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Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung - Empfehlungen an ...

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Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitikbeim Bundesministerium für Ernährung, L<strong>an</strong>dwirtschaft undVerbraucherschutz<strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> <strong>zur</strong> <strong>Energiegewinnung</strong>– <strong>Empfehlungen</strong> <strong>an</strong> die Politik –Verabschiedet im November 2007


KurzfassungiKurzfassungIm vorliegenden Gutachten <strong>an</strong>alysiert der Beirat den derzeitigen St<strong>an</strong>d und die Perspektivender Bioenergie. Er bewertet die Entwicklungen im Hinblick auf die politischen ZieleKlimaschutz, Energieversorgung und Beschäftigung. Darauf aufbauend leitet er <strong>Empfehlungen</strong>für die Weiterentwicklung der deutschen Bioenergie-Politik ab.Der Beirat unterstützt die deutsche Politik in ihrem Bestreben, in der Klimaschutzpolitikeine internationale Vorreiterposition einzunehmen. Er misst dem Klimaschutzziel bei seinerBewertung der Bioenergiepolitik höchste Priorität bei. Gerade wenn Deutschl<strong>an</strong>d beimKlimaschutz aber besonders hohe Ziele erreichen und mit gutem Beispiel vor<strong>an</strong>gehen will,ist es nach Auffassung des Beirats besonders wichtig, die knappen Ressourcen auf dieeffizientesten Klimaschutzstrategien zu konzentrieren. Diesem Anspruch wird die deutscheBioenergiepolitik bisher nicht gerecht. Sie fördert mit hohen Subventionsäquivalentenbesonders jene Bioenergielinien, die relativ teuer und vielfach ineffizient sind.Die bisher im Fokus der Bioenergiepolitik stehenden Bioenergie-Linien (Biokraftstoffe;Biogas auf Maisbasis) weisen relativ hohe CO 2äq -Vermeidungskosten in einer Größenordnung<strong>von</strong> 150 bis weit über 300 €/t CO 2äq auf. Wenn die deutsche Politik mit Hilfe derBioenergie Klimaschutzpolitik betreiben möchte, so sollte sie sich auf solche Energielinienkonzentrieren, bei denen sich Klimaschutz mit CO 2 -Vermeidungskosten <strong>von</strong> unter50 €/t CO 2äq erreichen lässt. Das wäre die Biogaserzeugung auf Güllebasis, möglichst mitKraftwärmekopplung (KWK), die kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung auf BasisHackschnitzeln (aus Waldrestholz oder Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen) und die Co-Verbrennung<strong>von</strong> Hackschnitzeln bzw. (in gewissem Umf<strong>an</strong>g) Stroh in bestehenden Großkraftwerken.Die Erzeugung <strong>von</strong> Biodiesel und Bioeth<strong>an</strong>ol in Deutschl<strong>an</strong>d ermöglicht nur eine sehrgeringe CO 2äq -Vermeidungsleistung in einer Größenordnung <strong>von</strong> weniger als 3 t CO 2äq /ha,während sich mit <strong>an</strong>deren Bioenergie-Linien (z. B. Hackschnitzel-BHKW auf der Basis<strong>von</strong> Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen) mehr als 12 t CO 2äq /ha erreichen ließen.Die Kritik <strong>an</strong> der zu hohen Subventionierung <strong>von</strong> energetisch und klimapolitisch ineffizientenBioenergielinien bedeutet keine Absage <strong>an</strong> regenerative Energien. Im Gegenteil:Mehr Effizienzorientierung in der Bioenergie ermöglicht mehr Klimaschutz bei gleichemAufw<strong>an</strong>d. Bei einer entsprechenden Kurskorrektur in der deutschen Förderpolitik könntedie durch Bioenergie erreichte CO 2äq -Vermeidung bei konst<strong>an</strong>tem Budget vervielfachtwerden, ohne dass hierfür mehr Agrarfläche in Anspruch genommen werden müsste.Regenerative Energien sind aber mehr als nur Bioenergie. Vieles spricht dafür, dass imSpektrum der regenerativen Energien l<strong>an</strong>gfristig die Solar- und die Windkraft eine dominierendeRolle einnehmen werden. Das potenzielle Energie<strong>an</strong>gebot aus Sonne und Windübersteigt den Energiebedarf bei weitem, die Herausforderung besteht darin, einen nachhaltigenZug<strong>an</strong>g zu diesen Quellen zu erschließen. Der Beirat empfiehlt, die Erschließung


Kurzfassungiidieser Quellen stärker ins Zentrum der deutschen Energie- und Klimaschutzpolitik zu rückenund dabei den Fokus verstärkt auf Energieimport zu richten.Im Vergleich <strong>zur</strong> Solarenergie sind die Potenziale der Bioenergie auf Dauer relativ gering.Das hat im Wesentlichen drei Gründe.– Bei der Solarenergie können Flächen genutzt werden, die nicht in Konkurrenz <strong>zur</strong> Erzeugung<strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> für den Nahrungsbereich stehen, und auf diesen Flächen können wesentlichhöhere Energieerträge je Flächeneinheit erzielt werden als bei der Bioenergie.– Die weltweite Knappheit der Ackerflächen führt dazu, dass bei steigenden Erdölpreisenauch die Preise für Bioenergie steigen und infolge dessen auch das gesamte Agrarpreisniveaumit nach oben gezogen wird. Somit steigen auch die Rohstoffkosten für die Bioenergie-Anlagen,während höhere Energiepreise bei der Solarenergie voll rentabilitätswirksamwerden.– Bei knappen Ackerflächen führt eine großflächige Ausdehnung der Bioenergie zw<strong>an</strong>gsläufigdazu, dass bisher nicht ackerbaulich genutzte Flächen in Kultur genommen werden(Grünl<strong>an</strong>dumbruch, Waldrodung) bzw. die Bewirtschaftung der Flächen intensiviert wird.Das verursacht erhöhte CO 2 - und N 2 O-Emissionen mit der Folge, dass die Ausdehnungder Bioenergieerzeugung auf Ackerflächen im Endeffekt sogar kontraproduktiv für denKlimaschutz sein k<strong>an</strong>n. Diese Risiken sind mit den <strong>von</strong> der Politik gepl<strong>an</strong>ten Zertifizierungs-Systemennicht in den Griff zu bekommen.Bei diesem Befund k<strong>an</strong>n der deutschen Politik aus klimaschutzpolitischer Sicht nicht empfohlenwerden, die Förderung der Bioenergieerzeugung auf Ackerflächen weiter auszubauen.Sie sollte die Förderung schrittweise auf solche Bioenergie-Linien ausrichten, die(a) nicht in Konkurrenz <strong>zur</strong> Nahrungsmittelproduktion stehen, (b) <strong>zur</strong> Vermeidung <strong>von</strong>Meth<strong>an</strong>-Emissionen aus Gülle beitragen oder (c) besonders niedrige CO 2äq -Vermeidungskostenbzw. ein sehr hohes CO 2äq -Vermeidungspotenzial aufweisen.Die Beurteilung der Bioenergie-Politik unter den Kriterien „Versorgungssicherheit“ und„Beschäftigung“ führt zu einem ähnlichen Votum:– Versorgungssicherung: Würde m<strong>an</strong> den gegenwärtigen Bioenergie-Mix auf 30 % derl<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Fläche Deutschl<strong>an</strong>ds ausdehnen, so ließe sich mit der dort erzeugtenEnergie lediglich 2,3 % des Endenergieverbrauchs Deutschl<strong>an</strong>ds decken. Bei einer konsequentenFokussierung der Bioenergiestrategie auf Hackschnitzel-KWK-Anlagen, welchemaximale Netto-Energieerträge je Hektar liefern, ließe sich dieser Anteil auf knapp9 % steigern. D<strong>an</strong>n bliebe aber kein Raum mehr für Biokraftstoffe. Möchte die Politikhingegen die Selbstversorgung mit Kraftstoffen optimieren, müsste sie die Förderstrategiekonsequent auf die Linie Biogas-Kraftstoff (mit Direkteinspeisung ins Erdgasnetz)ausrichten. Wenn sie hingegen das Ziel favorisiert, bei Kraftstoffen „nur“ möglichst unabhängig<strong>von</strong> Erdöl- und Erdgasimporten zu werden, erschiene es ratsam, den Import <strong>von</strong>


KurzfassungiiiBiokraftstoffen <strong>von</strong> vornherein als tragende Säule in die Biokraftstoff-Strategie zu integrieren.Die negativen Nebenwirkungen dieser Strategie (Nahrungskonkurrenz, Klimabelastung,s. o.) kämen aber auch hier zum Tragen.– Beschäftigung: Bei einer Verbreitung der Bioenergieerzeugung in Ackerbauregionen sindper saldo schwach positive Beschäftigungseffekte zu erwarten, allerdings nicht in allenFällen. Wenn hingegen die Förderung der Bioenergie zu einer Verdrängung der Tierproduktionführt, sind die Beschäftigungssalden für die betroffenen ländlichen Räume eindeutignegativ. Positive Beschäftigungseffekte bestehen vor allem in der Technologieentwicklungund im Anlagenexport. Deshalb sollte sich die Politik vorr<strong>an</strong>gig auf die Unterstützung<strong>von</strong> F&E-Aktivitäten und Exportaktivitäten konzentrieren. Sie sollte die deutscheL<strong>an</strong>dwirtschaft nicht durch eine hohe Förderung ineffizienter Bioenergielinien in eineneue Politikabhängigkeit führen und auf einen Sektor (Energie) ausrichten, in dem diedeutsche L<strong>an</strong>dwirtschaft eigentlich kaum wettbewerbsfähig ist und der durch harten (internationalen)Kostenwettbewerb sowie geringe Wertschöpfungspotenziale gekennzeichnetist.Insgesamt kommt der Beirat somit zu dem Ergebnis, dass die deutsche Bioenergiepolitikgrundlegend überdacht werden sollte. Er empfiehlt die Erzeugung <strong>von</strong> Bioenergie (a) inwärmegeführten KWK-Anlagen bzw. Heiz<strong>an</strong>lagen auf Basis <strong>von</strong> Hackschnitzeln sowie(b) auf Basis <strong>von</strong> Biogas aus Gülle und Reststoffen in den Mittelpunkt der deutschen Bioenergiepolitikzu stellen. Die Beimischungsziele für Biokraftstoffe sollten <strong>zur</strong>ückgenommenwerden, und der NaWaRo-Bonus für Biogas sollte in <strong>an</strong>dere Boni überführt werden.Dieser grundlegende Umbau der Bioenergiepolitik sollte schrittweise erfolgen, damit diebetroffenen Unternehmen sich <strong>an</strong>passen können und einen ausreichenden Vertrauensschutzerfahren.Die nationale Bioenergiepolitik muss einen deutlichen Akzent auf eine Erhöhung der Effizienzlegen, um so einen höheren Beitrag <strong>zur</strong> Verringerung der nationalen CO 2äq -Emissionpro Kopf der Bevölkerung zu leisten. Gleichwohl k<strong>an</strong>n hierdurch nur ein sehr bescheidenerBeitrag <strong>zur</strong> Lösung des globalen Klimaschutzproblems geleistet werden. Deshalbempfiehlt der Beirat der Bundesregierung dringend, wesentlich mehr Ressourcen in dieEntwicklung einer globalen Klimaschutzstrategie zu investieren.Hierfür sollte eine Projektgruppe („task force“) installiert werden, die sich internationalvernetzt und nachhaltig wirksame Strategien bzw. Aktionspläne entwickelt. Das M<strong>an</strong>datder Gruppe müsste l<strong>an</strong>gfristig <strong>an</strong>gelegt und die Ressourcenausstattung großzügig bemessenwerden. Vorr<strong>an</strong>giges Ziel sollte es sein, im internationalen Verbund erfolgversprechendeKlimaschutzstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Hierzu gehören insbesonderedie Ausweitung des Kyoto-Prozesses auf eine zunehmende Anzahl <strong>von</strong> Ländern undWirtschaftssektoren, aber auch die weltweite Anpassung der Besteuerung fossiler Energie-


Kurzfassungivträger und eine effiziente, international ausgerichtete Förderung der Entwicklung regenerativerEnergien.Abbildung 1:CO 2äq -Vermeidungskosten und Vermeidungsleistungt CO 2äq /ha20181614121086420Vermeidungsleistung500400Vermeidungskosten€/t CO 2äq3002001000-100Hack-schnitzel-HeizungGetreide-HeizungBiogas/Gülle(Strom &Wärme)Biogas(Strom)Biogas(Strom &Wärme)Biogas(Einspeisung)Hack-schnitzel-HKWStrohCo-VerbrennungHackschnitzelCo-VerbrennungBiodieselEth<strong>an</strong>ol(Weizen)Wärme Strom & KWK KraftstoffeBiogas(Kraftstoff)Quelle: Eigene Berechnungen.Erläuterung: Die Ergebnisse gelten für ein Szenario mit weiterhin hohen Energie- und Agrarpreisen. Abweichende Preise führen ebenso wieabweichende technische Koeffizienten (z. B. bessere Wirkungsgrade) zu Ergebnisänderungen. Die hier erzielten Ergebnisse bestätigen inden Größenordnungen weitgehend die Ergebnisse, die bereits in <strong>an</strong>deren Studien erzielt worden sind (vgl. QUIRIN et al. (2004), SPECHT(2003), SCHMITZ (2006), LEIBLE et al. (2007), WEISKE et al. (2007), KALIES et al. (2007), JCR (2007), ZAH et al. (2007).


InhaltsverzeichnisIInhaltsverzeichnisKurzfassungi1 Einleitung 11.1 Problemstellung 11.2 Zielsetzung 21.3 Vorgehensweise 22 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 42.1 Entwicklung und Struktur des Energieverbrauchs 42.2 Verfügbarkeit fossiler Energiequellen 182.3 Entwicklung der Preise für fossile Energieträger 282.4 Potenziale der erneuerbaren Energiequellen 352.5 Klimaw<strong>an</strong>del und Treibhausgas-Emissionen 443 Politikmaßnahmen 543.1 Internationale Abkommen 543.2 Maßnahmen der EU 553.3 Maßnahmen in Deutschl<strong>an</strong>d 594 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 654.1 Methodik 664.1.1 Auswahl der Bioenergie-Linien 664.1.2 Kennzahlen, Berechnungsmethoden, Aussagefähigkeit 674.1.2.1 Betriebswirtschaftliche Analyse 674.1.2.2 Volkswirtschaftliche Analyse 724.2 Wärmeproduktion auf Basis biogener Rohstoffe 804.2.1 Einleitung 804.2.2 Hackschnitzel-Heizung auf Basis einer Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tage(400 kW th ) 814.2.3 Getreide-Heizung (60 kW th ) 894.3 Stromproduktion (mit/ohne Wärmenutzung) 924.3.1 Einleitung 924.3.2 Biogas<strong>an</strong>lage auf Gülle-Basis (150 kW el ) 964.3.3 Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis (500 kW el ) 1004.3.4 Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis mit Gas-Einspeisung undverbrauchsnaher KWK-Anlage (1.000 kW el ) 108


InhaltsverzeichnisII4.3.5 Hackschnitzel-HKW-Anlage (ORC-Technik, 500 kW el ) 1124.3.6 Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh oder Hackschnitzeln imSteinkohlekraftwerk (50 MW el ) 1164.4 Biokraftstoffe 1224.4.1 Einleitung 1224.4.2 Biodiesel-Anlage (100.000 t/a) 1274.4.3 Eth<strong>an</strong>ol 1324.4.3.1 Eth<strong>an</strong>ol-Anlage auf Basis Weizen (200.000 t/a) 1334.4.3.2 Eth<strong>an</strong>ol aus Zuckerrüben 1374.4.3.3 Eth<strong>an</strong>ol aus Zuckerrohr 1384.4.3.4 Eth<strong>an</strong>ol aus Lignocellulose 1404.4.4 Biogas-Anlage <strong>zur</strong> Produktion <strong>von</strong> Kraftstoff (2,5 MW CH4 ) 1424.4.5 Biomass-to-Liquid (BtL) 1464.5 Vergleichende Bewertung der Bioenergie-Linien 1494.5.1 Synopse der technischen Charakteristika für die untersuchtenAnlagen 1504.5.2 Vergleichende Beurteilung der <strong>an</strong>alysierten Bioenergie-Linien 1534.5.2.1 Vergleich der CO 2äq -Vermeidungskosten 1534.5.2.2 Vergleich der Flächenproduktivität 1554.5.2.3 Vergleich der CO 2äq -Vermeidung pro Hektar 1564.5.2.4 Vergleich der gezahlten und erforderlichenSubventionen 1584.5.3 Eigene Ergebnisse im Vergleich mit <strong>an</strong>deren Studien 1604.5.4 Sensitivitäts<strong>an</strong>alysen 1634.5.4.1 Variation des Agrarpreisniveaus 1634.5.4.2 Variation des Energiepreisniveaus 1654.5.4.3 Szenario-Rechnung „Erdgas-BHKW statt deutscherStrom-Mix“ 1674.5.4.4 Szenario-Rechnung „Höhere Lachgasemissionenaus der Stickstoff-Düngung“ 1685 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 1705.1 Wird Bioenergie auch ohne Förderung wettbewerbsfähig? 1705.2 Zur Interventionslogik in der deutschen Bioenergie-Politik 1725.3 Bioenergie-Politik und das Ziel „Klimaschutz“ 1755.4 Bioenergie-Politik und das Ziel „Versorgungssicherheit“ 1835.5 Bioenergie-Politik und das Ziel „Arbeitsplätze im Ländlichen Raum“ 1875.6 Zwischenfazit und ergänzende Erwägungen für einzelne Sparten 192


InhaltsverzeichnisIII5.6.1 Wärmeerzeugung durch <strong>Biomasse</strong>-Verbrennung 1935.6.2 Vergärung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> (Biogaserzeugung) 1965.6.3 Kraftstoffherstellung aus <strong>Biomasse</strong> 2005.7 Forschung und Politikberatung <strong>zur</strong> Bioenergie 2036 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 2096.1 Perspektiven für die Energiewirtschaft 2096.2 Potenziale der Bioenergie 2126.3 Allgemeine <strong>Empfehlungen</strong> <strong>zur</strong> Bioenergie-Politik 2166.3.1 Bioenergie und Klimaschutz 2176.3.2 Bioenergie und sonstige Politikziele 2216.4 Politikempfehlungen zu einzelnen Bioenergie-Linien 2267 Literaturverzeichnis 232


Verzeichnis der AbbildungenIVVerzeichnis der AbbildungenAbbildung 1: CO 2äq -Vermeidungskosten und Vermeidungsleistung ivAbbildung 2.1:Abbildung 2.2:Abbildung 2.3:Abbildung 2.4:Abbildung 2.5:Abbildung 2.6:Abbildung 2.7:Anteile verschiedener Energierohstoffe am Primärenergieverbrauch(Welt, EU-25, Deutschl<strong>an</strong>d) 4Bisherige und künftige Entwicklung des weltweitenEnergieverbrauchs 5Import<strong>an</strong>teile der EU-25 bei Energierohstoffen,1990 bis 2030 9Primärenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d, nach Energieträgern,1980 bis 2005 10Herkunft und Verwendung der Primärenergie in Deutschl<strong>an</strong>d,2006 11Zusammensetzung des Energieverbrauchs des Verkehrs inDeutschl<strong>an</strong>d, 1990 bis 2006 15Prognosen und Szenarien zum Primärenergieverbrauch inDeutschl<strong>an</strong>d, 2020 17Abbildung 2.8: Die weltweite Erdölförderung <strong>von</strong> 1900 bis 2150 –die historische Entwicklung und der Versuch eines Ausblicks 20Abbildung 2.9:Abbildung 2.10:Die 10 Länder mit den größten Reserven nicht erneuerbarerEnergierohstoffe, 2005 24Entwicklung der nominalen Preise für Energieträger seit demJahr 1940 28Abbildung 2.11: Projektionen der realen Erdölpreise 2010 bis 2030(in US$, 2005) 29Abbildung 2.12:Abbildung 2.13:Entwicklung der Preise für verschiedene Energieträgerin den USA seit 1980 und Prognose bis 2030 32Entwicklung der realen Preise für verschiedene Energieträgerin Deutschl<strong>an</strong>d seit 1995 und Prognose bis 2030 33Abbildung 2.14: Preise für Energieträger in ausgewählten Ländern, 2006 34Abbildung 2.15:Abbildung 2.16:Endenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d 2000 bis 2050 gemäßLeitszenario 2006 (nach Energieherkünften) 36Regionen mit jährlicher solarer Einstrahlung über2000 kWh/m 2 39


Verzeichnis der AbbildungenVAbbildung 2.17:Spezifische kumulierte CO 2 -Emissionen bei verschiedenenStromerzeugungstechniken 46Abbildung 2.18: Entwicklung der CO 2 -Emissionen, 1991 bis 2006 51Abbildung 2.19:Abbildung 3.1:Abbildung 4.1:Abbildung 4.2:Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen in Deutschl<strong>an</strong>dseit 1990 51Höhe der gewährten Einspeisevergütung für Strom aus<strong>Biomasse</strong> in ausgewählten EU-25-Ländern 61Entwicklung der Weltmarktpreise für ausgewählte pfl<strong>an</strong>zlicheProdukte (cif Rotterdam bzw. Hamburg) 68Preisentwicklung in Deutschl<strong>an</strong>d bei Holzhackschnitzeln,Holzpellets, Heizöl und Erdgas 71Abbildung 4.3: Entwicklung der Biogas<strong>an</strong>lagen in Deutschl<strong>an</strong>d 93Abbildung 4.4:Abbildung 4.5:Entwicklung und Größenverteilung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong>(heiz)kraftwerken 94Entwicklung des Biokraftstoff-Absatzes in Deutschl<strong>an</strong>d(1991 bis 2006) 123Abbildung 4.6: CO 2äq -Vermeidungskosten ausgewählter Bioenergie-Linien 154Abbildung 4.7: Netto-Energieertrag pro Hektar (mit/ohne Gutschrift) 155Abbildung 4.8: Netto CO 2äq -Vermeidung pro Hektar (t CO 2äq /ha) 156Abbildung 4.9:Abbildung 4.10:Abbildung 5.1:CO 2äq -Vermeidung pro Hektar und CO 2äq -Vermeidungskosten157Subventionen und Subventionsbedarf ausgewählterBioenergie-Linien 158Arbeitszeitbedarf je Hektar ausgewählter Wertschöpfungskettender L<strong>an</strong>dwirtschaft 190


Verzeichnis der TabellenVIVerzeichnis der TabellenTabelle 2.1: Energieverbrauch und energiebedingte CO 2 -Emissionen 2005,nach Regionen 7Tabelle 2.2: Energieverbrauch in der EU-25, 1990 bis 2030 9Tabelle 2.3:Tabelle 2.4:Tabelle 2.5:Tabelle 2.6Tabelle 2.7:Tabelle 2.8:Tabelle 2.9:Tabelle 2.10:Anteile der Energierohstoffe am PrimärenergieverbrauchDeutschl<strong>an</strong>d insgesamt, 1980 bis 2005 11Endenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d nach Energieträgern undSektoren, 2005, und Veränderung seit 1995 12Endenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d 2005, nachAnwendungsbereichen und Sektoren 13Entwicklung erneuerbarer Energien in Deutschl<strong>an</strong>d,1990 bis 2005 16Jahresverbrauch, Reserven und Ressourcen nicht-erneuerbarerEnergierohstoffe, 2005 19Potenziale (Reserven und Ressourcen) der nicht erneuerbarenEnergiestoffe in den verschiedenen Erdteilen 26Regionale Herkünfte der in Deutschl<strong>an</strong>d verbrauchten nichterneuerbarenEnergiestoffe, 2004 27Zusammensetzung der Verbraucherpreise für verschiedeneEnergieträger (2006, Größenordnungen) 35Tabelle 2.11: Weltweite Treibhausgas-Emissionen 2000(nach Quellkategorien) 46Tabelle 2.12:Tabelle 2.13:Tabelle 3.1Indikatorenvergleich für ausgewählte Betriebe desökologischen und konventionellen L<strong>an</strong>dbaues 49Treibhausgas-Emissionen in Deutschl<strong>an</strong>d(nach Quellkategorien, 2005) 52Begrenzung der Treibhausgasemissionen im Rahmen des Kyoto-Protokolls für die Verpflichtungsperiode 2008 bis 2012 undLastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten der EU-15(Veränderung der CO 2 -Äquivalente in Prozent des Basisjahres1990) 55Tabelle 3.2: EEG-Vergütungssätze für <strong>Biomasse</strong> im August 2004(in Cent/KWh el ) 61Tabelle 3.3: Steuersätze für Energieträger, 2003 62


Verzeichnis der TabellenVIITabelle 4.1: Agrarrohstoffe und Energieträger: Preise, Heizwerte, CO 2äq -Emissionen, Energie- und TM-Gehalte 72Tabelle 4.2: Ertragspotenziale Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen 82Tabelle 4.3: Sp<strong>an</strong>nbreite der Produktionskosten für Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen 83Tabelle 4.4: Deckungsbeiträge Wintergerste (Alternativ-Kultur für KUP) 84Tabelle 4.5: Wirtschaftlichkeit der Hackschnitzel-Heizung (400 kW th ) 85Tabelle 4.6:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern der Hackschnitzel-Heizung (400 kW el ) 87Tabelle 4.7: Wirtschaftlichkeit der Getreide-Heizung (60 kW th ) 90Tabelle 4.8:Tabelle 4.9:Tabelle 4.10:Tabelle 4.11:Tabelle 4.12:Tabelle 4.13:Tabelle 4.14:Tabelle 4.15:Tabelle 4.16:Tabelle 4.17:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern der Getreide-Heizung (60 kW th ) 91Wirtschaftlichkeit einer güllebasierten Biogas<strong>an</strong>lage mitWärmevermarktung (150 kW el ) 98Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern einer güllebasierten Biogas<strong>an</strong>lage mitWärmevermarktung (150 kW el ) 99Wirtschaftlichkeit einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis ohneWärmenutzung (500 kW el ) 102Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis ohneWärmenutzung (500 kW el ) 103Wirtschaftlichkeit einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis mitWärmenutzung (500 kW el ) 106Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis mit Wärmenutzung(500 kW el ) 107Wirtschaftlichkeit einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis <strong>zur</strong>Gaseinspeisung und verbrauchsnaher KWK-Anlage(1.000 kW el ) 110Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern einer Biogas<strong>an</strong>lage mit Gaseinspeisung undverbrauchsnaher KWK-Anlage (1.000 kW el ) 111Wirtschaftlichkeit einer HKW-Anlage(ORC-Technik,500 KW el ) 114


Verzeichnis der TabellenVIIITabelle 4.18:Tabelle 4.19:Tabelle 4.20:Tabelle 4.21:Tabelle 4.22:Tabelle 4.23:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern einer HKW-Anlage (ORC-Technik, 500 KW el ) 115Wirtschaftlichkeit der Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh in einemSteinkohlekraftwerk (50 MW el ) 118Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern <strong>zur</strong> Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh in einemSteinkohlekraftwerk (50 MW el ) 119Wirtschaftlichkeit der Co-Verbrennung <strong>von</strong> Hackschnitzelnaus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen in einem Steinkohlekraftwerk(50 MW el ) 120Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern <strong>zur</strong> Co-Verbrennung <strong>von</strong> Hackschnitzeln (KUP)in einem Steinkohlekraftwerk (50 MW el ) 121Entwicklung der Produktion <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol und Biodiesel imweltweiten Maßstab (2004 bis 2006) 125Tabelle 4.24: Wirtschaftlichkeit der Biodiesel-Anlage (100.000 t/a) 130Tabelle 4.25:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern für Biodiesel (100.000 t/a) 131Tabelle 4.26: Wirtschaftlichkeit der Weizen-Eth<strong>an</strong>ol-Anlage (200.000 t/a) 134Tabelle 4.27:Tabelle 4.28:Tabelle 4.29:Tabelle 4.30:Tabelle 4.31:Tabelle 4.32:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern für Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Weizen (200.000 t/a) 136Klimabil<strong>an</strong>z und CO 2äq -Vermeidungskosten für Eth<strong>an</strong>ol aufBasis <strong>von</strong> Zuckerrüben 138Wirtschaftlichkeit der Biogasnutzung als Kraftstoff(2,5 MW CH4 ) 143Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftlicheKennziffern für die Biogasnutzung als Kraftstoff (2,5 MW CH4 ) 145Wesentliche technische Charakteristika der untersuchtenBioenergie-Anlagen 151Wesentliche Ergebnisse der untersuchten Bioenergie-Linienim Überblick 152Tabelle 4.33: Eigene Ergebnisse im Vergleich mit <strong>an</strong>deren Studien 161Tabelle 4.34: Kosten der Bioenergieproduktion bei steigenden Agrarpreisen 164Tabelle 4.35: Kosten der Bioenergieproduktion bei steigenden Energiekosten 166


Kapitel 1 Einleitung 11 Einleitung1.1 ProblemstellungDie L<strong>an</strong>d- und Forstwirtschaft hat seit jeher sowohl Nahrungsmittel als auch Nichtnahrungsmittelproduziert. Zu den Nichtnahrungsmitteln zählen zum einen Grundstoffe für<strong>an</strong>dere Wirtschaftszweige (z. B. Textilien, Baumaterialien), zum <strong>an</strong>deren Energieträger.Die l<strong>an</strong>d- und forstwirtschaftliche Erzeugung <strong>von</strong> Energie für die Bereitstellung <strong>von</strong>Wärme und Mobilität verlor im 19. und 20. Jahrhundert stark <strong>an</strong> Bedeutung, als die Ausbeutungder Lagerstätten fossiler Energieträger einen ras<strong>an</strong>ten Aufschwung nahm. Dievolkswirtschaftliche Entwicklung der Industriegesellschaften fußte fast ausschließlich aufder <strong>Nutzung</strong> dieser fossilen Energieträger. Deren Lagerbestände werden jedoch in absehbarerZukunft <strong>zur</strong> Neige gehen.Somit steht die Menschheit vor der großen Herausforderung, die künftige wirtschaftlicheEntwicklung schrittweise auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Für ein rohstoffarmesL<strong>an</strong>d wie Deutschl<strong>an</strong>d stellt sich diese Herausforderung besonders dringlich, weildamit zu rechnen ist, dass bei zunehmender Verknappung der Rohstoffe der Verteilungskampfum die noch verbliebenen Ressourcen härter und die Versorgungssicherung entsprechendschwieriger wird.Eile ist auch deshalb geboten, weil immer deutlicher erkennbar wird, dass der immenseVerbrauch fossiler Energieträger zu einer unerwünschten Veränderung des Erdklimasführt. Die klimaschädlichen Emissionen steigen nach wie vor <strong>an</strong>. Eine Verringerung derEmissionen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum ist nur über zwei Wege möglich,zum einen durch Effizienzverbesserungen bei der Energieverwendung und zum <strong>an</strong>derendurch Umstellung auf erneuerbare Energien.Inzwischen haben sowohl die Märkte als auch die Politik auf den wachsenden Problemdruckreagiert – wenn auch in verschiedenen Ländern und bei verschiedenen Wirtschaftssektorensehr unterschiedlich. Die Energiepreise steigen weltweit, und die Politik verstärktdie Knappheitssignale zusätzlich, indem sie den Energieverbrauch besteuert. Außerdembegrenzt bzw. verteuert sie die Emission klimaschädlicher Gasse, und sie fördertdie Entwicklung und Verbreitung erneuerbarer Energien.Hinter dem Sammelbegriff „Erneuerbare Energieträger“ verbirgt sich ein breites Spektrumwirtschaftlicher Aktivitäten und technologischer Entwicklungspfade. Das Spektrum reicht<strong>von</strong> der Solarthermie über Fotovoltaik, Geothermie, Wind- und Wasserenergie bis hin zuden vielfältigen Möglichkeiten <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong> l<strong>an</strong>d- und forstwirtschaftlicher <strong>Biomasse</strong>. Esliegt auf der H<strong>an</strong>d, dass nicht alle Pfade gleich gut geeignet sind, um die Energieproble-


Kapitel 1 Einleitung 2matik zu lösen. Und für jeden einzelnen Pfad gilt, dass er <strong>an</strong> verschiedenen St<strong>an</strong>dortenunterschiedliche Beiträge <strong>zur</strong> Problemlösung bringen k<strong>an</strong>n.An dieser Stelle steht die Politik vor wichtigen Auswahlentscheidungen. Sie sollte grundsätzlichbestrebt sein, den Einsatz <strong>von</strong> Kapital, Know-how, Arbeit und Boden auf jeneFelder zu lenken, die einem größtmöglichen Beitrag <strong>zur</strong> Lösung der Energie- und Klimaproblematikerwarten lassen. Wenn sie bei der Förderung erneuerbarer Energieträger aufdie „falschen Pferde“ setzt, d. h. wenig effiziente Energielinien oder wenig geeigneteSt<strong>an</strong>dorte fördert, d<strong>an</strong>n fehlen die dringend benötigten Ressourcen <strong>an</strong> der richtigen Stelle– mit entsprechend negativen Wirkungen für die Energieversorgung und den Klimaschutz.Dieses Auswahlproblem war in der Frühphase der Förderung erneuerbarer Energieträgernoch relativ unbedeutend. Im Vordergrund st<strong>an</strong>d in dieser Phase das Bestreben, ein möglichstbreites Spektrum <strong>von</strong> Lösungsmöglichkeiten für die Wirtschaft attraktiv zu machenund auf diese Weise die Innovationskraft der Unternehmen für die Lösung der EnergieundKlimaproblematik <strong>an</strong>zukurbeln. Inzwischen haben die erneuerbaren Energien jedochin Deutschl<strong>an</strong>d eine Verbreitung erreicht, bei der <strong>Nutzung</strong>skonkurrenzen unverkennbarwerden. Das gilt insbesondere für den Bereich der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen <strong>Biomasse</strong>erzeugung,weil hierbei l<strong>an</strong>dwirtschaftliche Fläche in Anspruch genommen wird, die nicht vermehrbarist. Wenn die Politik <strong>an</strong> einem St<strong>an</strong>dort einer „falschen“ <strong>Biomasse</strong>-Linie <strong>zur</strong>Wettbewerbsfähigkeit verhilft, bestimmt sie damit unweigerlich auch, dass <strong>an</strong> diesemSt<strong>an</strong>dort für die „richtige“ <strong>Biomasse</strong>-Linie ebenso wenig Platz bleibt wie für die Nahrungsmittel-Linie.1.2 ZielsetzungVor diesem Hintergrund ist es das Ziel des vorliegenden Gutachtens, (a) den St<strong>an</strong>d unddie Perspektiven der Erzeugung <strong>von</strong> Bioenergie zu untersuchen, (b) die bisher in diesemPolitikfeld eingesetzten Politikmaßnahmen zu bewerten und (c) daraus <strong>Empfehlungen</strong> fürdie Weiterentwicklung der Politik abzuleiten.1.3 VorgehensweiseIn Kapitel 2 werden zunächst die Entwicklungstendenzen und Zukunftsperspektiven desallgemeinen Energiesektors dargestellt, wobei auch die Frage der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionenmit beh<strong>an</strong>delt wird. Auf diese Weise wird der wirtschaftliche und politische Rahmenausgeleuchtet, in den sich der rasch wachsende Wirtschaftszweig „Bioenergie“ künftigeinzupassen hat.


Kapitel 1 Einleitung 3Anschließend erfolgt in Kapitel 3 eine kurze Darstellung der Politikmaßnahmen, die bishermit direktem oder indirektem Bezug <strong>zur</strong> Bioenergie etabliert worden sind.In Kapitel 4 werden d<strong>an</strong>n die wichtigsten Bioenergie-Linien vorgestellt und <strong>an</strong>alysiert.Diese Analyse umfasst den St<strong>an</strong>d und die Perspektiven der technologischen Entwicklung,die politische Förderung, die zeitliche und regionale Ausbreitung und eine Bewertung auswirtschaftlicher Sicht, die betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche und ökologischeAspekte umfasst.Auf dieser Grundlage erfolgt in Kapitel 5 eine Bewertung der gegenwärtig implementiertenPolitikmaßnahmen, und es werden <strong>Empfehlungen</strong> für die Weiterentwicklung diesesPolitikbereichs abgeleitet.Kapitel 4 basiert auf einer intensiven Zusammenarbeit einer Expertengruppe, die aus folgendenPersonen best<strong>an</strong>d: S. Berenz (TU München), H. Döhler (KTBL), Dr. L. Leible(FZKA), Dr. N. Schmitz (meo consult), Dr. J. Schweinle und U. Tuch (BfH), Dr. T.Toews (JLU Gießen), Dr. A. Vetter (TLL) sowie T. de Witte, Dr. Y. Zimmer und Prof. Dr.F. Isermeyer (FAL). Es ist vorgesehen, dass dieses Kapitel auch als eigenständige Publikationdieser Arbeitsgruppe ausgekoppelt und veröffentlicht wird.Zur Abklärung wichtiger Fragen, die sowohl die Perspektiven der fossilen und regenerativenEnergieträger (Kapitel 2) als auch die Perspektiven einzelner Bioenergie-Linien betrafen,f<strong>an</strong>d am 1. Oktober 2007 in Berlin ein Fachgespräch mit dem Beirat statt, <strong>an</strong> demfolgende eingeladene Experten teilnahmen: Prof. E. Dinjus (Forschungszentrum Karlsruhe),Dr. N. Heim (UFOP), B. Olzem (Fachverb<strong>an</strong>d Biogas e. V.), Dr. K. Picard (Mineralölwirtschaftsverb<strong>an</strong>d),Prof. Dr. V. Quaschning (FHTW Berlin), Dr. F. Trieb (DLR Stuttgart).Allen Experten sei <strong>an</strong> dieser Stelle für ihre Mitwirkung herzlich ged<strong>an</strong>kt.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 42 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen2.1 Entwicklung und Struktur des EnergieverbrauchsEnergieverbrauch weltweitDer weltweite Energieverbrauch lag im Jahr 2005 bei 479 Exajoule (EJ). In Öläquivalentenausgedrückt sind dies rund 11,4 Mrd. t pro Jahr. Deutschl<strong>an</strong>d hat mit ca. 14,4 EJ (ca.345 Mio. t Öläquivalent) pro Jahr einen Anteil <strong>von</strong> 3 % <strong>an</strong> diesem weltweiten Verbrauch(IEA, 2007).Zur Ver<strong>an</strong>schaulichung der Größenordnungen des Verbrauchs und des möglichen Beitragsder Bioenergie sei folgende grobe Überschlagsrechnung vor<strong>an</strong>gestellt: Um 11 Mrd. t Öldurch den Anbau <strong>von</strong> Palmöl (Ertrag: 5 t Öl/ha) bzw. Rapsöl (Ertrag 1,5 t Öl/ha) zu erzeugen,bräuchte m<strong>an</strong> eine Ackerfläche <strong>von</strong> mehr als 2 bzw. 7 Mrd. ha. Die gesamteAckerfläche der Welt umfasst aber nur ca. 1,5 Mrd. ha.Sowohl für Deutschl<strong>an</strong>d als auch für die Welt insgesamt gilt, dass der weitaus größte Teildes Energieverbrauchs auf fossile Energieträger entfällt (Abbildung 2.1). Der Anteil der<strong>Biomasse</strong> beträgt im globalen Maßstab nur etwas mehr als 10 %; hierbei h<strong>an</strong>delt es sichzum größten Teil um nicht-kommerzielle Brennstoffnutzung, die überwiegend in Entwicklungsländernstattfindet. Zählt m<strong>an</strong> die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Wasserkraft, Windenergie, Solarenergieund Geothermie hinzu, so errechnet sich ein Gesamt<strong>an</strong>teil der erneuerbaren Energieträgeram Weltenergieverbrauch <strong>von</strong> ca. 14 %. Dieser Anteil hat sich in den verg<strong>an</strong>genen25 Jahren nur unwesentlich verändert (IEA, 2007).Abbildung 2.1:Anteile verschiedener Energierohstoffe am Primärenergieverbrauch(Welt, EU-25, Deutschl<strong>an</strong>d)WeltEU-25Deutschl<strong>an</strong>dKernenergie7 %Erneuerbare14 %Mineralöl34 %Kernenergie15 %Erneuerbare6 %Mineralöl38 %Kernenergie12 %Erneuerbare5 %Mineralöl36 %Erdgas21 %Kohle24 %Erdgas23 %Kohle18 %Erdgas23 %Kohle24 %Quelle: BMWi/BMU (2006), eigene Berechnungen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 5Der weltweite Energieverbrauch ist in den verg<strong>an</strong>genen Jahrzehnten stark <strong>an</strong>gestiegen. Erhat sich in den <strong>zur</strong>ückliegenden 25 Jahren ungefähr verdoppelt. Für die kommenden 25Jahre geht die Prognose der Internationalen Energie-Agentur (IEA) da<strong>von</strong> aus, dass derabsolute jährliche Verbrauchszuwachs eher noch höher liegen wird als in der Verg<strong>an</strong>genheit,während die prozentualen Steigerungsraten leicht <strong>zur</strong>ückgehen (Abbildung 2.2). Fürdas Jahr 2030 wird demnach ein Jahresverbrauch <strong>von</strong> rund 680 Exajoule erwartet. Selbstd<strong>an</strong>n, wenn im Alternativszenario 2030 „alle derzeit in Erwägung gezogenen Maßnahmenund Politiken <strong>zur</strong> Verbesserung der Energiesicherheit und Senkung der CO 2 -Emissionenumgesetzt werden“ (IEA, 2006a, Abbildung 2.2 rechts), würde der globale Anstieg desEnergieverbrauchs nur verl<strong>an</strong>gsamt, aber bei weitem nicht gestoppt werden. Die Anteileder einzelnen Energieträger am Welt-Energie-Mix werden sich dieser Prognose zufolgebis 2030 nur wenig ändern (IEA, 2006a). Das bedeutet, dass bis 2030 im Referenzszenarioüber 80 % (im Alternativszenario: über 70 %) des zusätzlichen Energieverbrauchs durcheine weiter beschleunigte Ausbeutung fossiler Energiequellen gedeckt werden wird.Abbildung 2.2:Bisherige und künftige Entwicklung des weltweiten EnergieverbrauchsEJ800700600500AndereHydroNuklearGasÖlKohleRef.Alt.40030020010001971 200320302030 Ref. : Referenzszenario (Fortsetzung derzeitiger Politikmaßnahmen)2030 Alt. : Alternativszenario (starke energiepolitische Eingriffe)Quelle: IEA 2006a, eigene Berechnungen.Hinsichtlich der Höhe und der Struktur des Energieverbrauchs haben sich zwischen denverschiedenen Ländern bzw. Erdteilen große Unterschiede herausgebildet. Einen Überblicküber diese Unterschiede gibt Tabelle 2.1. Hieraus lassen sich im Hinblick auf denEnergieverbrauch (zu den CO 2 -Emissionen s. u.) folgende Kernaussagen ableiten:


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 6– Der größte Teil der Energie wird in Nordamerika und Europa verbraucht. Auf diese beidenRegionen entfallen nur rund 13 % der Weltbevölkerung, aber fast 40 % des Weltenergieverbrauchs.– Ein besonders hoher Energieverbrauch pro Kopf ist für Nordamerika festzustellen. Erliegt mehr als doppelt so hoch wie in der Europäischen Union und mehr als viermal sohoch wie im Weltdurchschnitt.– Bezieht m<strong>an</strong> Energieverbrauch auf die Wirtschaftsleistung der Länder, gemessen amBruttoinl<strong>an</strong>dsprodukt (BIP), so verbessert sich die relative Position der Industrieländererheblich. Industrieländer verbrauchen überdurchschnittlich viel Energie je Kopf, aberunterdurchschnittlich viel Energie je Euro BIP. Allerdings fällt das Ergebnis für dieOECD-Länder weniger günstig aus als in der Tabelle dargestellt, wenn m<strong>an</strong> die BIP-Werte nicht mit den Wechselkursen, sondern mit Kaufkraftparitäten umrechnet. Die Umrechnungmit Kaufkraftparitäten ergibt eine größere relative Wirtschaftskraft der Entwicklungs-und Schwellenländer, so dass d<strong>an</strong>n auch deren BIP-bezogene Energieeffizienzgünstiger ausfällt (IEA, 2007).– Deutschl<strong>an</strong>d weist, gemessen am Durchschnitt der EU-27, einen überdurchschnittlichhohen Energieverbrauch je Kopf und einen unterdurchschnittlich hohen Energieverbrauchje Euro BIP auf.Für die kommenden Jahrzehnte wird erwartet, dass das besonders starke Wirtschaftswachstumin Asien und Südamerika auch die regionale Struktur des Weltenergieverbrauchsverändern wird. Mehr als zwei Drittel des bis 2030 prognostiziertenVerbrauchszuwachses werden voraussichtlich auf die Entwicklungs- und Schwellenländerentfallen (IEA, 2006a).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 7Tabelle 2.1: Energieverbrauch und energiebedingte CO2-Emissionen 2005, nach RegionenBevölkerungMioBIPMrd $PEVMtoeCO 2 -EmissionenMio tPEVEJPEVBevGJ/KopfPEVBIPMJ/$CO 2Bevt/KopfCO 2BIPt/1000$CO 2PEVkg/GJWelt 6432,0 36281,0 11434,0 27136,0 478,7 74,4 13,2 4,2 0,7 56,7EU-27 491,8 9212,4 1815,3 3975,9 76,0 154,6 8,2 8,1 0,4 52,3Deutschl<strong>an</strong>d 82,5 1961,8 344,8 813,5 14,4 175,0 7,4 9,9 0,4 56,4Dänemark 5,4 171,1 19,6 47,5 0,8 151,5 4,8 8,8 0,3 57,9Fr<strong>an</strong>kreich 62,7 1430,1 276,0 388,4 11,6 184,3 8,1 6,2 0,3 33,6Italien 58,5 1132,8 185,2 454,0 7,8 132,5 6,8 7,8 0,4 58,6Niederl<strong>an</strong>de 16,3 408,0 81,9 183,0 3,4 210,0 8,4 11,2 0,4 53,4Polen 38,2 198,3 93,0 295,8 3,9 102,0 19,6 7,8 1,5 76,0Schweden 9,0 271,8 52,2 51,0 2,2 241,9 8,0 5,6 0,2 23,3Sp<strong>an</strong>ien 43,4 680,8 145,2 341,8 6,1 140,1 8,9 7,9 0,5 56,2Vereinigtes Königreich 60,2 1626,8 233,9 529,9 9,8 162,6 6,0 8,8 0,3 54,1USA 296,7 10995,8 2340,3 5817,0 98,0 330,3 8,9 19,6 0,5 59,4K<strong>an</strong>ada 32,3 822,4 272,0 548,6 11,4 352,8 13,8 17,0 0,7 48,2Lateinamerika 449,0 1620,0 500,0 938,0 20,9 46,6 12,9 2,1 0,6 44,8Russl<strong>an</strong>d 285,0 525,0 980,0 2303,0 41,0 144,0 78,2 8,1 4,4 56,1China 1311,0 2098,0 1735,0 5101,0 72,6 55,4 34,6 3,9 2,4 70,2Indien 1094,6 644,1 537,3 1147,5 22,5 20,6 34,9 1,0 1,8 51,0Jap<strong>an</strong> 127,8 4994,1 530,5 1214,2 22,2 173,8 4,4 9,5 0,2 54,7Australien 20,5 469,8 122,0 376,8 5,1 249,4 10,9 18,4 0,8 73,8Afrika 894,0 731,0 605,0 835,0 25,3 28,3 34,7 0,9 1,1 33,0BIP = Bruttoinl<strong>an</strong>dsprodukt (in $ des Jahres 2000); PEV = Primärengergieverbrauch; CO2-Emissionen = hier nur energiebedingte CO2-Emissionen.Quelle: IEA 2007, eigene Berechnungen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 8Energieverbrauch in der Europäischen UnionEine rückschauende Analyse des Energieverbrauchs der Europäische Union sowie eineProjektion bis 2030 wurde im Jahr 2003 <strong>von</strong> der Europäischen Kommission (2003) veröffentlicht.Die Studie wurde <strong>von</strong> der Universität Athen <strong>an</strong>gefertigt; bei den Projektionenh<strong>an</strong>delt es sich also um Ergebnisse wissenschaftlicher Analysen und nicht um politischeZielvorstellungen. Für die Interpretation der Ergebnisse ist ferner <strong>von</strong> Bedeutung, dass dieStudie <strong>von</strong> der Fortexistenz niedriger Energiepreise ausgeg<strong>an</strong>gen ist und natürlich auchdie energiepolitischen Beschlüsse vom April 2007 noch nicht berücksichtigen konnte.Ausgewählte Ergebnisse der Studie sind in Tabelle 2.2 und in Abbildung 2.3 zusammengefasst.– Im Zeitraum zwischen 1990 und 2000 stieg der Primärenergieverbrauch im Gesamtgebietder EU-25 um 0,6 % p. a. <strong>an</strong>. Dieser moderate Anstieg setzte sich zusammen aus einemAnstieg <strong>von</strong> 1,0 % p. a. in der EU-15 und einem Rückg<strong>an</strong>g <strong>von</strong> 1,6 % p. a. in den Beitrittsländern.– Im Projektionszeitraum 2000 bis 2030 wird ein Anstieg des Primärenergieverbrauchs uminsgesamt 19 % erwartet, während sich Bruttoinl<strong>an</strong>dsprodukt ungefähr verdoppelt. DieseEntwicklung wird durch eine erhebliche Verbesserung der Energieeffizienz ermöglicht.– Für die Beitrittsländer wird ein etwas höheres prozentuales Wachstum des Primärenergieverbrauchserwartet als für die EU-15. Wichtigster Grund hierfür ist das höhere Wirtschaftswachstumin den Beitrittsländern.– Der zusätzliche Energieverbrauch bis 2030 wird zum weit überwiegenden Teil (ca. 80 %)durch Erdgas gedeckt. Der Anteil des Erdgases am Primärenergieverbrauch wird <strong>von</strong>derzeit ca. 22 % auf ca. 32 % <strong>an</strong>steigen.– Die erneuerbaren Energieträger werden sich, prozentual gesehen, am stärksten ausdehnen(+75 % bis 2030), doch wird der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Primärenergieverbrauchim Jahr 2030 immer noch unter 10 % liegen.– Die Importabhängigkeit der Europäischen Union wird in allen drei Sparten der fossilenEnergieträger deutlich <strong>an</strong>steigen, <strong>von</strong> durchschnittlich 47 % im Jahr 2000 auf ca. 68 % imJahr 2030.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 9Tabelle 2.2: Energieverbrauch in der EU-25, 1990 bis 2030in EJJährliche Wachstumsrate (in %)1990 2000 2010 2020 2030 90/00 00/10 10/20 20/30 00/30Kohle 18,0 12,7 10,2 10,6 12,4 -3,5 -2,2 0,4 1,6 -0,1Erdöl 25,1 26,5 27,4 28,4 28,7 0,6 0,3 0,3 0,1 0,3Erdgas 10,8 15,7 21,4 25,0 26,4 3,8 3,1 1,6 0,5 1,7Kernbrennstoffe 8,2 10,0 10,3 9,0 7,7 1,9 0,3 -1,4 -1,4 -0,8Erneuerbare Energieträger 2,9 4,1 5,6 6,4 7,1 3,3 3,2 1,3 1,1 1,9Gesamt 65,2 69,1 74,9 79,3 82,4 0,6 0,8 0,6 0,4 0,6EU-15 55,3 60,8 66,0 69,4 72,0 1,0 0,8 0,5 0,4 0,6EU-10 10,0 8,3 8,9 9,8 10,4 -1,8 0,7 1,1 0,5 0,8Quelle: PRIMES, ACE, aus: Europäische Kommission (2003).Abbildung 2.3: Import<strong>an</strong>teile der EU-25 bei Energierohstoffen, 1990 bis 2030100 %90 %80 %70 %60 %50 %Kohle Erdöl Erdgas Gesamt40 %30 %20 %10 %0 %1990 2010 20302000 20201990 2010 20302000 20201990 2010 20302000 20201990 2010 20302000 2020Quelle: PRIMES, ACE, aus: Europäische Kommission (2003).Energieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>dIn Deutschl<strong>an</strong>d ist der Primärenergieverbrauch in verg<strong>an</strong>genen 25 Jahren weitgehend konst<strong>an</strong>tgeblieben (Abbildung 2.4). Die weitgehende Entkopplung des Wirtschaftswachstumsvom Primärenergieverbrauch konnte in erster Linie durch Effizienzsteigerungen bei derEnergieproduktion und -verwendung erreicht werden, aber auch <strong>an</strong>dere Einflussfaktorensind zu beachten:– Grundsätzlich liegt es im wirtschaftlichen Interesse der Unternehmen und Haushalte, denKostenfaktor Energie möglichst gering zu halten.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 10– Die deutsche Politik gab durch zahlreiche Maßnahmen verstärkte Anreize <strong>zur</strong> sparsamenEnergieverwendung und <strong>zur</strong> Effizienzverbesserung.– Außerdem gab es Sondereinflüsse durch die deutsche Einheit. Durch den veralteten Zust<strong>an</strong>dder ostdeutschen Energiewirtschaft konnten in diesem Teil des L<strong>an</strong>des besondersgroße Fortschritte bei Energieeinsparung und Klimaschutz erzielt werden.– Schwer abzuschätzen ist schließlich der Effekt, der sich aus einer Verlagerung besondersenergieintensiver Wirtschaftszweige ins Ausl<strong>an</strong>d ergibt. Solche Verlagerungen könnenals Reaktion auf eine besonders restriktive nationale Energie- und Klimapolitik betriebswirtschaftlichsinnvoll werden; sie können aber nicht als klimapolitischer Erfolg <strong>an</strong>gesehenwerden, weil der Energieeinsparung in Deutschl<strong>an</strong>d ein Mehrverbrauch in <strong>an</strong>derenWeltregionen gegenübersteht.Die Bedeutung der einzelnen Energieträger für die deutsche Energieversorgung hat sichim Zeitablauf verändert (Tabelle 2.3). Die 1980er Jahre waren insbesondere durch denAufstieg der Kernenergie und den Rückg<strong>an</strong>g des Mineralölverbrauchs gekennzeichnet. Inden 1990er Jahren war der Strukturw<strong>an</strong>del vor allem durch den Rückg<strong>an</strong>g der Braunkohle,insbesondere in Ostdeutschl<strong>an</strong>d, und den Anstieg des Erdgasverbrauchs geprägt.Abbildung 2.4:PJ20.000Primärenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d, nach Energieträgern,1980 bis 200515.000SonstigeKernenergie10.0005.000BraunkohleSteinkohleErdgasMineralöl01980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004* 2006*Berechnung auf Basis des Wirkungsgrad<strong>an</strong>satzes.*)2004-2006: vorläufige Angaben.Quelle: AG Energiebil<strong>an</strong>zen, 7/2007; eigene Berechnungen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 11Tabelle 2.3:Anteile der Energierohstoffe am Primärenergieverbrauch Deutschl<strong>an</strong>dinsgesamt, 1980 bis 20051980 1985 1990 1995 2000 2005in %Mineralöle 40,7 33,9 35,1 39,9 38,2 36,1Erdgas 14,5 13,7 15,4 19,6 20,7 22,7Steinkohle 16,5 16,6 15,5 14,4 14,0 12,9Braunkohle 22,8 24,4 21,5 12,2 10,8 11,2Kernenergie 4,1 10,0 11,2 11,8 12,9 12,5Sonstige 1,4 1,4 1,3 2,1 3,4 4,6Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebil<strong>an</strong>zen 7/2007, eigene Berechnungen.Abbildung 2.5: Herkunft und Verwendung der Primärenergie in Deutschl<strong>an</strong>d, 2006Energiefluss 2005 in Mio. Tonnen Steinkohleeinheiten(1kg SKE = 8,1 kWh = 29,31 GJ)Gewinnungim Inl<strong>an</strong>dImportBest<strong>an</strong>dsentnahme-2,3StatistischeDifferenzen0,5*129,8 432,8560,3Energieaufkommen im Inl<strong>an</strong>d485,9Primärenergieverbrauch312,5Endenergieverbrauch74,437,4115,719,8Export und BunkerungNichtenergetischer VerbrauchUmw<strong>an</strong>dlungsverlusteVerbrauch in denEnergiesektoren83,7 89,6 90,0 49,2IndustrieVerkehr HaushaltGewerbe, H<strong>an</strong>del,Dienstleistungen* Geschätzt.Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebil<strong>an</strong>zen (St<strong>an</strong>d 09/2006).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 12Für die Suche nach den optimalen Ansatzstellen für energiepolitische Maßnahmen ist eswichtig, die Verwendung der in Deutschl<strong>an</strong>d eingesetzten Primärenergie zu <strong>an</strong>alysieren.Einen Überblick hierzu vermittelt Abbildung 2.5. Die Abbildung verdeutlicht, dass<strong>von</strong> den 486 Mio. t SKE (entsprechend 14,2 EJ), die nach Abzug <strong>von</strong> Export und Bunkerunginsgesamt <strong>zur</strong> Verfügung stehen, knapp 8 % in eine nicht-energetische Verwendungfließen und weitere 28 % bei Umw<strong>an</strong>dlungsprozessen verloren gehen bzw. intern verbrauchtwerden. Die verbleibenden 313 Mio. t SKE (9,2 EJ) stehen für den Endenergieverbrauch<strong>zur</strong> Verfügung und werden zu ungefähr gleichen Teilen durch Industrie (27 %),Verkehr (29 %), Haushalte (29 %) und in etwas geringerem Umf<strong>an</strong>g durch Gewerbe, H<strong>an</strong>delund Dienstleistungen (16 %) verbraucht.Tabelle 2.4:Endenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d nach Energieträgern und Sektoren,2005, und Veränderung seit 1995Kraftstoffe 2) Heizöl 3) Gase StromFernwärmeEnergieverbrauch 2005 (in PJ)Gesamt 9.173 821 2.595 1.069 2.502 1.875 311Industrie 2.462 465 174 931 847 45Gewerbe/H<strong>an</strong>del/Dienstl. 1.445 18 263 4) 510 460 100Haushalte 2.665 258 687 1.058 510 152Verkehr 2.628 2.567 3 58Anteile am gesamten Endenergieverbrauch (%)Gesamt 100 9 28 12 27 20 3Industrie 27 5 2 10 9 1Gesamt Kohle 1)Gewerbe/H<strong>an</strong>del/Dienstl. 16 0 3 4) 6 5 1Haushalte 29 3 7 12 6 2Verkehr 29 28 0 1Veränderung gegenüber 1995 (in PJ)Gesamt -149 +71 -101 -540 +242 +227 -55Industrie -12 -24 -124 +2 +161 -25Gewerbe/H<strong>an</strong>del/Dienstl. -134 -32 -287 4) +104 +13 -25Haushalte +10 +53 -215 +133 +52 -19Verkehr +14 +11 +3 +01) Inkl. <strong>Biomasse</strong>, Solarthermie, Wärmepumpen.2) Inkl. Biokraftstoffe.3) Inkl. sonstige Mineralöle4) Inkonsistenz in der Zeitreihe, daher überschätzter Rückg<strong>an</strong>g zwischen 2004 und 2005.Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebil<strong>an</strong>zen 7/2007, eigene Berechnungen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 13Tabelle 2.5:Endenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d 2005, nach Anwendungsbereichenund SektorenGesamtRaumwärmeWarmwasserSonst. Mech<strong>an</strong>. BeleuchtungProzesswärme EnergieEndenergieverbrauch (in PJ)Gesamt 9.299 2.972 478 1.934 3.725 191Industrie 2.453 217 18 1.583 595 41Gewerbe/H<strong>an</strong>del/Dienstl. 1.489 695 147 229 322 97Haushalte 2.731 2.049 314 123 205 41Verkehr 2.626 12 0 0 2.603 12Anteile am gesamten Endenergieverbrauch (%)Gesamt 100 32 5 21 40 2Industrie 26 2 0 17 6 0Gewerbe/H<strong>an</strong>del/Dienstl. 16 7 2 2 31Haushalte 29 22 3 1 2 0Verkehr 28 0 0 0 28 0Quelle: VDEW (2005); eigene Berechnungen.Näheren Aufschluss über Struktur und Entwicklung des Endenergieverbrauchs (EEV)geben die Tabellen 2.4 und 2.5. Hieraus lassen sich folgende Kernergebnisse zusammenfassen:– Heizöl nimmt mit einem Anteil <strong>von</strong> 12 % am EEV immer noch eine bedeutende Rolleein. Die Verwendung <strong>von</strong> Erdöl zu Heizzwecken ist jedoch besonders stark rückläufig,und <strong>an</strong> diesem Rückg<strong>an</strong>g beteiligen sich Haushalte, Industrie und der Bereich Gewerbe,H<strong>an</strong>del, Dienstleistungen gleichermaßen.– Die Ausdehnung des Erdgasverbrauchs (auf 27 % des EEV) und des Stromverbrauchs(auf 20 % des EEV) sind besonders augenfällig. Die größten Zuwächse beim Erdgasverbrauchverzeichnen die privaten Haushalte und der Bereich Gewerbe/H<strong>an</strong>del/Dienstleistungen,die größten Zuwächse beim Stromverbrauch verzeichnet die Industrie.– Generell verzeichnet der Bereich Gewerbe/H<strong>an</strong>del/Dienstleistungen die stärksten Energieeinsparungen.Demgegenüber hat der Energieverbrauch bei den privaten Haushaltenund im Verkehr in den verg<strong>an</strong>genen 10 Jahren leicht zugenommen.– Der wichtigste Anwendungsbereich der Energie ist die Wärmeerzeugung (58 %). Auf dieErzeugung <strong>von</strong> Raumwärme entfallen 32 % des gesamten Endenergieverbrauchs; in diesemSegment dominieren die privaten Haushalte. D<strong>an</strong>eben ist auch die Erzeugung <strong>von</strong>Prozesswärme (22 %), überwiegend für die Industrie, <strong>von</strong> großer Bedeutung. Demgegenüberist der Energieverbrauch für Warmwasser (5 %) relativ gering.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 14– Nach der Wärmeerzeugung ist die Erzeugung mech<strong>an</strong>ischer Energie der zweitwichtigsteAnwendungsbereich (40 %). Hier dominiert vor allem der Verkehrssektor (28 %). ImVergleich zu den großen Einsatzfeldern Wärme und Tr<strong>an</strong>sport fällt der Energieeinsatz fürdie Beleuchtung mit 2 % sehr gering aus.Für die Beurteilung des Subsektors Strom ist die Frage <strong>von</strong> Bedeutung, welche Energieträgerhier derzeit zum Einsatz kommen und wie sich der Rohstoff-Mix in der Verg<strong>an</strong>genheitgeändert hat. Gegenwärtig werden vor allem folgende Rohstoffe eingesetzt (Anteile2006, in Prozent):– Kernenergie (34 %)– Braunkohle (27 %)– Steinkohle (23 %)– Gase, v. a. Erdgas (10 %)– Wasser- und Windkraft (4 %)Die Zusammensetzung dieses Rohstoff-Mix hat sich in den verg<strong>an</strong>genen 15 Jahren nurgeringfügig verändert. Gas und Windkraft haben um je 2 Prozentpunkte zugelegt, die Anteile<strong>von</strong> Braunkohle und Steinkohle wurden entsprechend reduziert.Für die Beurteilung des Subsektors Verkehr ist aufschlussreich, welche Bedeutung dieverschiedenen Kraftstoffe haben und wie sich diese Bedeutung in der Verg<strong>an</strong>genheit veränderthat. Hierzu lassen sich aus Abbildung 2.6 folgende Kernaussagen ableiten:– Der Anteil <strong>von</strong> Motorenbenzin war seit 1990 stark rückläufig und verlor 20 Prozentpunkte(Rückg<strong>an</strong>g <strong>von</strong> ca. 56 % auf ca. 36 %).– Diese Markt<strong>an</strong>teile wurden <strong>von</strong> drei Kraftstoffarten übernommen: Dieselkraftstoff gew<strong>an</strong>nca. 9 Prozentpunkte (Anstieg <strong>von</strong> ca. 34 % auf ca. 43 %), Flugturbinenkraftstoffebzw. Flugbenzin gew<strong>an</strong>nen ca. 6 Prozentpunkte (Anstieg <strong>von</strong> ca. 8 % auf ca. 14 %), unddie Biokraftstoffe kamen neu in den Markt und liegen derzeit bei über 5 Prozentpunkten.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 15Abbildung 2.6:Zusammensetzung des Energieverbrauchs des Verkehrs in Deutschl<strong>an</strong>d,1990 bis 2006PJ3000250020001500StromFlugkraftstoffeDieselSonstige Energieträger1)1000500Benzin01990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004* 2005* 2006**)2004-2006: vorläufige Angaben.1) Vor allem Biokraftstoffe.Quelle: AG Energiebil<strong>an</strong>zen, 7/2007.Erneuerbare Energieträger haben in den verg<strong>an</strong>genen zwei Jahrzehnten einen starkenAufschwung genommen. Gemessen am gesamten Energieverbrauch ist ihre Bedeutungallerdings immer noch gering. Tabelle 2.6 gibt einen Überblick über die Entwicklung derErneuerbaren Energien seit 1990. Folgende Kernaussagen lassen sich daraus ableiten:– Es gibt in Deutschl<strong>an</strong>d zwei Bereiche, in denen Erneuerbare Energien seit Jahrzehntenetabliert sind. Das ist zum einen die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Wasserkraft <strong>zur</strong> Stromerzeugung, zum<strong>an</strong>deren die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> – vorwiegend Holz – <strong>zur</strong> Wärmeerzeugung. Die <strong>Nutzung</strong>sumfängelagen, bezogen auf den Endenergieverbrauch Deutschl<strong>an</strong>ds, im Jahr 1990bei 0,6 % (Wasserkraft) bzw. 1,5 % (<strong>Biomasse</strong>).– Bei der Wasserkraft ist seit 1990 nur ein geringfügiges Wachstum zu verzeichnen, was inerster Linie auf natürliche Grenzen dieses EE-Zweiges <strong>zur</strong>ückzuführen sein dürfte. Demgegenüberhat sich die <strong>Biomasse</strong>-<strong>Nutzung</strong> <strong>zur</strong> Wärmeerzeugung seit 1990 verdoppelt.Diese Komponente stellt mit 274 PJ/a nach wie vor die größte erneuerbare Energiequelledar, ihr Anteil am Endenergieverbrauch (Primärenergieverbrauch) liegt derzeit bei 3,0 %(1,9 %).– Die stärksten prozentualen Zuwachsraten weist die EE-Br<strong>an</strong>che aber nicht dort auf, wosie traditionell stark ist (Holz <strong>zur</strong> Wärmeerzeugung), sondern in einigen <strong>an</strong>deren Feldern,die in den Genuss einer umf<strong>an</strong>greichen energiepolitischen Förderung gekommen sind.Drei EE-Linien haben auf diese Weise inzwischen eine nennenswerte, wenngleich immernoch geringe Bedeutung für die nationale Energieversorgung erl<strong>an</strong>gt (in Klammern: <strong>Nutzung</strong>sumf<strong>an</strong>g,bezogen auf den Primär- bzw. Endenergieverbrauch):


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 16• Windkraft <strong>zur</strong> Stromerzeugung (0,7 bzw. 1,1 %)• <strong>Biomasse</strong> <strong>zur</strong> Stromerzeugung (0,3 bzw. 0,5 %)• Biodiesel als Kraftstoff (0,5 bzw. 0,7 %)– Die übrigen EE-Linien (Fotovoltaik, Solarthermie. Geothermie, Rapsöl, Eth<strong>an</strong>ol) bewegensich trotz der teilweise erheblichen Förderung noch bei einem Anteil <strong>von</strong> 0,1 % (bezogenauf den deutschen Gesamtenergieverbrauch).– Zusammengenommen haben die Erneuerbaren Energien inzwischen einen Anteil <strong>von</strong> 4,2bzw. 6,6 % am Primär- bzw. Endenergieverbrauch Deutschl<strong>an</strong>ds. Der Anteil der <strong>Biomasse</strong>innerhalb des EE-Segments hat sich in den verg<strong>an</strong>genen 15 Jahren kaum verändert undbeträgt ungefähr zwei Drittel.Tabelle 2.6 Entwicklung erneuerbarer Energien in Deutschl<strong>an</strong>d, 1990 bis 20051990 1995 2000 2005Energieerzeugung in PJ/aStrom aus EE 66 92 132 229- Wasserkraft 61 78 90 77- Wind 0 6 27 98- <strong>Biomasse</strong> 5 7 15 49- Fotovoltaik 0 0 0 5Wärme aus EE 141 165 205 291- <strong>Biomasse</strong> 1) 137 158 196 274- Solarthermie 0 2 5 11- Geothermie 4 5 5 6Kraftstoff aus EE 0 1 9 81- Biodiesel 0 1 9 67- Rapsöl 0 0 07- Bioeth<strong>an</strong>ol 0 0 0 7Gesamt EE 207 258 346 601- da<strong>von</strong> aus <strong>Biomasse</strong> 142 166 220 404Primärverbrauch D (PJ/a) 14.905 14.269 14.401 14.238Endenergieverbrauch D (PJ/a) 9.472 9.322 9.234 9.118Anteil EEV <strong>an</strong> PEV (%) 1,4 1,8 2,4 4,2Anteil EE <strong>an</strong> EEV (%) 2,2 2,8 3,7 6,6Anteil <strong>Biomasse</strong> <strong>an</strong> PEV (%) 1,0 1,2 1,5 2,8Anteil <strong>Biomasse</strong> <strong>an</strong> EEV (%) 1,5 1,8 2,4 4,41) Bei <strong>Biomasse</strong> ab 2003 Neubewertung des Wärmebeitrags aufgrund verbesserter Datenlage.Quelle: Nitsch (2007) auf Basis <strong>von</strong> AGEE, BMU, BMWi.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 17Perspektiven der künftigen Verbrauchsentwicklung in Deutschl<strong>an</strong>d wurden insbesondereim Energiereport IV (EWI/PROGNOS 2005) und in der Studie „Ökologisch optimierterAusbau der Erneuerbaren Energien“ (DLR/IFEU/WI 2004) untersucht. Die Studien kommenzu der Einschätzung, dass der Primärenergieverbrauch künftig deutlich sinken wird.Die Energieeffizienz wird weiter steigen, und im Energie-Mix werden erneuerbare Energienund Erdgas tendenziell eine größere Bedeutung haben, während die Bedeutung derKomponenten Kernenergie und Kohle rückläufig ist (Abbildung 2.3). Diese Veränderungdes Energie-Mix würde, abgesehen <strong>von</strong> der Kernenergie, die Trends der jüngeren Verg<strong>an</strong>genheitfortsetzen.Angesichts der Tatsache, dass Deutschl<strong>an</strong>d trotz umf<strong>an</strong>greicher politischer Maßnahmenund starker Energiepreissteigerungen in den verg<strong>an</strong>genen Jahren praktisch keinen Rückg<strong>an</strong>gdes Energieverbrauchs mehr verzeichnen konnte (vgl. Abbildung 2.4), ist der in derDLR/IFEU/WI–Studie entwickelte Einsparungspfad nach Auffassung des Beirats als äußerstambitioniert <strong>an</strong>zusehen.Abbildung 2.7:Prognosen und Szenarien zum Primärenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d,2020PJ16.00014.00012.00010.0008.0006.0004.0002.000014.2382005Energiereport IV DLR/IFEU/WI 200413.01910.9202020 2020ErneuerbareBraunkohleSteinkohleKernenergieErdgasMineralölQuelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebil<strong>an</strong>zen; EWI/PROGNOS (2005); DLR/IFEU/WI (2004); entnommen aus BMWi/BMU (2006).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 182.2 Verfügbarkeit fossiler EnergiequellenIm globalen Maßstab muss realistischer Weise da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen werden, dass derVerbrauch fossiler Energieträger weiter deutlich <strong>an</strong>steigen wird und speziell die Entwicklungs-und Schwellenländer ihr starkes Wirtschaftswachstum auch in den kommendenzwei bis drei Jahrzehnten primär auf fossilen Energieträgern gründen werden (vgl.Abbildung 2.2).In der längerfristigen Perspektive wird jedoch ein Umsteigen auf erneuerbare Energieträgerunausweichlich werden. Spätestens d<strong>an</strong>n, wenn die Lagerstätten der fossilen Energieträger<strong>zur</strong> Neige gehen, werden die Marktpreise diese Entwicklung stark forcieren. Ausklimapolitischen Gründen ist allerdings eine größere Verbreitung der erneuerbaren Energieträgerschon zu einem viel früheren Zeitpunkt wünschenswert; hierauf wird in Kapitel2.5 näher eingeg<strong>an</strong>gen.Bezüglich der konkreten Reichweiten der fossilen Energieträger gibt es zum Teil erheblicheUnsicherheiten. Um die noch verbliebenen <strong>Nutzung</strong>smengen und -zeiträume qu<strong>an</strong>titativabzuschätzen, verwendet m<strong>an</strong> die Begriffe „Reserven“ und „Ressourcen“ (BGR,2005):– Reserven umfassen die sicher nachgewiesenen und mit bek<strong>an</strong>nter Technologie wirtschaftlichgewinnbaren Vorkommen.– Ressourcen sind Vorkommen, die entweder noch nicht wirtschaftlich zu fördern sind oderdie noch nicht sicher nachgewiesen, aber aufgrund geologischer Indikatoren erwartetwerden.Im Laufe der Zeit werden Ressourcen sukzessive in Reserven überführt. So erklärt sich,dass zum Beispiel die Erdölreserven (ausgedrückt in „noch verbliebenen Jahresverbräuchen“)über die verg<strong>an</strong>genen Jahrzehnte hinweg weitgehend konst<strong>an</strong>t geblieben sind(BGR, 2005). Daraus darf nicht der Schluss gezogen werden, die Ressourcen würden„noch ewig“ reichen. Allerdings können insbesondere technische Fortschritte bei der Fördertechnikden Grad der Nutzbarkeit der Ölfelder verbessern, was zu einer entsprechendenErhöhung der Reichweiten führt (PICARD, 2006).Reichweite einzelner nicht-erneuerbarer EnergierohstoffeDer Vergleich zwischen den verschiedenen nicht-erneuerbaren Energierohstoffen zeigt,dass die Reichweite der Erdölvorkommen besonders knapp bemessen ist (Tabelle 2.7).Selbst d<strong>an</strong>n, wenn es keinen weiteren Anstieg des Erdölverbrauchs mehr gäbe, würden dieRestbestände <strong>an</strong> konventionellem Erdöl voraussichtlich nur noch ca. 60 Jahre und die Bestände<strong>an</strong> nicht-konventionellem Erdöl (Öls<strong>an</strong>de, Ölschiefer) noch weitere ca. 80 Jahrereichen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 19Da mit weiter steigenden Jahresverbräuchen für Erdöl zu rechnen ist (siehe Abbildung2.1), verringern sich die errechneten „Restnutzungszeiten“ entsprechend – es sei denn, derjährliche Mehrverbrauch würde durch den Fund neuer Ölfelder bzw. eine verbesserteNutzbarkeit bestehender Ölfelder überkompensiert.Tabelle 2.7:Jahresverbrauch, Reserven und Ressourcen nicht-erneuerbarer Energierohstoffe,2005Erdölkonventionelles 161 6.755 3.430 10.185 42 21 63nicht-konventionelles 2.761 10.460 13.221 17 65 82Erdgaskonventionelles 90 5.676 6.555 12.231 63 73 136nicht-konventionelles 63 48.633 48.696 1 540 541Hartkohle 122 18.347 104.573 122.920 150 857 1.007Weichbraunkohle 9 2.062 10.184 12.246 229 1.132 1.361Kernbrennstoffe 26 1.707 6.268 7.975 66 241(Ur<strong>an</strong>, Thorium)Gesamt 408 37.370 190.103 227.473 92 466 5581) Reserven und Ressourcen.2) Anzahl Jahresverbräuche (Verbrauchsumf<strong>an</strong>g 2005).Quelle: BGR 2005, eigene Berechnungen.Verbrauch Reserven Ressourcen Summe Reserven Ressourcen SummeR + R 1)R + REJ EJ EJ EJ JV 2) JV 2) JV 2)307Die Abbildung 2.8 vermittelt eine Vorstellung darüber, wie sich die jährliche Förderungbisher entwickelt hat und wie sie sich in der Zukunft vermutlich entwickeln wird. Dassder sogen<strong>an</strong>nte Peak Oil in den nächsten fünf Jahrzehnten eintreten wird, ist im Grundeunbestritten; der genaue Zeitpunkt innerhalb dieser Periode ist allerdings kaum verlässlichvorherzusagen.Die Erdgaspotenziale sind im Bereich „konventionelles Erdgas“ ähnlich knapp bemessenwie beim Erdöl. Sehr große, zusätzliche Ressourcen existieren jedoch im Bereich „nichtkonventionellesErdgas“. Rein rechnerisch würden allein diese Ressourcen ausreichen, umden gesamten derzeitigen Primärenergieverbrauch der Welt über 100 Jahre l<strong>an</strong>g abzudecken.Allerdings weist die BGR (2005, S. 21) darauf hin, dass ein Großteil dieser Ressourcenin Hydraten und Aquiferen enthalten ist und eine nennenswerte kommerzielleFörderung dieser Ressourcen in absehbarer Zukunft nicht wahrscheinlich ist.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 20Abbildung 2.8:Die weltweite Erdölförderung <strong>von</strong> 1900 bis 2150 – die historischeEntwicklung und der Versuch eines AusblicksQuelle: GEHRLING, 2004Die Kohlereserven und -ressourcen liegen deutlich oberhalb der Werte, die für Erdöl undErdgas <strong>an</strong>gegeben werden. Wenn die globalen Jahresverbräuche für Kohle nicht steigen,können diese Ressourcen voraussichtlich noch mehr als 800 Jahre l<strong>an</strong>g in Anspruch genommenwerden.Bei der Abschätzung der Reichweite der Ur<strong>an</strong>ressourcen gibt es erhebliche Unsicherheiten.Das ist zum einen darauf <strong>zur</strong>ückzuführen, dass die Abschätzung der Ur<strong>an</strong>vorkommenbesonders schwierig ist; es wird zwischen entdeckten und nicht entdeckten Ressourcenunterschieden, und die letztgen<strong>an</strong>nte Gruppe wird noch einmal in prognostizierte und spekulativeRessourcen unterteilt. Zum <strong>an</strong>deren ist zu berücksichtigen, dass die Ausnutzungdes Naturur<strong>an</strong>s je nach Reaktortyp stark variieren k<strong>an</strong>n.<strong>Nutzung</strong> der nicht konventionellen ErdölvorkommenMit Blick auf die besondere Knappheit der konventionellen Ölreserven stellt sich die Frage,bei welchen Erdölpreisen die <strong>Nutzung</strong> nicht-konventioneller Erdölvorkommen rentabelist und welche Angebotsmengen hieraus resultieren können.Hinsichtlich der Produktionskosten kommen die vorliegenden Analysen übereinstimmendzu dem Schluss, dass bei einem Erdölpreis <strong>von</strong> 50 US$/bbl nicht nur eine kostendeckendeProduktion möglich ist, sondern auch neue Förderprojekte mit erheblichen Gewinnen inAngriff genommen werden können. Das k<strong>an</strong>adische National Energy Board (NEB, 2006)hat in einer umfassenden Studie verschiedene Gewinnungs- und Aufbereitungsverfahrenvergleichend untersucht; alle Ergebnisse liegen in einem Vollkostenbereich zwischen 14und 40 US$/bbl. Die tatsächlichen Förderkosten sind, nach Jahresberichten des Alberta


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 21Energy <strong>an</strong>d Utilities Board, zwischen 1980 und 2000 <strong>von</strong> ca. 20 auf ca. 10 US$/bbl gesunken(ECKER, 2006). Nach Einschätzung des NEB lag die Gewinnschwelle für neueAnlagen im Jahr 2006 bei 30 bis 35 US$/bbl. Mehrere Autoren weisen auf Faktoren hin,die sich künftig kostentreibend auswirken könnten (ISAACS, 2005; NEB, 2006; CHAVES,2007): Erstens der steigende Erdgaspreis (um 6 GJ marktgängiges Öl zu erzeugen, wird1 GJ Erdgas eingesetzt), zweitens die extrem <strong>an</strong>gesp<strong>an</strong>nte Arbeitsmarktlage (der Boom-Sektor agiert in einer fast menschenleeren Region) sowie die gestiegenen Materialkosten,und drittens mögliche klimapolitische Belastungen (gemäß Kyoto-Protokoll soll K<strong>an</strong>adaseine Treibhausgas-Emissionen zwischen 1990 und 2012 um 6 % senken, tatsächlich habensich die Emissionen aber bis 2002 um 24 % erhöht). Die zunehmende <strong>Nutzung</strong> derÖls<strong>an</strong>de ist die wichtigste Ursache für den Anstieg der k<strong>an</strong>adischen CO 2 -Emissionen. Ungefähr70 % dieser Emissionen könnten mit neuen technologischen Verfahren relativ kostengünstigaufgef<strong>an</strong>gen und sequestiert werden (REYNOLDS, 2006).Die Vorkommen <strong>an</strong> Öls<strong>an</strong>den und Schwerstölen sind relativ breit über den Globus verstreut,mit Schwerpunkten in K<strong>an</strong>ada und Venezuela. Unter Einrechnung dieser nichtkonventionellenErdölvorkommen r<strong>an</strong>giert K<strong>an</strong>ada in der R<strong>an</strong>gliste der ölreichsten Ländermit rund 28 Gt auf Platz 2, hinter Saudi-Arabien mit ca. 36 Gt und vor dem Ir<strong>an</strong> mit ca.18 Gt. (ECKER, 2006). Allerdings gibt es in der Literatur g<strong>an</strong>z unterschiedliche Angabendarüber, welcher Anteil der Öls<strong>an</strong>d-Vorkommen mit der verfügbaren Technologie ausgebeutetwerden können (ISAACS, 2005; WIKIPEDIA, 2007). Aufgrund der inzwischen eingeleiteten,umf<strong>an</strong>greichen Investitionen geht das NEB (2006) da<strong>von</strong> aus, dass allein die k<strong>an</strong>adischeÖlproduktion auf der Basis <strong>von</strong> Öls<strong>an</strong>den bis 2015 <strong>von</strong> derzeit 1,1 Mio. bbl/Tagauf 3 bis 4 Mio. bbl/Tag ausgeweitet werden (NEB, 2006). Das würde d<strong>an</strong>n ungefähr 4 %der weltweiten Erdölförderung entsprechen.Umw<strong>an</strong>dlung <strong>von</strong> Kohle und Gas in flüssige EnergieträgerAngesichts der besonders starken Knappheit des Erdöls und der großen Abhängigkeit desVerkehrssektors <strong>von</strong> flüssigen Kraftstoffen ist auch die Frage <strong>von</strong> Bedeutung, bei welchenErdölpreisen es rentabel wird, die Gasvorkommen und insbesondere die Kohlevorkommen<strong>zur</strong> Herstellung <strong>von</strong> Flüssigkraftstoffen zu nutzen.Die entsprechenden Technologien, die zumeist auf dem in Deutschl<strong>an</strong>d entwickelten Fischer-Tropsch-Verfahrenbasieren, sind seit Jahrzehnten verfügbar; sie werden mit denOberbegriffen GTL (gas to liquid) bzw. CTL (coal to liquid) bezeichnet.In einer Studie der IEA werden die Herstellungskosten <strong>von</strong> GTL mit 25-30 US$/bbl (5-6US$/GJ)<strong>an</strong>gegeben, die Herstellungskosten <strong>von</strong> CTL mit 40-50 US$/bbl (8-10 US$/GJ).Hierbei wurde bezüglich der Rohstoffkosten <strong>von</strong> einem Gaspreis <strong>von</strong> 0,5US$/GJ und einemKohlepreis <strong>von</strong> 1US$/GJ ausgeg<strong>an</strong>gen (GIELEN/UNANDER, 2005). In einer Studie der


