br />

um Teile formten sich langsam wieder zu einem<br />

Rennwagen. Der „Kompressormax“ montierte Vergaser<br />

Hans Stuck, Bernd Rosemeyer und Achille Varzi (im Wagen sitzend)<br />

am ersten Trainingstag an den Boxen in Pescara.<br />

02/20<strong>07</strong> 35


ab und überprüfte mit hauchdünnem Stahlblech die Luft<br />

der Flügel. Magnete wurden neu eingestellt. Benzintanks<br />

wurden ausgespült, der Methylalkohol hatte feinen<br />

Schlamm abgesetzt. Geplatzte Spannbänder am Rahmen<br />

wurden ausgewechselt. Ausgebesserte Karosserieteile<br />

wurden angepasst.<br />

Zwischendurch schimpfte Fritz M., der Bayer: „Himmelherrgottkreizkruzefix!<br />

Wer hoat mei Birr ausg`soffen?“<br />

Dreckig und schmierig lag noch immer ein Monteur<br />

neben einer Ölwanne unter einem Rennwagen. Öltropfen<br />

liefen ihm über Gesicht und Arme. Seine Augen<br />

kämpften mit dem Schlaf.<br />

Rennfahrer Hans Stuck 1936 an der Rennstrecke in Pescara.<br />

„Verdammisch!“ Mit einem derben Fluch sauste ein aufgeplatzter<br />

Zwölfkantschlüssel durch die Luft. Ein Schraubenzieher<br />

folgte nach. Dann flossen einige Blutstropfen<br />

aus der aufgerissenen Haut über die Auspuffrohre. Das<br />

geschah beim Einstellen der Ventile. Keiner nahm Notiz<br />

davon. Teilnahmslos tat jeder seine Arbeit.<br />

Draußen im Hof saß ein Lastwagenfahrer mit nickendem<br />

Kopf und wuchtete Rennräder aus. Der starke Bleidraht<br />

fiel ihm aus der Hand. Dann schlug sein Kopf etwas derb<br />

auf den Felgenrand auf und brachte das Rad ins Rollen.<br />

Da wurde er wach. Auch das unschuldige Speichenrad<br />

musste einen Fluch hinnehmen. Bald wurde es Morgen.<br />

Im Lichtschein der sechs Lampen kreuzten sich die<br />

Schatten der Monteure geisterhaft an den Kalkwänden.<br />

Übernächtige, wortkarge Gestalten schlichen umher. Da<br />

schraubten die Klempner auch schon das letzte Heck<br />

und Unterteil von Delius` Wagen an. Einige reparierte<br />

Blechteile wurden neu gespritzt. An zwei Rennwagen<br />

wechselte ich mit roter Farbe die Startnummern. Um<br />

frische Luft zu atmen, ging ich auf die Straße. Vom Turm<br />

einer nahen Kirche klangen dumpf drei Glockenschläge<br />

zur Werkstatt herüber. Aus einem Kirchenfenster in<br />

romanischem Stil flackerte mattes Licht. Vielleicht betete<br />

dort ein Geistlicher bis zum Morgengrauen seinen<br />

Rosenkranz ab. In dieser Stille unter dem Sternenhimmel<br />

macht man sich beim Anblick einer katholischen Kirche<br />

manche Gedanken. Es wurde schon viel darüber geschrieben<br />

und gelesen. Ganze Völker sind dabei wach<br />

geworden. Auch ich habe einiges davon erlebt.<br />

An einem heißen Julitag 1935 war es. Wir fuhren mit unserem<br />

Lastwagen durch ein französisches Dorf. Da mussten<br />

wir halten. Ein katholischer Prozessionszug – Bittgang –<br />

kreuzte unsere Fahrbahn. Drei Wochen hatte es in dieser<br />

36<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Gegend nicht geregnet. Die Einwohner mehrerer Dörfer<br />

waren auf den Beinen und beteten laut auf den Straßen.<br />

Während das Vieh auf den Feldern verdurstete, verspritzte<br />

der Priester unter einem Tuchhimmel, von Chorknaben<br />

getragen, aus einem Weihwasserkessel das wenige, kostbare<br />

Wasser des Dorfes. Aber es regnete nicht. Die Felder<br />

verdorrten weiter. Der Gott, zu dem diese irregeführten<br />

Menschen beteten, konnte ja nicht helfen, weil die Natur<br />

keine Lust hatte, die wassergesättigten Aufwinde ihrer<br />

Meere in dieses Land zu schicken. Wenn und wo es regnet,<br />

das bestimmen allein die Sonne, das Meer und der<br />

Wind. Und wenn es nicht regnet, dann fließt das Wasser<br />

aus den von Menschenhirnen und -händen<br />

geschaffenen Talsperren. Leichtgläubig<br />

sind diese Menschen. Sie beten ins Leere,<br />

Ungewisse, während täglich im Osten vor<br />

ihren Augen die Sonne aufgeht und die<br />

Erde fruchtbar macht.<br />

Als wir über diesen katholischen<br />

Leidenszug etwas lachten – wer hätte<br />

ernst bleiben können beim Anblick dieser<br />

Kirchendemonstration – warfen die<br />

Bittgänger Steine auf unsere Lastwagen<br />

und wir mussten schnell wegfahren.<br />

Steinigen ließen wir uns nicht.<br />

Da kehrte ich wieder zurück in den<br />

Werkstatthof. Es wurde kühl. Wir bekamen<br />

langsam eine Gänsehaut. Mit einem<br />

rosigen Lichtstreifen am Horizont brach<br />

ein neuer Tag an, und drei startfertige Rennwagen standen<br />

mit silbernen Leibern im ersten Frühlicht des<br />

Morgens.<br />

Wo wart ihr denn heute Nacht, ihr Berichterstatter und<br />

Kameramänner? Das wäre ein Sensationsbericht für eure<br />

Zeitungen geworden. Fette Überschrift: „Acht Monteure<br />

gewinnen das größte Nachtrennen Italiens!“ Und<br />

ihr wäret am längsten Berichterstatter gewesen. Eure<br />

Chefs hätten getobt vor Wut, nicht aus Freude an wahren<br />

Begebenheiten.<br />

Draußen im Hof fährt im grauen Horch 8 die Rennleitung<br />

vor. Gut gefrühstückt, gewaschen, sauber und wach. Ein<br />

Staunen ihrerseits. Bewunderung. Dann wurden technische<br />

Dinge besprochen – keine menschlichen. Doch<br />

weiter ging die Arbeit. Es gab noch viel bis zum Start des<br />

Rennens zu tun. Endlich nach zwei Stunden des Eintreffens<br />

der Rennleitung kam ein großer Korb mit Wurstsemmeln<br />

und mehrere Kannen mit schwarzem Kaffee an.<br />

Dann wurden Reifen, Benzinfässer, Wagenheber, Kupferhämmer<br />

und Kerzen für die Rennboxen zusammengestellt.<br />

Acht Uhr war es dann, als wir unsere speckigen<br />

Schlosseranzüge auszogen und einige Eimer kaltes Wasser<br />

über unsere Oberkörper gossen. Dann zogen wir<br />

unsere sauberen hellblauen Rennkombinationen an, und<br />

nur unsere Gesichter verrieten, was sich in dieser Nacht<br />

zugetragen hatte.<br />

Die „Coppa Acerbo“ wurde wie im Vorjahre auf einer<br />

25,8-Kilometer-Rundstrecke bei Pescara ausgetragen.<br />

Zwei Hauptgeraden von je 2,2 Kilometer Länge wurden<br />

durch eine künstliche Kurve und zwei neue Schikanen<br />

auf der Rennstrecke unterbrochen. Das Rennen wurde<br />

in 16 Runden = 412,8 Kilometer ausgefahren. Am Start<br />

standen drei deutsche und neun italienische Rennwagen.