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 22UC Berkeley werden für GTL bzw. CTL synfuels Herstellungskosten-Sp<strong>an</strong>nen <strong>von</strong> 20 bis32 US$/bbl (GTL) bzw. 34 bis 37 US$/bbl (CTL) <strong>an</strong>gegeben (FARREL/BRANDT, 2006).In der Literatur finden sich auch Hinweise auf niedrigere Produktionskosten. So berichtetDAPICE (2004), dass für die große CTL-Anlage, die gegenwärtig vom südafrik<strong>an</strong>ischenKonzern SASOL in China gebaut wird, Vollkosten <strong>von</strong> 15 US$/bbl projektiert werden.BATCHELOR/ALLONBY (2006) verweisen auf eine Schätzung des US-Kohlekonzerns Peabody,der die Herstellungskosten <strong>von</strong> CTL-Treibstoff 35 bis 40 US$/bbl <strong>an</strong>gibt. DasWORLD COAL INSTITUTE (2006) nennt einen Sp<strong>an</strong>ne <strong>von</strong> 25 bis 45 US$/bbl für die Produktionskostenfür CTL, wobei damit auch die Kosten für die Abscheidung und Speicherung<strong>von</strong> CO 2 abgedeckt sind. Nach Angaben des Gesamtverb<strong>an</strong>ds des deutschen Steinkohlebergbauserzeugt SASOL in ihrer südafrik<strong>an</strong>ischen Anlage pro Tag 175.000 Barrelzu Vollkosten <strong>von</strong> ungefähr 25 US$/bbl; für die Kohleverflüssigungs<strong>an</strong>lage, die der chinesischeEnergiekonzern Shenhua in der Mongolei pl<strong>an</strong>t, wird eine Wirtschaftlichkeitsschwelle<strong>von</strong> 20 US$/bbl <strong>an</strong>gegeben (GVSt, 2005). Bezüglich GTL berichten SHER-WOOD/CRAIG (2001) über eine Studie für eine große GTL-Anlage in Alaska, in der eineRentabilitätsschwelle bei einem Rohölpreis <strong>von</strong> 20 US$/bbl errechnet wurde.Eine weitere Option, Erdgasreserven und –ressourcen für den Verkehrs-Sektor nutzbar zumachen, ist die direkte Verwendung des Erdgases in diesem Sektor. Dies setzt ein hinreihendengmaschiges T<strong>an</strong>kstellennetz voraus, außerdem verursacht die Umrüstung der Motorenzusätzliche Kosten. In Deutschl<strong>an</strong>d wird diese Form der Mobilität vom Staat begünstigt,indem Erdgas (als Kraftstoff) mit 1,4 ct/KWh wesentlich geringer besteuert wirdals Diesel (4,7 ct/KWh) und Benzin (7,3 ct/KWh). Weltweit fahren derzeit ca. 3,8 MillionenAutomobile mit Erdgas<strong>an</strong>trieb, das entspricht ungefähr 0,5 % des Gesamtbest<strong>an</strong>des <strong>an</strong>Automobilen. Regionale Schwerpunkte sind Südamerika, Südasien, Italien und die USA(GIELEN/UNANDER, 2005).Vermeidung <strong>von</strong> CO 2 -Emissionen bei der <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Kohle und GasDie Substitution <strong>von</strong> Erdöl durch <strong>an</strong>dere fossile Energieträger ist hinsichtlich des Klimaschutzesals nachteilig <strong>an</strong>zusehen, wenn die <strong>an</strong>deren fossilen Energieträger ungünstigerespezifische Kohlenstoff-Emissionsfaktoren aufweisen, d. h. je erzeugter Energieeinheitmehr CO 2 -Emissionen verursachen als Erdöl. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g wird insbesonderedie verstärkte <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Kohle kritisiert, weil der Kohlenstoff-Emissionsfaktor beiKohle mit ca. 24 kg Kohlenstoff/GJ Energie höher liegt als bei Erdöl (ca. 20 kg/GJ) undErdgas (ca. 14 kg/GJ) (EUROPEAN COMMISSION, 2005).Eine günstigere Beurteilung könnte sich ergeben, wenn die inzwischen eingeleiteten Projekte<strong>zur</strong> CO 2 -Abscheidung und -speicherung (Sequestierung) erfolgreich verlaufen undgroße Verbreitung finden würden. Derzeit befindet sich diese Technologie allerdings nochim Entwicklungsstadium und wird in der Praxis, <strong>von</strong> wenigen Ausnahmen abgesehen,


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 23noch nicht eingesetzt. In den Projekten werden unterschiedliche Verfahren entwickelt underprobt. Die energiepolitische Diskussion bezüglich einzelner Verfahren, aber auch bezüglichder grundsätzlichen Ausrichtung, verläuft kontrovers.Im Auftrag des Umweltbundesamts haben das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik undInnovationsforschung (ISI) und die BGR den St<strong>an</strong>d des Wissens aufgearbeitet und bewertet(RADGEN et al., 2006). Für die Zwecke des vorliegenden Gutachtens sind folgendeKernaussagen hervorzuheben:– Die Kosten der CO 2 -Abscheidung aus Stromerzeugungsprozessen belaufen sich je nacheingesetzter Technologie auf 24 bis 75 €/t CO 2. Die Zusatzkosten entstehen hauptsächlichdurch (a) erhöhte Anlagenkosten, (b) zusätzlichen Bedarf <strong>an</strong> Betriebsmitteln, (c) die notwendigeVergrößerung der Anlagen und (d) einen erhöhten Bedarf <strong>an</strong> Brennstoffen. Diebeiden letztgen<strong>an</strong>nten Punkte ergeben sich daraus, dass die CO 2 -Abscheidung den Gesamtwirkungsgradder Anlagen verringert. Die durch die CO 2 -Abscheidung hervorgerufenenZusatzkosten verteuern die Stromerzeugung um 1,5 bis 2,5 c/kWh.– Der Einbau der Technologie in die heute in Deutschl<strong>an</strong>d bestehenden Kraftwerke wärewahrscheinlich in den meisten Fällen nicht sinnvoll, weil die Kraftwerkst<strong>an</strong>dorte in derRegel zu weit entfernt <strong>von</strong> den potenziellen Speicherstätten sind. Der Abtr<strong>an</strong>sport <strong>von</strong> 1bis 10 Mio. t CO 2 je Kraftwerk und Jahr wäre sinnvoll nur über Schiff oder Pipeline zuorg<strong>an</strong>isieren. Hierzu müsste das Gas in dichten oder kaltflüssigen Zust<strong>an</strong>d überführt werden,was allerdings einen beträchtlichen energetischen Mehraufw<strong>an</strong>d erfordern würde.– Da in den kommenden Jahrzehnten aber in Deutschl<strong>an</strong>d und der EU ein massiver Erneuerungsbedarfim Kraftwerkspark besteht, könnte im Zuge der ohnehin <strong>an</strong>stehenden Ersatzinvestitioneneine wachsende Zahl <strong>von</strong> nahezu CO 2 -freien Kraftwerken <strong>an</strong> den für eineCO 2 -Speicherung geeigneten St<strong>an</strong>dorten entstehen. Als Speicherstätten kommen vor allemporöse Gesteinsformationen in Betracht (Aquifere sowie entleerte Eröl- und Ergaslagerstätten),die durch die geologischen Voraussetzungen nach oben abgedichtet sind unddas CO 2 mit hoher geologischer Speichersicherheit einschließen würden. In den salinenAquiferen Deutschl<strong>an</strong>ds wären ausreichende Speicherkapazitäten für 50 bis 100 Jahrevorh<strong>an</strong>den. Die CO 2 -Speicherung auf dem Oze<strong>an</strong>boden wird zwar ebenfalls diskutiert,doch wird diese Alternative wegen vieler offener Fragen (Dauerhaftigkeit, Umweltwirkungen,öffentliche Akzept<strong>an</strong>z) in Europa nicht weiter verfolgt.– Insgesamt stellt sich die CO 2 -Abscheidung und -speicherung als eine Option dar, die trotzder erheblichen Mehrkosten im Vergleich zu <strong>an</strong>deren Alternativen (Photovoltaik, Wind,<strong>Biomasse</strong>) immer noch ökonomisch vorteilhaft erscheint. Die Option sollte deshalb inBetracht gezogen werden, um mit den verfügbaren volkswirtschaftlichen Mitteln einengrößtmöglichen Beitrag zum Klimaschutz zu erreichen. Andererseits h<strong>an</strong>delt es sich nurum eine Brückentechnologie, die lediglich einige Jahrzehnte genutzt werden k<strong>an</strong>n (bis<strong>zur</strong> Verfüllung der Speicherstätten) und zudem innerhalb dieses Zeitraums den Ressourcenverbrauchfür die Stromerzeugung um etwa ein Drittel erhöht.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 24Regionale Verfügbarkeit der nicht-erneuerbaren EnergierohstoffeUnter dem Aspekt der nationalen Versorgungssicherheit ist <strong>von</strong> Bedeutung, wie die nichterneuerbarenEnergierohstoffe weltweit verteilt sind und wie sicher der Zug<strong>an</strong>g zu diesenRohstoffquellen aus deutscher Sicht eingeschätzt wird.Abbildung 2.9:Die 10 Länder mit den größten Reserven nicht erneuerbarer Energierohstoffe,2005EJ7000600050004000Ur<strong>an</strong>KohleErdgasErdöl3000200010000USARussl<strong>an</strong>dChinaIndienAustralienSaudi-ArabienIr<strong>an</strong>K<strong>an</strong>adaKasachst<strong>an</strong>VenezuelaQuelle: BGR 2005, eigene Berechnungen.Die Analyse der regionalen Verteilung der Energievorkommen zeigt, dass die flächenstarkenLänder der Erde auch über die größten Energiereserven verfügen. Abbildung 2.9 stelltdie 10 Länder mit den größten Reserven vor. Die ersten fünf Plätze werden <strong>von</strong> den USA,Russl<strong>an</strong>d, China, Indien und Australien belegt, und in allen fünf Fällen sind die Platzierungendurch die riesigen Kohlevorkommen bedingt. Erst d<strong>an</strong>ach folgen mit Saudi-Arabien, Ir<strong>an</strong> und K<strong>an</strong>ada drei Länder, bei denen die Erdöl- bzw. Erdgasreserven dominieren.In der Abbildung 2.9 werden nur die Reserven (einschließlich der nicht-konventionellenReserven) dargestellt, nicht jedoch die Ressourcen. Nähme m<strong>an</strong> auch die Ressourcen hinzu,würden Russl<strong>an</strong>d und China vor den USA r<strong>an</strong>gieren. Ursache hierfür sind die rieseigenKohleressourcen, die sich in Russl<strong>an</strong>d auf ca. 42.000 EJ, in China auf ca. 20.000 und inden USA auf ca. 11.000 EJ belaufen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 25Gemessen <strong>an</strong> diesen Größenordnungen ist die Ausstattung Deutschl<strong>an</strong>ds mit nichterneuerbarenEnergieträgern sehr gering. Fasst m<strong>an</strong> alle nicht-erneuerbaren Energieträgerzusammen, so belaufen sich die Reserven auf nur 73 EJ. Das Gesamtpotenzial (Reservenplus Ressourcen) liegt bei 885 EJ. Der weitaus größte Teil hier<strong>von</strong> entfällt auf Braunkohle(726 EJ), Steinkohle folgt mit weitem Abst<strong>an</strong>d (144 EJ), und die Erdgas- und Erdölvorkommensind – gemessen am gesamten deutschen Energiebedarf <strong>von</strong> 14,6 EJ/Jahr – vernachlässigbarklein, denn sie liegen in der Größenordnung <strong>von</strong> nur einem einzigen Jahresverbrauch(vgl. BGR, 2005).Ein umfassender Überblick über die weltweite regionale Verteilung der Lagerstätten wirdin Tabelle 2.8 gegeben. Hierbei wird sehr deutlich, dass Europa über eine besonders dürftigeAusstattung mit nicht-erneuerbaren Energierohstoffen verfügt und dass die europäischenLagerstätten auch bereits in relativ starkem Maße ausgebeutet worden sind. EinEngpass deutet sich insbesondere bei der europäischen Erdölförderung <strong>an</strong>, die im Wesentlichendurch Norwegen und Großbrit<strong>an</strong>nien betrieben wird. Die ursprünglichen Potenzialesind bereits zu mehr als 50 % ausgeschöpft, und sie werden bei gleich bleibender Jahresförderungin den kommenden zwei Jahrzehnten <strong>zur</strong> Neige gehen.Da Europa auch bei den übrigen nicht-erneuerbaren Energierohstoffen nur schwach ausgestattetist und ein vollständiges Umschwenken auf erneuerbare Energieträger erst l<strong>an</strong>gfristigmöglich erscheint, wird es für die mittelfristige Versorgungssicherung <strong>von</strong> großerBedeutung sein, einen verlässlichen Import <strong>von</strong> nicht-erneuerbaren Energierohstoffen ausÜbersee-St<strong>an</strong>dorten sicherzustellen. Tabelle 2.8 zeigt, dass hierfür im Grunde günstigeBedingungen vorliegen, denn die Energierohstoffe sind, insgesamt gesehen, sehr breitüber den Globus hinweg verteilt. Allerdings gibt es bei einzelnen Rohstoffen (z. B Erdöl)deutliche regionale Konzentrationen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 26Tabelle 2.8:Potenziale (Reserven und Ressourcen) der nicht erneuerbaren Energiestoffein den verschiedenen ErdteilenERDÖL (konv.)Europa 4 3 7 56 23GUS 15 15 15 37 64Afrika 10 10 12 33 53Naher Osten 41 50 31 24 100Austral-Asien 6 5 10 46 34Nordamerika 15 8 16 65 32Lateinamerika 9 9 9 38 61Welt 100 100 100 37 62ERDGAS (konv.)Europa 5 3 11 43 41GUS 38 40 29 13 187Afrika 6 7 6 9 155Naher Osten 23 27 10 4 360Austral-Asien 9 10 11 13 116Nordamerika 15 9 26 50 47Lateinamerika 4 4 5 13 125Welt 100 100 100 17 136HARTKOHLEEuropa 2 4 521GUS 43 8 55.883Afrika 4 5 799Naher Osten 0 0 3.076Austral-Asien 34 61 549Nordamerika 14 22 630Lateinamerika 2 1 1.440Welt 100 100 969URAN 1)Ursprüngliches Noch verbliebe- Aktuelle Bisherige Reichweite desPotenzial der nes Potenzial Förderung Ausschöpfung noch verbliebenenRegionen der Regionen pro Jahr des ursprüng- Potenzials bei(in % desweltweitenPotenzials)(in % desweltweitenPotenzials)(in % derweltweitenFörderung)lichen Potenzialsder Regionen(%)gleichbleibenderFörderung(Jahre)Europa 3 1 262GUS 25 25 133Afrika 21 18 155Naher Osten 1 25 8Austral-Asien 26 31 112Nordamerika 17 0 7.285Lateinamerika 6 1 532Welt 100 100 1321) Nur Reserven und entdeckte Ressourcen (ohne prognostische und spekulative Ressourcen).Förderung bedeutet hier Produktion <strong>von</strong> Naturur<strong>an</strong>.Quelle: BGR 2005, eigene Berechnungen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 27Für Deutschl<strong>an</strong>d ver<strong>an</strong>schaulicht Tabelle 2.9, woher die gegenwärtig verbrauchten Energierohstoffestammen. Nicht in der Tabelle enthalten sind die Braunkohle, die komplettaus inländischen Lagerstätten gewonnen wird und derzeit einen Anteil <strong>von</strong> ca. 11 % amPrimärenergieverbrauch hat, und die erneuerbaren Energieträger, deren Anteil bei knapp5 % liegt.Tabelle 2.9:Regionale Herkünfte der in Deutschl<strong>an</strong>d verbrauchten nicht-erneuerbarenEnergiestoffe, 2004Rohöl Erdgas Steinkohle Ur<strong>an</strong>Deutschl<strong>an</strong>d 3 % Deutschl<strong>an</strong>d 17 % Deutschl<strong>an</strong>d 38 % Deutschl<strong>an</strong>d 0 %GUS 41 % Russl<strong>an</strong>d 37 % EU 16 % K<strong>an</strong>ada 47 %Norwegen 19 % Norwegen 26 % Südafrika 14 % Großbrit<strong>an</strong>nien 26 %Großbrit<strong>an</strong>nien 12 % Niederl<strong>an</strong>de 19 % GUS 8 % Russl<strong>an</strong>d 19 %Libyen 12 % Kolumbien 7 % Fr<strong>an</strong>kreich 8 %Saudi-Arabien 4 % Australien 6 %Sonstige 6 % Sonstige 1 % Sonstige 11 % Sonstige 0 %Quelle: BMWi/BMU 2006, eigene Berechnungen.Gewichtet m<strong>an</strong> die einzelnen Energierohstoffe (einschließlich der erneuerbare Energienund Braunkohle) mit ihren Beiträgen zum Primärenergieverbrauch, so lässt sich für diedeutsche Energieversorgung insgesamt derzeit folgendes Ergebnis feststellen:– Ungefähr 25 % des Energieverbrauchs basiert auf Energierohstoffen, die im Inl<strong>an</strong>d gewonnenwerden.– Ungefähr 28 % werden aus <strong>an</strong>deren Teilen der Europäischen Union bzw. aus Norwegenimportiert.– Ungefähr 27 % werden aus Russl<strong>an</strong>d oder <strong>an</strong>deren GUS-Ländern importiert.– Ungefähr 7 % werden aus <strong>an</strong>deren OECD-Ländern importiert.– Ungefähr 13 % werden aus Ländern importiert, die keiner vorgen<strong>an</strong>nten Gruppe zu<strong>zur</strong>echnensind (Länder in Afrika, im Nahen Osten und in Lateinamerika).Insgesamt waren die regionalen Herkünfte bisher also breit gestreut, und die bisweilen inder Öffentlichkeit verbreitete Einschätzung, Deutschl<strong>an</strong>d sei schon gegenwärtig existenziell<strong>von</strong> Energieimporten aus politischen Krisengebieten abhängig, stimmt mit der Wirklichkeitnicht überein.Beim Blick in die Zukunft ist allerdings festzustellen, dass die Importabhängigkeit in denkommenden Jahrzehnten deutlich zunehmen wird (vgl. Abbildung 2.3). Insbesondere bei


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 28Erdöl, in eingeschränktem Maße auch bei Erdgas, k<strong>an</strong>n dabei eine zunehmende Importabhängigkeit<strong>von</strong> einem kleinen Kreis <strong>von</strong> Lieferländern entstehen. Demgegenüber sind dieKohle- und Ur<strong>an</strong>vorkommen regional relativ breit gestreut, und sie weisen eine besondersweite Reichweite auf. Zur Deckung der entstehenden Knappheit ist die <strong>Biomasse</strong> eine Optionunter mehreren. Einige der Optionen liegen, wie die obige Analyse gezeigt hat, imBereich der fossilen Energieträger. Die <strong>Nutzung</strong> der nicht-konventionellen Erdölvorkommenund die Umw<strong>an</strong>dlung <strong>von</strong> Kohle und Gas sind relativ kostengünstige Optionen, umTreibstoffe für den Verkehrsbereich zu erzeugen, und die hier liegenden Energiepotenzialesind regional so breit gestreut, dass auch bei dieser Strategie eine Abhängigkeit <strong>von</strong>Energieimporten aus Krisengebieten in den kommenden Jahrzehnten nicht zu befürchtenwäre.2.3 Entwicklung der Preise für fossile EnergieträgerIn der Abbildung 2.10 ist dargestellt, welchen Verlauf die nominalen Preise für nichterneuerbareEnergierohstoffe in den verg<strong>an</strong>genen Jahrzehnten genommen haben. Bei derInterpretation ist zu beachten, dass für die verschiedenen Energierohstoffe unterschiedlicheBezugsgrößen verwendet werden.Abbildung 2.10: Entwicklung der nominalen Preise für Energieträger seit dem Jahr 1940US$1009080706050403020100Steinkohle US$/TonneErdöl US$/BarrelErdgas US$/Barrel ÖlequivalentNaturur<strong>an</strong> US$/kg U 3 O 81940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2007 2010Quelle: Gerling et al. (2005) bis 2003, <strong>an</strong>schließend geschätzt auf Basis <strong>von</strong> EIA-Statistiken.Die Abbildung zeigt, dass es in den 70er Jahren nach einer l<strong>an</strong>gen Periode niedriger Energiepreisezu einem ersten starken Preis<strong>an</strong>stieg kam, auf den Anf<strong>an</strong>g der 80er Jahre einweiterer starker Preis<strong>an</strong>stieg folgte. D<strong>an</strong>ach s<strong>an</strong>ken die Preise allerdings wieder deutlichab und verblieben bis zum Anf<strong>an</strong>g des laufenden Jahrzehntes auf niedrigem Niveau. Der


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 29starke Preis<strong>an</strong>stieg seit dem Jahr 2000 betraf alle Energieträger, fiel allerdings bei Kohledeutlich schwächer aus als bei den <strong>an</strong>deren Energieträgern. Die Preisbewegungen bei deneinzelnen Rohstoffen lassen sich auf zahlreiche unterschiedliche Ursachen <strong>zur</strong>ückführen;hierzu gehören neben der starken Nachfrage in Ostasien z. B. auch Engpässe bei Tr<strong>an</strong>sportkapazitäten,Streiks, OPEC-Beschlüsse, Spekulationen und vieles <strong>an</strong>dere mehr (vgl.GERLING et al., 2005).Um eine ungefähre Einschätzung der künftigen Energiepreisentwicklung zu gewinnen,werden im Folgenden in einem gerafften Überblick zunächst qu<strong>an</strong>titative Prognosen zusammengefasst,die in der jüngeren Verg<strong>an</strong>genheit <strong>zur</strong> längerfristigen Preisentwicklungfür Erdöl veröffentlicht wurden. Auf die Preisprognose für <strong>an</strong>dere Energieträger wird spätereingeg<strong>an</strong>gen.– Die Energieagentur der US-Regierung (EIA) hat im Frühjahr 2007 umfassende eigenePrognosen veröffentlicht und deren Ergebnisse mit Ergebnissen <strong>an</strong>derer Studien verglichen.In dem Szenario, dass nach Auffassung der EIA am wahrscheinlichsten ist, wirdder Erdölpreis um 2015 bei 47 US$/bbl liegen und d<strong>an</strong>n bis 2030 auf 59 US$/bbl <strong>an</strong>steigen.Dieses Szenario ist in Abbildung 2.11 abgebildet. In ihrem Hochpreis-Szenario haltendie US-Analysten bis zum Jahr 2030 einen Anstieg des inflationsbereinigten Erdölpreisesauf 100 US$/bbl für möglich, im Niedrigpreis-Szenario ein Absinken auf36 US$/bbl.Abbildung 2.11: Projektionen der realen Erdölpreise 2010 bis 2030 (in US$, 2005)$/bbl706050403020100EVAGIIEEA DB2010 2015 2020 2025 2030EIAIEASEERQuelle: EIA 2007.– Bei den <strong>an</strong>deren Studien, die die EIA zum Vergleich her<strong>an</strong>zieht, h<strong>an</strong>delt es sich zum einenum die jüngsten Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA), zum <strong>an</strong>deren umAnalysen <strong>von</strong> privatwirtschaftlich betriebenen Agenturen aus dem Geschäftsfeld Energiemarkt<strong>an</strong>alyse(GII: Global Insights, Inc.; EVA: Energy Ventures Analysis, Inc.;


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 30SEER: Strategic Energy und Economic Research, Inc.; EEA: Energy <strong>an</strong>d EnvironmentalAnalysis, Inc.; DB: Deutsche B<strong>an</strong>k Research). Die Ergebnisse, ausgedrückt in realenPreisen des Jahres 2005, sind in Abbildung 2.11 zusammengefasst. Im Ergebnis zeigtsich, dass die meisten Org<strong>an</strong>isationen den inflationsbereinigten Erdölpreis bis zum Jahr2030 in einem Preiskorridor zwischen 40 und 60 US$/bbl erwarten. Ausdrücklich weistdie EIA allerdings darauf hin, dass es sich hierbei um L<strong>an</strong>gfristprognosen h<strong>an</strong>delt unddass es innerhalb des Prognosezeitraums kurzfristig zu Preisausschlägen auf beiden Sei-ten des Preisb<strong>an</strong>des kommen k<strong>an</strong>n (EIA, 2007).– Auch die Internationale Energieagentur (IEA) weist in ihrer jüngsten Preisprognose daraufhin, dass die Risiken für starke Preisschw<strong>an</strong>kungen zugenommen haben. Die Mittelfristprognosefür Anf<strong>an</strong>g des kommenden Jahrzehnts wurde auf 47 US$/bbl <strong>an</strong>gehoben,gegenüber 35 US$/bbl in den beiden vorherigen Jahren. Bis 2030 ist nach Einschätzungder IEA ein Preis<strong>an</strong>stieg auf nominal 97 US$/bbl denkbar, wenn die Investitionen nicht<strong>an</strong>steigen. Dieser nominale Preis<strong>an</strong>stieg entspricht allerdings einem realen Preis<strong>an</strong>stieg,der innerhalb des B<strong>an</strong>des <strong>von</strong> 40 bis 60 US$/bbl liegt (siehe Abbildung 2.8).– Die OECD (2004) hat in ihrem Economic Outlook No. 76 eine umfassende Analyse dervoraussichtlichen Erdölpreisentwicklung vorgenommen. Sie prognostiziert darin einenleichten Anstieg der realen Preise (in US$ des Jahres 2000) <strong>von</strong> 27 US$/bbl im Jahre2003 auf 35 US$/bbl im Jahre 2030. Mit Hilfe umf<strong>an</strong>greicher Variationsrechnungenwurde untersucht, wie sich veränderte Annahmen bezüglich der wichtigsten Einflussgrößenauf den l<strong>an</strong>gfristig erwarteten Ölpreis auswirken würden. In den meisten Fällen ergabensich nur geringfügige Änderungen, die höchsten berechneten Änderungen (mit sehrrestriktiven Annahmen über das Verhalten der OPEC-Länder) führten zu einer Preiser-wartung in der Größenordnung <strong>von</strong> maximal 70 US$/bbl.– Die OPEC geht in ihrem umfassenden World Oil Outlook (OPEC, 2007) im Referenzszenarioda<strong>von</strong> aus, dass die Weltwirtschaft im Prognosezeitraum bis 2030 mit einerWachstumsrate in Höhe <strong>von</strong> 3,5 % p. a. wächst. Daraus leitet sich ein prognostiziertesWachstum des Erdölverbrauchs in Höhe <strong>von</strong> 1,4 % p. a. ab. Für dieses Referenzszenariowird erwartet, dass sich der nominale Erdölpreis bis 2030 größtenteils in einem B<strong>an</strong>d <strong>von</strong>50-60 US$/bbl bewegen wird und dieses B<strong>an</strong>d erst gegen Ende der Projektionsperiodeinflationsbedingt verlassen wird.– Das Centre for Global Energy Studies (CGES) geht da<strong>von</strong> aus, dass die in jüngster Verg<strong>an</strong>genheitgestiegenen Investitionen der OPEC-Länder ab Mitte 2008 zu einer allmählichenSenkung des Erdölpreises führen werden. Im Ausblick bis 2020 werden zwei Preispfadevorgezeichnet, ein Niedrigpreis-Pfad mit Erdölpreisen <strong>von</strong> 35 US$/bbl und einHochpreis-Pfad mit Erdölpreisen <strong>von</strong> 60 US$/bbl. Zwar ist es nach Einschätzung desCGES möglich, dass sich in diesem Zeitraum (vor allem als Folge geopolitischer Krisen)kurzfristig noch höhere Preise einstellen, doch wird es für unwahrscheinlich gehalten,dass solche sehr hohen Preise längerfristig Best<strong>an</strong>d haben können (DROLLAS, 2007).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 31– In die gleiche Richtung weisen auch die L<strong>an</strong>gfristprognosen der amerik<strong>an</strong>ischen ICFCONSULTING (2005), die für die kalifornische Regierung <strong>an</strong>gefertigt wurden. Interess<strong>an</strong>tist in dieser Studie vor allem der Versuch, die Prognose des Erdölpreises in einen Zusammenh<strong>an</strong>gmit der Schärfe der Klimapolitik zu stellen. Die Studie erwartet für das Referenz-Szenario,in dem keine Klimapolitik unterstellt wird, für das Jahr 2050 einen realenErdölpreis (Basis 2000) <strong>von</strong> 57 US$/bbl, wobei auch für dieses Szenario je nach wirtschaftlicherund technologischer Entwicklung noch einmal ein Niedrigpreis-Pfad(34 US$/bbl) und ein Hochpreispfad (87 US$/bbl) unterschieden wird. Je schärfer nunim Prognosemodell die Klimapolitik implementiert wird, desto niedriger fällt die Nachfragenach Erdöl und damit auch der Erdölpreis aus. Bei einer entschlossenen, globalimplementierten Klimapolitik liegt der für das Jahr 2050 prognostizierte, reale Erdölpreisnicht mehr bei 57 US$/bbl, sondern nur noch bei 25 US$/bbl.– In Deutschl<strong>an</strong>d sind EWI/Prognos (2006) in ihrem Energiereport IV zu der Einschätzunggel<strong>an</strong>gt, dass der reale Erdölpreis im Jahr 2030 ungefähr doppelt so hoch liegen wird wiein den 90er Jahren. Das entspricht einem Preisniveau <strong>von</strong> 37 US$/bbl. In einer gemeinsamenStudie sind HWWI und BERENBERG-BANK (2005) zu der Einschätzung gel<strong>an</strong>gt,der Erdölpreis werde im Jahr 2030 inflationsbereinigt bei gut 60 US$/bbl liegen. ImFrühjahr 2007 haben das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) unddie Energy Environmental Forecast Analysis GmbH Münster (EEFA) eine Studie vorgelegt,die die wahrscheinliche Erdölpreisentwicklung durch zwei Preis-Szenarien einzugabelnversucht. Im Hochpreis-Szenario wird für das Jahr 2030 ein inflationsbereinigterErdölpreis (Basis 2005) <strong>von</strong> 75 US$/bbl erwartet, im Szenario „moderater Preis“ ein Absinkenein inflationsbereinigter Erdölpreis <strong>von</strong> 50 US$/bbl. Im Jahr 2015 liegen beidePreise um bei 65 bzw. 40 US$/bbl.– Interess<strong>an</strong>te Aufschlüsse über die mittelfristige Preiserwartung der Marktteilnehmer (bis2012) geben die Futures-Notierungen <strong>an</strong> der New Yorker Terminbörse NYMEX. DasVolumen der l<strong>an</strong>gfristigen Rohöl-Kontrakte ist in den verg<strong>an</strong>genen Jahren erheblich <strong>an</strong>gestiegen.Die Notierungen für Rohölkontrakte bis 2012 bewegten sich in den verg<strong>an</strong>genenMonaten im Bereich zwischen 60 und 70 US$/bbl. In die gleiche Richtung weisendie Ergebnisse eines Forschungsprojekts, bei dem der World Energy Council (WEC) <strong>an</strong>dKorn/Ferry International mehr als 50 weltweit tätige Entscheidungsträger aus der Br<strong>an</strong>cheinterviewt haben (WEC, 2007). 65 % der Befragten rechnen damit, dass der Erdölpreisin den nächsten fünf Jahren im Preisb<strong>an</strong>d zwischen 60 und 80 US$/bbl verbleibt,während knapp 30 % der Befragten mit niedrigeren und nur 5 % der Befragten mit höherenErdölpreisen rechnen.In der Gesamtschau zeigt sich: Keine der Studien kommt zu der Einschätzung, dass dieErdölpreise längerfristig auf das relativ niedrige Preisniveau der 90er Jahre <strong>zur</strong>ückgehenwerden. Die Gründe hierfür liegen sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite.Für die Nachfrageseite wird erwartet, dass die zunehmende Erdölnachfrage in denEntwicklungs- und Schwellenländern deutlich größer ausfällt als die Verbrauchsdrosse-


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 32lung der Industrieländer. Für die Angebotsseite wird erwartet, dass die Kosten <strong>zur</strong> Mobilisierungder noch verbliebenen konventionellen bzw. nicht-konventionellen Erdölreservendeutlich über den bisherigen Förderkosten liegen und dass die zunehmende Konzentrationdes Angebots auf wenige Anbieterländer deren Marktmacht weiter erhöht. Auf der <strong>an</strong>derenSeite kommen die verfügbaren Studien aber auch zu der Einschätzung, dass mittelfristig– vielleicht abgesehen <strong>von</strong> kurzzeitigen Preisausschlägen – nicht mit einem weiterenAnstieg der realen (d. h. inflationsbereinigten) Energiepreise zu rechnen sein wird. DieseErwartung wird vor allem damit begründet, dass bei Erdölpreisen oberhalb <strong>von</strong> 50 Dollarje Barrel sowohl die Erschließung zusätzlicher Erdölvorkommen als auch die Substitution<strong>von</strong> Erdöl durch <strong>an</strong>dere fossile Energieträger immer rentabler wird (vgl. Kapitel 2.2).Bezüglich der Preisentwicklung für Erdgas und Kohle prognostizieren die meisten derausgewerteten Studien (s. o.) einen geringeren Preis<strong>an</strong>stieg als bei Erdöl. Weil die Kohlevorkommenbesonders weitreichend und breit über den Globus verteilt sind, erwarten dieStudien für diesen Rohstoff mittel- und längerfristig kaum Preissteigerungen. Bei Erdgassind demgegenüber Preissteigerungen wahrscheinlich, allerdings in geringerem Maße alsbeim Erdöl.Eine nach Energieträgern differenzierte Preisprognose der EIA für den US-Markt ist inAbbildung 2.12 dargestellt. Es wird deutlich, dass bei Kohle und Elektrizität für die kommenden25 Jahre mit weitgehend konst<strong>an</strong>ten Preisen gerechnet wird, während die Preisprognosenfür Erdöl und Erdgas einen leichten Preis<strong>an</strong>stieg erwarten lassen. Abbildung2.13 präsentiert eine Prognose <strong>von</strong> EWI/Prognos (2005) für den deutschen Markt, in derallerdings keine Vorhersage für die Strompreise enthalten ist.Abbildung 2.12:Entwicklung der Preise 1) für verschiedene Energieträger in den USAseit 1980 und Prognose bis 2030$/GJ40Verg<strong>an</strong>genheitProjektion30Elektrizität20Erdöl10ErdgasKohle01980 1990 2005 2020 20301) In US-Dollar des Jahres 2005.Quelle: EIA 2007.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 33Abbildung 2.13:Entwicklung der realen Preise für verschiedene Energieträger inDeutschl<strong>an</strong>d seit 1995 und Prognose bis 2030EUR (2000)/GJ765Erdöl43Erdgas21SteinkohleBraunkohle01995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030Quelle: BMWA; Stat. Bundesamt; Statistik der Kohlewirtschaft; EWI/prognos (2005).Für die künftigen energie- und umweltpolitischen Überlegungen ist es auch wichtig zuwissen, wie die Knappheitssignale <strong>an</strong> die Energieverbraucher in den verschiedenen Ländernund Wirtschaftssektoren her<strong>an</strong>getragen werden. Abbildung 2.14 zeigt für neun ausgewählteMitgliedstaaten der EU und für sieben nicht-europäische Länder, welche Preisegegenwärtig <strong>von</strong> verschiedenen Energieverbrauchern (Haushalte, Industrie) für verschiedeneEnergieträger (Heizöl, Kraftstoff, Erdgas, Strom) zu zahlen sind. Folgende Ergebnissesind hervorzuheben:– Für jede Kategorie sind sehr große Preisunterschiede festzustellen, d. h. die Preise in denteuersten Ländern liegen mehr als doppelt so hoch wie die Preise in den billigsten Ländern.– Länder, die bei bestimmten Energieträgern in der teuersten Gruppe zu finden sind, weisenbei <strong>an</strong>deren Energieträgern unterdurchschnittliche Preise auf.– Die Energiepreise für die Industrie liegen bei Heizöl, Erdgas und Strom nur ungefährhalb so hoch wie die Energiepreise, die die Haushalte zu zahlen haben.– Deutschl<strong>an</strong>d liegt bei Strom und Kraftstoff im oberen Mittelfeld, bei Heizöl im unterenMittelfeld.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 36Abbildung 2.15:Endenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d 2000 bis 2050, gemäß Leitszenario2006 (nach Energieherkünften)PJ/a10.0009.0008.0007.000Erdgas6.0005.0004.0003.0002.0001.000MineralölKohlenEE GeothermieEE SolasstrahlungEE <strong>Biomasse</strong>,biog. AbfälleEE WindEE Wasser0Kernenergie2000 2010 2020 2030 2040 2050Quelle: Nitsch (2007); eigene Darstellung.Es h<strong>an</strong>delt sich um einen äußerst ambitionierten Pfad, der bis 2050 eine Minderung derenergiebedingten CO 2 -Emissionen um über 75 % (<strong>von</strong> 840 auf 201 Mio. t/a) verspricht.Diese Minderung soll zum einen durch die Umstellung auf Erneuerbare Energien (EE)erreicht werden, zum <strong>an</strong>deren durch eine deutliche Verbesserung der Energieproduktivität.Folgende weitere Ergebnisse sind hervorzuheben:– Der Primärenergieverbrauch in Deutschl<strong>an</strong>d soll in 50 Jahren um 47 % sinken (<strong>von</strong>14402 auf 7899 PJ/a), der Endenergieverbrauch um 37 % (<strong>von</strong> 9234 auf 5773 PJ/a). DerAnteil der Erneuerbaren Energien (EE) am Primärenergieverbrauch soll <strong>von</strong> 2,7 im Jahr2000 auf 48,5 % im Jahr 2050 steigen.– Innerhalb des EE-Segments wird der <strong>Biomasse</strong> bis 2030 das weitaus größte mengenmäßigeWachstum zugeschrieben, in der <strong>an</strong>schließenden Periode bis 2050 findet hier jedochkaum noch Wachstum statt. Für das Jahr 2050 sieht das Leitszenario eine Erzeugung <strong>von</strong>1.200 PJ Endenergie aus <strong>Biomasse</strong> vor, da<strong>von</strong> 47 % im Kraftstoffsektor. Unterstellt m<strong>an</strong>einen Energie-Ertrag <strong>von</strong> 150 GJ/ha, was ungefähr dem Doppelten der gegenwärtig erzieltenErträge entspricht, so müssten im Jahr 2050 ca. 4 Mio. ha Ackerfläche allein fürdie deutsche Kraftstoffproduktion eingesetzt werden. In der Studie wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen,dass ein gewisser Teil dieser Anbauflächen im europäischen Ausl<strong>an</strong>d liegt.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 37– Ab 2030 übernimmt die Solarstrahlung die Wachstumsdynamik im EE-Segment. Hierbeiwird dem Solarstromimport besondere Bedeutung zugemessen. Während dieser Importim Leitszenario bis 2030 nur <strong>von</strong> marginaler Bedeutung ist, soll im Jahr 2050 bereits einViertel des deutschen Strombedarfs über importierten Solarstrom gedeckt werden.– Windenergie und Geothermie gewinnen ebenfalls stark <strong>an</strong> Bedeutung, jedoch verläuft derZuwachs in diesen beiden Feldern wesentlich stetiger als bei der Bioenergie und der Solarenergie.Die <strong>von</strong> NITSCH (2007) vorgezeichneten Exp<strong>an</strong>sionspfade der Erneuerbaren Energien stellennach Auffassung des Beirats einen sehr hilfreichen Ausg<strong>an</strong>gspunkt für die weiterführendePolitikdebatte dar. Hierbei sollten folgende Aspekte beachtet werden:– In Anbetracht der bisherigen Entwicklungsverläufe und der <strong>von</strong> <strong>an</strong>deren Einrichtungenprognostizierten künftigen Entwicklungen (Abbildungen 2.2, 2.4, 2.6; Tabellen 2.2, 2.6)ist die unterstellte gesamtwirtschaftliche Energieeinsparung als äußerst ambitioniert <strong>an</strong>zusehen.Sollte ein derartiger Verlauf tatsächlich in einer größeren Zahl <strong>von</strong> Industrieländerneintreten, würden die Weltmarktpreise für fossile Energieträger deutlich sinken. Daswiederum würde in vielen Ländern den Anreiz vergrößern, ihr Wirtschaftswachstum zumindestvorübergehend doch wieder verstärkt auf fossile Energieträger zu gründen.– Die Exp<strong>an</strong>sionspfade innerhalb des EE-Segments sind so ausgestaltet, dass zunächst einmaldie inländischen Exp<strong>an</strong>sionsmöglichkeiten ausgeschöpft und erst d<strong>an</strong>ach der Importregenerativer Energie ausgeweitet wird (vor allem Solarstrom). Unter dem Aspekt desKlimaschutzes ist diese Vorgehensweise fragwürdig. Wenn die Gesellschaft bei gegebenemMittelaufkommen durch den Import regenerativer Energien einen deutlich größerenBeitrag zum Klimaschutz leisten k<strong>an</strong>n als durch die eigene Herstellung, wäre der Importdie bessere Strategie.– Auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit <strong>von</strong> Versorgungsinfrastrukturen stellt sich dieFrage, ob es wirklich sinnvoll ist, zunächst 20 Jahre l<strong>an</strong>g mit Hilfe <strong>von</strong> Subventionen einenSchwerpunkt bei der Bioenergie zu setzen, wenn bereits heute absehbar ist, dass <strong>an</strong>schließenddie Solarenergie (insbesondere der Import <strong>von</strong> Solarstrom) eine domin<strong>an</strong>teRolle erl<strong>an</strong>gen wird.Aus diesem Grunde soll nachfolgend näher auf Potenziale und Zukunftsperspektiven derSolarenergie eingeg<strong>an</strong>gen werden, wobei der Schwerpunkt auf den Import <strong>von</strong> Solarstromgelegt wird.Potenziale der SolarenergieDie jährliche Sonneneinstrahlung auf der Erde übersteigt den jährlichen Weltenergiebedarfum mehr als das 8000fache. Nur 1 % der Fläche der Sahara würde ausreichen, um mitsolarthermischen Kraftwerken den gesamten Elektrizitätsbedarf der Welt zu decken


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 38(BROESAMLE, 2001). Dementsprechend könnte – rein rechnerisch – mit weniger als 10 %der Saharafläche der gesamte Energiebedarf der Welt gedeckt werden.In solarthermischen Kraftwerken wird die direkte Sonneneinstrahlung durch Spiegelsystemeauf einen Strahlungsempfänger konzentriert, in dem sich ein geeignetes Arbeitsmediumbefindet (z. B. Thermoöl, geschmolzenes Salz, Wasser). Dieses Medium wird aufhohe Temperaturen erhitzt und zu konventionellen Wärmekraftmaschinen (z. B. DampfoderGasturbinen) geleitet, wo der Strom erzeugt wird. Je nach Gestaltung der fokussierendenSpiegel unterscheidet m<strong>an</strong> Parabolrinnen-, Paraboloid- und Solarturmkraftwerke(DPG, 2005).Solarthermische Kraftwerke befinden sich bereits seit über 20 Jahren im kommerziellenEinsatz. Sie liefern <strong>zur</strong>zeit etwa die Hälfte des weltweit produzierten Solarstroms, abernur einen Bruchteil des insgesamt erzeugten Stroms (PSI, 2004). Nach einer längeren Phaseder Stagnation, zu der die niedrigen Energiepreise der 90er Jahre maßgeblich beigetragenhaben, befinden sich nun wieder zahlreiche neue Solarthermie-Projekte im Bau bzw.in der Pl<strong>an</strong>ung.Produktionskosten für SolarstromIn Mitteleuropa lassen sich solarthermische Kraftwerke nicht konkurrenzfähig betreiben,weil (a) wegen der vielen sonnenarmen Tage keine hinreichend sichere Solarstromversorgungzu gewährleisten ist und weil (b) die Produktionskosten für Solarstrom mit abnehmenderSonneneinstrahlung stark <strong>an</strong>steigen. Aussicht auf einen wirtschaftlichen Betriebdieser Anlagen bieten nur Regionen im so gen<strong>an</strong>nten Sonnengürtel der Erde. Abbildung2.16 zeigt die geografische Lage der St<strong>an</strong>dorte, die für eine wirtschaftliche Solarstromerzeugungin Betracht zu ziehen sind. Auch innerhalb der dort markierten Regionen gibt eshinsichtlich der Sonneneinstrahlung und der erzielbaren Stromgestehungskosten noch erheblicheUnterschiede (LERCHENMÜLLER et al., 2004; CZISCH et al., 2001).An den sonnenreichen St<strong>an</strong>dorten der Erde liegen die Erzeugungskosten für Solarstromgegenwärtig im Bereich <strong>von</strong> 0,12 bis 0,18 US$/kWh e (WEA, 2000; PSI, 2004; DPG,2005); sie liegen damit deutlich niedriger als die Kosten der Stromerzeugung mittels Fotovoltaik(QUASCHNING/GEYER, 2000). Im Laufe der verg<strong>an</strong>genen 20 Jahre ist es gelungen,die Stromgestehungskosten in den solarthermischer Anlagen deutlich zu reduzieren,<strong>von</strong> <strong>an</strong>fänglich 0,27 auf heute 0,11 €/kWh e (LERCHENMÜLLER et al., 2004). Für die jetztim Bau befindliche, neue Generation werden weitere Kostensenkungen erwartet, so dassnur noch 0,10 bis 0,15 US$/kWh e <strong>an</strong>zusetzen sind.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 39Abbildung 2.16: Regionen mit jährlicher solarer Einstrahlung über 2000 kWh/m 2Quelle: PSI 2004.Um eine Kostenvorschätzung für die kommenden drei Jahrzehnte vorzunehmen, hat dasPaul Scherrer Institut (PSI, 2004) verschiedene Quellen zusammengeführt, die ihrerseitsmit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vorgeg<strong>an</strong>gen sind. So wurden zum Beispielin einer Studie der IEA (2003) die Kostenwerte im Wesentlichen unter Annahme einesLernfaktors <strong>von</strong> 0,85 (Kostensenkung um 15 % bei Verdopplung der Fabrikationsvolumens)und einer Wachstumsrate <strong>von</strong> 25 % fortgeschrieben, während in einer Studie <strong>von</strong>SARGENT/LUNDY (2003) detaillierte Analysen zum Kostenreduktionspotenzial durchgeführtwurden. Verschiedene Analysen bestätigen, dass der Ansatz eines Lernfaktors ineiner Größenordnung zwischen 0,85 und 0,90 realistisch ist (PSI, 2004).Übereinstimmend kommen die ausgewerteten Analysen zu der Einschätzung, dass im Zeitraum2010 bis 2015 für die d<strong>an</strong>n gebauten Anlagen mit Stromerzeugungskosten im Bereich<strong>von</strong> 0,05 bis 0,10 US$/kWh e (entsprechend 0,04 bis 0,08 €/kWh e) zu rechnen ist. Diese Kalkulationengelten für Anlagen mit einer thermischen Speicherung <strong>von</strong> 12 Stunden. Der Baudieser Speicher erhöht zwar das Investitionsvolumen, befähigt die Anlage jedoch, die Stromerzeugungauch in den Nachtstunden unvermindert fortzusetzen. Nach DPG (2005) dürftendie erwarteten Kostensenkungen ungefähr <strong>zur</strong> Hälfte der Hochskalierung zu<strong>zur</strong>echnensein, <strong>zur</strong> <strong>an</strong>deren Hälfte den F&E-Anstrengungen im Technologiebereich. Voraussetzungfür die prognostizierten Kostensenkungen ist jedoch, dass sich die Markteinführung für solarthermischeKraftwerke in den nächsten 10 bis 20 Jahren sehr dynamisch entwickelt.Für sonnenreiche St<strong>an</strong>dorte Nordafrikas und Südsp<strong>an</strong>iens k<strong>an</strong>n in den kommenden Jahrzehntenneben der Solarthermie voraussichtlich auch die Fotovoltaik eine wirtschaftlichinteress<strong>an</strong>te Alternative werden. QUASCHNING (2006) projektiert für das Jahr 2025 die


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 40Stromgestehungskosten am St<strong>an</strong>dort Nordafrika sowohl für solarthermische Anlagen alsauch für Fotovoltaik-Anlagen gleichermaßen auf ca. 0,05 €/kWh.Tr<strong>an</strong>sportkosten für Strom im interkontinentalen VerbundDie derzeit installierten Übertragungskapazitäten in Deutschl<strong>an</strong>d und der EuropäischenUnion wären nicht geeignet, um große Strommengen <strong>von</strong> Nordafrika oder Südeuropa kostengünstigund verlustarm nach Mitteleuropa zu übertragen. Die Netzkapazitäten wärenviel zu gering und die Übertragungsverluste im L<strong>an</strong>gstreckentr<strong>an</strong>sport viel zu hoch.Die geeignete Technik für den L<strong>an</strong>gstreckentr<strong>an</strong>sport großer Strommengen ist dieHochsp<strong>an</strong>nungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). Diese ist bereits in verschiedenen Erdteilenmit Übertragungslängen bis einigen 1.000 km realisiert (DPG, 2005). Die relativenÜbertragungsverluste belaufen sich bei Volllast auf 4 bis 6 % je 1.000 Kilometer in denLeitungen und auf je 0,6 % in den Konverterstationen (CZISCH et al., 2001). Der Investitionsbedarffür eine HGÜ mit 2.000 MW Leistung und einer Länge <strong>von</strong> 3.000 km liegt beietwa 2,5 Mrd. Euro. Die Übertragung <strong>von</strong> Solarstrom <strong>von</strong> Nordafrika nach Mitteleuropawürde somit Tr<strong>an</strong>sportkosten <strong>von</strong> weniger als 0,02 Euro/kWh verursachen (CZISCH et al.,2001; QUASCHNING et al., 2003; BMU, 2004). Beim Fachgespräch im Oktober 2007 wurdedeutlich, dass die gen<strong>an</strong>nten Kostenwerte nur für Überl<strong>an</strong>dleitungen gelten, währendfür Erdkabel deutlich höhere Kosten <strong>an</strong>zusetzen wären.In einer Studie für das BMU hat die DLR (2006) unter <strong>an</strong>derem Szenarien für die Ausgestaltungeines tr<strong>an</strong>s-mediterr<strong>an</strong>en Solarstromverbundes untersucht. Für die Überbrückungder Entfernung <strong>von</strong> 3000 km mittels HGÜ-Leitung wird ein Energieverlust <strong>von</strong> 10 % ver<strong>an</strong>schlagt,und die für das Projektionsjahr 2050 erwarteten Kosten für Stromerzeugungund -tr<strong>an</strong>sport nach Mitteleuropa belaufen sich auf 0,05 €/kWh. Um rund 15 % des europäischenStromverbrauchs zu decken, sind nur etwa 20 tr<strong>an</strong>smediterr<strong>an</strong>e HGÜ-Leitungenerforderlich.Als Alternative <strong>zur</strong> L<strong>an</strong>gstreckenübertragung mittels HGÜ ist der Wasserstofftr<strong>an</strong>sport inBetracht zu ziehen. Nach bisherigem Erkenntnisst<strong>an</strong>d ist der Tr<strong>an</strong>sport <strong>von</strong> Wasserstoffungefähr gleich teuer wir der HGÜ-Tr<strong>an</strong>sport <strong>von</strong> Strom; ein wirtschaftlich attraktiverWasserstofftr<strong>an</strong>sport ist jedoch nur möglich, wenn zunächst eine großskalige Etablierungeiner regenerativen Wasserstoffwirtschaft erfolgen würde.Gasförmiger Wasserstoff in Mitteleuropa enthält nur noch 65 % der Energie des Solarstromsam Produktionsort und kostet einschließlich des Tr<strong>an</strong>sports nahezu das Doppeltedes erzeugten Solarstroms (PSI, 2004). Bei der Rückumw<strong>an</strong>dlung <strong>von</strong> Wasserstoff zuStrom in der Brennstoffzelle geht weitere Energie verloren. Deshalb wird Wasserstoffgegenüber Solarstrom nur d<strong>an</strong>n vorzuziehen sein, wenn aus technischen oder strukturellenGründen die direkte Stromnutzung nicht möglich ist.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 41Potenziale und Produktionskosten im internationalen Windenergie-VerbundUnter Kostenaspekten ist der Import <strong>von</strong> Windstrom derzeit noch interess<strong>an</strong>ter als derImport <strong>von</strong> Solarstrom. Nachdem die Erzeugung <strong>von</strong> Windstrom in Deutschl<strong>an</strong>d in denverg<strong>an</strong>genen Jahren einen ras<strong>an</strong>ten Aufschwung genommen hat, zeichnen sich inzwischendie Grenzen eines weiteren Ausbaus auf dem L<strong>an</strong>de deutlich ab. Erhebliche zusätzliche<strong>Nutzung</strong>smöglichkeiten bietet das Offshore-Windpotenzial. Bei einem forcierten Ausbauder Offshore-Aktivitäten ist es durchaus möglich, eines Tages aus beiden Quellen zusammenetwa die Hälfte des deutschen Strombedarfs zu decken (CZISCH et al., 2005).Angesichts der Hindernisse, die dem weiteren Ausbau der Windenergie im Inl<strong>an</strong>d entgegenstehen,ist auch für diese <strong>Energiegewinnung</strong> ein Blick in <strong>an</strong>dere Länder einschließlichder dünn besiedelten Regionen in der Nachbarschaft Europas nahe liegend. Hier findensich zahlreiche Steppen-, Wüsten- und Tundragebiete, die windreich sind und praktischkeiner Besiedlung bzw. wirtschaftlichen <strong>Nutzung</strong> unterliegen. Nach den Berechnungen<strong>von</strong> CZISCH et al. (2005) könnten die Gebiete Nordrussl<strong>an</strong>d, Nordwestafrika und Kasachst<strong>an</strong>jede für sich ein Vielfaches des EU-Strombedarfs erzeugen.Zahlreiche St<strong>an</strong>dorte innerhalb der gen<strong>an</strong>nten Gebiete weisen sehr günstige Windverhältnisseauf, die einen Ertrag <strong>von</strong> 4000 VLh und mehr erwarten lassen. Derartig hohe Erträgewerden in Deutschl<strong>an</strong>d bestenfalls im Offshore-Bereich erwartet. Bei einer zukünftigenErschließung der Ausl<strong>an</strong>dspotenziale würde <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs sicherlich auf diese ertragreichenSt<strong>an</strong>dorte <strong>zur</strong>ückgegriffen werden.Ein besonderer Vorteil der Erschließung außereuropäischer Windkraftst<strong>an</strong>dorte bestehtdarin, dass durch die Vergrößerung des insgesamt genutzten Einzugsgebiets eine erheblicheVergleichmäßigung der Windstromerzeugung ermöglicht wird. Dieser Ausgleichseffektermöglicht, eine der größten Schwachstellen der Windkraft (die starke Wetter-Abhängigkeit der Stromerzeugung) zunächst zu lindern und bei konsequenter H<strong>an</strong>dhabungim Endeffekt weitgehend zu beseitigen.Bezüglich der Produktionskosten <strong>an</strong> den verschiedenen in Frage kommenden St<strong>an</strong>dortengeben CZISCH et al. (2005) folgende Größenordnungen <strong>an</strong>:– L<strong>an</strong>dfläche Deutschl<strong>an</strong>d (1600 VLh): 6-7 ct/kWh– Offshore Deutschl<strong>an</strong>d (3500 VLh): 5 ct/kWh– Windreiche außereuropäische L<strong>an</strong>dst<strong>an</strong>dorte: 2-3 ct/kWhFür den ausgewählten Einspeiseort Kassel resultieren daraus für die projektierten Ursprungsländer(Mauret<strong>an</strong>ien, Südmarokko, Kasachst<strong>an</strong>, Nordrussl<strong>an</strong>d/Westsibirien)Stromkosten im Bereich <strong>von</strong> 4,4 bis und 5,5 ct/kWh.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 42Substitution <strong>von</strong> Flüssigtreibstoff durch ElektrizitätIm Segment der nicht erneuerbaren Energieträger werden am ehesten die Erdölreservenknapp. Hier<strong>von</strong> wird der Verkehrssektor besonders betroffen sein, so dass unter Knappheitsaspektenhier eine besondere Herausforderung besteht, nach Alternativen zu suchen.Deshalb stellt sich die Frage, ob die großen Potenziale des Solarstrom-Imports auch fürden Verkehrssektor nutzbar gemacht werden können.Grundsätzlich bietet das Elektroauto gegenüber Automobilen, die mit Verbrennungsmotoren<strong>an</strong>getrieben werden, eine Reihe <strong>von</strong> Vorteilen. Sie erzeugen während des Betriebskeine klima- oder gesundheitsschädlichen Emissionen, benötigen kein Motoröl, sind geräusch-und wartungsarm und erfordern weder Kupplung noch Automatikgetriebe. Auchunter dem Aspekt des Energieverbrauchs sind sie den konventionellen Autos überlegen.Die derzeit verbreiteten Leichtelektromobile haben „ab Steckdose“ einen Verbrauch <strong>von</strong>10 kWh/100 km, für normale Serienfahrzeuge (Vier-Personen-PKW) wird ein Verbrauch<strong>von</strong> etwa 20 kWh/100 km <strong>an</strong>gegeben. Der Energieverbrauch liegt somit weniger als halbso hoch wie bei vergleichbaren Autos, die mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sind(ENGEL, 2005).Trotz dieser Vorteile sind Elektroautos im Markt bisher nicht über Kleinstserien hinausgekommen.Dieses liegt vor allem dar<strong>an</strong>, dass die in der Verg<strong>an</strong>genheit produzierten Akkumulatorenerhebliche Schwächen aufwiesen. Je nach Akku-Typ waren sie entweder zuschwer, zu schwach, zu kurzlebig oder zu teuer.Einige Anzeichen sprechen dafür, dass sich in diesem wesentlichen Punkt derzeit Entscheidendesändert. Mit den so gen<strong>an</strong>nten Hybridautos haben insbesondere die jap<strong>an</strong>ischenAutohersteller vor wenigen Jahren die Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotorin die Massenproduktion gebracht. Im Laufe des verg<strong>an</strong>genen Jahres habenmehrere Firmen den Einstieg in die Produktion reiner Elektroautos bek<strong>an</strong>nt gegeben(Smart, Tesla, PML Flightlink, General Motors, Renault, Niss<strong>an</strong>, Mitsubishi). Hinsichtlichder Fahreigenschaften (Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit, Reichweite) werden dabeizum Teil Ergebnisse <strong>an</strong>gekündigt, die einen Vergleich mit konventionellen Automobilennicht zu scheuen brauchen.Sollten sich diese Ankündigungen bewahrheiten, könnte dies l<strong>an</strong>gfristig zu einer grundlegendenVeränderung der gesamten Br<strong>an</strong>che führen. „Die Batterietechnik ist also derSchlüssel <strong>zur</strong> künftigen E-Mobilität, und hinter vorgehaltener H<strong>an</strong>d bestätigt inzwischenfast jeder PKW-Entwickler, dass alle <strong>an</strong>deren Konzepte tot seien, sobald geeignete Akkusbereit stünden“ (GRÜNWEG/PANDER, 2007).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 43FlächenbedarfFür die Installation einer 10 GW-Anlage, die im Mittelmeerraum Solarstrom erzeugt (inklusivethermische Speicherung), ist eine Fläche <strong>von</strong> 15 mal 15 km zu ver<strong>an</strong>schlagen(DLR, 2006). Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der erzielbaren Stromerträge jeGW installierter Leistung (vgl. LERCHENMÜLLER et al., 2004) ein jährlicher Stromertrag<strong>von</strong> rund 900.000 kWh entsprechend 77 t Öl-Äquivalent/ha Wüstenfläche.Für den Fall, dass dieser Solarstrom für den Automobil<strong>an</strong>trieb in Mitteleuropa verwendetwird (20 kWh/100km), errechnet sich – auch unter Berücksichtigung der Tr<strong>an</strong>sportverlustebis nach Mitteleuropa – eine Fahrleistung <strong>von</strong> über 3 Mio. Kilometer/ha.Zum Vergleich: Wenn m<strong>an</strong> auf mitteleuropäischen Ackerböden Raps bzw. Mais erzeugtund den Energieertrag (Biodiesel bzw. Biogas) für den Fahrzeug<strong>an</strong>trieb verwendet, lassensich daraus Fahrleistungen in einer Größenordnung <strong>von</strong> 25.000 km bzw. 100.000 km erzielen.Ebenfalls zum Vergleich: Wenn m<strong>an</strong> in Mitteleuropa großflächig Fotovoltaik erzeugt, wiedies beispielsweise eine 5 Megawatt-Anlage im „Solarpark Leipziger L<strong>an</strong>d“ auf 20 ha einerfrüheren Braunkohleabbaufläche tut, so lässt sich ein Stromertrag <strong>von</strong> 240.000 kWh/ha erzielen(DER SOLARSERVER, 2004). Das entspricht einer Fahrleistung <strong>von</strong> über 1 Mio. Kilometer/ha,wobei für eine ökonomische Bewertung allerdings die erheblichen witterungsundjahreszeitlich bedingten Schw<strong>an</strong>kungen zu berücksichtigen sind.Sollte sich die Politik entscheiden, <strong>an</strong>gesichts der wirtschaftlichen Vorteile des Solarstrom-Importsdiesen Weg konsequent zu beschreiten, so würde dies im Laufe der Zeit zueiner erheblichen „Versiegelung“ der Wüsten- und Halbwüstenst<strong>an</strong>dorte in Südeuropa undNordafrika führen. Der Flächenbedarf wäre zwar erheblich, aber – zumindest theoretisch –nicht unüberwindbar: Um im Extremfall den gesamten Energiebedarf der EuropäischenUnion (Strom, Wärme, Kraftstoff) mittels Solarstrom aus dem Süden zu decken, wäre eineAnlagenfläche <strong>von</strong> rund 500 mal 500 Kilometer erforderlich.H<strong>an</strong>dlungsbedarfAuf Grundlage einer Auswertung der verfügbaren Prognosen und Analysen gel<strong>an</strong>gt dasPaul Scherrer Institut (PSI, 2004) zu der Einschätzung, dass sich die weltweite Gesamtkapazität<strong>von</strong> derzeit rund 500 MW el installierter Leistung auf rund 2.000 MW el im Jahre2010 und auf 20.000 MW el im Jahre 2020 erhöhen wird. Das wäre einerseits eine beeindruckendeExp<strong>an</strong>sion, <strong>an</strong>dererseits könnten mit dieser weltweit installierten Leistung nochnicht einmal 0,2 % des europäischen Energiebedarfs gedeckt werden.Dass diese Technologie nach ihrem erfolgreichen Start in den 1980er Jahren in Kalifornieneine längere Durststrecke erlebte und erst gegenwärtig wieder beschleunigt wird, hatmehrere Gründe:


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 44– Die Technologie ist noch weit da<strong>von</strong> entfernt, Strom zu liefern, der zu Marktkonditionenwettbewerbsfähig wäre, und deshalb auf Subventionen <strong>an</strong>gewiesen.– Sie k<strong>an</strong>n kaum in kleinen Schritten eingeführt werden, sondern verl<strong>an</strong>gt große Investitionender Energiewirtschaft und eine verlässliche Begleitung durch die Politik.– Die deutsche Energiepolitik hat ihre Strategie bisher <strong>an</strong>ders ausgerichtet, nämlich auf dieFörderung der regenerativen Energie im Inl<strong>an</strong>d und hier auf die Förderung kleiner Anlagen.Die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG, 2005, S. 85) kommentiert die bisherigeEntwicklung wie folgt: “M<strong>an</strong> muss sich fragen, warum diese Entwicklung so l<strong>an</strong>ge gedauerthat, obwohl sowohl die Enquete-Kommission `Schutz der Erdatmosphäre` des 12.deutschen Bundestages in ihrem Abschlussbericht 1995 als auch die DPG in ihrem `Energiememor<strong>an</strong>dum1995` die Entwicklung solarthermischer Kraftwerke im Süden begründetund gefordert haben. [...] Der <strong>an</strong>fängliche Optimismus der 1990er Jahre in Deutschl<strong>an</strong>dhinsichtlich unserer Möglichkeiten, mit dem CO 2 -Problem zu Hause fertig zu werden,k<strong>an</strong>n ja vielleicht das zögerliche Verhalten der Stromwirtschaft und der zuständigen Regierungsinst<strong>an</strong>zenerklären. Doch sollte die in der vorliegenden Studie erneut aufgezeigteL<strong>an</strong>gsamkeit des Abbaus der CO 2 -Emissionen die Dringlichkeit des Imports <strong>von</strong> Solarstromver<strong>an</strong>schaulichen. [...] Als ein gewisser Fortschritt ist zu vermerken, dass Sp<strong>an</strong>ienim Jahr 2003 durch ein Einspeisegesetz mit großzügigen Gar<strong>an</strong>tiepreisen die Voraussetzungenfür den Bau <strong>von</strong> drei solarthermischen Pilot<strong>an</strong>lagen ... geschaffen hat.“2.5 Klimaw<strong>an</strong>del und Treibhausgas-EmissionenKlimaw<strong>an</strong>del und TreibhausgaseIn den verg<strong>an</strong>genen Jahrzehnten hat eine deutliche Veränderung der Temperatur- undNiederschlagsverhältnisse auf der Erde stattgefunden. Wesentliche Merkmale dieser Veränderungenwaren (vgl. IPCC, 2007):– Anstieg der globalen mittleren Oberflächentemperatur um 0,74 Grad Celsius im Laufeder verg<strong>an</strong>genen hundert Jahre– Beschleunigung des weltweiten Anstiegs des Meeresspiegels (1,8 mm/a im Zeitraum1961 bis 2003, 3,1 mm/a im Zeitraum 1993 bis 2003)– Starkes Abschmelzen der Gebirgsgletscher und der Schneebedeckung der Erde.In Europa nahm die mittlere Temperatur im verg<strong>an</strong>genen Jahrhundert um fast 1 Grad Celsiuszu, wobei die Wintertemperaturen stärker stiegen als die Sommertemperaturen unddie Nachttemperaturen stärker als die Tagestemperaturen. Bei der Veränderung der Nie-


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 45derschläge gab es große regionale Unterschiede. So erhöhten sich tendenziell die Niederschlägein Nordeuropa, während die Niederschläge in Südeuropa rückläufig waren.Für die Zukunft wird erwartet, dass sich diese Veränderungen fortsetzen und beschleunigenwerden. Das wird auch gravierende Konsequenzen für die L<strong>an</strong>dwirtschaft haben. Sowohlin Amerika als auch in Europa und Asien wird sich die L<strong>an</strong>dwirtschaft nach Nordenhin ausdehnen, während die Fortführung der L<strong>an</strong>dwirtschaft in den ariden südlichen Gebietenunter dem Einfluss zunehmender Trockenheit immer schwieriger wird.Als wesentliche Ursache für die Klimaänderungen gilt der Anstieg der Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre (IPCC 2007, BAKAN/RASCHKE, 2002). Das wichtigsteTreibhausgas ist Wasserdampf (H 2 O), mit weitem Abst<strong>an</strong>d folgen d<strong>an</strong>n in der Reihenfolgeihrer Bedeutung Kohlendioxid (CO 2 ), Ozon am Boden und in der Stratosphäre, Lachgas(N 2 O) und Meth<strong>an</strong> (CH 4 ). Diese Treibhausgase weisen große Unterschiede hinsichtlichihrer L<strong>an</strong>glebigkeit auf. Während Wasserdampf sehr kurzlebig ist, weisen CO 2 und insbesondereN 2 O eine besonders l<strong>an</strong>ge Lebensdauer auf (114 Jahre). Bezogen auf einen hundertjährigenZeithorizont weisen die wichtigsten Treibhausgase folgendes Treibhauspotenzialauf (global warming potential, GWP, ausgedrückt in CO 2 -Äquivalenten): CO 2 : 1,CH 4 : 21, N 2 O: 310 (SOLOMON et al., 2007).Der durch die Treibhausgase bewirkte „natürliche Treibhauseffekt“ ist eine unverzichtbareVoraussetzung für das Leben auf der Erde. In den <strong>zur</strong>ückliegenden drei Jahrhundertensind jedoch die Emissionen der Treibhausgase durch menschliche Aktivitäten stark <strong>an</strong>gestiegen.Diese Verstärkung des natürlichen Treibhauseffekts, die als „<strong>an</strong>thropogenerTreibhauseffekt“ bezeichnet wird, ist nach derzeitigem St<strong>an</strong>d der Wissenschaft die wesentlicheUrsache für die gegenwärtig ablaufenden Klimaänderungen.Quellen der Treibhausgas-EmissionenSeit 1750 haben sich die atmosphärischen Konzentrationen <strong>von</strong> Lachgas, Kohlendioxidund Meth<strong>an</strong> um ca. 18 %, ca. 35 % bzw. über 100 % erhöht (IPCC 2007). Während sichder Anstieg der Konzentration bei Meth<strong>an</strong> in der verg<strong>an</strong>genen Dekade verl<strong>an</strong>gsamt hat, istbeim Kohlendioxid eine deutliche Beschleunigung festzustellen.Der weitaus größte Teil der gegenwärtig stattfindenden Treibhausgas-Emissionen (ca.77 %) ist dem Treibhausgas CO 2 zuzuschreiben, und die wichtigste Ursache für die Treibhausgas-Emissionenist die Verbrennung fossiler Energieträger (Tabelle 2.11). Insofernsind die Energieeinsparung, die Verbesserung der Energie-Effizienz und die Umstellungauf regenerativen Energien als entscheidende Ansatzstellen für einen wirksamen Klimaschutz<strong>an</strong>zusehen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 46Tabelle 2.11:Weltweite Treibhausgas-Emissionen, 2000 (nach Quellkategorien)SektorCO 2CH 4N 2O HGWP 1) SummeMio. t CO 2 -Äquivalente% <strong>von</strong>gesamtEnergie 2) 23.408 1.646 237 25.291 61 %L<strong>an</strong>dwirtschaft etc. 3) 7.631 3.113 2.616 13.360 32 %Industrieprozesse 829 6 155 380 1.370 3 %Abfallwirtschaft 1.255 106 1.361 3 %Summe 31.868 6.020 3.114 380 41.382 100 %% <strong>von</strong> gesamt 77 % 15 % 8 % 1 %1) High Global Warming Potential2) Energiebedingte Emissionen inkl. der energiebedingten Emissionen aus Industrie und L<strong>an</strong>dwirtschaft.3) L<strong>an</strong>dwirtschaft, L<strong>an</strong>dnutzung, L<strong>an</strong>dnutzungsw<strong>an</strong>del, Forstwirtschaft.Quelle: de la Chesnaye et al. (2006), entnommen aus EPA 2006.Das große klimapolitische Potenzial der regenerativen Energieträger wird in Abbildung2.17 exemplarisch für die Stromerzeugung ver<strong>an</strong>schaulicht. Die dort dargestellten Ergebnisseeiner Lebenszyklus-Analyse zeigen einerseits, dass die Energiewirtschaft einen großenBeitrag zum Klimaschutz leisten k<strong>an</strong>n, indem sie Kohlekraftwerke durch Erdgaskraftwerkeersetzt. Andererseits wird aber deutlich, dass auch beim Überg<strong>an</strong>g <strong>von</strong> Erdgaskraftwerkenauf regenerative Energien noch einmal eine erhebliche Reduktion derTreibhausgasemissionen stattfinden k<strong>an</strong>n.Abbildung 2.17:Spezifische kumulierte CO 2 -Emissionen bei verschiedenen StromerzeugungstechnikenCO (g/kWh)21.0009008007006005004003002001000Steinkohle-KraftwerkBraunkohle-KraftwerkErdgas GuDKernkraftwerkHolz_HKWPhotovoltaik 5 kWWind 1500 kW (5,5)Wind 1500 kW (4,5)LaufwasserQuelle: Mayer-Spohn et al. (2007).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 47Im Unterschied zu Solar-, Wasser- oder Windkraftwerken läuft die Energieerzeugung aufder Basis <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> nicht automatisch auf eine Senkung der Treibhausgas-Emissionenhinaus. Die Bioenergie nimmt unter den regenerativen Energien insofern eine Sonderstellungein, als neben den positiven Klimawirkungen (Ersatz fossiler Energieträger) auchnegative Klimawirkungen (Treibhausgas-Emissionen der L<strong>an</strong>dwirtschaft) in Rechnung zustellen sind.Treibhausgas-Emissionen aus der L<strong>an</strong>dwirtschaftIm weltweiten Maßstab ist fast ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen auf die L<strong>an</strong>dwirtschaftund auf L<strong>an</strong>dnutzungsänderungen <strong>zur</strong>ückzuführen, wobei die mit der Düngemittelherstellungverbundenen CO 2 -Emissionen noch nicht berücksichtigt sind (vgl. Fußnote 2in Tabelle 2.11). Dabei ist der Bereich L<strong>an</strong>dnutzung/L<strong>an</strong>dnutzungsänderung mit einemAnteil <strong>von</strong> 18 % <strong>an</strong> den globalen Treibhausgas-Emissionen sogar noch etwas bedeutsamerals der Bereich L<strong>an</strong>dwirtschaft im engeren Sinne, der einen Anteil <strong>von</strong> 14 % hat (STERN,2006). Neben den CO 2 -Emissionen spielen hier auch die CH 4 - und die N 2 O-Emissioneneine wichtige Rolle.Falls die Exp<strong>an</strong>sion der Bioenergie dazu führt, dass die Agrarproduktion <strong>an</strong>dernorts flächenmäßigausgedehnt wird (Abholzung <strong>von</strong> Wäldern, Umbruch <strong>von</strong> Grünl<strong>an</strong>d) oder aufvorh<strong>an</strong>denen Ackerflächen intensiviert wird (höherer Einsatz <strong>von</strong> Stickstoff, Änderungder Bodenbewirtschaftung), so k<strong>an</strong>n <strong>an</strong>stelle des erhofften klimapolitischen Nutzens leichtein klimapolitischer Schaden entstehen, weil vermehrt Kohlendioxid und Lachgas emittiertwerden.Problemkreis Kohlendioxid: Es wird geschätzt, dass <strong>von</strong> den 13,4 Mrd. ha Erdoberfläche(ohne Wasserflächen) derzeit rund 1,5 Mrd. ha als Ackerl<strong>an</strong>d und 3,5 Mrd. ha als Grünl<strong>an</strong>dgenutzt werden. (DOORNBOSCH/STEENBLIK, 2007). Wird natürliche Vegetation oderGrünl<strong>an</strong>d in Ackerl<strong>an</strong>d umgew<strong>an</strong>delt, so vermindert dies im Regelfall die Humusmengeund somit die Menge des org<strong>an</strong>isch gebundenen Kohlenstoffs im Boden über viele Jahrehinweg, bis sich nach einigen Jahrzehnten wieder ein neuer Humusspiegel im Boden einstellt.Es ist belegt, dass viele Böden, z. B. in den USA und K<strong>an</strong>ada, durch ackerbauliche<strong>Nutzung</strong> 30 bis 50 % der ursprünglichen Humus- und C-Menge verloren haben (HÜLS-BERGEN/KÜSTERMANN, 2007).Die Humusgehalte der Böden und die Abbauprozesse bei <strong>Nutzung</strong>sänderungen variierenkleinräumig sehr stark, so dass generalisierende Aussagen schwierig sind. Gehen wir füreine vereinfachende Überschlagsrechnung einmal da<strong>von</strong> aus, ein Boden habe einen <strong>an</strong>fänglichenKohlenstoffgehalt <strong>von</strong> 100 t C org /ha und verliere durch Umstellung auf ackerbauliche<strong>Nutzung</strong> 40 % des org<strong>an</strong>isch gebundenen Kohlenstoffs, so entspricht dies einerEmission in der Größenordnung <strong>von</strong> 130 t CO 2 /ha. Die Produktion <strong>von</strong> Bioenergie imRahmen des gegenwärtigen deutschen Bioenergie-Mix führt zu einer durchschnittlichen


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 48jährlichen CO 2 -Vermeidung (durch die Substitution fossiler Energieträger) <strong>von</strong> höchstens4 t CO 2 /ha (vgl. Kapitel 4). Falls also die Umw<strong>an</strong>dlung deutscher Ackerflächen auf Bioenergieproduktiondazu führt, dass <strong>an</strong> <strong>an</strong>derer Stelle Grünl<strong>an</strong>d umgebrochen wird, damitdort die fehlenden Nahrungsmittel erzeugt werden können, so würde der negative Klimaeffektdes Grünl<strong>an</strong>dumbruchs erst nach ca. 30 Jahren durch den positiven Effekt der Bioenergie-Produktionkompensiert werden.Problemkreis Lachgas: Die Abschätzung des Emissionspotentials <strong>von</strong> Lachgas ist mit sehrgroßen Unsicherheiten behaftet. Die Komplexität der mikrobiellen Vorgänge bei der Nitrifikationund Denitrifikation erschwert eine zuverlässige Abschätzung erheblich. Der Anteildes Stickstoffs, der als Lachgas emittiert wird, hängt sehr stark <strong>von</strong> Umwelt- und M<strong>an</strong>agementfaktorenwie z. B. der Bodenart, der Bodenfeuchtigkeit oder der Bodenbewirtschaftungab. Die Abschätzung wird außerdem dadurch erschwert, dass Stickstoff, der auseinem Bodenkörper zunächst als Nitrat ausgetragen und verfrachtet wird, später <strong>an</strong> <strong>an</strong>dererStelle zu Lachgasemissionen führen k<strong>an</strong>n. Hieraus lässt sich zunächst nur das allgemeineZwischenfazit ableiten, dass hohe Stickstofffrachten mit hoher Wahrscheinlichkeitzu hohen Lachgasemissionen führen.Für qu<strong>an</strong>titative Abschätzungen der Lachgasemissionen aus der L<strong>an</strong>dwirtschaft wird zumeistder IPCC-Richtwert zugrunde gelegt, der auf einer Vielzahl <strong>von</strong> Feldversuchen beruhtund da<strong>von</strong> ausgeht, dass 1,25 % des ausgebrachten Stickstoffs als N 2 O-N emittiertwerden. Mit einem da<strong>von</strong> abweichenden, globalen Bil<strong>an</strong>zierungs<strong>an</strong>satz gel<strong>an</strong>gen CRUTZENet al. (2007) allerdings zu einer <strong>an</strong>deren Einschätzung. Sie ermitteln einen deutlich höherenSchätzwert <strong>von</strong> ca. 4 % und führen den erheblichen Unterschied zum IPCC-Richtwertdarauf <strong>zur</strong>ück, dass möglicherweise jenseits der gedüngten Agrarflächen eine erheblicheLachgasemission stattfindet, die gleichwohl aber ursächlich auf die Stickstoffdüngung<strong>zur</strong>ückzuführen ist. Unter Zugrundelegung des erhöhten Werts <strong>von</strong> 4 % kommen CRUT-ZEN et al. (2007) d<strong>an</strong>n zu der Einschätzung, dass durch die Biodiesel- und die Eth<strong>an</strong>olproduktionmehr Treibhausgas-Emissionen verursacht als vermieden werden. Dieser Aufsatzhat in der Wissenschaft allerdings keine ungeteilte Zustimmung gefunden, sondern einekontroverse Debatte ausgelöst, die bis heute <strong>an</strong>hält.Im Hinblick auf die klimapolitische Beurteilung einer Intensivierung der L<strong>an</strong>dwirtschaftkönnen auch Vergleiche zwischen ökologisch und konventionell bewirtschafteten Betriebenwertvolle Hinweise geben. Tabelle 2.12 fasst Ergebnisse eines derartigen Vergleichs zusammen,der <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d ausgewählter Betriebe in Bayern vorgenommen wurde (KÜSTERMANNet al., 2007). Die Betriebe wurden mit Hilfe des Modells REPRO <strong>an</strong>alysiert, das eine detaillierteAnalyse der Kohlenstoff- und Stickstoff-Flüsse im System Boden-Pfl<strong>an</strong>ze-Tier-Umwelt ermöglicht. Die Autoren weisen allerdings explizit darauf hin, dass das Versuchsdesignnicht darauf ausgerichtet war, generalisierende Schlussfolgerungen für die vergleichendeBewertung <strong>von</strong> ökologischem und konventionellem L<strong>an</strong>dbau abzuleiten.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 49Tabelle 2.12:Indikatorenvergleich für ausgewählte Betriebe des ökologischen undkonventionellen L<strong>an</strong>dbaues18 Betriebe Ökol<strong>an</strong>dbau 10 Betriebe konventioneller L<strong>an</strong>dbauParameter 1) Einheit Mittelwert Min. Max. Mittelwert Min. Max.Energie-Input GJ ha -1 5,3 4,1 7,8 11,7 9,5 15,0N-Input kg N ha -1 152 108 227 246 193 304TM-Ertrag Mg ha -1 3,8 2,0 7,7 7,6 4,5 9,0C-Speicherung im Humus 2) CO 2 äq kg ha -1 -452 -1.830 489 266 -659 910N 2 O-Emissionen CO 2 äq kg ha -1 887 631 1.322 1.418 1.123 1.771Emissionen aus fossiler Energie CO 2 äq kg ha -1 454 320 750 1.037 819 1.220Treibhauspotential gesamt CO 2 äq kg ha -1 887 106 1.875 2.717 1.878 3.697Treibhauspotential Winterweizen CO 2 äq kg ha -1 1.669 -278 2.966 2.333 1.478 3.680Treibhauspotential gesamt CO 2 äq kg Mg -1 263 23 431 376 271 434Treibhauspotential Winterweizen CO 2 äq kg Mg -1 496 -102 958 355 213 5451) Erläuterungen <strong>zur</strong> Berechnung einzelner Parameter siehe Küsterm<strong>an</strong>n et al. (2007).2) Positive Werte bedeuten einen Humusabbau und die Abgabe <strong>von</strong> im Boden gebundenen C <strong>an</strong> die Atmosphäre, negative Werte einen Humusaufbau und dieRückbindung <strong>von</strong> C aus der Atmosphäre in den Boden.Quelle: Küsterm<strong>an</strong>n et al. (2007).Die in der Tabelle dargestellten Ergebnisse zeigen eine enorme Streuung innerhalb derbeiden Betriebsgruppen. Der Vergleich zwischen den Betriebsgruppen zeigt, dass die Betriebedes ökologischen L<strong>an</strong>dbaues in der flächenbezogenen Betrachtung im Durchschnittwesentlich niedrigere Treibhausgasemissionen je Hektar aufweisen als die Betriebe deskonventionellen L<strong>an</strong>dbaues. In der produktbezogenen Betrachtung (Emissionen pro TonneOutput) ist das Ergebnis weniger eindeutig. Andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen,d. h. stets schneidet der Ökologische L<strong>an</strong>dbau im flächenbezogenen Vergleich wesentlichgünstiger ab, während er im produktbezogenen Vergleich teilweise überlegen undteilweise unterlegen ist (Haas 2003; Nemecek et al. 2006; Klimaschutzbericht Schleswig-Holstein 2004).Bei näherer Betrachtung der Tabelle 2.12 zeigt sich, dass die deutlichen Unterschiede zwischenden Bewirtschaftungsformen weniger durch die Lachgasemissionen als vielmehrdurch die erheblichen Unterschiede in der Kohlenstoffspeicherung verursacht werden.Gerade in diesem Punkt bestehen aber auch auffällig große Unterschiede zwischen denBetrieben innerhalb der beiden Gruppen. Inwieweit sich hieraus Anknüpfungspunkte fürzielgerichtete Anpassungen des Betriebsm<strong>an</strong>agements ableiten lassen, sollte in weiterführendenAnalysen geklärt werden. Bei der Interpretation der Tabelle 2.12 ist außerdem zuberücksichtigen, dass die Potenziale <strong>zur</strong> Vermehrung des Humus<strong>an</strong>teils durch veränderteackerbauliche <strong>Nutzung</strong> nur über einen gewissen Zeitraum hinweg genutzt werden können,bis sich ein neues Gleichgewicht eingestellt hat (Hülsbergen / Küsterm<strong>an</strong>n, 2007).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 50Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen im ZeitablaufIm Zuge der weltwirtschaftlichen Entwicklung steigen die jährlichen CO 2 -Emissionen seitJahrzehnten <strong>an</strong>, und dieser Anstieg hat sich seit 2000 noch einmal deutlich beschleunigt(Abbildung 2.18). Wichtigste Ursache hierfür ist der enorme wirtschaftliche Aufschwungin China sowie in einigen <strong>an</strong>deren Schwellenländern. Zwischen 1996 und 2006 haben dieCO 2 -Emissionen in China um ca. 80 % zugenommen, im Mittleren Osten um fast 60 %,und auch Südamerika und Afrika weisen Steigerungsraten <strong>von</strong> über 20 % auf. Demgegenüberfallen die USA mit einem Zuwachs <strong>von</strong> 8 % deutlich ab.Innerhalb der Europäischen Union sind ebenfalls große Unterschiede zu verzeichnen. Einerheblicher Zuwachs der CO 2 -Emissionen ist im <strong>zur</strong>ückliegenden Jahrzehnt insbesonderein Sp<strong>an</strong>ien festzustellen (46 %), während die meisten <strong>an</strong>deren Mitgliedstaaten nur geringeoder sogar negative Steigerungsraten aufweisen.Insgesamt ist die globale Entwicklung aus klimapolitischer Sicht als alarmierend zu bezeichnen,denn die Trends der jüngeren Verg<strong>an</strong>genheit laufen dem politisch proklamiertenZiel, den Anstieg der Treibhausgasemissionen stoppen zu wollen, diametral zuwider.Deutschl<strong>an</strong>d gehört zu den Ländern, die eine besonders starke Reduzierung ihrer Treibhausgas-Emissionenvorweisen können (Abbildung 2.19). Bei näherer Betrachtung zeigtsich jedoch, dass die Treibhausgas-Emissionen vor allem in den 1990er Jahren <strong>zur</strong>ückgeg<strong>an</strong>gensind, während seit 1999 kaum noch ein weiterer Rückg<strong>an</strong>g festzustellen ist. ImJahr 2006, das in der Abbildung wegen fehlender Daten aus dem nicht-energetischen Bereichnoch nicht berücksichtigt werden konnte, ist sogar ein leichter Anstieg der energiebedingtenCO 2 -Emissionen Deutschl<strong>an</strong>ds zu verzeichnen.In der Tabelle 2.13 wird dargestellt, wie sich die Treibhausgas-Emissionen Deutschl<strong>an</strong>dszusammensetzen und wo innerhalb der letzten 10 Jahre besondere Erfolge erzielt werdenkonnten. In dieser Tabelle sind allerdings die CO 2 -Emissionen, die sich durch L<strong>an</strong>dnutzung,L<strong>an</strong>dnutzungsänderung und Forstwirtschaft ergeben, nicht enthalten. Fasst m<strong>an</strong> ausdieser Gruppe alle Treibhausgas-Emissionen zusammen, die der L<strong>an</strong>dwirtschaft zugerechnetwerden können, so erhöht sich das Treibhausgaspotenzial der deutschen L<strong>an</strong>dwirtschaftauf ca. 113 Mio. t CO 2 -Äquivalent (Berechnung für 2005, aus WEGENER, 2006).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 51Abbildung 2.18: Entwicklung der CO 2 -Emissionen, 1991 bis 2006Mio. t353025201510Rest der WeltGroßbrit<strong>an</strong>nienDeutschl<strong>an</strong>dAfrikaSüdamerikaJap<strong>an</strong>Mittlerer OstenFrühere SUChinaUSA501991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006Quelle: IWR auf Basis <strong>von</strong> BMWi; BP; eigene Darstellung.Abbildung 2.19: Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen in Deutschl<strong>an</strong>d seit 1990Mio. t CO2-Äquivalente1.3001.2001.1001.000900Ziel 2008/121990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2010Quelle: UBA (2007).