Vorn in der ersten Reihe stand unser Rennwagen mit<br />

dem Fahrer Varzi. Neben ihm in der Mitte saß mit roter<br />

Kappe, roter ärmelloser Lederweste und gelbem Hemd<br />

bekleidet der Italiener Tazio Nuvolari am Steuer seines<br />

roten Alfa-Romeo. Die Wagen von Delius und Rosemeyer<br />

standen diesmal in der zweiten Reihe.<br />

Noch fünf Minuten bis zum Start. Die Zuschauer auf der<br />

gegenüberliegenden transportablen Stahlrohrtribüne mit<br />

Sonnenschutzdach wurden ungeduldig. Von allen Rennen<br />

Europas stellte Italien das lauteste Publikum. Drei<br />

Minuten noch bis zum Start. Jetzt warfen wir unsere<br />

Motoren an. Da erhoben sich 2000 Menschen aufgeregt<br />

von ihren Sitzen. Spannungsgeladen lag die mit Rizinusöl<br />

geschwängerte Atmosphäre über den brüllenden<br />

Motoren der Rennwagen. Wehe dem Rennfahrer, der<br />

seinen Motor nicht auf Touren hielt und ihn absterben<br />

ließ. Das konnte den Sieg kosten.<br />

Die Spannung und Nervosität der Zuschauer mit ihrem<br />

Geschnatter hatte nun den Höhepunkt erreicht. Auf<br />

dem Chronometer machte der Sekundenzeiger den<br />

letzten Sprung. 9.30 Uhr. Da jagten zwölf Rennwagen in<br />

silbernen und roten Farben mit Vollgas davon. Der Rote<br />

von Nuvolari schoss aus dem Rudel heraus und übernahm<br />

die Spitze. Mehr konnte man in dem blauen Dunst<br />

und der Staubwolke am Start nicht erkennen. Nach der<br />

ersten Runde führte Nuvolari neun Sekunden vor Varzi<br />

und elf Sekunden vor Rosemeyer und Delius. Dahinter<br />

folgten die Italiener Brivio, Biondetti, Chersi, der Franzose<br />

Dreyfuß, die Engländer Seamen und Dobson, der<br />

Schweizer Ruesch und der Italiener Dr. Farina.<br />

Walther K. und ich, wir beide hatten ungefähr auf halber<br />

Rennstrecke ein Reservedepot zu betreuen, damit die<br />

Fahrer bei einer Panne nicht die lange Fahrt bis zur Boxe<br />

hatten. Sie konnten auch bei uns die Reifen und Kerzen<br />

wechseln.<br />

Kaum hatten wir uns in der heißen Sonne ins Gras fallen<br />

lassen, da tauchte vor uns aus einer Staubwolke, wie ein<br />

Gespenst, ein silberner Rennwagen auf. Träumten wir?<br />

Nein. Da bremste wirklich ein Rennwagen vor unseren<br />

Augen. Der Fahrer schob seine Brille auf die Stirne und<br />

schimpfte wie verrückt auf seinen Sitz. Aus halbwachem<br />

Zustand waren wir blitzartig aufgesprungen und sahen<br />

den zerfetzten Reifen am rechten Hinterrad, über den<br />

Varzi rückwärts blickend laut fluchte. Alle Müdigkeit<br />

wich aus unseren Knochen. Mit schnellem, eingeübtem<br />

Handgriff schob ich den Wagenheber unter den Rennwagen.<br />

Zugleich schlug Walter K. mit dem bereit gelegten<br />

Kupferhammer die Radkappe los und zog das Rad ab.<br />

Seine Handgriffe verfolgend, stand ich schon mit dem<br />

Reserverad hinter ihm und brüllte: „Weg!“ Vorsichtig<br />

schob ich das neue Rad über die feine Rudge-Verzahnung<br />

der Radnabe. Mit einer drehenden Handbewegung rollte<br />

die Radkappe über das 110er-Gewinde auf den<br />

Konus. Dann sausten zwei wuchtige Schläge des 3-Kilogramm-Kupferhammers<br />

auf die vorstehende Nase der<br />

Radkappe und schlugen sie fest. Bei meinem letzten<br />

Schlag zog Walter K. auch schon den Wagenheber unter<br />

dem Wagen hervor.<br />

„Ventiquattro sekondi!“ schrie uns Varzi ins Gesicht. Und<br />

raste davon. Selbst in Wut, hatte er nicht vergessen, uns<br />

mit seinem Armbandchronometer zu stoppen. In 24<br />

Sekunden hatten wir seinen Reifen gewechselt. Dem<br />

AufgeHorcht<br />

verrückten Varzi war in der zweiten Runde, bei 285<br />

Stunden-Kilometer am rechten Hinterrad das Gummiprofil<br />

weggeflogen und er räucherte nun weiter mit seinen<br />

Gummis. Auf der Fahrt zur Boxe flog ihm nun auch noch<br />

der linke Protektor durch die Luft und zertrümmerte ihm<br />

seine Windschutzscheibe. Nun wurde an der Boxe eine<br />

Windschutzscheibe aus Blech fertiggemacht und in der<br />

nächsten Runde an seinem Rennwagen anmontiert. Durch<br />

diese Aufenthalte verlor Varzi sieben Minuten. Das hatte<br />

ihm diese Rekordraserei eingebracht. Rosemeyer fuhr<br />

anders, mit Kopf. Er wechselte keine Reifen.<br />

In der vierten Runde übernahm Rosemeyer die Spitze.<br />

Zwei italienische Rennwagen fielen in der fünften Runde<br />

aus. In der achten Runde hielten Nuvolari und Brivio an der<br />

Boxe zum Tanken und Reifenwechsel. Ihre Monteure<br />

brauchten sehr viel Zeit dazu: eine Minute 24 Sekunden. Warum<br />

waren die Monteure vom Alfa-Romeo nicht schneller?<br />

In der neunten Runde hielten nacheinander unsere Rennfahrer:<br />

Rosemeyer, Delius und Varzi an der Boxe. Ihre<br />

Rennwagen wurden in 35,5 und 48 Sekunden aufgetankt.<br />

Nach dem Tanken führte Rosemeyer schon mit zwei<br />

Minuten sechs Sekunden vor Nuvolari und hatte den<br />

Schweizer Ruesch schon zweimal überrundet. Plötzlich<br />

fehlte Nuvolari. Er kehrte aus den Bergen nicht zurück.<br />

Kampfunfähig lag sein „Roter“ am Rande der Rennstrekke.<br />

Die Hitze hatte seinen Motor sauer gemacht.<br />

Schade, tapferer Nuvolari, du warst immer ein fairer<br />

Kämpfer und unser größter Rivale in den vorderen<br />

Reihen. Da kam unser Gummiräucher-Varzi in der vorletzten<br />

Runde noch einmal an die Boxe zum Reifenwechsel.<br />

Ein Reifenwechsel war aber nicht nötig. Er<br />

wurde sofort wieder ins Rennen geschickt. Dadurch lag<br />

er 30 Sekunden hinter Brivio, kam aber doch noch mit<br />

völlig abgefahrenen Reifen und seitlich abgeflogenem<br />

Protektor fünf Sekunden vor Brivio als Dritter im Ziel an.<br />

Insgesamt erreichten nur fünf Wagen das Ziel. Drei<br />

Rennwagen schoben wir an den Start. Drei kamen als<br />

Erster, Zweiter und Dritter am Ziel an. Dem Sieger,<br />

Bernd Rosemeyer, wurde ein Lorbeerkranz auf die<br />

Schultern gelegt. Die Zuschauer jubelten.<br />

Fortsetzung folgt<br />

Fotos: Archiv Jürgen Pönisch<br />

Ferdinand Porsche mit der Kamera an der Rennstrecke.<br />

02/20<strong>07</strong> 37


AufgeHorcht<br />

Automobilgeschichte<br />

unterhaltsam vermittelt<br />

38<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Teil 1<br />

Entdecken, begegnen, bewegen, erleben – der komplexe Weg zu<br />

einem Museum der Emotion und Faszination<br />

„Automobile Geschichte erleben“ – mit diesem Slogan wirbt das August Horch Museum Zwickau. Eine<br />

Botschaft, die bereits vor der Detailplanung zur Neugestaltung des Museums formuliert wurde. Der Slogan ist<br />

ein Ergebnis des im Gesamtumfang der Aufgabe integrierten Marketingkonzeptes. „Automobile Geschichte erleben“<br />

war von Anfang an auch die Vision für die Gestalter und Planer von ö_konzept Zwickau. Diplom-Designer<br />

Matthias Kaluza, einer der ö_konzept-Gründer, berichtet über die Herangehensweise an die Ausstellungsgestaltung.<br />

Aus meiner ganz persönlichen Entwicklungsgeschichte<br />

heraus – seit meiner Studienzeit und später als Angestellter<br />

bearbeitete ich als Industriedesigner für das Pkw-<br />

Kombinat bis 1989 Aufgaben – trug ich den Gedanken in<br />

mir, den Museumsbesuchern die vielschichtige, wechselvolle<br />

Automobilbaugeschichte Zwickaus in ihren<br />

Zusammenhängen erstmals komplex nachvollziehbar zu<br />

machen. Dabei sollte der Besucher nicht überfordert<br />

werden. Als kurzweilig, bildhaft, ästhetisch, in einem<br />

Wechselspiel zwischen Abstraktion und an der Realität<br />

angelehnter Inszenierungen, definierten wir die Eigenschaften<br />

der neuen Ausstellung. Uns schwebte eine<br />

Das Kontorgebäude des ehemaligen Audi Werkes in typischer Industriearchitektur<br />

der Gründerzeit hat symbolische Ausstrahlung. Es beherbergt im Erdgeschoss<br />

Ausstellungsräume, u. a. ein Direktions- und Vorzimmer im Zustand der frühen<br />

1930er Jahre.


Bild links:<br />

Der Neubauriegel stellt die Verbindung vom Fußweg zur zurückliegenden Ausstellungshalle<br />

her. Neben historischer Baukultur ist er sichtbares Zeichen für die<br />

Moderne. Die Grundhaltung Alt und Neu geschickt zu verknüpfen, zieht sich wie<br />

ein roter Faden durch das gesamte Museum.<br />

Bild rechts:<br />

Die Caféteria, geprägt durch das ca. 7,5 x 3,3 Meter große und fast 500 Kilogramm<br />

schwere Wandrelief mit einem sich bewegendem, zwei Meter hohem Kurbeltrieb<br />

thematisiert das Aufeinandertreffen der Vergangenheit und Gegenwart im<br />

Automobilbau. Gestaltet von Sven Rahnefeld und Matthias Kaluza (ö_konzept)<br />

konnte das Kunstobjekt mit massiver Unterstützung der Fa. FES vom Förderverein<br />