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 52Tabelle 2.13: Treibhausgas-Emissionen in Deutschl<strong>an</strong>d nach Quellkategorien, 2005SektorCO 2CH 4N 2O HGWP 1) SummeMio. t CO 2 -Äquivalente% <strong>von</strong>gesamt2005Energie 2) 795,2 13,9 6,7 815,8 82%L<strong>an</strong>dwirtschaft 3) 22,7 40,9 63,6 6%Industrieprozesse 77,7 14,7 14,8 107,2 11%Abfallwirtschaft 11,1 2,6 13,7 1%Summe 872,9 47,7 64,9 14,8 1.000,3 100%% <strong>von</strong> gesamt 87% 5% 6% 1% 100%1995Energie 1) 840,5 24,1 7,2 871,8 80%L<strong>an</strong>dwirtschaft 3) 25,5 41,1 66,6 6%Industrieprozesse 80,6 25,3 15,5 121,4 11%Abfallwirtschaft 31,9 2,3 34,2 3%Summe 921,1 81,5 75,9 15,5 1.094,0 100%% <strong>von</strong> gesamt 84% 7% 7% 1% 100%Veränderung (%)Energie 1) -5,4 -42,3 -6,9 -6,4L<strong>an</strong>dwirtschaft 3) -11,0 -0,5 -4,5Industrieprozesse -3,6 -41,9 -4,5 -11,7Abfallwirtschaft -65,2 13,0 -59,9Summe -5,2 -41,5 -14,5 -4,5 -8,61) High Global Warming Potential. 2) Energiebedingte Emissionen.3) CO 2 -Emissionen ohne Berücksichtigung <strong>von</strong> L<strong>an</strong>dnutzung, L<strong>an</strong>dnutzungsänderungen und Forstwirtschaft.Quelle: UBA (2007); eigene Berechnungen.In der Gesamtschau wird erkennbar, dass es ausgesprochen schwierig werden wird, dieTreibhausgas-Emissionen Deutschl<strong>an</strong>ds wieder auf den Reduktionspfad der 90er Jahre zubringen. Möglicherweise könnte es sogar schwierig werden, trotz der <strong>an</strong>fänglichen Erfolgedass Kyoto-Reduktionsziel 2008/12 zu erreichen. Hierbei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen(vgl. DPG, 2005):– In den 1990er Jahren haben es die besonderen Umstände nach der Wiedervereinigungmöglich gemacht, durch die Schließung <strong>von</strong> energieintensiven Betrieben und die Verbesserungder Energieeffizienz insbesondere in Ostdeutschl<strong>an</strong>d eine starke Verbesserung derTreibhausgas-Bil<strong>an</strong>z für g<strong>an</strong>z Deutschl<strong>an</strong>d zu erreichen. Das wird sich so nicht wiederholenlassen.


Kapitel 2 Entwicklung der Energiemärkte und der klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen 53– Die Meth<strong>an</strong>- und Lachgasemissionen ließen sich in den 1990er Jahren im Bereich derAbfallwirtschaft durch geeignete Investitionsmaßnahmen besonders stark reduzieren,ähnliches gilt für die Reduzierung der Lachgasemissionen im Industriebereich. Dadurchhat die relative Bedeutung dieser Emissionsquellen (Meth<strong>an</strong> und Lachgas aus Abfallwirtschaftbzw. Industrie) im Gesamt-Mix der Treibhausgase abgenommen, so dass m<strong>an</strong> nun„im Wesentlichen um das Kernstück kämpfen muss, das Kohlendioxid“ (DPG, 2005).– Ein Teil der Erfolge der 1990er Jahre ist darauf <strong>zur</strong>ückzuführen, dass bei der Stromerzeugungder nukleare Anteil zulasten der fossilen Verbrennung erhöht worden ist. Für dieZukunft ist jedoch, sofern die Politik keine Kurskorrekturen vornimmt, ein deutlicherRückg<strong>an</strong>g der nuklearen Stromproduktion vorprogrammiert.– Nachdem die deutsche Wirtschaft im verg<strong>an</strong>genen Jahrzehnt relativ niedrige Wachstumsratenaufwies, ist in der jüngeren Verg<strong>an</strong>genheit ein deutlicher Aufschwung zu verzeichnen.Trotz der weitgehenden Entkopplung <strong>von</strong> Wirtschaftswachstum und Energieverbrauchwird die positive Konjunktur auch in Deutschl<strong>an</strong>d dazu führen, dass der Energieverbrauchtendenziell steigt.Im Hinblick auf die Bewertung der Entwicklung und auf die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungenlohnt es sich, noch einmal aus der Studie der DPG (2005, S.9) zu zitieren:„Dass über die letzten 12 Jahre hinweg der deutsche CO 2 -Ausstoß nur um 0,6 % jährlichherunterkam, ist deshalb so enttäuschend, weil dieser niedrige Wert das Endergebnis einerhohen Bemühung ist. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n weder der Regierung noch der Industrie Untätigkeitbei der Effizienzverbesserung und der Einführung erneuerbarer Energien vorhalten, imGegenteil. Es ist viel geschehen, aber es muss noch viel mehr geschehen, um der Jahrhunderaufgabedes Klimaschutzes gerecht zu werden.“„Es muss noch viel mehr geschehen“ ist allerdings nach Auffassung der DPG wie auchnach Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats nicht so verstehen, dass die Politik beiden eingeschlagenen Maßnahmen die Dosis erhöhen und/oder diese Maßnahmen um nochviele weitere Maßnahmen ergänzen sollte. Stattdessen gilt es all jene Maßnahmen, dietrotz hoher Dosis enttäuschende Ergebnisse gebracht haben, <strong>zur</strong> Disposition zu stellen unddie Kräfte auf die wirklich erfolgversprechenden Maßnahmen zu konzentrieren.


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 543 Politikmaßnahmen3.1 Internationale AbkommenDie Sicherung der Energieversorgung ist mit der ersten drastischen Ölpreiserhöhung <strong>von</strong>1973/74 verstärkt in das Blickfeld der Wirtschaftspolitik gerückt und seither – mit unterschiedlicherIntensität – auf der Agenda geblieben. Bereits im Jahre 1974 haben eine großeGruppe <strong>von</strong> OECD-Ländern die Internationale Energie Agentur (IEA) gegründet unddamit ein Forum für die internationale energiepolitische Zusammenarbeit geschaffen. DieIEA sieht eine zentrale Aufgabe in der Sicherung der Energieversorgung, die u. a. durchstärkere Diversifizierung der Energieträger und der Bezugsquellen erreicht werden soll.Für den Fall schwerer und <strong>an</strong>dauernder Versorgungskrisen sind die Mitgliedstaaten verpflichtet,Ölvorräte vorzuhalten. Zudem ist vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten inNotfällen unterein<strong>an</strong>der einen Ölverteilungsmech<strong>an</strong>ismus in G<strong>an</strong>g setzen können.Auftrieb hat die internationale energiepolitische Diskussion nicht nur durch den Anstiegdes Erdölpreises, sondern auch durch die internationale Klimapolitik bekommen. ImRahmen des Kyoto-Protokolls hat sich ein großer Teil der Staatengemeinschaft (vor allemdie Industrieländer) <strong>zur</strong> Einhaltung konkreter Zielvorgaben für die Eindämmung des Ausstoßes<strong>von</strong> Treibhausgasen verpflichtet 1 (siehe Tabelle 3.1). Obwohl einige der führendenIndustrieländer - darunter vor allem die USA – das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert habenund einige <strong>an</strong>dere Länder, die hohe Treibhausgasemissionen aufweisen (z. B. China),nicht teilgenommen haben, dürfte ein richtungweisender Schritt in der internationalenKlimapolitik erreicht worden sein. Immerhin repräsentieren die Unterzeichnerstaaten etwa62 % der weltweiten Treibhausgasemissionen des Jahres 1990. Neben den Verpflichtungen<strong>zur</strong> Einhaltung definierter Obergrenzen für den CO 2 -Ausstoß haben sich die Vertragsstaatenauch auf den Einsatz bestimmter sogen<strong>an</strong>nter flexibler Instrumente, wie Emissionsrechteh<strong>an</strong>del,Joint Implementation (JI) und Cle<strong>an</strong> Development Mech<strong>an</strong>ism (CDM)geeinigt. Mit diesen Instrumenten strebt m<strong>an</strong> nach Effizienz in der internationalen Klimapolitik.Im Grundsatz sollen Emissionsrechte durch den Emissionsh<strong>an</strong>del in die effizientesteVerwendung fließen und Emissionsreduktionen sowohl in Industrieländern (überprojektgebundene Emissionsreduktionen im Rahmen der Joint-Implementation) als auchin Entwicklungsländern (ebenfalls über projektgebundene Emissionsreduktionen im Rahmendes Cle<strong>an</strong> Development Mech<strong>an</strong>ism) <strong>an</strong>reizen. Allerdings müssen diese Instrumentein den einzelnen Ländern in eine sehr unterschiedliche energie- und umweltpolitischeL<strong>an</strong>dschaft implementiert werden, so dass sich die <strong>von</strong> ihrem Einsatz erwarteten Effizienzvorteilezunächst nur sehr eingeschränkt entfalten können.1Bei Überschreiten der vereinbarten Mengen soll der überschrittene Betrag <strong>von</strong> der zuzuweisendenMenge der Folgeperiode abgezogen werden zuzüglich einer Wiedergutmachungsrate <strong>von</strong> 30 %.


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 55Tabelle 3.1Begrenzung der Treibhausgasemissionen im Rahmen des Kyoto-Protokollsfür die Verpflichtungsperiode 2008 bis 2012 und Lastenverteilung zwischenden Mitgliedstaaten der EU-15 (Veränderung der CO 2 -Äquivalentein Prozent des Basisjahres 1990)L<strong>an</strong>da) BegrenzungweltweitL<strong>an</strong>db) Lastenverteilungin der EU-15Australien +8 Belgien -7,5Bulgarien -8 Dänemark -21K<strong>an</strong>ada -6 Deutschl<strong>an</strong>d -21Kroatien -5 Engl<strong>an</strong>d -12,5Tschechien -8 Finnl<strong>an</strong>d 0Estl<strong>an</strong>d -8 Fr<strong>an</strong>kreich 0EU -8 Griechenl<strong>an</strong>d +25Ungarn -6 Irl<strong>an</strong>d +13Isl<strong>an</strong>d +10Italien -6,5Jap<strong>an</strong> -6 Luxemburg -28Lettl<strong>an</strong>d -8 Niederl<strong>an</strong>de -6Liechtenstein -8 Österreich -13Litauen -8 Portugal +27Monaco -8 Schweden +4Neuseel<strong>an</strong>d 0 Sp<strong>an</strong>ien +15Norwegen +1Polen -6 EU -8Rumänien -8Russl<strong>an</strong>d 0Slowakei -8Slowenien -8Schweiz -8Ukraine 0USA -73.2 Maßnahmen der EUKlimapolitische MaßnahmenDie EU hat Anf<strong>an</strong>g der 90er Jahre die Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf ihreAgenda gesetzt. Bereits 1993 wurde eine Ratsentscheidung (1993/389/EWG) verabschiedet,mit der ein Monitoringsystem für die Treibhausgasemissionen initiiert wurde. DieseEntscheidung wurde 1999 erweitert (1999/296/EG); sie verpflichtet die Mitgliedstaaten<strong>zur</strong> Aufstellung nationaler Programme, durch die die Einhaltung der Verpflichtungen ausdem Kyoto-Protokoll eingehalten und kontrolliert werden soll. Im Jahre 2000 hat die EUin einem Grünbuch erste Vorstellungen <strong>zur</strong> Umsetzung der Emissionsreduktionsverpflichtungin der EU entwickelt. Darin wurde vorgeschlagen, bereits vor der ersten Verpflich-


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 56tungsperiode (2008 bis 2012) ein europäisches Emissionsh<strong>an</strong>delssystem für den Zeitraum2005 bis 2007 zu etablieren, um Erfahrungen mit dem System sammeln zu können.Mit der Emissionsh<strong>an</strong>dels-Richtlinie (2003/87/EG) wurde der Eckpfeiler für das EU-Emissionsh<strong>an</strong>delssystem verabschiedet. In dieses System sind vier Sektoren einbezogen:Energieumw<strong>an</strong>dlung und -umformung, Eisenmetallerzeugung und -verarbeitung, MineralverarbeitendeIndustrie und „sonstige Industriezweige“, die die Zellstoff- und die PapierundPappenindustrie umfassen. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, weitere Industriezweigeeinzubeziehen und auch auf Antrag bei der EU einzelne Anlagen der festgelegtenSektoren aus dem Emissionsh<strong>an</strong>delssystem auszuschließen. In der ersten H<strong>an</strong>dels-Periode (2005 bis 2007) beziehen sich die Emissionsrechte bzw. -verpflichtungen nur aufCO 2 , die <strong>an</strong>deren im Kyoto-Protokoll geregelten Treibhausgase können <strong>von</strong> der zweitenH<strong>an</strong>dels-Periode (2008 bis 2012) <strong>an</strong> einbezogen werden, wenn die EU-Kommission eineentsprechende Empfehlung <strong>an</strong> das Parlament richtet.Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, für die erste und die zweite H<strong>an</strong>delsperiode sogen<strong>an</strong>nteNationale Allokationspläne aufzustellen, in denen Umf<strong>an</strong>g und Verteilung derEmissionsrechte festgelegt werden. Dabei waren die Emissionsrechte den Betrieben fürdie erste Periode zu mindestens 90 % kostenfrei zuzuweisen. Für Emissionen, die nichtdurch Zertifikate abgedeckt sind, müssen Anlagenbetreiber eine Strafgebühr <strong>von</strong> 40 € proTonne CO 2 leisten, zudem muss die entsprechende Anzahl <strong>von</strong> Zertifikaten nachträglichabgegeben werden. Die Emissionsrechte sind h<strong>an</strong>delbar innerhalb der EU ebenso wie mitDrittstaaten. Außerdem können die Mitgliedstaaten nach der „Ergänzungsrichtlinie“(2004/101/EG) ihren Unternehmen erlauben, <strong>an</strong>stelle <strong>von</strong> EU-Emissionsrechten zertifizierteEmissionsreduzierungen (CER) <strong>von</strong> Maßnahmen im Rahmen des CDM oder Emissionsreduktionseinheitenaus JI-Maßnahmen (ERU) zu nutzen. Dabei wird ausdrücklichfestgehalten, dass sowohl CERs als auch ERUs den internationalen St<strong>an</strong>dards, wie sie inUNFCCC, Kyoto-Protokoll und dar<strong>an</strong> <strong>an</strong>schließenden Dokumenten niedergelegt sind, zugenügen haben.Die Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Allokationsplänen <strong>von</strong> den in der EU-Direktive vorgegebenen Möglichkeiten in unterschiedlichem Ausmaß Gebrauch gemacht.Die meisten EU-Länder haben der Zuteilung <strong>von</strong> Verschmutzungsrechten die tatsächlichenEmissionen der Verg<strong>an</strong>genheit zugrunde gelegt (Gr<strong>an</strong>dfathering). Einige haben dabeiallerdings einen Bonus für emissionsreduzierende Maßnahmen vor der Basisperiode berücksichtigt.Die meisten Länder haben die Emissionsrechte zu 100 % frei zugeteilt; Ausnahmensind Dänemark (95 %), Ungarn (97,5 %), Irl<strong>an</strong>d (99,25 %) und Litauen (98,5 %).Durch die Entscheidung, die Emissionsrechte kostenlos auszugeben und nicht zu versteigern,hat der Staat auf potenzielle Einnahmen verzichtet. Bei einer Verknappung der h<strong>an</strong>delbarenEmissionsrechte ist zu erwarten, dass die Energieversorgungsunternehmen dieStrompreise erhöhen und somit die Belastung <strong>an</strong> die Verbraucher weitergeben.


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 57Mit der unterschiedlichen H<strong>an</strong>dhabung der Zuteilung der Emissionsrechte haben die EU-Mitgliedstaaten versucht, das neue gemeinsame Instrument des Emissionsrechteh<strong>an</strong>dels inein <strong>von</strong> jeweiligen nationalen Besonderheiten geprägtes klima-, energie- und umweltpolitischesUmfeld zu integrieren. Die EU-Kommission versucht, durch eine „Anleitung“ <strong>zur</strong>Anwendung der in der Richtlinie über das System für den H<strong>an</strong>del mit Treibhausgaszertifikatenin der Gemeinschaft festgelegten Kriterien in sachgerechter Weise auf eine Harmonisierungder Zuteilungsregeln hinzuwirken.Inzwischen sind die nationalen Allokationspläne 2008 bis 2012 <strong>von</strong> den EU-Mitgliedstaaten erarbeitet. Termin für die Abgabe bei der EU-Kommission war der 30.Juni 2006. Diesen Termin haben nicht alle Länder eingehalten. Eine Reihe <strong>von</strong> nationalenAllokationsplänen für die Periode 2008 bis 2012 ist bereits akzeptiert und die Umsetzungin nationales Recht wird vorbereitet.Die jüngste und bis dato weitest reichende Festlegung <strong>von</strong> klimapolitischen Zielen habendie Staats- und Regierungschefs der EU beim EU-Klimagipfel in Berlin im April 2007vorgenommen. D<strong>an</strong>ach soll der Ausstoß <strong>von</strong> Treibhausgasen bis 2020 um mindestens20 % gegenüber 1990 reduziert werden. Es soll sogar das noch weiter reichende Reduktionsziel<strong>von</strong> 30 % erreicht werden, sofern sich <strong>an</strong>dere Industrieländer hierzu ebenfalls verpflichten.Energiepolitische MaßnahmenDie energiepolitischen Maßnahmen der EU betreffen zum einen die Vorgabe strategischerZiele für die Ausrichtung der Energiepolitik (Weißbuch für Erneuerbare Energien (1997),Aktionspl<strong>an</strong> für <strong>Biomasse</strong> (2005), Grünbuch <strong>zur</strong> Energieeffizienz (2005)), zum <strong>an</strong>derenRichtlinien <strong>zur</strong> Förderung der <strong>Energiegewinnung</strong> und <strong>zur</strong> Besteuerung <strong>von</strong> Energieerzeugnissenund Strom. In ihrem Weißbuch für Erneuerbare Energien hatte sich die EU-Kommission im Jahre 1997 die Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien am gesamtenPrimärenergieverbrauch bis zum Jahre 2010 auf d<strong>an</strong>n 12 % als Ziel gesetzt; spezifischfür <strong>Biomasse</strong> wurde das Ziel auf 135 Mtoe/a (5.628 PJ/a) festgesetzt. Eine weitergehendeDifferenzierung für biogene Festbrennstoffe, Biogas oder Biotreibstoffe wurdeebenso wenig vorgenommen wie hinsichtlich der Produkte Wärme, Strom und Kraftstoffe(zu dem derzeitigen Anteil siehe Kapitel 2.1). In dem Grünbuch zeigt die KommissionWege <strong>zur</strong> Senkung des Energieverbrauches auf 20 % bis 2020 auf; besondere Anstrengungenhält sie in den Bereichen Verkehr, Energieerzeugung und Gebäude für erforderlich.Eine Konkretisierung dieses Zieles für die Stromerzeugung erfolgte durch die RICHTLINIEZUR FÖRDERUNG DER STROMERZEUGUNG AUS ERNEUERBAREN ENERGIEQUELLEN IMELEKTRIZITÄTSBINNENMARKT (2001). D<strong>an</strong>ach soll der Anteil der erneuerbaren Energien<strong>an</strong> der Stromproduktion der gesamten EU <strong>von</strong> knapp 14 % im Jahre 1992 auf etwa 20 %im Jahre 2010 <strong>an</strong>steigen. In der Richtlinie wird nicht nur ein Ziel für die EU insgesamt


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 58gesetzt, sondern es werden auch indikative (nicht verbindliche) Richtziele für alle Mitgliedstaatenfestgelegt. Diese Richtziele gelten allgemein, nicht spezifisch für einzelneEnergieträger (z. B. Wind, Bioenergie etc.). Ergänzend dazu wurde 2004 eine Richtlinie<strong>zur</strong> Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung verabschiedet, die den Rahmen für die nationalenFörderprogramme in der EU setzt.Für die biogenen Kraftstoffe wurde mit der Richtlinie <strong>zur</strong> Förderung der Verwendung <strong>von</strong>Biokraftstoffen oder <strong>an</strong>deren erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (2003) festgelegt,dass die Mitgliedstaaten auffordert, einen Mindest<strong>an</strong>teil <strong>an</strong> Biokraftstoffen und <strong>an</strong>derenerneuerbaren Kraftstoffen auf ihren Märkten zu realisieren. Dieser Anteil soll – gemessenam Energiegehalt – bis zum 31. Dezember 2005 bei 2 % liegen und bis Ende 2010auf 5,75 % <strong>an</strong>steigen. Das Anliegen der EU-Kommission, verpflichtende Mengenziele fürdie einzelnen Mitgliedstaaten vorzugeben und eine Zw<strong>an</strong>gsbeimischung <strong>von</strong> Biokraftstoffenzu herkömmlichen Kraftstoffen verpflichtend vorzuschreiben, erwies sich als zunächstnicht durchsetzbar. Energiepolitik fällt nach wie vor in erster Linie in den Kompetenzbereichder Mitgliedstaaten und diese setzen in der Förderung bestimmter Produktionslinienunterschiedliche Akzente. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben sich allerdings der EU-Kommission gegenüber verpflichtet, jährlich über Förderungsmaßnahmen und Biokraftstoffabsatzzu berichten. Es bleibt abzuwarten, ob die Mitgliedstaaten nach ihremGrundsatzbeschluss vom April 2007, der für das Jahr 2020 einen Beimischungs<strong>an</strong>teil <strong>von</strong>mindestens 10% verbindlich vorsieht (Berliner Beschluss, s. u.), auf eine auch im Detailvereinheitlichte Biokraftstoffstrategie einschwenken werden.Für den Wärmemarkt ist bisher keine EU-Richtlinie verabschiedet. Die Kommission bereiteteine entsprechende Richtlinie vor. Schon jetzt sieht die Richtlinie <strong>zur</strong> Unterstützungder Kraft-Wärme-Koppelung (2004) die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientiertenKraft-Wärme-Koppelung im Energiebinnenmarkt vor.Die Umsetzung der Ziele und der Richtlinien ist Sache der Mitgliedstaaten. In ihrer Midterm-Auswertungdes Fortschritts im Hinblick auf Zielvorgaben für die erneuerbarenEnergien kommt die EU-Kommission zu dem Schluss, dass sich die Bereiche der Wärme-/Kälteerzeugung und der Stromerzeugung aus <strong>Biomasse</strong> un<strong>zur</strong>eichend entwickelt haben.Deshalb hat die EU-Kommission einen Aktionspl<strong>an</strong> für <strong>Biomasse</strong> (2005) verabschiedet, indem die energiepolitischen Ziele noch einmal bekräftigt, die Potenziale umrissen und Umsetzungsmaßnahmenaufgezeigt werden. Zudem hat sie eine EU-Strategie für Biokraftstoffeverabschiedet (2006). D<strong>an</strong>ach sollen Biokraftstoffe in der EU und in Entwicklungsländernstärker gefördert werden. Zudem soll die Biokraftstoffnutzung – insbesondere durchdie Erforschung der Biokraftstoffe zweiter Generation – auf eine breitere Basis gestelltwerden.


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 59In ihrer Berliner Erklärung vom April 2007 haben die Staats- und Regierungschefs der EUdie energiepolitischen Ziele noch einmal konkretisiert und verschärft. Unter <strong>an</strong>deremwurden folgende Eckwerte beschlossen:– Durch verbesserte Energieeffizienz soll der Energieverbrauch um 20 % gesenkt werden(im Vergleich zum für 2020 geschätzten Energieverbrauch).– Erneuerbare Energien sollen bis 2020 einen Anteil <strong>von</strong> mindestens 20 % am Gesamtverbrauchder EU haben. Von diesem verbindlichen Ziel sollen differenzierte nationaleGesamtziele abgeleitet werden, wobei es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt,welche Ziele sie für die einzelnen Sektoren festlegen.– Für den Kraftstoffverbrauch in Fahrzeugen wird für das Jahr 2020 ein verbindlichesMindestziel <strong>von</strong> 10 % (Anteil Biokraftstoff) festgelegt.3.3 Maßnahmen in Deutschl<strong>an</strong>dKlimapolitische MaßnahmenIn Deutschl<strong>an</strong>d wurde das EU-Emissionsh<strong>an</strong>delssystem im Jahre 2004 durch das TEHGTreibhausgas-Emissionsh<strong>an</strong>delsgesetz rechtlich umgesetzt. Auch die Zuweisung derEmissionsrechte für die erste Periode im Rahmen des Nationalen Allokationspl<strong>an</strong>es erfolgteim Jahr 2004. Der Emissionsh<strong>an</strong>del erfasst in Deutschl<strong>an</strong>d 1.850 Anlagen; dieseAnlagen sind für ca. 55 % der CO 2 -Emissionen in Deutschl<strong>an</strong>d ver<strong>an</strong>twortlich.Inzwischen ist der nationale Allokationspl<strong>an</strong> für die zweite Periode veröffentlicht. DieÄnderungen des nationalen Allokationspl<strong>an</strong>es 2008 – 2012 betreffen im Wesentlichen (a)die Reduzierung der Gesamtzuteilungsmenge <strong>von</strong> 482 auf 456,1 Mio. t CO 2 pro Jahr sowie(b) die Umstellung der Zuteilungsmethode für neue Anlagen sowie für Best<strong>an</strong>ds<strong>an</strong>lagender Energiewirtschaft auf ein Benchmark-System. Das bedeutet, dass sich die ausgegebenenLizenzen <strong>an</strong> der bestverfügbaren Technik orientieren. Die Möglichkeiten derBetreiber, ihre Emissionsreduktionen durch Emissionsreduktionseinheiten (ERU) oderzertifizierten Emissionsreduktionen (CER) im Rahmen <strong>von</strong> JI- oder CDM-Projekten zuerfüllen, sollen auf 20 % begrenzt sein.Energiepolitische MaßnahmenIn Deutschl<strong>an</strong>d zielt die Energiepolitik seit l<strong>an</strong>gem auf einen Ausbau der erneuerbarenEnergien. Dieser Kurs wurde durch die Koalitionsvereinbarung <strong>von</strong> CDU/CSU und SPDfür die laufende Legislaturperiode bekräftigt und durch den Kabinettsbeschluss <strong>von</strong> Mesebergam 23./24. August 2007 jüngst noch einmal ergänzt (BMU, 2007a).Die Förderung <strong>von</strong> Biokraftstoffen wurde in der Verg<strong>an</strong>genheit vor allem dadurch erreicht,dass reine Biokraftstoffe (Pfl<strong>an</strong>zenöl, Biodiesel, Bioeth<strong>an</strong>ol) gar nicht oder nur


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 60geringfügig durch die Mineralölsteuer belastet wurden, während die Steuersätze für konventionelleKraftstoffe im Laufe der Zeit immer weiter <strong>an</strong>gehoben wurden. Im Jahr 2003kam zusätzlich noch die Beimischung <strong>von</strong> Biodiesel zu konventionellem Diesel hinzu, diebis zu einem Beimischungs<strong>an</strong>teil <strong>von</strong> 5 % ebenfalls steuerbegünstigt wurde.Der wirtschaftliche Anreiz dieser Regelung war so groß, dass der Markt<strong>an</strong>teil für Biodieselstark <strong>an</strong>stieg und dementsprechend auch der Steuerausfall in kurzer Zeit rasch zunahm.Vor diesem Hintergrund verständigten sich die Regierungsparteien darauf, die Steuerbegünstigungschrittweise abzuschaffen (Ausnahme: Kraftstoffeinsatz in der L<strong>an</strong>d- undForstwirtschaft) und stattdessen eine Beimischungspflicht einzuführen. Die Überg<strong>an</strong>gsphasebeg<strong>an</strong>n 2006 und wird bis 2015 dauern. In der Endstufe soll die Beimischungspflichteine Gesamtquote <strong>von</strong> 8 % Biokraftstoff umfassen. Hierbei ist für Diesel eineMindestquote <strong>von</strong> 4,4 % und für Benzin eine Mindestquote <strong>von</strong> 3,6 % vorgeschrieben.Die Mineralölindustrie k<strong>an</strong>n nur solche Kraftstoffe auf die Quotenverpflichtung <strong>an</strong>rechnenlassen, die die jeweiligen technischen Normen erfüllen. Das führt beim Biodiesel zu einergewissen Präferenz für den Einsatz <strong>von</strong> Rapsöl. Soja- und Palmöle können als Rohstoffkomponentenfür die Biodieselproduktion verwendet werden, allerdings nur insoweit, wieder Biodiesel die Norm<strong>an</strong>forderung noch erfüllt.Um den Einsatz erneuerbarer Energieträger in der Stromerzeugung zu fördern, wurdendie Energieversorgungsunternehmen gesetzlich verpflichtet, Stromeinspeisern besondereVergütungssätze für Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu zahlen. Diese Vergütungssätzewurden mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahre2004 noch einmal <strong>an</strong>gehoben, so dass im EU-Vergleich die höchsten Vergütungen gewährtwurden (vgl. Abbildung 3.1). D<strong>an</strong>ach erhielten Anlagen, die in Deutschl<strong>an</strong>d Stromaus <strong>Biomasse</strong> produzieren,– eine leistungsgrößenabhängige Grundvergütung <strong>von</strong> 8,4 bis 11,5 Cent/kWh,– einen zusätzlichen Bonus <strong>von</strong> 2,5 bis 6 Cent/kWh beim Einsatz ausschließlich naturbelassenerProdukte aus der L<strong>an</strong>d- und Forstwirtschaft (NaWaRo-Bonus),– einen zusätzlichen Bonus <strong>von</strong> 2 Cent/kWh beim Einsatz <strong>von</strong> Kraft-Wärme-Kopplung(KWK-Bonus),– einen zusätzlichen Bonus <strong>von</strong> 2 Cent/kWh beim Einsatz innovativer Technologien(Technologie-Bonus).Für kleine Biogas<strong>an</strong>lagen waren damit l<strong>an</strong>gfristig festgeschriebene Vergütungssätze <strong>von</strong>bis zu 21,5 Cent/kWh erreichbar (Tabelle 3.2). Für eine 10-MW-Anlage mit Dampfmotorund KWK ergab sich beim Einsatz <strong>von</strong> Waldrestholz ein Vergütungssatz <strong>von</strong>12,2 Cent/kWh. Die Vergütungssätze orientieren sich im Wesentlichen <strong>an</strong> den unterschiedlichenKosten. Je kleiner die Anlagen sind, desto niedriger ist der Wirkungsgradund desto höher die Kosten einer geregelten Brennstoffführung. Es wurde festgelegt, dassdie Vergütungssätze für die Folgejahre, d. h. für später gebaute Anlagen, leicht abgesenkt


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 61werden. Derzeit laufen Beratungen über eine erneute Novellierung des EEG; nach denbisher vorliegenden Entwürfen ist tendenziell eine Anhebung der Vergütungssätze gepl<strong>an</strong>t.Tabelle 3.2:EEG-Vergütungssätze für <strong>Biomasse</strong> im August 2004 in Cent/KWh elaus <strong>Biomasse</strong>aus Deponie-, GrubenundKlärgasMindest-/Grundvergütungab 01.01.2004 für AIII-AIVab 01.07.2006NawaRo- KWK- Techno-Bonus Bonus Bonus 1)GrundvergütungTechno-Bonus 1)Leistung bis 150 kW 11,5 3,9 6,0Leistung bis 500 kW 9,9 3,9 4,0 7,672,0 2,0Leistung bis 5.000 kW 8,9 3,9 2,5 6,65Leistung ab 5.000 kW 8,4 3,9 0,0 6,652,01) Der in § 8 Abs. 4 gen<strong>an</strong>nte Technologie-Bonus wird nur gewährt, sofern die Anlage in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird und dieStromerzeugung mittels Brennstoffzellen, Gasturbinen, Dampfmotoren, Org<strong>an</strong>ic-R<strong>an</strong>kine-Cycle-Anlagen, Mehrstoff-Gemisch<strong>an</strong>lagen(inbesondere Kalina-Cycle-Anlagen).Abbildung 3.1:ct/kWh2520Höhe der gewährten Einspeisevergütung für Strom aus <strong>Biomasse</strong> inausgewählten EU-25-LändernMaxMin151050DK D F GR IRL L NL A P E EW LT SLO CZ H CYQuelle: Thrän et al. 2005, S. 17, Association Technique Energie Environnement 2007, www.biogaz.atee.fr, Hjort-Gregersen, mdl.Mitteilung, 2006.


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 62Zur Förderung der Wärmeerzeugung aus <strong>Biomasse</strong> hat die Bundesregierung im Jahr 1999ein Markt<strong>an</strong>reizprogramm eingeführt, dessen Konditionen durch die neue Richtlinie vomJ<strong>an</strong>uar 2007 noch einmal verbessert worden sind. Die Richtlinie sieht für <strong>Biomasse</strong>-Anlagen im Wärmebereich Investitionsförderungen vor.Diese betragen 24 €/kW für automatisch beschickte <strong>Biomasse</strong>kessel bis 100 kW (Pelletkessel,Pelletöfen und Kombinationskessel Pellets-Scheitholz), 500 € je Anlage für automatischbeschickte Hackschnitzkessel, 750 € je Anlage für Scheitholzvergaserkessel <strong>von</strong>15 bis 30 kW Nennwärmeleistung. Werden Sekundärmaßnahmen <strong>zur</strong> Emissionsminderungund <strong>zur</strong> Effizienzsteigerung ergriffen, k<strong>an</strong>n eine Verdopplung der Fördersätze erfolgen.Für größere Anlagen (über 100 kW) wurde die KfW-Förderb<strong>an</strong>k durch das Markt<strong>an</strong>reizprogrammermächtigt, zinsgünstige Darlehen und Tilgungszuschüsse zu vergeben. DieTilgungszuschüsse betragen 20 €/kW (inkl. Nahwärmenetz 24 €/kW) bis zu einer Obergrenze<strong>von</strong> 50.000 € (60.000 €) je Maßnahme. Für die Errichtung oder Erweiterung <strong>von</strong>Nahwärmenetzen wird ein Tilgungszuschuss in Höhe <strong>von</strong> 100 € je Meter Trassenlängegewährt, höchstens jedoch 150.000 € je Maßnahme.Die Beh<strong>an</strong>dlung der Energieträger in der Steuerpolitik hat erheblichen Einfluss auf denEinsatz regenerativer Energien. Insbesondere Kraftstoffe werden in Deutschl<strong>an</strong>d seit geraumerZeit besteuert. Ausgenommen sind Schiff- und Luftfahrt. Mit der Einführung derÖkosteuer im Jahre 1999 wurde eine stufenweise Anhebung dieser Steuersätze beschlossenund zudem eine Stromsteuer eingeführt. Bereits vor der Einführung der Ökosteuer wardie steuerliche Belastung der einzelnen Energieträger sehr unterschiedlich (Tabelle 3.3).Tabelle 3.3: Steuersätze für Energieträger, 2003EnergieträgerNominiert Im Gesetz festgelegte Steuersätzeauf Volumen/Gewichtvor dem 01.04.1999 1) ab 01.01.2003Auf den EnergiegehaltnormierteSteuersätze€/MWHAuf den KohlenstoffgehaltnormierteSteuersätze€/CO 2Bleifreies Benzin €/1.000 l (501,70) 654,50 73,11 282,13(Ottokraftstoff)Diesel €/1.000 l (317,00) 470,40 47,50 178,14Heizöl (leicht) €/1.000 l (40,90) 61,35 6,15 23,25Flüssiggas €/1.000 kg (25,56) 6,60 4,75 20,12(Brenngas)Erdgas €/MWh (1,84) 5,50 5,50 30,25(Brenngas)1) Vor Einführung der Ökosteuer.Quelle: BMF, 2003, S. 30 f. und RWI, 2002, S. 2-4.


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 63Die Steuersätze für Kraftstoffe waren weitaus höher als die für Brennstoffe, und bei denKraftstoffen war die Belastung <strong>von</strong> Benzin deutlich höher als die <strong>von</strong> Diesel. Erdgas fürden Antrieb <strong>von</strong> Automobilen wird geringer besteuert als Benzin oder Diesel, aber wesentlichhöher als Erdgas für Heizungszwecke (vgl. Kapitel 2.3). Kraftstoffe aus erneuerbarenEnergieträgern waren bis 2006 <strong>von</strong> der Mineralölsteuer befreit, soweit sie als Reinkraftstoffeverwendet werden und seit Juni 2003 auch in Gemischen. Mit dem Energiesteuergesetzvom 01.08.2006 und dem Biokraftstoffquotengesetz wurde die Begünstigung<strong>von</strong> Biokraftstoffen auf eine neue Basis gestellt. Für Biodiesel wurde für 2006 und 2007ein Steuersatz <strong>von</strong> 9 Cent je Liter erhoben und für Rapsölkraftstoff 10 Cent je Liter abdem 1. J<strong>an</strong>uar 2008. Diese Besteuerung wird für beide Kraftstoffe bis zum 1. J<strong>an</strong>uar 2012auf 45 Cent je Liter <strong>an</strong>gehoben. Gleichzeitig wurde eine Biokraftstoffquote eingeführt.Biokraftstoffe innerhalb dieser Quote unterliegen dem gleichen Steuersatz wie die Mineralöle,denen sie nach ihrem Verwendungszweck am nächsten stehen.An der Grundstruktur der Steuerbelastung haben weder das Ökosteuergesetz noch dasEnergiesteuergesetz viel verändert: Kraftstoffe sind wesentlich höher besteuert als Brennstoffe,und Schiff- und Luftfahrt bleiben <strong>von</strong> der Mineralölsteuer ausgenommen. Allerdingswurde mit der Ökosteuer auch eine steuerliche Belastung <strong>von</strong> Strom eingeführt, um dieLenkungswirkung der Energiebesteuerung auf eine breitere Basis zu stellen. Der Stromsteuersatzwurde unabhängig vom Einsatz der Energieträger auf 20,45 €/MWh festgelegt.FazitDurch die differenzierten energiepolitischen Regelungen wird die Wettbewerbsfähigkeitder <strong>Biomasse</strong> gegenüber konkurrierenden fossilen Energieträgern in Deutschl<strong>an</strong>d sehrunterschiedlich beeinflusst.In der Verg<strong>an</strong>genheit hat die unterschiedlich hohe Besteuerung der fossilen Energieträger(Wärme niedrig, Kraftstoff hoch) dafür gesorgt, dass die Steuerbegünstigung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong>eine starke Lenkungswirkung zugunsten des Kraftstoffsektors entfaltete. Mit der Substitution<strong>von</strong> 1.000 l Heizöl durch feste <strong>Biomasse</strong> für Heizzwecke sparte m<strong>an</strong> Heizölsteuerin Höhe <strong>von</strong> 61,35 €, mit der Substitution <strong>von</strong> 1.000 l Diesel durch Biodiesel hingegen470,40 €. Somit konnten bei einer Substitution fossiler Energieträger durch <strong>Biomasse</strong> imKraftstoffbereich erhebliche Ineffizienzen im Verarbeitungsbereich aufgef<strong>an</strong>gen werden,im Wärmebereich hingegen nicht. Die Investitionsförderung, die das MAP für den Wärmebereichvorsieht, k<strong>an</strong>n diesen Nachteil nicht <strong>an</strong>nähernd kompensieren. Im Strombereichwar es nicht die Besteuerung, sondern die erhebliche Subventionierung im Rahmen desEEG, die eine starke Lenkungswirkung zugunsten der biogenen Stromproduktion und zuungunstender biogenen Wärmeproduktion entfaltet hat. Diese Lenkungswirkungen energiepolitischerMaßnahmen sind vor dem Hintergrund eines nur begrenzt vorh<strong>an</strong>denenSubstitutionspotenzials <strong>an</strong> <strong>Biomasse</strong> kritisch zu hinterfragen.Gegenwärtig befindet sich das Förderinstrumentarium für die Bioenergie teilweise imUmbruch. Die Umstellung <strong>von</strong> der Steuerbefreiung <strong>zur</strong> Beimischungspflicht führt dazu,


Kapitel 3 Politikmaßnahmen 64dass der Einsatz <strong>von</strong> Agrarrohstoffen für das Segment „Biokraftstoffe“ im Rahmen derQuote absoluten Vorr<strong>an</strong>g vor den <strong>an</strong>deren Optionen der Bioenergie (Wärme, Strom) erhält.Ein Preiswettbewerb k<strong>an</strong>n hier nur noch indirekt stattfinden, indem gegebenenfallsImporte <strong>zur</strong> Erfüllung der Beimischungspflicht her<strong>an</strong>gezogen werden. Im Wettbewerbzwischen den Einsatzfeldern Strom und Wärme möchte die Bundesregierung stärkere Akzentezugunsten der Wärme setzen. Zur Verstärkung des Einsatzes erneuerbarer Energienim Wärmebereich liegt der Entwurf eines Erneuerbarer-Energien-Wärmegesetzes vor.Dieser enthält die Verpflichtung, dass bei Neubauten künftig zu mindestens 15 % derHeizmenge aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Bei der grundlegenden S<strong>an</strong>ierung<strong>von</strong> Altbauten soll dieser Anteil 10 % betragen. Die Fördermittel des Markt<strong>an</strong>reizprogrammssollen aufgestockt werden und vor allem d<strong>an</strong>n eingesetzt werden, wenn der Eigentümerüber die gesetzliche <strong>Nutzung</strong>spflicht hinausgeht oder innovative Energien einsetzt.Inwieweit diese Regelungen den Einsatz <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> im Wärmebereich stützenoder ob hier verstärkt sonstige regenerative Energien zum Einsatz kommen werden (Geothermie,Solarthermie), bleibt abzuwarten. Von großer Bedeutung wird hierbei die Fragesein, wie stark die Kraft-Wärme-Kopplung bei der <strong>an</strong>stehenden Novellierung des EEG inden Mittelpunkt gerückt wird.Erneute Zielerhöhung durch die Meseberger BeschlüsseDas integrierte Energie- und Klimaprogramm, welches das Bundeskabinett in Eckwertenim Rahmen seiner Meseberger Klausur beschlossen hat, enthält eine umf<strong>an</strong>greiche Auflistunggepl<strong>an</strong>ter Aktivitäten und eine erneute Verschärfung der politische Ziele (vgl. AGRA-EUROPE, 2007). Wichtige Eckwerte sind:– Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien <strong>an</strong> der Stromproduktion <strong>von</strong> derzeit rd.13 % auf 25 % bis 30 % bis zum Jahr 2020.– Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien am Wärmeverbrauch auf 14 % biszum Jahr 2020.– Ausbau der <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Biokraftstoffen: Die bisher gen<strong>an</strong>nte Quote <strong>von</strong> 10 % Beimischungim Jahr 2020 wird als „netto Klimaschutzbeitrag“ festgelegt, so dass sichdaraus nach Darstellung des Bundeskabinetts unter Berücksichtigung der Treibhausgas-Emissionenbei der Herstellung der Biokraftstoffe eine tatsächliche Beimischungsquote<strong>von</strong> ca. 20 Vol.-% (entsprechend 17 % energetisch) ergibt. Ab 2010wird bis zum Umf<strong>an</strong>g <strong>von</strong> 3 Vol.-% auch das gemeinsame Hydrieren <strong>von</strong> Pfl<strong>an</strong>zenölenmit mineralölstämmigen Ölen unter der Voraussetzung zugelassen, dass dasAnbau und <strong>Nutzung</strong> der pfl<strong>an</strong>zlichen Öle zertifiziert ist.– Erleichterung der Einspeisung <strong>von</strong> Biogas in das Ergasnetz. Die Bundesregierungver<strong>an</strong>schlagt das Biogaspotenzial, das in Deutschl<strong>an</strong>d bis 2030 erschlossen werdenk<strong>an</strong>n, auf 10 % des derzeitigen Erdgasverbrauches. Um das Zwischenziel 6 % bis2020 erreichen zu können, will die Bundesregierung den vorh<strong>an</strong>denen Rechtsrahmenkonkretisieren und ergänzen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 654 Analyse der wichtigsten Bioenergie-LinienIn Deutschl<strong>an</strong>d hat sich, nicht zuletzt unter dem Einfluss intensiver politischer Förderung,inzwischen eine Vielzahl unterschiedlicher Bioenergie-Linien etabliert. Die verschiedenenLinien weisen erhebliche Unterschiede auf hinsichtlich der Energieerträge, der Produktionskosten,des Wertes der erzeugten Energieträger und des Beitrags zu energie-, klimaundsonstigen politischen Zielen. Diese Unterschiede erschweren eine vergleichende Beurteilungder relativen Vorzüglichkeit der verschiedenen Bioenergie-Linien sowie ihrerpolitischen Förderung.Um trotz dieser Schwierigkeiten zumindest <strong>an</strong>näherungsweise einschätzen zu können, wiedie politischen Interventionen in Form <strong>von</strong> Subventionen, Steuerbefreiungen oder Beimischungs-und Einspeiseverpflichtungen in diesem Bereich zu beurteilen sind, wird nachfolgendeine vergleichende Beurteilung der wichtigsten Bioenergie-Linien vorgenommen.Diese Übersicht verfolgt das Ziel, eine Bewertung der verschiedenen Optionen im Hinblickauf wirtschafts- und klimapolitisch relev<strong>an</strong>te Parameter zu ermöglichen. Eine Bewertungim Hinblick auf <strong>an</strong>dere Politikziele (z. B. Arbeitsmarktpolitik, Einkommenspolitik,Umweltpolitik abseits der Klimapolitik) erfolgt nicht.Die nachstehende Untersuchung ist das Resultat einer intensiven Abstimmung und Zusammenarbeit,die im Rahmen einer Unterarbeitsgruppe des Wissenschaftlichen BeiratsAgrarpolitik des BMELV stattgefunden hat 1 . Die Mitglieder dieser Gruppe waren S. Berenz(TU München), H. Döhler (KTBL), Dr. L. Leible (FZKA), Dr. N. Schmitz (meo consult),Dr. J. Schweinle und U. Tuch (BfH), Dr. T. Toews (JLU Gießen), Dr. A. Vetter(TLL) sowie T. de Witte, Dr. Y. Zimmer und Prof. Dr. F. Isermeyer (FAL).Das Kapitel gliedert sich wie folgt: Zunächst wird dargelegt, welche Bioenergie-Linienfür den Vergleich ausgewählt wurden, und es wird die Vergleichsmethodik erläutert (Kapitel4.1). Im zweiten Schritt werden die ausgewählten Linien beschrieben und hinsichtlichder wichtigsten Parameter <strong>an</strong>alysiert (Kapitel 4.2 bis 4.4). Im dritten Schritt erfolgtd<strong>an</strong>n eine vergleichende Darstellung über die untersuchten Linien hinweg (Kapitel 4.5).Hierbei werden die eigenen Ergebnisse in einen Vergleich mit Ergebnissen <strong>an</strong>derer Arbeitsgruppengestellt. Mit Hilfe <strong>von</strong> Sensitivitätsberechnungen wird d<strong>an</strong>n untersucht, wiesich die Ergebnisse bei einer Variation wichtiger Rahmenbedingungen (Agrarpreise,Energiepreise) verändern. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse in einemkurzen Fazit zusammengefasst (Kapitel 4.6).Bei der Bewertung der qu<strong>an</strong>titativen Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die ermitteltenWerte zu den einzelnen Bioenergie-Linien <strong>von</strong> vielen Faktoren, z. B. vom ausgewähl-1Ein Teil der Berechnungen basiert auf den Ergebnissen der Masterarbeit <strong>von</strong> H. ZIEGENBEIN (2007).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 66ten St<strong>an</strong>dort, <strong>von</strong> der ausgewählten Technologie-Vari<strong>an</strong>te, <strong>von</strong> den unterstellten Preisensowie <strong>von</strong> <strong>an</strong>deren wichtigen Faktoren beeinflusst werden, so dass die Zahlen exemplarischzu verstehen sind und keine Allgemeingültigkeit haben, sondern vom ausgewähltenSt<strong>an</strong>dort, <strong>von</strong> der ausgewählten Technologievari<strong>an</strong>te, den unterstellten Preisen sowie <strong>von</strong>den <strong>an</strong>deren wichtigen Einflußfaktoren abhängen. Zu bedenken ist, dass viele Konstellationenmöglich sind und sich dementsprechend für jede Bioenergie-Linie eine große B<strong>an</strong>dbreite<strong>an</strong> Ergebnissen ergeben k<strong>an</strong>n. Deshalb wurden neben den Ergebnissen auch die gewähltenBerechnungsgrundlagen und Modell<strong>an</strong>nahmen ausführlich dokumentiert. So könnendie Leser die Ergebnisse und Schlussfolgerungen nachvollziehen und gegebenenfallsselbst Variationsrechnungen für <strong>an</strong>dere Fallkonstellationen <strong>an</strong>stellen.4.1 Methodik4.1.1 Auswahl der Bioenergie-LinienDas Konzept der vergleichenden Darstellung und Analyse unterschiedlicher Formen derBereitstellung <strong>von</strong> Bioenergie setzt zum einen voraus, dass aus der Vielzahl der technischdenkbaren Formen eine Auswahl getroffen wird. Zum <strong>an</strong>deren müssen für die als relev<strong>an</strong>tidentifizierten Linien typische Anlagen definiert werden, um sie stellvertretend für dieBioenergie-Linie wirtschaftlich, energie- und klimapolitisch bewerten zu können. Dabeiwerden aus der Vielzahl <strong>von</strong> möglichen Anlagentypen und -größen jene ausgewählt undexemplarisch vorgestellt, die nach Experteneinschätzung die gegenwärtige Realität bestmöglichabbilden. Das bedeutet, dass die ermittelten Werte für die jeweilige Bioenergie-Linie nicht als statistischer Durchschnittswert <strong>an</strong>zusehen sind.Für die vorliegende Analyse werden vor allem Energie-Linien ausgewählt, die aktuell o-der absehbar eine große praktische Relev<strong>an</strong>z besitzen. Hinzu kommen einige Optionen,die nach dem gegenwärtigen St<strong>an</strong>d des Wissens für die Erreichung der Hauptziele derstaatlichen Bioenergiepolitik (Versorgungssicherheit, Klimaschutz) besonders interess<strong>an</strong>twerden könnten. Im Einzelnen beinhaltet die Auswahl:Wärme(a) Holzhackschnitzel (Basis: Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen [KUP])(b) GetreideverbrennungStrom & Wärme(a) Biogas (verschiedene Anlagetypen)(b) Stroh Co-Verbrennung(c) Hackschnitzel Co-Verbrennung (Basis: KUP)


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 67Kraftstoffe(a) Biodiesel(b) Eth<strong>an</strong>ol (Basis: Weizen)(c) Biogas (Meth<strong>an</strong>)Außerdem werden für den Kraftstoffbereich weitere Vari<strong>an</strong>ten diskutiert und mit Hilfe<strong>von</strong> qu<strong>an</strong>titativen Ergebnissen aus der Literatur in den Vergleich einbezogen. Das betrifftdie Erzeugung <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Zuckerrüben, Zuckerrohr und Lignocellulosesowie die Erzeugung <strong>von</strong> Synthesekraftstoffen (BtL).Schwierig gestaltet sich die Berücksichtigung verschiedener Kombinationsmöglichkeitenzwischen den Bioenergie-Linien, beispielsweise die Bereitstellung der Prozessenergieeiner Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage über die Vergärung der Nebenprodukte in einer Biogas<strong>an</strong>lage. In denbisher vorgelegten Studien fehlt häufig eine nachvollziehbare Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen.Im Rahmen der hier präsentierten Analyse können solche Kombinationsmöglichkeitennicht weiter verfolgt werden, d. h. die qu<strong>an</strong>titativen Ergebnisse beziehensich ausschließlich auf „Reinformen“ der verschiedenen Bioenergie-Linien.Eine detaillierte Beschreibung der Bioenergie-Linien sowie der untersuchten Anlagentypenfinden sich in Kapitel 4.2.4.1.2 Kennzahlen, Berechnungsmethoden, Aussagefähigkeit4.1.2.1 Betriebswirtschaftliche AnalyseDie betriebswirtschaftliche Analyse der ausgewählten Bioenergie-Linien hat zum Ziel, dieRentabilität der Konversions<strong>an</strong>lagen unter den gegebenen Rahmenbedingungen (Preisverhältnisse,Subventionen bzw. Subventionsäquivalente) abzuschätzen. Bei dieser Analysestehen folgende Parameter im Vordergrund:– Investitionsvolumen– Erlöse und Nebenerlöse (soweit relev<strong>an</strong>t) mit Mengen- und Preisgerüst– Variable Kosten mit Mengen- und Preisgerüst– Abschreibungen, Kapitalkosten– Fixkosten– Gewinn


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 68Diese Kennzahlen werden jeweils pro Anlage und Jahr sowie pro kWh ermittelt. Bei derDokumentation der Werte pro kWh erfolgt jeweils ein Hinweis darauf, in welcher Formdie erzeugte Energie vorliegt, in dem ein entsprechender Index <strong>an</strong>gefügt wird („th“ fürthermische Energie, „el“ für elektrischen Strom, „EtOH“ für Eth<strong>an</strong>ol, „CH 4 “ für Meth<strong>an</strong>und „RME“ für Biodiesel).Für die Berechnung der Kapitalkosten wurde grundsätzlich ein Zinssatz <strong>von</strong> 5 % unterstellt,der Zins<strong>an</strong>spruch wird in der vereinfachten Investitionsrechnung auf 50 % des Investitionsvolumensberechnet. Beim Umlaufkapital wird für die einmal jährlich <strong>an</strong>fallendenKosten ein Zins<strong>an</strong>spruch kalkuliert. Die Abschreibungsfristen sind den jeweiligenTabellen in Kapitel 4.2 zu entnehmen.Von besonderer Bedeutung für die Rentabilität der Anlagen sind die Annahmen bezüglichder Preise, die sich für den Energie-Output erzielen lassen bzw. diejenigen, die für denRohstoff-Input zu zahlen sind. In der betriebswirtschaftlichen Analyse sind hierfür Marktpreisezugrunde zu legen. Eine Verwendung <strong>von</strong> statistischen Durchschnittspreisen ausden verg<strong>an</strong>genen Jahren wäre jedoch problematisch, denn die Energie- und Agrarpreisehaben sich in der jüngsten Verg<strong>an</strong>genheit grundlegend verändert (vgl. Abbildungen 4.1und 4.2) und es ist nicht zu erwarten, dass sich die Preisverhältnisse der 1990er Jahre überkurz oder l<strong>an</strong>g wieder einstellen werden (vgl. Kapitel 2.3 und 5.1).Abbildung 4.1: Entwicklung der Weltmarktpreise für ausgewählte pfl<strong>an</strong>zliche Produkte(cif Rotterdam bzw. Hamburg)400350300WeizenGersteCornglutenSojabohnenRapsUS $ / t2502001501005001996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007(Juni)Quelle: ACTI - Töpfer International (2007).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 69Sowohl die Energie- als auch die Agrarpreise werden wohl künftig deutlich höher liegenals in den 1990er Jahren, wobei sich das Agrarpreisniveau ab einem Erdölpreis <strong>von</strong>40 $/bbl wesentlich stärker am Erdölpreisniveau orientieren wird (SCHMIDHUBER,2006, vgl. auch Kapitel 5). Andererseits ist zu bedenken, dass die gegenwärtigen Weltmarktpreisefür Agrarprodukte sehr starke Kurzfrist-Schw<strong>an</strong>kungen aufweisen, weil Angebotund Nachfrage in den einzelnen Teilmärkten zeitversetzt auf die neue Knappheitslagereagieren. Insofern k<strong>an</strong>n <strong>von</strong> den Preisrelationen des Jahres 2007 nicht ohne weiteresauf das Preisniveau der kommenden Jahre geschlossen werden.Vor diesem Hintergrund hat die Arbeitsgruppe versucht, den Kalkulationen ein EnergieundAgrarpreisgefüge zugrunde zu legen, das nach den derzeitigen Erkenntnissen als plausibelfür die kommenden Jahre einzuschätzen ist. Hierbei wurde unterstellt, dass dasweltweite Energiepreisniveau im Vergleich zum gegenwärtigen Niveau leicht rückläufigist. Ferner wurde da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass es gegenüber dem Niveau Mitte 2007 mittelfristigzu einer Entsp<strong>an</strong>nung insbesondere auf den Getreidemärkten kommt. Angesichtsder Unsicherheit, die mit den Preisprognosen verbunden ist und wegen der großen Bedeutungder Energie- und Agrarpreise für die Rentabilität der Anlagen werden im Anschluss<strong>an</strong> die Basiskalkulationen alternative Berechnungen für abweichende Preisszenariendurchgeführt.Für die Basiskalkulation wird im Einzelnen <strong>von</strong> folgenden Ansätzen ausgeg<strong>an</strong>gen (vgl.auch Tabelle 4.1):– Für den künftigen Erdölpreis wird ein Wert <strong>von</strong> 70 US$/bbl unterstellt (vgl. Kapitel2.3). Dementsprechend werden die Preise für Diesel und Benzin (frei Raffinerie, ohneSteuern) mit 0,43 bzw. 0,46 €/l <strong>an</strong>gesetzt.– Für Strom wird <strong>von</strong> einem Referenzpreis <strong>von</strong> 4 ct/kWh el ausgeg<strong>an</strong>gen (vgl. ZY-BELL/WAGNER, 2006; BODE/GROSCURTH, 2006). Angesichts der Vielzahl <strong>von</strong> Anlagetypenund verwendeten Rohstoffen ist dieser Wert eine grobe Näherung. Während dieProduktionskosten nach ZYBELL/WAGNER (2006: 2) in größeren, abgeschriebenenWasserkraftwerken sowie in Atomkraftwerken ca. 1,5 ct/kWh betragen, wird die Spitzenlastfür bis zu 10 ct/kWh bereitgestellt. Im Schnitt über alle Anlagen sind inDeutschl<strong>an</strong>d ZYBELL/WAGNER zufolge 3,5 bis 4 ct/kWh eine realistische Größenordnung.LEIBLE et al. (2007: 99) gehen da<strong>von</strong> aus, dass die Stromgestehungskosten ineinem neuen Steinkohlekraftwerk derzeit bei rd. 5 ct/kWh liegen; für hochmoderneGas- und Dampfturbinen-Kraftwerke mit besonders hohen Wirkungsgraden <strong>von</strong>knapp 60 % rechnen BODE/GROSCURTH (2006: 24) mit Gestehungskosten <strong>von</strong>4,4 ct/kWh, <strong>an</strong>dere Autoren wie HASPER (2006: 2) kommen hier zu Werten <strong>von</strong> 3 bis3,5 ct/kWh. Diese Kosten sind nicht zu verwechseln mit den wesentlich höherenStrompreisen, die <strong>von</strong> Privathaushalten oder Unternehmen zu zahlen sind. Die großeDifferenz zwischen den Verbraucherpreisen und den Produktionskosten für Strom ergibtsich daraus, dass frei Abnahmestelle in erheblichem Umf<strong>an</strong>g Infrastrukturkosten,


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 70H<strong>an</strong>dlingskosten, Steuern und Abgaben <strong>an</strong>fallen. Außerdem beinhalten diese Preisedie Unternehmergewinne (oder Renten) der Strom<strong>an</strong>bieter. Ein höherer als der hierunterstellte Strompreis könnte sich durch den Ausstieg aus der Kernenergie und die<strong>an</strong>stehende Modernisierung des Kraftwerkparks ergeben, <strong>an</strong>dererseits gibt es aberauch Einflussfaktoren, die eher einen Rückg<strong>an</strong>g des Strompreises erwarten lassen(Liberalisierung des nationalen und internationalen Strommarktes).– Für die Kalkulation der Kosten der konventionellen Wärmeproduktion für privatenWohnraum, die durch die biogene Wärmeproduktion ersetzt wird, wurde als Referenz„Heizen mit Erdgas“ her<strong>an</strong>gezogen. Dabei wird <strong>von</strong> einem Preis <strong>von</strong> 6,5 ct/kWh Erdgasausgeg<strong>an</strong>gen. Zu diesen Kosten können die Betreiber fossiler Wärme<strong>an</strong>lagen den EnergieträgerErdgas beziehen. Unter Berücksichtigung der Fixkosten der Wärmebereitstellungsowie weiterer variabler Kostenbest<strong>an</strong>dteile ergeben sich insgesamt Kosten derprivaten Wärmebereitstellung <strong>von</strong> 0,085 €/kWh th für die private Wohnraum-Heizung.Industrieunternehmen, die große Mengen Prozesswärme benötigen und folglich alsGroßkunden Gas beziehen, erhalten deutlich günstigere Tarife <strong>von</strong> ca. 4,7 ct/kWh Erdgas .Daher können die Betreiber der hier untersuchten KWK-Anlagen bei Abgabe der Wärme<strong>an</strong> industrielle Kunden nur einen Wärmeerlös <strong>von</strong> 0,055 €/kWh th realisieren.– Der Bruttogroßh<strong>an</strong>delspreis für Weizen wird mit 180 €/t <strong>an</strong>gesetzt. Dieser Wert liegtdeutlich unter dem Preis der verg<strong>an</strong>genen Monate, der teilweise Werte <strong>von</strong> 250 €/tüberschritten hat, aber erheblich über dem Preisniveau, welches vor 2006 herrschte(Größenordnung 100 €/t). Die Abwärtskorrektur der gegenwärtig sehr hohen Preiseerfolgt in der Erwartung, dass weltweite marktwirtschaftliche Anpassungsreaktionenzu einer Dämpfung des sehr starken Preis<strong>an</strong>stiegs führen werden.– Der Preis für Raps wird mit 340 €/t <strong>an</strong>gesetzt. Es wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass sichdie bisher l<strong>an</strong>gfristig zu beobachtende Preisrelation zwischen Raps und Weizen <strong>von</strong>ca. 2:1 grundsätzlich auch in Zukunft einstellen wird, sich aber leicht zu ungunstendes Rapses verschiebt.– Zu den bisherigen Marktpreisen <strong>von</strong> Holzhackschnitzeln, die sich <strong>an</strong> den Preisen fürHeizöl und Erdgas orientieren, liegen umfassende Informationen vor (vgl. Abbildung4.2). Allerdings entstammt der Großteil bisher geh<strong>an</strong>delter Hackschnitzel aus Waldrestholz,das für eine sehr starke Ausweitung der holzbasierten Energiebereitstellungnicht in ausreichendem Maße <strong>zur</strong> Verfügung steht. Daher wird im Rahmen dieserStudie <strong>von</strong> Hackschnitzeln auf Basis <strong>von</strong> Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen ausgeg<strong>an</strong>gen. Einenersten Ansatz für die hierfür zu erwartenden Preise bieten die reinen Herstellungskosten,die sich auf ca. 80 €/t TM belaufen (VETTER, 2005). Da aber die Hackschnitzelerzeugung<strong>an</strong>nahmegemäß in Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen erfolgt, die auf l<strong>an</strong>dwirtschaftlichenFlächen zu errichten wären, müssen die Opportunitätskosten der Flächennutzungergänzend berücksichtigt werden. L<strong>an</strong>dwirte werden nur d<strong>an</strong>n in Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen(KUP) investieren, wenn die damit erzielbare Flächenverwertung die beste l<strong>an</strong>dwirtschaftlicheAlternative für die jeweilige Fläche übersteigt. Für die Kalkulation


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 71wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass die KUP in erster Linie auf St<strong>an</strong>dorten mit niedrigerenAckerbauerträgen etabliert werden (Ertragsniveau 6 t/ha Wintergerste). Es wird unterstellt,dass Gerste bei einem Weizenpreis <strong>von</strong> 180 €/t zu Preisen in der Größenordnung<strong>von</strong> 170 €/t geh<strong>an</strong>delt wird. Gegenüber dem Ausg<strong>an</strong>gsniveau <strong>von</strong> ca. 110 €/tund einem Reinertrag <strong>von</strong> null führt das zu einem Anstieg der <strong>Nutzung</strong>skosten derFläche <strong>von</strong> ca. 350 €/ha. Pro Tonne Trockenmasse Hackschnitzel entspricht dies ca.35 €/t, so dass für die weiterführenden Berechnungen ein Preis <strong>von</strong> 115 €/t TM <strong>an</strong>gesetztwird. Einzelheiten zu der Produktionstechnik, den Ertragserwartungen sowie derWirtschaftlichkeit der Produktion <strong>von</strong> Hackschnitzeln auf Basis <strong>von</strong> Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagensind im Kapitel 4.2.2 dokumentiert.Abbildung 4.2:Preisentwicklung in Deutschl<strong>an</strong>d bei Holzhackschnitzeln, Holzpellets,Heizöl und Erdgas€Cent pro 10 kWh706050403020100ErdgasHeizölHolzpelletsHolzhackschnitzel2004 2005 2006 2007Quelle: Eigene Darstellung nach CARMEN (2007).– Für die Abschätzung des Preises <strong>von</strong> Silomais wird entsprechend vorgeg<strong>an</strong>gen. Hierbeiwird allerdings unterstellt, dass höherwertige Flächen in Anspruch genommenwerden (Ertragsniveau 8 t/ha Getreide). Diese Vorgehensweise führt zu einer Preiserwartung<strong>von</strong> 28 €/t FM frei Feld als Grundlage für die weiterführenden Berechnungen.Gemessen <strong>an</strong> den aktuellen Preisen im Herbst 2007, die bei bis zu 32 €/t liegen,erscheint dieser Wert niedrig, gemessen <strong>an</strong> den Preisen, die vor 2006 erzielt wurden(Größenordnung 16 bis 18 €/t FM), ist dieser Wert sehr hoch.– Bei Stroh wird, <strong>an</strong>ders als bei Hackschnitzeln und Silomais, keine Anpassung derRohstoffkosten <strong>an</strong> das inzwischen erhöhte Agrarpreisniveau vorgenommen, sondernder im Rahmen <strong>von</strong> <strong>an</strong>deren Studien (LEIBLE et al., 2003) errechnete Preis <strong>von</strong> 62 €/tFM frei Feld aus dem Zwischenlager <strong>an</strong>gesetzt. In diesem Preis ist der Wert der Nährstoffe,die dem Acker bei einer Strohabfuhr entzogen werden, bereits enthalten. Diedezentrale Verbrennung <strong>von</strong> Stroh in Klein<strong>an</strong>lagen oder gar die Verfütterung <strong>von</strong>


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 72Stroh sind derzeit keine relev<strong>an</strong>ten <strong>Nutzung</strong>soptionen, die zu einer wesentlichen Verknappungdes Rohstoffs führen. Deshalb wäre eine Ankopplung des Strohpreises <strong>an</strong>das allgemeine Energie- oder Agrarpreisgefüge nicht sachgerecht. Die Situation würdesich allerdings schlagartig ändern, wenn die Biokraftstoffe der 2. Generation praxisreifund rentabel werden sollten. Unter dieser Bedingung würde sich der d<strong>an</strong>nknappe Rohstoff Stroh gravierend verteuern. Die Tatsache, dass solche potenziellenPreissteigerungen in den Kalkulationen nicht enthalten sind, ist bei der Interpretationder Ergebnisse zu beachten.In der Tabelle 4.1 sind die für diese Studie <strong>an</strong>gesetzten Preise im Überblick dargestellt,außerdem finden sich ergänzende Angaben zu Energiegehalten und Emissionswerten, aufdie bei den Analysen in Kapitel 4.3 <strong>zur</strong>ückgegriffen wird.Tabelle 4.1:Agrarrohstoffe und Energieträger: Preise, Heizwerte, CO 2äq -Emissionen,Energie- und TM-GehaltePreisEinheitCO 2äq -Emissionen Ertrag TM-Gehalt Heizwert Dichte(kg CO 2äq /kWh) 10 (t FM/ha) (%) kWh HU /kg FM (kg/l)Rohöl 70 US $/bbl 1) - - - --Strom (fossiler Mix) 0,04 €/kWh 3) 0,627 - -- -Diesel 0,43 €/l 2) 0,322 - - 11,97 0,83Biodiesel 0,71 €/l 2) 0,160 - - 10,33 0,89Benzin 0,46 €/l 2) 0,325 - - 12,1 0,75Eth<strong>an</strong>ol 0,57 €/l 2) 0,217 - - 7,5 0,79Meth<strong>an</strong> 0,8 €/kg 0,167 - - 9,97 10)Gas 0,065 €/kWh 4) - - - --Weizen 180 €/t 5) - 7,7 86 4,04 -DDGS 160 €/t 5) - - - --Raps 340 €/t 5) - 3,7 91 6,64 -Rapsschrot 180 €/t 5) - - - --Silomais 28 €/t FM 6) - 47,3 32,5 1,33 -Stroh 62 €/t FM 7) - 6 86 4,49-Hackschnitzel 115 €/t TM 8) - 10 65 3,11 -Schweinegülle 1,5 €/t FM 9) - - 7 0,53 -1) frei US Golf. 2) frei (Raffinerie, ohne Steuer). 3) frei Kraftwerk. 4) frei Haus. 5) frei Erfassung. 6) frei Feld. 7) frei Feldmiete. 8) frei Feld, gehäckselt.9) Tr<strong>an</strong>sportkosten frei Anlage. 10) Energiegehalt in kWh/Nm³.Quellen: EUROSTAT; Zybell (2006), eigene Erhebungen.4.1.2.2 Volkswirtschaftliche AnalyseDie volkswirtschaftliche Analyse der ausgewählten Bioenergie-Linien hat zum Ziel, Grundlagenfür die gesellschaftliche Bewertung der verschiedenen Förderpolitiken zu schaffen.Dabei steht insbesondere der Beitrag der Bioenergie zu den versorgungs- und klimapolitischenZielen im Vordergrund. Hierfür werden folgende Beurteilungsparameter ermittelt:


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 73– Brutto-Energieertrag pro Fläche (kWh/ha)– Netto-Energieertrag pro Fläche (kWh/ha)– Netto CO 2äq -Vermeidung (kg CO 2äq /kWh)– Subventionsaufw<strong>an</strong>d (€/kWh und €/CO 2äq -Vermeidung)– CO 2äq -Vermeidungskosten bzw. -erlöse (€/t CO 2äq )Für eine umfassende volkswirtschaftliche Analyse wäre es erforderlich, Produkte und Inputsmit Schattenpreisen zu bewerten, die sich ergeben würden, wenn alle staatlichenMarkteingriffe eliminiert würden. Dies wiederum wäre nur mit einem allgemeinen Gleichgewichtsmodellmöglich gewesen, dessen Erstellung bzw. Anwendung den Rahmen dervorliegenden Untersuchung bei weitem gesprengt hätte.Der Netto-Energieertrag (kWh/ha) ist geeignet, die verschiedenen Optionen hinsichtlichihrer möglichen Beiträge zu dem Ziel „Versorgungssicherheit“ zu beurteilen. Bei der Ermittlungdes Netto-Energieertrags pro Hektar werden bei Konversionslinien ohne Nebenproduktesämtliche fossile Energieinputs incl. der Urproduktion, der Herstellung der Anlagensowie bei der Konversion vom Brutto-Energieertrag abgezogen. Fallen Nebenprodukte(z. B. Futtermittel) <strong>an</strong>, so werden diese im Rahmen eines Gutschriftverfahrens ebenfallsberücksichtigt. Zur besseren Tr<strong>an</strong>sparenz werden sowohl der Netto-Energieertragohne Gutschrift als auch derjenige mit Gutschrift ausgewiesen. Dieser Parameter wirdumso wichtiger, je stärker es bei verschärfter <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz um die knappe l<strong>an</strong>dwirtschaftlicheFläche darauf <strong>an</strong>kommt, mit Hilfe der Bioenergie je Hektar Fläche einengrößtmöglichen Energieertrag zu erzielen.Wenn die verschiedenen fossilen Energieträger unterschiedlich knapp sind, k<strong>an</strong>n <strong>an</strong>stelledes Netto-Energieertrages auch der Brutto-Energieertrag (kWh/ha) der Bioenergie-Linien in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses rücken. Diese Kennzahl gibt<strong>an</strong>, welche Menge Energie mit der jeweiligen Bioenergie-Linie unter Vernachlässigungder im Produktions- und Konversionsprozess eingesetzten Energie produziert werdenk<strong>an</strong>n. Besonders relev<strong>an</strong>t ist hierbei die Konstellation, bei der Flüssigkraftstoffe (auf Basis<strong>von</strong> Erdöl) immer teurer werden, während <strong>an</strong>dere fossile Brennstoffe (auf Basis <strong>von</strong> Kohle)infolge der weitaus größeren Reichweite noch relativ l<strong>an</strong>ge Zeit kostengünstig verfügbarsind. In dieser Situation k<strong>an</strong>n es sinnvoll sein, Bioenergie-Linien zu bevorzugen, diezwar relativ viel Konversionsenergie in Form <strong>von</strong> Kohle benötigen und deshalb einenniedrigen Netto-Energieertrag aufweisen, jedoch pro Hektar einen relativ hohen Ertrag <strong>an</strong>Flüssigkraftstoffen erbringen. Dass diese Bioenergie-Linien unter Klimaschutz-Aspektentendenziell negativ zu beurteilen sind, wird durch <strong>an</strong>dere volkswirtschaftliche Beurteilungsparametererfasst. Dieses Beispiel ver<strong>an</strong>schaulicht, weshalb es sinnvoll ist, im Hinblickauf die verschiedenen gesellschaftlichen Ziele mehrere unterschiedliche Beurteilungsparametereinzusetzen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 74Die Netto CO 2äq -Vermeidung ist eine wichtige Größe, um das Potenzial einer Bioenergie-Linieim Rahmen <strong>von</strong> Klimaschutz-Strategien beurteilen zu können. Sie ist der Saldoaus der (durch Substitution eines fossilen Energieträgers) eingesparten Emission abzüglichder CO 2äq -Emissionen, die mit dem Anbau, der Lagerung, dem Tr<strong>an</strong>sport und derKonversion des biogenen Rohstoffs verbunden sind. Ferner werden – soweit Nebenprodukte<strong>an</strong>fallen und verwertet werden – CO 2äq -Gutschriften ermittelt und der Bioenergie-Linie gutgeschrieben. Dabei wird das so gen<strong>an</strong>nte Substitutionsverfahren <strong>an</strong>gewendet. Eswird zunächst ermittelt, welche Produkte mit dem Nebenprodukt substituiert werden (BeispielRapskuchen ersetzt Sojaschrot in der Fütterung). Für dieses konventionelle Produktwerden d<strong>an</strong>n in einem zweiten Schritt die bei seiner Produktion <strong>an</strong>fallenden CO 2äq -Emissionen berechnet. Je nach Austauschverhältnis zwischen Nebenprodukt und substituiertemProdukt wird d<strong>an</strong>n der Bioenergie-Linie, die das entsprechende Nebenprodukt abwirft,eine entsprechende CO 2äq -Vermeidung gutgeschrieben. Gutschriften werden fernerim Fall der Biogas-Anlage auf Basis Gülle ermittelt, weil in Folge der <strong>Nutzung</strong> der Gülledurch die Biogas<strong>an</strong>lage Meth<strong>an</strong>- und Lachgasemissionen vermieden werden, die <strong>an</strong>derenfallsselbst bei einer - vielfach nicht üblichen – Abdeckung der Gülle <strong>an</strong>fallen würden.Die Berechnung <strong>von</strong> Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zen erfolgt mit Hilfe der Datenb<strong>an</strong>k GE-MIS, die federführend vom Öko-Institut Darmstadt erstellt wurde. Hervorzuheben ist, dassbei dieser Bil<strong>an</strong>zierung neben dem Ausstoß <strong>von</strong> CO 2 auch <strong>an</strong>dere klimarelev<strong>an</strong>te Emissionenwie Meth<strong>an</strong> und Lachgas berücksichtigt werden, die insbesondere bei der Produktionund Konversion l<strong>an</strong>dwirtschaftlicher Rohstoffe <strong>an</strong>fallen.Bei der Qu<strong>an</strong>tifizierung der CO 2äq -Vermeidung müssen zahlreiche Annahmen getroffenwerden, die für die Interpretation der Ergebnisse <strong>von</strong> teilweise erheblicher Bedeutung seinkönnen:– Insbesondere die Lachgasemissionen, die sich bei der Umw<strong>an</strong>dlung <strong>von</strong> mineralischemund wirtschaftseigenem Stickstoffdünger ergeben, haben einen starken Einflussauf die Bil<strong>an</strong>zen. Die Tatsache, dass eine solche Umw<strong>an</strong>dlung stattfindet, ist wissenschaftlichunstrittig. In welchem Umf<strong>an</strong>g dies allerdings der Fall ist, hängt in sehrstarkem Maße <strong>von</strong> den Bodenverhältnissen, der Temperatur, der Feuchtigkeit, etc. ab.In den meisten Studien über l<strong>an</strong>dwirtschaftsbezogene CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zen können dieseZusammenhänge nicht kleinräumig differenziert abgebildet werden; stattdessen wird– wie auch in der vorliegenden Untersuchung – pauschal der IPCC-St<strong>an</strong>dard zugrundegelegt (IPCC, 1996). Für den in Kapitel 4.5 vorgenommenen Vergleich mit Ergebnissen<strong>an</strong>derer Studien ist aber <strong>von</strong> Bedeutung, dass Studien, die mit <strong>an</strong>deren Wertenkalkulieren, zu stark abweichenden CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zen für l<strong>an</strong>dwirtschaftliche Rohstoffe