zu Ehren August Horch an das Museum übergeben werden.<br />

unterhaltsame Geschichtsvermittlung vor. Es sollte eine<br />

Freude, ein Erlebnis am Erkenntnisprozess sein.<br />

Klar – wir stellten uns damit heutigem Freizeitverhalten,<br />

wollten aber keinesfalls Disneyland und Co., schon gar nicht<br />

wegen des begrenzten Investitionsvolumens. Im Gegenteil,<br />

auch mit klassischen Mitteln und ohne teure, spektakuläre<br />

Attraktionen wollten wir den Museumsbesucher<br />

erreichen. In uns entwickelte sich der Ehrgeiz, dass es<br />

nicht nur in den Metropolen, sondern auch in der<br />

Provinz eine gute Automobilausstellung geben kann.<br />

Schließlich gehörte Zwickau, viertgrößte Stadt Sachsens,<br />

zu den bedeutensten Automobilbauzentren Deutschlands<br />

und ist heute wieder ein wichtiger Standort der Automobilindustrie.<br />

Hier wurden bedeutende Automarken geboren<br />

und Impulse gesetzt, welche die gesamte Automobilentwicklung<br />

beeinflussten. Diese spontanen Gedankengänge,<br />

die wir schon vor den ersten Präsentationen hegten,<br />

bestimmten das Projekt bis zum Ende. Das liegt mehr als<br />

fünf Jahre zurück. Nun ist das Museum seit drei Jahren<br />

geöffnet und kann auf mehr als 250.000 Besucher verweisen.<br />

Damit gehört es in die Liga der besten Museen in<br />

Deutschland und auch darüber hinaus. Es füllt mich auch<br />

ein wenig mit Stolz, wenn ich in großen Abständen im<br />

Gästebuch die vielen positiven Einträge lese. Eine bessere<br />

Bestätigung unserer Arbeit gibt es nicht. Das neue<br />

Museum verdeutlicht heute in Form und Inhalt mit seinem<br />

äußeren sowie inneren Erscheinungsbild das<br />

Aufeinandertreffen von Vergangenheit und Gegenwart.<br />

100 Jahre vielschichtige Automobilbaugeschichte Zwickaus<br />

werden dem Besucher in Zeitabschnitten nachvollziehund<br />

erlebbar gemacht. Auf rund 3000 Quadratmetern in<br />

zwei Geschossen widerspiegelt die Ausstellung neben<br />

der Würdigung des Automobilpioniers August Horch ein<br />

Stück deutsche Technikgeschichte – den technischen und<br />

gesellschaftlichen Wandel im Zusammenhang mit der<br />

Automobilität von den Anfängen in Zwickau im Jahr<br />

1904 bis in die Gegenwart. Im Folgenden möchte ich<br />

den Weg des „Warum so?“ und des „Wie?“ etwas näher<br />

beleuchten. Zweifelsohne hatte es die Aufgabe in sich,<br />

bewegte sich doch das Investitionsvolumen pro<br />

Quadratmeter für eine neue Ausstellung im deutschlandweiten<br />

Vergleich auf unterstem Niveau. Dem gegenüber<br />

standen unsere eigenen Visionen und eine sehr hohe<br />

Erwartungshaltung des Mitauftraggebers Audi. Und – wir<br />

waren eben aus dem Osten Deutschlands.<br />

Ein kleiner Rückblick und einige Fakten<br />

zu den Projektvoraussetzungen<br />

AufgeHorcht<br />

Unter den über 170 Automobil- und Motorradmuseen<br />

in Deutschland besitzt das August Horch Museum eine<br />

Alleinstellung. Es ist das einzige Museum in seiner originalen<br />

Geburts- und Produktionsstätte mit einer durchgehenden<br />

Entwicklungslinie bis in die Gegenwart. Hier<br />

gründete August Horch 1909 sein zweites Zwickauer<br />

Unternehmen, aus dem ab 25. April 1910 die Marke Audi<br />

hervorging. Das ist ein ganz wesentlicher Marketing- und<br />

Gestaltungsfaktor, angefangen von der Architektur bis<br />

hin zu den kleinen Elementen der Ausstellung. Die erhaltenswerte<br />

historische Industriearchitektur beeinflusste<br />

wesentlich das Gesamterscheinungsbild. Damit bildet das<br />

Zwickauer Museum einen Gegenpol zu den neu gebauten<br />

Automobilmuseen der großen Hersteller. Es hat seinen<br />

fast ursprünglichen Charakter behalten und stellt<br />

dabei selbst Industriegeschichte dar.<br />

Der Gebäudekomplex ist im Stil sächsischer Industriearchitektur<br />

des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts errichtet<br />

worden. Mit typischer Fassade aus Hartbrandziegeln<br />

überlebte die Bausubstanz 106 Jahre mit nur<br />

unwesentlichen Schäden und Veränderungen. Ursprünglich<br />

als Holzwarenfabrik mit Kontorgebäude, Maschinenhalle<br />

und Kesselhaus konzipiert, kam nach der Übernahme<br />

durch August Horch eine zweigeschossige Produktionshalle<br />

1910 hinzu. In dieser wurden bis 1931 Audi<br />

Fahrgestelle und Motoren montiert. Nachfolgend gehörte<br />

die Halle mit Kontorgebäude zur Komponentenfertigung<br />

für Auto Union Fahrzeuge und nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg zur Wareneingangskontrolle, mechanischen<br />

Fertigung und Buchhaltung des Trabantproduzenten VEB<br />

Sachsenring Automobilwerke Zwickau.<br />

Glücklicherweise begannen hier Ende der 1980er Jahre<br />

Enthusiasten – ehemalige leitende Werksangehörige von<br />

Horch, Audi und Sachsenring – mit einer Sammlung von<br />

Exponaten. Der daraus hervorgegangene Förderverein<br />

setzte sich mit beständigem Engagement das Ziel, ein<br />

Automobilmuseum zur dauerhaften Bewahrung und<br />

Pflege der kreativen, impulsgebenden Automobilbautradition<br />

zu etablieren. So entstanden in verschiedenen Stufen<br />

öffentliche Ausstellungen.<br />

Nach 16 Jahren voller Interimslösungen wurde dieses Vorhaben<br />

durch eine Spende der Audi AG in Höhe von<br />

02/20<strong>07</strong> 39


AufgeHorcht<br />

6,6 Millionen Euro und durch das Bekenntnis zu ihren<br />

sächsischen Wurzeln sowie durch weitere Investitionsmittel<br />

von rund zwei Millionen Euro durch den Bund und<br />

das Land Sachsen realisierbar. Eine umfassende Sanierung<br />

der Gebäude zuzüglich notwendiger Neubauten und eine<br />

völlige Neugestaltung der Ausstellung konnten in Angriff<br />

genommen werden.<br />

40<br />

Entstehung des Ausstellungskonzeptes<br />

Aus einem Architekturwettbewerb wurde eine Lösung favorisiert,<br />

welche im Wesentlichen die Sanierung der Bausubstanz<br />

unter denkmalpflegerischen Aspekten so original<br />

wie möglich vorsah. Alle für einen modernen Museumsbetrieb<br />

funktionell notwendigen neuen Bereiche wurden im<br />

Kontrast zeitgemäßer Architektur additiv hinzu gesetzt.<br />

Ein Neubauriegel für den Eingangsbereich schlägt symbolisch<br />

die Brücke zwischen der Gegenwart und der Geschichte.<br />

In diesem modernen Verbindungsbau zwischen<br />

der Straßen-/Fußweganbindung und der Ausstellungshalle<br />

befinden sich im Erdgeschoss der Museumsshop,<br />

der Empfangstresen, eine Caféteria, im Kellergeschoss<br />

Toiletten und Garderobe. Ein darüberliegender Kubus<br />

mit allseitigen Glasfronten beherbergt einen Multifunktionsraum<br />

mit integrierter Medientechnik. Weiterhin<br />

konnten ein zweigeschossiger Sonderausstellungsraum,<br />

die gesamte Gebäudetechnik und ein Fahrstuhl integriert<br />

werden. Zum Areal gehört ebenso eine denkmalgeschützte<br />

Villa, einst als Unterkunft für August Horch und<br />

seine Familie gebaut, die im Rahmen des Vorhabens saniert<br />

werden konnte.<br />

Nach einer zweijährigen Bauphase wurde das grundlegend<br />

sanierte Objekt mit dem ersten und größten Bauabschnitt<br />

einschließlich der neuen Ausstellung am<br />

10. September 2004 eröffnet. Betrieben als gemeinnützige<br />

GmbH halten jeweils 50 Prozent der Gesellschaftsanteile<br />

die Audi AG und die Stadt Zwickau. Der zweite<br />

Bauabschnitt – die vollständige Einbeziehung des Kontorgebäudes<br />

mit einer Ausstellungserweiterung um rund<br />

500 Quadratmeter, Archiv- und Merzweckräumen – konnte<br />

im September 2005 übergeben werden.<br />

Aus einem Wettbewerbsverfahren für die Ausstellungsgestaltung<br />

als Sieger hervorgegangen, trug die von mir<br />

und meiner Frau 1989 gegründete Firma ö_konzept<br />

Zwickau die Verantwortung für die museale Ausstellungskonzeption,<br />

die Innenarchitektur und deren Um-<br />

02/20<strong>07</strong><br />

setzung. Eingeschlossen im Auftrag war der Entwurf des<br />

Corporate Design, die Erstellung und Produktion der<br />

ersten Marketinginstrumente wie Printmedien und die<br />

Internetpräsenz. Die multimediale Umsetzung in der<br />

Ausstellung (technische Animationen, Film-/Videodokumentationen<br />

sowie Audioproduktionen) hat unsere<br />

Agentur ebenfalls realisiert.<br />

Um den Stellenwert eines neuen Automobilmuseums,<br />

die Anziehungskraft seiner Ausstellung überregional<br />

sowie in der Region Zwickau konzeptionell zu definieren,<br />

haben wir ein renommiertes Marktforschungsinstitut<br />

beauftragt, eine repräsentative CATI-Studie bundesweit<br />

durchzuführen (CATI = computerunterstützte telefonische<br />

Befragung). Die Interessen und Erwartungen<br />

potenzieller Besucher an den Museumsbesuch standen<br />

dabei im Mittelpunkt der komplexen Fragestellungen.<br />

Aber auch marketingstrategische Ansätze waren Untersuchungsziele<br />

der Studie.<br />

Nach Auswertung der Studie, intensiven Recherchen und<br />

auf der Grundlage einer grob formulierten Aufgabenstellung<br />

sowie eines ausgearbeiteten Leitbildes durch den<br />

Auftraggeber haben wir Thesen zum später folgenden,<br />

detaillierten Ausstellungskonzept erarbeitet. Ab diesem<br />

Zeitpunkt begleitete eine Arbeitsgruppe, bestehend aus<br />

der Museumsleitung, aus Historikern des August Horch<br />

Museums und der Auto Union GmbH (ein Unternehmen<br />

zur Traditionspflege der Audi AG) und aus Mitgliedern<br />

des Fördervereins, den weiteren Prozess. Parallel<br />

zu den gesamten ausstellungsspezifischen Faktoren waren<br />

die Innenarchitekten unserer Agentur in die Planungsund<br />

Bauphasen der Hochbauarchitektur eng eingebunden.<br />

Besonders in dem bauplanerischen Bereich wurde<br />

eine konsequente Verfahrensweise durch Vertreter der<br />

Bauabteilung der Audi AG befördert und begleitet.<br />

Thesen zur Ausstellungsgliederung<br />

1. Die Ausstellung bietet einen dramaturgisch angelegten<br />

Rundgang. Dieser berührt alle wesentlichenThemen<br />

und Ausstellungsstücke.<br />

2. Der Rundgang stellt das Minimalangebot an Erlebnis<br />

für die Besucher dar. Erweiterungen in Form von<br />

Nischen und Seitenwegen sind vertiefende Angebote<br />

für spezieller Interessierte.<br />

3. Der Rundgang ist im Wesentlichen chronologisch aufgebaut.<br />

Im Durchschreiten kann die Geschichte des<br />

Automobilbaus am Standort Zwickau nachvollzogen<br />

werden. Die Chronologie ist jedoch nur die Hauptgliederung,<br />

die eine allgemeinverständliche Struktur in<br />

die Präsentation bringt.<br />

4. Anhand der jeweils zur Verfügung stehenden Exponate,<br />

der unterschiedlichen Dichte an darstellenswerten<br />

Ereignissen und des unterschiedlichen Besucherinteresses<br />

erhält nicht jeder Zeitabschnitt den gleichen<br />

Raum und das gleiche Gewicht in der Ausstellung.<br />

In der Standard-Tankstelle als original großer Nachbau finden Exponate zur<br />

Geschichte des Tankens aus dem Museumsbestand ein würdiges Umfeld.


5. Je länger eine Epoche zurückliegt, desto weniger<br />

stimmt sie mit heutigen Erlebnisgewohnheiten überein<br />

– desto interessanter ist sie. Der frühen Geschichte<br />

wird also mehr Raum gegeben als der jüngeren<br />

(zumal der Modellwechsel in den Jahren der DDR<br />

bekanntlich nicht so schnell erfolgte wie vorher).<br />

6. Die einzelnen Epochen/Abschnitte werden nicht nach<br />

gleichen Kriterien präsentiert. Aus den drei Hauptthemen<br />

Produkt, Technologie, Nutzer wird jeweils das<br />

herausgegriffen, was besonders prägend für die Zeit<br />

war bzw. was besonders gut ausstellbar ist.<br />

7. Während einzelne attraktive Produkte solitär präsentiert<br />

werden können, wird der Aspekt der Nutzer<br />

(Entwickler, Produzenten, Besitzer, Fahrer) in engem<br />

Zusammenhang mit Produkten (Kfz, Teilen wie Motoren<br />

oder Chassis, Maschinen) oder auch mit Technologien<br />

gezeigt.<br />

8. Bedingt durch die räumliche Situation der Bausubstanz<br />

sind die zwei wesentlichen Entwicklungslinien<br />

des Automobilbaus schwerpunktmäßig den Geschossen<br />

zugeordnet. Im oberen Geschoss mit größerer<br />

Raumhöhe präsentieren sich die großen Automobile<br />

der gehobenen Preisklasse sowie die Spezial- und<br />

Nutzfahrzeuge. In den unteren, wesentlich niedrigeren<br />

Räumen wird das Thema Kleinwagen behandelt.<br />

9. Die zeitliche Überlappung der beiden Entwicklungslinien<br />

zwischen dem Ober- und Untergeschoss wird als<br />

Vorteil betrachtet. Die Geschichtsvermittlung der parallel<br />

verlaufenden Markenentwicklungen in Zwickau<br />

ist dadurch verständlicher.<br />

10. Foyer und Eingangsbereiche entziehen sich der zeitlich/thematischen<br />

Einordnung in den Ausstellungsrundgang.<br />

Sie beinhalten spezielle Themen und Ausstellungsobjekte,<br />

die entweder schwer in den Rundgang zu<br />

integrieren sind oder als attraktive Objekte das Interesse<br />

für den Rest der Ausstellung wecken können.<br />

11.<br />

Alle Ausstellungsbereiche müssen für Rollstuhlfahrer<br />

erreichbar sein.<br />

Funktionen eines realen aber statischen Exponates werden mit virtuellen<br />

Möglichkeiten nachvollziehbar. Die Kombination von Medientechnik und grafischer<br />

Visualisierung am Fahrgestell des Audi Typ M von 1927.<br />

Die Ausstellungsgestaltung<br />

AufgeHorcht<br />

Das Symbol der Vereinigung der sächsischen<br />

Fahrzeugproduzenten 1932<br />

– die Auto Union. Inspiration für diese<br />

Inszenierung war ein Anzeigenmotiv<br />

aus dieser Zeit. Sie konnte durch entsprechende<br />

Exponate der Marken<br />

Audi, DKW, Horch und Wanderer realisiert<br />

werden. Es ist gleichzeitig ein<br />

markantes Werbemotiv des Museums.<br />

Aus einem Bestand von rund 135 Großexponaten wurden<br />

ca. 70 ausgewählt. Sie werden nicht als „Schätze“ aus der<br />

Vergangenheit präsentiert, sondern als Bestandteil des<br />

gesellschaftlichen Lebens vergangener Epochen dargestellt.<br />

Damit wird der jeweilige Zeitgeist transportiert und<br />

für den Besucher nachvollziehbar.<br />

Den Rundgang kennzeichnet ein Wechselspiel aus klassischer<br />

Exponatpräsentation und Inszenierungen. Die Realisierung<br />

einer zwanglosen „Zwangsführung“ lässt den Besucher<br />

jedoch die Entscheidungsfreiheit, sogenannte „Wissensnischen“<br />

auszulassen und nur dem großen Ganzen zu<br />

folgen. Zum Erlebnischarakter trägt wesentlich bei, dass<br />

die Museumsleitung das Risiko mit trug, die Großexponate<br />

nicht abzusperren. Dadurch entsteht ein besonderes Flair.<br />

Der Besucher kann nah herantreten und sich mit dem<br />

Exponat beschäftigen, zum Großteil wie auf der Straße.<br />

Die Ausstellung ist in thematisierten Zeitabschnitten aufgebaut,<br />

die sich nach historisch wesentlichen Entwicklungsetappen<br />

in der Beziehung Produkt-Technologie-<br />

Mensch konzipiert ergeben haben. Dabei drängt sich<br />

diese Gliederung nicht auf. Dennoch ist sie Leitfaden und<br />

gibt in knapper Form erstmals einen zusammenhängenden<br />

Überblick über die sehr komplexe Entwicklung des<br />

Zwickauer Automobilbaus, der sich hier zum wichtigsten<br />

Industriezweig im 20. Jahrhundert entwickelte.<br />

02/20<strong>07</strong> 41


AufgeHorcht<br />

Begonnen wird mit August Horch als Firmengründer der<br />

Marken Horch und Audi. Als Anziehungspunkt fungiert<br />

gleich zu Beginn der Exposition der älteste, im Museumsbestand<br />

befindliche und gut restaurierte Horch Pkw von<br />

1911. Er ist über eine lange Blickachse schon vom Eingangsbereich<br />

aus zu sehen und weckt Erwartungen. Die<br />

Geschichte setzt sich mit den Produkten der beiden<br />

Zwickauer Automobilwerke fort, die später zur Auto Union,<br />

dem zweitgrößten Automobilkonzern Deutschlands in den<br />

1930er Jahren, gehörten. Hier ist auf einer kurzen Distanz<br />

die automobile Entwicklung der ersten rund 25 Jahre gut<br />

zu sehen, ohne dass eine bloße Aneinanderreihung den<br />

Vergleich im Kopf ermöglichen muss.<br />

Eingebettet in den zweiten Zeitabschnitt ist die erste<br />

Inszenierung, die parallel die Historie des Tankens aufzeigt<br />

und eine originalgroße, begehbare Standard-Tankstelle<br />

darstellt. Die Tankstellenkonstruktion ist gleichzeitig<br />

die statische Basis für die rückseitige rund drei Tonnen<br />

schwere Fahrgestellpräsentation.<br />

Latent, ohne Vordergründigkeit, sollte den Besucher die<br />

Bedeutung der technischen Erfindungen aus Zwickau<br />

begleiten: Als fertigungsstärkster Standort der Auto Union<br />

liefen in Zwickau drei bedeutende Automarken von den<br />

Bändern – Audi, Horch und DKW. Wesentliche Impulse<br />

der Automobilentwicklung gingen von Zwickau aus, die<br />

auch bestimmte Schwerpunkte im Museum setzen, beispielsweise<br />

die Horch Achtzylinder-Serienmodelle, die<br />

Serieneinführung der Linkslenkung durch Audi oder die<br />

Geburt des Frontantriebs für die Großserie bei DKW.<br />

Die Gründung der Auto Union mit dem Symbol der Vier<br />

Ringe wurde durch eine überdimensionale Inszenierung<br />

dargestellt, bei der die Anordnung der vier sächsischen<br />

Marken sich selbst erklärt. Dieses sehr ausstrahlungsstarke<br />

Szenenbild ist von vorn herein als ein repräsentatives Leitmotiv<br />

geplant worden. Letztlich liegt der Ursprung dieses<br />

noch heute verwendeten Markenzeichens hier in Sachsen.<br />

Von diesem zentralen Punkt aus hat der Besucher die<br />

Wahl, den Rundgang über das Kontorgebäude mit den<br />

Wissensnischen Werksentwicklung, Arbeitszimmer und<br />

Bild oben:<br />

Im zweiten Bauabschnitt zeigt die voll funktionsfähige, mechanische Werkstatt den<br />

technologischen Stand Mitte 1920. Charakteristisch ist der Transmissions- und<br />

Einzelantrieb von Maschinen. Auf diese Weise kann für jüngere Generationen der<br />

Weg zu mechanisierten Fertigungsmethoden realistisch dargestellt werden.<br />

Bild unten:<br />

Die Darstellung des Karosseriebaus mit seinen vielfältigen Technologien und<br />

Materialien zeigt die Unterschiede zu heutigen selbsttragenden Konstruktionen.<br />