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 75bzw. Bioenergie-Linien kommen können. 2 Kleine Unterschiede in der Methodik bzw.in den Annahmen können hier zu sehr starken Ergebnisveränderungen führen, weildas Global Warming Potenzial (GWP) <strong>von</strong> Lachgas um den Faktor 296 höher liegt alsdas GWP <strong>von</strong> CO 2 .– Der zweite Grund dafür, dass unterschiedliche Untersuchungen zu deutlich abweichendenWerten hinsichtlich der CO 2äq -Vermeidung führen, liegt in den Annahmenbezüglich der Energieträger, die für die Konversion der Biorohstoffe eingesetzt werden.So weist z. B. SCHMITZ (2005: 118f) für die Produktion <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol je nach unterstelltemKonversionsprozess CO 2äq -Vermeidungen pro Liter Eth<strong>an</strong>ol zwischen0,8 kg CO 2äq und 1,5 kg CO 2äq aus. JRC (2007: 65) kommt bei Verwendung <strong>von</strong>Braunkohle sogar zu dem Ergebnis, dass der gesamte Prozess 8 % mehr CO 2äq -Emissionen verursacht, als durch die Substitution <strong>von</strong> Benzin vermieden werden.– Die Referenz für die Kalkulation der CO 2äq -Emissionen aus der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichenProduktion ist die Inkulturnahme <strong>von</strong> bisher ackerbaulich nicht genutzten Ackerflächen.Wenn solche Brachflächen in Deutschl<strong>an</strong>d nicht mehr <strong>zur</strong> Verfügung stehen unddurch die weitere Ausdehnung der Bioenergieproduktion Nahrungsmittelproduktionverdrängt wird, wird implizit da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass dies eine Ausweitung der Produktionauf ungenutzten Ackerflächen <strong>an</strong> <strong>an</strong>deren St<strong>an</strong>dorten in der Welt nach sichzieht und dort zu vergleichbaren Emissionen führt wie bei einer Inkulturnahme bisherungenutzter Ackerflächen in Deutschl<strong>an</strong>d. Bei diesem Vorgehen wird allerdings nichtberücksichtigt, dass die Ausweitung der Produktion bisweilen in einer Form stattfindet,die für die CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z ausgesprochen negative Auswirkungen hat. Das ist zumBeispiel der Fall, wenn Moore in Kultur genommen oder Wälder abgeholzt werden(vgl. Kapitel 2.5).– Wird Stroh als Input verwendet, so wird unterstellt, dass nur so viel Stroh abgefahrenwird, dass eine ausgeglichene Humusbil<strong>an</strong>z 3 bestehen bleibt.– Hinsichtlich der ermittelten CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zen der verschiedenen Biogas-Optionen istauf verschiedene Unsicherheiten hinzuweisen. Diese betreffen zum einen das Biogas-Verfahren <strong>an</strong> sich (z. B. vermiedene Emissionen durch Gülleverwertung, zusätzlicheEmissionen aus Gärresten), zum <strong>an</strong>deren insbesondere die Direkteinspeisung, bei derMeth<strong>an</strong>-Emissionen auftreten, die sich beim derzeitigen St<strong>an</strong>d der Technik noch nichtvermeiden lassen. Für diesen so gen<strong>an</strong>nten Meth<strong>an</strong>-Schlupf werden, je nach Annahmeund Studie, bisher zwischen 2 bis 6 % der eingespeisten Menge Biogas ver<strong>an</strong>schlagt23So basieren z. B. die Berechnungen des JRC auf einem kleinräumig aufgelösten Bodennutzungsmodellder EU, welches im Durchschnitt zu deutlich höheren Lachgasemissionen führt als wenn der IPPCSt<strong>an</strong>dardwert unterstellt wird (JRC, 2006).Theoretisch ist es vorstellbar, durch vermehrte Strohabfuhr eine negative Humusbil<strong>an</strong>z zu erzeugen,die d<strong>an</strong>n durch Ersatzmaßnahmen ausgeglichen werden müsste und damit Wirkungen auf die CO 2 -Bil<strong>an</strong>z der betreffenden Bioenergie-Linie entfaltet.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 76(BWG, 2006). Da das GWP <strong>von</strong> Meth<strong>an</strong> um den Faktor 23 über dem GWP <strong>von</strong> CO 2liegt, k<strong>an</strong>n ein hoher Meth<strong>an</strong>schlupf dazu führen, dass die CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z der gesamtenAnlage negativ wird. Für den hier vorgenommenen Verfahrensvergleich wird ein Meth<strong>an</strong>schlupf<strong>von</strong> 2,2 % <strong>an</strong>gesetzt.Der Subventionsaufw<strong>an</strong>d zeigt <strong>an</strong>, welche fin<strong>an</strong>zielle Belastung für die Steuerzahlerund/oder Energieverbraucher entsteht, wenn der Staat einer Bioenergie-Linie durch Förderungund/oder Verwendungspflicht den Markteintritt erleichtert. Die Erweiterung desklassischen Subventionsbegriffs (Zahlungen aus dem Staatshaushalt) ist hier insoweitwichtig, als der Staat im Bereich der Bioenergie dazu übergeg<strong>an</strong>gen ist, staatliche Direktzahlungenoder Steuerbefreiungen <strong>zur</strong> Förderung des Markteintritts erneuerbarer Energiendurch Beimischungspflichten, Einspeisevergütungen etc. zu ersetzen. Die damit verbundenenMehrkosten (Subventionsäquivalente) in der Energiebeschaffung werden d<strong>an</strong>n <strong>von</strong>den Energieversorgungsunternehmen und Kraftstoffherstellern über einen Aufschlag aufden Marktpreis abgegolten. Der Subventionsaufw<strong>an</strong>d wird wie folgt ermittelt:– Zunächst wird ermittelt, welche Zahlungen der Liefer<strong>an</strong>t einer bestimmten Form derBioenergie insgesamt erhält und um welchen Betrag diese Summe über den Referenzkostender gelieferten Energie liegt. Referenzkosten sind jene Kosten, zu denen diebetreffenden Energieträger auf fossiler Basis bereitgestellt werden.– Bei den Kraftstoffen Biodiesel und Eth<strong>an</strong>ol besteht das Problem, dass sich die Form<strong>von</strong> deren politischer Förderung gegenwärtig in einem Umbruch befindet: Bisher erfolgteeine Steuerbefreiung, l<strong>an</strong>gfristig wird diese durch den Beimischungszw<strong>an</strong>g ersetzt.Um die Kalkulationen nachvollziehbar und tr<strong>an</strong>sparent zu gestalten, wurde daherda<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass dieser Tr<strong>an</strong>sformationsprozess abgeschlossen ist. Dasheißt, es wird hier unterstellt, dass keine staatlichen Mittel mehr in Anspruch genommenwerden, sondern nur die Mineralölkonzerne und/oder die Autofahrer die steigendenKosten zu tragen haben. Einzelheiten werden im betreffenden Kapitel erläutert.– Investitionszuschüsse werden nicht berücksichtigt, da diese regional unterschiedlichausgestaltet sind und insbesondere im Bereich Biogas zunehmend <strong>an</strong> Bedeutung verlieren.Die CO 2äq -Vermeidungskosten geben <strong>an</strong>, welche zusätzlichen Kosten einer Volkswirtschaftdurch Subventionen und Subventionsäquivalente (Steuererleichterung, Mindestvergütung,Beimischungszw<strong>an</strong>g, etc.) entstehen, wenn mit Hilfe der jeweiligen Bioenergie-Linie die CO 2äq -Emissionen um eine Tonne reduziert werden. Die CO 2äq -Vermeidungskostensind somit ein Maß für die klimapolitische Effizienz einer Bioenergie-Linie imVergleich zu <strong>an</strong>deren klimapolitischen Optionen. Je niedriger die CO 2äq -Vermeidungskosteneiner Bioenergie-Linie ausfallen, desto effizienter k<strong>an</strong>n Klimaschutz mit Hilfe dieserLinie praktiziert werden.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 77Bei der Kalkulation der CO 2äq -Vermeidungskosten wird folgendermaßen vorgeg<strong>an</strong>gen:– Die Kalkulation beruht auf einem einzelwirtschaftlichen Ansatz. Das heißt, alle berücksichtigtenKosten- und Leistungsbest<strong>an</strong>dteile werden zu Marktpreisen (und nichtzu Schattenpreisen) erfasst. Steuern, Subventionen und Gewinn<strong>an</strong>teile werden aber inder Kalkulation berücksichtigt.– Die Mehrkosten 4 der biogenen Energieproduktion im Vergleich <strong>zur</strong> herkömmlichenfossilen Referenz werden durch die pro kWh erzielte Verminderung des CO 2äq -Ausstoßes geteilt.– Bei der Berechnung der Mehrkosten der biogenen Energieproduktion werden nur dieNetto-Kosten ver<strong>an</strong>schlagt, d. h. nur jene Kosten, die der Bioenergie und nicht denNebenprodukten zu<strong>zur</strong>echnen sind. Dies geschieht, indem die Erlöse aus dem Verkauf<strong>von</strong> Nebenprodukten <strong>von</strong> den Produktionskosten für die jeweilige Bioenergie abgezogenwerden.– Sofern Nebenprodukte <strong>an</strong>fallen (z. B. DDGS aus der Eth<strong>an</strong>olproduktion auf Getreidebasis),werden die damit verbundenen Einsparungen <strong>von</strong> CO 2äq -Emissionen mit Hilfedes Substitutionswerts 5bewertet. Im gewählten Beispiel (DDGS) wird hierbei ermittelt,welche CO 2äq -Emissionen entstehen würden, wenn eine der DDGS-Menge entsprechendeMenge Sojabohnen für die Tierernährung auf bisherigem Brachl<strong>an</strong>d produziertwürde. Diese Vorgehensweise wird gewählt, da die Verwertung der Nebenproduktein der Tierernährung (und somit die Substitution <strong>an</strong>derer Futtermittel) unterden gegenwärtig und absehbaren Preis- und Kostenrelationen die zu erwartende <strong>Nutzung</strong>darstellt.– Als Energieträger für die Konversion wird jeweils die Option gewählt, die derzeit diegrößte praktische Relev<strong>an</strong>z besitzt. Wie bereits erläutert, können innovative Kombinationenverschiedener Energielinien im Rahmen der hier <strong>an</strong>gestellten qu<strong>an</strong>titativenAnalyse nicht berücksichtigt werden. Die <strong>Nutzung</strong> solcher Optionen k<strong>an</strong>n dazu füh-45Wissenschaftlich exakt hätte mit Blick auf die Kapitalkosten eine Harmonisierung der unterstellten<strong>Nutzung</strong>sdauern der Investitionen erfolgen müssen, die in den vorliegenden Fällen geringe Unterschiedeausweisen. Die Anlagen mit l<strong>an</strong>gen <strong>Nutzung</strong>sdauern haben c. p. geringere Kapitalkosten als die Anlagenmit kürzeren <strong>Nutzung</strong>sdauern. Angesichts der geringen Unterschiede in den <strong>Nutzung</strong>sdauern undder ohnehin vorh<strong>an</strong>denen Datenunsicherheit wurde auf diesen zusätzlichen Aufw<strong>an</strong>d verzichtet.Alternativen zu diesem Ansatz bestehen darin, (a) die insgesamt <strong>an</strong>fallenden CO 2äq -Emissionen nach denWert<strong>an</strong>teilen <strong>von</strong> Haupt- und Nebenprodukt aufzuteilen oder (b) die Gutschrift aus dem Nebenproduktnach Maßgabe des Energiegehalts des Nebenprodukts zu kalkulieren. Diese Optionen haben den wesentlichenNachteil, dass sie in der Regel die wahrscheinliche spätere tatsächliche Situation nicht korrektwiedergeben und somit zu falschen Prognosen hinsichtlich der CO 2 -Einsparung und der CO 2äq -Vermeidungskosten führen. Die Aufteilung der CO 2äq -Emissionen nach Maßgabe der Wert<strong>an</strong>teile ist willkürlichund führt insbesondere bei schw<strong>an</strong>kenden Preisen zu unterschiedlichen Werten, ohne dass sich <strong>an</strong>der tatsächlichen CO 2äq -Vermeidung etwas verändert hat. Lediglich wenn die energetische <strong>Nutzung</strong> desNebenprodukts technisch und ökonomisch tatsächlich stattfindet, ist dieser Ansatz zielführend.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 78ren, dass die CO 2äq -Vermeidung höher ausfällt als im nachstehenden Abschnitt ausgewiesen.Dies wird aber in der Regel auch zu einem Anstieg der Produktionskostenführen, so dass die Wirkung auf die CO 2äq -Vermeidungskosten vielfach negativ ausfallendürfte. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass z. B. eine Verbesserung derCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zen der Erzeugung <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol durch die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Stroh als Energieträgerfür die Konversion mit <strong>an</strong>deren Formen der klimapolitisch motivierten Strohverwertungkonkurriert, die – wie noch zu zeigen sein wird – zu deutlich höherenCO 2äq -Vermeidungen und geringeren CO 2äq -Vermeidungskosten führen als z. B. inder Eth<strong>an</strong>olproduktion.Die Parameter „Subventionsbedarf je Tonne CO 2äq “ und „Vermeidungskosten je t CO 2äq “zielen in eine ähnliche Richtung, unterscheiden sich jedoch in einem wichtigen Punkt.Während die CO 2äq -Vermeidungskosten ausschließlich den volkswirtschaftlichen Ressourcenaufw<strong>an</strong>dzum Ausdruck bringen, der <strong>zur</strong> Vermeidung der Emission einer TonneCO 2äq erforderlich ist, enthält der Subventionsbedarf zusätzlich noch eine Einkommensumverteilungs-Komponente.In dem Maße, in dem die vom Staat etablierten Fördermech<strong>an</strong>ismenzu Gewinnen auf der Produzentenseite führen (bei Anlagenbetreibern, Rohstoffliefer<strong>an</strong>ten,Grundeigentümern), findet eine Umverteilung <strong>von</strong> Einkommen zugunstender Produzentenseite und zu Lasten der übrigen Bevölkerung (Steuerzahler, Energieverbraucher)statt. Diese Umverteilung stellt keinen Ressourcenverbrauch dar, d. h., eswerden keine wesentlichen zusätzlichen Kosten verursacht.Zur Bewertung der ErgebnisseAngesichts der weit reichenden Annahmen, die bei der Kalkulation der CO 2äq -Einsparungen getroffen werden müssen, sind die ermittelten CO 2äq -Vermeidungskostengrundsätzlich mit einem erheblichen Maß <strong>an</strong> Unsicherheit verbunden. Geringe Differenzenin den CO 2äq -Vermeidungskosten zwischen unterschiedlichen Bioenergie-Linien würdendeshalb keinen Schluss auf die Vorzüglichkeit einzelner Alternativen zulassen. Allerdingswird bei der Vorstellung der Ergebnisse deutlich werden, dass sich die CO 2äq -Vermeidungskosten der wesentlichen Alternativen sehr stark unterscheiden, zum Teil um100 % und mehr. In diesen Fällen ist es zulässig, die vorgelegten Ergebnisse zum Ausg<strong>an</strong>gspunktfür die Politikgestaltung zu machen.Die absolute Höhe der CO 2äq -Vermeidungskosten ist vor allem für den Vergleich zwischender Bioenergie-Politik und <strong>an</strong>deren klimapolitischen Optionen <strong>von</strong> Bedeutung.Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die ermittelten CO 2äq -Vermeidungskosten für die Bioenergie-Linienerheblich höher ausfallen als dargestellt, wenn sich herausstellen sollte,dass die mit der L<strong>an</strong>dwirtschaft verbundenen Lachgasemissionen unterschätzt sind. Eindeutlicher Rückg<strong>an</strong>g der CO 2äq -Vermeidungskosten für die Bioenergie-Linien wäre zuerwarten, wenn die Preise für fossile Energieträger weiterhin <strong>an</strong>steigen, ohne dass esgleichzeitig zu einem weiteren Anstieg der Agrarpreise kommt. Ein solches Szenario istallerdings nach derzeitigem Kenntnisst<strong>an</strong>d wenig wahrscheinlich. Als „Benchmark“ für


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 79die CO 2äq -Vermeidungskosten außerhalb der Bioenergie können derzeit Werte <strong>von</strong> 20 bis30 €/t CO 2äq <strong>an</strong>gesehen werden; zu diesen durchschnittlichen Vermeidungskosten könntedie deutsche Volkswirtschaft eine Vermeidung ihrer klimaschädlichen Emissionen (imVergleich zu 1990) um rund 30 % erreichen (MCKINSEY, 2007, oder IEA, 2006b).In der vorliegenden Untersuchung werden die Kosten und Leistungen der verschiedenenBioenergie-Linien durchgehend auf die Einheit „kWh“ bezogen, wobei lediglich mit Hilfeeiner Indizierung zwischen den Energieformen Strom, Kraftstoff oder Wärme differenziertwird. Diese Betrachtungsweise erscheint auf den ersten Blick als eine sehr grobe Vereinfachung,weil bei dem Vergleich nicht berücksichtigt wird, dass der volkswirtschaftlicheWert der verschiedenen Energieformen unterschiedlich hoch ist. Da aber gegenwärtig ca.75 % des gesamten bundesdeutschen Energieverbrauchs für die Bereitstellung <strong>von</strong> Wärme,Warmwasser und Prozessenergie mit den hochwertigen, für die Mobilität geeignetenEnergieträgern Erdöl bzw. Erdgas gedeckt wird (KALIES et al., 2007: 13), erscheint dievorgenommene Vereinfachung zulässig. Erst wenn diese Energieträger nicht mehr fürHeizungszwecke oder für die Verstromung eingesetzt werden würden, wäre eine Differenzierungder Bioenergie-Linien je nach Verwendungszweck zwingend erforderlich.Bei der Interpretation der Ergebnisse ist ferner zu berücksichtigen, dass die unterstelltenPreise für die diversen Energieträger nicht alle negativen externen Effekte berücksichtigen,die mit der Produktion bzw. Verwendung dieser Energieträger verbunden sind. Klimapolitischrelev<strong>an</strong>te und eindeutig zuordenbare Emissionen wie z. B. Lachgasemissionenin Folge der Stickstoff-Düngung oder CO 2 -Emissionen in Folge <strong>von</strong> Tr<strong>an</strong>sport und Aufbereitung<strong>von</strong> Rohöl werden bei den CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zen berücksichtigt und finden ihren Niederschlagin den CO 2äq -Vermeidungskosten. Nicht kalkuliert werden hingegen mögliche klimarelev<strong>an</strong>teEffekte, die sich z. B. aus der zusätzlichen Inkulturnahme <strong>von</strong> zuvor nichtackerbaulich genutzten Flächen ergeben können. Dafür liegen auch keine belastbaren Datenvor. Sonstige externe Effekte (z. B. Auswirkungen auf Artenvielfalt durch Waldrodungenoder Pipeline-Leckagen) bleiben sowohl bei den fossilen als auch bei den biogenenEnergie-Linien unberücksichtigt. Nach Auffassung des Beirats ist es nicht gerechtfertigt,in diesem Punkt den biogenen oder den fossilen Energie-Linien pauschal einen Bonusbzw. Malus zuzuerkennen.Für eine vergleichende Bewertung der Energie-Linien sind schließlich auch die Annahmenhinsichtlich der Systemgrenzen <strong>von</strong> Bedeutung. In den Fußnoten zu Tabelle 4.1 findensich entsprechende Angaben.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 804.2 Wärmeproduktion auf Basis biogener Rohstoffe4.2.1 EinleitungVerbreitungIn Deutschl<strong>an</strong>d lag und liegt der Schwerpunkt des <strong>Biomasse</strong>-Einsatzes für die Energieproduktionim Wärmebereich. Noch im Jahr 1995 betrug der Anteil der Wärmeproduktion <strong>an</strong>der Bioenergie insgesamt ca. 95 %, bis zum Jahr 2005 s<strong>an</strong>k dieser Anteil d<strong>an</strong>n auf 68 %ab (vgl. Tabelle 2.6). Der wichtigste Grund für den rückläufigen Anteil ist eine starkeFörderung der Bioenergie in den Einsatzfeldern Strom und Kraftstoff. Während die Wärmeerzeugungaus <strong>Biomasse</strong> zwischen 1995 und 2005 noch um 73 % zunahm, verzeichnetedie Stromerzeugung aus <strong>Biomasse</strong> eine Versiebenfachung, und die biogene Kraftstofferzeugungwurde vollkommen neu etabliert. Gleichwohl ist die im Wesentlichen auf Holzbasierende Wärmebereitstellung nach wie vor die wichtigste biogene Energieproduktionin Deutschl<strong>an</strong>d.Bei den Anlagen <strong>zur</strong> Wärmeerzeugung h<strong>an</strong>delt es sich zumeist um relativ kleine Anlagen,die dezentral betrieben werden und schwerpunktmäßig in ländlichen Räumen zu findensind. Bei den kleineren Holz-KWK-Anlagen bis 10 MW el findet darüber hinaus vielfachzumindest teilweise eine <strong>Nutzung</strong> der Wärme statt. Nach Schätzungen des IE beläuft sichder Anteil der kleineren Holz(heiz-)Kraftwerke mit Wärmenutzung auf 90 %; aufgrundder durch das EEG geschaffenen Anreize findet ein vermehrter Zubau dieses Anlagentypsstatt.Politische FörderungDie Wärmeproduktion aus <strong>Biomasse</strong> wird bisher lediglich mit geringen Investitionszuschüssendes Staates gefördert. Das dadurch ermöglichte Subventionsniveau liegt, umgerechnetauf die kWh, nur in einer Größenordnung <strong>von</strong> 0,1 ct/kWh th (zuzüglich Zuschüssenfür das Nahwärmenetz) und erreicht damit nur einen Bruchteil des Subventionsniveaus,welches für das Strom- und das Kraftstoffsegment festgelegt wurde. Diese Situation könntesich allerdings ändern, wenn die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung zum Ersatz<strong>von</strong> 14 % des gegenwärtigen Energiebedarfs für Heizungszwecke durch regenerative E-nergien Gesetzeskraft erl<strong>an</strong>gen sollten (vgl. Kapitel 3).Auswahl <strong>von</strong> Anlagentypen für die vertiefte AnalyseFür die vorliegende Studie werden exemplarisch eine Holz-Hackschnitzel-Heizung, diemit dem Erntematerial aus einer Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tage (KUP) beschickt wird, sowie eineGetreide-Heizung <strong>an</strong>alysiert.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 814.2.2 Hackschnitzel-Heizung auf Basis einer Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tage(400 kW th )Bei der <strong>an</strong>alysierten Hackschnitzel-Heizung h<strong>an</strong>delt es sich um eine 400 kW Anlage inklusiveNahwärmenetz, die vier Mehrfamilienhäuser mit einer Anschlussleistung <strong>von</strong> jeweils100 KW th versorgt.Aus den in Kapitel 4.1.1 dargelegten Gründen wird hier da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass dieHackschnitzel aus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen (KUP) gewonnen werden. Diese Kultur ist inDeutschl<strong>an</strong>d noch wenig verbreitet – in Schweden werden seit mehreren Jahren mehr alszehntausend Hektar <strong>an</strong>gebaut. Daher liegt für hiesige Verhältnisse auch nur eine begrenzteZahl <strong>von</strong> Daten aus der Praxis für die Etablierung derartiger Pl<strong>an</strong>tagen und deren Betriebvor. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über bisherige Erfahrungen gegeben.Das Prinzip der KUP besteht darin, dass schnellwachsende Baumarten <strong>an</strong>gepfl<strong>an</strong>zt werden,die in regelmäßigen Abständen – je nach Erntetechnik und <strong>Nutzung</strong> des Aufwuchsesalle drei bis sechs Jahre – geerntet werden. Da die entsprechenden Baumarten <strong>von</strong> alleinwieder austreiben, erfolgt eine Mehrfachnutzung der einmal gesetzten Stecklinge. Ausrechtlicher Sicht k<strong>an</strong>n die Pl<strong>an</strong>tage bis zu 20 Jahren genutzt werden, um als Dauerkultur<strong>an</strong>gesehen zu werden und somit eine Einordnung als Wald zu vermeiden.Prinzipiell kommen als Baumarten neben Pappeln und Weiden auch Espe, Erle, Birke undRobinie in Frage. Aufgrund der höchsten <strong>Biomasse</strong>zuwächse findet in Deutschl<strong>an</strong>d jedocheine Konzentration auf Pappeln und Weiden statt (MEYER-MARQUART/FELDWISCH, 2006).Als wesentliche St<strong>an</strong>dortvoraussetzung wird eine ausreichende Wasserversorgung gen<strong>an</strong>nt.Die Niederschlagsmenge sollte während der Vegetationsperiode mindestens300 mm betragen und die Böden über gute Wasserhaltekapazitäten verfügen.Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, streuen die bisherigen Ergebnisse bezüglich der jährlichenTM-Erträge erheblich, was in unterschiedlichen St<strong>an</strong>dortvoraussetzungen undBaumarten sowie -sorten begründet ist. Fast alle Studien zeigen jedoch, dass wirtschaftlichinteress<strong>an</strong>te TM-Zuwächse (>10 t TM/a) auf mittleren bis besseren St<strong>an</strong>dorten undausreichender Wasserversorgung gesichert sind (Tabelle 4.2). Die Anlage <strong>von</strong> Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagenauf ackerbaulichen Grenzst<strong>an</strong>dorten ist jedoch nicht ratsam. (WERNER etal., 2006).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 82Tabelle 4.2:Ertragspotenziale Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagenJährlicher TM Zuwachs (t TM/ha)Pappeln7-20Weiden Erlen Robinie6-20 5-20 6-20Quelle: Ergänzt nach Meyer-Marquart/Feldwisch (2006)Da sich in Deutschl<strong>an</strong>d insbesondere die Verwendung <strong>von</strong> Pappel- und Weideklonen <strong>an</strong>bietet,beschränkt sich die nachfolgende Darstellung des Produktionsverfahrens auf dieseBaumarten. Die in Tabelle 4.3 dargestellten ökonomischen Kenngrößen entstammen einerAuswertung <strong>von</strong> SCHWEINLE et al. (2007).Vor der Anlage der Pl<strong>an</strong>tage wird eine 25 cm tiefe Pflugfurche mit einem Nachbearbeitungsgerätempfohlen, um ein gut abgesetztes Saatbett zu gewährleisten. Hierfür werdenin der Literatur Kosten zwischen 47 und 125 € je ha <strong>an</strong>gegeben (vgl. Tabelle 4.3). Diel<strong>an</strong>gsame Jugendentwicklung <strong>von</strong> Weiden und Pappeln macht eine Unkrautbekämpfungim Pfl<strong>an</strong>zjahr notwendig, und zwar unmittelbar vor der Pfl<strong>an</strong>zung und in den ersten dreiMonaten d<strong>an</strong>ach. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 41 bis 80 €/ha. Die Pfl<strong>an</strong>zung derca. 20 bis 25 cm l<strong>an</strong>gen Stecklinge erfolgt im zeitigen Frühjahr mit h<strong>an</strong>delsüblichenPfl<strong>an</strong>zmaschinen und verursacht Arbeitserledigungskosten zwischen 200 und 562 €/ha. Eswerden ca. 14.000 Stecklinge je ha benötigt, wobei Pappelstecklinge etwa 0,22 €/Stecklingkosten. Somit beträgt die Investitionssumme für die Stecklinge bis zu 3.078 €/ha. Insgesamtverursacht die Anlage der Pl<strong>an</strong>tage ein Investitionsaufw<strong>an</strong>d <strong>von</strong> 1.400 bis3.700 €/ha.Als gängigste Rotationsverfahren haben sich drei- oder vierjährige Umtriebszeiten miteiner maschinellen Ernte <strong>zur</strong> Vegetationsruhe in den Wintermonaten etabliert. Hierfürsind unterschiedliche Erntemaschinen wie konventionelle Feldhäcksler mit Holzschneidevorsätzenoder Anbaugeräte <strong>an</strong> Traktoren verfügbar. Die Investition für einen Holzschneidevorsatzbeläuft sich auf ca. 50.000 €, für ein Anbauhäcksler auf etwa 22.500 € (WER-NER/ VETTER/ REINHOLD, 2006). Die im dreijährigen Abst<strong>an</strong>d <strong>an</strong>fallenden Ernte verursachtKosten zwischen 112 und 517 €/ha. Der Abtr<strong>an</strong>sport der Hackschnitzel ist mit demTr<strong>an</strong>sport der etablierten Silomaiskette vergleichbar und verursacht Kosten zwischen 69und 240 €/ha. Insgesamt belaufen sich die Erntekosten auf Werte in der Größenordnung<strong>von</strong> 125 €/ha bis 700 €/ha.Zur Best<strong>an</strong>despflege wird nach jeder Rotation ein Mulchg<strong>an</strong>g empfohlen, für den weitereAusgaben in Höhe <strong>von</strong> 18 €/ha <strong>an</strong>fallen. In Ergänzung zu der Aufstellung in Tabelle 4.3wird in den nachstehenden Kalkulationen da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass zusätzlich eine Stick-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 83stoffdüngung in Höhe <strong>von</strong> 37 kg/ha erfolgt, um die Entwicklung der jungen Sprosse zufördern.Nach Ablauf der <strong>Nutzung</strong>sdauer erfolgt die Rekultivierung der Fläche, indem mit einerFräse das Wurzelsystem in den oberen Bodenschichten zerstört wird. Die Angaben zu denhierfür erforderlichen Ausgaben schw<strong>an</strong>ken in der Literatur zwischen 200 und 1.400 €/ha.Tabelle 4.3:Sp<strong>an</strong>nbreite der Produktionskosten für Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagenEinmalige Aufwendungen <strong>zur</strong>Anlage/Räumung der Pl<strong>an</strong>tageQuelle geringe Kosten Quelle hohe KostengeringeKostenhoheKosten1. Pflügen und Eggen (einmalig) VETTER (2005) HOFMANN (1998) €/ha 47 1252. Herbizid- und Vorauflauf- VETTER (2005) KTBL (2006) €/ha 41 80mittelbeh<strong>an</strong>dlung (einmalig)3. Pfl<strong>an</strong>zung ohne Nachbesserung OHRNER (2005) VETTER (2005) €/ha 200 56214.000 Stück4. Stecklinge (Materialkosten) HOFMANN (1998) WILWERDING, €/ha 1.120 3.07814.000 St. à 0,08 oder 0,22 €RÖSCH (1999)5. Rodung (einmalig bei Ende SCHNEIDER (2002) KTBL (2006) €/ha 200 1.400der <strong>Nutzung</strong>sdauer; inkl.Arbeitskosten)Erntekosten (alle 3 Jahre)1. Ernte und Hacken VETTER (2005) SCHNEIDER (2002) €/ha*Ernte 112 5172. Mulchen VETTER (2005) VETTER (2005) €/ha*Ernte 18 183. Tr<strong>an</strong>sport VETTER (2005) HOFMANN (1998) €/ha*Ernte 69 240n.a.: Nicht ausgewiesen.Quelle: Schweinle et al. (2007).Da die KUP eine Dauerkultur darstellt, ist für die Kalkulation der Wirtschaftlichkeit eineAnnuitätenrechnung erforderlich. SCHWEINLE et al. (2007) weisen in dem Szenario mitgeringen Kosten und unterstellten Erlösen <strong>von</strong> 60 €/t TM eine Annuität zwischen 250 undknapp 500 €/ha/Jahr aus. Bei den hohen Kosten konnte keine positive Annuität erzieltwerden. Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel da<strong>von</strong> auszugehen, dass unter Berücksichtigungeiner gewissen Sicherheitsmarge mit reinen Produktionskosten <strong>von</strong> 80 €/tTM großflächig eine Produktion <strong>von</strong> Hackschnitzeln auf Basis <strong>von</strong> KUP möglich ist.Vor dem Hintergrund der Agrarpreisentwicklung müssen weiterhin steigende <strong>Nutzung</strong>skostender Fläche berücksichtigt werden. Dies erfolgt in Tabelle 4.4, indem Gerste alsalternative Kultur unterstellt wird.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 84Tabelle 4.4:Deckungsbeiträge Wintergerste (Alternativ-Kultur für KUP)Ertrag t/ha 6Preis Wintergerste €/t 115 145 170Erlöse €/ha 690 870 1.020Saatgutkosten €/ha 88Pfl<strong>an</strong>zenschutz €/ha 91Eigenmech<strong>an</strong>isierung €/ha 154Ernte (Maschinenringsatz) €/ha 115Düngung €/ha 175Summe variable Kosten €/ha 623 623 623Deckungsbeirag €/ha 67 247 397Anstieg Deckungsbeitrag/Anstieg <strong>Nutzung</strong>skosten d. Fläche €/ha 180 330Quelle: LfL, eigene Berechnungen.Aus der Kalkulation ist ersichtlich, dass sich die <strong>Nutzung</strong>skosten der Fläche bei einemhier unterstellten Preisniveau (vgl. Kapitel 4.1.2.1) für Wintergerste <strong>von</strong> 170 €/t gegenübereinem Ausg<strong>an</strong>gsniveau <strong>von</strong> 115 €/t um 330 €/ha erhöhen. Wenn diese 330 € auf einenunterstellten Ertrag <strong>von</strong> 10 t TM/ha umgelegt werden, ergibt dies Zusatzkosten <strong>von</strong>33 €/t TM. Dieser Betrag wurde auf 35 € aufgerundet und zu den reinen Produktionskosten<strong>von</strong> 80 €/t addiert. Somit ergeben sich in dem hier unterstellten Szenario Produktionskostenfür die Hackschnitzel in Höhe <strong>von</strong> 115 €/t gehäckselt ab Feld.Für die Versorgung der unterstellten 400 kW Anlage ist eine Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tage <strong>von</strong>ca. 25 ha LF erforderlich. Da das Feld nicht weit entfernt liegt, können die Tr<strong>an</strong>sportkostenmit knapp 3.000 € pro Jahr (0,003 €/kWh) gering gehalten werden. Weiterhin wirdda<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass die Hackschnitzel ohne Trocknung zwischengelagert werden,weshalb ein Verlust <strong>von</strong> Trockenmasse durch Veratmung in Höhe <strong>von</strong> 8 % entsteht.Das Investitionsvolumen der Heizungs<strong>an</strong>lage liegt bei fast 500.000 €. In diesem Betrag sinddie Investitionen in das Nahwärmenetz in der Größenordnung <strong>von</strong> 150.000 € enthalten.Bezüglich der Heizungs<strong>an</strong>lage wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass sie nur während der Heizungsperiodegenutzt wird und dadurch eine Auslastung <strong>von</strong> 2.600 h pro Jahr erreicht. Inder Praxis würden derartige Anlagen – wie auch die weiter unten vorgestellte Hackschnitzel-HKW-Anlagemit ORC-Technologie – i. d. R. in Kombination mit z. B. einer Erdgasthermekonzipiert, so dass die Anlage kleiner dimensioniert werden k<strong>an</strong>n und die Spitzen-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 85last unter <strong>Nutzung</strong> der Erdgasheizung gebrochen wird. Von der Kalkulation solcher Anlagenwurde aber Abst<strong>an</strong>d genommen, weil die Übersichtlichkeit darunter gelitten hätte undweil sich <strong>an</strong> dem grundsätzlichen Ergebnis hinsichtlich der Beurteilung der verschiedenenBioenergie-Linien nichts geändert hätte.Wie die betriebswirtschaftliche Analyse in Tabelle 4.5 zeigt, ermöglicht die Anlage beiden unterstellten Preisrelationen (Wärmepreis 0,085 €/kWh th, Hackschnitzelpreis 115 €/t)einen geringen Unternehmergewinn (0,003 €/kWh th ). Hierbei ist zu berücksichtigen, dassdieser Gewinn zust<strong>an</strong>de kommt, obwohl diese Bioenergie-Linien – verglichen mit denmeisten <strong>an</strong>deren – mit 0,007 €/kWh th nur eine unwesentliche Subventionierung erfährt.Tabelle 4.5: Wirtschaftlichkeit der Hackschnitzel-Heizung (400 kW th )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseWärme Menge 994.219 kWh th /aPreis 0,085 €/kWh th 84.509Summe Erlöse 0,085 €/kWh th 84.509Variable KostenHackschnitzelMenge 1.749 m 3 /a252 t TM/aPreis 115 €/t TM0,029 €/kWh th 28.994Tr<strong>an</strong>sportkosten 0,003 €/kWh th 2.781Summe Kosten frei Anlage 0,032 €/kWh th 31.775sonstige variable Kosten 0,012 11.493Summe variable Kosten 0,044 €/kWh th 43.268FixkostenInvestitionsvolumen 489.440 €Kapitalkosten 0,035 €/kWh th 34.530sonstige Fixkosten 0,004 €/kWh th 3.947Summe Fixkosten 0,039 €/kWh th 38.477Summe Kosten 0,082 €/kWh th 81.745Unternehmergewinn 0,003 €/kWh th 2.763Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 86Tabelle 4.6 beleuchtet die Bioenergie-Linie unter dem Aspekt der Energie- und der Klimagasbil<strong>an</strong>zsowie aus volkswirtschaftlicher Sicht. Die einzelnen Positionen der Kalkulationsind dabei wie folgt definiert:– In der Spalte „Energiebil<strong>an</strong>z“ wird für jeden Schritt in der Wertschöpfungskette dokumentiert,wie hoch der kumulierte nicht-erneuerbare Energieaufw<strong>an</strong>d der jeweiligenProzesse ist (sofern der Wert in den Rubriken „Input oder „Konversion“ erscheint).Dabei wird berücksichtigt, dass z. B. der Verbrauch <strong>von</strong> Diesel nicht nur den Energieinhaltdes Diesels umfasst, sondern auch den Energieaufw<strong>an</strong>d, um das Rohöl zu fördern,zu tr<strong>an</strong>sportieren und aufzubereiten. Der Energie-Output wird in den jeweiligenFormen ausgewiesen, in denen er bereitgestellt wird (kWh el , KWh th , etc.). Alle Angaben<strong>zur</strong> Energiebil<strong>an</strong>z erfolgen jeweils bezogen auf die Fläche (kWh/ha) und bezogenauf die bereitgestellte Energieeinheit (z. B. kWh/kWh th ).– In der Spalte „CO 2äq -Emissionen“ sind spiegelbildlich die entsprechenden Werte fürdie CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z aufgeführt, wobei alle klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen, wie in Kapitel4.1.2.2 definiert, berücksichtigt werden.– In beiden Spalten sind unter der Rubrik „darunter“ in der Regel nur die wesentlichenElemente <strong>von</strong> Rohstoffproduktion und Konversion erfasst; die Summe der aufgeführtenWerte entspricht daher in der Regel nicht dem Wert für die Kategorien „Input“oder „Output“.– Sofern eine Bioenergie-Linie mehr als einen Output generiert - sei es in Form einerzweiten Energieform (Wärme zusätzlich zu Strom) oder in Form eines Nebenprodukts(z. B. DDGS bei Eth<strong>an</strong>ol) erfolgt unter der Überschrift „Output“ eine entsprechendeGutschrift. Die Gutschriften werden im Falle <strong>von</strong> Nebenprodukten nach dem Substitutionsprinzip(vgl. Kapitel 4.1.2.2) ermittelt.– Der Energieertrag in der Rubrik „Volkswirtschaftliche Betrachtung“ ist wie folgt definiert:Der Brutto-Energieertrag entspricht der energetischen Bewertung des Outputspro Hektar ohne Berücksichtigung <strong>von</strong> Energie, die in diesen Prozess geflossen ist.Das heißt am Beispiel der nachstehend betrachteten Hackschnitzel-Heizung: Summeder <strong>von</strong> der Anlage pro Jahr bereitgestellten Nutzwärme geteilt durch die Hektarzahl.In einem zweiten Schritt wird <strong>von</strong> der Bruttoenergie die in der gesamten Produktionsketteverbrauchte Energie abgezogen, so dass sich der Netto-Energieertrag ergibt.– Die CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z weist mit der Größe „CO 2äq -Emissionen“ zunächst die Summe allerim Produktionsprozess emittierten Klimagase aus. Dem werden die Emissionen dessubstituierten Prozesses gegenübergestellt und der Saldo ergibt die Vermeidung. Sofernmehr als ein Output generiert wird, werden hier die Emissionen mit und ohne Berücksichtigungder Gutschrift ausgewiesen, die aus der CO 2äq -Vermeidung des zweitenOutputs resultieren.– Bei der Kalkulation der CO 2äq -Vermeidungskosten werden – in Ergänzung zu der Betrachtungin der Tabelle <strong>zur</strong> betriebswirtschaftlichen Perspektive – zunächst die Nettokostender Bioenergieproduktion dokumentiert. Dieser Wert ergibt sich aus den zu-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 87vor ausgewiesenen Kosten der Bioenergieproduktion abzüglich der Erlöse aus demVerkauf <strong>von</strong> Nebenprodukten. Dem werden die Kosten des substituierten fossilenProzesses gegenübergestellt und es ergibt sich die Kostendifferenz.Tabelle 4.6:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennziffern derHackschnitzel-Heizung (400 kW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/ha kWh/kWh thCO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh th kg CO 2äq /haRohstoffproduktion 2.312 0,059 0,025 984InputdarunterDiesel (65 l /ha) 689 0,017 0,005 186Stickstoff (37 kg/ha) 567 0,014 0,008 303Phosphat (29 kg/ha) 157 0,004 0,001 39Herstellung Hacker 604 0,015 0,004 177direkte Lachgasemissionen Feld 0,005 216Output Holz (10 t TM/ha) 47.288 1,199KonversionInput 2.337 0,059 0,019 740darunterfür Elektrizität Kessel 1.782 0,045 0,012 470für Nahwärmenetz 351 0,009 0,003 114Output (kWh th ) 39.434 1,000Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-EnergieertragCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -EmissionenCO 2äq -Emissionen GasheizungCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenWärmekosten HackschnitzelheizungWärmekosten GasheizungKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten in €/t CO 2äqSubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieErdgassteuerSumme SubventionenkWh th /ha39.43434.785kg CO 2äq /kWh el0,0440,2910,247€/kWh0,0820,085-0,003-11€/kWh0,0010,0060,007Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 88In den Tabellen sind die Werte je kWh in gerundeter Form ausgewiesen. Infolge dessenkönnen sich bei weiterführenden Berechnungen mit diesen Werten geringfügige Abweichungen<strong>von</strong> den ausgewiesenen Hektar- oder Jahreswerten ergeben.Zunächst wird mit Blick auf die in Tabelle 4.6 skizzierte Hackschnitzel-Heizung deutlich,dass die Bewirtschaftung der Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tage im Vergleich zu <strong>an</strong>deren l<strong>an</strong>dwirtschaftlichenKulturen mit einem relativ geringen Einsatz <strong>an</strong> Düngemitteln und Kraftstoffenerfolgt. Aus diesem Grund fallen sowohl der Input <strong>an</strong> fossiler Energie(0,059 kWh/kWh th ) als auch die klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen (0,025 kg CO 2äq /kWh th ) jeEinheit verkaufter Wärme relativ niedrig aus. Günstig gestaltet sich bei diesem Verfahrenauch die Konversion. Der Input <strong>an</strong> fossiler Energie liegt mit 0,059 kWh/kWh th sehr niedrig.Auf dem Acker werden ursprünglich 51.400 kWh/ha produziert; aufgrund <strong>von</strong> Lagerverlusten(8 %) stehen für die Verheizung noch 47.288 kWh/ha <strong>zur</strong> Verfügung. Da<strong>von</strong>werden – wie Tabelle 4.5 ausgewiesen - ungefähr 83 % bei den verbrauchenden Haushaltenin Form <strong>von</strong> Wärme genutzt.In der volkswirtschaftlichen Bewertung wird das vorgestellte Nahwärmekonzept mit einerkonventionellen Alternative verglichen, bei der in jedem der vier Mehrfamilienhäuser eineErdgasheizung betrieben wird. Obwohl Erdgas im Vergleich zu <strong>an</strong>deren fossilen Energieträgernrelativ geringe CO 2äq -Emissionen aufweist, erreicht die Hackschnitzel-Heizungeinen erheblichen CO 2äq -Einsparungseffekt <strong>von</strong> fast 0,25 kg CO 2äq /kWh th . Sehr positivwirkt sich außerdem aus, dass die Produktionskosten der Wärme in der hier ausgewähltenHackschnitzel-Heizung geringfügig niedriger liegen als die Bereitstellungskosten desErdgases. Dadurch ergeben sich im Endeffekt negative CO 2äq -Vermeidungskosten, d. h. esentsteht ein sog. CO 2äq -Vermeidungsnutzen, wodurch neben der CO 2äq -Vermeidunggleichzeitig volkswirtschaftlich gesehen Ressourcen gespart werden. Die Ausdehnungdieser Bioenergie-Linie wäre im gewählten Beispiel somit volkswirtschaftlich sinnvoll.Das Ergebnis fällt weniger günstig aus als hier dargestellt, wenn größere Dist<strong>an</strong>zen zu denWärmeabnehmern überbrückt werden müssen oder wenn aufgrund ungünstiger St<strong>an</strong>dortbedingungenhöhere Investitionen je Meter Nahwärmenetz erforderlich sind. Eine weiteremögliche Ursache dafür, dass dieses Ergebnis in der Praxis nicht realisiert werden k<strong>an</strong>n ist– wie bei jedem Nahwärme-Konzepte – das Vorh<strong>an</strong>densein moderner Heizungs<strong>an</strong>lagenbei den potenziellen Wärmekunden. Wenn die Kunden ihre Gasthermen erst vor kurzerZeit installiert oder erneuert haben, wird ein Anbieter <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong>-Wärme nur d<strong>an</strong>n zumZuge kommen, wenn er vorübergehend günstigere Konditionen <strong>an</strong>bietet als im gewähltenBeispiel <strong>an</strong>genommen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 894.2.3 Getreide-Heizung (60 kW th )Bei der Getreideverbrennung zu Heizzwecken wird erfahrungsgemäß besonders schnelldie Frage der ethischen Legitimation aufgeworfen. Auf diese Diskussion soll hier nichtnäher eingeg<strong>an</strong>gen werden. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass nicht nur die Getreideverbrennungzu einer Verknappung im Nahrungsmittelsektor führt, sondern das ein vergleichbarerEffekt entsteht, wenn Getreide in einer Biogas<strong>an</strong>lage bzw. einer Alkohol<strong>an</strong>lagevergoren wird oder wenn eine Ackerfläche mit einer Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tage bepfl<strong>an</strong>ztwird.Ein zweiter Einw<strong>an</strong>d gegen die Getreideverbrennung setzt <strong>an</strong> den Staubemissionen <strong>an</strong>, diesich gesundheitsschädlich auswirken können. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeberhierzu demnächst nähere Regelungen erlassen wird, die sekundäre Staubminderungsmaßnahmenerforderlich machen und zu erheblichen Mehrkosten führen werden. Dieser Aspektist in der folgenden Beispielkalkulation noch nicht berücksichtigt.Das ausgewählte Beispiel stellt eine Getreide-Heizung mit einer Leistung <strong>von</strong> 60 kW thdar. Es wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass die Heizung für ein Mehrfamilienhaus betriebenund die Wärme für 0,085 €/kWh th <strong>an</strong> die Mieter veräußert wird. Der St<strong>an</strong>dort befindet sichunmittelbar am Haus, so dass keine Nahwärmeleitung verlegt werden muss. Der Rohstoffist gut tr<strong>an</strong>sport- und lagerfähig. Für die Beheizung des Mehrfamilienhauses werden jährlich42 t Getreide benötigt, das entspricht einer Fläche <strong>von</strong> 5½ ha.Wie die betriebswirtschaftliche Analyse in Tabelle 4.7 zeigt, k<strong>an</strong>n die Anlage bei den hierunterstellten Preisrelationen (Wärmepreis 0,085 €/kWh th , Weizenpreis 180 €/t) nicht wirtschaftlichbetrieben werden. Ein rentabler Betrieb wäre nur bei einem Weizenpreis <strong>von</strong>deutlich unter 120 €/t möglich. Sollten als Folge der verschärften Emissionsauflagen zusätzlicheInvestitionsmaßnahmen erforderlich werden, wird die Aussicht auf eine rentableGestaltung der Getreide-Heizung noch geringer.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 90Tabelle 4.7: Wirtschaftlichkeit der Getreide-Heizung (60 kW th )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseWärmeMenge 140.000 kWh th /aPreis 0,085 €/kWh th 11.900Summe Erlöse 0,085 €/kWh th 11.900Variable KostenGetreideMenge 42 tPreis 180 €/t0,054 €/kWh th 7.616sonstige variable Kosten 0,013 €/kWh th 1.869Summe variable Kosten 0,068 €/kWh th 9.485FixkostenInvestitionsvolumen 47.036 €Kapitalkosten 0,035 €/kWh th 4.941sonstige Fixkosten 0,003 €/kWh th 363Summe Fixkosten 0,038 €/kWh th 5.304Summe Kosten 0,106 €/kWh th 14.789Unternehmergewinn -0,021 €/kWh th -2.889Quelle: Eigene Berechnungen.Für die Frage, ob der Staat <strong>an</strong>gesichts der potenziell positiven Wirkungen auf Klimabil<strong>an</strong>zund Versorgungssicherheit eine Subventionierung der Getreide-Heizung vornehmen sollte,ist die stoffliche, energetische und volkswirtschaftliche Bil<strong>an</strong>zierung in Tabelle 4.8aufschlussreich. Vergleicht m<strong>an</strong> die Werte mit dem System KUP/Hackschnitzel-Heizung,so wird deutlich, dass die Getreideproduktion mit einem wesentlich höheren Dünge- undEnergieeinsatz betrieben wird. Deshalb liegen die klimarelev<strong>an</strong>ten Emissionen je Hektarbei der Getreide-Heizung deutlich höher. Noch ungünstiger gestaltet sich der Vergleichder CO 2äq -Emissionen je kWh erzeugte Wärme. Dies liegt dar<strong>an</strong>, dass beim System Getreide-Heizungdie Energieerträge je Hektar geringer ausfallen als beim System Hackschnitzel-Heizung.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 91Tabelle 4.8:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennziffernder Getreide-Heizung (60 kW th )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/hakWh/kWh thCO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh thkg CO 2äq /haRohstoffproduktionInput 3.837 0,151 0,093 2.363darunterDiesel (67 l /ha) 765 0,030 0,008 206Stickstoff (146 kg/ha) 2.060 0,081 0,043 1.100Pfl<strong>an</strong>zenschutzmittel (5 l/ha) 399 0,016 0,003 66direkte Lachgasemissionen Feld 0,033 846Output Weizen (7,7 t/ha) 31.123 1,222KonversionInput 3.014 0,118 0,039 994darunterfür Elektrizität 2.303 0,090 0,024 607Tr<strong>an</strong>sport 135 0,005 0,001 37Output (kWh th ) 25.478 1,000Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-EnergieertragCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -EmissionenCO 2äq -Emissionen GasheizungCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenWärmekosten GetreideheizungWärmekosten GasheizungKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten in €/t CO 2äqSubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieErdgassteuerSumme SubventionenkWh th /ha25.47818.626kg CO 2äq /kWh el0,1320,2910,159€/kWh0,1060,0850,021130€/kWh0,0020,0060,007Quelle: Eigene Berechnungen.Als Resümee ist festzuhalten, dass eine subventionierte Bioenergie-Linie „Getreide-Heizung“ zwar durchaus einen Beitrag zum Klimaschutz leisten würde (4 t CO 2äq /ha),dass diese Subventionierung aber dennoch nicht empfohlen werden k<strong>an</strong>n, da die CO 2äq -Vermeidungskosten bei deutlich über 100 €/t CO 2äq liegen würden. Eine Subventionierungwürde außerdem dem System KUP knappe potenzielle Anbaufläche entziehen und <strong>zur</strong>Verdrängung der nicht subventionsbedürftigen Bioenergie-Linie „Hackschnitzel-Heizung“


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 92führen. Das wäre klimapolitisch negativ, denn im System KUP/Hackschnitzel-Heizungkönnen mit nur marginalen Subventionen 9,7 t CO 2äq /ha vermieden werden, also mehr alsdoppelt so viel wie bei der Getreide-Heizung.Eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und damit eine Reduzierung derCO 2äq -Vermeidungskosten würden sich ergeben, wenn statt regulärem Getreide Ausputzgetreideoder sonstige zu verwerfende Partien genutzt würden. Allerdings erlaubt das Aufkommenderartiger Getreidepartien lediglich eine Nischen<strong>an</strong>wendung für die Getreideheizung,so dass diese Option hier nicht weiter untersucht wurde. Eine Alternative <strong>zur</strong> Getreideverbrennungwäre bei Mycotoxin-belasteten Partien die Verwertung in Biogas<strong>an</strong>lagen. Dadie Mycotoxin-Belastungen <strong>von</strong> Jahr zu Jahr stark schw<strong>an</strong>ken, hätte die VerwertungsoptionBiogas den Vorteil, dass in Jahren mit geringem Anfall <strong>von</strong> nicht-verzehrtauglichem Getreideflexibler auf <strong>an</strong>dere Rohstoffquellen umgestellt werden könnte.4.3 Stromproduktion (mit/ohne Wärmenutzung)4.3.1 EinleitungPolitische FörderungIm Jahr 2004 wurde das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) mit dem politischen Zielnovelliert, den Anteil erneuerbarer Energien <strong>an</strong> der Stromversorgung bis zum Jahr 2010auf mindestens 12,5 % und bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 % zu erhöhen. Nach demGesetz werden Anlagenbetreibern ab der Inbetriebnahme über 20 Jahre feste Einspeisevergütungenfür den aus <strong>Biomasse</strong> erzeugten Strom gar<strong>an</strong>tiert.Die im EEG festgelegten Mindestvergütungen richten sich nach der Art der verwendeten<strong>Biomasse</strong>. Während für die Stromerzeugung auf der Grundlage <strong>von</strong> Altholz der KategorienAII und AIV eine Grundvergütung <strong>von</strong> 3,9 c/kWh gewährt wird, sieht das Gesetz fürStrom aus Biogas<strong>an</strong>lagen je nach Größe der Anlage eine Grundvergütung <strong>von</strong> 8,4 bis11,5 ct/kWh vor. Diese vermindert sich ab 2005 für neu in Betrieb genommene Anlagenum 1,5 % des jeweiligen Vorjahreswertes. Die Mindestvergütung wird um einen so gen<strong>an</strong>ntenNaWaRo-Bonus (6 ct/kWh) erhöht, wenn ausschließlich Substrate aus l<strong>an</strong>dwirtschaftlicherUrproduktion oder tierische Exkremente zum Einsatz kommen. Darüber hinauswird im Falle einer Kraft-Wärme-Kopplung für den Strom<strong>an</strong>teil, bei dem die <strong>an</strong>fallendeWärme energetisch genutzt wird, ein KWK-Bonus in Höhe <strong>von</strong> 2 ct/kWh gewährt.Allerdings ist die für den Betrieb der Anlage selbst genutzte Wärme hier<strong>von</strong> ausgeschlossen.Kommen in Anlagen mit Kraft-Wärmekopplung auch innovative Technologien wiebeispielsweise die Aufbereitung des Biogases auf Erdgasqualität oder eine Trockenfermentationzum Einsatz, k<strong>an</strong>n zusätzlich ein Technologiebonus in Höhe <strong>von</strong> 2 ct/kWh bewilligtwerden (BGBl, 2004: 1920 f.).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 93Eine eigentlich nahe liegende Option, um aus <strong>Biomasse</strong> Strom zu gewinnen, ist im EEGallerdings nicht berücksichtigt worden: Für die Mitverfeuerung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> in bereitsbestehenden Kraftwerken mit einer Leistung <strong>von</strong> mehr als 20 MW sieht das Gesetz keineAnreize vor.VerbreitungBereits vor der Novellierung des EEG im Jahr 2004 exp<strong>an</strong>dierte die Stromerzeugung aufBasis <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> sehr stark. Durch die EEG-Novelle wurde diese Entwicklung insbesonderebei Biogas weiter beschleunigt. Die Zahl der installierten Biogas<strong>an</strong>lagen stieg aufüber 3.200 bis Mitte 2006, und die installierte elektrische Leistung stieg durch zunehmendeEinzel<strong>an</strong>lagenleistungen überproportional <strong>an</strong> (vgl. Abbildung 4.3).Abbildung 4.3:Entwicklung der Biogas<strong>an</strong>lagen in Deutschl<strong>an</strong>dZahl der Anlagen4.5004.0003.5003.0002.5002.0001.5001.0005000850491) Prognose.Quelle: BMU (2007a).Zahl der Biogas<strong>an</strong>lagen1.043781.360111Installierte Leistung (in MW)1.6081601.7601902.0102472.6906653.2809501.3003.9001)1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 20071.4001.2001.0008006004002000Installierte Leistung (MW)Aufgrund des NaWaRo-Bonus verschob sich auch der Substrateinsatz: Während vor derNovellierung die gemeinsame Verwertung betriebseigener Reststoffe und org<strong>an</strong>ischer Abfälleaus der Lebensmittelindustrie überwogen, kommen seit der Novellierung überwiegendnachwachsende Rohstoffe und Gülle zum Einsatz, wobei 90 % der NaWaRo-Anlagen Silomais einsetzen (WEILAND, 2007: 113). Gegenwärtig spielen Trockenfermentations<strong>an</strong>lagennoch keine wesentliche Rolle. Aufgrund des Technologiebonus<strong>an</strong>reizessowie einer geringeren Gülleverfügbarkeit in Ackerbauregionen befinden sich aber vielederartige Anlagen in der Pl<strong>an</strong>ungs- und Bauphase (WEILAND, 2007: 118).Die <strong>Nutzung</strong> des Biogases erfolgt derzeit vor allem in dezentralen Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) <strong>zur</strong> Strom- bzw. gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung,indem ein Verbrennungsmotor mit Generator betrieben und der so produzierte Strom indas öffentliche Netz eingespeist wird (IE, 2006: 157). Allerdings ist bei vielen Biogas<strong>an</strong>-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 94lagen eine Wärmenutzung aufgrund fehlender Nachfrage am Ort der Biogasgewinnungnicht gewährleistet. Vor diesem Hintergrund rückt in letzter Zeit die Einspeisung in dasErdgasnetz mit einer <strong>an</strong>schließenden Verstromung zunehmend in das Zentrum des Interesses.Auf diese Weise ist die KWK-Anlage nicht <strong>an</strong> den St<strong>an</strong>dort der Biogas<strong>an</strong>lage gebundenund k<strong>an</strong>n dort errichtet werden, wo die Wärme am effektivsten zu nutzen ist (IE,2006: 2).Bei den <strong>Biomasse</strong>kraftwerken wurde in der jüngeren Verg<strong>an</strong>genheit eine bemerkenswertgroße Zahl kleiner Anlagen errichtet (vgl. Abbildung 4.4). Die kleineren Anlagen eignensich tendenziell besser für eine Kraft-Wärme-Kopplung, und über das EEG wird in dieserHinsicht mit dem KWK-Bonus ein erheblicher wirtschaftlicher Anreiz etabliert. Bei ca.90 % der Anlagen bis 10 MW el Kapazität wird zumindest ein Teil der Wärme genutzt, beiden größeren Anlagen liegt dieser Anteil bei ca. 40 %.Abbildung 4.4:Entwicklung und Größenverteilung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong>(heiz)kraftwerkenAnzahl der Anlagen6050403020102000200420060bis 1 größer 1 bis 5 größer 5 bis 10 größer 10 bis 20Elektrische Leistung in MWQuelle: IE (2007).Die kleineren Anlagen werden sowohl wärme- als auch stromgeführt betrieben, währenddie größeren Anlagen überwiegend stromgeführt gefahren werden (IE, 2007: 20). Allerdingsist bei der Bewertung dieser Entwicklung auch zu bedenken, dass eine positive Beziehungzwischen der Anlagengröße und den elektrischen Wirkungsgraden besteht. Währendin den kleineren Anlagen durchschnittliche elektrische Brutto-Wirkungsgrade <strong>von</strong>14 % erreicht werden, schaffen große Anlagen <strong>von</strong> mehr als 10 MW teilweise bis zu 30 %und mehr (IE, 2007: 34).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 95Insgesamt ist festzuhalten, dass die Kapazitäten <strong>zur</strong> Erzeugung <strong>von</strong> Strom aus <strong>Biomasse</strong>in Deutschl<strong>an</strong>d in den verg<strong>an</strong>genen 10 Jahren nahezu verzehnfacht wurden. Das gilt sowohlfür die Biogas<strong>an</strong>lagen als auch für die <strong>Biomasse</strong>kraftwerke (Abbildungen 4.3 und4.4). Im Jahr 2006 betrug die Stromerzeugung der <strong>Biomasse</strong>kraftwerke ca.7,5 Mrd. kWh el , die Stromerzeugung der Biogas<strong>an</strong>lagen ca. 5 Mrd. kWh el (SENDNER,2007). Bedingt durch den schnelleren Ausbau könnte es allerdings schon im Jahr 2007dazu kommen, dass das Biogas-Segment die gleiche Erzeugungskapazität erreicht wie die<strong>Biomasse</strong>kraftwerke (OTT, 2007).Auswahl <strong>von</strong> Anlagentypen für die vertiefte AnalyseIm Rahmen der vorliegenden Studie werden zum einen verschiedene Biogas<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong>alysiert,zum <strong>an</strong>deren Anlagen <strong>zur</strong> Stromerzeugung auf Basis der <strong>Biomasse</strong>-Verfeuerung.Bei den Biogas<strong>an</strong>lagen werden folgende Konstellationen näher untersucht:– Eine kleinere Anlage (150 kW) auf Güllebasis <strong>zur</strong> Produktion <strong>von</strong> Strom und Wärme(30 %) und <strong>zur</strong> umweltverträglichen Verwendung <strong>von</strong> Gülle– Eine mittlere Anlage (500 kW) auf Basis <strong>von</strong> Gülle und Mais (Stromproduktionmit/ohne Wärmenutzungskonzept)– Eine größere Anlage (1.000 kW) mit Einspeisung des gereinigten Biogases ins Gasnetzund verbrauchsnahe KWK-AnlageAus Kapazitätsgründen müssen hier zahlreiche weitere Konstellationen, die in der Praxisebenfalls eine gewisse Bedeutung erl<strong>an</strong>gt haben, unberücksichtigt bleiben. Das betrifftz. B. Anlagen, die biogene Reststoffe wie z. B. Essens- oder Schlachtabfälle verwerten. Esist zu erwarten, dass diese Anlagen aus volkswirtschaftlicher Sicht relativ günstig abschneiden.Zum einen sind positive Effekte im Hinblick auf die CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zen zu erwarten,weil die Reststoffe ohne Biogasnutzung deponiert, verbr<strong>an</strong>nt bzw. kompostiert werdenund dabei unproduktiv CO 2 freisetzen. Zum <strong>an</strong>deren ist zu erwarten, dass die <strong>an</strong>derweitigeEntsorgung dieser Stoffe zusätzlichen Ressourcenaufw<strong>an</strong>d und somit volkswirtschaftlicheKosten verursacht, die bei der Biogas-Option vermieden werden können.Bei der qu<strong>an</strong>titativen Analyse der Verfahren, bei denen Strom durch die thermische <strong>Nutzung</strong><strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> erzeugt wird, werden folgende Konstellationen näher betrachtet:– Eine ORC-Anlage (500 kW mit KWK) auf Basis <strong>von</strong> KUP-Hackschnitzeln– Stroh-Co-Verbrennung in einem Steinkohlekraftwerk– Hackschnitzel-Co-Verbrennung (KUP-Basis) in einem Steinkohlekraftwerk


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 96Auch mit Blick auf den Rohstoff Holz bleiben weitere praxisrelev<strong>an</strong>te Anlagenkonstellationenaufgrund fehlender Ressourcen <strong>zur</strong> Bearbeitung unberücksichtigt. Das betrifft insbesondereAnlagen, die Industrierestholz und Abfallholz der Kategorien A I und A IIenergetisch verwerten. Schätzungen <strong>zur</strong> bisherigen Rohstoffversorgung der <strong>Biomasse</strong>-Kraftwerke besagen, dass die gen<strong>an</strong>nten Holzarten ca. 60 bis 70 % der Rohstoffversorgungausmachen, d. h. die energetische Nachnutzung <strong>von</strong> zuvor stofflich genutztem Holzbisher den Markt der holzbasierten Strom- und KWK-Produktion deutlich dominiert (IE,2007: 39).Trotz der großen praktischen Bedeutung <strong>von</strong> konventionellem Holz werden die vertiefendenAnalysen in dieser Studie auf Holz aus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen beschränkt. Hierfür ist imWesentlichen folgende Überlegung maßgeblich. Nach Auswertung der vorliegenden Literaturk<strong>an</strong>n da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen werden, dass die auf Basis <strong>von</strong> bereits stofflich genutztemHolz betriebenen Anlagen sowohl betriebswirtschaftlich als auch volkswirtschaftlich sinnvollsind. Diese Erkenntnis muss hier nicht abermals qu<strong>an</strong>titativ untermauert werden. Inzwischenzeichnet sich aber immer deutlicher ab, dass es zunehmend schwieriger wird, die verbliebenenWald- und Industrierestholzmengen für die energetische <strong>Nutzung</strong> zu mobilisieren.Falls also eine weitere Ausdehnung dieses Segments ohne eine Verdrängung <strong>von</strong> Holz ausder stofflichen <strong>Nutzung</strong> vorgenommen werden soll, müssen entweder große Mengen ausdem Ausl<strong>an</strong>d importiert werden oder es muss zusätzliches Holz auf Flächen erzeugt werden,die bisher <strong>zur</strong> Agrarproduktion dienten oder stillgelegt waren. Hier bieten sich besondersKurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen <strong>an</strong>, die jedoch in einer Flächennutzungskonkurrenz <strong>zur</strong> Nahrungsmittelproduktionund zu <strong>an</strong>deren Bioenergie-Linien stehen. Einzelne wichtige Aspekte dieser<strong>Nutzung</strong>skonkurrenz sollen mit den hier <strong>an</strong>gestellten Berechnungen vertiefend <strong>an</strong>alysiertwerden.4.3.2 Biogas<strong>an</strong>lage auf Gülle-Basis (150 kW el )Gülle stellt das klassische Ausg<strong>an</strong>gssubstrat für Biogas<strong>an</strong>lagen dar, und nach wie vorverwenden die meisten der in Deutschl<strong>an</strong>d betriebenen Biogas<strong>an</strong>lagen dieses Substrat zumindestmit gewissen Anteilen. Unter dem Aspekt des Klimaschutzes ist die Erzeugung<strong>von</strong> Biogas aus Gülle besonders interess<strong>an</strong>t, weil bei der Lagerung unvergorener GülleMeth<strong>an</strong> emittiert wird. Diese Emissionen können vermieden werden, wenn die Gülle ineiner Biogas<strong>an</strong>lage verwertet und das dabei erzeugte Meth<strong>an</strong> im BHKW verbr<strong>an</strong>nt wird(RAMESOHL et al., 2006: 40). Andererseits steigt aber durch die Vergärung und den damitverbundenen Anstieg des pH-Wertes die Ammoniak-Bildung, so dass es insbesondere beider Ausbringung der Biogas-Gülle zu steigenden Emissionen kommen k<strong>an</strong>n. Auch dieEmission <strong>von</strong> Lachgas steigt nach dem Gärungsprozess <strong>an</strong>. Per Saldo verbleibt allerdingsein deutlich positiver Effekt: Selbst bei einfacher, d. h. nicht-gasdichter Abdeckung istdurch die Biogasverwertung der Gülle (im Vergleich <strong>zur</strong> unbeh<strong>an</strong>delten Güllelagerung)


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 97ein Rückg<strong>an</strong>g der CO 2äq -Emissionen um 20 % bei Schweinegülle und 60 % bei Rindergüllezu ver<strong>an</strong>schlagen (AMON/DÖHLER, 2006: 156 f.).Unabhängig <strong>von</strong> diesen klimapolitischen Erwägungen stellt die Gülle auch aus rein betriebswirtschaftlicherSicht einen interess<strong>an</strong>ten Rohstoff für Biogas<strong>an</strong>lagen dar, weil sie inden Vieh haltenden Betrieben kostengünstig <strong>zur</strong> Verfügung steht und Energie enthält, dieohne Biogasverwertung ungenutzt bliebe. Allerdings ist die Energiedichte der Gülle imVergleich zu <strong>an</strong>deren Substraten sehr gering, so dass die Tr<strong>an</strong>sportkosten mit steigenderEntfernung sehr schnell zunehmen. Die geringe Energiedichte <strong>von</strong> Gülle limitiert dieTr<strong>an</strong>sportwürdigkeit auf 5 bis 10 km, weswegen jeweils nur die Gülle <strong>von</strong> lokal vorh<strong>an</strong>denenTierbeständen genutzt werden k<strong>an</strong>n (RAMESOHL et al., 2006: 16). Folglich sind diein den Kapiteln 4.3.3 und 4.3.4 <strong>an</strong>alysierten Anlagen mit einer Leistung <strong>von</strong> 500 oder gar1.000 kW aufgrund des benötigten Viehbest<strong>an</strong>des in der Regel nicht güllebasiert realisierbar.Deshalb wird für die hier zu <strong>an</strong>alysierende güllebasierte Biogas<strong>an</strong>lage <strong>von</strong> einer Anlagemit einer Leistung <strong>von</strong> 150 kW ausgeg<strong>an</strong>gen. Eine solche Anlage k<strong>an</strong>n die jährlich<strong>an</strong>fallende Güllemenge <strong>von</strong> nahezu 10.000 Mastschweineplätzen verwerten. Um eine Gülleausbringungunter Einhaltung einer Obergrenze <strong>von</strong> 170 kg N/ha zu ermöglichen, wärefür diese Anlage eine Flächenbasis <strong>von</strong> mehr als 600 ha LF erforderlich.Da einzelne Veredlungsbetriebe zumindest in Westdeutschl<strong>an</strong>d diese Best<strong>an</strong>dsgrößen inder Regel nicht erreichen, wird in der folgenden Beispielkalkulation <strong>von</strong> einer Gemeinschafts<strong>an</strong>lageausgeg<strong>an</strong>gen, die <strong>von</strong> drei l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betrieben mit jeweils 3.200Mastschweineplätzen versorgt wird. Ferner wird unterstellt, dass die in der Biogas<strong>an</strong>lage<strong>an</strong>fallende Wärme zu 30 % <strong>an</strong> einen nahe gelegenen Industriebetrieb abgegeben werdenk<strong>an</strong>n. Da der Abnehmer ein Industriebetrieb ist und kein einzelner Haushalt, ist ein deutlichniedrigerer Wärmepreis <strong>an</strong>zusetzen (0,055 €/kWh th ) als bei den Kalkulationen derAnlagen in Kapitel 4.2.Für die betriebswirtschaftliche Kalkulation (Tabelle 4.9) wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dassdie Vieh haltenden Betriebe den Rohstoff Gülle kostenlos abgeben, da sie <strong>von</strong> einer Aufwertungder Gülle durch die Vergärung profitieren. Somit hat die Biogas<strong>an</strong>lage als Rohstoffkostenlediglich die Tr<strong>an</strong>sportkosten der Gülle <strong>zur</strong> Anlage in Höhe <strong>von</strong> 1,50 €/t zutragen. Ausbringungskosten des Gärrestes werden nicht ver<strong>an</strong>schlagt, da diese der Tierhaltung<strong>an</strong><strong>zur</strong>echnen sind. In Gebieten mit geringer Viehdichte können allerdings höhereTr<strong>an</strong>sportkosten zu ver<strong>an</strong>schlagen sein als hier ausgewiesen.Die niedrigen Rohstoffkosten tragen maßgeblich dazu bei, dass die Produktionskosteninsgesamt nur bei ca. 0,10 €/kWh el liegen und somit deutlich günstiger ausfallen als beiden später kalkulierten Biogas<strong>an</strong>lagen. Das, bezogen auf die kW-Einheit, relativ geringeInvestitionsvolumen im Vergleich zu den später skizzierten Biogas<strong>an</strong>lagen resultiert ausdem Umst<strong>an</strong>d, dass die Kosten des Gärrestlagers <strong>von</strong> der Viehhaltung getragen werden,


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 98dass kein Silolagerraum errichtet werden muss und dass keine Einrichtung für die Rohstoff-Erfassungund -zufuhr benötigt wird. Wie die Tabelle 4.9 ferner zeigt, ist der Wärmeerlösfür die Wirtschaftlichkeit der Anlage relativ unwichtig; viel wichtiger ist es, dieTr<strong>an</strong>sportkosten der Gülle niedrig zu halten.Tabelle 4.9:Wirtschaftlichkeit einer güllebasierten Biogas<strong>an</strong>lage mit Wärmevermarktung(150 kW el )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseStromWärme (30 %)Menge 1.125.000 kWh el /aPreis 0,172 €/kWh el 193.050Menge 130.741 kWh el /aPreis 0,055 €/kWh th 7.191Wärmeerlöse pro kWh el 0,006 €/kWh elKWK-Bonus pro kWh el 0,002 €/kWh el 2.092Summe Erlöse 0,180 €/kWh el 202.333Variable KostenTr<strong>an</strong>sport Schweinegülle 1,50 €/t 31.657sonstige variable Kosten 0,034 €/kWh el 37.748Summe variable Kosten 0,062 €/kWh el 69.405FixkostenInvestitionsvolumen 445.500 €Kapitalkosten 0,044 €/kWh el 49.790sonstige Fixkosten 0,005 €/kWh el 5.501Summe Fixkosten 0,049 €/kWh el 55.291Summe Kosten 0,111 €/kWh el 124.696Nettokosten 0,104 €/kWh elUnternehmergewinn 0,069 €/kWh el 77.637Quelle: Eigene Berechnungen.Aufgrund der hohen <strong>Nutzung</strong>skosten des selbst produzierten Stroms im Vergleich zu denKosten eines Zukaufs wird in dieser wie in <strong>an</strong>deren folgenden Biogas<strong>an</strong>lagen unterstellt,dass der benötige Strom für den Betrieb der Anlagen aus dem Stromnetz zugekauft wird.Dies ist betriebswirtschaftlich die einzig realistische Annahme, führt aber zu einer etwasschlechteren CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 99Bezüglich der CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z werden je t Gülle 36,5 kg CO 2äq -Emissionen in der Tierhaltungvermieden, was bei einem Güllebedarf <strong>von</strong> 18,76 kg/kWh el zu einer Gutschrift <strong>von</strong>ca. 0,7 kg CO 2äq /kWh el führt (vgl. Tabelle 4.10). Eine weitere Gutschrift in Höhe <strong>von</strong>0,034 kg CO 2äq /kWh el resultiert aus der Wärmenutzung. Diese ergibt sich aus der Multiplikationder Wärmenutzung (0,116 kWh th /kWh el ) mit den CO 2äq -Emissionen der Wärmeerzeugungauf Basis <strong>von</strong> Erdgas (0,291 kg CO 2äq /kWh th ). Somit entsteht insgesamt einevergleichsweise sehr hohe CO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong> 1,247 kg CO 2äq /kWh el . Da außerdemdie Produktionskosten für den elektrischen Strom bei diesem Verfahren relativ niedrigsind, resultieren relativ niedrige CO 2äq -Vermeidungskosten in Höhe <strong>von</strong> ca. 50 €/t CO 2äq .Tabelle 4.10:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennzifferneiner güllebasierten Biogas<strong>an</strong>lage mit Wärmevermarktung (150 kW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/kWh elCO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh elOutput Gülle 5,984KonversionInput 0,197 0,109darunterfür Elektrizität (Fermenter) 0,195 0,051Meth<strong>an</strong>verluste Fermenter (1%) 0,049Output (kWh el )GutschriftenGutschrift Wärmenutzung 0,116 0,034Gutschrift für Güllelagerung (18,76 kg/ kWh el ) 0,685Volkswirtschaftliche BetrachtungCO 2ä q-Bil<strong>an</strong>zkg CO 2äq /kWh elCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)0,109CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen deutscher StrommixCO 2äq -Vermeidung-0,6100,6271,237CO 2äq -VermeidungskostenNettokosten BiogasstromKosten konventioneller StromKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten (in €/t CO 2äq )SubventionenEinspeisevergütungErdgassteuerSumme Subventionen€/kWh0,1040,0400,06452€/kWh0,1330,0010,134Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 100Biogas<strong>an</strong>lagen auf der Basis <strong>von</strong> Rindergülle wurden im Rahmen dieser Studie nicht eingehend<strong>an</strong>alysiert. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass sie aus klimapolitischer Sicht noch günstigerzu beurteilen sind als Biogas<strong>an</strong>lagen auf der Basis <strong>von</strong> Schweinegülle, weil die unbeh<strong>an</strong>delteRindergülle mehr Meth<strong>an</strong>- und Lachgasemissionen verursacht als die unbeh<strong>an</strong>delteSchweinegülle. Deshalb ergäbe sich in der hier unterstellten Anlagenkonfigurationbei Verwendung <strong>von</strong> Rindergülle eine rechnerische Vermeidung <strong>von</strong> mehr als1,1 kg CO 2äq /kWh el (AMON/DÖHLER, 2006: 156 f.). Die CO 2äq -Vermeidungskosten einerBiogasproduktion auf Basis <strong>von</strong> Rindergülle dürften sich einer überschlägigen Kalkulationzufolge in der Größenordnung <strong>von</strong> 40 €/t CO 2äq bewegen.Als vorläufiges Fazit lässt sich festhalten, dass Biogas-Anlagen auf Güllebasis unter betriebswirtschaftlichenund volkswirtschaftlichen Aspekten wesentlich günstiger abschneidenals die nachfolgend untersuchten Biogas<strong>an</strong>lagen. Aus diesem Ergebnis k<strong>an</strong>n allerdings nichtautomatisch die Schlussfolgerung gezogen werden, dass eine Fortsetzung oder Verstärkungder Förderung <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen in diesem Bereich zu empfehlen ist. Wie in Kapitel 4.1und Kapitel 4.2.2 dargestellt, liegen der Subventionsbedarf und die CO 2äq -Vermeidungskosten bei <strong>an</strong>deren Maßnahmen deutlich niedriger als bei der Biogaserzeugungauf Güllebasis, so dass eine Konzentration der klimapolitischen Anstrengungen auf jeneBereiche möglicherweise ein deutlich besseres Ergebnis für den Klimaschutz bringen würde.Falls die Politik einen verstärkten Zubau <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen auf Güllebasis erreichenmöchte, sollte sie bei der Ausgestaltung der Maßnahmen besonderes Augenmerk auf dieKontrolle der Nährstoffflüsse richten. Der Gasertrag je Kubikmeter Fermentervolumenkorreliert stark mit der Energiedichte der verwendeten Substrate. Energiearme Substrate,wie beispielsweise Gülle, nutzen deshalb den Fermenter schlechter aus als Rohstoffe mithöherer Energiedichte. In Gülle<strong>an</strong>lagen besteht deshalb ein Anreiz, den Gasertrag desFermenters durch einen zusätzlichen Einsatz <strong>von</strong> nachwachsenden Rohstoffen zu steigern.Dieser Tatbest<strong>an</strong>d ist für sich genommen unproblematisch. In Regionen mit hohen Viehdichtenk<strong>an</strong>n es jedoch durch zusätzlichen Nährstoffimport zu einer weiteren Verschärfungdes ohnehin schon vorh<strong>an</strong>denen Problems der Nährstoffüberschüsse kommen.Dadurch könnte sich in den Konzentrationsgebieten der Tierhaltung die regionale Nährstoffkonzentrationweiter erhöhen mit der Folge, dass die Emission klimaschädlicher Gase(z. B. Lachgas) zunähme und der erhoffte klimapolitische Vorteil kompensiert wird.4.3.3 Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis (500 kW el )Viele der durch das EEG <strong>an</strong>geregten Biogas<strong>an</strong>lagen wurden auf eine Größe <strong>von</strong> 500 kWausgerichtet, da bis zu dieser Größe wegen relev<strong>an</strong>ter Fixkostenbest<strong>an</strong>dteile bei einer