Gleichzeitig wird der enorme handwerkliche Aufwand demonstriert.<br />

42<br />

02/20<strong>07</strong><br />

bedeutende Persönlichkeiten fortzuführen und in den<br />

zweiten Bauabschnitt zu gelangen. Oder er verkürzt den<br />

Rundgang über die Rennsportgeschichte der Auto Union.<br />

Im hinteren Teil des Kontorgebäudes findet eine tiefere<br />

Betrachtung der Zeit zwischen ca. 1925 bis 1939 statt. Es<br />

galt das Primat, mit vorführbereiten bzw. benutzbaren Exponaten<br />

die Themen Technologie, Sozialentwicklung sowie<br />

Karosseriefertigung und -entwicklung dem Besucher<br />

näher zu bringen. Der Kontext rings um die Automobilfertigung<br />

erschien uns ebenso wichtig wie Endprodukte.<br />

Inhaltlich bot es die Basis für eine weitere abwechslungsreiche<br />

Gestaltung, besonders mit Blick auf die Familientauglichkeit.<br />

Durch die beim ersten Bauabschnitt gut gewachsene Zusammenarbeit<br />

mit der Museumsleitung und den Partnern<br />

aus der Arbeitsgruppe erhielten wir den Rückenhalt für<br />

unsere waghalsigen Ideen. Die vorführbereite mechanische<br />

Fertigung mit Transmissionsantrieb oder der funktionierende<br />

Horch Motorenprüfstand wurden nur durch unermüdlichen<br />

Einsatz, der weit über unsere eigentliche Aufgabe<br />

hinausging, Realität. Die meisten Exponate dafür waren<br />

ein halbes Jahr vor der Eröffnung nur bruchstückhaft<br />

vorhanden. Ohne das Engagement einiger weniger Spezialisten<br />

wäre dieser Akt nicht möglich gewesen. Zutreffend<br />

bei dieser Umsetzung ist im wahrsten Sinne des Wortes<br />

das Sprichwort: „Allein der Glaube versetzt Berge“!<br />

Die Darstellung des Karosseriebaus mit seinen vielfältigen<br />

handwerklich anspruchsvollen Methoden und seine ingenieurtechnische<br />

Entwicklung folgen im Anschluss. Dabei<br />

werden Materialeinsatz und -kombinationen sowie der<br />

extrem hohe handwerkliche Aufwand an Einzelexponaten<br />

aufgezeigt.<br />

Die Grundzüge der bei der Auto Union in den 1930er<br />

Jahren etablierten Entwurfsmethodik prägten die Arbeit<br />

der Karosserieentwickler in Zwickau und Chemnitz bis zum<br />

Ende der DDR-Pkw-Industrie. In diesem Ausstellungsbereich<br />

wird deutlich, wie bei der Fahrzeugentwicklung eine<br />

Ästhetik abgestimmt auf die Technologie und Konstruktion<br />

zu einer qualitätvollen Formsprache führen kann. In dieser<br />

Zeit prägte sich das Bild des Industriedesigners.<br />

Getreu dem Slogan „Automobile Geschichte erleben“<br />

muss der Besucher natürlich auch in einem Produkt dieser<br />

Zeit mal Platz nehmen dürfen. Ja, auch das wurde real in<br />

dem Audi Front. Wer will, der darf, und das macht ein<br />

Museumserlebnis eben aus.<br />

Matthias Kaluza, Diplom-Designer,<br />

ö_konzept, Atelier für Gestaltung und Agentur für<br />

Werbung und Kommunikation Zwickau<br />

Fotos: Archiv des Autors<br />

Fortsetzung folgt


Geschäftsstelle Zwickau<br />

Marienstraße 5<br />

08056 Zwickau<br />

Tel. 0375 353294-0<br />

Fax 0375 2736662


AufgeHorcht<br />

Als Botschafter im<br />

Tatra um die Welt<br />

Verkehrsmuseum Dresden machte<br />

in einer Sonderausstellung mit den<br />

legendären Reisen von Miroslav<br />

Zikmund und Jiri Hanzelka bekannt<br />

Ihre Reisen machten sie nicht nur mit der Welt bekannt,<br />

sondern auch weltberühmt. Ihre Bücher und<br />

Reportagen wurden internationale Bestseller. Vor 60 Jahren<br />

erfüllten sich die tschechischen Diplomingenieure<br />

Miroslav Zikmund und Jiri Hanzelka einen Traum und<br />

starteten zu ihrer ersten Reise um die Welt – mit einem<br />

Pkw Tatra 87! Nicht allein Abenteuerlust war der Auslöser<br />

dafür, vielmehr sahen sich beide als Botschafter<br />

ihres Landes, wollten durch den Zweiten Weltkrieg<br />

verloren gegangene Handelsbeziehungen wieder mit<br />

aufbauen und Produkte „Made in Czechoslovakia“ vermarkten.<br />

Das Verkehrsmuseum Dresden erinnerte in<br />

einer Sonderausstellung an die legendären Reisen von<br />

Zikmund und Hanzelka.<br />

Der 87-jährige Miroslav Zikmund hatte es sich nicht<br />

nehmen lassen, zur Ausstellungseröffnung selbst nach<br />

Dresden zu kommen. Sein Reisepartner und Freund Jiri<br />

Hanzelka verstarb 2003 im Alter von 83 Jahren. Im<br />

besten Deutsch führte Miroslav Zikmund durch die<br />

Schau, die anhand von Fotos die Reisen von 1947 bis 1950<br />

durch Afrika, Süd- und Mittelamerika und von 1959 bis<br />

1964 durch Asien nochmals aufleben ließ. Die Motive<br />

hatte der Verein PROPHOTO Plzen aus rund 30.000<br />

Fotografien von Zikmund und Hanzelka zusammengestellt.<br />

Diese Exposition war in Dresden erstmals außerhalb<br />

Tschechiens und der Slowakei zu sehen. Daran mitgearbeitet<br />

haben auch das Tschechische Zentrum in<br />

Dresden sowie das Museum Südost-Mähren in Zlin, dem<br />

Wohnort von Miroslav Zikmund. Letztgenannte Einrichtung<br />

bewahrt den gesamten Fundus der Weltreisenden<br />

auf und eröffnete 1996 eine Dauerausstellung.<br />

Schon bei ihrer ersten Begegnung 1938 zur Einschreibung<br />

für die Prager Universität merkten die künftigen<br />

Diplomingenieure, dass sie denselben Kindertraum im<br />

Kopf trugen – eine Weltreise. Im Herbst 1939 wurden<br />

zwar alle tschechischen Hochschulen geschlossen, und<br />

die beiden mussten in den folgenden Kriegsjahren in der<br />

Landwirtschaft bzw. als Buchhalter arbeiten. Aber sie<br />

schmiedeten ihre Pläne weiter. Und nicht nur das. Sie<br />

studierten Landkarten, Reisebeschreibungen, Wetterberichte<br />

und ähnliche Dokumente. Auch begannen sie,<br />

Sprachen zu lernen, um sich weitestgehend unabhängig<br />

von Dolmetschern zu machen.<br />

44<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Miroslav Zikmund und Jiri Hanzelka überquerten mit dem Tatra 87 auch die<br />

südamerikanischen Kordilleren.<br />

1946 konnten die Freunde ihr Ingenieursstudium beenden.<br />

Nun galt es, die Reisevorbereitungen zu konkretisieren<br />

und einen Sponsor zu finden. Hanzelka und<br />

Zikmund wussten genau, welche Ziele ihre Reise haben<br />

sollten: Sie wollten tschechische Produkte in aller Welt<br />

vermarkten und mithelfen, durch den Krieg unterbrochene<br />

Handelsbeziehungen wieder aufzunehmen. Deshalb<br />

beschlossen sie, nur tschechische Produkte mit sich<br />

zu führen. Zur Ausrüstung gehörten Messgeräte, Thermometer,<br />

Höhenmeter, Fernglas, Fotoapparat, Koffer,<br />

Wäsche, Anzüge, Schuhe, Schlafsäcke und weitere<br />

Gegenstände – alles „Made in Czechoslovakia“. Auch<br />

das Fahrzeug sollte dieses Herkunftszeichen tragen.<br />

„Wir kamen überein, dass der Tatra 87, ein Wagen, mit<br />

dem sonst Minister unterwegs sind, für unser Vorhaben<br />

geeignet ist. Unabhängige Federung, stromlinienförmige<br />

Karosserie, Motor hinten, Luftkühlung, selbst ein Laie<br />

hätte keinen anderen Wagen gewählt als den Tatra 87“,<br />

erinnert sich Miroslav Zikmund. Dem Duo gelang es, die<br />

Direktion der Tatra-Werke von ihrem Vorhaben zu überzeugen.<br />

„Dass wir den Herren wirklich sehr detaillierte<br />

Vorbereitungen vorlegen konnten, war vielleicht das<br />

entscheidende Argument für ihre Unterstützung“, meint<br />

Miroslav Zikmund rückblickend.


AufgeHorcht<br />

Miroslav Zikmund in einem Tatra 87. Mit solch einem Pkw brachen er und Jiri Hanzelka 1947 zu einer dreijährigen Reise nach Afrika, Süd- und Mittelamerika auf.<br />

Sehr lebendig und in bestem Deutsch schilderte Miroslav Zikmund nicht nur seine<br />

Reisen, sondern auch einen Aufenthalt in Dresden im Dezember 1943.<br />

Fotos: Ina Reichel<br />

Am 22. April 1947 begann der Kindheitstraum Wirklichkeit<br />

zu werden. Hanzelka und Zikmund starteten im<br />

Tatra 87 mit V8-Motor und 72 PS Leistung zu ihrer Traumreise.<br />

Sie führte nach Afrika, Süd- und Mittelamerika und<br />

dauerte über drei Jahre. Doch vieles verlief anders als<br />

geplant. Die größte Veränderung im Reisevorhaben brachte<br />

der Februar 1948. Damals ergriffen die Kommunisten<br />

die Macht in Prag. Außerdem waren die Tatra-Werke verstaatlicht<br />

worden. Die neue Betriebsleitung forderte die<br />

beiden auf, sofort in die Heimat zurückzukehren. Doch<br />

Hanzelka und Zikmund dachten nicht daran. Wie geplant<br />

setzten sie nach Südamerika über. Erst die Grenze<br />

zu den USA bildete das Aus ihrer ersten Weltreise. Die<br />

US-amerikanischen Behörden weigerten sich in der Atmosphäre<br />

des beginnenden Korea-Krieges, zwei Bürgern<br />

eines kommunistischen Landes ein Visum zu erteilen.<br />

Hanzelka und Zikmund kehrten 1950 nach Prag<br />

zurück. Hier wurden sie als Helden empfangen. Immerhin<br />

hatten sie als erste überhaupt mit einem serienmäßig<br />

hergestellten Pkw Afrika von Kairo im Norden bis nach<br />

Johannesburg im Süden durchfahren.<br />

Nach der Reise wurde der Tatra demontiert und gründlichst<br />

untersucht. Das Fazit in aller Kürze: Der Wagen<br />

hatte die -zigtausend Kilometer in afrikanischen Wüsten<br />

und südamerikanischen Hochgebirgen außerordentlich<br />

gut überstanden. „Der Tatra war sehr zuverlässig. Er hat<br />

uns nie im Stich gelassen. Im Gegensatz zu den zwei Tatra-<br />

Lkw, mit denen wir 1959 unsere Reise durch Asien angetreten<br />

haben“, verweist Miroslav Zikmund auf die Unterschiede<br />

zwischen dem Pkw, gebaut Mitte der 1940er<br />

Jahre, und den leichten Lkw, gebaut Ende der 1950er<br />

Jahre. Dennoch haben sie mit den Nutzfahrzeugen Tatra<br />

805 bis 1964 auch rund 67.000 Kilometer von Albanien<br />

aus quer durch Asien bis nach Japan und auf dem Rückweg<br />

durch die gesamte damalige Sowjetunion absolviert.<br />

Aus den Reisen sind nicht nur die rund 30.000 Fotos entstanden,<br />

sondern auch 18 Bücher und mehr als 150 Filme,<br />

die nicht nur in der damaligen CSSR, sondern auch hierzulande<br />

viele Freunde gefunden haben. Ina Reichel<br />

Der Tatra 87<br />

Der Pkw Tatra 87 wurde von 1937 bis 1950 in 3032<br />

Einheiten im tschechischen Tatra-Werk Koprivnice<br />

hergestellt. Das Fahrzeug der oberen Mittelklasse<br />

besaß eine Ganzstahlkarosserie mit Mittelträgerrahmen.<br />

Der im Heck eingebaute V8-Zylinder-Viertakt-<br />

Ottomotor verhalf dem Wagen zu einer mittleren<br />

Reisegeschwindigkeit von 135 km/h.<br />

02/20<strong>07</strong> 45


46<br />

AufgeHorcht<br />

Es müssen nicht immer Räder sein<br />

Anwendung der Entwicklungsmethoden und Werkzeuge der<br />

Automobilindustrie im Wintersport<br />

Auf manchen Strecken fährt man besser mit Kufen als<br />

mit Rädern. Zum Beispiel im Eiskanal. Die Auto-<br />

Entwicklungsring Sachsen GmbH (AES) beschäftigt sich<br />

seit vier Jahren mit der Weiterentwicklung des Fahrwerks<br />

von Bobsportgeräten für<br />

die sächsischen Piloten. Die<br />

deutschen Bobfahrer setzen die<br />

vom Berliner Institut für Forschung<br />

und Entwicklung von<br />

Sportgeräten (FES) entwickelten<br />

und gebauten Bobsportgeräte<br />

ein, die seit Jahren das weltweite<br />

Spitzenniveau darstellen. Auf<br />

Grund der großen Leistungsdichte<br />

im traditionsreichen Bobsport<br />

in Deutschland findet Jahr für<br />

Jahr ein spannender Wettbewerb<br />

der deutschen Bobpiloten<br />

um die begehrten Startplätze<br />

bei den internationalen Wettkämpfen<br />

statt. Deshalb ist es für<br />

die Piloten wichtig, die Bobschlitten<br />

genau auf ihre eigenen<br />

Bedürfnisse und den eigenen<br />

Fahrstil anzupassen und weitere<br />

eigene Verbesserungen zur Fahrzeitreduzierung<br />

einzubringen.<br />

Es begann im Sommer 2003, als<br />

Gerd Leopold, der engagierte<br />

Trainer vom Sportclub Riesa, der<br />

schon den Olympiasieger im Viererbob 1994 Harald<br />

Czudaj trainierte, bei der Auto-Entwicklungsring<br />

Sachsen GmbH in Zwickau anrief und um technische<br />

Unterstützung für das Team seines Piloten Matthias<br />

Höpfner bat.<br />

Ziel war es von Anfang an, die Entwicklungsmethoden<br />

und Entwicklungswerkzeuge der Automobilindustrie im<br />

Bobsport anzuwenden. Die Mitarbeiter der AES sind mit<br />

diesen Methoden aus ihrer Tätigkeit für Audi, BMW,<br />

Daimler, Porsche, Volkswagen, Bentley und Bugatti<br />

bestens vertraut. Es besteht Zugriff auf modernste<br />

Software sowie Mess- und Versuchseinrichtungen.<br />

Das Team der Fahrwerkentwicklung fühlte sich heraus-<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Zweierbob bei Messfahrten in Oberhof im Oktober 2004.<br />

gefordert. Die Aufgabe, die hervorragenden Berliner<br />

Schlitten noch zu verbessern, erwies sich als sehr anspruchsvoll.<br />

Zuerst wurden die Schlitten in der Abteilung<br />

Versuchsbau demontiert und auf der Messmaschine<br />

vermessen. Aus den erhaltenen Daten erstellte man<br />

CAD-Modelle der Bauteile und Baugruppen für die<br />

Konstruktion in Pro/Engineer sowie Simulationsmodelle<br />

in NASTRAN und ADAMS/Car.<br />

Rechtzeitig vor Saisonbeginn stattete die Versuchsabteilung<br />

den Schlitten mit Messtechnik aus. Es sollten Kräfte<br />

an den Kufen und in der Lenkung, Lenk- und Wankwinkel<br />

sowie Beschleunigungen am Zweierbob aufgezeichnet<br />

werden. Bei den ersten Fahrten mit der Messtechnik<br />

auf der Oberhofer Rennschlittenbahn im Herbst 2003<br />

stellte sich schnell heraus, dass die Belastungen, die in<br />

der Bahn auf Mensch und Material wirken, die Erwartungen<br />

der Ingenieure weit übertrafen. Die Befestigung


des Datenrecorders löste sich, die Elektronik versagte.<br />

Über Nacht bauten die Zwickauer Ingenieure in einer<br />

Oberhofer Garage den Messaufbau um, so dass die<br />

Messungen am nächsten Tag erfolgreich fortgesetzt<br />

werden konnten. Zurück in Zwickau begann die fahrdynamische<br />

Interpretation der Daten. In zahllosen Gesprächen<br />

zwischen Matthias Höpfner und Fahrwerkingenieuren<br />

wurde ein gemeinsames Verständnis der<br />

Messdaten erarbeitet. Für die Automobil-Fahrwerker<br />

war es und ist es bis heute immer wieder eine<br />

Herausforderung, die Gemeinsamkeiten, aber auch die<br />

Viererbob im Prüffeld der AES im Januar 20<strong>07</strong>.<br />

elementaren Unterschiede in der Physik des Auto- und<br />

des Bobfahrens zu identifizieren. Im Laufe der Saison<br />

2003/2004 konnten erste Ergebnisse dieser Überlegungen<br />

in den Zweierbob einfließen. Es wurden Federraten<br />

optimiert und Materialien substituiert. Einiges erwies<br />

sich als Fehlschlag, anderes funktionierte im Zweierbob.<br />

Allerdings stellte sich bald heraus, dass die Erkenntnisse<br />

nicht ohne Weiteres auf den Viererbob übertragbar<br />

waren.<br />

Während in der Saison 2004/2005 die Fernsehkommentatoren<br />

bereits erwähnten, wie gut der Zweierbob von<br />

Matthias Höpfner läuft, wurden zum Verständnis der<br />

Vorgänge im Viererbob um den Jahreswechsel weitere<br />

AufgeHorcht<br />

Messfahrten in Altenberg durchgeführt. Aufbauend auf<br />

den Erfahrungen im Zweier konnten ohne wesentliche<br />

Probleme Messungen mit verschiedenen Fahrwerksabstimmungen<br />

und weiteren Modifikationen durchgeführt<br />

werden, die gemeinsam mit Videoanalysen den<br />

Zwickauer Ingenieuren weitere Erkenntnisse über<br />

Optimierungspotenziale im Fahrverhalten des Bobschlittens<br />

lieferten.<br />

In der Olympiasaison 2005/2006 stellte das Institut für<br />

Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) eine<br />

neue Generation von Bobsportgeräten bereit. Dank der<br />

sehr guten Zusammenarbeit mit<br />

dem Institut gelang es, aus dem<br />

Vorjahresmodell abgeleitete und<br />

neue Modifikationen rechtzeitig<br />

zu Saisonbeginn im neuen Bob<br />

einsatzfähig zu haben. Im Laufe<br />

der Saison steigerte das Team<br />

um Matthias Höpfner seine<br />

Leistung bis zum Sieg beim Weltcup<br />

in Cortina d`Ampezzo am<br />

17. Dezember 2005 im Zweierbob<br />

und dem zweiten Platz am<br />

nächsten Tag im Vierer. Damit<br />

qualifizierte sich Matthias Höpfner<br />

zusammen mit Anschieber Marc<br />

Kühne im Zweierbob für die<br />

Olympischen Winterspiele in<br />

Turin im Februar 2006. Er erzielte<br />

dort einen fünften Rang in<br />

einem starken internationalen<br />

Wettbewerberumfeld. Die Freude<br />

darüber war riesig.<br />

In der Saison 2006/20<strong>07</strong> dehnte<br />

die AES ihre Unterstützung auf<br />

das Team des 2006er Europacupsiegers<br />

Thomas Florschütz<br />

aus. Er wurde im Februar 20<strong>07</strong> deutscher Meister im<br />

Zweier- und Viererbob. Es wurden Messfahrten mit<br />

dem neuesten Berliner Schlitten gemacht. An der<br />

Einarbeitung der Ergebnisse in das Gerät von Thomas<br />

Florschütz wird gemeinsam mit dem Berliner Institut für<br />

Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) derzeit<br />

gearbeitet. Mit Spannung erwarten wir den Start in<br />

die neue Bobsportsaison am 1. Dezember 20<strong>07</strong> in<br />

Calgary und natürlich besonders die Weltmeisterschaft<br />

im Februar 2008 in Altenberg.<br />

Text/Fotos:<br />

Dipl.-Ing. Hartmut Schimmel<br />

02/20<strong>07</strong> 47


AufgeHorcht<br />

Bild oben: Für diese Automobilteile stellte die Fa. B.<br />

Hiltmann in den 1930er Jahren Großwerkzeuge her.<br />

Bild unten: Kokillen für die Automobil- und Motorradproduktion<br />

aus den 1920er Jahren, u. a. für DKW.<br />

Als der Schlosser Bernhard Hiltmann<br />

am 2. Februar 1882 in Aue seine<br />

„Werkstatt für Handarbeit“ gründete,<br />

hatte er jedoch nicht den Werkzeugbau<br />

für das Kraftfahrzeug im Sinn.<br />

Vielmehr fertigte er in dem kurze Zeit<br />

später als Spezialfabrik für Schnittund<br />

Stanzwerkzeuge firmierenden<br />

Betrieb Werkzeuge für die Blechund<br />

Haushaltswarenherstellung, die<br />

damals in der Region Aue-Schwarzenberg<br />

sehr verbreitet war. Bernhard<br />

Hiltmann erkannte, dass es Vorteile<br />

bringt, Maschinenbau und Werkzeugbau<br />

zu trennen und somit die<br />

jeweiligen Sparten zu spezialisieren.<br />

Zu dieser Erkenntnis verhalf ihm u. a.<br />

die Zusammenarbeit mit seinem<br />

48<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Innovationsstark<br />

seit 125 Jahren<br />

AWEBA Werkzeugbau Aue eng mit der Automobilindustrie verflochten<br />

Die Werkzeugbauer aus dem Erzgebirge haben bereits in den Anfangsjahren<br />

des Automobils wichtige Aufbauarbeit geleistet, damit dieses motorisierte<br />

Fortbewegungsmittel richtig in Fahrt kam. So vertraute Ferdinand Porsche<br />

bei der Entwicklung des Käfers auf die Fähigkeiten der Umformtechniker<br />

aus dem Raum Aue-Schwarzenberg. Zu den Vorreitern in diesem Bereich<br />

gehört die heutige AWEBA Werkzeugbau GmbH Aue, die 20<strong>07</strong> ihr 125jähriges<br />