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 101Vergrößerung der Anlagen noch deutliche Kostendegressionen erzielbar sind. Die Errichtungnoch größerer Anlagen wird tendenziell durch die d<strong>an</strong>n einsetzende Degression inder Einspeisevergütung behindert; gleichwohl wurden dennoch eine g<strong>an</strong>ze Reihe derartigerAnlagen errichtet.Die hier exemplarisch kalkulierte Anlage hat eine elektrische Generatorleistung <strong>von</strong>500 kW und setzt jährlich 13.398 t FM Mais sowie 1.000 t Schweinegülle als Substrateein. Für Ernte, Tr<strong>an</strong>sport und Silierung der Maissilage werden 7,5 €/t unterstellt. Die <strong>an</strong>fallendenGärreste werden vom Silomaisliefer<strong>an</strong>ten wieder auf die Flächen ausgebracht,wobei unterstellt wird, dass der Düngewert des Gärrests seine Tr<strong>an</strong>sportkosten deckt. Dader Gärrest vom Anlagenbetreiber kostenlos abgegeben wird, entstehen keine Tr<strong>an</strong>sportkostenfür die Ausbringung. Bezüglich der Gülle wird unterstellt, dass sie ebenfalls vomMaisliefer<strong>an</strong>ten stammt und kostenfrei abgegeben wird. Somit entstehen für die Güllebeschaffungebenfalls nur Tr<strong>an</strong>sportkosten bis <strong>zur</strong> Anlage. Bei einem unterstellten Silomaisertrag<strong>von</strong> gut 44,5 t FM/ha ergibt sich ein Flächenbedarf <strong>von</strong> ca. 230 ha. Im gewähltenBeispiel wird zunächst da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass die entstehende Wärme nicht verwertetwird, so dass kein Anspruch auf den KWK-Bonus entsteht. Weiter unten wird d<strong>an</strong>n eine500-kW-Anlage mit Wärmenutzung vorgestellt, um den Einfluss der Wärmenutzung aufdas Ergebnis herauszuarbeiten.Die Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Kalkulation sind in der Tabelle 4.11 zusammengefasst.Da im zunächst gewählten Beispiel die Wärme nicht genutzt werden k<strong>an</strong>n,fallen auf der Erlösseite weder Wärmeerlöse noch der KWK-Bonus <strong>an</strong>. Die Produktionskosten<strong>von</strong> 0,186 €/kWh el können durch die Erlöse in Höhe <strong>von</strong> 0,161 €/kWh el nicht gedecktwerden, so dass im Gegensatz <strong>zur</strong> zuvor betrachteten Gülle<strong>an</strong>lage ein jährlicherVerlust in Höhe <strong>von</strong> ca. 90.000 € (0,024 €/kWh el ) entsteht. Dieses betriebswirtschaftlicheErgebnis ist bemerkenswert <strong>an</strong>gesichts der Tatsache, dass das Verfahren durch Stromkundenstark subventioniert wird. Die Subventionshöhe beträgt 0,124 €/kWh el bzw. knapp2.000 €/ha LF (Tabelle 4.12).Wenn die Biogas<strong>an</strong>lage trotz der hohen Subventionen derzeit Verluste realisiert, so istdies in erster Linie auf die stark gestiegenen Maispreise <strong>zur</strong>ückzuführen. Läge der Silomais-Preis(ab Feld) auf dem früher üblichen Niveau <strong>von</strong> 18 €/t FM, so würde dies dieProduktionskosten des Stroms um ca. 0,028 €/kWh el reduzieren und die Anlage rentabelwerden lassen.Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht fällt die Beurteilung der Anlage ungünstig aus (Tabelle4.12). Der Netto-Energieertrag ist mit ca. 10.500 kWh el /ha relativ gering. Zwar ermöglicht der


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 102Mais sehr hohe Energieerträge je Hektar 6 , doch wird der größere Teil dieser Energiemenge zuWärme umgew<strong>an</strong>delt, die nutzlos entweicht. Der genutzte Anteil der Energie führt zu einerCO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong> ca. 6,2 t/ha. Da die Produktionskosten des Biogasstroms aber fastfünfmal so hoch sind wie die Produktionskosten des konventionellen Strom-Mix, ergeben sichsehr hohe CO 2äq -Vermeidungskosten in Höhe <strong>von</strong> ca. 380 €/t CO 2äq .Tabelle 4.11:Wirtschaftlichkeit einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis ohne Wärmenutzung(500 kW el )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseStromMenge 3.750.000 kWh el /aPreis 0,161 €/kWh el 605.498Summe Erlöse 0,161 €/kWh el 605.498Variable KostenSilomaisMenge 10.398 t/aPreis 28 €/t 291.156Ernte, Tr<strong>an</strong>sport, Silierung 7,80 €/t 81.108Summe 0,099 €/kWh el 372.264SchweinegülleMenge 1.000 t/aTr<strong>an</strong>sport Schweinegülle 1,50 €/t 1.500sonstige variable Kosten 0,037 €/kWh el 139.486Summe variable Kosten 0,137 €/kWh el 513.250FixkostenInvestitionsvolumen 1.500.000 €Kapitalkosten 0,045 € 167.643sonstige Fixkosten 0,004 € 14.805Summe Fixkosten 0,049 €/kWh el 182.448Summe Kosten 0,186 €/kWh el 695.698Unternehmergewinn -0,024 €/kWh el -90.200Quelle: Eigene Berechnungen.6In Tabelle 4.12 wird der Maisertrag mit 44,5 t FM/ha <strong>an</strong>gegeben, in der Übersichtstabelle 4.1 in Kapitel4.1.2.1 wurde hingegen ein Ertrag <strong>von</strong> 47,3 t FM/ha unterstellt. Diese Differenz ergibt sich aus den auftretendenSilierverlusten, d. h. <strong>von</strong> den 47,3 t geernteter Ware kommen lediglich 44,5 t <strong>an</strong> der Anlage <strong>an</strong>.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 103Tabelle 4.12:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennzifferneiner Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis ohne Wärmenutzung (500 kW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/hakWh/kWh elCO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh elkg CO 2äq /haRohstoffproduktion 2.602 0,162 0,144 2.310InputdarunterDiesel (82 l /ha) 925 0,058 0,016 250Stickstoff (73 kg/ha) 1.016 0,063 0,034 543Pfl<strong>an</strong>zenschutmittel (2 l/ha) 148 0,009 0,002 24direkte Lachgasemissionen Feld 0,080 1.287Output Mais (44,5 t/ha) 59.333 3,697KonversionInput 2.959 0,184 0,108 1.737darunterfür Elektrizität 2.592 0,162 0,043 684Bau Fermenter 192 0,012 0,007 113Meth<strong>an</strong>verluste Fermenter (1%) 0,054 862Output (kWh el ) 16.048 1,000GutschriftenGutschrift für Güllelagerung (0,266 kg/ kWh el ) 0,010 156Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-Energieertrag (ohne Gutschriften)Netto-Energieertrag (incl. Gutschriften)CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen deutscher StrommixCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenNettokosten BiogasstromKosten konventioneller StromKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten (in €/t CO 2äq )SubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieEinspeisevergütungSumme SubventionenkWh el /ha16.04810.48710.487kg CO 2äq /kWh el0,2520,2420,6270,385€/kWh0,1860,0400,146378€/kWh0,0030,1210,124Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 104Die obigen Berechnungen wurden für eine Biogas<strong>an</strong>lage durchgeführt, die mit herkömmlichemSilomais versorgt wird. Die Pfl<strong>an</strong>zenzüchtung ist derzeit dabei, neue Maissorten zuentwickeln, die wesentlich höhere Masseerträge je Hektar erzielen könnten (KESTEN,2007: 53). Derzeit gibt es bezüglich dieser Sorten eine Reihe offener Fragen, die nochnicht abschließend geklärt sind (z. B. Ertragssicherheit bei wechselnder Wasserversorgung;Nährstoffbedarf und Nährstoffeffizienz; Einfluss des weiten Lignin/Stärke-Verhältnisses auf die Biogasausbeute). Dennoch k<strong>an</strong>n <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d einer Überschlagsrechnungauf der Basis vereinfachender Annahmen bereits grob abgeschätzt werden, wie sich dieVerwendung <strong>von</strong> diesem so gen<strong>an</strong>nten Energiemais auf die Ergebnisse der Anlage auswirkenwürde.Wird vereinfachend da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass die Ertragssteigerung ohne zusätzlichenAufw<strong>an</strong>d <strong>an</strong> Mineraldünger, Pfl<strong>an</strong>zenschutz etc. erzielt werden k<strong>an</strong>n, so führt eine Ertragssteigerungum 30 % zu einer Reduzierung der Rohstoffkosten um 23 % auf21,60 €/t FM frei Feld. Dadurch sinken die Produktionskosten des Stroms um knapp 10 %auf 16,7 ct/kWh el . Der Verlust der Anlage reduziert sich <strong>von</strong> zunächst 90.000 € auf20.000 €. Für das betriebswirtschaftliche Ergebnis wären die hypothetischen Ertragssteigerungensomit <strong>von</strong> erheblicher Bedeutung.Für die Beurteilung aus volkswirtschaftlicher und klimapolitischer Sicht hat die Ertragssteigerungjedoch relativ geringe Auswirkungen. Die CO 2äq -Vermeidungskosten reduzierensich ebenfalls um 10 % auf ca. 330 €/t CO 2äq , selbst bei einer Ertragssteigerung um60 % ergäben sich immer noch CO 2äq -Vermeidungskosten <strong>von</strong> gut 300 €/t CO 2äq . DieCO 2äq -Vermeidung je Hektar würde aber <strong>von</strong> ca. 6,2 auf knapp 9,9 t CO 2äq /ha deutlichsteigen.Im weiteren Verlauf soll nun untersucht werden, wie sich die betriebswirtschaftliche undvolkswirtschaftliche Beurteilung der soeben <strong>an</strong>alysierten Anlage verändert, wenn eineMöglichkeit <strong>zur</strong> Verwertung der entstehenden Wärme besteht. Hierbei werden bezüglichder Rohstoffversorgung wieder die zuvor unterstellten Annahmen getroffen.Im nachstehend skizzierten Beispiel wird abweichend vom vorherigen Rahmen unterstellt,dass die Wärmeabgabe <strong>an</strong> Privathaushalte erfolgt und daher relativ hohe Wärmeerlöse <strong>von</strong>0,085 €/kWh th realisiert werden. Allerdings wird <strong>von</strong> einem saisonabhängigen Wärmebedarfder Abnehmer ausgeg<strong>an</strong>gen, weshalb nur 30 % der in der Biogas<strong>an</strong>lage erzeugten nutzbarenWärme verwertet werden können. Die Wirtschaftlichkeit der Wärmenutzung ist maßgeblich<strong>von</strong> der Entfernung zwischen Biogas<strong>an</strong>lage und Wärmeverbraucher abhängig. Im gewähltenBeispiel wird <strong>an</strong>genommen, dass die Wärme über ein 400 m l<strong>an</strong>ges Kunststoffm<strong>an</strong>telrohrzum Verbraucher gel<strong>an</strong>gt. Dies verursacht zusätzliche Investitionen in Höhe <strong>von</strong> 166.000 €.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 105Wie Tabelle 4.13 zeigt, verbessert sich die Wirtschaftlichkeit der Anlage trotz der erhöhtenKosten, weil den Mehrkosten <strong>von</strong> 0,007 €/kWh el ein Mehrerlös <strong>von</strong> 0,032 €/kWh elgegenübersteht. Der größte Teil des Mehrerlöses ist auf den Wärmeverkauf <strong>zur</strong>ückzuführen;demgegenüber fallen die Mehrerlöse durch den KWK-Bonus kaum ins Gewicht. DerKWK-Bonus in Höhe <strong>von</strong> 2 ct/kWh el wird nur für diejenige Elektrizitätsmenge gezahlt,die erforderlich ist, um die verkaufte Wärmemenge zu produzieren. Da die Anlage einenerheblichen Eigenbedarf <strong>an</strong> Wärme für die Aufrechterhaltung des Fermentationsprozesseshat und <strong>von</strong> dem verbleibenden Rest <strong>an</strong>nahmegemäß nur 30 % verkauft werden können,ergibt sich bezogen auf die gesamte produzierte Strommenge nur ein durchschnittlicherErlös <strong>von</strong> ca. 0,5 ct/kWh el .Durch die Möglichkeit des Wärmeverkaufs k<strong>an</strong>n die Anlage aus der Verlustzone geführtwerden, der Gewinn liegt nun bei null. Wie wichtig die Wärmenutzung für die Rentabilitätist, wird erkennbar, wenn m<strong>an</strong> die Mehrerlöse (netto) auf den eingesetzten Rohstoff Silomaisbezieht: Die Mehrerlöse kompensieren einen Preis<strong>an</strong>stieg <strong>von</strong> mehr als 8 €/t Silomais.In der volkswirtschaftlichen Beurteilung zeigt sich, dass durch die Wärmenutzung derNetto-Energieertrag um 47 % und die CO 2äq -Vermeidung um 23 % gesteigert werden(Tabellen 4.12 und 4.14). Die CO 2äq -Vermeidungskosten sinken um 111 € auf 267 €/tCO 2äq , da erstens die Wärmeeinnahmen <strong>von</strong> den Kosten der Stromerzeugung abgezogenwerden und zweitens eine CO 2äq -Gutschrift für die genutzte Wärme (Ersatz <strong>von</strong> Erdgasheizungen)<strong>an</strong>gesetzt wird.Da durch die Wärmenutzung auch eine höhere Stromvergütung (KWK-Bonus) ausgelöstwird, steigt der Subventionsaufw<strong>an</strong>d noch einmal geringfügig <strong>an</strong>. Angesichts der Tatsache,dass die CO 2äq -Vermeidungskosten auch bei dieser Anlagen-Konfiguration immernoch oberhalb <strong>von</strong> 250 €/t CO 2äq liegen, d. h. zehnfach höher sind als bei <strong>an</strong>deren klimapolitischenOptionen (vgl. Kapitel 4.1 und 4.2.2), erscheint die Fortsetzung der Förderungaus klimapolitischer Sicht sehr problematisch.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 106Tabelle 4.13:Wirtschaftlichkeit einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis mit Wärmenutzung(500 kW el )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseStromWärmeMenge 3.750.000 kWh el /aPreis 0,161 €/kWh el 605.498Menge 1.173.781 kWh th /aPreis 0,085 €/kWh thErlös (pro kWh el ) 0,027 €/kWh el 99.771KWK-Bonus (pro kWh el ) 0,005 €/kWh el 19.824Summe Erlöse 0,193 €/kWh el 725.094Variable KostenSilomaisMenge 10.398 t/aPreis 28 €/t 291.156Ernte, Tr<strong>an</strong>sport, Silierung 7,80 €/t 81.108Summe 0,099 €/kWh el 372.264SchweinegülleMenge 1.000 t/aTr<strong>an</strong>sport Schweinegülle 1,50 €/t 1.500sonstige variable Kosten 0,041 €/kWh el 152.210Summe variable Kosten 0,140 €/kWh el 526.382FixkostenInvestitionsvolumen Biogas<strong>an</strong>lage 1.500.000 €Investition Nahwärmenetz 165.760 €Kapitalkosten 0,049 €/kWh el 182.837sonstige Fixkosten 0,004 €/kWh el 16.001Summe Fixkosten 0,053 €/kWh el 198.838Summe Kosten 0,193 €/kWh el 725.221Nettokosten 0,167 €/kWh elUnternehmergewinn 0,000 €/kWh el -127Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 107Tabelle 4.14:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennzifferneiner Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis mit Wärmenutzung (500 kW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zCO 2äq -EmissionenkWh/ha kWh/kWh el kg CO 2äq /kWh el kg CO 2äq /haRohstoffproduktion 2.602 0,162 0,144 2.310InputdarunterDiesel (82 l /ha) 925 0,058 0,016 250Stickstoff (73 kg/ha) 1.016 0,063 0,034 543Ca-Düngung (580 kg/ha) 401 0,025 0,011 178direkte Lachgasemissionen Feld 0,080 1.287Output Mais (44,5 t/ha) 59.333 3,697KonversionInput 3.014 0,188 0,109 1.751darunterfür Elektrizität 2.592 0,162 0,043 684Bau Fermenter 192 0,012 0,007 113Nahwärmenetz 55 0,003 0,001 14Meth<strong>an</strong>verluste Fermenter (1%) 0,054 862Output (kWh el ) 16.048 1,000GutschriftenGutschriften Wärmenutzung 5.023 0,313 0,091 1.462Gutschrift für Güllelagerung (0,266 kg/ kWh el ) 0,010 156Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-Energieertrag (ohne Gutschriften)Netto-Energieertrag (incl. Gutschriften)CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen deutscher StrommixCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenNettokosten BiogasstromKosten konventioneller StromKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten (in €/t CO 2äq )SubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieEinspeisevergütungErdgassteuerSumme SubventionenkWh el /ha16.04810.43215.455kg CO 2äq /kWh el0,2530,1520,6270,475€/kWh0,1670,0400,127267€/kWh0,0030,1270,0020,131Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1084.3.4 Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis mit Gas-Einspeisung und verbrauchsnaherKWK-Anlage (1.000 kW el )Da der Anwendungsbereich des EEG auch für Biogas gilt, das <strong>an</strong> einem Ort erzeugt undnach der Einspeisung in ein Gasnetz <strong>an</strong> einem <strong>an</strong>deren Ort verstromt wird, ist es möglich,die KWK-Anlage dort aufzustellen, wo die Wärme am effektivsten genutzt werden k<strong>an</strong>n(FNR, 2006a: 138).Allerdings k<strong>an</strong>n diese Option nur genutzt werden, wenn vor der Einspeisung in das Gasnetzeine dem Erdgas identische Gasqualität erzeugt wird. Das erfordert insbesondere eineAbtrennung des Kohlendioxids, um den Meth<strong>an</strong>gehalt auf über 90 % zu erhöhen (FNR,2006b: 25). Aus technischer Sicht ist dies grundsätzlich möglich, und es wird auch bereitsvereinzelt praktiziert. Als gängigste Verfahren sind dabei das PSA-Verfahren (Druckwechselabsorption)sowie die Druckwasserwäsche zu nennen. Für die hier gewählte Beispielskalkulationwird eine PSA-Anlage zugrunde gelegt, wie sie in letzter Zeit <strong>von</strong> namhaftenAnlagenbauern eingesetzt wurde (EMANUEL, 2007: 13).Eine besondere Herausforderung bei der Aufbereitung des Biogases zu Biometh<strong>an</strong> bestehtdarin, den so gen<strong>an</strong>nten Meth<strong>an</strong>schlupf gering zu halten. Als Meth<strong>an</strong>schlupf wird die Meth<strong>an</strong>mengebezeichnet, die im Verlauf der Aufbereitung die Anlage verlässt. Für die bisherverfügbare Technologie wird in der Literatur ein Meth<strong>an</strong>schlupf <strong>von</strong> 2 bis zu 6 % ausgewiesen(RAMESOHL et al., 2006). Allerdings laufen derzeit zahlreiche Projekte, in denen<strong>an</strong> einer Verringerung des Meth<strong>an</strong>schlupfs gearbeitet wird. Einem Bericht zufolge solleine der namhaften Firmen bereits über eine Technologie verfügen, die den Schlupf weitgehendauffängt und einer energetischen Verwertung zuführt (OLZEM, 2007). Vor diesemHintergrund wird in der vorliegenden Studie zunächst mit einem Meth<strong>an</strong>schlupf <strong>von</strong>2,2 % kalkuliert (Basislauf), und <strong>an</strong>schließend werden Variationsrechnungen <strong>an</strong>gestellt.Darüber hinaus setzt die Einspeisung weitere technische Einrichtungen und Maßnahmenvoraus: Zunächst muss das Gas mit Hilfe <strong>von</strong> Verdichtern und Druckregel<strong>an</strong>lagen verdichtetwerden, um zu gewährleisten, dass es mit einem höheren als dem Leitungsdruck <strong>an</strong>der Einspeisestelle vorliegt. Eine besondere Bedeutung kommt der Qualitäts- und Mengenmessungzu, sowohl für die Abrechnung der eingespeisten Energiemenge als auch fürdie Einhaltung der vorgegebenen Gasqualität. Hierfür sind Gasmess- und Regel<strong>an</strong>lagennotwendig. Weiterhin ist je nach Einspeisestelle eine technische Einrichtung <strong>zur</strong> Odorierungerforderlich (FNR, 2006b: 16). Schließlich bestehen besondere Anforderungen <strong>an</strong>den St<strong>an</strong>dort, da eine Gasabnahme nur bei ausreichendem Mengenstrom im Gasnetz gewährleistetist. Hier k<strong>an</strong>n es bei geringen Tr<strong>an</strong>sportvolumina im Sommer und hier insbesonderein Sommernächten zu Problemen kommen (FNR, 2006b).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 109Die Technologien <strong>zur</strong> Aufbereitung, Einspeisung und Durchleitung machen hohe zusätzlicheInvestitionen erforderlich, die weitgehend größenunabhängig sind. Daher wird eineWirtschaftlichkeit derartiger Anlagen erst bei relativ großen Anlagen erreicht. Aus diesemGrunde wird für die vorliegende Studie exemplarisch eine Anlage mit 1.000 kW elektrischerLeistung ausgewählt.Es wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass das Biogas aufbereitet und in das Gasnetz eingespeistwird, um es d<strong>an</strong>n in der unmittelbaren Nähe eines Industriebetriebes mit hohem Wärmebedarfzum Betreiben einer KWK-Anlage zu entnehmen. Folglich fallen keine Investitionenfür ein Nahwärmenetz <strong>an</strong>. Allerdings liegen die Wärmebereitstellungskosten des Industriebetriebesdeutlich unter denen privater Haushalte, weshalb der Anlagenbetreiber imgewählten Beispiel nur einen Wärmepreis <strong>von</strong> 0,055 €/kWh th realisieren k<strong>an</strong>n.Bevor auf die Ergebnisse der betriebs- und volkswirtschaftlichen Analyse eingeg<strong>an</strong>genwird, sei noch einmal betont, dass die Kalkulationen <strong>zur</strong> Biogaseinspeisung aufgrund dergeringen Erfahrung noch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind und deshalb dievorgestellten Zahlen mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren sind.Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Anlage ähnlich zu beurteilen wie die zuvor <strong>an</strong>alysierte500-kW-Anlage mit 30 %iger Wärmenutzung (Tabellen 4.15 und 4.13). Einerseitsverursachen die hohen Investitionen für Aufbereitung und Einspeisung einen weiterenAnstieg der Kosten, <strong>an</strong>dererseits steigen aber auch die Erlöse im Wärmebereich stark <strong>an</strong>.Beide Effekte neutralisieren sich weitgehend, so dass sich auch bei dieser Anlage ein Gewinnnahe Null einstellt.Da infolge der Verlagerung des BHKW keine Wärme mehr für die Heizung des Fermenters<strong>zur</strong> Verfügung steht, wird dieser <strong>an</strong>nahmegemäß durch eine Erdgasheizung erwärmt.Die Alternative zu diesem hier gewählten Szenario besteht darin, dass die Anlage mitzwei BHKWs gefahren wird, einem kleinen bei der Biogas<strong>an</strong>lage und dem eigentlichenverbrauchsnah installierten. Die Folge wäre, dass die Erlöse <strong>zur</strong>ückgehen, weil wenigerWärme verkauft und weniger KWK- und Technologie-Bonus erzielt werden. Zwar entfallendafür die Kosten für die Wärmebereitstellung <strong>an</strong> der Anlage, aber per Saldo hat dieModifikation nur einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z. 77Eine überschlägige Kalkulation ohne Berücksichtung der Mehrkosten durch die Investition in zweiBHKWs kommt zu dem Ergebnis, dass die CO 2äw -Vermeidungskosten um 8 €/t CO 2äq <strong>zur</strong>ückgehenund der Netto-Energieertrag um gut 800 kWh el /ha <strong>an</strong>steigt.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 110Tabelle 4.15:Wirtschaftlichkeit einer Biogas<strong>an</strong>lage auf Maisbasis <strong>zur</strong> Gaseinspeisungund verbrauchsnaher KWK-Anlage (1.000 kW el )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseStromMenge 7.500.000 kWh el /aPreis 0,166 €/kWh el 1.246.660Wärme (70 % der verf. Menge)Menge 5.965.313 kWh th /aPreis 0,055 €/kWh thErlös (pro kWh el ) 0,044 €/kWh el 328.092KWK-Bonus (pro kWh el ) 0,014 €/kWh el 105.000Summe Erlöse 0,224 €/kWh el 1.679.752Variable KostenSilomaisMenge 20.192 t/aPreis 28 €/t 565.387Ernte, Tr<strong>an</strong>sport, Silierung 7,80 €/t 157.501Summe Kosten Silomais frei Anlage 0,10 €/kWh el 722.888SchweinegülleMenge 2.000 t/aTr<strong>an</strong>sport Schweinegülle 1,50 €/t 3.000sonstige variable Kosten 0,068 €/kWh el 511.665Summe variable Kosten 0,165 €/kWh el 1.237.553FixkostenInvestitionsvolumen Biogas<strong>an</strong>lage 2.800.000 €Investitionsvolumen PSA-Verfahren 961.182 €Investitionsvolumen Einspeisung 333.084 €Kapitalkosten 0,058 €/kWh el 431.574sonstige Fixkosten 0,004 €/kWh el 33.298Summe Fixkosten 0,062 €/kWh el 464.872Summe Kosten 0,227 €/kWh el 1.702.424Nettokosten 0,183 €/kWh elUnternehmergewinn -0,003 €/kWh el -22.672Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 111Tabelle 4.16:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennzifferneiner Biogas<strong>an</strong>lage mit Gaseinspeisung und verbrauchsnaher KWK-Anlage (1.000 kW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/hakWh/kWh elCO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh elkg CO 2äq /haRohstoffproduktion 2.602 0,157 0,140 2.310InputdarunterDiesel (82 l /ha) 925 0,056 0,015 250Stickstoff (73 kg/ha) 1.016 0,061 0,033 543Ca-Düngung (580 kg/ha) 401 0,024 0,011 178direkte Lachgasemissionen Feld 0,078 1.284Output Mais (44,5 t/ha) 59.333 3,590KonversionInput 8.527 0,516 0,276 4.557darunterfür Elektrizität (Fermenter) 2.122 0,128 0,034 560für Prozesswärme (Fermenter) 3.176 0,192 0,040 667Elektrizität (Aufbereitung) 3.113 0,188 0,050 821Meth<strong>an</strong>verluste 0,139 2.295Output (kWh el ) 16.529 1,000GutschriftenGutschriften Wärmenutzung 13.146 0,795 0,231 3.826Gutschrift für Güllelagerung (0,266 kg/ kWh el ) 0,010 161Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-Energieertrag (ohne Gutschriften)Netto-Energieertrag (incl. Gutschriften)CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen deutscher StrommixCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenNettokosten BiogasstromKosten konventioneller StromKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten (in €/t CO 2äq )SubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieEinspeisevergütungErdgassteuerSumme SubventionenkWh el /ha16.5295.39918.546kg CO 2äq /kWh el0,4150,1740,6270,453€/kWh0,1830,0400,143316€/kWh0,0030,1400,0040,147Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 112Aus volkswirtschaftlicher Sicht schneidet die Anlage im Basislauf ebenfalls nicht besserab als die 500-kW-Anlage mit 30 %iger Wärmenutzung (Tabellen 4.16 und 4.14). Dasliegt dar<strong>an</strong>, dass sich die Vorteile der deutlich erhöhten Wärmenutzung (Gutschrift) unddie Nachteile des zusätzlichen Meth<strong>an</strong>schlupfes sowie des deutlich erhöhten Energieaufw<strong>an</strong>dsfür die Einspeisung ungefähr ausgleichen.Aus Tabelle 4.16 wird jedoch deutlich, dass die volkswirtschaftliche Beurteilung erheblich<strong>von</strong> den Annahmen zum Meth<strong>an</strong>schlupf abhängt, der im Basislauf mit 2,2 % <strong>an</strong>gesetztwird. Eine Modifikation dieser Annahme liefert folgende Ergebnisse:– Liegt der Meth<strong>an</strong>schlupf, wie dies in den bisher installierten Anlagen oft der Fall ist,doppelt so hoch (4,4 %), so sinkt die CO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong> 0,453 auf 0,314 kgCO 2äq /kWh el , was zu einem Anstieg der CO 2äq -Vermeidungskosten <strong>von</strong> 316 auf455 €/t CO 2äq führt.– Sollte es aber gelingen, den Meth<strong>an</strong>schlupf vollständig zu vermeiden, so steigt dieCO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong> 0,453 auf 0,592 kg CO 2äq /kWh el . Das entspricht immerhin einerCO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong> ca. 9,8 t/ha. Die CO 2äq -Vermeidungskosten sinken allerdingsnur <strong>von</strong> 316 auf 242 €/t CO 2äq und liegen somit immer noch auf einem relativhohen Niveau, weil die Produktions-, Aufbereitungs- und Einspeisekosten hoch sind.Sol<strong>an</strong>ge hier keine gravierenden Kostensenkungen in Sicht sind und das Problem des Meth<strong>an</strong>schlupfsnicht abschließend geklärt ist, erscheint eine politische Förderung der Direkteinspeisungaus klimapolitischer Sicht fragwürdig.4.3.5 Hackschnitzel-HKW-Anlage (ORC-Technik, 500 kW el )Das gestiegene Preisniveau für Wald- und Waldrestholz, welches sich seit 2005 eingestellthat, begünstigt bei den <strong>Biomasse</strong>-(Heiz-)Kraftwerken jene Konzepte, die eine möglichsthohe Gesamtausnutzung der Brennstoffe ermöglichen. Die Stromerzeugung mit Holzbrennstoffenlässt sich unter diesen Marktbedingungen am erfolgversprechendsten mitwärmegeführten Anlagen umsetzen. Schlüsseltechnologie für diese Konzepte sind ORC-Anlagen (Org<strong>an</strong>ic R<strong>an</strong>kine Cycle) mit einem hohen Gesamtwirkungsgrad, welche in großeNah- und Fernwärmenetze oder St<strong>an</strong>dorte mit Bedarf <strong>an</strong> Prozesswärme eingebunden sind.Die ORC-Anlage ist eine Kraftwärme<strong>an</strong>lage, welche mit einem Thermoölkessel unterVerwendung <strong>von</strong> synthetischem Öl (häufig Silikonöl) betrieben wird. Das Angebot <strong>an</strong>ORC-Anlagen erstreckt sich über einen Leistungsbereich <strong>von</strong> ca. 500 kW bis 5 MW elektrisch.Der Gesamtwirkungsgrad der Anlage liegt bei über 85 %, wobei die elektrischenWirkungsgrade zwischen 12 und 18 % liegen. In der Verg<strong>an</strong>genheit wurden häufig Wasserdampfturbinenverwendet. Diese zeichnen sich zwar durch höhere elektrische Wir-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 113kungsgrade aus (22 bis 30 %), es werden jedoch deutlich geringere Gesamtwirkungsgradeerreicht.Für die Modellrechnung <strong>zur</strong> ORC-Technologie wird eine Anlage gewählt, die eine gewerblicheEinrichtung mit Prozesswärme versorgt. Die Anlage wird am St<strong>an</strong>dort des Gewerbebetriebesinstalliert. Daher ist kein Nahwärmenetz erforderlich, allerdings k<strong>an</strong>nbeim Verkauf der Prozesswärme auch nur ein relativ niedriger Verkaufspreis <strong>von</strong>0,055 €/kWh th erzielt werden. Die Voraussetzungen für eine derartig verbrauchsnahe Installationsind sicher nicht überall gegeben, jedoch werden derartige Anlagen in der Praxis- <strong>an</strong>ders als bei Biogas<strong>an</strong>lagen - aufgrund ihres geringen elektrischen Wirkungsgradesausschließlich <strong>an</strong> St<strong>an</strong>dorten mit einem hohen Wärmebedarf errichtet (Tabelle 4.17).Aus den in Kapitel 4.3.1 dargelegten Gründen wird in dieser Beispielskalkulation da<strong>von</strong>ausgeg<strong>an</strong>gen, dass die ORC-Anlage mit Hackschnitzeln betrieben wird, welche in einerKurzumtriebspl<strong>an</strong>tage (KUP) erzeugt werden. Für diese KUP werden die gleichen Parameter<strong>an</strong>gesetzt wie bei der KUP, die für die Versorgung der Hackschnitzel-Heizungzugrunde gelegt wurde (vgl. Kapitel 4.2.2). Bei einem rechnerischen Ertrag <strong>von</strong> 10 tTM/ha pro Jahr ist für die Rohstoffversorgung der hier beschriebenen ORC-Anlage eineAckerfläche <strong>von</strong> ca. 440 ha erforderlich.Die betriebswirtschaftliche Kalkulation zeigt, dass die Anlage hoch rentabel ist (Tabelle4.17). Der Gewinn beträgt fast 0,11 €/kWh el , wobei allerdings auf die sehr hohe Einspeisevergütung<strong>von</strong> gut 0,20 €/kWh el hinzuweisen ist. Hintergrund dafür sind folgende Umstände:Die Anlage erhält die erhöhte Grundvergütung <strong>von</strong> gut 11 ct/kWh el sowie je2 ct/kWh el für den Technologie-Bonus sowie den <strong>an</strong>teiligen KWK-Bonus (vgl. Erläuterungin Kapitel 4.3.1) und 6 ct/kWh el NaWaRo-Bonus, weil die Rohstoffe wie oben erwähntin einer KUP gewonnen werden. Da die gesamte <strong>an</strong>fallende Wärme tatsächlich verkauftwird, wird der KWK-Bonus <strong>von</strong> 2 ct/kWh el für die gesamte Stromproduktion gewährt.Die Anlage könnte betriebswirtschaftlich einen erheblichen Preis<strong>an</strong>stieg für dieHackschnitzel verkraften; erst oberhalb eines Preises <strong>von</strong> 190 €/t würde sie in die Verlustzonegeraten. Die günstige Gewinnsituation entsteht durch die gute Gesamtausnutzung dererzeugten Energie. Die verkaufte Wärmemenge (in kWh) übersteigt die verkaufte Strommenge(in kWh) um mehr als das Vierfache, die Wärmeerlöse (in €) übersteigen dieStromerlöse jedoch nur geringfügig.Die Bewertung der Anlage unter Energie- und Emissionsaspekten als auch die volkswirtschaftlicheGesamtbewertung führen ebenfalls zu einem relativ günstigen Ergebnis(Tabelle 4.18). Das Konzept ermöglicht es, mit relativ niedrigem Energieeinsatz und relativniedrigen CO 2äq -Emissionen je Hektar sehr hohe Energieerträge je Hektar zu erzielen.Diese Eigenschaften führen zusammengenommen dazu, dass die CO 2äq -Vermeidung bei13,1 t/ha liegt. Dieser Wert liegt ungefähr um den Faktor 2 höher als die Werte, die sich


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 114für die Biogas<strong>an</strong>lagen errechnen lassen. Verglichen mit den <strong>an</strong>deren Bioenergie-Liniensowie gegenüber nicht biogenen Optionen liegen die CO 2äq -Vermeidungskosten mit ca.30 €/t CO 2äq in einer sehr konkurrenzfähigen Größenordnung.Vor dem Hintergrund der sehr attraktiven betriebswirtschaftlichen Situation <strong>von</strong> Anlagendes hier vorgestellten Typs ist auf die sehr günstige Konstellation hinsichtlich der Wärmenutzungzu verweisen. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob das bisherige Subventionsniveaufür diese Anlagentypen aufrechterhalten werden muss.Tabelle 4.17: Wirtschaftlichkeit einer HKW-Anlage (ORC-Technik,500 KW el )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseSrom Menge 3.092.784 kWh el /aPreis 0,181 €/kWh el 558.866Wärme (100 % der verf. Menge)Menge 15.000.000 kWh th /aPreis 0,055 €/kWh thErlös (pro kWh el ) 0,267 €/kWh el 825.000KWK-Bonus (pro kWh el ) 0,020 €/kWh el 61.856Summe Erlöse 0,467 kWh el 1.445.722Variable KostenHackschnitzelMenge 30.310 m 3 /a4.370 t TMPreis 115 €/t TM0,162 €/kWh el 502.510Tr<strong>an</strong>sportkosten 0,018 €/kWh el 56.377Summe Kosten frei Anlage 0,181 €/kWh el 558.887sonstige variable Kosten 0,071 €/kWh el 220.168Summe variable Kosten 0,252 kWh el 779.055FixkostenInvestitionsvolumen 3.636.640 €Kapitalkosten 0,087 €/kWh el 268.230sonstige Fixkosten 0,022 €/kWh el 68.183Summe Fixkosten 0,109 €/kWh el 336.413Summe Kosten 0,361 €/kWh el 1.115.468Nettokosten 0,094 €/kWh el 290.468Unternehmergewinn 0,107 €/kWh el 330.253Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 115Tabelle 4.18:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennzifferneiner HKW-Anlage (ORC-Technik, 500 KW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/ha kWh/kWh elCO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh el kg CO 2äq /haRohstoffproduktion 2.312 0,327 0,139 984InputdarunterDiesel (65 l /ha) 676 0,096 0,026 183Stickstoff (37 kg/ha) 525 0,074 0,040 280Phosphat (29 kg/ha) 145 0,020 0,005 35Herstellung Hacker 555 0,078 0,023 163direkte Lachgasemissionen Feld 0,031 216Output Holz (10 t TM/ha) 47.288 6,681KonversionInput 928 0,131 0,042 297darunterRauchgasreinigung 659 0,093 0,021 146Anlagenbau 115 0,016 0,009 67Tr<strong>an</strong>sporte 119 0,017 0,005 33Output (kWh el ) 7.078 1,000GutschriftGutschrift Wärmenutzung 34.328 4,850 1,411 9.989Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-Energieertrag (ohne Gutschriften)Netto-Energieertrag (incl. Gutschriften)CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen deutscher StrommixCO 2äq -VermeidungCO 2äq-VermeidungskostenNettokosten ORC StromKosten konventioneller StromKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten in €/t CO 2äqSubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieEinspeisevergütungErdgassteuerSumme SubventionenkWh el /ha7.0783.83738.165kg CO 2äq /kWh el0,181-1,2300,6271,857€/kWh0,0940,0400,05429€/kWh0,0060,1410,0270,174Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1164.3.6 Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh oder Hackschnitzeln im Steinkohlekraftwerk(50 MW el )Im Unterschied zu den bisher <strong>an</strong>alysierten Konzepten der Stromerzeugung aus <strong>Biomasse</strong>,bei denen jeweils ein Neubau kleinerer <strong>Biomasse</strong>- oder Biogas<strong>an</strong>lagen erforderlich wird,zielt das Konzept der Co-Verbrennung darauf ab, die konventionellen Steinkohlekraftwerkeder Energieversorgungsunternehmen so auszugestalten, dass eine Zufeuerung <strong>von</strong>Stroh oder Hackschnitzeln möglich wird. Diese biogenen Rohstoffe können d<strong>an</strong>n partielldie Steinkohle ersetzen.Diese Option wird gegenwärtig nicht durch das EEG gefördert, hätte aber aus klimapolitischerund volkswirtschaftlicher Sicht eine Reihe <strong>von</strong> Vorteilen (LEIBLE, 2007: 97):– Der substituierte Energieträger weist sehr hohe CO 2 -Emissionen aus, d. h., die CO 2äq -Vermeidung ist hoch.– Die Anlagen laufen überwiegend unter Volllast, was im Fall der Strohverbrennung fürdie Einhaltung <strong>von</strong> Abgasvorschriften besonders günstig ist.– Die zusätzlichen spezifischen Investitionen je MW Leistung sind im konventionellenKraftwerk relativ gering, verglichen mit der Errichtung neuer dezentraler Anlagen.Angesichts dieser Vorteile ist zu erwarten, dass die Co-Verbrennung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> inGroßkraftwerken effizienter ist als die Neuerrichtung dezentraler Anlagen, wenn dieseebenfalls nur Strom (ohne KWK) produzieren. Wie die Co-Verbrennung im Vergleich zudezentralen Anlagen mit KWK zu beurteilen ist, bedarf der näheren Prüfung. Der potenzielleVorteil solcher dezentralen (Heiz-)Kraftwerke besteht darin, dass sie tendenziellgünstigere Voraussetzungen <strong>zur</strong> Verwertung der Wärme bieten, ihr Nachteil besteht darin,dass kleinere Anlagen tendenziell höhere Investitionsvolumina je Einheit installierterelektrischer Leistung und schlechtere Wirkungsgrade aufweisen als zentrale Groß<strong>an</strong>lagen.Um die betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Wirkungen der Co-Verbrennung exemplarisch zu ver<strong>an</strong>schaulichen, wird <strong>von</strong> einer größeren Investition ausgeg<strong>an</strong>gen(ca. 20 Mio. €), durch die es ermöglicht wird, eine jährliche Strommenge <strong>von</strong>ca. 250 GWh aus <strong>Biomasse</strong> zu erzeugen (Tabellen 4.19 bis 4.22). Das große Investitionsvolumenwird erforderlich, um bei einem konventionellen Steinkohlekraftwerk Lagerraumfür das Stroh zu errichten und die Annahme, Auflösung, Zerkleinerung und Einspeisungdes Strohs in die laufende Kohleverfeuerung <strong>an</strong>lagentechnisch und baulich realisieren zukönnen. Das spezifische Investitionsvolumen pro Einheit elektrischer Leistung ist trotzdieses erheblichen Aufw<strong>an</strong>ds gering: Während beispielsweise in Biogas<strong>an</strong>lagen pro KW elinstallierter Leistung ein Investitionsvolumen zwischen 2.500 bis 3.500 € <strong>an</strong>zusetzen ist,betragen die für die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh zu tätigen Investitionen lediglich gut400 € pro KW el . Neben den aus diesen Zusatzinvestitionen resultierenden Kosten werden


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 117in der betriebswirtschaftlichen Kalkulation die sonstigen <strong>an</strong>teiligen fixen und variablenKosten der Stromproduktion in einem Steinkohlekraftwerk berücksichtigt. Als Erlösewerden die eingesparten Kosten für die Beschaffung <strong>von</strong> Steinkohle berechnet.Die benötigten Mengen <strong>an</strong> <strong>Biomasse</strong> <strong>zur</strong> Versorgung der Anlagen sind beträchtlich:– Falls die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh mit einem Anteil <strong>von</strong> 10 % in einem Kohlekraftwerk<strong>von</strong> 500 MW <strong>an</strong>gestrebt wird, ist eine Strohfläche <strong>von</strong> knapp 30.000 ha erforderlich.Da das Stroh aus Gründen des Humuserhalts dauerhaft und ohne kostenträchtigeAusgleichsmaßnahmen maximal <strong>von</strong> einem Drittel der jährlich verfügbarenGetreidefläche abgefahren werden k<strong>an</strong>n, ist eine Getreidefläche <strong>von</strong> ca. 80.000 ha zuver<strong>an</strong>schlagen. Folglich wird in Tabelle 4.20 auch nur <strong>von</strong> einem Strohertrag <strong>von</strong>1,8 t/ha ausgeg<strong>an</strong>gen (30 %).– Falls die Co-Verbrennung auf der Grundlage <strong>von</strong> Hackschnitzeln aus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagenerfolgen soll (vgl. Kapitel 4.2.2), ist eine Umwidmung <strong>von</strong> ca. 12.500 haAckerfläche erforderlich.Diese Option dürfte sich somit primär für Kraftwerke <strong>an</strong>bieten, die günstig zu einer benachbartenAckerbauregion gelegen sind oder zu Regionen mit einem hohen Anfall <strong>an</strong>Waldrestholz.Die Tabellen 4.19 und 4.21 zeigen, dass die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh oder Hackschnitzelnderzeit betriebswirtschaftlich nicht rentabel ist. Die Produktionskosten des <strong>Biomasse</strong>-Stroms leiten sich aus den ausgewiesenen negativen Unternehmergewinnen ab. Sie weisenaus, um welchen Betrag die zusätzlichen Kosten der <strong>Biomasse</strong>zufeuerung die vermiedenenKosten für den Brennstoff Kohle übersteigen. Sie liegen bei 0,096 €/kWh el , wennStroh verwendet wird und bei 0,114 €/kWh el , wenn Hackschnitzel zum Einsatz kommen.Die Stroh-Option ist günstiger, weil dieses Substrat kostengünstig als Kuppelprodukt <strong>an</strong>fällt.Allerdings wäre bei einer stark steigenden Nachfrage nach Stroh mit einer Preissteigerungzu rechnen (vgl. Kapitel 4.1), so dass sich die Kostenunterschiede zwischen denOptionen <strong>an</strong>nähern würden.Die m<strong>an</strong>gelnde Rentabilität ist im Wesentlichen darauf <strong>zur</strong>ückzuführen, dass die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh oder Hackschnitzeln (im Unterschied zu den bisher <strong>an</strong>alysiertenVerfahren) nicht durch das EEG gefördert wird und deshalb gegenüber der preisgünstigenRessource Steinkohle nicht konkurrenzfähig ist. Die Rohstoffkosten der Steinkohle betragenlediglich 0,02 €/kWh el . Um die Co-Verbrennung rentabel zu gestalten, müsste – ohneBerücksichtigung des Wertes des damit möglicherweise verbundenen Erwerbs <strong>von</strong> CO 2 -Zertifikaten – bei der Reform des EEG ein Subventionsbetrag <strong>von</strong> mindestens0,096 €/kWh el (Stroh) bzw. 0,104 €/kWh el (Hackschnitzel) vorgesehen werden.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 118Tabelle 4.19:Wirtschaftlichkeit der Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh in einem Steinkohlekraftwerk(50 MW el )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseVermiedene Kosten Steinkohle 0.020 €/kWh el 5.001.360Summe Erlöse 0,020 €/kWh el 5.001.360Variable KostenStroh (Quaderballen, 86 % TS)Menge 147.742 t FMPreis (frei Anlage) 91 €/t FM 13.389.5420,054 €/kWh elsonstige variable Kosten 0,002 €/kWh el 404.739Summe variable Kosten 0,055 €/kWh elFixkostenInvestitionsvolumen 20.900.000 €Kapitalkosten 0,007 €/kWh el 1.665.167sonstige Fixkosten 0,003 €/kWh el 640.000Summe Fixkosten 0,009 €/kWh el 2.305.167Summe Zusatzkosten Stroh Co-Verbrennung 0,064 €/kWh el 16.099.448Kosten konv. Stromproduktion (Steinkohle) 0,052 €/kWh el 13.000.000Summe Kosten Stroh Co-Verbrennung 0,116 €/kWh el 29.099.448Unternehmergewinn -0,096 €/kWh el -24.098.088Quelle: Eigene Berechnungen.Aus klimapolitischer Sicht wäre diese Option einer Stromerzeugung aus <strong>Biomasse</strong> wesentlicheffizienter als die zuvor <strong>an</strong>alysierten Biogas-Optionen (Tabellen 4.20 und 4.22).Die CO 2äq -Vermeidungskosten betragen in den hier untersuchten Konstellationen45 €/t CO 2äq (Stroh) und 68 €/t CO 2äq (Hackschnitzel). Auch wenn m<strong>an</strong> die teilweise umf<strong>an</strong>greichenTr<strong>an</strong>sporte vom Feld zum Kraftwerk berücksichtigt (Annahmen: mittlere Entfernung<strong>von</strong> 30 km bei Stroh und 100 km bei Hackschnitzeln 8 ), errechnet sich für Hackschnitzelaus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen eine CO 2äq -Vermeidung in Höhe 18,2 t CO 2äq /ha.8Der vergleichsweise große Radius bei der Hackschnitzel-Vari<strong>an</strong>te resultiert aus dem Umst<strong>an</strong>d, dass es -insbesondere in der aktuellen agrarwirtschaftlichen Situation – sehr schwierig sein dürfte, L<strong>an</strong>dwirtefür die Anlage <strong>von</strong> Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen zu gewinnen. Umgekehrt ist bei ausreichenden Preissignalendurchaus plausibel da<strong>von</strong> auszugehen, dass ein erheblicher Teil der L<strong>an</strong>dwirte zumindest einen Teildes <strong>an</strong>fallenden Strohs veräußern würde.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 119Dieser Wert ist ungefähr dreifach so hoch wie jene Werte, die für die Biogas-Optionen mitWärmenutzung ermittelt wurden.Tabelle 4.20:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennziffern <strong>zur</strong>Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh in einem Steinkohlekraftwerk (50 MW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zCO 2äq -EmissionenkWh/ha kWh/kWh el kg CO 2äq /kWh el kg CO 2äq /haRohstoffproduktion 128 0,041 0,011 35InputdarunterDiesel (11 l /ha) 128 0,041 0,011 35Output Stroh (1,8 t/ha) 7.086 0,686KonversionInput 92 0,030 0,015 46darunterRauchgasminderung 37 0,012 0,003 9Tr<strong>an</strong>sporte 21 0,007 0,002 6Baustoffe 23 0,007 0,004 13Lachgasemissionen bei Verbrennung 0,005 14Output (kWh el ) 3.097 0,300Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-EnergieertragCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -EmissionenCO 2äq -Emissionen KohlekraftwerkCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenNetto-Kosten Strom (Stroh Co-Verbrennung)Konventionelle Stromproduktion (Steinkohle)KostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten in €/t CO 2äqSubventionenSumme SubventionenkWh el /ha3.0972.877kg CO 2äq /kWh el0,0260,9900,963€/kWh0,0960,0520,04445€/kWh0,000Quelle: Eigene Berechnungen.Bei Strohnutzung liegt der Wert mit ca. 3 t CO 2äq /ha niedriger, wobei jedoch zu berücksichtigenist, dass dieser Beitrag zum Klimaschutz als Nebenprodukt <strong>zur</strong> Getreideproduktionzu erzielen wäre. Einschränkend ist allerdings hinzuzufügen, dass bei einer Verwendung<strong>von</strong> Stroh auch negative Beiträge zum Klimaschutz in Rechnung zu stellen sind,


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 120wenn die Strohabfuhr ein Ausmaß erreicht, das sich negativ auf die Humusbil<strong>an</strong>z derAckerst<strong>an</strong>dorte auswirkt (vgl. Kapitel 2.5).Tabelle 4.21:Wirtschaftlichkeit der Co-Verbrennung <strong>von</strong> Hackschnitzeln aus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagenin einem Steinkohlekraftwerk (50 MW el )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseVermiedene Kosten Steinkohle 0,020 €/kWh el 5.001.360Summe Erlöse 0,020 €/kWh el 5.001.360Variable KostenHackschnitzelMenge 125.019 t TM/aPreis 115 €/t TM0,058 €/kWh el 14.377.237Tr<strong>an</strong>sportkosten 0,011 €/kWh el 2.861.781Summe Kosten frei Anlage 0,069 €/kWh el 17.239.019sonstige variable Kosten 0,004 931.951Summe variable Kosten 0,073 €/kWh el 18.170.970FixkostenInvestitionsvolumen 20.500.000 €Kapitalkosten 0,007 €/kWh el 1.655.167sonstige Fixkosten 0,003 €/kWh el 690.000Summe Fixkosten 0,009 €/kWh el 2.345.167Su. Zusatzkosten Hackschn. Co-Verbrennung 0,082 €/kWh el 20.516.136Kosten Steinkohlestrom 0,052 €/kWh el 12.994.800Summe Kosten Hackschn. Co-Verbrennung 0,134 €/kWh el 33.510.936Unternehmergewinn -0,114 €/kWh el -28.509.576Quelle: Eigene Berechnungen.Eine überschlägige Variationsrechnung bezüglich des Aufw<strong>an</strong>des für Tr<strong>an</strong>sporte kommtzu folgenden Resultaten. Bei einem Anstieg der tr<strong>an</strong>sportbedingten CO 2äq -Emissionen prokWh el um 50 % und ebenfalls 50 % höheren Tr<strong>an</strong>sportkosten ergibt sich ein Anstieg derCO 2äq -Vermeidungskosten <strong>von</strong> 48 auf 57 €/t CO 2äq . Das Verfahren reagiert also auf einensehr deutlichen Anstieg der Tr<strong>an</strong>sportentfernungen relativ unempfindlich, was auf dievergleichsweise hohe Bedeutung der Investitionskosten <strong>zur</strong>ückzuführen ist. Somit wäre esaus volkswirtschaftlicher Sicht vertretbar, den Radius für die Rohstoffbeschaffung deutlichzu erweitern, sofern dies im Hinblick auf die Humusbil<strong>an</strong>z erforderlich sein sollte.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 121Tabelle 4.22:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennziffern <strong>zur</strong>Co-Verbrennung <strong>von</strong> Hackschnitzeln (KUP) in einem Steinkohlekraftwerk(50 MW el )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/hakWh/kWh elCO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh thkg CO 2äq /haRohstoffproduktionInput 2.312 0,116 0,049 984darunterDiesel (65 l /ha) 738 0,037 0,010 199Stickstoff (37 kg/ha) 567 0,028 0,015 303Herstellung Hacker 157 0,008 0,002 39direkte Lachgasemissionen Feld 604 0,030 0,009 1770,012 235Output Holz (10 t TM/ha) 47.288 2,366KonversionInput 1.143 0,057 0,032 633darunterfür Elektrizität 639 0,032 0,009 179Tr<strong>an</strong>sport 179 0,009 0,005 910,013 267Output (kWh el ) 19.989 1,000Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-EnergieertragCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -EmissionenCO 2äq -Emissionen GasheizungCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenWärmekosten GetreideheizungWärmekosten GasheizungKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten in €/t CO2 äqSubventionenEnergiepfl<strong>an</strong>zenprämieSumme SubventionenkWh el /ha19.98916.534kg CO 2äq /kWh el0,0810,9900,909€/kWh0,1140,0520,06268€/kWh0,0020,002Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1224.4 Biokraftstoffe4.4.1 EinleitungPolitische FörderungBis Ende 2006 wurde die Verwendung <strong>von</strong> Biokraftstoffen in Deutschl<strong>an</strong>d vor allem dadurchgefördert, dass diese Kraftstoffe <strong>von</strong> der Mineralölsteuer ausgenommen waren –zunächst nur in Reinkraftstoffen, später d<strong>an</strong>n auch in Beimischungen. Die Steuerbegünstigungwar bis zum Jahr 2006 faktisch eine Steuerbefreiung. Hieraus resultierte ein erheblicherfin<strong>an</strong>zieller Anreiz <strong>zur</strong> Verwendung <strong>von</strong> Biokraftstoffen, zumal die Mineralölsteuerim Laufe der Zeit schrittweise <strong>an</strong>gehoben wurde. Der starke fin<strong>an</strong>zielle Anreiz führte einerseitszu einer schnellen Ausdehnung des Einsatzes <strong>von</strong> Biokraftstoffen, <strong>an</strong>dererseitsaber auch zu einem rasch <strong>an</strong>steigenden Steuerausfall bei der Mineralölsteuer. Im Jahr2006 dürfte sich dieser Steuerausfall in einer Größenordnung <strong>von</strong> 1 Mrd. € bewegt haben.Von den lukrativen Konditionen in diesem Geschäftsfeld profitierten nicht nur inländischeProduzenten, sondern zunehmend auch ausländische Anbieter <strong>von</strong> Ölfrüchten bzw. Biodiesel.Die Importe nahmen erheblich zu, unterstützt durch die sehr geringen Zollsätze fürÖlfrüchte, pfl<strong>an</strong>zliche Öle und Biodiesel.In Anbetracht der zunehmenden Steuerausfälle beschloss der Gesetzgeber, die Förderungder Biokraftstoffe mit Wirkung vom 1. J<strong>an</strong>uar 2007 grundlegend zu verändern. Die Steuerbegünstigungfür reine Biokraftstoffe wird in einer Überg<strong>an</strong>gszeit, die bis 2012 dauert,schrittweise aufgehoben. Lediglich Eth<strong>an</strong>ol in Form <strong>von</strong> E85 sowie Biokraftstoffe der 2.Generation bleiben bis 2015 <strong>von</strong> der Steuer befreit. Die Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe,die in Beimischungen eingesetzt werden, wird sofort aufgehoben und durch eineBeimischungspflicht ersetzt.Durch das Biokraftstoffquotengesetz wird die Mineralölwirtschaft verpflichtet, einen stetigwachsenden Mindest<strong>an</strong>teil <strong>an</strong> Biokraftstoffen zu verwenden. Nach derzeitigem Gesetzesst<strong>an</strong>d(November 2007) liegt die Mindestquote für Eth<strong>an</strong>ol im Jahr 2007 bei 1,2 % (bezogenauf den Energiegehalt), sie wird d<strong>an</strong>n bis zum Jahr 2010 auf 3,6 % <strong>an</strong>steigen undim weiteren Verlauf bis 2015 auf diesem Niveau bleiben. Die Mindestquote für Biodieselliegt für den gesamten Zeitraum (bis 2015) bei 4,4 %. Über diese beiden Mindestquoten(Unterquoten) hinaus ist eine Gesamtquote für Biokraftstoffe festgelegt, die zwischen2009 und 2015 <strong>von</strong> 6,25 auf 8,00 % <strong>an</strong>wächst. Daraus ergibt sich eine im Zeitablauf <strong>an</strong>steigende„freie Quote“, die im Zieljahr 2015 etwa 50 % der Gesamtquote betragen wird.Durch welche Biokraftstoffe diese Quote beliefert wird, soll sich nach dem Willen desGesetzgebers im Wettbewerb herausstellen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 123Auf zahlreiche weitere Regelungen wie z. B. Sonderregelungen für die L<strong>an</strong>dwirtschaft,die Nachhaltigkeits-Kriterien bezüglich der Rohstoffbereitstellung, gepl<strong>an</strong>te zusätzlicheSteuerbefreiungen für den öffentlichen Nahverkehr oder diskutierte Obergrenzen für dasHydro-Cracking <strong>von</strong> Palmöl und <strong>an</strong>deren Import-Pfl<strong>an</strong>zenölen für das Biodiesel-Segmentsoll <strong>an</strong> dieser Stelle nicht näher eingeg<strong>an</strong>gen werden (vgl. UFOP, 2007).VerbreitungIn Deutschl<strong>an</strong>d beg<strong>an</strong>n der Verbrauch flüssiger Biokraftstoffe in der ersten Hälfte der1990er Jahre. Die Entwicklung blieb zunächst auf das Biodieselsegment beschränkt, wasinsbesondere darauf <strong>zur</strong>ückzuführen ist, dass die hier agierenden Unternehmen und Verbändeerfolgreich eine Strategie <strong>zur</strong> Vermarktung <strong>von</strong> Reinkraftstoffen verfolgt haben.Die Möglichkeit zum Einsatz <strong>von</strong> Reinkraftstoffen best<strong>an</strong>d demgegenüber bei Eth<strong>an</strong>olnicht, weil die Automobilwirtschaft – <strong>an</strong>ders als <strong>an</strong> einigen Übersee-St<strong>an</strong>dorten – zunächstkeine Flex-Fuel-Automobile für den europäischen Markt produzierte.Nach 2000 stieg der Verbrauch stark <strong>an</strong> (vgl. Abbildung 4.5), wofür vor allem drei Gründeausschlaggebend waren: Erstens die Entscheidung der Bundesregierung, die Steuerbegünstigungauch auf Biokraftstoffe in Beimischungen auszudehnen, zweitens die starkeAnhebung der Mineralölsteuer und drittens der weltweite Anstieg der Erdölpreise.Abbildung 4.5: Entwicklung des Biokraftstoff-Absatzes in Deutschl<strong>an</strong>d (1991 bis 2006)35.00030.00025.000BiodieselBioeth<strong>an</strong>olPfl<strong>an</strong>zenölGWh20.00015.00010.0005.00001999 2000 2001 2002Jahr2003 2004 2005 2006Quelle: BMU (2007b).Ab 2003 erl<strong>an</strong>gten auch reine Pfl<strong>an</strong>zenöle auf Rapsbasis sowie Eth<strong>an</strong>ol auf Getreide- undZuckerrübenbasis eine gewisse Bedeutung, doch blieb die weiter exp<strong>an</strong>dierende Biodieselproduktionauch in dieser Phase dominierend. Neben der inländischen Produktion nahmenauch die Importe <strong>von</strong> Biodiesel in jüngster Verg<strong>an</strong>genheit stark zu (UFOP, 2007).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 124Im laufenden Jahr (2007) kam es unter dem Einfluss der drastisch veränderten Förderpolitik(siehe oben) sowie der turbulenten Agrarpreisentwicklung (vgl. Kapitel 4.1) zu gravierendenTurbulenzen in der Marktentwicklung, deren Ausg<strong>an</strong>g derzeit noch nicht absehbarist.Die Entwicklung der Biokraftstofferzeugung nahm weltweit einen <strong>an</strong>deren Verlauf. DieVorreiterrolle hatte hier die Eth<strong>an</strong>olproduktion, die nach der ersten Ölkrise ab Mitte der1970er Jahre schwerpunktmäßig in Brasilien (auf Basis <strong>von</strong> Zuckerrohr) und USA (aufBasis <strong>von</strong> Mais) etabliert wurde. Auch hierbei spielten politische Maßnahmen der jeweiligenLänder eine wichtige Rolle. Nachdem die weltweite Jahreserzeugung innerhalb einesJahrzehnts auf ca. 12 Mio. t <strong>an</strong>gestiegen war, verblieb sie <strong>von</strong> Mitte der 1980er Jahre biszum Jahr 2000 ungefähr auf diesem Niveau. Diese Stagnation dürfte im Wesentlichen aufdas niedrige Erdölpreisniveau in dieser Periode <strong>zur</strong>ückzuführen sein. Zwischen 2001 und2006 kam es d<strong>an</strong>n zu einem sehr starken Produktions<strong>an</strong>stieg auf ca. 40 Mio. t Jahresproduktion,und ein Ende des Booms ist derzeit noch nicht in Sicht (Tabelle 4.23).Der regionale Ausbau der Produktionskapazitäten hing bisher eng mit der politischen Förderungzusammen und konzentrierte sich auf eine überschaubare Anzahl <strong>von</strong> Ländern.– Eth<strong>an</strong>ol: Drei Viertel der Weltproduktion werden in zwei Ländern erzeugt, wobei dieUSA seit 2005 Brasilien vom ersten Platz verdrängt haben. Alle <strong>an</strong>deren Länder folgenmit weitem Abst<strong>an</strong>d.– Biodiesel: Vier Fünftel der Weltproduktion werden in der Europäischen Union erzeugt,wobei hier Deutschl<strong>an</strong>d fast die Hälfte der Produktionskapazitäten stellt. In einergroßen Zahl <strong>von</strong> Ländern, darunter auch Malaysia und die USA, hat es seit 2004ein sehr starkes Produktionswachstum gegeben.– Beim Vergleich zwischen Eth<strong>an</strong>ol und Biodiesel zeigt sich, dass die weltweite Jahresproduktion<strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol immer noch ca. fünfmal höher liegt als die weltweite Jahresproduktion<strong>von</strong> Biodiesel. Die absoluten jährlichen Produktionszuwächse liegen mittlerweileaber fast gleichauf, d. h. das Biodieselsegment wächst mit weitaus höherenWachstumsraten.Für die Zukunft rechnet die EU-Kommission mit einem weiteren starken Anstieg der Biokraftstoff-Verwendungin der EU. Sie geht da<strong>von</strong> aus, dass <strong>zur</strong> Erfüllung des 10 %-Zieles(siehe oben) die Verwendung <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol <strong>von</strong> ca. 1,5 mtoe im Jahr 2007 auf über 15 mtoeim Jahr 2020 <strong>an</strong>steigt, die Verwendung <strong>von</strong> Biodiesel <strong>von</strong> ca. 6 mtoe im Jahr 2007 auf ca.19 mtoe im Jahr 2020. Dabei geht die Kommission da<strong>von</strong> aus, dass bis 2020 ca. 30 % derverwendeten Biokraftstoffe aus Biokraftstoffen der 2. Generation stammen (EUROPEANCOMMISSION, 2007).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 125Tabelle 4.23:Entwicklung der Produktion <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol und Biodiesel im weltweitenMaßstab (2004 bis 2006)Eth<strong>an</strong>ol Mio. t 1)Biodiesel Mio. t2004 2005 2006 2004 2005 2006USA 10,63 12,86 14,60 EU 1,93 3,18 6,07Brasilien 11,98 12,70 13,49 DE 1,04 1,67 2,68China 2,90 3,02 3,06 IT 0,32 0,40 0,86FR 0,35 0,49 0,78EU 1,43 1,62 1,95 UK 0,01 0,05 0,45FR 0,66 0,72 0,75 ES 0,01 0,07 0,22DE 0,21 0,34 0,61 CZ 0,06 0,13 0,20ES 0,24 0,28 0,37 PL 0,10 0,15UK 0,32 0,28 0,22 AT 0,06 0,09 0,13SK 0,02 0,08 0,09Indien 1,39 1,35 1,51 DK 0,07 0,07 0,08Russl<strong>an</strong>d 0,60 0,60 0,60 sonstige 0,01 0,04 0,43C<strong>an</strong>ada 0,18 0,18 0,46Südafrika 0,33 0,31 0,31 USA 0,08 0,25 0,83Thail<strong>an</strong>d 0,22 0,24 0,28 Malaysia 0,26 0,60Ukraine 0,20 0,20 0,21Gesamt 3) 29,9 33,1 36,5 2,0 3,7 7,51) Eigene Umrechnung <strong>von</strong> Volumen in Gewichtseinheit, indem die Daten des WEC (in hm 3 ) durch 1,26 geteilt wurden.2) Nur die Summe jener Mitgliedstaaten, die in der WEC-Publikation gen<strong>an</strong>nt wurden.3) Nach F. O. Licht betrug die Gesamtproduktion weltweit im Jahr 2005 ca. 36,5 Mio. t (einschließlich der Produktion einerVielzahl kleinerer Produktionsländer).Quelle: Entnommen aus WEC (2007). F. O. Licht-Veröffentlichungen; Renewable Fuels Association; nationale Statistiken.Angesichts der begrenzten Erzeugungskapazitäten in der EU ist nach Einschätzung derEU-Kommission mit einem weiteren deutlichen Anstieg der Ölsaaten-Importe zu rechnen(EUROPEAN COMMISSION, 2007). Wie stark dieser Anstieg ausfallen wird, hängt maßgeblichda<strong>von</strong> ab, welche biogenen Rohstoffe künftig für die Erfüllung der Beimischungspflichtzum Einsatz kommen können. Dies wird im Biodieselsegment maßgeblich durchdie Weiterentwicklung der technischen Normen bestimmt. Biodiesel ausschließlich aufBasis <strong>von</strong> Palmöl oder Sojaöl könnte die derzeit gültigen technischen Normen nicht erfüllen.Es wird aber bereits gegenwärtig aus Kostengründen Biodiesel mit einer gemischtenRohstoffbasis <strong>von</strong> einem Viertel Sojaöl und drei Viertel Rapsöl hergestellt und vertrieben.Die EU-Kommission hat auch mit Blick auf die schmale einheimische Rohstoffbasis füreine ambitionierte Biodiesel-Strategie die Lockerung der bisherigen technischen Normen<strong>an</strong>geregt (EUROPEAN COMMISSION, 2006: 13), so dass mehr Nicht-Rapsöle verwendet werdenkönnten.Grundsätzlich könnte die Mineralölwirtschaft die technischen Anforderungen <strong>an</strong> den Dieselkraftstoffauch dadurch erfüllen, dass sie preisgünstige pfl<strong>an</strong>zliche Öle in den Raffinerie-Prozesseinspeist und dabei durch Hydro-Cracking auf die erforderliche Kettenlängebringt. Ob und in welchem Maße sie künftig <strong>von</strong> dieser Option Gebrauch machen wird,hängt in erster Linie <strong>von</strong> der Weiterentwicklung der politisch definierten Normen ab.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 126Nach Einschätzung der Mineralölwirtschaft ist dieses Verfahren nicht nur kostengünstigerals die separate Biodieselproduktion, es führt auch zu einer Verringerung <strong>von</strong> Emissionenbei der Verbrennung des biogenen Treibstoffs (PICARD, 2007a).Für die künftige St<strong>an</strong>dortorientierung der Eth<strong>an</strong>olproduktion werden demgegenüber inerster Linie die h<strong>an</strong>delspolitischen Rahmenbedingungen maßgeblich sein, da Eth<strong>an</strong>ol h<strong>an</strong>delsrechtlichals Agrarprodukt gilt. Derzeit verfügt die EU bei Eth<strong>an</strong>ol über einen hohenZollschutz; er beträgt 0,102 €/l für vergällten und 0,192 €/l für unvergällten Alkohol. AlsBiokraftstoff im Sinne des Biokraftstoff-Quotengesetzes gilt lediglich unvergällter Alkohol(LAHL/KNOBLOCH, 2006); der deutsche Gesetzgeber hat auf diese Weise einen zusätzlichenSchutz gegen ausländische Anbieter etabliert, wobei allerdings fraglich ist, wiel<strong>an</strong>ge diese Regelung aufrechterhalten werden k<strong>an</strong>n. Spätestens wenn der Zollschutz imZuge künftiger Liberalisierungsrunden reduziert wird, ist mit einem starken Anstieg derEth<strong>an</strong>olimporte zu rechnen. Insbesondere die FAO sowie die OECD befürworten mitNachdruck den Abbau derartiger H<strong>an</strong>delshemmnisse, die im Übrigen auch in den USAeine erhebliche Rolle spielen.Während der weitere Exp<strong>an</strong>sionskurs <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol und Biodiesel zumindest auf der Verwendungsseitekurz- und mittelfristig vorgezeichnet zu sein scheint, gibt es bezüglich derkünftigen Entwicklung <strong>an</strong>derer Kraftstoffe noch größere Unklarheiten. Das betrifft einerseitsdie reinen Pfl<strong>an</strong>zenöl-Kraftstoffe, <strong>an</strong>dererseits die Bio-Kraftstoffe der 2. Generation.– Der Einsatz <strong>von</strong> reinem Pfl<strong>an</strong>zenöl in herkömmlichen Dieselmotoren ist nur möglich,wenn diese Motoren umgerüstet werden. Aufgrund der hohen Umrüstkosten <strong>von</strong> ca.5.000 € bleibt dieses Einsatzfeld bisher hauptsächlich auf Lastwagen, Nutzfahrzeugeund l<strong>an</strong>dwirtschaftliche Maschinen mit einem hohen spezifischen Verbrauch beschränkt(STAISS, 2007). Für die Zukunft zeichnet sich ab, dass der unmittelbare Einsatz<strong>von</strong> Pfl<strong>an</strong>zenöl nur unter bestimmten Bedingungen – insbesondere dem überwiegendenBetrieb der Motoren unter gleichmäßiger und hoher Motorenbelastung – möglichbleiben wird. Im PKW-Bereich werden sich die künftigen Abgasnormen bei einemBetrieb mit Pfl<strong>an</strong>zenöl voraussichtlich nicht einhalten lassen. Ob der Einsatz inden <strong>an</strong>deren Bereichen rentabel zu gestalten ist, wird in erster Linie <strong>von</strong> der Weiterentwicklungder Steuerpolitik (Steuervorteile im Vergleich zu Biodiesel) abhängen.Derartige Politikentscheidungen vorherzusagen ist bek<strong>an</strong>ntermaßen sehr schwierig.– Biokraftstoffe der zweiten Generation stellen einen Sammelbegriff dar, hinter demsich sehr unterschiedliche Technologien verbergen. Wenn als Kriterium für die „2.Generation“ die Maßgabe „Verwertung der g<strong>an</strong>zen Pfl<strong>an</strong>ze für die Kraftstoffproduktion“her<strong>an</strong>gezogen wird, so reicht das Spektrum der Optionen <strong>von</strong> der Biogas-T<strong>an</strong>kstelle über die Eth<strong>an</strong>olproduktion aus Lignocellulose bis hin zu den sogen<strong>an</strong>nten„Designer-Kraftstoffen“, die auf Basis des Fischer-Tropsch-Verfahrens hergestelltwerden. Die Automobilwirtschaft knüpft insbesondere <strong>an</strong> die letztgen<strong>an</strong>nte Technologie(Biomass to Liquid, BtL) große Erwartungen, weil sie es ermöglichen würde, die


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 127Kraftstoff- und die Motorenentwicklung im Hinblick auf Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeitund Emissionsgeschehen simult<strong>an</strong> zu optimieren. Ob und w<strong>an</strong>n es allerdingsgelingen wird, die großen technologischen, logistischen und wirtschaftlichenHerausforderungen <strong>zur</strong> Realisierung dieser Vision zu bewältigen, lässt sich derzeitnicht absehen.Auswahl <strong>von</strong> Anlagentypen für die vertiefte AnalyseAngesichts der überragenden Bedeutung <strong>von</strong> Biodiesel und Eth<strong>an</strong>ol werden für diese beidenBiokraftstoff-Linien exemplarisch Fallkonstellationen gebildet und <strong>an</strong>alog der Bioenergie-Linienin den Segmenten Wärme und Strom <strong>an</strong>alysiert. Als dritte Biokraftstoff-Linie wird die Erzeugung <strong>von</strong> Biogas als Kraftstoff <strong>an</strong>alysiert, um diese Verwertungsoptiondes Biogases mit den oben diskutierten Verwertungsoptionen vergleichen zu können.Da Pfl<strong>an</strong>zenöl voraussichtlich auch künftig nur eine Nischenfunktion einnehmen wird, wirdauf eine eingehende technische und ökonomische Analyse dieses Kraftstoffs verzichtet.Bezüglich BtL und Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Stroh werden lediglich einige Analysedaten ausder Literatur zusammengestellt. Angesichts der sehr unsicheren Datenbasis ist es für einevertiefte Einbeziehung dieser Optionen in den hier durchgeführten Vergleich der verschiedenenBioenergie-Linien noch zu früh.4.4.2 Biodiesel-Anlage (100.000 t/a)Im Jahr 2005 wurden in Deutschl<strong>an</strong>d ca. 1,8 Mio. t Biodiesel hergestellt, dies entsprichteinem Markt<strong>an</strong>teil <strong>von</strong> ca. 6,2 % am deutschen Dieselmarkt (STAISS, 2007). Ausg<strong>an</strong>gspunktfür die Produktion <strong>von</strong> Biodiesel ist pfl<strong>an</strong>zliches Öl. In Deutschl<strong>an</strong>d und Europawird hierfür zum größten Teil Rapsöl eingesetzt, was zum einen darauf <strong>zur</strong>ückzuführenist, dass Raps in Europa die wettbewerbsstärkste Ölpfl<strong>an</strong>ze ist, zum <strong>an</strong>deren auf die bereits<strong>an</strong>gesprochenen technischen Normen. Das Rapsöl wird durch Umesterung zu Biodiesel(Rapsölmethylester, RME) weiterverarbeitet.Um einen betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Vergleich mit den <strong>an</strong>derenBioenergie-Linien zu ermöglichen, wird hier exemplarisch eine Biodiesel-Anlage mit einerjährlichen Produktionskapazität <strong>von</strong> 100.000 t RME ausgewählt.Die betriebswirtschaftliche Kalkulation gestaltet sich für eine solche Biodiesel<strong>an</strong>lage derzeitschwieriger als für die bisher kalkulierten Anlagen (Kapitel 4.2 und 4.3), weil einerelativ große Unsicherheit über den <strong>an</strong>zusetzenden Preis für RME besteht. Sol<strong>an</strong>ge dasBiodiesel-Segment durch das B100-Segment (reiner Biodiesel) dominiert war, konnte derRME-Preis einigermaßen verlässlich aus dem Preis für konventionelles Diesel abgeleitet


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 128werden. Biodiesel in Reinform wurde <strong>an</strong> der T<strong>an</strong>kstelle im Vergleich zu fossilem Dieselmit einem Preisabschlag <strong>von</strong> ca. 0,07 €/l geh<strong>an</strong>delt, dieser Abschlag war in erster Liniedurch den geringeren Heizwert bedingt. Der zu erwartende Biodieselpreis ergab sich somitim Wesentlichen aus dem zu erwartenden Preis für fossiles Diesel, inklusive Mineralölsteuer.Künftig k<strong>an</strong>n es dazu kommen, dass der Biodieselpreis wesentlich stärker nachunten oder oben vom Preis für konventionelles Diesel abweicht:– Wenn künftig das B100-Segment schrittweise <strong>von</strong> der Mineralölsteuer erfasst wird(vgl. UFOP, 2007) und somit <strong>an</strong> Wettbewerbskraft verliert, und wenn zugleich dieVerpflichtung der Mineralölwirtschaft <strong>zur</strong> Beimischung <strong>von</strong> Biokraftstoffen weiter<strong>an</strong>steigt, d<strong>an</strong>n hängt der Biodieselpreis künftig immer stärker da<strong>von</strong> ab, wie wettbewerbsfähig<strong>an</strong>dere Optionen der Mineralölwirtschaft <strong>zur</strong> Erfüllung der Beimischungspflichtsind. Hier spielen d<strong>an</strong>n eine Vielzahl <strong>von</strong> Bestimmungsgründen hinein, diesehr schwer zu prognostizieren sind (z. B. Preisentwicklung auf den Weltmärkten,Zollschutz für Eth<strong>an</strong>ol, Spielraum der Mineralölwirtschaft <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Hydro-Cracking). Hier könnten sich Risiken für den Biodieselpreis ergeben.– Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Nachfragestruktur für Mineralöldeutlich in Richtung Dieselkraftstoff verschiebt, so dass hier eher mit Knappheitenund beim Ottokraftstoff eher mit einem relativen Über<strong>an</strong>gebot zu rechnen ist. Folglichist da<strong>von</strong> auszugehen, dass Diesel im Vergleich zu Benzin teurer werden wird. Zwarwerden sich die Käufer <strong>von</strong> Automobilen <strong>an</strong>passen, indem sie tendenziell verstärktBenzinmotoren nachfragen, doch wird diese Anpassungsreaktion zumindest mittelfristignur geringe Wirkung auf die Kraftstoffpreise entfalten. Die <strong>von</strong> der Nachfrageseitekommenden Impulse sprechen also für die Vermutung, dass die „freie Quote“ ab2009 eher mit biogenen Diesel-Kraftstoffen erfüllt wird. Ob und inwieweit dies geschieht,hängt d<strong>an</strong>n <strong>von</strong> den Preisrelationen zwischen Biodiesel und Eth<strong>an</strong>ol ab.Für die folgenden Kalkulationen wird da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, dass– der Absatz <strong>von</strong> Biodiesel vom Beimischungszw<strong>an</strong>g der Mineralölwirtschaft getriebenwird,– preiswerte Substitutionsmöglichkeiten durch Importprodukte sich zunächst nichtdurchsetzen werden und– deshalb die Mineralölwirtschaft den erheblichen Preisnachteil des Biodiesels im Vergleichzum fossilen Diesel (ohne Mineralölsteuer, vgl. Tabelle 4.1) nicht vermeidenk<strong>an</strong>n und diese Mehrkosten g<strong>an</strong>z oder teilweise über erhöhte T<strong>an</strong>kstellenpreise <strong>an</strong> dieAutofahrer weitergibt.Da der Beimischungszw<strong>an</strong>g gegenüber der Steuerbefreiung fin<strong>an</strong>ztechnisch lediglich dieÜberwälzung der Lasten <strong>von</strong> den Steuerzahlern auf die Kraftfahrer bedeutet, wird dieKostendifferenz zwischen fossilem Diesel und Biodiesel in den nachstehenden Kalkulationenals Subvention bezeichnet, auch wenn dieser Terminus streng genommen nur für


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 129fiskalische Maßnahmen gilt. Auf diese Weise wird die Vergleichbarkeit mit den <strong>an</strong>derenFormen der staatlich etablierten Unterstützung der Bioenergieproduktion gewährleistet.Ausgehend <strong>von</strong> dem l<strong>an</strong>gfristig unterstellten Rohölpreis <strong>von</strong> 70 US$/bbl wird somit in dervorliegenden Studie mit einem Biodieselpreis (Großh<strong>an</strong>delsstufe) <strong>von</strong> 0,71 €/l gerechnet;der entsprechende Preis frei T<strong>an</strong>kstelle liegt ungefähr bei 1,11 €/l. Der Referenzpreis fürDiesel wurde – wie in Kapitel 4.1 erläutert – auf 0,43 €/l festgelegt.Die betriebswirtschaftliche Kalkulation (vgl. Tabelle 4.24) zeigt, dass ca. 70 % der Erlöseaus dem RME-Verkauf stammen und immerhin fast 30 % aus dem Verkauf des Rapskuchens.Auf der Kostenseite dominieren eindeutig die Kosten für den Rohstoff Raps. Relativgeringe Abweichungen des tatsächlichen Rapspreises vom hier unterstellten Rapspreiskönnen deshalb das betriebswirtschaftliche Ergebnis der Anlage stark beeinflussen. Beiden hier unterstellten Preisrelationen zwischen RME und Raps verzeichnet die Anlageeinen Gewinn in Höhe <strong>von</strong> ca. 6 Mio. € pro Jahr, eine Abweichung des Rapspreises <strong>von</strong>10 % nach oben oder unten würde das Ergebnis der Anlage jedoch um 8,5 Mio. € pro Jahrverbessern bzw. verschlechtern.Für die l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Produzenten ist es weitgehend unerheblich, ob der Raps fürdie Nahrungsmittel- oder für die Biodieselproduktion verwendet wird. In der Verg<strong>an</strong>genheitwar ein geringfügiger Preisabschlag für den Biodiesel-Raps zu beobachten (5 bismax. 10 €/t), der vor allem darauf <strong>zur</strong>ückzuführen sein dürfte, dass ein Teil der Energiepfl<strong>an</strong>zenprämie<strong>von</strong> 45 €/ha auf den H<strong>an</strong>del überwälzt wurde. Für die Produktionstechnik(Sortenwahl, Düngung, etc.) ergeben sich aus der gepl<strong>an</strong>ten Verwertungsrichtung (Biodiesel,Nahrungsmittel) keine Implikationen.Bei der Analyse des Energieertrags je Hektar fällt eine starke Diskrep<strong>an</strong>z zwischen demBrutto-Energieertrag und dem Netto-Energieertrag (ohne Gutschriften) auf (Tabelle 4.25).Diese Diskrep<strong>an</strong>z ist darauf <strong>zur</strong>ückzuführen, dass die Nebenprodukte Glycerin und Rapskuchennoch einen erheblichen Teil der Energie enthalten. Wird dieser Teil nach der Substitutionsmethodebewertet (vgl. Kapitel 4.1) und durch entsprechende Gutschriften in dieKalkulation einbezogen, verbessert sich das Bild deutlich.Bei der Beurteilung aus klimapolitischer Sicht wirkt sich die starke Mineralstickstoff-Düngung des Rapses z.B. im Vergleich <strong>zur</strong> Bereitstellung <strong>von</strong> Holz aus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagenungünstig aus (Tabelle 4.25). Per Saldo ergibt sich eine CO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong>0,162 CO 2äq /kWh RME , was bei einer flächenbezogenen Betrachtung einer CO 2äq -Vermeidung ca. 2,5 t CO 2äq /ha entspricht. Dieser Wert ist wesentlich niedriger als jeneWerte, die für die Verfahren der Wärmeproduktion sowie der holz- oder strohbasiertenStromproduktion ermittelt wurden. Die CO 2äq -Vermeidungskosten dieser Bioenergie-Linieliegen bei 175 €/t CO 2äq und damit zwar deutlich unter den vorgestellten Biogas-Linien


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 130auf Basis <strong>von</strong> Silomais, aber z. B. weit oberhalb derer der Wärmeproduktion oder der Co-Verbrennungslinien.Tabelle 4.24:Wirtschaftlichkeit der Biodiesel-Anlage (100.000 t/a)Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseRMERapskuchenGlycerinMenge 100.000 t112.360 m³1.033.033.708 kWh RMEPreis 710 €/m³ 79.775.281Menge 153.822 tPreis 180 €/t 27.688.048Menge 10.000 tPreis 380 €/t 3.800.000Summe Erlöse 1.113 €/t 111.263.3290,108 €/kWh RMEVariable KostenRapsMenge 251.243 tPreis 340 €/t 85.422.755760 €/m³0,083 €/kWh RMEsonstige variable Kosten 132,93 €/m³ 14.935.569Summe variable Kosten 893 €/m 3 100.358.3240,097 €/kWh RMEFixkostenInvestitionsvolumen 40.000.000 €Kapitalkosten 40,94 €/m³ 4.600.000sonstige Fixkosten 3,56 €/m³ 400.000Summe Fixkosten 44,50 €/m 3 5.000.0000,005 €/kWh RMESumme Kosten 938 €/m 3 105.358.3240,102 €/kWh RMENettokosten 0,072 €/kWh RMEUnternehmergewinn 53 €/m 3 5.905.0050,006 €/kWh RMEQuelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 131Tabelle 4.25:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennziffern fürBiodiesel (100.000 t/a)Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/hakWh/kWh RMECO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh RMEkg CO 2äq /haRohstoffproduktion 3.770 0,248 0,176 2.684InputdarunterDiesel (60 l /ha) 685 0,045 0,012 185Stickstoff (177 kg/ha) 2.495 0,164 0,088 1.333direkte Lachgasemissionen Feld 0,060 913Output Raps (3,7 t/ha) 24.579 1,616KonversionInput 5.309 0,349 0,053 813darunterfür Prozesswärme 1.699 0,112 0,030 463für Elektrizität 465 0,031 0,008 123Meth<strong>an</strong>ol 2.676 0,176 0,008 115Output (kWh RME ) 15.213 1,000darunterGutschrift Glycerin (0,01 kg/ kWh RME ) 2.678 0,176 0,020 311Gutschrift Rapskuchen (0,149 kg/kWh RME ) 2.740 0,180 0,050 756Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-Energieertrag (ohne Gutschriften)Netto-Energieertrag (incl. Gutschriften)CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen DieselCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenNettokosten BiodieselKosten DieselKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten (in €/t CO 2äq )SubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieKostendifferenz zu DieselSumme SubventionenkWh RME /ha15.2136.13411.552kg CO 2äq /kWh RME0,2300,1600,3220,162€/kWh0,0720,0430,028175€/kWh0,0030,0280,031Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1324.4.3 Eth<strong>an</strong>olDie Verwertung <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol als Kraftstoff k<strong>an</strong>n auf unterschiedliche Weise erfolgen.Gemäß der Ottokraftstoff-Norm DIN EN 228 ist ein Bioeth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>teil <strong>von</strong> 5 %-Vol. (E5)als Beimischung zum Ottokraftstoff ohne Kennzeichnungsverpflichtung zugelassen. HerkömmlicheOttomotoren erlauben eine Beimischung bis zu 10 %. Höhere Beimischungs<strong>an</strong>teilewürden eine Anpassung der Motoren erfordern. So gen<strong>an</strong>nte „Flexible Fuel Vehicles“können beliebige Benzin-Eth<strong>an</strong>ol-Mischungen verwenden und sind in Brasilien sowiein den USA stark verbreitet. Seit 2005 bieten einige Hersteller diese Fahrzeuge für E85Kraftstoff (85 % Eth<strong>an</strong>ol, 15 % Benzin) auch in Deutschl<strong>an</strong>d <strong>an</strong> (SCHMITZ, 2006: 42).In Europa wird Eth<strong>an</strong>ol jedoch bisher überwiegend <strong>zur</strong> Herstellung <strong>von</strong> ETBE genutzt,das aus Isobuten und Eth<strong>an</strong>ol gewonnen wird und bis zu einem Anteil <strong>von</strong> 15 % als Okt<strong>an</strong>zahlverbesserereingesetzt werden k<strong>an</strong>n (SCHMITZ, 2006: 42). Während bei der direktenBeimischung <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol technische Anpassungen wegen des höheren Dampfdruckes desGemisches erforderlich werden, die zu erhöhten Beimischungskosten der Mineralölindustrieführen (SCHMITZ, 2006: 21), ist die Beimischung <strong>von</strong> ETBE aus technischer Sicht unproblematischund wird deshalb in der Automobilindustrie ebenso wie in der Mineralölindustrieakzeptiert. Allerdings ist bei der ETBE-Herstellung ein weiterer energieintensiverKonversionsschritt erforderlich, bei dem ein Teil der im Bioeth<strong>an</strong>ol enthaltenen Energieverloren geht (HENNIGES, 2007: 22).Bioeth<strong>an</strong>ol k<strong>an</strong>n aus zucker-, stärke- und cellulosehaltigen Pfl<strong>an</strong>zen hergestellt werden, sodass grundsätzlich eine sehr breite Rohstoffpalette aus der L<strong>an</strong>d- und Forstwirtschaft inBetracht zu ziehen ist. In Deutschl<strong>an</strong>d ist bis heute allerdings keines der denkbaren Verfahrenzu Marktkonditionen rentabel. Die Eth<strong>an</strong>olerzeugung für den Tr<strong>an</strong>sportsektor kamdeshalb in Deutschl<strong>an</strong>d erst in G<strong>an</strong>g, als die Politik mit Wirkung vom J<strong>an</strong>uar 2004 unvergälltenBioeth<strong>an</strong>ol <strong>von</strong> der Mineralölsteuer befreite. Diese Subvention in Höhe <strong>von</strong> 64 ct/lEth<strong>an</strong>ol ermöglichte die Wettbewerbsfähigkeit <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol gegenüber fossilem Ottokraftstoff(HENNIGES, 2007: 169).Zwischen 2004 und 2006 stieg die deutsche Eth<strong>an</strong>olproduktion auf ca. 600.000 m 3 <strong>an</strong>. AlsRohstoffgrundlage wurde bisher g<strong>an</strong>z überwiegend Getreide genutzt. Die St<strong>an</strong>dorte derbestehenden Anlagen sowie der gepl<strong>an</strong>ten befinden sich hauptsächlich in den neuen Bundesländern.Die Anlagen haben bisl<strong>an</strong>g Kapazitäten <strong>von</strong> maximal 200.000 t Eth<strong>an</strong>olproduktionpro Jahr, allerdings finden auch Kapazitätserweiterungen statt. Im Jahr 2007 kames aufgrund der veränderten Preisverhältnisse zu Rentabilitätsproblemen, so dass Produktionskapazitätenvorübergehend stillgelegt wurden.Für die hier vorzunehmende Beispielskalkulation wird eine Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage auf Basis <strong>von</strong>Weizen ausgewählt (Kapitel 4.4.3.1). Für die zweite wichtige Eth<strong>an</strong>ol-Linie, die Eth<strong>an</strong>olerzeugungauf Basis <strong>von</strong> Zuckerrüben wird keine eigene Kalkulation vorgenommen, da es im


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 133Rahmen dieser Studie nicht möglich war, hierfür eine hinreichend detaillierte Datenbasis zuerschließen. Dasselbe trifft auf die Eth<strong>an</strong>olerzeugung auf Basis <strong>von</strong> Lignocellulose zu. Zudiesen beiden Eth<strong>an</strong>ollinien sowie <strong>zur</strong> Eth<strong>an</strong>olerzeugung aus Zuckerrohr wird in späterenTeilkapiteln auf der Grundlage <strong>von</strong> Literaturergebnissen kurz Stellung genommen.4.4.3.1 Eth<strong>an</strong>ol-Anlage auf Basis Weizen (200.000 t/a)Für die Produktion <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol aus Weizen wird <strong>von</strong> einer Anlage mit einer Jahresproduktion<strong>von</strong> 200.000 t ausgeg<strong>an</strong>gen. Als Nebenprodukt der Alkoholerzeugung fallen jeLiter Eth<strong>an</strong>ol etwa 10 l Schlempe <strong>an</strong>. Da es i. d. R. unwirtschaftlich ist, diese Flüssigkeitüber weite Strecken zu tr<strong>an</strong>sportieren, wird wie in der Praxis üblich, eine Trocknung undPelletierung zu dem hochwertigen, proteinreichen Futtermittel DDGS (Distillers DriedGrains with Solubles) vorgesehen. Im konkreten Fall entstehen so ca. 200.000 t 9 DDGS.Diese Verarbeitung des Nebenprodukts ist jedoch ebenso wie die Destillation selbst einenergieintensiver Prozess. Wenn die Möglichkeit geschaffen werden könnte, zumindesteinen Teil der Schlempe in einem benachbarten Tierhaltungsbetrieb zu verfüttern, könntesich dies positiv auf das Betriebsergebnis und auf die Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z auswirken.Hierbei sind jedoch die Größenordnungen des Anfalls <strong>von</strong> Nebenprodukten zu beachten:Um die in der hier kalkulierten Anlage <strong>an</strong>fallende Schlempe direkt verwerten zu können,wären ca. 22.000 Mastbullen erforderlich.Bezüglich des <strong>an</strong>gesetzten Preises für Eth<strong>an</strong>ol und Weizen gelten die im Kapitel 4.4.2 fürBiodiesel und Raps vorgetragenen Überlegungen. Auch hier ist das Preisverhältnis <strong>von</strong>Eth<strong>an</strong>ol zu Weizen <strong>von</strong> überragender Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit der Anlage,denn diese beiden Positionen dominieren die Erlös- bzw. Kostenseite mit weitem Abst<strong>an</strong>d(Tabelle 4.26). In der hier gewählten Konstellation arbeitet die Anlage mit einem deutlichenVerlust <strong>von</strong> ca. 6 Mio. € p. a. Dieses Ergebnis spiegelt die hohen Beschaffungskostenfür Rohstoffe wider, die nur teilweise durch die ebenfalls gegenüber 2006 gestiegenenErlöse aus dem Verkauf <strong>von</strong> DDGS kompensiert werden können. Aus diesem Grund sinddie weiter unten (Kapitel 4.4.3.3) <strong>an</strong>zustellenden Überlegungen <strong>zur</strong> internationalen Wettbewerbsfähigkeitder Eth<strong>an</strong>olproduktion und <strong>zur</strong> Weiterentwicklung des Zollschutzes <strong>von</strong>größter Bedeutung. Würde der in Tabelle 4.26 <strong>an</strong>gesetzte Preis für Eth<strong>an</strong>ol in Höhe <strong>von</strong>0,57 €/l im Falle einer Zollsenkung nicht mehr haltbar sein und beispielsweise auf 0,45 €/l9Neben Eth<strong>an</strong>ol werden bei der Fermentation jährlich etwa 190.000 t Kohlendioxid gebildet, welcheszuvor <strong>von</strong> den Pfl<strong>an</strong>zen aufgenommen wurde und mithin CO 2 -neutral ist. Bei einem unterstellten Einsatz<strong>von</strong> 675.000 t Weizen ergibt sich in der Massenbil<strong>an</strong>z ein Differenzbetrag <strong>von</strong> etwa 85.000 t. Dieserresultiert aus dem Umst<strong>an</strong>d, dass der Großteil des im Getreide enthaltenen Wassers bei der Rektifikationvom Alkohol getrennt wird.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 134sinken (das wäre immerhin noch das Doppelte der brasili<strong>an</strong>ischen Produktionskosten <strong>von</strong>Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Zuckerrohr), so würde die hier vorgestellte Anlage einen Verlust<strong>von</strong> ca. 30 Mio. € pro Jahr realisieren.Tabelle 4.26:Wirtschaftlichkeit der Weizen-Eth<strong>an</strong>ol-Anlage (200.000 t/a)Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseEth<strong>an</strong>olDDGSMenge 200.000 t251.889 m³1.488.664.987 kWh EtOHPreis 570 €/m³ 143.576.8260,096 kWh EtOHMenge 201.511 tPreis 160 €/t 32.241.814Summe Erlöse 698 €/m 3 175.818.6400,118 €/kWh EtOHVariable KostenWeizenMenge 675.063 tPreis 180 €/t 121.511.335482 €/m³0,082 €/kWh EtOHsonstige variable Kosten 199 €/m³ 50.055.952Summe variable Kosten 681 €/m 3 171.567.2870,115 €/kWh EtOHFixkostenInvestitionsvolumen 102.923.563 €Kapitalkosten 35 €/m³sonstige Fixkosten 8,17 €/m³Summe Fixkosten 43 €/m 3 10.806.9740,007 €/kWh EtOHSumme Kosten 724 €/m 3 182.374.2620,724 €/l0,123 €/kWh EtOHNettokosten 0,101 €/kWh EtOHUnternehmergewinn -26 €/m 3 -6.555.622-0,004 €/kWh EtOHQuelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 135Für die Erstellung der Energie- und Klimabil<strong>an</strong>zen wurde wie in den vorhergehenden Anlagenauf die Datenb<strong>an</strong>k GEMIS <strong>zur</strong>ückgegriffen. Die Energieversorgung dieser Anlageerfolgt mit Erdgas, wobei zu berücksichtigen ist, dass in Deutschl<strong>an</strong>d auch Anlagen aufBasis kostengünstiger Braunkohle betrieben werden. Ein solches Szenario verschlechtertdie CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z g<strong>an</strong>z erheblich und führt zu deutlich höheren CO 2äq -Vermeidungskostenals die im Folgenden ausgewiesenen. Für das Nebenprodukt DDGS erfolgte nach Maßgabedes Proteingehalts eine Gutschrift für substituiertes Soja (vgl. Kapitel 4.1).Im Vergleich zum Biodiesel (Tabelle 4.25) schneidet das Eth<strong>an</strong>ol-Verfahren (Tabelle4.27) auf dem Acker zunächst deutlich günstiger ab, weil (a) mit dem Weizen mehr Energievom Feld geholt werden k<strong>an</strong>n als mit dem Raps und (b) aufgrund der geringerenStickstoffdüngung auch niedrigere Emissionswerte erzielt werden. Bei der Konversiongeht dieser <strong>an</strong>fängliche Vorteil allerdings verloren, weil hier für die Rektifikation und dieTrocknung des DDGS sehr viel Energie aufgewendet werden muss, mit entsprechend ungünstigenWirkungen auch auf die Emissionsbil<strong>an</strong>z. Abweichend zu der hier betrachtetenAnlage ist auch eine Konzeption als Annex<strong>an</strong>lage <strong>an</strong> eine Zuckerfabrik denkbar. In diesemFall könnte die bei der Zuckerherstellung <strong>an</strong>fallende Wärme in der Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lageweiter verwertet werden und würde zu einer Verbesserung der Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zführen.Aus diesem Grund liegt der Netto-Energieertrag letztlich unterhalb des Wertes für Biodiesel.Die sehr niedrige CO 2äq -Vermeidung in Höhe <strong>von</strong> ca. 1,8 t CO 2äq /ha und die hohenCO 2äq -Vermeidungskosten <strong>von</strong> ca. 450 €/t CO 2äq lassen dieses Verfahren als Instrumentdes Klimaschutzes als wenig geeignet erscheinen.An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass bei der Verwendungder hier ausgewiesenen CO 2äq -Vermeidungskosten, Nettoenergieerträge, etc. in der weiterführendenArgumentation grundsätzlich Vorsicht geboten ist, denn abweichende technologischeVerfahren können ebenso wie abweichende Bil<strong>an</strong>zierungsmethoden zu erheblichenVeränderungen der Ergebnisse führen. So k<strong>an</strong>n allein die Verwendung eines <strong>an</strong>derenEnergieträgers für die Konversion bereits eine 50 %ige Erhöhung bzw. Reduzierung derCO 2äq -Emissionen verursachen. Auch die Verwendung <strong>von</strong> Gutschrift- oder Allokationsverfahren<strong>an</strong> Stelle des hier verwendeten Substitutions<strong>an</strong>satzes bei der CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungder Nebenprodukte können zu Abweichungen in der Größenordnung <strong>von</strong> 50 % führen(SCHMITZ, 2005: 122-127). Dennoch sind die hier vorgelegten Ergebnisse belastbar:Selbst wenn <strong>an</strong>dere Brennstoffe oder <strong>an</strong>dere Kalkulationsverfahren für die Nebenproduktezu einer Abweichung der Ergebnisse um 50 % oder mehr führen sollten, würde das hierkalkulierte Verfahren immer noch zu der Gruppe <strong>von</strong> Verfahren mit der ungünstigstenklimapolitischen Bewertung gehören.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 136Tabelle 4.27:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennziffern fürEth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Weizen (200.000 t/a)Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zCO 2äq -EmissionenkWh/ha kWh/kWh EtOH kg CO 2äq /kWh EtOH kg CO 2äq /haRohstoffproduktion 3.837 0,226 0,139 2.363Inputdarunter 765 0,045 0,012 206Diesel (67 l /ha) 2.060 0,121 0,065 1.100Stickstoff (146 kg/ha) 399 0,023 0,004 66Pfl<strong>an</strong>zenschutzmittel (5l/ha) 0,050 846direkte Lachgasemissionen FeldOutput Weizen (7,7 t/ha) 31.123 1,833KonversionInput 9.283 0,547 0,122 2.075darunterfür Prozesswärme 6.984 0,411 0,086 1.466für Elektrizität 2.072 0,122 0,032 546Output (kWh EtOH ) 16.980 1,000darunterGutschriftenGutschrift für Soja (0,106 kg/ kWh EtOH ) 2.710 0,160 0,044 748Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-Energieertrag (ohne Gutschriften)Netto-Energieertrag (incl. Gutschriften)CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen BenzinCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenNettokosten Eth<strong>an</strong>olKosten BenzinKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten (in €/t CO 2äq )SubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieKostendifferenz zu Benzinhöhere H<strong>an</strong>dlingskostenSumme SubventionenkWh EtOH /ha16.9803.8606.570kg CO 2äq /kWh EtOH0,2610,2170,3250,108€/kWh0,1010,0510,049459€/kWh0,0030,0490,0100,062Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1374.4.3.2 Eth<strong>an</strong>ol aus ZuckerrübenTechnisch ist es möglich, aus dem Zucker der Zuckerrübe Eth<strong>an</strong>ol zu gewinnen. DieseForm der Bioenergieproduktion spielt auch in Deutschl<strong>an</strong>d sowie in einigen <strong>an</strong>deren Mitgliedstaatender EU eine gewisse Rolle. Bisher kommen dabei vor allem so gen<strong>an</strong>nte „Annex-Anlagen“zum Einsatz, die <strong>an</strong> bestehende Zuckerfabriken <strong>an</strong>gegliedert werden. Einesolche Kombination hat den großen Vorteil, dass ein Zwischenprodukt aus der Zuckerproduktion– Dünnsaft – als Ausg<strong>an</strong>gsprodukt für die Eth<strong>an</strong>olgewinnung genutzt werdenk<strong>an</strong>n.Dünnsaft hat gegenüber dem Dicksaft den Vorteil, dass er mit geringerem Aufw<strong>an</strong>d <strong>an</strong>Konversionsenergie gewonnen werden k<strong>an</strong>n, und den Nachteil, dass er nur kurzfristig lagerfähigist. Die Erzeugung <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Dünnsaft k<strong>an</strong>n deshalb nur währendder Verarbeitungszeit <strong>von</strong> Zuckerrüben stattfinden. Herkömmliche Zuckerfabriken inWesteuropa arbeiten mit Kampagnen <strong>von</strong> drei bis max. vier Monaten. Folglich ist einesolche Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage darauf <strong>an</strong>gewiesen, in den <strong>an</strong>deren Jahreszeiten entweder Dicksaftoder aber Getreide zu verarbeiten.Die Kombination einer Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage mit einer herkömmlichen Zuckerfabrik bietet zahlreicheAnsatzstellen, um Synergien zwischen den beiden Anlagen zu nutzen (z. B. Mehrfachnutzung<strong>von</strong> Dampf). Hinzu kommt der betriebswirtschaftliche Vorteil für die Zuckerfabrik,auf diese Weise eine relativ attraktive Verwertung <strong>von</strong> Rüben <strong>an</strong>bieten zu können,die über die Quoten hinaus produziert wurden. Die Berücksichtigung derartiger Synergienk<strong>an</strong>n sich vorteilhaft auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage auswirken, hat aber fürdie Modellierung im Rahmen der vorliegenden Studie den Nachteil, dass zahlreiche zusätzlicheInformationen über Teile der Zuckerfabrik und die Verbindung zwischen beidenAnlagen erhoben werden müssten. Da dies den Rahmen der vorliegenden Studie gesprengthätte, wird auf eine eigenständige Kalkulation für diesen Anlagentyp verzichtet.Die <strong>von</strong> <strong>an</strong>deren Arbeitsgruppen vorgelegten Analysen <strong>zur</strong> Eth<strong>an</strong>olproduktion führen zuder Einschätzung, dass Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Zuckerrüben tendenziell ähnlich ungünstigabschneidet wie Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Getreide (Tabelle 4.28). Zu der Frage, wie umfassenddie oben <strong>an</strong>gesprochenen Synergieeffekte zwischen Zucker- und Eth<strong>an</strong>olfabriken indiesen Analysen berücksichtigt wurden, k<strong>an</strong>n hier aufgrund fehlender Information keineEinschätzung abgegeben werden. Lediglich hinsichtlich der CO2äq-Einsparungen proHektar ist die zuckerrübenbasierte Eth<strong>an</strong>olproduktion der Alternative Getreide deutlichüberlegen.Da die in Tabelle 4.28 zitierten Studien mit g<strong>an</strong>z unterschiedlichen Bezugsgrößen (z. B.kWh oder Fahrzeugkilometer) gearbeitet haben, stellen die hier skizzierten umgerechnetenWerte nur Näherungswerte dar. Besondere Vorsicht ist beim Vergleich der in Tabelle 4.28dokumentierten CO 2äq -Vermeidungskosten mit den in der vorliegenden Studie ausgewie-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 138senen Werten geboten, weil diese direkt <strong>von</strong> den Annahmen hinsichtlich (a) der Preise fürfossiles Benzin und (b) der Kosten der Eth<strong>an</strong>olproduktion und hier insbesondere <strong>von</strong> denunterstellten Rohstoffkosten abhängen. Da die zitierten Studien, die Aussagen zu denCO 2äq -Vermeidungskosten machen, mit Zahlen aus den Jahren 2006 und früher erstelltwurden, dürften diese unter Verwendung aktuell realistischer Zahlen zu deutlich höherenCO 2äq -Vermeidungskosten kommen. Um diesen Effekt <strong>an</strong>zudeuten, wurden in Tabelle4.28 die CO 2äq -Vermeidungskosten für Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Getreide ergänzt.Tabelle 4.28:Klimabil<strong>an</strong>z und CO 2äq -Vermeidungskosten für Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong>ZuckerrübenSchmitz EMPA JRC IFEU IECO 2äq -Emissionen Eth<strong>an</strong>ol kg/kWh EtOH 0,135 bis 0,271 0,115 0,21 - 0,325CO 2äq -Vermeidung kg/kWh EtOH 0,100 bis 0,236 0,215 0,105 0,107 bis 0,287 0,065CO 2äq -Vermeidung t/ha 7,2 5,2 - 3 – 11 -CO 2äq -Vermeidungskosten 1) €/t CO 2äq 290 (252) - 207 (239) - -1) In Klammern: Werte für Eth<strong>an</strong>ol auf Basis Getreide.Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis <strong>von</strong> Schmitz (2006), Schmitz (2005), JRC (2007), IFEU (2004) und IE (2007), Zah et al. (2007).4.4.3.3 Eth<strong>an</strong>ol aus ZuckerrohrDie deutsche Biokraftstoff-Politik ist prinzipiell so ausgestaltet, dass die Beimischungsverpflichtungsowohl durch inländisch erzeugte als auch durch importierte Biokraftstoffeerfüllt werden k<strong>an</strong>n. Welche Option sich wie stark durchsetzen wird, ist in erster Line eineFrage der Wettbewerbsfähigkeit. Derzeit wird der Wettbewerb zwischen den EU-St<strong>an</strong>dorten und Drittl<strong>an</strong>dst<strong>an</strong>dorten noch durch einen hohen Zollschutz beeinflusst; derhier maßgebliche EU-Einfuhrzoll für nicht-vergälltes Bioeth<strong>an</strong>ol beträgt 0,192 €/l. Es istallerdings da<strong>von</strong> auszugehen, dass dieser Schutz im Laufe der Zeit deutlich reduziert wird.Ob in Zukunft über die Umsetzung der Nachhaltigkeitsverordnung die Importe <strong>von</strong> Bioeth<strong>an</strong>olz. B. aus Brasilien signifik<strong>an</strong>t behindert werden, muss einstweilen offen bleiben.Immerhin hätte Zuckerrohr-Bioeth<strong>an</strong>ol gegenüber einheimischem Bioeth<strong>an</strong>ol den eindeutigenVorteil der wesentlich besseren CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z, sofern in beiden Fällen eine nachhaltigeFlächenbewirtschaftung erfolgt (siehe unten).Bei den Agrarpreisen, die bis 2006 vorherrschten, lagen die Produktionskosten für Bioeth<strong>an</strong>olin Europa bei 0,45 bis 0,50 €/l (HENNIGES, 2007), bei den in der vorliegenden Studieunterstellten erhöhten Agrarpreisen (180 €/t Weizen) liegen sie bei ca. 0,60 €/l (Tabelle4.26). Inländisch erzeugtes Bioeth<strong>an</strong>ol ist somit ohne politische Fördermaßnahmen gegenüberOttokraftstoffen, deren Marktpreis in dieser Studie mit 0,46 €/l <strong>an</strong>gesetzt wird,nicht konkurrenzfähig. Bei diesem Vergleich ist auch der deutliche Unterschied in denHeizwerten zu berücksichtigen (vgl. Tabelle 4.1). Ein Liter Eth<strong>an</strong>ol ersetzt nur ca. 0,65 l


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 139Benzin. Folglich liegt der Kostennachteil <strong>von</strong> inländisch erzeugtem Eth<strong>an</strong>ol gegenüberfossilem Benzin in der Größenordnung <strong>von</strong> 0,30 €/l Eth<strong>an</strong>ol.In vielen Ländern außerhalb der EU k<strong>an</strong>n die Eth<strong>an</strong>olproduktion auf Basis <strong>von</strong> Zuckerrohrzu deutlich geringeren Produktionskosten erfolgen. Der kostengünstigste Eth<strong>an</strong>olproduzentauf Basis <strong>von</strong> Zuckerrohr ist Brasilien. Die Vollkosten für unvergälltes, hydriertesbrasili<strong>an</strong>isches Eth<strong>an</strong>ol cif Rotterdam (ohne Zoll) betrugen beim „alten“ Agrarpreisniveau(2005/06) um die 0,20 €/l, wobei die Tr<strong>an</strong>sportkosten ungefähr 0,05 €/l 10 ausmachten(ISERMEYER et al., 2005: 108). Zwar hat das stark gestiegene Agrarpreisniveau inzwischenauch in Brasilien zu einer Erhöhung der Opportunitätskosten geführt, gleichwohl ist nachwie vor da<strong>von</strong> auszugehen, dass brasili<strong>an</strong>isches Eth<strong>an</strong>ol einen großen Kostenvorteil gegenübereuropäischem Eth<strong>an</strong>ol besitzt und (ohne politische Förderung) ungefähr Kostengleichheitmit konventionellem Benzin erreichen k<strong>an</strong>n. Andere flächenstarke Länder wiez. B. Australien oder Thail<strong>an</strong>d können Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Zuckerrohr ebenfalls wesentlichkostengünstiger erzeugen als die Europäische Union, allerdings nicht so kostengünstigwie Brasilien (HENNIGES, 2007: 102; SCHMIDHUBER, 2006).Der Kostenvorteil der zuckerrohrbasierten Eth<strong>an</strong>olproduktion <strong>an</strong> Überseest<strong>an</strong>dorten gegenüberder getreide- oder zuckerrübenbasierten Eth<strong>an</strong>olproduktion in Europa wird vorallem durch den energetisch sehr viel günstigeren Konversionsprozess verursacht. BeiVerwendung <strong>von</strong> Zuckerrohr wird die Prozessenergie aus dem Reststoff Bagasse gewonnen.Moderne Anlagen nutzen diese so effizient, dass es sogar möglich ist, einen Teil derBagasse <strong>zur</strong> Gewinnung elektrischer Energie zu verwenden und auf diese Weise zusätzlicheErlöse zu generieren, die mit steigenden Energiepreisen noch zunehmen.In der klimapolitischen Bewertung führt dieser Stromverkauf zu einer Gutschrift, da eineCO 2äq -Vermeidung im Vergleich <strong>zur</strong> herkömmlichen Stromproduktion erzielt wird. Dadurchergeben sich im Endeffekt negative CO 2äq -Vermeidungskosten, d. h. diese Optionist aus klimapolitischer Sicht sehr günstig zu bewerten. Die Netto-Energieerträge liegenbei über 32.000 kWh/ha und somit um ein Mehrfaches über den Netto-Energieerträgen,die sich mit der Eth<strong>an</strong>olproduktion in Europa erzielen lassen (SCHMITZ, 2006: 48).Ein weltweiter Abbau der Zollsätze für Eth<strong>an</strong>ol wird dazu führen, dass die in der EU installiertenEth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lagen unter einen verstärkten Wettbewerbsdruck durch die kostengünstigerproduzierenden Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lagen auf Zuckerrohr-Basis geraten. Dabei wird sichder Weltmarktpreis für Eth<strong>an</strong>ol jedoch, sol<strong>an</strong>ge der Erdölpreis auf hohem Niveau liegt,nicht <strong>an</strong> den niedrigen brasili<strong>an</strong>ischen Produktionskosten vor 2006 orientieren (s. o., ca.0,25 €/l), sondern in einem B<strong>an</strong>d liegen, dessen Untergrenze durch den (hohen) Benzin-10HENNIGES (2007: 118) weist Importkosten (cif Hamburg) in der Höhe <strong>von</strong> 0,28 €/l aus, wobei Tr<strong>an</strong>sportkostenin Höhe <strong>von</strong> 0,1 €/l berücksichtigt sind.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 140preis und dessen Obergrenze durch das Ausmaß der jeweiligen Subventionierung desEth<strong>an</strong>olverbrauchs bzw. durch die Verbreitung <strong>von</strong> verbindlichen Beimischungsquotenwie in Deutschl<strong>an</strong>d bestimmt wird. Unter der Annahme, dass es zu einer EU-weiten Beimischungsverpflichtung– d. h. zu einer starken, völlig preisunelastischen Ausdehnung derglobalen Nachfrage – kommt, wird die Obergrenze des zukünftigen Weltmarkpreises fürEth<strong>an</strong>ol in erster Linie vom Verlauf der Grenzkostenkurve in Brasilien und <strong>an</strong> den <strong>an</strong>derenkostengünstigen Produktionsst<strong>an</strong>dorten abhängen. Je stärker dort die Eth<strong>an</strong>olproduktionausgedehnt werden k<strong>an</strong>n, desto eher gerät die Eth<strong>an</strong>olproduktion in Deutschl<strong>an</strong>d unterDruck.Eine Qu<strong>an</strong>tifizierung dieser Zusammenhänge ist aus mehreren Gründen außerordentlichschwierig. Erstens werden im Szenario „hoher Erdölpreis“ die Produktionskosten für E-th<strong>an</strong>ol <strong>an</strong> allen St<strong>an</strong>dorten wesentlich höher liegen als in der Verg<strong>an</strong>genheit, weil die Agrarpreiseund damit die Rohstoffkosten für die Eth<strong>an</strong>olproduktion auf hohem Niveaugehalten werden (allerdings sind die verschiedenen Eth<strong>an</strong>ol-Produktionssysteme hier<strong>von</strong>unterschiedlich stark betroffen). Zweitens ist kaum abzuschätzen, wie viel Kapital in diesemSzenario in den Ausbau der Produktionskapazitäten für Eth<strong>an</strong>ol fließen wird, denndies hängt stark da<strong>von</strong> ab, wie die Investoren das künftige Energie- und Agrarpreisgefügebeurteilen. Drittens ist zu berücksichtigen, dass die Liberalisierung des Eth<strong>an</strong>olmarktesauch die USA betreffen würde, denn auch dort besteht bisher ein Zollschutz in der Größenordnung<strong>von</strong> 0,10 €/l (WEC, 2007: 338). Bei einer globalen Zollsenkung könnte eseinerseits dazu kommen, dass die Eth<strong>an</strong>olproduktion <strong>an</strong> den Zuckerrohrst<strong>an</strong>dorten so starkexp<strong>an</strong>diert, dass neben der EU-Produktion auch die US-Produktion unter Wettbewerbsdruckgeraten wird. Andererseits könnte – im Fall einer nur schwachen Exp<strong>an</strong>sion derZuckerrohrst<strong>an</strong>dorte – eine Liberalisierung des Eth<strong>an</strong>olmarktes aber auch dazu führen,dass die USA sich zu einem Eth<strong>an</strong>ol-Exporteur entwickeln und somit Teile der europäischenBeimischungspflichten mit US-Importen erfüllt werden.4.4.3.4 Eth<strong>an</strong>ol aus LignocelluloseDie Produktion <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol auf Basis <strong>von</strong> Lignocellulose hat bisher noch keinen Eing<strong>an</strong>gin die kommerzielle Energiewirtschaft gefunden, sie befindet sich noch im Entwicklungsstadium.Auch mittelfristig ist kaum damit zu rechnen, dass derartige Anlagen einen nennenswertenBeitrag <strong>zur</strong> europäischen Eth<strong>an</strong>olversorgung leisten werden. Eine Studie derInternationalen Energieagentur gel<strong>an</strong>gt zu der Einschätzung, dass auch bis zum Jahr 2030derartige Kraftstoffe wegen der zahlreichen technischen Herausforderungen, die noch gelöstwerden müssen, allenfalls ein Nischendasein führen (IEA, 2006b). Angesichts desfrühen Entwicklungsstadiums dieser Bioenergie-Linie sind alle Angaben bezüglich technischerund ökonomischer Parameter als sehr unsicher <strong>an</strong>zusehen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 141Wie oben dargestellt, basieren die derzeit kommerziell betriebenen Verfahren der Eth<strong>an</strong>olproduktionauf der Vergärung <strong>von</strong> Zucker oder Stärke. Da diese hochwertigen Pfl<strong>an</strong>zeninhaltsstoffeaber auch wertvolle Ausg<strong>an</strong>gsprodukte für Nahrungsmittel sind, kommtes bei einer <strong>Nutzung</strong> dieser Rohstoffe für die Bioenergie zu einer unmittelbaren Konkurrenzzwischen Bioenergie und menschlicher Ernährung. Bei der Eth<strong>an</strong>olproduktion ausLignocellulose besteht hingegen die Möglichkeit, auch solche Pfl<strong>an</strong>zenbest<strong>an</strong>dteile für dieProduktion <strong>von</strong> Biokraftstoffen nutzbar zu machen, die für die Nahrungsmittelproduktionwertlos sind. Dadurch können entweder Kuppelprodukte der Nahrungsmittel- oder derNutzholzproduktion für die Bioenergie nutzbar gemacht werden (z. B. Getreidestroh oderWaldrestholz), oder es eröffnet sich die Möglichkeit, durch eine Verbreiterung der Rohstoffbasisfür die Bioeth<strong>an</strong>olproduktion effizientere Anbau- und Konversionsverfahren zuerschließen (SCHMITZ, 2006: 51).Eine Verarbeitung <strong>von</strong> lignocellulosehaltigen Rohstoffen zu Eth<strong>an</strong>ol ist nur möglich,wenn zunächst in einem ersten Verfahrensschritt die l<strong>an</strong>gkettigen Cellulosemoleküle inGlukose und <strong>an</strong>dere Zuckerarten gespalten werden. Diese kurzkettigen Kohlenwasserstoffekönnen d<strong>an</strong>n in einem zweiten Verfahrensschritt zu Eth<strong>an</strong>ol fermentiert werden. Fürden ersten Verfahrensschritt kommen entweder ein Säureaufschluss oder ein enzymatischerAufschluss in Betracht (SCHMITZ, 2003: 82). Die aktuell in der Diskussion befindlichenAnlagen arbeiten aus wirtschaftlichen Gründen mit dem enzymatischen Aufschluss.Sie ähneln im Grundprinzip der Produktion <strong>von</strong> Bioeth<strong>an</strong>ol der 1. Generation. Es werdengenetisch veränderte Hefen eingesetzt, die Enzyme <strong>zur</strong> Vergärung schwer verdaulicherZuckerarten in Eth<strong>an</strong>ol produzieren.Das Investitionsvolumen einer 220.000 m³-Anlage <strong>zur</strong> Verarbeitung <strong>von</strong> Stroh ist wesentlichhöher als das einer vergleichbaren Eth<strong>an</strong>ol-Fabrik auf Basis <strong>von</strong> Weizen. Das imRahmen des Konversionsprozesses <strong>an</strong>fallende Lignin wird durch Verbrennung <strong>zur</strong> Dampferzeugungverwendet. Somit k<strong>an</strong>n die für den Prozess erforderliche Energie überwiegenddurch das im Stroh enthaltene Lignin gedeckt werden, was den Einsatz <strong>von</strong> fossiler Energiestark begrenzt und die Emissionsbil<strong>an</strong>z günstig beeinflusst (SCHMITZ, 2005: 92).Große Herausforderungen liegen allerdings neben der technischen Optimierung und derMarkteinführung industrieller Anlagen in der Logistikkette und in der Rohstoffversorgung.Für die Versorgung der gen<strong>an</strong>nten Anlage wären rund 800.000 t Stroh erforderlich,das ist ungefähr das Fünffache der Strohmenge, die für die Co-Verfeuerung in einemSteinkohlekraftwerk <strong>an</strong>gesetzt wurde (vgl. Kapitel 4.3). Hierfür müsste ein Liefergebietmit einem Radius <strong>von</strong> 50 bis 150 km erschlossen werden (SCHMITZ, 2005: 90). Die logistischenHerausforderungen für die Anlagenbetreiber wären somit erheblich, aber auch aufdie Politik würden aufgrund der Verkehrsbelastung im Umfeld der Anlagen neue Herausforderungenzukommen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 142Die geschätzte CO 2äq -Vermeidung wäre v. a. wegen des Verzichts auf fossile Energieträgerim Konversionsprozess deutlich höher als bei der Eth<strong>an</strong>olproduktion aus Getreide.Allerdings gibt es bezüglich der CO 2äq -Vermeidung und den daraus resultierenden CO 2äq -Vermeidungskosten extreme Unterschiede in der Literatur: Während SCHMITZ (2006: 75)bei unterstellten Rohölpreisen <strong>von</strong> 50 €/bbl Vermeidungskosten <strong>von</strong> mehr als 290 €/tCO 2äq ausweist, kommen JRC (2007: 65) bei gleichen Kosten für die fossile Referenz sogarauf negative Vermeidungskosten <strong>von</strong> -13 €/t CO 2äq . Allerdings basieren die zuletztgen<strong>an</strong>nten Kalkulationen auf unterstellten Kosten der Strohbeschaffung <strong>von</strong> 37 €/t freiAnlage. Dieser Wert dürfte auf Dauer und in der Breite der deutschen L<strong>an</strong>dwirtschaftdeutlich zu gering sein. Realistische Werte bewegen sich eher in der Größenordnung <strong>von</strong>60 €/t frei Feld, wie sie in der Anlage für die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh unterstellt wurden.Bei deutlich geringeren Tr<strong>an</strong>sportentfernungen wurden dort für den Tr<strong>an</strong>sport nocheinmal 29 €/t <strong>an</strong>gesetzt, so dass frei Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage eher Werte in der Größenordnung <strong>von</strong>90 €/t zu unterstellen sind.4.4.4 Biogas-Anlage <strong>zur</strong> Produktion <strong>von</strong> Kraftstoff (2,5 MW CH4 )Die Verwendung <strong>von</strong> Biogas im Kraftstoff-Segment ist gegenwärtig eine Option, die –abgesehen <strong>von</strong> einer Pilot<strong>an</strong>lage – in Deutschl<strong>an</strong>d wie auch in den meisten <strong>an</strong>deren Ländernder EU keine praktische Bedeutung hat. Lediglich in Schweden gibt es inzwischen 34T<strong>an</strong>kstationen, die einige tausend PKW mit Biogas versorgen, das aus Klärschlamm- undBioabfall<strong>an</strong>lagen gewonnen wird.Der Einsatz <strong>von</strong> Erdgas in Kraftfahrzeugen ist grundsätzlich geklärt und wird – <strong>an</strong>geregtdurch die im Vergleich zu Benzin und Diesel günstigere Besteuerung – auch zunehmendpraktiziert (vgl. Kapitel 2.3 und 3.3). Um Biogas für diese Verwertungsrichtung nutzbarzu machen, muss es auf Erdgasqualität aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist werden.Welche Herausforderungen hierbei zu bewältigen sind, wurde bei der Diskussion derDirekteinspeisung <strong>zur</strong> verbrauchsnahen Kraftwärmekopplung in Kapitel 4.3.4 bereits dargestellt.Die dortigen Feststellungen gelten auch für die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Biogas im Kraftstoffsektor.Die hier ausgewählte Anlage ist identisch mit der Anlage, die in Kapitel 4.3 im Zusammenh<strong>an</strong>gmit der Gaseinspeisung beschrieben wurde. Der einzige Unterschied besteht darin,dass das eingespeiste Biometh<strong>an</strong> hier im Kraftstoffsektor verwendet wird. Die Produktionskostenfür das eingespeiste Meth<strong>an</strong> belaufen sich auf knapp 0,08 €/kWh CH4 (Tabelle4.29). Das eingespeiste Biometh<strong>an</strong> ist steuerbefreit. Da jedoch das KonkurrenzproduktErdgas wegen eines deutlich reduzierten Mineralölsteuersatzes frei T<strong>an</strong>kstelle zum Preis<strong>von</strong> 0,058 €/kWh CH4 (entspricht 0,80 €/kg Meth<strong>an</strong>) <strong>an</strong>geboten wird, ist die Biometh<strong>an</strong>-Einspeisung für diesen Zweck derzeit nicht konkurrenzfähig. Es ergibt sich ein Verlust


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 143<strong>von</strong> ca. 0,02 €/kWh CH4 (vgl. Tabelle 4.29). Um diese Verwertung betriebswirtschaftlichrentabel zu gestalten, müsste der Gesetzgeber entweder ein Beimischungs- bzw. Verwendungsgebotfür Biometh<strong>an</strong> in diesem Bereich erlassen, Erdgas ebenso wie Mineralöl besteuernoder die Biogasverwendung im Kraftstoffsektor subventionieren.Tabelle 4.29: Wirtschaftlichkeit der Biogasnutzung als Kraftstoff (2,5 MW CH4 )Betriebswirtschaftliche Perspektive Einheit €/aErlöseStromMenge 1.363.391 kg/a1.899.448 m³/a18.937.500 kWh CH4 /aPreis 0,80 €/kgSumme Erlöse 0,058 €/kWh 1.090.713Variable KostenSilomaisMenge 20.192 t/aPreis 28 €/t 565.387Ernte, Tr<strong>an</strong>sport, Silierung 7,80 €/t 157.501Summe Kosten Silomais frei Anlage 35,80 €/t 722.8880,038 €/kWh CH4SchweinegülleMenge 2.000 t/aTr<strong>an</strong>sport Schweinegülle 1,5 €/t 3.0000,0002 €/kWh CH4sonstige variable Kosten 0,022 €/kWh CH4 412.765Summe variable Kosten 0,060 €/kWh CH 4 1.138.653FixkostenInvestitionsvolumen BG-Anlage 2.400.000 €Investitionsvolumen PSA-Verfahren 961.182 €Investitionsvolumen Einspeisung 333.084 €Kapitalkosten 0,017 €/kWh CH4 320.508sonstige Fixkosten 0,002 €/kWh CH4 31.878Summe Fixkosten 0,019 €/kWh CH 4 352.386Summe Kosten 0,079 €/kWh CH 4 1.491.039Unternehmergewinn -0,021 €/kWh CH 4 -400.326Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 144Technisch wäre es auch möglich, dass Biogas nur zu reinigen, aufzubereiten und über eigenszu errichtende T<strong>an</strong>kstellen zu vermarkten. Dieser Ansatz würde die Zahl der relev<strong>an</strong>tenSt<strong>an</strong>dorte deutlich einschränken, weil eine T<strong>an</strong>kstelle unbedingt verbrauchsnah positioniertsein muss. Außerdem würden in diesem Fall zwar die Investitionen in die Einspeisungentfallen – nicht die in die Reinigung und Aufbereitung – aber dafür würden erheblicheInvestitionen in die T<strong>an</strong>kstelle fällig. Per Saldo wäre ein deutlich höheres Investitionsvolumenzu erwarten, so dass das gesamte Verfahren noch weniger wirtschaftlich wäreals das hier vorgestellte Konzept.Im Vergleich zu den <strong>an</strong>deren Biokraftstoffvari<strong>an</strong>ten aus heimischer Erzeugung könntedies durchaus sinnvoll sein, denn die CO 2äq -Vermeidungskosten liegen mit ca. 170 €/tCO 2äq ähnlich wie beim Biodiesel (aus Raps) und wesentlich günstiger als beim Bioeth<strong>an</strong>ol(aus Weizen). Hierbei fällt auf, dass die CO 2äq -Vermeidungskosten bei der Direkteinspeisung<strong>von</strong> Biogas in der Kraftstoffvari<strong>an</strong>te wesentlich niedriger ausfallen als in derStrom-/Wärmevari<strong>an</strong>te (vgl. Tabellen 4.14 und 4.16). Ursache hierfür ist der Umst<strong>an</strong>d,dass die Biogas-Produktion gegenüber den (teuren) fossilen Kraftstoffen einen deutlichgeringeren Kostennachteil aufweist als gegenüber dem (billigen) fossilen Strom.In diesem Partialvergleich, der sich auf inländische Biokraftstoffe beschränkt, ist der hoheEnergiemengenertrag als besonderer Vorteil des Biogas-Kraftstoffs hervorzuheben. DieEnergieerträge je Hektar LF liegen sowohl brutto als auch netto mehr als doppelt so hochwie beim Biodiesel und beim Bioeth<strong>an</strong>ol, und gleiches gilt für die mengenmäßige CO 2äq -Vermeidung je Hektar, hier leistet die Option Biogas-Kraftstoff eine Reduktion der CO 2äq -Emissionen um ca. 6,7 t/ha. Wenn es gelänge, die Hektarerträge <strong>von</strong> Mais stärker als beiden <strong>an</strong>deren Ackerkulturen zu steigern (vgl. Kapitel 4.3.3) und den Meth<strong>an</strong>schlupf zuvermeiden (vgl. Kapitel 4.4.1), könnte dieser Vorteil künftig noch größer ausfallen. Dasspräche dafür, eine auf inländische Produktion orientierte Bio-Kraftstoffpolitik stärker aufBiogas als auf Biodiesel bzw. Bioeth<strong>an</strong>ol aus<strong>zur</strong>ichten.Zu <strong>an</strong>deren Politikempfehlungen gel<strong>an</strong>gt m<strong>an</strong> jedoch, wenn m<strong>an</strong> das Spektrum der Optionenweniger eng fasst. Im Vergleich <strong>zur</strong> Biokraftstoffproduktion in Übersee fallen nämlichdie Indikatoren des deutschen Biogas-Kraftstoffs sehr ungünstig aus, und auch iminländischen Vergleich fällt der Biogas-Kraftstoff gegenüber <strong>an</strong>deren <strong>Biomasse</strong>-Strategien(vor allem im Wärmebereich) deutlich ab. Das spricht dafür, die Biokraftstoffproduktioneher den Übersee-St<strong>an</strong>dorten zu überlassen und die deutsche <strong>Biomasse</strong>-Strategie stärkerauf den Wärmebereich aus<strong>zur</strong>ichten.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 145Tabelle 4.30:Energie- und klimapolitische sowie volkswirtschaftliche Kennziffernfür die Biogasnutzung als Kraftstoff (2,5 MW CH4 )Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungEnergiebil<strong>an</strong>zkWh/hakWh/kWh CH4CO 2äq -Emissionenkg CO 2äq /kWh CH4kg CO 2äq /haRohstoffproduktion 2.602 0,062 0,055 2.310InputdarunterDiesel (82 l /ha) 925 0,022 0,006 250Stickstoff (73 kg/ha) 1.016 0,024 0,013 543Ca-Düngung (580 kg/ha) 401 0,010 0,004 178direkte Lachgasemissionen Feld 0,031 1.284Output Mais (44,5 t/ha) 59.333 1,422KonversionInput 9.803 0,235 0,116 4.846darunterfür Elektrizität 2.122 0,051 0,013 560Bau Fermenter 3.176 0,076 0,016 667Elektrizität (Aufbereitung) 3.113 0,075 0,020 821Meth<strong>an</strong>verluste 0,055 2.295Output (kWh CH4 ) 41.734 1,000GutschriftenGutschrift für Güllelagerung (0,105 kg/ kWh CH4 ) 0,004 167Volkswirtschaftliche BetrachtungEnergieertragBrutto-EnergieertragNetto-Energieertrag (ohne Gutschriften)CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zCO 2äq -Emissionen (ohne Gutschriften)CO 2äq -Emissionen (mit Gutschriften)CO 2äq -Emissionen BenzinCO 2äq -VermeidungCO 2äq -VermeidungskostenNettokosten Biometh<strong>an</strong>Kosten BenzinKostendifferenzCO 2äq -Vermeidungskosten (in €/t CO 2äq )SubventionenLWS Energiepfl<strong>an</strong>zenprämieMineralölsteuerbefreiungSumme SubventionenkWh CH4 /ha41.73429.329kg CO 2äq /kWh CH40,1710,1670,3250,158€/kWh0,0790,0510,027173€/kWh0,0010,0730,074Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1464.4.5 Biomass-to-Liquid (BtL)Der Sammelbegriff BtL wird häufig für jene Verfahren <strong>zur</strong> Herstellung <strong>von</strong> Flüssigkraftstoffenbenutzt, die darauf abzielen, die g<strong>an</strong>ze Pfl<strong>an</strong>ze für die Kraftstoffherstellung zunutzen. Diese Verfahren haben im Vergleich zu den Biokraftstoffen der ersten Generationdas Potenzial, (a) einen höheren Kraftstoffertrag je Hektar zu erzielen und (b) ein breitesRohstoffspektrum nutzen zu können (GRÜNWALD, 2006).Diese Definition trifft zum einen auf die Erzeugung <strong>von</strong> Bioeth<strong>an</strong>ol aus lignocellulosehaltigenMaterialien zu, die bereits bei der Darstellung der Verfahren <strong>zur</strong> Eth<strong>an</strong>ol-Erzeugungbeschrieben wurde (Kapitel 4.4.3). Das zweite im engeren Sinne als BtL bezeichnete Verfahren,auf das nachfolgend eingeg<strong>an</strong>gen werden soll, basiert auf der Herstellung <strong>von</strong>Synthesegas aus <strong>Biomasse</strong>, welches d<strong>an</strong>n in weiteren Prozessschritten zu verschiedenenKraftstoffen weiterverarbeitet werden k<strong>an</strong>n. Die Möglichkeit, das Endprodukt gezielt aufdie Bedürfnisse der Motoren ausrichten und somit „Designerkraftstoffe“ herstellen zukönnen, lässt das BtL-Verfahren auf Basis <strong>von</strong> Synthesegas aus Sicht der Motorenherstellerbesonders vielversprechend erscheinen.Die BtL-Produktion umfasst vier wesentliche Prozessschritte: die <strong>Biomasse</strong>konditionierung(Pyrolyse), die Vergasung, die Gasaufbereitung und die Synthese des gewünschtenKraftstoffs. Im Einzelnen gibt es dabei aber eine große Anzahl verschiedener Verfahrensvari<strong>an</strong>ten.Viele Teilschritte sind für sich gesehen bereits technologisch durchgeführtworden, <strong>an</strong>dere befinden sich noch in der Entwicklung. Eine großtechnische Synthesegasherstellungaus <strong>Biomasse</strong> mit <strong>an</strong>schließender Konversion zu Kraftstoffen wurde aber bishernoch nicht realisiert. Insofern bestehen bezüglich der technischen, energetischen undwirtschaftlichen Parameter noch erhebliche Unsicherheiten. Zu beachten ist auch, dasssich der bisherige Wissensst<strong>an</strong>d <strong>zur</strong> <strong>Biomasse</strong>vergasung im Wesentlichen auf die Vergasung<strong>von</strong> Holz bezieht. Die Vergasung halmgutartiger <strong>Biomasse</strong> stellt aufgrund der <strong>an</strong>dersartigenZusammensetzung eine größere technologische Herausforderung dar (GRÜN-WALD, 2006).Experten gehen da<strong>von</strong> aus, dass es wegen der noch zu bewältigenden technischen Herausforderungenin den nächsten 15 Jahren nicht zu einer nennenswerten Durchdringung desKraftstoffmarktes mit BtL-Kraftstoffen kommen wird (IEA, 2006b). Andererseits soll imJahr 2008 die Beta-Anlage der Firma Choren in Betrieb gehen und einen jährlichen Ausstoß<strong>von</strong> 15.000 t Fischer-Tropsch (FT) Diesel haben.Die wichtigsten Hemmnisse für die großtechnische Realisierung mit einem Kraftstoffausstoß<strong>von</strong> über 100.000 t sind der sehr hohe Investitionsbedarf <strong>von</strong> mehreren MilliardenEuro für eine die Konversions<strong>an</strong>lage sowie die logistische Bewältigung der Rohstoffzufuhr.Als Rohstoff kommt grundsätzlich eine sehr breite Produktpalette einschließlich


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 147zahlreicher Reststoffe und Nebenprodukte in Betracht. Für den kommerziellen Betriebzeichnet sich jedoch eine Konzentration auf lignocellulosereiche und trockene <strong>Biomasse</strong>trägerab. Hier sind in erster Linie Stroh, Waldrestholz, G<strong>an</strong>zpfl<strong>an</strong>zengetreide, Heu,schnellwachsender Baumarten oder Misc<strong>an</strong>thus zu nennen. Das Verfahren ist nicht aufeinzelne Pfl<strong>an</strong>zenarten <strong>an</strong>gewiesen. Es k<strong>an</strong>n auch mit der <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Steinkohle (alsEnergieträger) kombiniert werden.Um die Wettbewerbsfähigkeit <strong>von</strong> BtL-Kraftstoffen abzuschätzen, wurde im Auftrag derDeutschen Energie Agentur GmbH (dena) und mit Mitteln der FNR sowie führender Automobil-und Kraftstoffproduzenten inklusive der in der Entwicklung <strong>von</strong> BtL-Kraftstoffen aktiven Firmen Lurgi und Choren eine Realisierungsstudie 11erstellt. DieseStudie selbst wurde nicht veröffentlicht, die dena hat lediglich eine Zusammenfassung derwesentlichen Ergebnisse publiziert, so dass eine detaillierte, wissenschaftliche Nachvollziehbarkeitder Zahlen nicht gegeben ist. Es wurden Anlagen in der Größenordnung miteiner jährlichen Gesamtproduktion <strong>von</strong> gut 110.000 t Kraftstoff untersucht. Neben FT-Diesel fallen bei der Produktion 10 bis 40 % Naphtha <strong>an</strong>, das ähnliche Eigenschaften wieBenzin aufweist und somit ein zu vermarktendes Nebenprodukt darstellt (DENA, 2006: 13).Zur Herstellung dieser Kraftstoffmenge, die g<strong>an</strong>z grob dem Energieäquivalent der obenskizzierten Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage entspricht, wird ca. 1 Mio. t <strong>Biomasse</strong> benötigt. Das wäre ungefährdie achtfache Menge dessen, was bei der Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh bzw. Hackschnitzelnin Kraftwerken in Kapitel 4.3.6 eingesetzt würde; der entsprechende Flächenbedarfbeträgt ca. 100.000 ha (Hackschnitzel) bzw. 160.000 ha (Stroh). Ursache für diesensehr hohen Rohstoffbedarf ist der Umst<strong>an</strong>d, dass das Verfahren sehr energieaufwendig ist.Und dieser Energiebedarf wird aus der vergleichsweise wenig energiereichen <strong>Biomasse</strong>gedeckt, so dass der hohe Massebedarf entsteht. Da fraglich ist, ob derartige Rohstoffmassenmit vertretbarem Aufw<strong>an</strong>d über große Dist<strong>an</strong>zen <strong>zur</strong> Produktions<strong>an</strong>lage tr<strong>an</strong>sportiertwerden können, wird im Rahmen einer Pilot<strong>an</strong>lage des Forschungszentrums Karlsruhe mitMitteln der FNR ein absätziges Verfahren erprobt, bei dem die Erfassung des Agrarrohstoffsund der erste Verarbeitungsschritt dezentral erfolgt. Der dabei entstehende verdichteteRohstoff wird Slurry gen<strong>an</strong>nt, der d<strong>an</strong>n per LKW oder Bahn <strong>an</strong> die zentrale Anlagegeliefert wird, wo die eigentliche Vergasung und Weiterverarbeitung zu FT-Diesel stattfindet.121112Folgende Firmen haben die Studie erarbeitet: Ludwig Bölkow Systemtechnik, Fichtner GmbH & Co.KG, Rödl & Partner sowie die NORD/LB.Einzelheiten zu dem <strong>von</strong> Prof. Dinjus geleiteten Projekt sind unter folgender Anschrift im Internetnachzulesen: http://www.fzk.de/fzk/idcplg?IdcService=FZK&node=3660


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 148Neben den Investitions- und Tr<strong>an</strong>sportkosten haben natürlich auch beim BtL-Verfahrendie <strong>Biomasse</strong>kosten einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit. Für die dena-Studie wurde ein breites Spektrum <strong>an</strong> Rohstoffen unterstellt, dessen Kosten je nach <strong>Biomasse</strong>artzwischen 21 und 180 €/t Trockenmasse (TM) betragen. Für den Großteil derRohstoffe wurde <strong>von</strong> Beschaffungskosten <strong>von</strong> weniger als 60 €/t frei Feldlager ausgeg<strong>an</strong>gen(DENA, 2006: 8). Diese Annahme ist <strong>an</strong>gesichts der benötigten Rohstoffmenge und<strong>an</strong>gesichts der erwartbaren Preistendenzen bei Holz aus Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen als wenigrealistisch <strong>an</strong>zusehen.Große Synergieeffekte bietet die Integration einer BtL-Anlage in einen bestehenden Raffinerie-oder Chemiest<strong>an</strong>dort, da auf diese Weise die Investitionskosten um bis zu 25 %sinken (DENA, 2006: 12). Für diesen Fall rechnen die Autoren der dena-Studie mit Produktionskosten<strong>von</strong> 0,88 €/l FT-Diesel. Bei Ausschöpfung künftiger Optimierungspotenzialegehen sie <strong>von</strong> weniger als 0,80 €/l aus (DENA, 2006: 14). Abschätzungen <strong>von</strong> LEIBLE et al.(2007: 88) ergaben für eine Anlage mit einer Jahresproduktion <strong>von</strong> 0,2 Mio. t BtL Produktionskosten<strong>von</strong> rd. 1,0 €/l; für eine Anlage mit 1,0 Mio. t BtL pro Jahr resultierten rd.0,9 €/l BtL. Die <strong>von</strong> GRÜNWALD (2006) zitierte Studie „clear views on cle<strong>an</strong> fuels“ ausdem Jahr 2005 kommt für das Szenario „Anbaubiomasse“ zu geschätzten Produktionskosten<strong>von</strong> 1,00 bis 1,30 €/l FT-Diesel, bei der Verwendung <strong>von</strong> Reststoffen liegt das Kostenniveauca. 20 % niedriger. SCHMITZ (2006) geht <strong>von</strong> Herstellungskosten in der Größenordnung<strong>von</strong> ca. 1,01 €/l aus; bei IFEU (2004) reichen die Schätzungen <strong>von</strong> 0,54 bis1,51 €/l. Die Energiedichte <strong>von</strong> BtL ist mit 33,5 MJ/l nur geringfügig niedriger als die <strong>von</strong>Diesel, so dass 1 Liter BtL-Kraftstoff 0,97 l Diesel ersetzen k<strong>an</strong>n.Die <strong>von</strong> den verschiedenen Studien projektierten Produktionskosten liegen somit überwiegend– teilweise sehr deutlich – über denen <strong>von</strong> Biodiesel (vgl. Kapitel 4.2). Dabei istallerdings zu berücksichtigen, dass Biodiesel mit Blick auf die Kraftstoffqualität und diezunehmenden emissionsrechtlichen Anforderungen eher mit einem Malus zu versehen ist,während BtL diesbezüglich eher einen Bonus erhalten würde, weil die Zusammensetzungdes Kraftstoffs zielgerichtet modifiziert werden k<strong>an</strong>n („Designer-Kraftstoff“). Angesichtsder teilweise recht optimistischen Annahmen hinsichtlich der Rohstoffpreise und der immensenHerausforderungen hinsichtlich der Rohstoffproduktion und -logistik ist es insgesamtdennoch fraglich, ob eine großtechnische Anlage in Deutschl<strong>an</strong>d rentabel zu führenwäre. Bessere Aussichten für eine wettbewerbsfähige Herstellung <strong>von</strong> BtL-Synthesekraftstoffhätten vermutlich Überseest<strong>an</strong>dorte, die Holz in Großpl<strong>an</strong>tagen erzeugen können.Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und die Markteinführung zu beschleunigen, istdie BtL-Verwendung in Deutschl<strong>an</strong>d bis 2015 <strong>von</strong> der Mineralölsteuer befreit.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 149Bezüglich des CO 2äq -Minderungspotenzials und der CO 2äq -Vermeidungskosten gibt esbisher kaum Schätzungen, die sich auf die Produktion <strong>von</strong> FT-Diesel auf Basis l<strong>an</strong>dwirtschaftlicherRohstoffe (Hackschnitzel aus KUP; Stroh) beziehen (GRÜNWALD, 2006).Nach Berechnung <strong>von</strong> SCHMITZ beläuft sich das CO 2äq -Minderungspotenzial auf etwa0,270 kg CO 2äq /kWh (SCHMITZ, 2006: 74). Allerdings dürften nach bisherigen Schätzungendie CO 2äq -Vermeidungskosten trotz der relativ hohen Vermeidung und der geringenRohstoffkosten mit 280 €/t CO 2äq vergleichsweise hoch ausfallen (ebenda); Ursache dafürsind die sehr hohen Investitionsvolumina und daraus resultierende Kapitalkosten. DasIFEU (2004) weist für BtL eine Sp<strong>an</strong>nbreite bei der CO 2äq -Minderung <strong>von</strong>0,221 kg CO 2äq /kWh bis 0,288 kg CO 2äq /kWh aus. Die sich daraus ergebenden CO 2äq -Vermeidungskosten liegen unter Verwendung der in dieser Studie festgelegten Referenzpreisein der Größenordnung <strong>von</strong> 49 €/t CO 2äq bis 375 €/t CO 2äq . Berechnungen <strong>von</strong>LEIBLE et al. (2007: 90) ergeben für unterschiedliche Anlagengrößen (500 bis 5.000 MW)bei der Verwendung <strong>von</strong> Waldrestholz oder Stroh CO 2äq -Vermeidungskosten <strong>von</strong> 230 bis330 €/t CO 2äq .Als Fazit lässt sich festhalten, dass die CO 2äq -Vermeidungspotenziale grundsätzlich erheblichwären, dass aber die Kosten bei einer inländischen Produktion – selbst bei sehr optimistischenAnnahmen – so hoch lägen, dass diese Option nach derzeitigem Kenntnisst<strong>an</strong>daus klimapolitischer Sicht wenig effizient erscheint. Die Frage, welche Kostensenkungspotenzialebei <strong>Nutzung</strong> kostengünstigerer und produktiverer St<strong>an</strong>dorte im Ausl<strong>an</strong>d erschlossenwerden könnten, k<strong>an</strong>n im Rahmen der vorliegenden Studie nicht untersuchtwerden.4.5 Vergleichende Bewertung der Bioenergie-LinienZiel dieses Kapitels ist es, eine vergleichende Beurteilung der verschiedenen Bioenergie-Linien vorzunehmen. Dazu werden zunächst noch einmal die wesentlichen Charakteristikader untersuchten Anlagen sowie die wichtigsten Analyseergebnisse zusammenfassendgegenübergestellt. Dabei erfolgt auch ein Abgleich mit den Ergebnissen <strong>an</strong>derer Studien,um die eigenen Ergebnisse einordnen zu können.Anschließend wird untersucht, wie die Ergebnisse auf eine Variation wichtiger Parameterreagieren. Hierbei ist besonders die Variation der Preise für agrarische Rohstoffe und fürfossile Energieträger interess<strong>an</strong>t. In einem letzten Schritt werden die Konsequenzen einerModifikation wesentlicher technischer Parameter und Anlagenkonfigurationen ermitteltund diskutiert.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1504.5.1 Synopse der technischen Charakteristika für die untersuchtenAnlagenIn Tabelle 4.31 sind zunächst die wichtigsten technischen Charakteristika der hier exemplarischuntersuchten Anlagetypen zusammengetragen. Dabei sind folgende Merkmaleund Unterschiede hervorzuheben:– Die ausgewählten typischen Anlagen sind insbesondere hinsichtlich ihrer Kapazität(KW el bzw. KW th ) sehr unterschiedlich. Während die reine Wärmeproduktion in vergleichsweisesehr kleinen Anlagen erfolgt (ab 60 kW), findet die Biogasproduktion<strong>an</strong>nahmegemäß in – verglichen mit <strong>an</strong>deren Alternativen - mittleren Anlagen statt.Die mit Abst<strong>an</strong>d größten Anlagen <strong>zur</strong> Stromproduktion werden im Fall der Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh bzw. Hackschnitzeln unterstellt (50 MW el .).– Diese Unterschiede in der Leistung schlagen sich auch in der Höhe der erforderlichenInvestitionsvolumina nieder. Sie reichen <strong>von</strong> ca. 50.000 € für die Getreideheizung ü-ber Biogas<strong>an</strong>lagen im niedrigen einstelligen Millionenbetrag bis hin zu der Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lagemit einem Investitionsbedarf <strong>von</strong> über 100 Mio. €.– Große Unterschiede weisen die Anlagen auch hinsichtlich des Flächenbedarfs für denAnbau der Energiepfl<strong>an</strong>zen und damit hinsichtlich der Anforderungen <strong>an</strong> die simult<strong>an</strong>eOptimierung <strong>von</strong> Produktion und Logistik auf. Getreide- und Hackschnitzel-Heizung sowie die Biogas<strong>an</strong>lagen haben – verglichen mit den Alternativen – jeweilsnur einen geringen Flächenbedarf <strong>von</strong> 5 bis 460 ha. Demgegenüber hat die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Hackschnitzeln mit ca. 12.500 ha einen wesentlich größeren Flächenbedarffür die Beschickung der Anlage. Den weitaus größten Flächenbedarf habendie skizzierte Biodiesel-Anlage (ca. 42.000 ha), und die Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage auf Basis<strong>von</strong> Weizen (ca. 88.000 ha), wobei hier zu berücksichtigen ist, dass die Rohstoffe guttr<strong>an</strong>sportabel und gegebenenfalls kostengünstig über weite Dist<strong>an</strong>zen her<strong>an</strong>geschafftwerden können. Die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh hat mit ca. 80.000 ha ebenfalls einenenormen Flächenbedarf, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass hierbei keineKonkurrenz mit <strong>an</strong>deren <strong>Nutzung</strong>sformen vorliegt, sondern das Stroh als Nebenprodukt<strong>an</strong>fällt.Die im Rahmen der vorliegenden Studie ermittelten Kennzahlen <strong>zur</strong> ökonomischen undklimapolitischen Beurteilung der verschiedenen Bioenergie-Linien sind der Tabelle 4.32zu entnehmen. Auf diese Ergebnisse wird im weiteren Verlauf des Kapitels noch nähereingeg<strong>an</strong>gen. Zunächst soll jedoch ein Abgleich mit Ergebnissen <strong>an</strong>derer Studien erfolgen,um eine bessere Grundlage für die Belastbarkeit der qu<strong>an</strong>titativen Ergebnisse zu erl<strong>an</strong>gen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 151Tabelle 4.31: Wesentliche technische Charakteristika der untersuchten Bioenergie-AnlagenEinheitWärmeproduktion StromproduktionStrom- und Wärmeproduktion(KWK-Anlagen)KraftstoffproduktionRohstoffbasis Weizen Hack- Silomais/ Stroh Hack- Gülle Silomais/ Silomais/ Hack- Weizen Raps Silomaisschnitzel Gülle schnitzel Gülle Gülle schnitzelRohstoffbedarf 3) 1.000 t FM p.a. 0,042 0,42 10,4 SM 1) 148 206 21,1 SG 2) 10,4 SM 1) 20,4 SM 1) 7,2 675 251,2 20,1 SM 1)GetreideheizungHackschnitzelheizungBiogas Stroh Co- Hack- Biogas-Gülle Biogas Biogas Hack- Eth<strong>an</strong>ol Biodiesel Biogas(Strom) Verbrennung schnitzel Co- (Strom & (Strom & (Einsp.) schnitzelVerbrennung Wärme) Wärme) KWKLeistung kW th bzw kW el 60 400 500 50 MW 50 MW 150 500 1000 5001 SG 2) 1 SG 2) 2 SG 3) 2 SG 3)Flächenbedarf ha 5,5 25 234 (80.700) 4) 12.500 n.a. 234 454 440 87.671 67.904 -Auslastung/Vollaststunden (h/a) 2.333 2.627 7.500 5.000 5.000 7.500 7.500 7.500 6.186 8.000 8.000 7.500Wärmeproduktion MWh th /a 140 994 - - - 131 1.174 5.965 15.000 - - -Stromproduktion MWh el /a - - 3.750 250.000 250.000 1.125 3.750 7.500 3.093 - - -Kraftstoffproduktionm³/a 251.889 112.360 1.899.448- - - - - -- -MWh/a 1.488.665 1.033.034 18.938Investitionsvolumen 1.000 € 47 489 1.500 20.900 20.500 446 1.666 4.094 3.636 102.924 40.000 3.709-1) Silomais, 2) Schweinegülle, 3) Einzelheiten zu Preisen und Brennwerten der Rohstoffe siehe Tabelle 4.1, 4) Fläche wird nicht benötigt, da Stroh als Nebenprodukt der Getreideproduktion <strong>an</strong>fällt.n.a.: Nicht ausgewiesen.Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 152Tabelle 4.32: Wesentliche Ergebnisse der untersuchten Bioenergie-Linien im ÜberblickEinheitWärmeproduktionStromproduktion Sle Biogas Biogas Hacktrom-und Wärmeproduktion(KWK-Anlagen)KraftstoffproduktionGetreideheizungHack-schnitzel-heizungBiogas(Strom)Stroh Co-VerbrennungHackschnitzelCo-VerbrennungBiogas-Gül(Strom &Wärme)(Strom & (Einsp.) schnitzelWärme) HKWEth<strong>an</strong>ol Biodiesel BiogasProduktionskosten €/kWh 0,106 0,082 0,186 0,096 0,114 0,104 0,167 0,183 0,094 0,101 0,072 0,079Erlöse €/kWh 0,085 0,085 0,161 0,002 0,002 0,180 0,193 0,224 0,467 0,118 0,108 0,058Anteil ldw. Rohstoffkosten<strong>an</strong> Produktionskosten % 51 35 54 46 43 0 52 43 45 67 81 4 9CO 2äq -Vermeidung (brutto) kg CO2äq/kWh 0,159 0,247 0,385 0,963 0,909 0,518 0,374 0,212 0,446 0,064 0,092 0,158CO 2äq -Vermeidung (netto) kg CO 2äq /kWh 0,159 0,247 0,385 0,963 0,909 1,249 0,475 0,453 1,857 0,108 0,162 0,158CO 2äq -Vermeidung (t CO2äq/ha) 4,0 9,7 6,2 3,0 18,2 n.a. 7,6 7,5 13,1 1,8 2,5 6, 7CO 2äq -Vermeidungskosten €/t CO 2äq 130 -11 378 45 68 52Subvention pro t CO 2äq -Vermeidung €/t CO 2äq 45 29 323 0 0 107Subventionen €/kWh 0,007 0,007 0,124 0,000 0,002 0,134267 316 29 459 175 173277 325 94 578 193 4680,131 0,147 0,174 0,062 0,031 0,07410.432 5.399 3.837 3.860 6.134 29.3215.455 18.546 34.328 6.570 11.552 29.32Netto-Energieertrag [ohne Gutschrift] kWh/ha 18.626 34.785 10.487 n.a. 16.534 n.a. 9Netto-Energieertrag [mit Gutschrift] kWh/ha 18.626 34.785 10.487 n.a. 16.534 n.a. 9n.a.: Nicht ausgewiesen.Quelle: Eigene Berechnugen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1534.5.2 Vergleichende Beurteilung der <strong>an</strong>alysierten Bioenergie-LinienDer Vergleich über alle Bioenergie-Linien und Beurteilungsindikatoren hinweg hat gezeigt,dass sich die verschiedenen Bioenergie-Linien besonders stark hinsichtlich des Netto-Energieertragssowie hinsichtlich der CO 2äq -Vermeidungskosten unterscheiden (Tabelle4.32).Die Unterschiede hinsichtlich der Produktionskosten sind zwar mit ca. 100 % ebenfallshoch, allerdings deutlich niedriger als die Unterschiede hinsichtlich der gen<strong>an</strong>nten klimapolitischenBeurteilungsindikatoren.Im Folgenden werden die Ergebnisse zu den wichtigsten Beurteilungsindikatoren vergleichendgegenübergestellt.4.5.2.1 Vergleich der CO 2äq -VermeidungskostenDie CO 2äq -Vermeidungskosten der hier <strong>an</strong>alysierten Bioenergie-Linien werden in Abbildung4.6 zusammengefasst, wobei neben den eigenen Ergebnissen (Balken) auch dieStreubreite der Ergebnisse <strong>an</strong>derer Untersuchungen eingetragen ist (Linie). Bei den Ergebnissender <strong>an</strong>deren Untersuchungen wurden, soweit vorh<strong>an</strong>den, direkt die <strong>von</strong> Drittenermittelten CO 2äq -Vermeidungskosten verwendet. In jenen Fällen, in denen die Publikationennur die CO 2äq -Emissionen bzw. nur die CO 2äq -Vermeidung ausweisen, wurde unterVerwendung der in dieser Studie verwendeten Kosten<strong>an</strong>nahmen für Bioenergie-Liniensowie fossile Referenzen ein Wert für die CO 2äq -Vermeidungskosten errechnet.Folgende Ergebnisse sind hervorzuheben:– Für ein- und dieselbe Bioenergie-Linie variieren die in der Literatur ausgewiesenenCO 2äq -Vermeidungskosten. Eine besonders große Variation ist bei den Biokraftstoffenfestzustellen, für die auch besonders viele Untersuchungen vorliegen.– Unbeschadet dieser Variation innerhalb der Linien lassen sich aber drei Gruppen <strong>von</strong>Bioenergie-Linien identifizieren, die hinsichtlich der CO 2äq -Vermeidungskosten klar<strong>von</strong>ein<strong>an</strong>der abgrenzbar sind und somit aus klimapolitischer Sicht unterschiedlichgünstig zu beurteilen sind.– In die günstigste Gruppe fallen die Hackschnitzel-Heizung, das Hackschnitzel-HKW,die güllebasierte Biogas<strong>an</strong>lage sowie die beiden Co-Verbrennungsoptionen. In dieserGruppe liegen die CO 2äq -Vermeidungskosten bei 50 €/t CO 2äq , teilweise werden sogarnegative CO 2äq -Vermeidungskosten erreicht.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 154– Die mittlere Gruppe umfasst die Getreideheizung sowie Biodiesel und Biogas alsKraftstoff. Hier liegen die CO 2äq -Vermeidungskosten in einer Größenordnung <strong>von</strong>100 bis 200 €/t CO 2äq , also ungefähr zwei- bis dreimal so hoch wie bei den Bioenergie-Linienin der ersten Gruppe. Das heißt, für jeden Euro, den die Gesellschaft mitdem Ziel des Klimaschutzes in diese Bioenergie-Linien investiert, könnte sie beiKonzentration auf die erste Gruppe die zwei- bis dreifache Menge <strong>an</strong> Klimaschutz erzielen.– In der ungünstigsten Gruppe befinden sich die silomaisbasierten Biogas<strong>an</strong>lagen <strong>zur</strong>Strom- und Wärmeproduktion sowie – nochmals mit deutlichem Abst<strong>an</strong>d - die Biogas<strong>an</strong>lagenohne Verwertung der <strong>an</strong>fallenden Wärme sowie die Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage auf Basis<strong>von</strong> Weizen. Während bei den Biogas<strong>an</strong>lagen der sehr große Abst<strong>an</strong>d zwischenden Produktionskosten und den Kosten herkömmlicher Stromproduktion den Ausschlaggibt, ist es beim Eth<strong>an</strong>ol die sehr geringe CO 2äq -Einsparung <strong>von</strong> lediglich gut0,100 kg/kWh.– Ersetzt m<strong>an</strong> die in dieser Studie erzielten Ergebnisse (Balken) durch die in der Literaturausgewiesenen Ergebnisse (Linien), zeigt sich ein ähnliches Bild. Das heißt: Diehier ausgewiesene Gruppeneinteilung und die daraus resultierende klimapolitischeBeurteilung haben auch d<strong>an</strong>n Best<strong>an</strong>d, wenn mit abweichenden Annahmen gerechnetwird.Abbildung 4.6:CO 2äq -Vermeidungskosten ausgewählter Bioenergie-Linien€/t CO 2äq8007006005004003002001000-100Hack-Getreideschnitzel-HeizungHeizungMax aus <strong>an</strong>deren StudienMin aus <strong>an</strong>deren StudienEigene BerechnungenBiogas/Gülle(Strom &Wärme)Biogas(Strom)Biogas(Strom &Wärme)Biogas(Einspeisung)Hack-schnitzel-HKWStrohCo-VerbrennungHackschnitzelCo-VerbrennungBiodieselEth<strong>an</strong>ol(Weizen)Wärme Strom & KWK Kraftstoffe1.700Biogas(Kraftstoff)Quelle: Eigene Berechnungen, ergänzt nach Quirin et al. (2004), Specht (2003), Schmitz (2006), Leible et al. (2007), Weiske et al. (2007),Kalies et al. (2007), JCR (2007), Zah et al. (2007).