Jubiläum feiert.<br />

älteren Bruder Gustav, der mit Bernhard<br />

Lorenz ein Maschinenbauunternehmen<br />

betrieb, in dem die international<br />

renommierten HiLo-Pressen<br />

hergestellt wurden. Bernhard Hiltmann<br />

gilt somit als ein Pionier im<br />

deutschen Werkzeugbau und hat mit<br />

seiner vor 125 Jahren gegründeten<br />

Fabrik einen Meilenstein gesetzt: Ein<br />

älterer und nach wie vor arbeitender<br />

Werkzeugbau ist in Deutschland nicht<br />

bekannt.<br />

Die Herstellung von Kombinationswerkzeugen,<br />

die mit einem Pressenhub<br />

mehrere Arbeitsgänge ausführen,<br />

sowie die Entwicklungen von Ziehwerkzeugen<br />

und sogenannten Blockschnitten<br />

zeichneten die Hiltmannsche<br />

Fabrik als modernen Werkzeugbau<br />

Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

aus. Ab den 1920er Jahren<br />

konzentrierte sich die auf rund 180<br />

Mitarbeiter angewachsene Firma auf<br />

die Werkzeugfertigung für die Elektromotorenindustrie<br />

und den Automobilbau.<br />

Diese beiden Branchen<br />

ziehen sich fortan wie ein roter Faden<br />

durch die Unternehmensgeschichte.<br />

Kataloge aus den 1920er Jahren zeigen<br />

beispielsweise Kokillenguss für<br />

DKW-Motorteile. In den 1930er<br />

Jahren entwickelt sich der Karosseriegroßwerkzeugbau<br />

u. a. für die<br />

Marken der Auto Union und für den<br />

„Käfer“ von Volkswagen. Das Unternehmen,<br />

zwischenzeitlich in den


Der Unternehmensgründer<br />

Bernhard Hiltmann<br />

(1853–1919).<br />

Händen der zweiten Hiltmann-<br />

Generation, investierte in moderne<br />

Erprobungspressen sowie in Bearbeitungsmaschinen<br />

mit einem für die<br />

damalige Zeit äußerst hohen Genauigkeitsgrad.<br />

Nach Rüstungsproduktion, Demontage,<br />

Enteignung, Zwischenstationen<br />

als Wismut- bzw. ABUS-Betrieb erfolgte<br />

im April 1951 die Neugründung<br />

als VEB Auer Werkzeugbau. Das Unternehmen<br />

konzentrierte sich fortan<br />

auf den Bau von Elektromotorenwerkzeugen<br />

und erreichte hier eine<br />

Monopolstellung in der DDR. Auch<br />

Umformwerkzeuge für die Autoindustrie<br />

gehörten zum Produktprogramm.<br />

Außergewöhnlich war in jener Zeit<br />

das Engagement, in punkto Technik<br />

mit der internationalen Spitze mitzuhalten.<br />

So hat die AWEBA ab 1977<br />

als erster DDR-Betrieb Erodiertechnik<br />

genutzt.<br />

Das Bemühen um hohes technologisches<br />

Niveau und die Tatsache, dass<br />

im Zeitraum von 1968 bis 1978 ein<br />

Betriebsneubau am heutigen Firmenstandort<br />

errichtet wurde, erleichterten<br />

der AWEBA den Start in die<br />

Marktwirtschaft. Bereits in der Übergangszeit<br />

1989/90 orientierte sich<br />

das Unternehmen an den neuen<br />

Herausforderungen und identifizierte<br />

die Automobilindustrie sowie deren<br />

große Zulieferer als potenziellen Kundenkreis.<br />

Langfristige Beziehungen<br />

entwickelten sich u. a. zu BMW und<br />

Daimler sowie zu INA und LuK.<br />

Auch Automobilhersteller wie Honda<br />

und Systemlieferanten wie Sanden<br />

gehören heute zum Kundenkreis.<br />

Die rund 500 Mitarbeiter starke<br />

AWEBA zählt mit ihrem Know-how<br />

zu den bedeutendsten konzernunabhängigen<br />

Werkzeugbauern in Europa.<br />

Die Bedeutung resultiert nicht<br />

allein aus der Größe, sondern vor<br />

allem aus der Innovationskraft. Der<br />

Auer Werkzeugbau ist eines von wenigen<br />

Unternehmen in der Welt, die<br />

sogenannte Rollwerkzeuge zur Herstellung<br />

hochpräziser Getriebekomponenten<br />

entwickeln und produzieren.<br />

Diese Leistungen fragen beispielsweise<br />

Automobilgetriebebauer<br />

in den USA stark nach. Die AWEBA<br />

beherrscht dabei die Kombination<br />

von Umformen und Feinschneiden in<br />

einem Werkzeugsatz, ein Know-how,<br />

das weltweit als einzigartig gilt.<br />

AufgeHorcht<br />

Auch bei Druckgusswerkzeugen hat<br />

das Unternehmen einen Technologievorsprung<br />

erreicht. Sie sind extrem<br />

verschleißfest und garantieren deutlich<br />

höhere Standzeiten als Konkurrenzprodukte.<br />

Mit diesem Knowhow<br />

ist AWEBA der Einstieg bei<br />

japanischen Automobilherstellern<br />

und Systemlieferanten gelungen.<br />

Schneidwerkzeuge aus Aue bewähren<br />

sich bei den führenden Herstellern<br />

industrieller Antriebstechnik,<br />

beispielsweise in Skandinavien. In<br />

Kooperation mit Materialproduzenten<br />

arbeitet der Werkzeugbauer am<br />

Einsatz neuer Werkstoffe für die<br />

internationale Luft- und Raumfahrtindustrie.<br />

Ina Reichel<br />

Fotos: Archive Bernd Hiltmann,<br />

AWEBA<br />

Bild oben: AWEBA-Know-how von heute: Der<br />

Werkzeugbauer beherrscht als eines von weltweit<br />

vier Unternehmen die Entwicklung und Herstellung<br />

von Rollwerkzeugen für die Getriebeproduktion.<br />

Bild unten: Blick auf das Unternehmen mitten im<br />

grünen Erzgebirge.<br />

02/20<strong>07</strong> 49


AufgeHorcht<br />

Nicht nur Eulen nach Athen getragen<br />

Aufbruch und Kontinuität – Colloquium von Audi Tradition und Westsächsischer<br />

Hochschule Zwickau beleuchtete 75 Jahre Auto Union<br />

Das Motto lässt Raum für Interpretationen und trifft doch konkret zu: Aufbruch und Kontinuität kennzeichnen<br />

seit einem guten Jahrhundert die Automobilindustrie in Sachsen. Die Entwicklung ist eng verbunden mit Namen<br />

wie August Horch und Jörgen S. Rasmussen, mit Produkten wie Audi, DKW, Horch und Wanderer. Der<br />

Zusammenschluss dieser vier Marken zur Auto Union vor 75 Jahren war ein Aufbruch für die Branche. An diese<br />

Zeit sowie deren Wirkungen und neuen Aufbrüche bis in die Gegenwart und Zukunft erinnerte das Colloqium<br />

„Aufbruch und Kontinuität am Automobilstandort Zwickau/Chemnitz“ der Audi Tradition und der<br />

Westsächsischen Hochschule Zwickau Mitte Oktober in Zwickau.<br />

In der Aula dominierten die historischen Themen, vor der Aula zeigte das WHZ-Racing-Team seinen für die<br />

Formula Student entwickelten Rennwagen.<br />

Eigentlich müsste jeder Vortrag den<br />

Untertitel haben „Weshalb trage ich<br />

Eulen nach Athen?“, leitete der<br />

Automobilhistoriker Prof. Dr. Peter<br />

Kirchberg seinen Beitrag „Autos aus<br />

Zwickau – Impulse, Ideen und Innovationen“<br />

ein. Doch er hat selbst demonstriert,<br />

dass es keineswegs überflüssig<br />

ist, sich immer wieder der<br />

Geschichte zuzuwenden. Die Darstellungen<br />

der technischen Leistungen<br />

des sächsischen Automobilbaus von<br />

einst und der dahinter stehenden<br />

Persönlichkeiten förderten immer<br />

wieder neue, interessante Aspekte<br />

zutage, war aus dem Publikum zu<br />

hören. Beispielsweise zum Wirken<br />

von Audi-Chefkonstrukteur Heinrich<br />

Schuh, der 1921 die Linkslenkung in<br />

Serie brachte. Oder zum konsequenten<br />

Bemühen um Produktqualität,<br />

wobei die Auto Union mit<br />

deutlich verringerten Garantieaufwendungen<br />

als die Konkurrenz Maß-<br />

50<br />

02/20<strong>07</strong><br />

stäbe setzte. Und natürlich ist es<br />

immer wieder „erfrischend“, wie ein<br />

Colloquium-Teilnehmer sagte, sich<br />

die Leistungen der Ahnen vor Augen<br />

zu führen wie August Horch´s Verdienste<br />

um den Einsatz von Leichtmetall<br />

im Automobil, die ersten<br />

Crash-Tests im deutschen Fahrzeugbau<br />

bei der Auto Union oder die<br />

Etablierung des Frontantriebs in<br />

Großserie durch DKW.<br />

Solche Traditionen verpflichten und<br />

beflügeln. Das war auch im Vortrag<br />

des ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden<br />

Prof. Dr. Carl H. Hahn zu<br />

spüren. Der gebürtige Chemnitzer<br />

spannte den Bogen vom Wirken seines<br />

Vaters, der als „DKW-Hahn“ in<br />

der Branche geachtet war und die<br />

Ratenzahlung für den Motorradkauf<br />

einführte, bis zur Gegenwart. Nicht<br />

allein Emotionen, sondern strategischer<br />

Weitblick spielten eine Rolle<br />

bei der Entscheidung von VW, sich in<br />

Zwickau und Chemnitz zu engagieren,<br />

bekanntermaßen die Initialzündung<br />

für die Renaissance des Autolandes<br />

Sachsen. „Bei unseren Reisen<br />

durch die ehemalige DDR gleich<br />

nach der Wende merkten wir, dass<br />

bei den Sachsen nichts an Können<br />

und Einsatzbereitschaft verloren<br />

gegangen war“, betonte Hahn.<br />

Auch bei einem weiteren Thema<br />

spielen die Fähigkeiten und vor allem<br />

das Engagement sächsischer Automobilbauer<br />

nach wie vor eine Rolle<br />

– dem Motorsport der Auto Union.<br />

Christoph von Eberan-Eberhorst rekapitulierte<br />

Entwicklung und Erfolge<br />

der „Silberpfeile“, für deren Konstruktion<br />

ab Mitte 1937 dessen Vater<br />

Robert von Eberan-Eberhorst verantwortlich<br />

war. Er entwickelte den<br />

Zwölfzylinder Typ D nach der 3-<br />

Liter-Formel. Der Vortragende zeigte<br />

auch auf, welche Wagen heute noch<br />

im Original bzw. als Nachbau existieren<br />

und verwies u. a. auf den<br />

noch unter Anleitung seines Vaters<br />

rekonstruierten Typ C im Deutschen<br />

Museum München, auf die sogenannten<br />

„Karrasik“-Typ D und den<br />

Rigaer Bergrennwagen. Schade, dass<br />

er für das ehrgeizige Projekt des<br />

Fördervereins vom Horch Museum<br />

Zwickau keine Worte fand. Dort<br />

entsteht ein Nachbau des Typ C von<br />

1936/37, der in der ersten Baustufe<br />

bereits im Museum zu sehen ist.<br />

Einem wichtigen Abschnitt des<br />

DDR-Fahrzeugbaus widmete sich<br />

Dr. Werner Reichelt. Der Experte<br />

für Kunststoffeinsatz im Auto zeigte<br />

auf, wie der Trabant zu seiner Plastekarosserie<br />

kam, zum damaligen<br />

Zeitpunkt in den 1950er und 1960er<br />

Jahren durchaus eine wegweisende<br />

und im In- sowie Ausland viel beachtete<br />

Entwicklung. Der eigentlich als


Während des Colloquiums erhielt Jörgen Rasmussen (r.) die Würde eines Ehrensenators der Westsächsischen<br />

Hochschule verliehen. Rektor Prof. Dr. Karl-Friedrich Fischer hob die Unterstützung hervor, die der Enkel des<br />