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1554.5.2.2 Vergleich der FlächenproduktivitätDie Flächenproduktivität der Bioenergie-Linien ist vor allem d<strong>an</strong>n ein relev<strong>an</strong>tes Beurteilungskriterium,wenn die Politik mit der Förderung der Bioenergie einen möglichst hohenBeitrag <strong>zur</strong> Energieversorgung leisten möchte und die hierfür verfügbare Fläche begrenztist.Abbildung 4.7 fasst die Netto-Energieerträge der verschiedenen Bioenergie-Linien zusammen,ausgedrückt in kWh/ha. Bei der Ermittlung der Netto-Energieerträge wird derEnergieaufw<strong>an</strong>d, der in die Produktion der agrarischen Rohstoffe und ihre Konversiongeflossen ist, vom Brutto-Energieertrag abgezogen, und es werden – soweit relev<strong>an</strong>t –Gutschriften für die Nebenprodukte hinzuaddiert. Bei diesen Gutschriften h<strong>an</strong>delt es sichentweder um die Energieäquivalente der vermarkteten Wärme oder um Gutschriften fürdie verkauften Mengen <strong>von</strong> DDGS bzw. Rapskuchen im Fall <strong>von</strong> Eth<strong>an</strong>ol bzw. Biodiesel.Hierbei wurde – <strong>an</strong>alog <strong>zur</strong> CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierung – ermittelt, welcher Energieaufw<strong>an</strong>d nötigwäre, um Agrarprodukte zu erzeugen, die diese Futtermittel substituieren.Abbildung 4.7:Netto-Energieertrag pro Hektar (mit/ohne Gutschrift)50Wärme Strom & KWK Kraftstoffe401.000 kWh je ha302010GutschriftNetto-Energie0Hack-Getreideschnitzel-HeizungHeizungBiogas(Strom)Biogas(Strom &Wärme)Biogas(Einspeisung)Hack-Strohschnitzel- Co-VerbrennungHKWHackschnitzelCo-VerbrennungBiodieselEth<strong>an</strong>ol(Weizen)Biogas(Kraftstoff)Quelle: Eigene Berechnungen.Es wird deutlich, dass insbesondere die Linien Biogas-Kraftstoff, Hackschnitzel-Heizungund Hackschnitzel-HKW-Anlage die höchsten Energieerträge pro Hektar erzielen. DieHackschnitzel-Co-Verbrennung liefert zwar die höchsten Energieerträge in Form <strong>von</strong>Strom – da aber keine <strong>Nutzung</strong> der <strong>an</strong>fallenden Wärme realisiert wird, ist der gesamteEnergieertrag pro Hektar deutlich geringer als im Fall der Hackschnitzel-Heizung oder dasHackschnitzel-HKW. Eine besonders niedrige Flächenproduktivität weisen Eth<strong>an</strong>ol, Bio-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 156diesel sowie die ausschließliche Stromproduktion auf Basis <strong>von</strong> Stroh und Silomais-Biogas auf.4.5.2.3 Vergleich der CO 2äq -Vermeidung pro HektarAngesichts der Knappheit des Faktors Boden ist die CO 2äq -Vermeidung pro Flächeneinheitneben den CO 2äq -Vermeidungskosten ein zweites relev<strong>an</strong>tes Kriterium <strong>zur</strong> klimapolitischenBeurteilung <strong>von</strong> verschiedenen Bioenergie-Linien. Da die verschiedenen Linien –abgesehen <strong>von</strong> der güllebasierten Biogas<strong>an</strong>lage – um diesen knappen Faktor konkurrieren,ist eine möglichst hohe CO 2äq -Vermeidung pro Hektar wünschenswert. Abbildung 4.8fasst die Ergebnisse für die verschiedenen Energie-Linien zusammen.Abbildung 4.8:Netto CO 2äq -Vermeidung pro Hektar (t CO 2äq /ha)20Wärme Strom & KWK Kraftstoffe15t CO /ha2äq1050Hack-schnitzel-HeizungGetreide-HeizungBiogas Biogas(Strom) (Strom &Wärme)Biogas(Einspeisung)Hack-schnitzel-HKWStrohCo-VerbrennungHackschnitzelCo-VerbrennungBiodieselEth<strong>an</strong>ol(Weizen)Biogas(Kraftstoff)Quelle: Eigene Berechnungen.Die Abbildung zeigt, dass die Hackschnitzel-Linien hinsichtlich der CO 2äq -Vermeidungam günstigsten zu beurteilen sind, gefolgt <strong>von</strong> den Biogas-Linien. Demgegenüber schneidenEth<strong>an</strong>ol, Biodiesel sowie die Getreideheizung besonders ungünstig ab. Die Begrenzungder Strohabfuhr auf 1/3 führt zu einer geringen Vermeidungsleistung bei der StrohCo-Verbrennung. Da es sich bei Stroh jedoch um ein Nebenprodukt h<strong>an</strong>delt, liegt keineFlächenkonkurrenz vor.Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Hackschnitzel-Linien ergeben sich vor allemdadurch, dass bei den verschiedenen Verwendungen unterschiedliche fossile Energieträgersubstituiert werden. Bei der Hackschnitzel-Heizung wird <strong>an</strong>nahmegemäß eine Erdgas-Heizungsubstituiert, welche im Vergleich zu <strong>an</strong>deren fossilen Energieträgern relativ


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 157emissionsarm ist. Bei der Hackschnitzel-Co-Verbrennung wird hingegen die Steinkohle-Verfeuerung in einem Kraftwerk ersetzt, so dass hier pro kWh el nicht nur 0,6 kg CO 2äqvermieden werden, wie dies beim bundesdeutschen Strom-Mix der Fall ist, sondern knapp1 kg.Eine hohe CO 2äq -Vermeidung je Hektar ist volkswirtschaftlich umso besser zu bewerten,je geringer die Produktionskosten der Bio-Energie und somit die CO 2äq -Vermeidungskosten ausfallen. Aus diesem Grund wird in Abbildung 4.9 für die verschiedenenBioenergie-Linien dargestellt, wie sie hinsichtlich beider Parameter zu beurteilensind. Es zeigt sich, dass im Allgemeinen eine hohe CO 2äq -Vermeidung auch mit niedrigenCO 2äq -Vermeidungskosten einhergeht. So schneiden insbesondere die verschiedenen hackschnitzelbasiertenVerfahren hinsichtlich beider Kriterien relativ günstig ab, während umgekehrtdie Eth<strong>an</strong>ol- und die Biodieselproduktion ungünstig abschneiden, d. h. pro Flächeneinheitwenig CO 2äq vermeiden und gleichzeitig teuer sind. Die Biogaslinien sindinsofern bemerkenswert, als sie zwar eine relativ hohe CO 2äq -Vermeidung je Hektar erzielen,allerdings nur um den Preis relativ hoher CO 2äq -Vermeidungskosten. Ursache dafürist vor allem die Tatsache, dass bei Strom aus Biogas der Unterschied zwischen den Produktionskostenund den Kosten der Referenz wesentlich höher ist als im Fall der gen<strong>an</strong>ntenBiokraftstoffe.Abbildung 4.9:CO 2äq -Vermeidung pro Hektar und CO 2äq -VermeidungskostenCO 2äq -Vermeidungskosten (€/tCO 2äq )5004003002001000-100Eth<strong>an</strong>ol(Weizen)Quelle: Eigene Berechnungen.BiodieselStroh-Co-Verb.Getreide-H.BG (Strom)BG (Einspeisung)BG (Strom & Wärme)BG (Kraftstoff)Hack-H.Hack-HKWHack-Co-Verb.0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20CO 2äq -Vermeidung (t CO 2äq/ha)


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1584.5.2.4 Vergleich der gezahlten und erforderlichen SubventionenNeben den CO 2äq -Vermeidungskosten, die volkswirtschaftlich unmittelbar relev<strong>an</strong>t sind,ist auch der Subventionsaufw<strong>an</strong>d je kWh ein wichtiges Beurteilungskriterium. Dieses Kriteriumgibt Aufschluss über die Belastung der Steuerzahler sowie der Kraftstoff- undStromkunden. Es ist zu erwarten, dass insbesondere solche Bioenergie-Linien, die zu einerhohen Belastung führen und im Endeffekt wenig zum Klimaschutz beitragen, im politischenProzess auf zunehmenden Widerst<strong>an</strong>d stoßen werden.Die Analyse hat gezeigt, dass einige Anlagen bisher trotz Subventionen nicht wirtschaftlichbetrieben werden können. In diesen Fällen wird neben den „tatsächlichen Subventionen“auch der „Subventionsbedarf“ ermittelt, der nötig wäre, damit die Anlage unter den<strong>an</strong>genommenen Rahmenbedingungen die Rentabilitätsschwelle erreicht.An dieser Stelle sei nochmals <strong>an</strong> den hier verwendeten, erweiterten Subventionsbegrifferinnert (vgl. Kapitel 4.1), der neben der Belastung des Staatshaushalts auch jene zusätzlichenBelastungen einschließt, die die Energienachfrager als Folge der politisch verfügtenBeimischungs- bzw. Einspeiseverpflichtungen zu tragen haben. Ferner ist darauf hinzuweisen,dass der gesamte Subventionsaufw<strong>an</strong>d auf den gesamten Energieertrag umgelegtwird. In den KWK-Anlagen wird somit sowohl die Subventionierung der Strom- als auchdie Subventionierung der Wärmeproduktion berücksichtigt und auf die Stromproduktionumgelegt.Abbildung 4.10:Subventionen und Subventionsbedarf ausgewählter Bioenergie-Linien0,200,180,16Wärme€/kWhthStrom & KWK€/kWhelKraftstoffe€/kWh0,140,12SubventionsbedarfSubventionen€/kWh0,100,080,060,040,020,00Hack-schnitzel-HeizungGetreide-HeizungBiogas/Gülle(Strom &Wärme)Biogas(Strom)Biogas(Strom &Wärme)Biogas(Einspeisung)Hack-schnitzel-HKWStrohCo-VerbrennungHackschnitzelCo-VerbrennungBiodieselEth<strong>an</strong>ol(Weizen)Biogas(Kraftstoff)Quelle: Eigene Berechnungen.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 159Der Vergleich zeigt, dass der Ausbau der Bioenergie im Wärmebereich die geringstenSubventionen erfordert, während der Ausbau der Bioenergie im Strombereich mit besondershohen Belastungen für die Energieverbraucher einhergeht.Innerhalb des Strom-Segments nimmt derzeit das Hackschnitzel-HKW den absolutenSpitzenplatz ein, weil die Anlage neben der Grundvergütung und dem NaWaRo-Bonuszusätzlich noch den Technologie-Bonus (ORC-Technologie) und den KWK-Bonus erhält.Da der Betreiber dieser Anlage <strong>an</strong>nahmegemäß fast die gesamte <strong>an</strong>fallende Wärme vermarktenk<strong>an</strong>n, wird fast für die gesamte Strommenge der KWK-Bonus realisiert. Dadurcherzielt diese Anlage derzeit einen sehr hohen Gewinn.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1604.5.3 Eigene Ergebnisse im Vergleich mit <strong>an</strong>deren StudienWie einleitend in Kapitel 4.1 ausgeführt, werden die qu<strong>an</strong>titativen Ergebnisse für die untersuchtenAnlagen erheblich durch die Annahmen geprägt, die bezüglich der Systemgrenzen,der Rohstoffpreise sowie bestimmter weiterer Parameter (z. B. Lachgasemissionen)gesetzt werden. Um besser abschätzen zu können, wie groß die Auswirkung unterschiedlicherAnsätze auf die Ergebnisse ist, erfolgt nachstehend eine Gegenüberstellungder eigenen Ergebnisse mit den Ergebnissen <strong>an</strong>derer Untersuchungen (Tabelle 4.33).Die in den <strong>an</strong>deren Untersuchungen unterstellten Anlagen und Konversionskonzepte sind inder Regel nicht völlig identisch mit den in dieser Studie <strong>an</strong>alysierten, gleichwohl zeichnensie sich durch ein hohes Maß <strong>an</strong> Übereinstimmung aus. Sofern wesentliche Unterschiede inden Anlagenkonzeptionen vorliegen, werden diese kenntlich gemacht. Auch unterschiedlichemethodische Her<strong>an</strong>gehensweisen (Stichwort: Bil<strong>an</strong>zierung vs. Substitutions<strong>an</strong>satz)führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Auf die methodischen Ansätze der Vergleichsstudienk<strong>an</strong>n <strong>an</strong> dieser Stelle nicht im Einzelnen eingeg<strong>an</strong>gen werden. Da insbesondere dieAnnahmen über Kosten der Produktion der Bioenergie sowie Kosten der jeweiligen Referenzenvariieren, unterscheiden sich die CO 2äq -Vermeidungskosten in der Regel deutlich.Vor dem Hintergrund dieser Unwägbarkeiten sind die nachstehend skizzierten Vergleicheals grobe Anhaltspunkte zu interpretieren:(1) Die hier ermittelten Werte für die CO 2äq -Einsparung der verschiedenen Bioenergie-Linien sowie die daraus abgeleiteten CO 2äq -Vermeidungskosten liegen grundsätzlichin den gleichen Größenordnungen wie die in der Literatur zu findenden Werte.(2) Die Getreideheizung wird <strong>von</strong> <strong>an</strong>deren Autoren hinsichtlich der CO 2äq -Vermeidunggeringfügig besser bewertet.(3) Für die auf Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen basierende Hackschnitzel-Heizung wurden <strong>von</strong>Dritten etwas geringere CO 2äq -Vermeidungswerte errechnet, die CO 2äq -Vermeidungskostenwurden <strong>von</strong> diesen etwas ungünstiger eingeschätzt.(4) Die CO 2äq -Vermeidung der verschiedenen Biogas-Optionen sind nahezu identisch -lediglich für die reine Gülle-Anlage haben <strong>an</strong>dere Autoren noch höhere CO 2äq -Einsparungen ermittelt; <strong>an</strong>dere Berechnungen für die CO 2äq -Vermeidungskosten liegennicht vor.(5) Für die biogene Kraftstoffproduktion ermittelten Dritte bezüglich der Option„Biodiesel“ ähnliche und teilweise deutlich höhere CO 2äq -Vermeidungskosten. Für„Eth<strong>an</strong>ol auf Basis Weizen“ liegen die hier ermittelten Werte im Mittelfeld der Untersuchungsergebnisse,es gibt allerdings Untersuchungen, die noch deutlich höhereVermeidungskosten ergeben. Die starke Streuung bei Eth<strong>an</strong>ol resultiert vor allemaus unterschiedlichen Annahmen hinsichtlich eingesetzter fossiler Energie sowie bezüglichder Bewertung der Nebenprodukte. Die hier skizzierte Vari<strong>an</strong>te „Biogas-Kraftstoff“ liegt in den CO 2äq -Vermeidungskosten deutlich unter den Ergebnisseneiner <strong>an</strong>deren Studie bzw. in der Größenordnung einer <strong>an</strong>deren Untersuchung.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 161Tabelle 4.33:Eigene Ergebnisse im Vergleich mit <strong>an</strong>deren StudienStrom & KWKBioenergie-LinienCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zenEigeneBerechnungenmit GEMISAndereStudienQuelleHackschnitzel-BHKWCO 2äq -Emissionen (kg/kWh el ) -1,230CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh el ) 1,857 1,42 - 2,06 Leible et al. (2007)CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 29 5 – 47 Leible et al. (2007)Stroh Co-VerbrennungCO 2äq-Emissionen (kg/kWh el) 0,026CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh el ) 0,963 0,92 Leible et al. (2007)CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 45 53 Leible et al. (2007)Hackschnitzel Co-VerbrennungCO 2äq -Emissionen (kg/kWh el ) 0,081CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh el ) 0,909 0,92 Leible et al. (2007)CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 68 54 Leible et al. (2007)KraftstoffeBioenergie-LinienCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zenEigeneBerechnungenmit GEMISAndereStudienQuelleBioeth<strong>an</strong>ol (Weizen)CO 2äq -Emissionen (kg/kWh EtOH ) 0,217 0,194 Zah et al. (2007)0,186 Schmitz (2005)CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh EtOH ) 0,108 0,100 JRC (2007) 5)0,136 Zah et al. (2007)0,195 Schmitz (2006)CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 459 239 JRC (2007) 5)252 Schmitz (2006)239 - 1.767Weiske et al. (2007) 5)BiodieselCO 2äq -Emissionen (kg/kWh RME ) 0,160 Zah et al. (2007)0,183CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh RME ) 0,162 0,145 JRC (2007) 5)0,129 Zah et al. (2007)0,215 Schmitz (2006)CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 175 119 JRC (2007) 5)154 Schmitz (2006)165 Weiske et al. (2007) 5)500 Quirin et al. (2004)Biogas (Kraftstoff)CO 2äq -Emissionen (kg/kWh CH4 ) 0,167CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh CH4 ) 0,158 0,209 Schmitz (2006)CO 2äq -Vermeidungskosten(€/t CO 2äq ) 173 270 Schmitz (2006)150 Specht (2003)1) Scholwin et al. (2006) unterstellen 100 % NaWaRo, die Anlage BG500N arbeitet mit 98 % NaWaRo.2) Kalies et al. (2007) gehen <strong>von</strong> einer Wärmenutzung <strong>von</strong> 10 % aus.3) Ramesohl et al. (2006) unterscheiden zwischen 20 %iger und 80 %iger Wärmenutzung.4) Kalies et al. (2007) haben diesen Anlagentyp für das Jahr 2010 projektiert.5) Annahme: 50$/bbl.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 162noch Tabelle 4.33: Eigene Ergebnisse im Vergleich mit <strong>an</strong>deren StudienStrom & KWKBioenergie-LinienCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zenEigeneBerechnungenmit GEMISAndereStudienQuelleHackschnitzel-BHKWCO 2äq -Emissionen (kg/kWh el ) -1,230CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh el ) 1,857 1,42 - 2,06 Leible et al. 2007CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 29 5 – 47 Leible et al. 2008Stroh Co-VerbrennungCO 2äq -Emissionen (kg/kWh el ) 0,026CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh el ) 0,963 0,92 Leible et al. 2007CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 45 53 Leible et al. 2007Hackschnitzel Co-VerbrennungCO 2äq -Emissionen (kg/kWh el ) 0,081CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh el ) 0,909 0,92 Leible et al. 2007CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 68 54 Leible et al. 2007KraftstoffeBioenergie-LinienCO 2äq -Bil<strong>an</strong>zenEigeneBerechnungenmit GEMISAndereStudienQuelleBioeth<strong>an</strong>ol (Weizen)CO 2äq -Emissionen (kg/kWh EtOH ) 0,217 0,194 Zah et al. (2007)0,186 Schmitz (2005)CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh EtOH ) 0,108 0,100 JRC (2007) 5)0,136 Zah et al. (2007)0,195 Schmitz (2006)CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 459 239 JRC (2007) 5)252 Schmitz (2006)239 - 1.767Weiske et al. (2007) 5)BiodieselCO 2äq -Emissionen (kg/kWh RME ) 0,160 Zah et al. (2007)0,183CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh RME ) 0,162 0,145 JRC (2007) 5)0,129 Zah et al. (2007)0,215 Schmitz (2006)CO 2äq -Vermeidungskosten (€/t CO 2äq ) 175 119 JRC (2007) 5)154 Schmitz (2006)165 Weiske et al. (2007) 5)500 Quirin et al. (2004)Biogas (Kraftstoff)CO 2äq -Emissionen (kg/kWh CH4 ) 0,167CO 2äq -Vermeidung (kg/kWh CH4 ) 0,158 0,209 Schmitz (2006)CO 2äq -Vermeidungskosten(€/t CO 2äq ) 173 270 Schmitz (2006)150 Specht (2003)1) Scholwin et al. (2006) unterstellen 100 % NaWaRo, die Anlage BG500N arbeitet mit 98 % NaWaRo.2) Kalies et al. (2007) gehen <strong>von</strong> einer Wärmenutzung <strong>von</strong> 10 % aus.3) Ramesohl et al. (2006) unterscheiden zwischen 20 %iger und 80 %iger Wärmenutzung.4) Kalies et al. (2007) haben diesen Anlagentyp für das Jahr 2010 projektiert.5) Annahme: 50$/bbl.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 1634.5.4 Sensitivitäts<strong>an</strong>alysenDie bisher vorgelegten Berechnungen sind <strong>an</strong>gesichts der Dynamik wesentlicher wirtschaftlicherRahmendaten lediglich Momentaufnahmen. Um zu prüfen, wie sich die relativeVorzüglichkeit der verschiedenen Bioenergie-Linien bei veränderten Rahmenbedingungenentwickeln könnte, werden im Folgenden Variationsrechnungen vorgenommen.Hierbei werden zum einen die Preise für Agrarrohstoffe und für Energie variiert. L<strong>an</strong>gfristigist – wie in den Kapiteln 4.1 und 5.1 dieses Gutachtens erläutert – da<strong>von</strong> auszugehen,dass sich diese beiden Preisniveaus nicht unabhängig <strong>von</strong>ein<strong>an</strong>der entwickeln, sonderndass die Agrarpreise zunehmend durch die Energiepreise bestimmt werden. Da der Energiemarktum ein Vielfaches größer ist als der Agrarmarkt, ist eine Beeinflussung in dieentgegengesetzte Richtung nicht zu erwarten. Eine umfassende Berücksichtigung dieserInterdependenzen ist im Rahmen der vorliegenden Studie allerdings noch nicht möglich;es wird lediglich partial<strong>an</strong>alytisch dargestellt, wie sich die Variation der beiden Preisniveausauf die Produktionskosten der Bioenergie auswirken würde. Hierbei wird für dieverschiedenen Bioenergie-Linien ermittelt, (a) wie sich veränderte Agrarpreise auf dieProduktionskosten der Bioenergie auswirken und (b) wie sich veränderte Energiepreiseauf die Höhe der Produktionskosten auswirken.Des Weiteren wird untersucht, wie sich die dargestellten Ergebnisse verändern, wenn (c)<strong>von</strong> <strong>an</strong>deren Referenzszenarien für die fossile Energiebereitstellung und (d) <strong>von</strong> <strong>an</strong>derenAnnahmen bezüglich der Lachgas-Emissionen aus der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Produktionausgeg<strong>an</strong>gen wird.4.5.4.1 Variation des AgrarpreisniveausGrundsätzlich ist bei allen Bioenergie-Linien, die auf l<strong>an</strong>dwirtschaftliche Fläche <strong>an</strong>gewiesensind und dort mit der Nahrungsmittelerzeugung konkurrieren, da<strong>von</strong> auszugehen, dassdie Produktionskosten (und somit auch der Subventionsbedarf sowie die CO 2äq -Vermeidungskosten) mit steigendem Agrarpreisniveau zunehmen. Jene Verfahren, beidenen die l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Rohstoffkosten einen hohen Anteil <strong>an</strong> den Gesamtkostender Bioenergie ausmachen, werden <strong>von</strong> steigenden Agrarpreisen besonders stark betroffensein.In Tabelle 4.34 ist dargestellt, wie sich die Kosten der Bioenergie verändern würden,wenn sich die Preise für die Agrarrohstoffe um 40 bzw. 80 % erhöhen würden. Die verschiedenenBioenergie-Linien sind <strong>von</strong> oben nach unten in der Reihenfolge ihrer Produktionskostenin der St<strong>an</strong>dard-Vari<strong>an</strong>te gelistet. Als besonders kostengünstige Bioenergie-Linien erweisen sich hierbei Biodiesel, Biogas-Kraftstoff sowie die Hackschnitzelheizung


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 164und das Hackschnitzel-HKW (7 bis 9 ct/kWh), während die Biogas-Linien (mit Ausnahmeder güllebasierten Anlage) besonders hohe Produktionskosten aufweisen (17 bis19 ct/kWh).Tabelle 4.34:Kosten der Bioenergieproduktion bei steigenden AgrarpreisenBiodiesel 0,07 0,09 0,12 63%Biogas (Kraftstoff) 0,08 0,09 0,11 34%Hackschnitzel-Heizung 0,08 0,09 0,11 28%Hackschnitzel-HKW 0,09 0,16 0,22 138%Stroh Co-Verbrennung 0,10 0,10 0,10 0%Eth<strong>an</strong>ol (Weizen) 0,10 0,12 0,15 48%Biogas/Gülle (Strom&Wärme) 0,10 0,10 0,10 0%Getreide-Heizung 0,11 0,13 0,15 41%Hackschnitzel Co-Verbrennung 0,11 0,14 0,16 40%Biogas (Strom & Wärme) 0,17 0,20 0,24 41%Biogas (Einspeisung) 0,18 0,21 0,25 34%Biogas (Strom) 0,19 0,22 0,25 37%Quelle: Eigene Berechnungen.St<strong>an</strong>dard-Vari<strong>an</strong>te + 40% + 80 % Delta(€/kWh) (€/kWh) (€/kWh) (+ 80 % )Für die Frage, wie sich die Kosten der Bioenergie-Bereitstellung bei steigenden Agrarpreisenverändern (+80 %), lassen sich folgende Antworten festhalten:– Mit großem Abst<strong>an</strong>d am günstigsten schneiden die Bioenergie-Linien „güllebasierteStrom- und Wärmeproduktion“ sowie die „Stroh-Co-Verbrennung“ ab, weil sich dieverwendeten Rohstoffe bei steigendem Agrarpreisniveau nicht verteuern. Bezüglichdes Strohpreises ist jedoch dar<strong>an</strong> zu erinnern, dass die Annahme konst<strong>an</strong>ter Preisenicht mehr gelten würde, wenn es zu einer starken Verbreitung der Stroh-Co-Verbrennung bzw. der Kraftstoff-Produktion auf Basis <strong>von</strong> Stroh kommen würde.– Die Hackschnitzel-Heizung sowie die Produktion <strong>von</strong> Biogas als Kraftstoff reagieren<strong>von</strong> den verbleibenden Optionen mit einem Anstieg der Kosten um rd. 30 % am geringsten.Diese Bioenergie-Linien würden im Falle eines 80 %igen Anstiegs des Agrarpreisniveauszusammen mit vorhergehend gen<strong>an</strong>nten Vari<strong>an</strong>ten die günstigstenBioenergie-Linien sein. Biodiesel würde d<strong>an</strong>n ebenfalls noch zu dieser Gruppe der relativkostengünstigen Bioenergie-Linien gehören, obwohl die Produktionskosten <strong>von</strong>Biodiesel bei steigenden Agrarpreisen relativ stark <strong>an</strong>steigen (+63 %).– Die dritte Gruppe <strong>von</strong> Linien umfasst die Getreideheizung, die Eth<strong>an</strong>olproduktionsowie die Hackschnitzel-Co-Verbrennung, die nach einem Anstieg der Agrarpreiseum 80 % Produktionskosten in der Größenordnung <strong>von</strong> 0,15 €/kWh aufweisen würden.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 165– Die verbleibenden Biogas-Linien würden durch den Anstieg des Agrarpreisniveauseinen Anstieg der Produktionskosten bis auf ca. 0,22 bis 0,25 €/kWh erfahren; sieblieben somit nach wie vor die teuersten Optionen.– Das Hackschnitzel-HKW (Basis KUP) würde durch den Anstieg der Agrarpreise amstärksten betroffen werden. Die extreme Kostensteigerung, die auf den ersten Blickunplausibel hoch erscheint, lässt sich wie folgt erklären: Die in der St<strong>an</strong>dard-Vari<strong>an</strong>tesehr geringen Kosten <strong>von</strong> 9 ct/kWh kommen dadurch zu St<strong>an</strong>de, dass der hier betrachtetenStromproduktion die Erlöse aus der Wärmevermarktung gutgeschriebenwurden. Die Folge ist, dass die steigenden Rohstoffkosten auf die relativ geringeStrommenge umgelegt werden, während die Erlöse aus der Wärmebereitstellung konst<strong>an</strong>tbleiben, so dass sich ein überproportionaler Anstieg der Kosten der Stromproduktionergibt.4.5.4.2 Variation des EnergiepreisniveausBei der Konversion <strong>von</strong> Agrarrohstoffen in den verschiedenen Bioenergie-Linien wird inunterschiedlichem Umf<strong>an</strong>g fossile Energie eingesetzt. Dieser Umst<strong>an</strong>d hat nicht nurRückwirkungen auf die CO 2äq -Vermeidung, weil ein relativ umf<strong>an</strong>greicher Einsatz <strong>von</strong>fossilen Energieträgern entsprechende CO 2äq -Emissionen <strong>zur</strong> Folge hat, sondern beeinflusstauch die Produktionskosten der verschiedenen Bioenergie-Linien.Um einen Eindruck der Abhängigkeit verschiedener Optionen <strong>von</strong> den Preisen fossilerEnergieträger zu vermitteln, wurde für die einzelnen Linien zunächst der Primärenergie-Einsatz ermittelt und in einem zweiten Schritt ökonomisch bewertet. Darauf aufbauenderfolgen wiederum Variationsrechnungen mit 40 bzw. 80%igen Energiepreissteigerungen.Für die Interpretation der Ergebnisse sind folgende Hinweise zu den Annahmen, die denKalkulationen zugrunde liegen, nützlich:– Es wurde nur der Einsatz <strong>von</strong> Diesel, Gas und Strom berücksichtigt; in dem Maße, indem z. B. Kohle zum Einsatz kommt, findet tendenziell eine Unterschätzung des tatsächlichenEnergieverbrauchs statt.– Um den Aufw<strong>an</strong>d bei der Datenermittlung vertretbar zu halten, wurden marginalePosten wie z. B. der Energieinput, der mit der Gewinnung und dem Tr<strong>an</strong>sport <strong>von</strong>Phosphor- und Kalidünger sowie <strong>von</strong> Kalk verbunden ist, nicht erfasst. Gleiches giltfür in kleinen Mengen verwendete Zusatzstoffe für die Konversion.– Bei der Kalkulation des Energieverbrauchs in der Stickstoffherstellung wurde unterstellt,dass dabei ausschließlich Gas zum Einsatz kommt, weil Gas in der verwendetenDatenb<strong>an</strong>k GEMIS der mit großem Abst<strong>an</strong>d bedeutendste Energieträger ist.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 166Insgesamt ist also da<strong>von</strong> auszugehen, dass die vorliegenden Zahlen den tatsächlichenEnergieverbrauch der verschiedenen Linien und die damit verbundenen Kosten geringfügig13 unterschätzen. Diese Abweichungen sind aber <strong>an</strong>gesichts der erheblichen Sp<strong>an</strong>nweiten(Tabelle 4.35), die in den Ergebnissen zum Ausdruck kommen, nur <strong>von</strong> marginalerBedeutung.Tabelle 4.35:Kosten der Bioenergieproduktion bei steigenden EnergiekostenBiodiesel 0,07 0,08 0,09 20%Biogas (Kraftstoff) 0,08 0,08 0,09 9%Hackschnitzel-Heizung 0,08 0,08 0,08 2%Hackschnitzel-HKW 0,09 0,10 0,10 7%Stroh Co-Verbrennung 0,10 0,10 0,10 1%Eth<strong>an</strong>ol (Weizen) 0,10 0,11 0,13 25%Biogas/Gülle (Strom&Wärme) 0,10 0,11 0,11 3%Getreide-Heizung 0,11 0,11 0,11 6%Hackschnitzel Co-Verbrennung 0,11 0,11 0,12 2%Biogas (Strom & Wärme) 0,17 0,17 0,17 5%Biogas (Einspeisung) 0,18 0,19 0,20 9%Biogas (Strom) 0,19 0,19 0,19 4%Quelle: Eigene Berechnungen.St<strong>an</strong>dard-Vari<strong>an</strong>te + 40% + 80 % Delta(€/kWh) (€/kWh) (€/kWh) (+ 80 % )Die wesentlichen Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus dieser Analyse lassen sich wiefolgt zusammenfassen:– Steigende Preise für fossile Energieträger treffen die untersuchten Bioenergie-Linienin unterschiedlichem Maße. Während die Biokraftstoffe Biodiesel und Eth<strong>an</strong>ol aufgrunddes hohen Energieaufw<strong>an</strong>ds vergleichsweise empfindlich auf steigende Preisefür fossile Energieträger reagieren, bleiben die Kosten der Co-Verbrennung <strong>von</strong> Strohund Hackschnitzeln ebenso wie die Kosten der Hackschnitzel-Heizung bei einem Anstiegdes allgemeinen Energiepreisniveaus um 80 % nahezu unverändert.– Abgesehen <strong>von</strong> diesen Extremen werden die Produktionskosten für das Gros der Bioenergie-Linienrelativ wenig vom Energiepreis getrieben. Die ermittelten Anstiegebewegen sich zwischen 4 und 9 % und erlauben wegen der großen Schw<strong>an</strong>kungen dergesamten Analyse keine Rückschlüsse auf die relative Vorzüglichkeit dieser verbliebenenOptionen im Hinblick auf einen möglichen Anstieg des Energiepreisniveaus.13Der Energieverbrauch für die Errichtung <strong>von</strong> Anlagen schw<strong>an</strong>kt bei exemplarischen Kalkulationen fürBiogas<strong>an</strong>lagen je nach Größe der Anlage zwischen ca. 1 und max. 3 % des kumulierten nichtregenerativenEnergieaufw<strong>an</strong>ds pro kWh el . Um diesen Anteil (zuzüglich der Effekte der oben gen<strong>an</strong>ntenVereinfachungen) wird der Energiebedarf bei dieser Vorgehensweise unterschätzt.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 167Für eine abschließende Beurteilung der Wirkungen steigender Energiepreise muss nochdie Erlösseite der verschiedenen Bioenergie-Linien betrachtet werden. Die dürfte indurchaus unterschiedlicher Weise reagieren und somit die Wirtschaftlichkeit der Anlagenbeeinflussen. Während die nicht-subventionierte Wärmeproduktion automatisch höhereErlöse verbuchen könnte, wären für alle durch das EEG geförderten Anlagen diese Kostensteigerungenunmittelbar gewinnwirksam, weil deren Erlöse durch die Einspeisevergütunggesetzlich fixiert sind. Nur über den l<strong>an</strong>gwierigen Umweg einer politisch festzulegendenErhöhung der EEG-Vergütung wäre eine Kompensation der Kostensteigerungenauch bei Strom aus EEG-Anlagen möglich. Für die Biokraftstoffe hängt die Möglichkeiteiner Kompensation da<strong>von</strong> ab, inwieweit konkurrierende importierte Biokraftstoffe ebenfalls<strong>von</strong> diesen Kostensteigerungen betroffen sind. So fern dies nicht oder nur bedingt derFall ist, wird es nur begrenzt möglich sein, Kostensteigerungen durch höhere Erlöse aufzuf<strong>an</strong>gen.4.5.4.3 Szenario-Rechnung „Erdgas-BHKW statt deutscher Strom-Mix“Aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit sind die verschiedenen Bioenergie-Linien inden Kapiteln 4.2 bis 4.4 zunächst <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d weitgehend einheitlicher Referenzszenarien fürdie fossil basierte Energieproduktion bewertet worden. Allerdings werden derzeit einGroßteil der deutschen Wärmeproduktion und auch ein Teil der Stromproduktion auf Basis<strong>von</strong> Erdgas betrieben. Es k<strong>an</strong>n daher Konstellationen geben, bei denen diese zunächstunterstellte Referenzsituation kritisch hinterfragt werden muss.Das betrifft beispielsweise die Substitution der konventionellen Stromproduktion mit Hilfeeiner verbrauchsnahen BHKW-Anlage, die mit eingespeistem Biogas oder mit Hackschnitzelnbetrieben wird. Für die Beurteilung dieser Bioenergie-Linien wurde bisher unterstellt,dass (a) die im BHKW erzeugte Wärme eine gasbetriebene Wärmeproduktionsubstituiert und (b) die biogene Stromproduktion jene Emissionen vermeidet, die mit demkonventionellen Strom-Mix verbunden sind.Aus technischer und ökonomischer Sicht erscheint es durchaus plausibel, eine alternativeKonstellation zu unterstellen, bei der im Referenzsystem ein BHKW mit Erdgas betriebenwird. Zwar sind auch die Erdgasvorkommen begrenzt, aber dennoch ist es denkbar, zumindesteinen Teil des derzeit in Deutschl<strong>an</strong>d <strong>zur</strong> Strom- und Wärmeerzeugung eingesetztenErdgases in dezentralen BHKWs zu nutzen, um eine höhere Energieeffizienz zu erzielen.In diesem Szenario würde die Energie- und CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z des Referenzsystems deutlichgünstiger ausfallen, so dass die CO 2äq -Vermeidung durch die Bioenergie entsprechendsinkt. Eine gegenläufige Entwicklung ergibt sich aus dem Umst<strong>an</strong>d, dass die Kosten derfossilen Referenz steigen, weil die Stromproduktion in - zudem kleinen - Gaskraftwerkenmit 6,5 ct/kWh el deutlich teurer ist als der deutsche Strom-Mix. Ferner ist darauf hinzu-


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 168weisen, dass das Biogas-BHKW durch ein auch hinsichtlich der Wärmenutzung weitgehendidentisches Erdgas-BHKW ersetzt wird, während das Hackschnitzel-HKW einendeutlich höheren Wärmenutzungsgrad aufweist als die fossile Referenz<strong>an</strong>lage. Eine entsprechendeVergleichsrechnung kommt auf dieser Grundlage zu folgenden Ergebnissen:Die klimapolitische Bewertung der beiden biogenen Energie-Linien verändert sich in völliggegenläufiger Weise durch diese Änderung des Referenzsystems. Bei der Biogas-Anlage geht die CO 2äq -Vermeidung erwartungsgemäß drastisch <strong>von</strong> 0,453 kg/kWh el auf0,240 kg/kWh el <strong>zur</strong>ück und die CO 2äq -Vermeidungskosten steigen <strong>von</strong> 316 €/t CO 2äq auf485 €/t CO 2äq <strong>an</strong>.Bei dem Hackschnitzel-HKW reduziert sich ebenfalls die CO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong>1,857 kg/kWh el auf 1,474 kg/kWh el ; die CO 2äq -Vermeidungskosten gehen aber leicht <strong>von</strong>29 €/t CO 2äq auf 18 €/t CO 2äq <strong>zur</strong>ück. Ursache für dieses überraschende Resultat ist derUmst<strong>an</strong>d, dass der Rückg<strong>an</strong>g der CO 2äq -Vermeidung relativ geringer ausfällt als der Rückg<strong>an</strong>gder Mehrkosten des Hackschnitzel-HKW im Vergleich zu der geänderten fossilenReferenz.Das Beispiel zeigt, dass der klimapolitische Nutzen eines mit biogenen Rohstoffen betriebenenBHKW streng genommen nicht der Bioenergie zugeschrieben werden k<strong>an</strong>n, sonderndem BHKW. In dem Maße, in dem es der Politik gelingt, bei der <strong>Nutzung</strong> fossilerRohstoffe die Umsetzung <strong>von</strong> BHKW-Konzepten durchzusetzen, verschlechtert sich jenach CO 2äq -Bil<strong>an</strong>z und Kostenrelationen die Wettbewerbsfähigkeit der biogenen Energiebereitstellungu. U. deutlich.4.5.4.4 Szenario-Rechnung „Höhere Lachgasemissionen aus derStickstoff-Düngung“In den Berechnungen <strong>zur</strong> CO 2äq -Vermeidung der verschiedenen Bioenergie-Linien wurdedeutlich, dass die mit der Stickstoffdüngung verbundenen Lachgasemissionen <strong>von</strong> erheblicherBedeutung für die klimapolitische Beurteilung der verschiedenen Bioenergie-Liniensind. In den hier durchgeführten Berechnungen wurde in Anlehnung <strong>an</strong> die Vorgehensweisedes IPCC unterstellt, dass 1,25 % 14des ausgebrachten Düngemittel-Stickstoffs inForm <strong>von</strong> Lachgas entweicht.14Dieser St<strong>an</strong>dardwert lt. IPCC berücksichtigt nur die direkten Lachgasemissionen. Die indirekte Lachgasbildungz. B. über den Umweg <strong>von</strong> Ammoniak wird damit nicht erfasst. Das heißt, die in dieserStudie ermittelten Klimaeffekte des Anbaus l<strong>an</strong>dwirtschaftlicher Rohstoffe werden tendenziell unterschätzt.Die tatsächliche Menge emittierten N 2 O errechnet sich durch Multiplikation des rechnerischenStickstoffverlustes mit dem Faktor 1,57.


Kapitel 4 Analyse der wichtigsten Bioenergie-Linien 169Die aktuell diskutierte Frage (vgl. Kapitel 2.5), ob der Anteil <strong>von</strong> 1,25 % nicht deutlich zuniedrig <strong>an</strong>gesetzt ist und auf bis zu 5 % <strong>an</strong>gehoben werden müsste, ist für die Beurteilungder gesamten Bioenergie-Strategie wie auch für die Beurteilung einzelner Linien <strong>von</strong> erheblicherBedeutung. Angesichts der Unsicherheit über die tatsächliche Höhe der Lachgasemissionenwurde für ausgewählte Anlagen im Rahmen <strong>von</strong> Szenariorechnungen untersucht,wie sich höhere Anteile auf die klimapolitische Beurteilung auswirken würden.Die Ergebnisse für den Vergleich der St<strong>an</strong>dard-Vari<strong>an</strong>te mit einer Problem-Vari<strong>an</strong>te (3 %des Stickstoffs) und einer Worst-case-Vari<strong>an</strong>te (5 % des Stickstoffs) lassen sich wie folgtzusammenfassen:– Biogas<strong>an</strong>lage mit Wärmenutzung: Die CO 2äq -Vermeidung würde <strong>von</strong> 0,475 kgCO 2äq /kWh el (St<strong>an</strong>dard-Vari<strong>an</strong>te) auf 0,344 kg CO 2äq /kWh el (Problem-Vari<strong>an</strong>te) sinken,die CO 2äq -Vermeidungskosten würden um knapp 100 € auf knapp 350 €/t CO 2äqsteigen. Für die Worst-case-Vari<strong>an</strong>te errechnet sich ein Anstieg der CO 2äq -Vermeidungskostenauf knapp 600 €/t CO 2äq .– Hackschnitzel-Heizung: Die CO 2äq -Vermeidung würde nur geringfügig <strong>von</strong> 0,247 kgCO 2äq /kWh th (St<strong>an</strong>dard-Vari<strong>an</strong>te) auf 0,239 kg CO 2äq /kWh th (Problem-Vari<strong>an</strong>te) <strong>zur</strong>ückgehen.Die CO 2äq -Vermeidungskosten blieben praktisch unverändert.– Eth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lage auf Basis <strong>von</strong> Weizen: Hier käme es in der Problem-Vari<strong>an</strong>te zu einemRückg<strong>an</strong>g der ohnehin geringen CO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong> 0,101 kg CO 2äq /kWh auf0,033 kg CO 2äq /kWh. Die CO 2äq -Vermeidungskosten würden auf ein Niveau <strong>von</strong> über1.400 €/t CO 2äq steigen. In der Worst-case-Vari<strong>an</strong>te führt diese Bioenergie-Linie zueinem absoluten Anstieg der CO 2äq -Emissionen gegenüber der Referenz.Diese skizzenhaften Überlegungen machen deutlich, dass Bioenergie-Linien, deren Rohstoffbeschaffungmit einem hohen Einsatz <strong>von</strong> Stickstoffdüngemitteln einhergeht, mit einemerheblichen klimapolitischen Risiko behaftet sind. Das gilt nicht nur für die in diesemTeilkapitel exemplarisch ausgewählten Bioenergie-Linien, sondern in gleicher Weise zumBeispiel auch für Biodiesel. Demgegenüber weisen Bioenergie-Linien, die Rest- und Abfallstoffeverwerten und deswegen keine zusätzliche Stickstoffdüngung erforderlich machen,hier kein zusätzliches Risikopotenzial auf. Die Vari<strong>an</strong>ten auf der Grundlage <strong>von</strong>Hackschnitzeln wären infolge des geringen Stickstoffeinsatzes nur geringfügig <strong>von</strong> einerNeubewertung der Lachgasemissionen betroffen.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 1705 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong>Nachdem in den Kapiteln 2 bis 4 die technischen, wirtschaftlichen und politischen Aspekteder Bioenergie eingehend vorgestellt wurden, geht es nun darum, <strong>Empfehlungen</strong> für dieWeiterentwicklung der Bioenergie-Politik herauszuarbeiten. Im Blickpunkt steht hierbeidie Weiterentwicklung der deutschen Politik, wobei es <strong>an</strong> einigen Stellen erforderlich ist,auf die Grenzen der nationalen Politikgestaltung hinzuweisen und <strong>Empfehlungen</strong> für dieeuropäische und die globale Ebene zu geben.Die <strong>Empfehlungen</strong> werden vorbereitet, indem die bisherige Bioenergie-Politik aus verschiedenenBlickwinkeln <strong>an</strong>alysiert wird. Dabei werden jeweils die Kernargumente herausgearbeitet,die den Wissenschaftlichen Beirat zu seinen <strong>Empfehlungen</strong> führen. Zunächstwerden sektor-übergreifende Fragen <strong>an</strong>gesprochen, die alle Bioenergie-Linien sowieden Vergleich zwischen den verschiedenen Bioenergie-Linien betreffen (z. B. dieEinbettung der Bioenergiepolitik in die Klimaschutzpolitik). Dar<strong>an</strong> <strong>an</strong>schließend (Teilkapitel5.6) wird für die einzelnen Sparten der Bioenergie (<strong>Biomasse</strong>-Vergärung, Kraftstoffeaus <strong>Biomasse</strong>, <strong>Biomasse</strong>-Verbrennung) ein Zwischenfazit gezogen, und es werden ergänzendeAspekte berücksichtigt, die im Hinblick auf die <strong>Empfehlungen</strong> aus Sicht der jeweiligenSparte zu beachten sind. Teilkapitel 5.7 nimmt <strong>zur</strong> Org<strong>an</strong>isation <strong>von</strong> Forschung undPolitikberatung im Bereich Bioenergie Stellung.5.1 Wird Bioenergie auch ohne Förderung wettbewerbsfähig?Der Bioenergie-Sektor wächst gegenwärtig sowohl in Deutschl<strong>an</strong>d als auch in vielen <strong>an</strong>derenLändern mit großer Geschwindigkeit, und es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass das Wachstumin den kommenden Jahrzehnten weitergehen wird.Für dieses Wachstum gibt es zwei Ursachen. Zum einen haben steigende Preise für fossileRohstoffe dazu geführt, dass der Anbau <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> rentabler geworden ist, und zum<strong>an</strong>deren werden Produktion bzw. Verwendung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> in vielen Ländern der Erdestaatlich gefördert.In Deutschl<strong>an</strong>d überwiegt dabei bisher eindeutig der Aspekt der staatlichen Förderung.Die beiden wichtigsten Wachstumsfelder der deutschen Bioenergiebr<strong>an</strong>che, nämlich Biogasund Biokraftstoffe, hätten sich ohne die intensive politische Förderung allenfalls inkleinen Nischensegmenten entwickelt. Ohne Politikmaßnahmen erreichen in Deutschl<strong>an</strong>dbisher im Wesentlichen nur solche Bioenergie-Linien die Rentabilitätsschwelle, derenRohstoffe nicht auf l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Nutzflächen erzeugt werden müssen. Das betrifftinsbesondere die Holznutzung (<strong>zur</strong> Wärmeerzeugung bzw. <strong>zur</strong> Kraft-Wärme-Kopplung)


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 171und die Erzeugung <strong>von</strong> Biogas auf der Basis <strong>von</strong> Gülle zusammen mit energiereichen Kosubstraten,welche nicht auf Agrarflächen erzeugt werden (z. B. Schlachtabfällen).G<strong>an</strong>z <strong>an</strong>ders stellt sich demgegenüber die Situation in einigen <strong>an</strong>deren Teilen der Weltdar. In Brasilien ist beispielsweise die Erzeugung <strong>von</strong> Biokraftstoffen bei den heutigenRohölpreisen auch ohne politische Eingriffe rentabel. Aber auch in vielen EntwicklungsländernAfrikas und Lateinamerikas, die in der Nähe der Äquators liegen, bietet die Erzeugung<strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> <strong>zur</strong> <strong>Energiegewinnung</strong> ein großes Potenzial. Die natürlichenSt<strong>an</strong>dortbedingungen sind günstig, und es sind teilweise noch viele Flächen verfügbar, aufdenen bisher keine l<strong>an</strong>dwirtschaftliche Produktion erfolgt und die deshalb ohne <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz<strong>zur</strong> <strong>Biomasse</strong>erzeugung genutzt her<strong>an</strong>gezogen werden können. Außerdem sindin diesen Ländern viele Arbeitskräfte vorh<strong>an</strong>den. Die Erzeugung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> könnte fürdie im ländlichen Raum lebende Bevölkerung dieser Länder eine Möglichkeit darstellen,wirtschaftliches Wachstum durch zusätzliche Produktion zu realisieren.Die künftige Rentabilität der Bioenergie wird in allen Erdteilen sehr stark da<strong>von</strong> abhängen,wie sich das Verhältnis zwischen Energiepreisen (fossil und regenerativ) und Agrarpreisenkünftig entwickelt, und all diese Preise verändern sich derzeit sehr stark. Angesichtsder deutlich gestiegenen Energiepreise und der beobachtbaren Entwicklungen in<strong>an</strong>deren Teilen der Welt stellt sich die Frage, ob wir nicht auch in Deutschl<strong>an</strong>d schon baldPreisverhältnisse haben werden, bei denen die bisher noch nicht wettbewerbsfähigen Bioenergie-Linienohne Förderung die Rentabilitätsschwelle erreichen.Viele Diskussionsbeiträge der verg<strong>an</strong>genen Jahre haben diese Erwartung geschürt, dochwerden dabei wichtige ökonomische Zusammenhänge nicht hinreichend beachtet:– Erstens: Durch den starken Anstieg der Erdölpreise sind viele Substitutionstechnologienin der klassischen Energiewirtschaft rentabel geworden, so dass der weiterePreis<strong>an</strong>stieg beim Erdöl zumindest stark gebremst wird. Aus diesem Grunde kommendie meisten Erdölpreisprognosen zu dem Ergebnis, dass der Erdölpreis trotz steigenderNachfrage mittelfristig im Bereich <strong>von</strong> 40 bis 80 Dollar je Barrel (inflationsbereinigt)verbleiben wird (vgl. Kapitel 2).– Zweitens: Sollte der Erdölpreis – diesen Prognosen zum Trotz – doch inflationsbereinigtund nachhaltig auf 90, 100 oder gar 120 Dollar pro Barrel <strong>an</strong>steigen, so werdenauch die Agrarpreise noch weitaus stärker steigen als bisher. Oberhalb eines Erdölpreises<strong>von</strong> rund 35 US$/bbl koppelt sich das internationale Agrarpreisniveau <strong>an</strong> dasinternationale Energiepreisniveau <strong>an</strong>. Wenn die Energiepreise weiter steigen, d<strong>an</strong>nwerden auch die Rohstoffkosten für die Bioenergieproduktion mit nach oben gezogen.Das würde z. B. für die Biokraftstofferzeugung in der EU bedeuten, dass die <strong>von</strong> derEU veröffentlichten Rentabilitätsschwellen, welche zwischen 60 und 90 US$/bbl lagenund auf „alten“ Agrarpreisen beruhten, d<strong>an</strong>n keine Gültigkeit mehr hätten, sondernauf deutlich über 100 US$/bbl (Erdölpreis) <strong>an</strong>steigen würden. Bei der Prognose


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 172der Agrarpreise ist ferner zu berücksichtigen, dass auch die zunehmende Nahrungsmittelnachfragein verschiedenen Erdteilen die Weltmarktpreise tendenziell erhöht.– Drittens: Auch innerhalb der Bioenergie-Segmente herrscht internationaler Wettbewerb.So hat z. B. die Mineralölwirtschaft ein Interesse dar<strong>an</strong>, ihre Beimischungsverpflichtungmit möglichst preiswerten Rohstoffen zu erfüllen. Zunehmende Importewerden zu einer Abschwächung des Preis<strong>an</strong>stiegs für Bioenergie führen.Der Beirat geht da<strong>von</strong> aus, dass sich auf den l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Nutzflächen Deutschl<strong>an</strong>dsder weitere Ausbau der Bioenergie auch in den kommenden Jahren nicht „automatisch“als marktwirtschaftliche Reaktion auf steigende Energiepreise vollziehen wird, sondernim Wesentlichen <strong>von</strong> der politischen Steuerung abhängig bleiben wird.5.2 Zur Interventionslogik in der deutschen Bioenergie-PolitikDie Politik verfolgt mit der Förderung der Bioenergie eine Vielzahl <strong>von</strong> Zielen, die sich zudrei Gruppen zusammenfassen lassen:– Schutz des Klimas und der Umwelt– Versorgungssicherheit im Energiebereich– arbeitsmarkt-, einkommens- und technologiepolitische ZieleDie Bioenergie-Politik in Deutschl<strong>an</strong>d war bisher allerdings nicht darauf ausgerichtet, dieseunterschiedlichen Ziele mit minimalem Aufw<strong>an</strong>d zu erreichen. Im Gegenteil: Bisherwurde (wenngleich unausgesprochen) eher das Ziel verfolgt, mit Hilfe einer segmentiertenFörderpolitik eine möglichst große Zahl <strong>von</strong> Bioenergie-Linien durch Förderung oderVerwendungsgebote in die Wettbewerbsfähigkeit zu führen. Linien, die bereits relativ nah<strong>an</strong> der Rentabilitätsschwelle lagen (z. B. Wärmegewinnung aus Holz), wurden dabei tendenziellweniger stark gefördert als Linien, die noch relativ weit <strong>von</strong> der Rentabilitätsschwelleentfernt lagen (z. B. Eth<strong>an</strong>olerzeugung aus Getreide).Ob eine Politik des „segmentierten, breiten Anförderns“ überhaupt sinnvoll sein k<strong>an</strong>n,wird kontrovers diskutiert.– Die Gegner eines „segmentierten Anförderns“ argumentieren: Grundsätzlich k<strong>an</strong>n diePrivatwirtschaft effizienter als der Staat erkennen, welche Technologie-Linien Aussichtauf künftige Wettbewerbsfähigkeit haben. Die Unternehmen werden deshalb ihreInvestitionen entsprechend ausrichten. Die Tatsache, dass bestimmte Linien dabeinicht zum Zuge kommen, ist ein Hinweis darauf, dass hier in absehbarer Zeit keineRentabilität zu erwarten ist. Der Staat k<strong>an</strong>n <strong>zur</strong> Intensivierung dieses Suchprozessesbeitragen, indem er die Knappheitssignale (im Sinne einer Globalsteuerung) verstärkt,er soll jedoch keine künstlich geschützten Märkte für einzelne Technologie-Linien


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 173schaffen. Lediglich in der Forschungs- und Technologieförderung hat er darauf zuachten, den Fortschritt auf möglichst breiter Front zu fördern.– Die Befürworter eines „segmentierten Anförderns“ argumentieren: Angesichts desgroßen Problemdrucks reicht es nicht aus, sich in den (noch) nicht wettbewerbsfähigenBereichen allein auf die Aktivität staatlicher Forschungsinstitute sowie die Förderungprivater F&E-Aktivitäten durch Steuermittel zu beschränken. Zwar ist unbestritten,dass das Innovationspotenzial der Privatwirtschaft durch staatliche ForschungsundTechnologieförderung <strong>an</strong>geregt werden k<strong>an</strong>n, doch bestehen Zweifel dar<strong>an</strong>, obdas Engagement der Privatwirtschaft durch eine zeitlich befristete Projektförderung ingleicher Weise geweckt werden k<strong>an</strong>n wie durch die Eröffnung eines echten Verkaufsmarktes.Hinzu kommt, dass bei der Verteilung staatlicher Projektmittel <strong>an</strong> diePrivatwirtschaft (einschließlich der späteren Erfolgskontrolle) ebenfalls erhebliche Ineffizienzenentstehen können.Als Beispiel für eine gelungene „segmentierte Anförderung“ wird häufig die Entwicklungder Windenergie <strong>an</strong>geführt. In der Tat konnte sich hier unter dem Schutz der politischfestgelegten Einspeisevergütung ein Wirtschaftszweig entwickeln, dessen Innovationskraftdazu geführt hat, dass die Produktionskosten <strong>von</strong> Windstrom innerhalb <strong>von</strong> zwei Jahrzehntenmehr als halbiert wurden. An günstigen St<strong>an</strong>dorten besteht inzwischen Aussicht aufwettbewerbsfähige Stromerzeugung ohne dauerhafte Förderung, der Sektor ist internationalauf dem Vormarsch, und die deutschen Unternehmen konnten sich für diesen globalenWachstumsmarkt eine hervorragende Startposition schaffen.Unbestreitbar ist, dass diese Entwicklung ohne politischen Schutz nicht stattgefunden hätteund dass sie bis heute relativ erfolgreich verlaufen ist. In einer Gesamtbil<strong>an</strong>z müssenjedoch auch die erheblichen Kosten berücksichtigt werden, die die Politik verursacht hat.Da sich sowohl die Kosten als auch die Erträge dieser Förderpolitik über einen Zeitraumerstrecken, der Jahrzehnte währt und noch weit in die Zukunft hineinreichen wird, lässtsich eine qu<strong>an</strong>titative Gesamtbil<strong>an</strong>z zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ziehen. Außerdemwäre es nicht zulässig, eine grundsätzliche Beurteilung des „segmentierten Anförderns“allein auf den Erfahrungen einer Erfolgsstory aufzubauen und die Misserfolge, die bei <strong>an</strong>derenTechnologielinien erzielt wurden, zu übergehen.Nach Auffassung des Beirats sollte sich die Politik im Normalfall darauf beschränken,gesellschaftliche Anliegen (z. B. Klimaschutz) durch Instrumente der Globalsteuerung(z. B. Besteuerung <strong>von</strong> Emissionen) in Signale für verändertes privatwirtschaftliches H<strong>an</strong>delnzu übersetzen, und es sollte d<strong>an</strong>n der Privatwirtschaft überlassen bleiben, im unverzerrtenWettbewerb die jeweils optimalen Technologiepfade auszusuchen und weiterzuentwickeln.Weicht die Politik <strong>von</strong> dieser Maxime ab, läuft sie Gefahr, einen immer größerenTeil der Wirtschaft durch verzerrte Preissignale auf „falsche Gleise“ zu führen, diesich später (nach Beendigung des politischen Schutzes) als nicht nachhaltig erweisen.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 174Wenn überhaupt, d<strong>an</strong>n wäre ein segmentiertes Anfördern im Bioenergie-Bereich aus technologiepolitischerSicht vor allem zu empfehlen, wenn– die Märkte noch sehr klein sind und somit auch die volkswirtschaftlichen Kosten derFörderung noch gering bleiben,– absehbar ist, dass sich die relative Vorzüglichkeit verschiedener regenerativer Energie-Liniendurch technische Fortschritte noch erheblich verändern k<strong>an</strong>n,– absehbar ist, dass die unterschiedlichen St<strong>an</strong>dortbedingungen in den verschiedenenErdteilen zu einer breit gefächerten Nachfrage nach unterschiedlichen Bioenergie-Linien führen wird,– das Zust<strong>an</strong>dekommen der erwünschten technischen Fortschritte vor allem da<strong>von</strong> abhängt,dass die Innovationskraft der Privatwirtschaft (im Vertrauen auf vorübergehendgestützte Inl<strong>an</strong>dsmärkte) mobilisiert wird.In der Frühphase der Bioenergie-Förderung waren diese Bedingungen durchaus gegeben.Daher hält es der Beirat für akzeptabel, dass in dieser ersten Phase ein erheblicher Teil derstaatlichen Mittel für die Förderung <strong>von</strong> Bioenergie-Linien eingesetzt wurde, die sichmöglicherweise auch in der ferneren Zukunft als nicht wettbewerbsfähig herausstellenwerden.Inzwischen hat sich das Bild jedoch grundlegend gew<strong>an</strong>delt, denn die staatlich geförderteBioenergie-Erzeugung auf Agrarflächen ist mittlerweile aus ihrer <strong>an</strong>fänglichen Nischeherausgetreten.– Mehr als 10 % der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Nutzfläche werden inzwischen für die Erzeugung<strong>von</strong> Bioenergie verwendet, wobei mit diesem Flächeneinsatz allerdings nochnicht einmal 1 % des Endenergieverbrauchs Deutschl<strong>an</strong>ds erzeugt werden.– Die deutschen Steuerzahler und Energieverbraucher müssen bereits gegenwärtig weitmehr als eine Milliarde Euro pro Jahr für die Produktion <strong>von</strong> Bioenergie auf Agrarflächenaufwenden.– Die Br<strong>an</strong>che geht da<strong>von</strong> aus, dass in den kommenden Jahren ein weiteres starkesWachstum erreicht werden k<strong>an</strong>n. So rechnet beispielsweise der Fachverb<strong>an</strong>d Biogasmit einer Verzehnfachung der Zahl der Anlagen bis zum Jahr 2020.In der gegenwärtigen Exp<strong>an</strong>sionsphase ist festzustellen, dass der allergrößte Teil der Bioenergie-Förderungauf zwei Bioenergie-Linien entfällt, nämlich auf Biodiesel und Biogas.Bioeth<strong>an</strong>ol ist dabei, sich als dritte große Förderlinie zu etablieren. Von einem „breitenAnfördern“ einer Vielzahl <strong>von</strong> Linien k<strong>an</strong>n also kaum die Rede sein. Mit Blick auf die dreiprimär geförderten Linien ist es äußerst fraglich, ob – ausgehend <strong>von</strong> dem inzwischen erreichtenVerbreitungsgrad – noch eine weitere Flächenexp<strong>an</strong>sion dieser Linien erforderlichist, um die Privatwirtschaft zu technologischen Durchbrüchen zu führen. Schließlich


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 175h<strong>an</strong>delt es sich bei Biodiesel, Bioeth<strong>an</strong>ol und Biogas um Technologien, die bereits seitl<strong>an</strong>ger Zeit etabliert sind.Je geringer der zusätzliche technologiepolitische Nutzen einer weiteren Exp<strong>an</strong>sion dergen<strong>an</strong>nten Bioenergie-Linien ausfällt, desto stärker muss sich die Bioenergie-Politik dar<strong>an</strong>messen lassen, welchen Beitrag sie zu den übergeordneten politischen Zielen „Klimaschutz“,„Versorgungssicherheit“ und „Arbeitsplätze im ländlichen Raum“ leistet.5.3 Bioenergie-Politik und das Ziel „Klimaschutz“Die Verbrennung der fossilen Energieträger ist mit Abst<strong>an</strong>d die wichtigste Quelle derTreibhausgas-Emissionen und somit die wichtigste Ursache des Klimaw<strong>an</strong>dels. Wird <strong>an</strong>stellefossiler Energieträger Bioenergie eingesetzt, k<strong>an</strong>n dies <strong>zur</strong> Reduzierung <strong>von</strong> Treibhausgasemissionenführen. Insofern ist die Förderung der Bioenergie grundsätzlich alsElement einer Klimaschutzpolitik in Betracht zu ziehen.Plädoyer für Effizienzorientierung in der KlimapolitikEs ist allerdings nicht sinnvoll, sondern im Gegenteil schädlich, wenn der Staat jede Politikmaßnahmerealisiert, die „irgendeinen“ Beitrag zum Klimaschutz leistet. Denn aufgrundder begrenzten Leistungskraft einer Volkswirtschaft kommt es darauf <strong>an</strong>, die knappen Mittelso einzusetzen, dass je Euro der größtmögliche Zielbeitrag erreicht wird. Wenn sich diePolitik über dieses Effizienzgebot hinwegsetzt, verschwendet sie Ressourcen, die <strong>an</strong>sonstenfür noch mehr Klimaschutz genutzt werden könnten. Sie braucht sich d<strong>an</strong>n nicht zuwundern, wenn sie die klimapolitischen Ziele trotz des großen Aufw<strong>an</strong>des nicht erreicht.Im Hinblick auf die Förderung der Bioenergie muss also geklärt werden:– Führt die politisch geförderte Erzeugung der Bioenergie überhaupt zu einem positivenEffekt für das Klima, wenn m<strong>an</strong> die Anpassungsreaktionen der Wirtschaft berücksichtigt(z. B. verstärkte Emissionen <strong>an</strong> <strong>an</strong>derer Stelle)?– Ist die politisch geförderte Erzeugung der Bioenergie volkswirtschaftlich günstiger als<strong>an</strong>dere Formen der Substitution fossiler Energieträger und des Klimaschutzes (z. B.Energieeinsparung, Verbesserung der Energieeffizienz, Solarenergie)?– Falls Bioenergieförderung für sinnvoll erachtet wird: Auf welche Energie-Linien ausdem weiten Spektrum der Bioenergie soll sich die Förderung konzentrieren?– Sollte sich die politische Förderung auf die inländische Produktion oder auf die inländischeVerwendung <strong>von</strong> Bioenergie beziehen (Letzteres würde Importe gleichberechtigteinschließen)?


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 176Einen ungefähren Anhaltspunkt für die vergleichende Beurteilung verschiedener Klimaschutz-Strategienund verschiedener Bioenergie-Linien liefern die CO 2äq -Vermeidungskosten.Wenn auch zu berücksichtigen ist, dass sich bei der Kalkulation dieser Werte inAbhängigkeit der jeweils getroffenen Annahmen große Unterschiede ergeben können (vgl.Kapitel 4), so lässt sich doch insgesamt feststellen, dass sich für die derzeit in Deutschl<strong>an</strong>dbesonders geförderte Bioenergie-Produktion auf heimischen Ackerflächen (Biogas aufMaisbasis, Bioeth<strong>an</strong>ol, Biodiesel) CO 2äq -Vermeidungskosten ergeben, die in der Regelweit oberhalb <strong>von</strong> 100 €/t CO 2äq liegen.Im Vergleich dazu liegen die CO 2äq -Vermeidungskosten in <strong>an</strong>deren Bereichen der Energiewirtschaft(z. B. Umrüstung <strong>von</strong> Kraftwerken, Energieeinsparung, Windenergie) wesentlichniedriger. Auch bei einer Produktion <strong>von</strong> Biokraftstoffen auf der Südhalbkugel(inkl. Tr<strong>an</strong>sport nach Deutschl<strong>an</strong>d) oder bei einen inländischen Anbau schnell wachsenderGehölze für die Wärmenutzung liegen die CO 2äq -Vermeidungskosten nur oft bei einemBruchteil dieser Werte.Nicht die Produktion, sondern die Verwendung <strong>von</strong> Bioenergie fördernAngesichts dieses Befundes lässt sich in Deutschl<strong>an</strong>d eine Förderung der inländischenProduktion <strong>von</strong> Bioenergie bei den bisher besonders verbreiteten Produktions- und Konversionspfaden(Biodiesel, Bioeth<strong>an</strong>ol, Biogas für Kraftstoffe) mit dem Argument „Klimaschutz“nicht überzeugend begründen. Eine Förderung bzw. eine Verpflichtung bezüglichder Verwendung <strong>von</strong> Bioenergie ist unter diesem Aspekt grundsätzlich günstiger zu beurteilen,weil d<strong>an</strong>n die Erzeugung der Bioenergie dort erfolgen k<strong>an</strong>n, wo dies mit den geringstenvolkswirtschaftlichen Kosten (unter Berücksichtigung der externen Effekte) möglichist.Auf den ersten Blick scheint es so, als habe die deutsche Politik diese Empfehlung bereitsweitgehend umgesetzt, denn rein formal wird ja zumeist die Verwendung <strong>von</strong> Bioenergiegefördert bzw. erzwungen. Doch auf den zweiten Blick ergibt sich ein <strong>an</strong>deres Bild. Zumeinen gibt es nach wie vor zahlreiche Felder, bei denen die Politik der inländischen Bioenergie-Erzeugungeinen Vorteil gegenüber Importen verschafft. Das betrifft z. B. dieEnergiepfl<strong>an</strong>zenbeihilfe der EU und die Investitionsförderung für Bioenergie-Anlagen.Beim Bioeth<strong>an</strong>ol führt der sehr hohe Zollschutz dazu, dass die Beimischungspflicht primärdurch Eth<strong>an</strong>ol aus EU-Produktion erfüllt wird. Beim Biodiesel wird eine ähnliche Wirkungdurch die technischen Normen hervorgerufen. Beim Biogas schreibt das EEG vor,dass die Stromerzeugung im Inl<strong>an</strong>d zu erfolgen hat, und weil Silomais als dominierenderRohstoff wenig tr<strong>an</strong>sportwürdig ist, ergibt sich hieraus eine faktische Präferenz für dieinländische Bioenergie-Erzeugung.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 177Wenn die Politik die klimapolitische Wirkung der Bioenergie-Förderung verbessern möchte,d<strong>an</strong>n sollte sie die gen<strong>an</strong>nten Regelungen schrittweise so verändern, dass der künstlicheWettbewerbsvorteil der inländischen Bioenergie-Erzeugung gegenüber der importiertenBioenergie abgeschafft wird.Die segmentierte Bioenergie-Förderung schrittweise überwindenDie klimapolitische Wirkung der Bioenergie-Politik k<strong>an</strong>n weiterhin dadurch verbessertwerden, dass die Segmentierung der Bioenergie-Förderung schrittweise aufgehoben wird.Durch die bis heute vor<strong>an</strong>getriebene Segmentierung zwingt die Politik die Wirtschaft,Bioenergie in Sektoren (z. B. Treibstoff) einzusetzen, in denen die CO 2äq -Vermeidungdurch Bioenergie weit über 100 €/t kostet, während eine entsprechende CO 2äq -Vermeidungdurch vermehrten Einsatz <strong>von</strong> Bioenergie in einem <strong>an</strong>deren Sektor fast ohne Förderungerzielt werden könnte. Deutschl<strong>an</strong>d könnte also allein durch eine Umschichtung der Förderungzwischen den Bioenergie-Teilsektoren (bei unveränderter Gesamtbelastung) seinenBeitrag <strong>zur</strong> Klimaentlastung vervielfachen.L<strong>an</strong>gfristig sollte die Politik noch einen Schritt weiter gehen. Sie k<strong>an</strong>n nämlich den Suchprozessnach dem effizientesten Weg zum Klimaschutz noch effizienter gestalten, indemsie nicht nur die Segmentierung innerhalb der Bioenergie-Förderung abschafft, sondernauch die Segmentierung innerhalb der übergeordneten Klimaschutzpolitik. Das würdeletztlich auf die vollständige Integration der Bioenergiepolitik in die allgemeine Klimaschutzpolitikhinauslaufen, wie sie im Zuge des Kyoto-Prozesses <strong>an</strong>satzweise entwickeltwurde. Grundsätzlich ist der Ansatz richtig, das globale Klimaproblem mit dem globalenInstrument h<strong>an</strong>delbarer CO 2 -Lizenzen <strong>an</strong>zugehen, deren Gesamtumf<strong>an</strong>g im Laufe der Zeitreduziert wird. Diese Politik zielt darauf ab, dass die Weltwirtschaft die erwünschte Reduktionder Klimagasemissionen dort hervorbringen k<strong>an</strong>n, wo dies mit den geringstenvolkswirtschaftlichen Kosten möglich ist. Welche Unternehmen <strong>an</strong> welchen St<strong>an</strong>dorten inwelchem Umf<strong>an</strong>g zum Klimaschutz beitragen, entscheidet in effizienter Weise der Markt.Die große Herausforderung liegt darin, dieses Konzept, welches zunächst nur für großeEmittenten ausgearbeitet wurde und auch nur in einem Teil der Welt umgesetzt wird,schrittweise auf alle Länder und auf alle Br<strong>an</strong>chen der Volkswirtschaft (Verkehr, Haushalte,L<strong>an</strong>dwirtschaft) auszudehnen. Die Förderung der Bioenergie würde auf diese Weise<strong>von</strong> der direkten auf eine indirekte Förderung umgestellt. Die weitere Ausdehnung derBioenergie würde d<strong>an</strong>n nicht mehr durch konkrete Beimischungspflichten, Einspeisetarifeund Investitionszuschüsse ausgelöst, sondern stattdessen würde die Verteuerung der Emissionsrechte,die erforderlich sind, um fossile Energien nutzen zu können, die Wettbewerbskraftder Bioenergie in den effizienten Einsatzfeldern stärken.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 178Weshalb die Einbettung in eine globale Gesamtstrategie so wichtig istWenn es nicht gelingt, die Bioenergieförderung nachhaltig in eine globale, sektorübergreifendeKlimaschutzstrategie einzubetten, so ist zu befürchten, dass der klimapolitische Effektder Bioenergieförderung letztlich nahe null liegen wird. Dies zeigen die beiden nachstehendenWirkungsketten exemplarisch.Zur Notwendigkeit einer globalen Strategie: Wie bereits erläutert, wird die zunehmendeVerschärfung der Klimaschutzpolitik zu einer Verteuerung der Emissionslizenzen führen,und somit auch zu einer Verringerung der Nachfrage nach fossiler Energie und - ceterisparibus - auch zu sinkenden Preisen für fossile Energieträger. Daraus wird für die einzelnenNationen immer wieder die Versuchung erwachsen, aus der Gemeinschaft der Klimaschützerauszuscheren und das eigene Wirtschaftswachstum doch wieder auf fossile Energieträgeraufzubauen. Je preiswerter diese Energieträger werden, desto höher werden derVerbrauch und somit auch die Emission <strong>von</strong> Treibhausgasen. Kurzum: Wenn es nicht gelingt,Klimaschutz im weltweiten Verbund verbindlich zu org<strong>an</strong>isieren, werden Einsparungserfolgein einem Teil der Welt – vermittelt über den Energiepreis-Mech<strong>an</strong>ismus –durch Verbrauchszuwächse in einem <strong>an</strong>deren Teil der Welt wieder zunichte gemacht.Zur Notwendigkeit einer sektorübergreifenden Strategie: Der Wissenschaftliche Beiratbeim Bundeswirtschaftsministerium hat schon 2004 darauf hingewiesen, dass die Koexistenz<strong>von</strong> (a) Stromeinspeisegesetzen (z. B. EEG) und (b) Emissionslizenzpolitiken problematischeWechselwirkungen auslösen k<strong>an</strong>n. Die gesonderte Förderung der alternativenStromproduktion führt dazu, dass die Energiewirtschaft weniger Emissionsrechte benötigtals dies <strong>an</strong>sonsten der Fall wäre. Diese reduzierte Nachfrage führt dazu, dass <strong>an</strong>dere Industriezweige(national oder international) die nicht benötigten Emissionsrechte erwerben undnutzen können. Mit <strong>an</strong>deren Worten: Wenn mit der sektoralen Förderung der alternativenStromproduktion nicht zugleich auch eine Reduzierung der insgesamt verfügbaren Emissionslizenzeneinhergeht, ist die klimapolitische Wirkung der Förderpolitik gleich Null.Diese Beispiele zeigen, dass in dem Politikfeld „Energieverbrauch und Klimaschutz“ segmentiertePolitik<strong>an</strong>sätze für einzelne Sektoren wirkungslos bleiben können, wenn sie nichtin eine effiziente, global ausgerichtete Gesamtstrategie eingebunden sind.Etappenziele auf dem Weg zum globalen CO 2 -LizenzsystemDa eine komplette Integration aller Wirtschaftssektoren und Erdteile in ein globales System<strong>von</strong> CO 2 -Lizenzen wahrscheinlich noch in weiter Ferne liegt, müssen auf dem Wegdorthin zielführende Second-best-Politiken etabliert werden. Die beiden wichtigsten Etappenzielesind dabei nach Auffassung des Beirats– die Einbeziehung aller wichtigen Industrie- und Schwellenländer in den Kyoto-(Folge)-Prozess und


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 179– die Ergänzung der CO 2 -Emissionspolitik durch eine international abgestimmte Besteuerungdes Verbrauchs fossiler Energieträger.Die großen internationalen Unterschiede bei der Besteuerung fossiler Energieträger führenzu gravierenden Verzerrungen der Weltwirtschaft. Energieintensive Br<strong>an</strong>chen wie z. B.die Produktion <strong>von</strong> Mineralstickstoff-Düngemitteln werden <strong>an</strong> jene St<strong>an</strong>dorte verlagert, <strong>an</strong>denen eine relativ geringe Besteuerung des Energieverbrauchs erfolgt. Dieser Effekt wirdnoch dadurch verstärkt, dass Energieverbrauch für den internationalen Gütertr<strong>an</strong>sport(z. B. Schiffs-Diesel; Flugbenzin) bisher kaum besteuert wird. Insofern unterscheidet sichdie Besteuerung des internationalen Tr<strong>an</strong>sports noch gravierend <strong>von</strong> der Besteuerung desintr<strong>an</strong>ationalen Tr<strong>an</strong>sports, bei der viele Länder inzwischen dazu übergeg<strong>an</strong>gen sind, dienegativen externen Kosten des Energieverbrauchs in den Energiepreisen sichtbar werdenzu lassen. Der Beirat hält es für erforderlich, dass sich die Bundesregierung auf der multinationalenBühne (z. B. EU, WTO, OECD) dafür einsetzt, diese Konstruktionsfehler desinternationalen H<strong>an</strong>dels zu beheben.Diese Forderung erfolgreich umzusetzen stellt eine immense Herausforderung dar, die sichnicht im politischen Tagesgeschäft „nebenbei“ bewältigen lässt. Die Ausarbeitung der erforderlichenStrategien, die Suche nach Bündnispartnern, die Entwicklung internationalausgerichteter Kampagnen – all dies erfordert einen hohen Einsatz <strong>an</strong> Know-how und Arbeitszeitund eine professionelle, hocheffiziente Ausrichtung der politisch-strategischenArbeit. Der Beirat hält es im Interesse eines nachhaltig erfolgreichen Klimaschutzes fürdringend erforderlich, dass die Bundesregierung ihre Anstrengungen in diesem Bereichdeutlich verstärkt.Bei der Besteuerung des Verbrauchs fossiler Energieträger weist aber auch das deutscheSteuersystem aus klimapolitischer Sicht Verbesserungspotenziale auf, die genutzt werdenkönnten. Gegenwärtig wird der Verbrauch <strong>von</strong> fossilen Energieträgern im Kraftstoffbereichsehr hoch besteuert (Benzin, Diesel), während vergleichbare Energieträger (Heizöl)bei einem Einsatz im Wärmebereich wesentlich niedriger besteuert werden (vgl. Kapitel 3).Die relativ geringe Steuer auf Heizöl hat verzerrende Effekte auf der Verbraucher- und aufder Anbieterseite.– Auf der Verbraucherseite führen die relativ niedrigen Energiepreise für Wärme dazu,dass die hier bestehenden Einsparungs- (und Klimaschutz-) potenziale weniger konsequentgenutzt werden als zum Beispiel beim Tr<strong>an</strong>sport.– Auf der Anbieterseite ist es für die erneuerbaren Energieträger im Wärmebereich vielschwerer, sich im Wettbewerb um die Gunst der Kunden gegen das relativ preisgünstigeHeizöl durchzusetzen. Im Vergleich dazu haben es die steuerbefreiten bzw. steuerbegünstigtenBiokraftstoffe im Wettbewerb gegen die hoch besteuerten Kraftstoffefossiler Herkunft viel leichter. Diese politisch bedingte Preisverzerrung führte bisherdazu, dass die Produktion <strong>von</strong> Bio-Kraftstoffen im Vergleich <strong>zur</strong> Produktion <strong>von</strong> Bio-


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 180Brennstoffen (z. B. Holz) begünstigt wurde, obwohl aus klimapolitischer Sicht ehereine verstärkte Holzproduktion für Wärmenutzung <strong>an</strong>gezeigt wäre.Negative Umweltwirkungen der Bioenergie berücksichtigenDie vom Beirat <strong>an</strong>geregte Einbettung der Bioenergie-Politik in eine international abgestimmte,allgemeine Klimaschutz- und Energiepolitik würde den Wettbewerb zwischen (a)der Bioenergie, (b) <strong>an</strong>deren erneuerbaren Energieträgern und (c) der Energieeinsparungschüren. Die Bioenergie würde sich d<strong>an</strong>n nicht mehr nach Maßgabe staatlich festgesetzterMengenziele ausdehnen, sondern nach Maßgabe ihrer relativen Wettbewerbskraft im Vergleichzu <strong>an</strong>deren Klimaschutzoptionen. Und hierbei würden neben den klimapolitischenVorteilen automatisch auch die klimapolitischen Nachteile der Bioenergie <strong>an</strong>gemessenberücksichtigt werden, denn die Länder bzw. Unternehmen würden beim H<strong>an</strong>del mit CO 2 -Äquivalenten neben den CO 2 -Emissionen, die durch <strong>Nutzung</strong> der Bioenergie reduziertwerden, auch die CH 4 -Emissionen sowie die N 2 O-Emissionen mit zu bil<strong>an</strong>zieren haben(vgl. Kapitel 2.5). In diesen letztgen<strong>an</strong>nten Punkten ist die Produktion <strong>von</strong> Bioenergie aufAgrarflächen im Vergleich zu <strong>an</strong>deren regenerativen Energien wie z. B. der Solarenergietendenziell im Nachteil.Das ökonomische Modell eines weltweit geschlossenen Bil<strong>an</strong>zierungs<strong>an</strong>satzes, der alleCO 2 -Äquivalente einschließt, ist eine nützliche Vision, weil sie allen Beteiligten die Notwendigkeiteiner Berücksichtigung globaler Wechselwirkungen vor Augen führt. In derpraktischen Klimaschutzpolitik jedoch wird diese Vision wohl – wenn überhaupt – erstfrühestens in einigen Jahrzehnten Wirklichkeit werden können, so dass die praktische Politikvorerst weiter mit segmentierten, parallel auszusteuernden Ansätzen agieren muss.Somit stehen auch die deutsche und die europäische Politik vor der Herausforderung, beider Gestaltung ihrer Bioenergie-Politiken die negativen externen Effekte der Bioenergiemehr oder weniger freihändig abzuschätzen und <strong>an</strong>gemessen zu berücksichtigen.Diese Aufgabe lässt sich noch vergleichsweise einfach meistern, wenn es darum geht, dieunerwünschten Umweltwirkungen einer steigenden Bioenergie-Produktion im Inl<strong>an</strong>d zubegrenzen (z. B. Begrenzung der Nährstoffemissionen; Sicherstellung eines ausreichendenUmf<strong>an</strong>gs <strong>von</strong> Naturschutzflächen). Die Politik k<strong>an</strong>n hier gegebenenfalls die Fachgesetzenachjustieren und auch die Bioenergieförderung so justieren, dass sich aus gesamtstaatlicherSicht eine optimale Gesamtwirkung ergibt.Viel schwieriger ist jedoch die Abschätzung und die <strong>an</strong>gemessene Berücksichtigung derindirekten externen Effekte der Bioenergieförderung, die sich durch Anpassungsreaktionenin <strong>an</strong>deren Ländern ergeben. Um das Problem zu ver<strong>an</strong>schaulichen, sei einmal <strong>an</strong>genommen,Deutschl<strong>an</strong>d verdoppele in den kommenden 10 Jahren erneut seine agrarische <strong>Biomasse</strong>fläche.Dadurch sinkt ceteris paribus das Weltnahrungsmittel<strong>an</strong>gebot um den Ertrag,


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 181der <strong>an</strong>sonsten auf den zusätzlichen 1,5 Mio. ha LF geerntet worden wäre. Bei unveränderterNahrungsmittelnachfrage wird die Weltagrarwirtschaft darauf reagieren, indem– entweder bereits genutzte Agrarflächen intensiver genutzt werden– oder brach liegende Agrarflächen in Bewirtschaftung genommen werden– oder bisher <strong>an</strong>derweitig genutzte Flächen für die l<strong>an</strong>dwirtschaftliche <strong>Nutzung</strong> umgewidmetwerden.Diese Anpassungsprozesse gehen in der Regel mit einer erhöhten Düngung einher, und mitgroßer Wahrscheinlichkeit wird die erhöhte Stickstoffdüngung sich im Endeffekt – wennauch immer nur zu einem kleinen Teil – in erhöhten N 2 O-Emissionen niederschlagen. InsoweitGrünl<strong>an</strong>dflächen oder gar Waldflächen zu Ackerl<strong>an</strong>d umgewidmet werden, kommtes außerdem über viele Jahre hinweg zu einem Anstieg der CO 2 -Emissionen (vgl. Kapitel2.5). Die Erhöhung der N 2 O- und der CO 2 -Emissionen k<strong>an</strong>n zusammengenommen denpositiven CO 2- Effekt, den m<strong>an</strong> durch die Erzeugung <strong>von</strong> Bioenergie und die entsprechendeEinsparung <strong>von</strong> fossiler Energie erzielen wollte, schmälern oder gar überkompensieren,was im ungünstigsten Fall bedeutet, dass die <strong>Biomasse</strong>-Förderung die Treibhausgas-Problematik überhaupt nicht entlastet, sondern sogar noch verschärft.Wichtig ist die Erkenntnis, dass sich solche indirekten Effekte einer umweltpolitischenKontrolle weitgehend entziehen, weil sie über marktwirtschaftliche Anpassungen induziertwerden (Steigerung der Weltagrarpreise) und somit weltweit stattfinden. Selbst wenn esgelingt, in einem bestimmten L<strong>an</strong>d klimaschädliche Anpassungsmaßnahmen (z. B. Waldrodung,Intensivierung) durch strenge agrarumweltpolitische Maßnahmen zu unterbinden,ist damit das Risiko klimaschädlicher Anpassungsmaßnahmen nicht beseitigt. Die Nicht-Anpassung der L<strong>an</strong>dwirtschaft in diesem L<strong>an</strong>d führt zu einer weiteren Zuspitzung derKnappheitssituation auf den Weltagrarmärkten, und die weiter steigenden Weltagrarpreiseführen zu umso stärkeren Anpassungsmaßnahmen in irgendeiner <strong>an</strong>deren Region der Welt.Dieser Mech<strong>an</strong>ismus ließe sich nur in einer globalen, alle Sektoren umfassenden Klimaschutzstrategiewirksam unterbinden.Weshalb die Zertifizierung <strong>von</strong> Bioenergie-Importen wenig bewirken k<strong>an</strong>nVor diesem Hintergrund erscheinen auch die großen Erwartungen, die die deutsche unddie europäische Politik derzeit <strong>an</strong> die Zertifizierung des Anbaues <strong>von</strong> Importbiomasseknüpfen, weit überzogen. Der Politik<strong>an</strong>satz läuft im Grundsatz darauf hinaus, die Anforderungender guten l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Praxis nicht auf jene Agrarflächen zu beschränken,die innerhalb der EU liegen, sondern auf jene Agrarflächen auszudehnen, die außerhalbder EU liegen und auf denen <strong>Biomasse</strong> für die spätere Verwendung in der EU <strong>an</strong>gebautwird. Mit der Zertifizierung soll sichergestellt werden, dass die positiven Klimaeffekte derImport-<strong>Biomasse</strong>verwendung in der EU nicht durch negative Klimaeffekte (und sonstige