DKW-Gründers Jörgen Skafte Rasmussen der Hochschule gibt.<br />

Zwischenlösung gedachte Trabant<br />

601 von 1964 wurde jedoch mit seiner<br />

Karosserie über 27 Jahre produziert.<br />

Die Gründe sind bekannt: Fehlende<br />

Investitionsmittel führten dazu,<br />

dass die Zwickauer Fahrzeugbauer<br />

ihre zahlreichen Entwicklungen<br />

immer wieder abbrechen mussten.<br />

Ein ähnliches Ende fand das sogenannte<br />

RGW-Auto. Lukas Nachtmann,<br />

Leiter des Unternehmensarchivs<br />

bei Skoda Auto, und Dr.<br />

Winfried Sonntag, ehemaliger Leiter<br />

des Wissenschaftlich-Technischen<br />

Zentrums Automobilbau der DDR,<br />

berichteten über das Vorhaben, ein<br />

Fahrzeug auf einer Plattform zu entwickeln,<br />

mit dem sowohl Trabant<br />

und Wartburg als auch Skoda abgelöst<br />

werden sollten. Dieser Pkw war<br />

mit Viertakt-Motor und Hinterachse<br />

von Skoda, mit Vorderachse, Lenkgetriebe<br />

und Gelenkwellen von<br />

Sachsenring sowie mit Getriebe aus<br />

Eisenach konzipiert – jeweils<br />

300.000 Stück pro Jahr sollten in der<br />

DDR sowie in der CSSR produziert<br />

werden. Entwicklung und Bau von<br />

Karosserie lagen in den Händen des<br />

jeweiligen Landes. Weitere Zulieferungen<br />

sollten aus Ungarn kommen.<br />

Einer der technischen Hauptstreitpunkte<br />

war der Antrieb. Die<br />

DDR-Frontantriebsbefürworter und<br />

die CSSR-Heckantriebsexperten einigten<br />

sich auf Frontantrieb mit längs<br />

eingebautem Motor. Während man<br />

technisch immer wieder zusammenfand,<br />

reichten die wirtschaftlichen<br />

Kapazitäten nicht zur Umsetzung.<br />

Letztendlich scheiterte auch dieses<br />

Projekt am fehlenden Geld auf beiden<br />

Seiten.<br />

Wie eine länderübergreifende Zusammenarbeit<br />

heute funktioniert,<br />

erläuterte Dr. Joachim Böhme von<br />

der Audi AG am Beispiel der Motorenentwicklung<br />

und -fertigung im<br />

Unternehmen. So hat der Premiumfahrzeughersteller<br />

2002 eine neue<br />

Generation FSI-Motoren mit Ausgleichswellengetriebe<br />

(AWG) eingeführt.<br />

Diese Getriebe entstehen im<br />

VW-Motorenwerk Chemnitz. Auch<br />

für die TFSI-Aggregate, die Turboaufladung<br />

und Direkteinspritzung<br />

kombinieren, kommt das AWG aus<br />

Chemnitz. Die damit komplettierten<br />

Motoren aus dem Audi-Werk Györ<br />

kehren wiederum zum Teil nach<br />

Sachsen zurück und werden in<br />

Mosel in Golf und Passat verbaut.<br />

Die Zusammenarbeit erstrecke sich<br />

jedoch nicht nur auf den Konzernverbund,<br />

betonte Böhme. Mit der<br />

IAV Chemnitz und der FES Zwickau<br />

habe man starke sächsische Ingenieurdienstleister<br />

als Partner gefunden.<br />

Dass man weiterhin mit gut ausgebildeten<br />

Ingenieuren aus der Region<br />

Chemnitz-Zwickau rechnen könne,<br />

verdeutlichten Prof. Dr. Karl-Friedrich<br />

Fischer, Rektor der Westsächsischen<br />

Hochschule Zwickau, und Prof. Dr.<br />

Wolfgang Foken, Leiter des Instituts<br />

für Kfz-Technik an der Bildungseinrichtung.<br />

Text und Fotos:<br />

Ina Reichel<br />

AufgeHorcht<br />

02/20<strong>07</strong> 51


AufgeHorcht<br />

Glückwunsch zum<br />

80. Geburtstag<br />

Alles Gute für<br />

Dr.-Ing. Werner Reichelt<br />

Dr.-Ing. Werner Reichelt,<br />

Ehrenmitglied des Gemeinnützigen<br />

Fördervereins Automobilmuseum<br />

August<br />

Horch Zwickau e.V., feierte<br />

am 30. September 20<strong>07</strong><br />

seinen 80. Geburtstag. Sein<br />

Name ist eng mit der Entwicklung<br />

des DDR-Kleinwagens<br />

Trabant verbunden.<br />

Er hat vorrangig auf dem Gebiet<br />

der Kunststoffentwicklung gearbeitet<br />

und ist Mitinhaber von Patenten zur<br />

Herstellung großflächiger Pressstoff-<br />

Formteile. Seit 1993 engagiert sich Dr.<br />

Reichelt im Förderverein des Horch<br />

Museums und gehört auch hier zu den<br />

engagierten Mitstreitern für die Entwicklung<br />

der heutigen automobilen<br />

Erlebnisstätte. Dafür gebührt ihm herzlicher<br />

Dank, verbunden mit dem Wunsch,<br />

dass er seine Kraft weiterhin aktiv in den<br />

Dienst von Museum und Förderverein<br />

stellt.<br />

Gemeinnütziger Förderverein Automobilmuseum August Horch Zwickau e.V.<br />

Donnerstag, 1. November 20<strong>07</strong>, 16.30 Uhr<br />

Vortrag „Kunststoffe im Automobilbau“<br />

Prof. Dr.-Ing. Lars Frormann – Westsächsische Hochschule Zwickau, Institut für Produktionstechnik<br />

August Horch Museum Zwickau, Audistraße 7, Vortragssaal<br />

Donnerstag, 6. Dezember 20<strong>07</strong>, 16.30 Uhr<br />

Betriebsbesichtigung Gillet Abgassysteme Zwickau GmbH – ein Unternehmen der Tenneco-Gruppe<br />

Führung durch Werkleiter Jörg Feuring<br />

Treffpunkt: Firmeneingang (Zwickau, Hilferdingstraße 8)<br />

Donnerstag, 6. März 2008, 16.30 Uhr<br />

Vortrag „Auto Union DKW F 9 – Der Pkw nach dem Krieg in Ost und West“<br />

Walter Siepmann, Chemnitz<br />

August-Horch-Museum Zwickau, Audistraße 7, Vortragssaal<br />

Donnerstag, 3. April 2008, 16.30 Uhr<br />

Vortrag „Fahrzeugakustik – Entwicklungsstand und -tendenzen vom Motor bis zum Türschloss“<br />

Prof. Dr.-Inf. Wolfgang Foken, Westsächsische Hochschule Zwickau, Institut für Kraftfahrzeugtechnik<br />

August Horch Museum Zwickau, Audistraße 7, Vortragssaal<br />

Donnerstag, 8. Mai 2008, 16.30 Uhr<br />

Betriebsbesichtigung Johnson Controls Sachsen-Batterien GmbH & Co. KG<br />

oder Hoppecke Technologies GmbH & Co. KG<br />

Treffpunkt: Firmeneingang (Zwickau, Reichenbacher Str. 89) Änderungen vorbehalten!<br />

52<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Nachruf für Paul Wittber<br />

Maßgebender Konstrukteur des 2-Takt-Otto-Motors<br />

für den Trabant verstorben<br />

Am 10. April 20<strong>07</strong> ist Paul Wittber im<br />

Alter von 92 Jahren verstorben. Er war<br />

Schöpfer und maßgebender Konstrukteur<br />

des 2-Takt-Otto-Motors für den Pkw<br />

Trabant.<br />

Paul Wittber wurde am 4. Dezember<br />

1914 als jüngster von vier Brüdern in<br />

Freiberg geboren. Nach seiner Schulzeit<br />

hat er bis 1931 bei Elite Diamant den Beruf<br />

des Technischen Zeichners erlernt.<br />

Seine technische Begabung, sein Fleiß<br />

und Wissensdrang führten dazu, dass er<br />

nach Abschluss der Lehrzeit in die Entwicklungsabteilung<br />

„Fahrräder“ übernommen<br />

wurde. Hier arbeitete er bis<br />

1936, anfangs als Technischer Zeichner<br />

und später als Konstrukteur in der<br />

Gruppe „Rennradentwicklung“.<br />

In der Folgezeit wurde Paul Wittber zur<br />

Wehrmacht einberufen und damit für<br />

ihn das „Soldatsein“ bis zum Ende des<br />

unsäglichen 2. Weltkrieges festgeschrieben.<br />

Nach Beendigung der ersten Nachkriegswirren<br />

kehrte er zu seiner Familie nach<br />

Chemnitz-Reichenbrand zurück.<br />

VERANSTALTUNGEN<br />

Eine neue und für ihn interessante Arbeit,<br />

die er sein ganzes weiteres Leben<br />

mit Freude, Fleiß und Können ausübte,<br />

war bald gefunden. Er nahm noch 1946<br />

eine Tätigkeit als Konstrukteur im späteren<br />

Forschungs- und Entwicklungswerk<br />

der Automobilindustrie der DDR auf.<br />

Paul Wittber war an einer Vielzahl von<br />

Projekten in der Entwicklung des DDR-<br />

Fahrzeugbaus beteiligt. Eine in seinem<br />

beruflichen Leben wohl herausragende<br />

Aufgabe war die Entwicklung und Konstruktion<br />

des Motors für den Trabant,<br />

dessen von ihm entwickelte Grundkonzeption<br />

in allen Weiterentwicklungen bis<br />

zur Einstellung der Produktion praktisch<br />

unverändert blieb.<br />

1980 trat Paul Wittber in den verdienten<br />

Ruhestand. Der Gemeinnützige Förderverein<br />

Automobilmuseum August Horch<br />

Zwickau bleibt Paul Wittber in Erinnerung<br />

dankbar verbunden.<br />

Dr. Winfried Sonntag<br />

November/Dezember 20<strong>07</strong> und 1. Halbjahr 2008


54<br />

AufgeHorcht<br />

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Information unter Tel. 0371-7743510.<br />

02/20<strong>07</strong><br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Gemeinnütziger Förderverein<br />

Automobilmuseum<br />

August Horch Zwickau e.V.<br />

Audistraße 7 (vorm. Walther-<br />

Rathenau-Str. 51)<br />

08058 Zwickau<br />

Redaktion<br />

Ina Reichel, Freie Journalistin,<br />

Chemnitz<br />

Anzeigenakquise, Layout, Satz<br />

Marketingagentur Reichel<br />

Kleinolbersdorfer Str. 6<br />

09127 Chemnitz<br />

Tel. 0371-7743510<br />

Fax 0371-7743511<br />

E-Mail: mareichel@ma-reichel.de<br />

Druck<br />

Druckerei Wagner GmbH<br />

Großschirma OT Siebenlehn<br />

Redaktionsschluss dieser<br />

Ausgabe: 22. Oktober 20<strong>07</strong>

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