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 182negative Umwelteffekte) der <strong>Biomasse</strong>produktion <strong>an</strong> den Überst<strong>an</strong>dorten zunichte gemachtwerden.Die Umsetzung eines solchen Politik<strong>an</strong>satzes stellt eine große administrative Herausforderungdar, außerdem wirft der Ansatz schwierige rechtliche Fragen bezüglich der WTO-Konformität auf (vgl. ausführlich: SRU, 2007). Wichtiger ist aber: Selbst wenn es gelänge,all diese org<strong>an</strong>isatorischen und rechtlichen Probleme erfolgreich zu bewältigen, so wirktdoch das oben beschriebene Kernproblem der verschärften Knappheit weiter fort. Dennauch eine noch so mustergültig bewirtschafte Bioenergiefläche in Übersee steht, in gleicherWeise wie eine mustergültig bewirtschafte Bioenergiefläche in Europa, nicht mehrfür die Nahrungsmittelproduktion <strong>zur</strong> Verfügung, und dies führt dazu, dass das Weltagrarmarktsystem(s. o.) irgendwo <strong>an</strong>ders in der Welt Ersatz schafft – und dort mit tendenziellnegativen Auswirkungen auf die Treibhausgas-Emissionen.Diese indirekten negativen Klimawirkungen des <strong>Biomasse</strong><strong>an</strong>baues könnten nur in einemglobalen, alle Sektoren umfassenden CO 2 -Lizenzsystem implizit erfasst und kontrolliertwerden (s. o.). Da solch ein System aber noch in weiter Ferne liegt, sollten die bis dahinobwaltenden nationalen Bioenergie-Politiken diese negativen off-site-Effekte zumindest inihren ergänzenden Erwägungen berücksichtigen. Die Wirkungsrichtung ist dabei klar:Wenn die internationalen Agrarmärkte infolge einer hohen Nachfrage im Nahrungsmittelbereichohnehin schon <strong>an</strong>gesp<strong>an</strong>nt sind und wenn Kalkulationen zeigen, dass Bioenergiekeine wesentlich niedrigen CO 2äq -Vermeidungskosten ermöglicht als <strong>an</strong>dere erneuerbareEnergien, sondern im Gegenteil deutlich höhere Kosten aufweisen, d<strong>an</strong>n sollte aus klimapolitischerSicht jenen erneuerbaren Energien der Vorzug gegeben werden, die nicht zueiner Verschärfung der Flächenkonkurrenz und einer weiteren Erhöhung des Weltagrarpreisniveausund somit nicht zu einer weiteren Intensivierung der L<strong>an</strong>dwirtschaft führen.Die Diskussion hat gezeigt, dass eine Beurteilung der Bioenergieerzeugung auf Ackerflächennicht unabhängig <strong>von</strong> der Ausdehnung dieses Wirtschaftszweiges vorgenommenwerden k<strong>an</strong>n. Sol<strong>an</strong>ge es nur um die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Flächen ging, die zuvor im Rahmenstaatlicher Programme stillgelegt worden waren, blieben die Auswirkungen der Förderpolitikauf die Weltagrarmärkte marginal. Inzwischen hat jedoch die Ausdehnung der Bioenergieein Ausmaß erreicht, bei dem eine weitere Exp<strong>an</strong>sion immer größere Risiken fürUmwelt- und Klimaschutz birgt.Aus den gen<strong>an</strong>nten Gründen hält es der Beirat aus klimapolitischer Sicht für geboten,a) der Förderung <strong>von</strong> Solar- und Windenergie (vgl. Kapitel 2) Vorr<strong>an</strong>g vor der Förderungder Bioenergie ein<strong>zur</strong>äumen undb) die Bioenergie-Politik verstärkt auf solche Bioenergie-Linien aus<strong>zur</strong>ichten, die Nebenprodukteaus der Agrar- und Forstwirtschaft verwerten.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 1835.4 Bioenergie-Politik und das Ziel „Versorgungssicherheit“Die Sicherung der nationalen Energieversorgung ist – ebenso wie der verbesserte Klimaschutz– ein öffentliches Anliegen, das nicht allein dem Zusammenwirken privatwirtschaftlicherEntscheidungen überlassen werden sollte, sondern unter Umständen auch politischesH<strong>an</strong>deln erfordert.Heimische <strong>Biomasse</strong> k<strong>an</strong>n in Deutschl<strong>an</strong>d nur einen geringen Beitrag leistenDie deutsche L<strong>an</strong>d- und Forstwirtschaft leistet schon seit Jahrhunderten einen Beitrag <strong>zur</strong>Energieversorgung der Volkswirtschaft, indem sie Bioenergie erzeugt (traditionell warendies vor allem Feuerholz und Futter für Zugtiere).Gemessen <strong>an</strong> dem heute erreichten Energieverbrauch der deutschen Volkswirtschaft istdieser Beitrag allerdings sehr klein, und <strong>an</strong>gesichts der geringen FlächenausstattungDeutschl<strong>an</strong>ds wird die heimische Bioenergie-Produktion den heutigen Energiebedarf auchbei sehr starker Exp<strong>an</strong>sion immer nur zu einem geringen Teil decken können. Das verdeutlichenfolgende Überschlagsrechnungen:– Energieversorgung insgesamt: Wenn wir in einem Extrem-Szenario unterstellen, diegesamte deutsche Agrarfläche (17 Mio. ha) würde mit den heute vorherrschenden agrarischenBioenergie-Linien (Biodiesel auf Rapsbasis, Bioeth<strong>an</strong>ol auf Getreidebasis,Biogas ohne Wärmenutzung) komplett in den Dienst der Energiewirtschaft gestellt, sokönnten damit bei einem sehr hoch <strong>an</strong>gesetzten Nettoenergieertrag <strong>von</strong> 60 GJ/ha (vgl.Kapitel 4; 1.000 kWh = 3,6 GJ) maximal 1.000 PJ erzeugt werden. In diesem Extrem-Szenario ließen sich also nur knapp 7 % des Primärenergieverbrauchs bzw. 11 % desEndenergieverbrauchs Deutschl<strong>an</strong>ds aus agrarischer <strong>Biomasse</strong> (ohne Forstflächen) decken.Bei realistischen Bioenergie<strong>an</strong>teilen in der L<strong>an</strong>dwirtschaft liegen die Anteiledeutlich niedriger. Würden beispielsweise 30 % der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Fläche (LF)Deutschl<strong>an</strong>ds (5 Mio. ha) mit dem gegenwärtigen Bioenergie-Mix genutzt (Biodiesel,Bioeth<strong>an</strong>ol, Biogas für Strom, ca. 12.000 kWh/ha bzw. 43 GJ/ha, vgl. Kapitel 4), soließen sich damit lediglich 215 PJ entsprechend 2,3 % des EndenergieverbrauchsDeutschl<strong>an</strong>ds erzeugen. Bei einer konsequenten Fokussierung der Bioenergiestrategieauf die Hackschnitzel-KWK-Anlagen, die maximale Netto-Energieerträge je Hektarliefern, ließe sich dieser Anteil auf knapp 9 % steigern.– Fokussierung auf Flüssigkraftstoffe: Wenn wir unterstellen, dass <strong>an</strong>gesichts derbesonderen Engpässe bei Kraftstoffen für den Tr<strong>an</strong>sportsektor künftig eine Konzentrationder Bioenergie-Politik auf diesen Sektor erfolgt, kommen wir für dieses Teilsegmentdes Energiesektors zu höheren Anteilen. Auf 30 % der LF (5 Mio. ha) ließensich mit einem Biokraftstoff-Mix aus 50 % Biodiesel und 50 % Eth<strong>an</strong>ol (auf BasisWeizen) ca. 9 Mio. t Kraftstoffäquivalent erzeugen. Das entspricht rund 17 % des gesamtendeutschen Kraftstoffverbrauchs (ohne Flugbenzin). Diesen Anteil könnte m<strong>an</strong>


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 184bei Umstellung auf Biometh<strong>an</strong> oder BtL unter sehr optimistischen Annahmen aufknapp 40 % steigern. Zu beachten ist allerdings, dass (a) eine Umorientierung derKraftstoffbr<strong>an</strong>che auf Biometh<strong>an</strong> in auf absehbare Zeit nicht in Sicht ist, (b) erheblicheZweifel bestehen, ob sich eine großtechnische BtL-Produktion in Deutschl<strong>an</strong>d realisierenlässt, und (c) eine Fokussierung auf Biokraftstoffe keinen Platz mehr für <strong>an</strong>dereBioenergienutzungen ließe, die aus klimaschutzpolitischer Sicht weitaus sinnvollerwären.Ursache für diese insgesamt ernüchternde Bil<strong>an</strong>z ist letztlich die knappe FlächenausstattungDeutschl<strong>an</strong>ds. Wenn wir den Nahrungs-, Rohstoff- und Energiebereich gemeinsambetrachten, so ist ein gravierendes kumuliertes Versorgungsdefizit zu konstatieren, undeine Senkung des Versorgungsdefizits in einem Bereich führt bei ausgeschöpften <strong>Nutzung</strong>smöglichkeitenunweigerlich zu einer Erhöhung des Versorgungsdefizits in einem<strong>an</strong>deren Bereich.In dieser Ausg<strong>an</strong>gslage k<strong>an</strong>n eine Verdopplung der Bioenergie-Fläche im Hinblick auf dieVersorgungssicherheit nur sehr wenig bewirken, im Hinblick auf die Markt<strong>an</strong>teile derdeutschen L<strong>an</strong>dwirtschaft auf verschiedenen Nahrungsmittelmärkten hingegen sehr viel.Da Versorgungssicherheit über Eigenversorgung auch nicht <strong>an</strong>nähernd zu erreichen wäre,ist es nach Auffassung des Beirats <strong>von</strong> vornherein der falsche Ansatz, die diesbezüglicheenergiepolitische Strategiebildung primär um das Thema „Eigenproduktion <strong>von</strong> Bioenergie“kreisen zu lassen.Versorgungssicherheit durch ImportverträgeAusschlaggebend für die Versorgungssicherung wird vielmehr sein, dass es gelingt, einenmateriell und regional breit gestreuten Import-Mix mit hinreichender Vertragssicherheit zuorg<strong>an</strong>isieren. Der Import-Mix wird sowohl Importe fossiler Energieträger als auch Importeregenerativer Energieträger umfassen.Die Aussichten, diesen Weg der Versorgungssicherung erfolgreich zu beschreiten, sindgünstig. In den verg<strong>an</strong>genen Jahrzehnten hat Deutschl<strong>an</strong>d, wie viele <strong>an</strong>dere Länder auch,seinen wirtschaftlichen Aufstieg g<strong>an</strong>z selbstverständlich auf dem Import <strong>von</strong> Energie aufgebaut.Diese Strategie war erfolgreich.Energie wird auch künftig auf der Erde im Übermaß vorh<strong>an</strong>den sein, die wesentliche Herausforderungbesteht nur darin, hierbei den Schwenk <strong>von</strong> der fossilen <strong>zur</strong> regenerativenEnergie zu vollziehen (vgl. Kapitel 2). Auch in der Zukunft wird es, ebenso wie in derVerg<strong>an</strong>genheit, viele Länder geben, die ein großes Interesse dar<strong>an</strong> haben, ihre im Übermaßvorh<strong>an</strong>denen Potenziale im Bereich der Energie wirtschaftlich zu verwerten (Verg<strong>an</strong>genheit:fossil; Zukunft: regenerativ). Die Aufgabe für die Wirtschaftspolitik besteht darin,verlässliche Abkommen mit einer hinreichend großen Zahl <strong>von</strong> Anbieterländern zu schlie-


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 185ßen und auf diese Weise dem Risiko vorzubeugen, in allzu große Abhängigkeit <strong>von</strong> einemeinzigen Exportl<strong>an</strong>d zu geraten. Die Voraussetzungen hierfür werden sich beim Überg<strong>an</strong>gin das regenerative Energie-Zeitalter tendenziell verbessern, da die Zahl der potenziellenExportländer für regenerative Energien wesentlich größer sein wird als die Zahl der bisherigenExportländer für fossile Energieträger.Fazit: Das Ziel „Versorgungssicherheit“ k<strong>an</strong>n mit Hilfe der im Inl<strong>an</strong>d zu erzeugenden Bioenergienicht <strong>an</strong>nähernd erreicht werden, und es gibt <strong>an</strong>dere g<strong>an</strong>gbare Wege, um einennachhaltig sicheren Zug<strong>an</strong>g zu Energiequellen zu erschließen. Deshalb empfiehlt der Beirat,bei der künftigen Ausgestaltung der Bioenergiepolitik dem Ziel „Versorgungssicherung“keine Priorität zuzuweisen, sondern die Beiträge der Bioenergie <strong>zur</strong> Versorgungssicherunglediglich als begrüßenswerte Nebeneffekte <strong>an</strong>zusehen. Durch dieseSchärfung der politischen Ziele würde es möglich werden, die Bioenergiepolitik konsequenterauf die Ziele „Verbesserung des Klimaschutzes“ und „Schaffung <strong>von</strong> Arbeitsplätzen“aus<strong>zur</strong>ichten und in diesen Politikbereichen größere Erfolge zu erzielenUmprofilierung der deutschen L<strong>an</strong>dwirtschaft auf Energie hätte einen hohen PreisSollte die Politik dieser Empfehlung nicht folgen wollen, sondern im Gegenteil das Bedürfnishaben, die Bioenergie-Politik schwerpunktmäßig auf das Ziel der Versorgungssicherungmit Energie aus heimischen Quellen aus<strong>zur</strong>ichten, d<strong>an</strong>n war es konsequent, diejüngsten Politikbeschlüsse noch einmal grundlegend zu überprüfen.– So wäre beispielsweise die Beimischungsverpflichtung für Biokraftstoffe kritisch zuhinterfragen. Diese Verpflichtung führt grundsätzlich zu einer Gleichstellung <strong>von</strong> importierterund inländisch erzeugter Bioenergie, und <strong>an</strong>gesichts der Wettbewerbsverhältnisseist zu erwarten, dass im Laufe der Zeit immer mehr importierte Kraftstoffezum Einsatz kommen werden.– Unter dem Aspekt der Versorgungssicherung müsste auch das EEG so verändert werden,dass grundsätzlich keine Biogas<strong>an</strong>lagen mehr gebaut werden, bei denen die erzeugteWärmeenergie nicht genutzt wird. Solche Anlagen verwerten noch nicht einmaldie Hälfte der ihnen zugeführten Energie nutzbringend, binden aber wertvollel<strong>an</strong>dwirtschaftliche Flächen, die <strong>an</strong>sonsten wesentlich höhere Beiträge <strong>zur</strong> Energieversorgungleisten könnten.– Für Biogas<strong>an</strong>lagen mit Wärmekonzept bzw. Direkteinspeisung ins Gasnetz wäre unterdem Aspekt der Versorgungssicherung eine Anhebung der Einspeisevergütungen zuerwägen (ggf. eine gleitende Anpassung <strong>an</strong> das Agrarpreisniveau), damit die Biogaserzeugungauch bei stark steigenden Agrarpreisen ihren Wettbewerbsvorteil gegenüberder Nahrungsmittelerzeugung behält.Generell wäre die Bioenergie-Politik so umzugestalten, dass weniger die Verwendung <strong>von</strong>Bioenergie gefördert wird, sondern wieder verstärkt die inländische Erzeugung. Geeignete


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 186Instrumente hierzu wären die Anhebung der Energiepfl<strong>an</strong>zenprämie im Rahmen der gemeinsamenAgrarpolitik und die gezielte Ausrichtung der Investitionsförderung auf denBau <strong>von</strong> Bioenergie-Anlagen. Die Möglichkeiten des Staates, die inländische Produktiongegenüber Importen durch fin<strong>an</strong>zielle Hilfen zu bevorzugen, sind jedoch insgesamt begrenzt,weil das Subventionsrecht der EU und die Regelungen der WTO zu beachten sind.Vor diesem Hintergrund k<strong>an</strong>n der Staat seine Förderung am wirksamsten auf die inländischeBioenergie-Erzeugung lenken, wenn er solche Bioenergie-Linien investiv fördert, dieprimär auf die Belieferung mit schlecht tr<strong>an</strong>sportablen Rohstoffen <strong>an</strong>gewiesen sind (z. B.feuchte <strong>Biomasse</strong>).Solche Kurskorrekturen wären konsequent im Hinblick auf das Ziel, <strong>zur</strong> Verbesserung derVersorgungssicherung eine möglichst umf<strong>an</strong>greiche inländische Bioenergie-Produktion zuerreichen. Die Kehrseite der Medaille bestünde jedoch darin, dass die Flächennutzungskonkurrenzim Inl<strong>an</strong>d in besonderem Maße verschärft würde. Je höher die Förderung dosiertwürde, desto stärker würde die Nahrungsmittelproduktion verdrängt.Nach Auffassung des Beirats wäre dies kein <strong>an</strong>zustrebendes Szenario, denn die Umprofilierungdeutscher Agrarregionen zugunsten der Energieerzeugung und zulasten der Nahrungsmittelhätte weitreichende Konsequenzen:– Es entstünde eine zunehmende Versorgungslücke im Nahrungsmittelbereich, währendauf der <strong>an</strong>deren Seite der Beitrag der Agrarwirtschaft <strong>zur</strong> Energieversorgung insgesamtnach wie vor gering ausfiele (s. o.).– Die Agrarproduktion würde auf eine Produktlinie ausgerichtet (Energie), die geringeWertschöpfungspotenziale aufweist, im Vergleich <strong>zur</strong> Tierhaltung weniger Arbeitsplätzein ländlichen Räumen schafft (s. u.) und im Endeffekt durch einen scharfenKostenwettbewerb gekennzeichnet ist.– Die Agrarwirtschaft würde diese Ausrichtung nicht als Anpassungsreaktion aufVerbraucher- und Marktsignale vornehmen, sondern als Anpassungsreaktion auf sektoralausgerichtete politische Fördermaßnahmen. Sie würde sich damit erneut in einestarke Politikabhängigkeit begeben, aus der sie nach den jüngsten Agrarreformen geradeerst entlassen worden ist.Vor diesem Hintergrund hält es der Beirat für wichtig, bei der Weiterentwicklung des EEGdie Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Nahrungsmittelproduktion und insbesondereder tierischen Erzeugung sorgsam zu beachten. Die deutsche Politik hat beispielsweisedem (schlecht tr<strong>an</strong>sportablen) Silomais durch den Nawaro-Bonus eine besonders lukrativeVerwertungsmöglichkeit verschafft. Das führt bei den Futterbau- und Veredlungsbetriebenim Umkreis <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen zu einer Erhöhung der Kosten für die Futterbeschaffungund die Gülleentsorgung, so dass sich deren Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert.In den Veredlungshochburgen wird zudem die Nährstoffakkumulation durch die Bio-


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 187gas<strong>an</strong>lagen tendenziell weiter verschärft, was als Schritt in die falsche Richtung zu wertenist (vgl. BEIRATS-GUTACHTEN ZUKUNFT DER NUTZTIERHALTUNG, 2005)Sol<strong>an</strong>ge die <strong>an</strong>deren EU-Staaten der deutschen Biogas-Politik nicht folgen, ist damit <strong>zur</strong>echnen, dass der nationale Alleing<strong>an</strong>g Deutschl<strong>an</strong>ds bei der Biogas-Förderung zu einerallmählichen Verdrängung der Viehhaltung in <strong>an</strong>dere Mitgliedstaaten der EU führt. ImVergleich dazu sind die St<strong>an</strong>dortwirkungen, die durch das Vorpreschen Deutschl<strong>an</strong>ds beider Beimischungspflicht für Biokraftstoffe ausgelöst werden, wesentlich geringer, weilsich die Rohstoffe für Biodiesel und Bioeth<strong>an</strong>ol relativ kostengünstig tr<strong>an</strong>sportieren lassen.5.5 Bioenergie-Politik und das Ziel „Arbeitsplätze im Ländlichen Raum“Die Förderung <strong>von</strong> Bioenergie führt zu Anpassungsmaßnahmen in der Wirtschaft, die sichwiederum auf die sektorale und regionale Arbeitsmarktsituation auswirken. Dabei gibt eszwei gegenläufige Effekte:– Die Förderung führt in jenem Sektor, der unmittelbar gefördert wird (Betrieb <strong>von</strong> Bioenergie-Anlagen),sowie in jenen Sektoren, die mit diesem Sektor komplementär verbundensind (Anlagenbau), zu einer Zunahme der Beschäftigung.– Umgekehrt führt die Förderung in jenen Sektoren, die durch die Ausdehnung der Bioenergie<strong>zur</strong>ückgedrängt werden, zu einer Abnahme der Beschäftigung. Das gilt sowohlfür die Energiewirtschaft als auch für die L<strong>an</strong>dwirtschaft. Darüber hinaus führt auchdie zusätzliche fin<strong>an</strong>zielle Belastung der Strom- bzw. Kraftstoffverbraucher zu Arbeitsplatzverlustenin weiteren Sektoren Volkswirtschaft.Die qu<strong>an</strong>titative Abschätzung des Netto-Beschäftigungseffekts ist ein ausgesprochenschwieriges Unterf<strong>an</strong>gen, da weitreichende Annahmen hinsichtlich der Verflechtung derverschiedenen Wirtschaftssektoren innerhalb einer Volkswirtschaft und im internationalenWettbewerb getroffen werden müssen.Netto-Beschäftigungseffekte: Sektorstudien ergeben kein einheitliches Bild ...STAISS et al. (2006) haben in einer umfassenden Studie die Beschäftigungseffekte einesverstärkten Ausbaues der Erneuerbaren Energien untersucht. Im Basisjahr 2004 belief sichdie Beschäftigung in diesen Wirtschaftszweig auf 157.000 Arbeitsplätze, da<strong>von</strong> entfielen57.000 auf den Bereich der Bioenergie. Die Autoren vergleichen in der Studie ein Referenz-Szenario,bei dem der Anteil der Erneuerbaren Energien am PrimärenergieverbrauchDeutschl<strong>an</strong>ds <strong>von</strong> 4,6 % in 2005 auf 8,3 % in 2020 steigen würde, mit einem Ausbau-Szenario, das eine stärkere Steigerung auf 12,7 % vorsieht. Sie ermitteln für das Ausbau-Szenario für das Jahr 2020 eine Nettobil<strong>an</strong>z, die um 74.000 Erwerbstätige günstiger liegtals in der Referenz 2020. Sie heben allerdings hervor, dass diese Entwicklung vor allem


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 188vom Export getragen wird. Für die L<strong>an</strong>dwirtschaft ist die Nettobil<strong>an</strong>z des Ausbau-Szenarios im Vergleich <strong>zur</strong> Referenz leicht negativ.NUSSER et al. (2007) unternehmen in ihrer Analyse den Versuch, die Beschäftigungswirkungeneiner deutlich verstärkten <strong>Nutzung</strong> nachwachsender Rohstoffen genauer zu <strong>an</strong>alysieren.Das untersuchte Szenario unterstellt eine Ausdehnung des Anbaues nachwachsenderRohstoffe <strong>von</strong> 1,1 Mio. ha in 2004 auf 3,4 Mio. ha in 2020. Diese Exp<strong>an</strong>sion führt erwartungsgemäßzu erheblichen Beschäftigungseffekten, sofern es gelingt, die Wertschöpfungsketteim Inl<strong>an</strong>d zu halten. Für diesen Fall wird ein Anstieg der Erwerbstätigen überalle Nawaro-Bereiche (Anbau, Weiterverarbeitung, Vorleistungen und Investitionstätigkeiten)hinweg <strong>von</strong> ca. 76.000 im Jahr 2004 auf fast 170.000 im Jahr 2020 prognostiziert,wobei diese Brutto-Arbeitsplatzeffekte für die L<strong>an</strong>dwirtschaft im engeren Sinne deutlichniedriger liegen (ca. 22.600 in 2020 im Vergleich zu ca. 11.500 in 2004). Die aus der verstärktenNawaro-Orientierung resultierende Nettobeschäftigungswirkung wird mit 12.100Erwerbstätigen als leicht positiv ausgewiesen.... und berücksichtigen Verdrängungseffekte in der L<strong>an</strong>dwirtschaft nur un<strong>zur</strong>eichendBei der Interpretation der gen<strong>an</strong>nten Zahlen ist zu berücksichtigen, dass Verdrängungsvorgängein der L<strong>an</strong>dwirtschaft, die durch den Ausbau der Bioenergie aus <strong>Biomasse</strong> ausgelöstwerden können, in den Berechnungen nicht oder nur un<strong>zur</strong>eichend berücksichtigtwurden. NUSSER et al. (2007) gehen in ihrer Analyse da<strong>von</strong> aus, dass infolge der Produktivitätsfortschrittein der L<strong>an</strong>dwirtschaft im Jahr 2020 2,74 Mio. ha deutscher Ackerflächenicht mehr benötigt werden. Sie addieren hierzu die 0,96 Mio. ha stillgelegter Fläche desJahres 2004 und gehen somit da<strong>von</strong> aus, dass im Jahr 2020 mehr als 3,5 Mio. ha Ackerflächeungenutzt blieben.In der Anf<strong>an</strong>gszeit des Anbaus nachwachsender Rohstoffe mag diese Sichtweise zutreffendgewesen sein, denn es st<strong>an</strong>den in der Tat stillgelegte Flächen <strong>zur</strong> Verfügung, auf denenkeine Wertschöpfung erfolgte. Inzwischen hat sich jedoch die Perspektive für die nationalenund internationalen Agrarmärkte grundlegend gew<strong>an</strong>delt.– Wie bereits mehrfach dargestellt wurde, ist bei einem Erdölpreisniveau <strong>von</strong> mehr als50 $/bbl nicht zu rechnen, dass das internationale Agrarpreisniveau wieder auf dasniedrige Niveau der 1990er Jahre absinkt. Relativ hohe Weltagrarpreise wiederumführen dazu, dass die l<strong>an</strong>dwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschl<strong>an</strong>d weitestgehendgenutzt wird – auch d<strong>an</strong>n, wenn keine spezielle Förderung der Bioenergie betriebenwürde. Ein Brachfallen l<strong>an</strong>dwirtschaftlicher Flächen (freiwillige Flächenstilllegung)wäre somit nur in Ausnahmefällen zu erwarten.– Bezüglich der obligatorischen Flächenstilllegung geht der Beirat da<strong>von</strong> aus, dass diesein absehbarer Zukunft abgeschafft wird. Die Maßnahme ist unter den inzwischen eingetretenenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu rechtfertigen. Es ist


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 189nicht sinnvoll, einerseits mit staatlichen Verordnungen Fläche stillzulegen und <strong>an</strong>dererseitsmit der Bioenergieförderung möglichst viel Fläche in <strong>Nutzung</strong> nehmen zuwollen. Im Übrigen sind die Markt- und Einkommenswirkungen der Maßnahme kaumnoch spürbar, der bürokratische Aufw<strong>an</strong>d ist aber nach wie vor erheblich.Somit muss bei der Abschätzung der Arbeitsplatzwirkungen der deutschen Bioenergie-Förderung, <strong>an</strong>ders als dies in den zitierten Studien geschehen ist, die mögliche Verdrängungder klassischen l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Produktionsverfahren und der mit ihnen verbundenenWertschöpfungsketten berücksichtigt werden.Negative Beschäftigungseffekte bei Verdrängung der TierproduktionIm Folgenden soll <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d einiger vereinfachter Fallbeispiele verdeutlicht werden, welcheArbeitsplatzeffekte eine Verdrängung l<strong>an</strong>dwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten durchBioenergie-Produktion haben könnte. Dazu wird der Arbeitszeitbedarf für drei Verfahrender klassischen Veredlungsproduktion (Milchviehhaltung, Schweinemast, Bullenmast)einschließlich des nachgelagerten Bereichs (Molkerei, Schlachthof) hinsichtlich des Arbeitszeitbedarfesuntersucht, und die dabei ermittelten Werte werden d<strong>an</strong>n mit dem Arbeitskräftebedarfder Biogasproduktion verglichen. Als Bezugsgröße dient jeweils einHektar Futter- bzw. Substratfläche. Der Arbeitszeitbedarf in der L<strong>an</strong>dwirtschaft ist in Anlehnung<strong>an</strong> BERENZ et al. (2007) erfasst, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich um eineDurchschnittsbetrachtung h<strong>an</strong>delt und je nach betrieblicher Situation Abweichungen nachoben oder unten auftreten können. Arbeitsplatzeffekte im vorgelagerten Bereich werdennicht einbezogen, da sie sich nur schwer zuordnen lassen.In der Milchviehhaltung können <strong>von</strong> einem Hektar Futterfläche zwei Kühe mit einem kumuliertenMilchertrag <strong>von</strong> 12.000 bis 14.000 kg Milch versorgt werden. Die Arbeitszeit,die für die Futterbereitstellung inklusive Gülleausbringung <strong>an</strong>fällt, beträgt <strong>an</strong>nähernd20 AKh/ha. Zusätzlich muss mit ca. 40 AKh/Kuh für Stallarbeiten gerechnet werden, sodass sich ein Gesamtarbeitszeitbedarf im l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betrieb <strong>von</strong> rund100 AKh/ha ergibt (nach BERENZ et al., 2007). In der Molkerei fallen je nach Verarbeitungsstufeweitere knapp zehn bis über 110 AKh/ha <strong>an</strong> (nach BVDF, 2007; WEINDLMEIER,2006; BMELV, 2006). Insgesamt sind somit durch die Wertschöpfungskette Milch bis zu220 AKh/ha gebunden (vgl. Abbildung 5.1).Wir die Fläche für die Schweinemast eingesetzt, ist der erforderliche Arbeitseinsatz geringer.Auf der Futtergrundlage eines Hektars können ca. 30 Mastschweine gemästet werden.Für Futterbereitstellung sind ca. 10 AKh/ha <strong>an</strong>zusetzen und für die Stallarbeit (bei0,5 AKh/Mastschwein) ca. 15 AKh/ha, so dass im l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betrieb ca. 25 Arbeitstundenbereitgestellt werden müssen (BERENZ et al., 2007). Im nachgelagerten Bereich,der im Wesentlichen Erfassung und Tr<strong>an</strong>sport der Schweine sowie Schlachtung (etwa50 Akh/ha) und Verarbeitung (etwa 70 Akh/ha) umfasst, sind allerdings insgesamt bis


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 190zu 120 AKh/ha zu ver<strong>an</strong>schlagen, je nachdem ob das Endprodukt Fleisch ist oder beispielsweisezu Wurstwaren weiterverarbeitet wurde (nach AUER, 2007; MÜLLER, 2007).Eine entsprechende Untersuchung wurde auch für die Bullenmast durchgeführt. Im l<strong>an</strong>dwirtschaftlichenBetrieb ist der Arbeitsumf<strong>an</strong>g <strong>zur</strong> Futterbereitstellung und Stallarbeit mitrund 35 AKh/ha höher als in der Schweinemast, aber immer noch deutlich niedriger als beider Milchviehhaltung (nach BERENZ et al., 2007). Da in diesem Fall im Vergleich <strong>zur</strong>Schweinefleischerzeugung weniger Fleisch je Hektar bereitgestellt werden k<strong>an</strong>n, fällt auchder Arbeitszeitbedarf im nachgelagerten Bereich geringer aus. Erfassung, Tr<strong>an</strong>sport undSchlachtung binden ca. 25 AKh/ha. Gegebenenfalls müssen weitere 45 AKh/ha für dieWeiterverarbeitung hinzugerechnet werden (nach AUER, 2007; MÜLLER, 2007).Abbildung 5.1:Akh/ha250200Arbeitszeitbedarf je Hektar ausgewählter Wertschöpfungsketten derL<strong>an</strong>dwirtschaftmaxL<strong>an</strong>dwirtschaftliche Biogas<strong>an</strong>lageNachgelagerter BereichL<strong>an</strong>dwirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion150min120max1005010100min120min50 2570maxmax025Milchprodukte Schweinefleisch RindfleischBiogas35min2045Quelle: Nach Auer 2007, Berenz et al. 2007, BVDF 2007, Müller 2007, BMELV 2006, KTBL 2006ab, Weindlmeier 2006, FNR 2005,LfL 2003.Wird die bisher <strong>zur</strong> Futtergewinnung eingesetzte Fläche nun <strong>zur</strong> Substratbereitstellung füreine Biogas<strong>an</strong>lage verwendet, ergibt sich ein <strong>an</strong>deres Bild. Im l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betriebwerden je nach Anlagentyp und -größe zwischen 20 und 45 AKh/ha gebunden (FNR,2005). Im Gegensatz <strong>zur</strong> Schweinemast oder der Rindermast kommt allerdings bei derBiogasproduktion praktisch keine weitere Arbeitszeit im nachgelagerten Bereich hinzu(vgl. Abbildung 5.1). Somit zeigt der Vergleich, dass die drei Wertschöpfungsketten <strong>zur</strong>tiergebundenen Nahrungsmittelproduktion deutlich mehr Arbeitskräfte binden als das zumVergleich her<strong>an</strong>gezogene Verfahren „Biogas auf Silomais-Basis“. Dabei ist im Falle derMilchproduktion ein Großteil der Arbeit direkt im l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betrieb gebunden,


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 191während der Schwerpunkt bei der Fleischerzeugung eher im nachgelagerten Bereich liegt.Diese Arbeitsplätze könnten verloren gehen, wenn es zu einer Verdrängung der Tierproduktiondurch die Biogaserzeugung käme.Werden in der Biogas<strong>an</strong>lage Reststoffe aus der Veredlungsproduktion, insbesondere Gülle,eingesetzt, so ist mit einem geringfügigen Mehrbedarf <strong>an</strong> Arbeit (ca. 1 AKh/ha) zu rechnen.Für Biogas<strong>an</strong>lagen, die in Ackerbauregionen errichtet werden und daher keine tiergebundeneNahrungsmittelproduktion verdrängen, dürfte sich in der Regel ein deutlich positiverBeschäftigungseffekt ergeben. Zwar bindet der Ackerbau für Bioenergie ungefähr gleichviel Arbeit wie der Ackerbau für die Nahrungsmittelproduktion, doch tritt ergänzend derArbeitseinsatz für den Betrieb der Biogas<strong>an</strong>lagen hinzu. Vergleicht m<strong>an</strong> den gesamtenArbeitseinsatz beispielsweise mit dem Arbeitseinsatz, wie er im extensiven Ackerbau(inkl. Getreidelagerung und -export aus der Region) <strong>an</strong>fällt, so bindet die Biogas<strong>an</strong>lagedeutlich mehr Arbeitsstunden.Demgegenüber dürfte der Netto-Beschäftigungseffekt der Biodiesel- und Bioeth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lagenin den ländlichen Räumen nahe null liegen: Auf dem Acker ergeben sich keine positivenArbeitsplatzeffekte im Vergleich <strong>zur</strong> Nahrungsmittelerzeugung, und im nachgelagertenBereich sind die geschaffenen Arbeitsplätzen in den Biokraftstoff<strong>an</strong>lagen einerseitsund die verdrängten Arbeitsplätze im Bereich der Nahrungsmittelverarbeitung gegenein<strong>an</strong>derabzuwägen.Positive Beschäftigungseffekte für die ländlichen Räume entstehen vor allem in den Fällen,in denen die Förderung der Bioenergie <strong>zur</strong> Erschließung <strong>von</strong> bisher nicht genutztenEnergieträgern führt, die nicht in Konkurrenz <strong>zur</strong> Nahrungsmittelerzeugung stehen (z. B.Stroh, Knickholz).Wie sich die Arbeitsplatzeffekte der Bioenergie-Politik verbessern ließenFür das Teilziel „Schaffung nachhaltig wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze“ ist die gegen-wärtige Bioenergie-Politik nicht optimal:– Die Politik führt in erheblichem Maße zu Investitionen, für die heute bereits absehbarist, dass sie ohne <strong>an</strong>dauernde Subventionierung nicht rentabel betrieben werden können.Zwar wurde der vernünftige Grundsatz beherzigt, die Subventionen <strong>von</strong> vornhereindegressiv bzw. zeitlich befristet auszugestalten (sinkende Einspeisevergütungen,befristete Steuerbegünstigungen), doch zeigen die aktuellen Diskussion um die Biodiesel-Politikund die Weiterentwicklung des EEG, dass es politisch sehr schwierigist, den <strong>an</strong>visierten Subventionsabbau auch tatsächlich durchzuhalten.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 192– Die Politik hat den Bau <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen auch <strong>an</strong> solchen St<strong>an</strong>dorten begünstigt, <strong>an</strong>denen eine wirtschaftlich sinnvolle <strong>Nutzung</strong> der Wärme nicht möglich ist und <strong>an</strong> denenbereits eine massive Konkurrenzsituation <strong>zur</strong> Tierproduktion besteht.Nach Auffassung des Beirats könnte die Bioenergie-Politik günstigere Arbeitsplatzwirkungenentfalten– wenn bei der (dezentralen) Stromerzeugung aus <strong>Biomasse</strong> die <strong>an</strong>fallende Wärme konsequent(insbesondere als Prozessenergie) genutzt wird und daraus Impulse für regionaleEntwicklungsprozesse frei gesetzt werden.– wenn weniger Fin<strong>an</strong>zmittel in die Verbreitung <strong>von</strong> St<strong>an</strong>dard-Technologien <strong>zur</strong> heimischen<strong>Biomasse</strong>produktion geleitet würden und stattdessen– mehr Fin<strong>an</strong>zmittel in F&E-Aktivitäten gelenkt würden, die unmittelbar auf Technologieentwicklungund die Schaffung <strong>von</strong> technologieorientierten Arbeitsplätzen ausgerichtetsind,– wenn der Mitteleinsatz stärker auf jene Bioenergie-Linien und Konversionstechnologienkonzentriert würde, <strong>von</strong> denen auszugehen ist, dass sie künftig im weltweitenMaßstab das Geschehen im Bereich Bioenergie bestimmen.Dahinter steht die Erwartung, dass der Bioenergiebereich weltweit ein starkes Wachstumaufweisen wird und sich somit sehr gute Ch<strong>an</strong>cen bieten, innovative technische Lösungenund leistungsfähige Verarbeitungs<strong>an</strong>lagen auf dem Weltmarkt verkaufen zu können.Deutschl<strong>an</strong>d verfügt hier über eine hervorragende Ausg<strong>an</strong>gsposition, da (a) der qualitativhochwertige Anlagenbau eine starker Sektor der deutschen Volkswirtschaft ist und (b) sichin diesem Sektor das Teilsegment Bioenergie-Anlagen, maßgeblich unterstützt durch diedeutsche Förderpolitik der letzten Jahre, sehr gut entwickelt hat. Hier liegt zweifellos eingroßes Potenzial für künftige Arbeitsplätze.5.6 Zwischenfazit und ergänzende Erwägungen für einzelne SpartenAus der Diskussion der übergreifenden Aspekte der Bioenergie-Politik (Teilkapitel 5.1 bis5.5) haben sich bereits zahlreiche Hinweise für die Weiterentwicklung der politischenRahmenbedingungen innerhalb der einzelnen Sparten ergeben. Im Folgenden soll nun ausder Perspektive der einzelnen Sparten (<strong>Biomasse</strong>-Vergärung, Kraftstoffe aus <strong>Biomasse</strong>,<strong>Biomasse</strong>-Verbrennung) jeweils ein Zwischenfazit gezogen werden, und es sollen ergänzendeAspekte hinzugefügt werden, die für die Weiterentwicklung der jeweiligen Spartewichtig und daher bei den <strong>Empfehlungen</strong> zu berücksichtigen sind.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 1935.6.1 Wärmeerzeugung durch <strong>Biomasse</strong>-VerbrennungDie obigen Analysen haben gezeigt, dass die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> <strong>zur</strong> Wärmegewinnungein besonders interess<strong>an</strong>tes Segment der Bioenergie darstellt:– Bezüglich des Potenzials ist festzustellen, dass Bioenergie in diesem Segment bereitsbei den gegenwärtig erreichten Energiepreisen teilweise rentabel geworden ist, ohnedass es zusätzlicher staatlicher Fördermittel bedarf. Somit ist dieses Segment auch ausklimapolitischer Sicht interess<strong>an</strong>t, denn die CO 2äq -Vermeidungskosten liegen weitausniedriger als bei den meisten <strong>an</strong>deren Bioenergie-Linien. Somit könnte bei knappenMitteln hier ein besonders großer Beitrag zum Klimaschutz erreicht werden.– Bezüglich der tatsächlichen <strong>Nutzung</strong> ist hingegen festzustellen, dass bisher im Wesentlichennur Forstflächen für die Wärmeerzeugung nutzbar gemacht worden sind,während die l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Flächen primär über die Biogas- und den Biokraftstoffliniegenutzt werden. Ch<strong>an</strong>cen für eine effizientere Klimaschutzpolitik bleibensomit ungenutzt.Dieser aus klimapolitischer Sicht ungünstige Befund ist zum einen auf die extrem unterschiedlicheBesteuerung der fossilen Energieträger <strong>zur</strong>ückzuführen, zum <strong>an</strong>deren auf diesegmentierte Förderpolitik im Bereich der Bioenergie, welche Biokraftstoffe, Biogas undStromerzeugung deutlich besser stellt als den Wärmebereich (vgl. Kapitel 3 und 5.3). Ausdiesem Grund empfiehlt der Beirat, schrittweise die Energiesteuern im Wärmebereich(Heizöl) <strong>an</strong>zuheben und aus der segmentierten Bioenergieförderung auszusteigen. Da diePolitik diese „first best“-Lösung – wenn überhaupt – erst im Laufe vieler Jahre umsetzenwird, stellt sich die Frage, ob die Politik nicht zwischenzeitlich im Sinne einer „secondbest“-Lösung die Benachteiligung des Wärmebereichs ausgleichen sollte, indem sie eineErhöhung der Förderbeträge vorsieht.Investitionsförderung, Modellvorhaben, sozioökonomische BegleitforschungHierzu schlägt der Beirat eine zweigleisige Strategie vor. Zum einen empfiehlt er, imRahmen der bereits bestehenden Förderpolitiken für den Wärmebereich (vgl. Kapitel 3)die Förderkonditionen so zu ändern, dass der Kreis der Fördernehmer ausgeweitet wird.Während bisher in erster Linie Eigenheimbesitzer Fördernehmer sind, sollten künftig verstärktAnreize für den Mietwohnungsbereich, für den Ausbau <strong>von</strong> Nahwärmenetzen sowiedie Verbreitung wärmegeführter KWK-Anlagen geschaffen werden.Des Weiteren empfiehlt der Beirat die verstärkte Durchführung <strong>von</strong> Modellvorhaben indiesem Bereich. Ziel der Modellvorhaben sollte es sein, zunächst einmal unterschiedlicheKonzepte der Investitionsförderung zu erproben, zu optimieren und unterein<strong>an</strong>der zu vergleichen,um auf diese Weise eine verbesserte Grundlage für eine spätere Breitenförderungzu schaffen. Da Investitionsvorhaben im Wärmebereich häufig dadurch gekennzeichnetsind, dass eine große Zahl <strong>von</strong> Entscheidungsträgern sich auf eine gemeinsame Strategie


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 194verständigen muss, erscheint es sinnvoll, zunächst einmal verschiedene Ansätze <strong>zur</strong> Lösungdieses Org<strong>an</strong>isationsproblems vergleichend zu evaluieren.Von großer Bedeutung ist dabei, dass diese Modellvorhaben mit einer intensiven sozioökonomischenBegleitforschung ausgestattet werden. Diese Begleitforschung sollte soausgestaltet sein, dass– zum einen die Hemmnisse während der Pl<strong>an</strong>ungs- und Realisierungsphase sorgfältigerhoben und <strong>an</strong>alysiert werden,– zum <strong>an</strong>deren aber auch eine vergleichende Beurteilung der verschiedenen Modellvorhabenermöglicht wird, die bis zu den CO 2äq -Vermeidungskosten reicht.Im Vorfeld der Modellvorhaben sollten bereits einige wichtige Fragen, die für die Verbreitungder <strong>Biomasse</strong> im Wärmebereich <strong>von</strong> erheblicher Bedeutung sein können, aus juristischerPerspektive abgeklärt werden. Solche Fragen sind zum Beispiel:– Wäre es möglich und sinnvoll, dass der Staat den Kommunen einen fin<strong>an</strong>ziellen Anreizdafür gibt, dass sie in Neubaugebieten Wärmenetze errichten und für die Bauherreneinen Anschlusszw<strong>an</strong>g vorsehen?– Wie k<strong>an</strong>n im Mietwohnungsbereich erreicht werden, dass die Vermieter die steigendenHeizölkosten nicht einfach <strong>an</strong> die Mieter weiterleiten, sondern – gegebenenfallsunter Beteiligung der Mieter – Investitionen in Maßnahmen <strong>zur</strong> Energieeinsparungoder <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Bioenergie vornehmen?Durch die Klärung solcher Fragen im Vorfeld der Modellvorhaben wird die Möglichkeitgeschaffen, die in den Modellvorhaben zu testenden Org<strong>an</strong>isationskonzepte so auszugestalten,dass deren Ergebnisse später auch tatsächlich in eine Verbesserung der rechtlichenRahmenbedingungen einmünden können.Forschungsprojekte <strong>zur</strong> Emissionsminderung und <strong>zur</strong> ForstgenetikZusätzlich zu den soziökonomischen und juristischen Forschungsprojekten sollten nachAuffassung des Beirats auch einige Forschungsprojekte im produktionstechnischen Bereichkurzfristig auf den Weg gebracht werden, um die Potenziale der thermischen <strong>Nutzung</strong><strong>von</strong> Bioenergie besser als bisher ausschöpfen zu können. Das betrifft insbesonderezwei Bereiche.Zum einen hält es der Beirat für erforderlich, die Forschung zum Emissionsverhalten und<strong>zur</strong> Minderung der Emissionen bei der Verbrennung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> vorübergehend zu verstärken.Die hier liegenden Gesundheitsrisiken müssen minimiert werden, indem (a) dieAnlagentechnik weiter verbessert wird und (b) justitiable Vorschriften für einen unbedenklichenAnlagenbetrieb erlassen werden. Im Hinblick auf die Politikberatung ist es


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 195auch wichtig, vergleichende Analysen über das Emissionsverhalten in unterschiedlichenAnlagen-Konstellationen zu erhalten.In diese Vergleiche sollte auch die Mit-Verbrennung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> in Heizkraftwerkenbzw. Kraftwerken einbezogen werden. Sollte sich diese Form der Gewinnung <strong>von</strong> Wärmeund/oder Strom unter Emissions-, Klimaschutz- und Kostenerwägungen als überlegen herausstellen(im Vergleich zu kleineren Anlagen), d<strong>an</strong>n sollte sie nicht nur zugelassen, sondernsogar vorr<strong>an</strong>gig betrieben werden. Dieses Plädoyer des Beirats für eine Genehmigungspolitik,die sich ausschließlich <strong>an</strong> den Zielbeiträgen der verschiedenen Optionen orientiertund nicht <strong>an</strong> ideologischen Vorfestlegungen (klein vs. groß, L<strong>an</strong>dwirtschaft vs.Energiewirtschaft), betrifft die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Stroh und Holz ebenso wie für die <strong>Nutzung</strong><strong>von</strong> Getreidekörnern bzw. Getreide-G<strong>an</strong>zpfl<strong>an</strong>zen.Zum zweiten hält es der Beirat für erforderlich, die öffentlich fin<strong>an</strong>zierte Pfl<strong>an</strong>zenzüchtungim Bereich der schnell wachsenden Baumarten zu verstärken. Zwar ist Pfl<strong>an</strong>zenzüchtunggrundsätzlich eine Aufgabe, die in marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnungen primär<strong>von</strong> der Privatwirtschaft durchgeführt werden k<strong>an</strong>n, doch fällt das Engagement derprivaten Pfl<strong>an</strong>zenzüchtung im Bereich der schnellwachsenden Baumarten relativ geringaus, weil sich der Zuchtfortschritt bei den Klonpfl<strong>an</strong>zen nur sehr schwierig in privatwirtschaftlicheGewinne ummünzen lässt.Nachdem sich sowohl im Wärmebereich als auch bezüglich der Kraftstoffe der zweitenGeneration eine stark steigende Nachfrage nach Holz abzeichnet, verspricht der Anbauschnell wachsender Bäume insbesondere auf leichten, grundwassernahen St<strong>an</strong>dorten einewirtschaftlich interess<strong>an</strong>te Option zu werden. Insofern wäre es sinnvoll, Pfl<strong>an</strong>zenzüchtungund Pfl<strong>an</strong>zenbau in diesem Segment zu verstärken. Auch der Umst<strong>an</strong>d, dass beide Bereichein der Verg<strong>an</strong>genheit nur relativ gering bearbeitet wurden und insofern mit geringenForschungsaufwendungen bereits relativ hohe Grenzerträge zu erwarten sind, spricht fürein verstärktes Engagement in diesem Bereich. Bei den letzten Tagungen des Dachverb<strong>an</strong>dsAgrarforschung zu den Themenbereichen Züchtungsforschung und Bioenergie zeigtesich aber deutlich, dass in diesem Segment der deutschen Forschungsl<strong>an</strong>dschaft eineLücke klafft.Deshalb hält es der Beirat in dieser speziellen Konstellation für sinnvoll, die Züchtungsarbeitzumindest für eine gewisse Zeit mit öffentlichen Mitteln zu verstärken. Die hier eingesetztenMittel würden sich für den Klimaschutz um ein Vielfaches effektiver erweisenals beispielsweise jene Mittel, die derzeit in den weiteren Ausbau der Biogas- oder Biokraftstoffproduktiongesteckt werden.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 1965.6.2 Vergärung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> (Biogaserzeugung)Aus der obigen Analyse wurde deutlich, dass der Biogas-Boom der verg<strong>an</strong>genen Jahre inerster Linie auf die lukrativen Einspeisevergütungen des EEG und hier insbesondere aufden Nawaro-Bonus <strong>zur</strong>ückzuführen ist. Durch die erhebliche Förderung konnte sich diedeutsche Biogas-Br<strong>an</strong>che kraftvoll entwickeln und erhebliche technologische Fortschritteerzielen. Damit konnte sie auch eine sehr gute Ausg<strong>an</strong>gsposition für den Anlagen-Exportaufbauen. Dieses ist zweifellos ein positiver Aspekt, da da<strong>von</strong> auszugehen ist, dass sichder Markt für Biogas<strong>an</strong>lagen weltweit exp<strong>an</strong>siv entwickeln wird.Wärmenutzung erzwingen, Förderung international <strong>an</strong>gleichenEine einfache Fortschreibung der gegenwärtigen Biogas-Politik in Deutschl<strong>an</strong>d wäre allerdingsnicht sinnvoll, da die Förderung eine Reihe <strong>von</strong> unerwünschten Nebenwirkungenauslöst. Zu kritisieren sind insbesondere zwei Effekte:– Sol<strong>an</strong>ge die <strong>an</strong>deren Mitgliedstaaten der EU ebenso wie die sonstigen Länder der Weltdie besonders hohe Biogas-Förderung Deutschl<strong>an</strong>ds nicht übernehmen, besteht das Risiko,dass es im Laufe der Zeit zu einer allmählichen Verdrängung <strong>von</strong> Nahrungsmittelproduktionins Ausl<strong>an</strong>d kommt. Diese politisch induzierte Umprofilierung der deutschenL<strong>an</strong>dwirtschaft wäre nach Auffassung des Beirats nicht sinnvoll.– Der Nutzen der bisher durch das EEG geförderten Anlagen für die Ziele „Klimaschutz“und „Versorgungssicherung“ ist zu gering, weil die Energieeffizienz dieserAnlagen für die Stromerzeugung wesentlich schlechter ausfällt als diejenige modernerAnlagen auf der Basis fossiler Energieträger und weil die meisten Biogas<strong>an</strong>lagen nichtüber ein nachhaltiges Wärmenutzungskonzept verfügen. Deshalb bleibt ein erheblicherTeil der Energie ungenutzt. In dieser Form ist Biogas kein sinnvoller Best<strong>an</strong>dsteileiner Klimaschutzpolitik, da die CO 2äq -Vermeidungskosten zu hoch sind.Hieraus ergeben sich zwei grundsätzliche <strong>Empfehlungen</strong>: Zum einen ist zu empfehlen, diewirtschaftliche Anreize für Biogas im internationalen Verbund stärker <strong>an</strong>ein<strong>an</strong>der <strong>an</strong>zugleichenund damit die Sonderstellung Deutschl<strong>an</strong>ds <strong>zur</strong>ückzufahren. Zum <strong>an</strong>deren solltedie Einspeisevergütung für Biogas aus Neu<strong>an</strong>lagen so weit abgesenkt werden, dass sichInvestitionen in Biogas<strong>an</strong>lagen auf Maisbasis, welche kein rentables Wärmenutzungskonzepthaben, nicht mehr lohnen – auch d<strong>an</strong>n nicht, wenn das Weltagrarpreisniveau wiedereinmal sinken sollte.Als Alternative <strong>zur</strong> Absenkung der Einspeisevergütung wurde <strong>von</strong> verschiedenen Seitenvorgeschlagen, die derzeitigen Vergütungssätze im Grundsatz beizubehalten, aber ergänzendin jedem Einzelfall ein Wärmenutzungskonzept als Voraussetzung für die Stromeinspeise-Vergütungeinzufordern. Dieser Alternativvorschlag ist nach Auffassung des Beiratsnicht überzeugend. Sol<strong>an</strong>ge eine Biogas<strong>an</strong>lage (infolge hoher Strompreise) ohne


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 197Wärmeverkauf rentabel ist, ist zu erwarten, dass Investoren <strong>an</strong> St<strong>an</strong>dorten, bei denen dieWärmenutzung schwierig ist, lediglich „pro forma“-Wärmekonzepte vorlegen, um in denGenuss der hohen Strompreise zu kommen. Solche Konzepte <strong>von</strong> wirklich sinnvollenWärmekonzepten zu unterscheiden, würde einen hohen administrativen Aufw<strong>an</strong>d erfordern.Wird Direkteinspeisung die bessere Alternative?Die <strong>Nutzung</strong> der Wärme, die in den Biogas<strong>an</strong>lagen entsteht, ist oft schwierig und teuer,weil die Absatzmöglichkeiten für Prozessenergie im gewerblichen Bereich fehlen und einNeubau <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wärmeabnehmern (z. B.Wohngebiete, Kr<strong>an</strong>kenhäuser) kaum genehmigungsfähig ist. Deshalb liegt es nahe, übereine grundlegende Veränderung des Leitbildes der deutschen Biogaspolitik nachzudenken.Während das Leitbild zunächst in der Kombination <strong>von</strong> Stromeinspeisung und st<strong>an</strong>dortgebundenerAbwärmenutzung best<strong>an</strong>d, wäre als alternatives Leitbild für die Zukunft eineDirekteinspeisung in Betracht zu ziehen. Das ohnehin bereitstehende Erdgasnetz könnteauf diese Weise kostengünstig mitgenutzt werden, und das Gas könnte <strong>an</strong> den jeweiligenVerbrauchspunkten in die effizienteste Verwendung geleitet werden (z. B. Kraft-Wärme-Kopplung, Erdgast<strong>an</strong>kstellen).Die Direkteinspeisung erfordert allerdings eine Aufreinigung des Biogases, und mit dieserAufreinigung sind aus heutiger Perspektive mehrere Probleme verbunden:– Zum einen ist die Aufreinigung recht kostspielig, und die Kosten lassen sich nur d<strong>an</strong>nin einem halbwegs vertretbaren Rahmen halten, wenn relativ große Gasmengen <strong>an</strong>fallen.Hierzu wäre es erforderlich, eine Konzentration großer Biogas<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong> einemSt<strong>an</strong>dort herbeizuführen. Eine derartige Ballung, die aus klimapolitischer Sicht effizientist, würde jedoch in vielen Regionen Konflikte auslösen, beispielsweise wegender Be<strong>an</strong>spruchung der Zufahrtstraßen durch die umf<strong>an</strong>greichen Tr<strong>an</strong>sportaktivitätenoder wegen der Verdrängung der Nutztierhaltung aus der Region. Möglicherweisekönnte die Verbindung mehrerer kleiner Biogas<strong>an</strong>lagen mit Hilfe <strong>von</strong> Biogas-Pipelines hier ein Lösungs<strong>an</strong>satz sein; ob sich der hiermit verbundene Aufw<strong>an</strong>d rentiert,müsste noch eingehender untersucht werden.– Zum <strong>an</strong>deren ist zu berücksichtigen, dass bei der Aufreinigung <strong>von</strong> Biogas immerauch eine gewisse Menge Meth<strong>an</strong> in die Umwelt freigesetzt wird. Da Meth<strong>an</strong> im Hinblickauf den Treibhauseffekt sehr ungünstig zu bewerten (vgl. Kapitel 2.5), k<strong>an</strong>n dieser„Meth<strong>an</strong>schlupf“ den eigentlich <strong>an</strong>gestrebten positiven Klimaeffekt, der durch dieEinsparung fossiler Brennstoffe bewirkt wird, komplett zunichte machen. Nach gegenwärtigemSt<strong>an</strong>d der Technik lässt sich die Meth<strong>an</strong>emission durch geeignete Verfahrenbegrenzen, aber nicht völlig vermeiden.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 198Der Beirat empfiehlt, im Rahmen der Forschungsförderung die Arbeiten <strong>zur</strong> Direkteinspeisungzu intensivieren. Es wäre nach Auffassung des Beirats aber verfrüht, in der praktischenBiogasförderung bereits jetzt einen Strategie-Wechsel in Richtung Direkteinspeisungvorzunehmen.Damit steht die praktische Politik gegenwärtig vor einem schwierigen Bal<strong>an</strong>ce-Akt:– Einerseits müsste die Förderung der Biogaserzeugung im Rahmen des EEG jetzt deutlichreduziert werden, damit verhindert wird, dass weiterhin Biogas<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong> St<strong>an</strong>dortengebaut werden, die sich im Endeffekt als wenig geeignet herausstellen (keineWärmenutzung, kein Anschluss <strong>an</strong>s Gasnetz, keine Vernetzung mit Nachbar<strong>an</strong>lagen).– Andererseits sollte die Politik in diesem Bereich aber auch nicht so stark auf dieBremse treten, dass ein Großteil der Biogas-Anlagenbauer in den Konkurs getriebenwird. Insofern gilt es die Bedingungen so weiterzuentwickeln, dass (a) die Nachfragenach Biogas<strong>an</strong>lagen in die klimapolitisch sinnvollen Bereiche umgelenkt wird (GülleundReststoffverarbeitung) und (b) die Ch<strong>an</strong>cen im Technologieexport noch stärkerals bisher genutzt werden können.Schlussfolgerungen im Hinblick auf die EEG-NovelleIn dieser Ausg<strong>an</strong>gslage spricht sich der Beirat dafür aus, auch bei künftig gebauten Anlagendie Stromeinspeisung aus Biogas<strong>an</strong>lagen im EEG zunächst beizubehalten, aber dieFördersätze und -konditionen <strong>an</strong>zupassen. Der „Nawaro-Bonus“ und der „Technologie-Bonus“ (in seiner bisherigen Form) sollten entfallen, während umgekehrt der Anreiz fürden Einsatz <strong>von</strong> Neben- und Abfallprodukten verbessert werden sollte (Anhebung derGrundvergütung und Einführung eines „Gülle-Bonus“).Die Politik sollte die Biogas-Br<strong>an</strong>che im Rahmen ihrer Möglichkeiten dabei unterstützen,den Technologie- und Anlagenexport auszubauen und sich Markt<strong>an</strong>teile in möglichst vielenLändern zu sichern.Bezüglich der <strong>an</strong>stehenden Novellierung des EEG empfiehlt der Beirat außerdem, dieStaffelung der Einspeisevergütungen zugunsten kleinerer Biogas<strong>an</strong>lagen abzuschaffen.Auch bei der Biogaserzeugung gibt es je nach St<strong>an</strong>dortbedingungen eine optimale Betriebsgröße,die letztlich im Zusammenspiel <strong>von</strong> Unternehmern und Genehmigungsbehördenfestzulegen ist. Hierbei bringen die Unternehmen die betrieblichen Erwägungen ein,einschließlich der Wärmeabnahme-Potenziale in ihrer Nachbarschaft, während die Genehmigungsbehördenihre Beurteilung bezüglich der externen Effekte der Anlagen einbringen(Einfluss auf L<strong>an</strong>dschaftsbild, Verkehrsbelastung etc.). Diese Zuständigkeitsverteilungreicht aus, um eine für den St<strong>an</strong>dort optimale Entscheidung zu treffen. Die Bundespolitiksollte in diesen Prozess nicht verzerrend eingreifen, indem sie L<strong>an</strong>dwirte dazubewegt, tendenziell kleinere Anlagen zu be<strong>an</strong>tragen, die sich nur wegen der erhöhten För-


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 199derung lohnen und nach Auslaufen der Förderung möglicherweise eher unrentabel werden.Zu kleine Anlagen haben in der Regel eine geringere Produktivität und verursachen somithöhere volkswirtschaftliche CO 2äq -Vermeidungskosten.<strong>Empfehlungen</strong> für die Bundesländer und die GemeinschaftsaufgabeIn der Verg<strong>an</strong>genheit hat eine Reihe <strong>von</strong> Bundesländern den Bau <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen nochzusätzlich dadurch unterstützt, dass sie Steuermittel aus der Politik <strong>zur</strong> ländlichen Entwicklungauch für die Investitionsförderung beim Bau <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen eingesetzt haben.Einige Bundesländer haben dies inzwischen beendet, <strong>an</strong>dere betreiben diese Investitionsförderungweiter.Angesichts des begrenzten Nutzens der Biogaserzeugung empfiehlt der Beirat allen Bundesländern,im Rahmen der zweiten Säule der Agrarpolitik grundsätzlich keine Investitionsförderungmehr für Biogas<strong>an</strong>lagen vorzusehen, sofern keine umfassende Wärmenutzungvorgesehen ist. Aber auch für den Fall, dass die Wärme genutzt wird, sieht der Beiratden Einsatz der Investitionsförderung in diesem Bereich kritisch. In diesem Fall erhaltenInvestoren – zusätzlich zu den Erlösen aus der Wärmeverkauf – eine zweifache Belohnungfür die Wärmenutzung (KWK-Bonus für den verkauften Strom; Investitionsförderung),und es ist nach Auffassung des Beirats für die effiziente Aussteuerung eines Politikbereichsgrundsätzlich ungünstig, wenn Bund und Länder aus verschiedenen Quellen dieFörderung ein- und desselben Sachverhalts unterstützen.Angesichts der Probleme, die in einzelnen Regionen durch eine zu starke regionale Konzentrationder Biogas<strong>an</strong>lagen aufgetreten sind (Nährstoffakkumulation; Verdrängung derTierproduktion; Beeinträchtigung des L<strong>an</strong>dschaftsbildes), und <strong>an</strong>gesichts der Notwendigkeiteiner gewissen regionalen Konzentration im Hinblick auf eine effiziente Org<strong>an</strong>isationder Direkteinspeisung <strong>von</strong> Biogas (s. o.) empfiehlt der Beirat den Bundesländern ferner,die Pl<strong>an</strong>ung und Genehmigung <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen wesentlich stärker als bisher in die regionalenEntwicklungskonzepte einzubetten.Die Bundesländer sollten auch ihre Bemühungen verstärken, eine möglichst lückenloseDokumentation und Begrenzung der Nährstoffüberschüsse auf l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betriebenzu erwirken. Dies ist im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Biogasförderung deshalb <strong>von</strong> Bedeutung,weil der Betrieb <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen ohne eine wirksame Kontrolle der Nährstoffmengenzu einer Erhöhung der regionalen Nährstoffüberschüsse und damit auch zueiner Verschärfung der Treibhausgas-Emissionen führen k<strong>an</strong>n.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 2005.6.3 Kraftstoffherstellung aus <strong>Biomasse</strong>Innerhalb der deutschen Bioenergie-Politik kommt dem Biokraftstoff-Segment bisher einerelativ große Bedeutung zu. Die obige Analyse hat allerdings gezeigt, dass die Interventionslogikder deutschen Biokraftstoffpolitik <strong>von</strong> einer gewissen Widersprüchlichkeit geprägtist.– Im Hinblick auf die Ziele „Klimaschutz“ und „Arbeitsplätze“ wäre es sinnvoll, denförderpolitischen Fokus innerhalb des Bioenergie-Segments weg <strong>von</strong> der Kraftstoffundhin <strong>zur</strong> Wärme- und Stromerzeugung zu lenken.– Im Hinblick auf das Ziel „Versorgungssicherheit“ wäre es, sofern ein besonderer Engpassbei den Kraftstoffen für den Verkehrssektor befürchtet wird, bei der oben geschildertenAusg<strong>an</strong>gslage naheliegend, zunächst einmal ein starkes Politiksignal <strong>zur</strong>Substitution <strong>von</strong> Heizöl durch <strong>an</strong>dere Energieträger zu geben (vgl. Kapitel 5.6.1). Diesesist bisher nicht der Fall. Bei einer hohen politischen Präferenz für das Ziel„Selbstversorgung mit Biokraftstoffen“ wäre es <strong>an</strong>gesichts der unterschiedlichen Flächenerträgezumindest erwägenswert, einen Schwerpunkt auf die Biokraftstoff-Option„Biometh<strong>an</strong>-Direkteinspeisung für Erdgas-Autos“ zu legen (vgl. Kapitel 4). Das istbisher aber ebenfalls nicht erkennbar.Der Beirat sieht deshalb die wichtigste Aufgabe der Politik zunächst darin, präziser alsbisher zu definieren, welche der übergeordneten Ziele (Klimaschutz, Arbeitsplätze, Versorgungssicherung)mit welcher Priorität erreicht werden sollen und welche l<strong>an</strong>gfristigausgerichteten Technologieentwicklungen prioritär vor<strong>an</strong>getrieben werden sollen. Daraufabgestimmt sollte d<strong>an</strong>n eine möglichst effiziente Strategie <strong>zur</strong> Zielerreichung entwickeltwerden.Nach Einschätzung des Beirats wird sich der Biokraftstoffbereich, weltweit gesehen, inden kommenden Jahrzehnten weiterhin stark ausdehnen, getrieben durch die hohen Energiepreise.Parallel dazu schreitet die Liberalisierung der H<strong>an</strong>delspolitik vor<strong>an</strong>, das giltauch für die L<strong>an</strong>dwirtschaft im Allgemeinen und die Alkoholproduktion im Besonderen.Entscheidungsträger in allen Teilen der Welt stehen somit vor der großen Herausforderung,bei ihren Investitionsvorhaben abzuschätzen, wie sich die Agrarproduktion <strong>an</strong> ihremSt<strong>an</strong>dort in das Zukunftsszenario (hohe Energie- und Agrarpreise, freier Welth<strong>an</strong>del) einpassenwird.Politische Bevorzugung der Inl<strong>an</strong>dsproduktion ist unnötig und risk<strong>an</strong>tIn dieser Situation hält es der Beirat weder für erforderlich noch für sinnvoll, wenn diedeutsche Politik diesen Suchprozess der weltweiten Marktwirtschaft dadurch überformt,dass sie eine besonders günstige Situation für die heimische Biodiesel- und Bioeth<strong>an</strong>olproduktionzu schaffen versucht. Wenn die Liberalisierung der Agrarh<strong>an</strong>delspolitik vor<strong>an</strong>-


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 201schreitet, wird die Produktion <strong>von</strong> Nahrungsmitteln und Energie <strong>an</strong> jene St<strong>an</strong>dorte w<strong>an</strong>dern,die hierfür jeweils am besten geeignet sind. Deshalb ist es risk<strong>an</strong>t, wenn die Politikunter dem noch gegebenen Schutzschirm <strong>von</strong> Zöllen und technischen Normen die hiesigeWirtschaft zu Investitionsentscheidungen bewegt, die sich unter künftigen Rahmenbedingungenals Fehlentscheidungen herausstellen werden.Um die Produktion <strong>von</strong> Biokraftstoffen <strong>von</strong> vornherein <strong>an</strong> die hierfür bestgeeignetenSt<strong>an</strong>dorte zu lenken und die diesbezügliche Pl<strong>an</strong>ungssicherheit für alle Entscheidungsträgerzu verbessern, sollte die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass die Bedingungenfür einen möglichst freien H<strong>an</strong>del mit Biokraftstoffen schrittweise verbessert werden. Dasbetrifft insbesondere den sukzessiven Abbau des hohen Zollschutzes für Alkohol, aberauch die Weiterentwicklung der technischen Normen für Biodiesel, die sich ausschließlich<strong>an</strong> technischen Anforderungen und nicht am Ziel einer Bevorzugung einzelner Rohstoffe(Raps) orientieren sollten. Außerdem sollten die getrennten Unterquoten für Biodiesel undBioeth<strong>an</strong>ol aufgehoben und zu einer Gesamtquote für Biokraftstoffe verschmolzen werden.Dieser Politikwechsel würde für die deutsche L<strong>an</strong>dwirtschaft keine Verschlechterung derRahmenbedingungen nach sich ziehen. Wenn die Nachfrage nach Biokraftstoffen hochbleibt und lediglich die Politikpräferenz für die deutschen Bioenergieproduktions-St<strong>an</strong>dorte entfällt, d<strong>an</strong>n führt dies nicht zu einer Verminderung, sondern nur zu einer Umlenkungder l<strong>an</strong>dwirtschaftliche Produktion: Es werden d<strong>an</strong>n mehr Biokraftstoffe <strong>an</strong> ausländischenSt<strong>an</strong>dorten produziert, während sich im Gegenzug die deutsche L<strong>an</strong>dwirtschaftstärker auf die Nahrungsmittelerzeugung für den heimischen Markt und für den Exportkonzentriert.Für jene Investoren allerdings, die im Vertrauen auf die Aussagen der Politik inzwischenin Bioenergie-Anlagen am St<strong>an</strong>dort Deutschl<strong>an</strong>d investiert haben, k<strong>an</strong>n der Politikwechseldurchaus eine wirtschaftliche Belastung darstellen. Dieses wurde bereits deutlich, als dieUmstellung der Biokraftstoff-Förderung <strong>von</strong> der Steuerbegünstigung auf die Beimischungspflichtbeschlossen wurde. Durch diesen Beschluss sehen sich Unternehmen in denBereichen „B100“ und „Pfl<strong>an</strong>zenöl-Reinkraftstoffe“ zu Recht benachteiligt.Aus volkswirtschaftlicher Sicht hält es der Beirat für geboten, die Bioenergie-Politik inRichtung Globalsteuerung weiterzuentwickeln, auch wenn dies im Einzelfall zu wirtschaftlichenNachteilen bei Unternehmen führt, die sich zuvor in einer politikbedingtenNische entwickeln konnten. Der Beirat spricht sich allerdings dafür aus, das Prinzip desVertrauensschutzes zu beachten und den Wechsel schrittweise zu vollziehen. DieserGrundsatz wurde bei der jüngsten Reform der Biokraftstoffgesetzgebung nur teilweiseberücksichtigt.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 202Der Beirat verbindet sein generelles Plädoyer, die Vorteile der internationalen Arbeitsteilunggrundsätzlich auch im Segment Bioenergie zu nutzen, mit der ausdrücklichen Forderung,dass die negativen externen Effekte des Gütertr<strong>an</strong>sportes auch international ihrenNiederschlag in entsprechenden Energiepreisen finden müssen (vgl. Kapitel 5.3).Biokraftstoffe der zweiten Generation: Keine Breitenförderung ohne GesamtkonzeptAngesichts der begrenzten Potenziale der Biodiesel- und Bioeth<strong>an</strong>olerzeugung sowie dermit dieser Produktion verbundenen Umweltrisiken richten sich inzwischen immer mehrHoffnungen auf die sogen<strong>an</strong>nten Biokraftstoffe der zweiten Generation. Als wesentlicheVorteile (im Vergleich <strong>zur</strong> ersten Generation) werden gen<strong>an</strong>nt:– Besseres Potenzial <strong>zur</strong> <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Reststoffen (Stroh, Holz)– Höherer Energieertrag je Hektar, da der gesamte Aufwuchs genutzt werden k<strong>an</strong>n– Designer-Kraftstoffe, dadurch bessere Energienutzung und geringere EmissionenNach Auffassung des Beirats ist es derzeit noch zu früh, eine belastbare Einschätzung zuden tatsächlichen Potenzialen dieser Biokraftstoffe zu geben. Der Begriff „Biokraftstoffeder zweiten Generation“ ist ein Sammelbegriff, der unterschiedliche technologische Verfahrenumfasst, die zum Teil technisch sehr aufwendig und möglicherweise unter Praxisbedingungenmit hohen Kosten verbunden sind. Eine umfassende Einschätzung der Kostenunter Praxisbedingungen ist deshalb derzeit noch nicht möglich.Die bisher vorliegenden Aussagen über die <strong>an</strong>geblich hohe Wettbewerbskraft im Vergleichzu den Kraftstoffen der ersten Generation übersehen bisweilen, dass bei der Herstellungder Kraftstoffe der ersten Generation energie- und eiweißhaltige Nebenprodukte <strong>an</strong>fallen.Diese müssen aber beim Vergleich der Energieerträge je Hektar unbedingt berücksichtigtwerden.Die Vergleiche leiden des weiteren darunter, dass bei den Biokraftstoffen der zweiten Generationnicht klar formuliert wird, welchen Umf<strong>an</strong>g diese Produktion einnehmen soll undwoher die Rohstoffe bezogen werden sollen, um diesen Umf<strong>an</strong>g zu realisieren. Für kleineProduktionsmengen lassen sich niedrige Produktionskosten errechnen, wenn <strong>von</strong> der Verwendung<strong>von</strong> Waldrestholz oder Stroh ausgeg<strong>an</strong>gen wird. Diese Rohstoffquellen sind jedocheng begrenzt, und es k<strong>an</strong>n nicht plausibel da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen werden, dass die Automobilbr<strong>an</strong>chedie Motorenentwicklung für ihre Fahrzeugflotte auf ein derartig schmalesProduktionssegment gründen wird. Bisher wird Holz als bestgeeigneter Rohstoff für dasFischer-Tropsch-Verfahren <strong>an</strong>gesehen. Es ist merkwürdig, dass einerseits nach den Verlautbarungender Industriekonsortien die Markteinführung der darauf basierenden Biokraftstoffeschon bald erfolgen soll, <strong>an</strong>dererseits aber kaum wirtschaftliches Engagementder Wirtschaft im Bereich der Forstpfl<strong>an</strong>zenzüchtung festzustellen ist.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 203Die logistischen und agrarstrukturellen Implikationen dieser Bioenergie-Option lassen sichderzeit ebenfalls kaum ermessen. Einige der diskutierten Verfahren erfordern sehr großeAnlagen, für die Rohstoffe aus einem sehr großen Einzugsbereich herbeigeschafft werdenmüssten. In vielen Regionen Deutschl<strong>an</strong>ds dürfte es kaum möglich sein, diese logistischeHerausforderung mit vertretbarem Kostenaufw<strong>an</strong>d zu bewältigen und auch die erwartbarengesellschaftlichen Widerstände (Veränderung des L<strong>an</strong>dschaftsbildes, Belastung des Straßenverkehrs)zu überwinden. Insofern ist es fraglich, ob eine großtechnische Anlage inDeutschl<strong>an</strong>d überhaupt rentabel zu betreiben wäre.Angesichts dieses Befundes hält es der Beirat für ratsam, zunächst die technische undökonomische Forschung über die Biokraftstoffe der zweiten Generation vor<strong>an</strong>zutreibenund deren Ergebnisse sorgfältig auszuwerten. Im nächsten Schritt sollte auf dieser Grundlagezusammen mit der Wirtschaft ein Szenario erstellt werden, welches überzeugend darlegt,welches Segment der Kraftfahrzeugflotte auf welcher Rohstoffbasis und mit welchenMarkt- und Ökosystemwirkungen auf die Biokraftstoffe der zweiten Generation umgestelltwerden soll. Dieses Szenario sollte <strong>an</strong>schließend mit <strong>an</strong>deren Problemlösungsszenarienverglichen werden. Erst d<strong>an</strong>n, wenn die Biokraftstoffe der zweiten Generation aus diesemVergleich als Sieger hervorgehen, ist nach Auffassung des Beirats der Zeitpunkt gekommen,mit Steuerbefreiungen und ähnlichen Instrumenten die breite Markteinführung vor<strong>an</strong>zutreiben.5.7 Forschung und Politikberatung <strong>zur</strong> BioenergieDa sich die Rahmenbedingungen für den <strong>Biomasse</strong>-Anbau in Deutschl<strong>an</strong>d in der EU inden verg<strong>an</strong>genen Jahrzehnten grundlegend verändert haben, erhebt sich die Frage, inwieweitsich hieraus Anpassungsnotwendigkeiten für den Bereich der Forschung und der Politikberatungergeben.Bis vor wenigen Jahren st<strong>an</strong>d bei der Förderung nachwachsender Rohstoffe das Ziel imVordergrund, eine volkswirtschaftlich sinnvolle Verwendungsmöglichkeit für jene l<strong>an</strong>dwirtschaftlichenFlächen zu schaffen, die nicht mehr für die Nahrungsmittelproduktion„benötigt“ werden. Das entsprechende Flächenreservoir wurde zunächst, sol<strong>an</strong>ge die EU-Agrarpolitik noch durch marktregulierende Maßnahmen geprägt war, in erster Linie durchdie obligatorische Flächenstilllegung politisch vorgegeben. Angesichts der fortschreitendenLiberalisierung der Agrarh<strong>an</strong>delspolitik st<strong>an</strong>d aber auch die Erwartung im Raum, dassunter freien Weltmarktbedingungen ein Teil der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Flächen nicht mehrrentabel bewirtschaftet werden könne, so dass es sinnvoll erschien, auch für die absehbareKonstellation ohne obligatorische Flächenstilllegung eine <strong>Nutzung</strong>salternative für solcheFlächen zu entwickeln.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 204Wo <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz herrscht, ist Bio-Energie nicht per se positivDie ursprüngliche Perspektive hat sich inzwischen grundlegend gew<strong>an</strong>delt, weil der Anstiegder Weltenergiepreise höher als erwartet ausgefallen ist und somit auch die Weltagrarpreiseauf ein Niveau gehoben werden, bei dem die <strong>Nutzung</strong> der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichenFlächen in Deutschl<strong>an</strong>d auch ohne politische Förderung rentabel wird. Wenn die Politik indieser Situation, in der die EU-L<strong>an</strong>dwirtschaft immer stärker auf offenen Weltmärktenagiert und nur mehr durch nicht-produktgebundene Direktzahlungen gefördert wird, nachwachsendeRohstoffe mit produktgebundenen Subventionen fördert,– d<strong>an</strong>n führt das nicht zu einer <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Flächen, die <strong>an</strong>sonsten brach lägen,– sondern zu einer <strong>Nutzung</strong>sänderung ohnehin bewirtschafteter Flächen zugunsten derBioenergie und zulasten der Nahrungsmittelerzeugung.Wie weit diese Verdrängung gehen k<strong>an</strong>n, hängt im Wesentlichen <strong>von</strong> vier Faktoren ab: Jehöher die Dosierung der Förderung ist, je isolierter die Politik betrieben wird (nationalerAlleing<strong>an</strong>g), je teurer der Tr<strong>an</strong>sport der Agrarrohstoffe ist und je enger diese Früchte inder Fruchtfolge stehen können, desto stärker wird die Nahrungsmittelproduktion durch dieBioenergie-Förderung verdrängt werden. Im Extremfall ist also eine weitgehende Verdrängungvorstellbar.Dieser Hinweis ist deswegen wichtig, weil in den verg<strong>an</strong>genen Jahren zahlreiche „Potenzialabschätzungen“<strong>zur</strong> <strong>Biomasse</strong> vorgelegt wurden, die leicht zu Fehlinterpretationen führenkönnen, weil sie sich am pl<strong>an</strong>wirtschaftlichen Dogma der nationalen Selbstversorgungmit Nahrungsmitteln orientieren und d<strong>an</strong>n „nicht benötigte Flächen“ berechnen. Da derdeutsche Agrarsektor inzwischen in einer Marktwirtschaft mit weitgehend offenen Grenzenagiert, gibt es keinen Mech<strong>an</strong>ismus, der die Ausdehnung der <strong>Biomasse</strong> auf „nicht benötigteFlächen“ begrenzt.In dieser neuen Ausg<strong>an</strong>gssituation, die durch <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz gekennzeichnet ist, istes nach Auffassung des Beirats nicht gerechtfertigt, Bioenergie prinzipiell als „gut“ undsomit förderwürdig <strong>an</strong>zusehen. Vielmehr kommt es darauf <strong>an</strong>,– die Agrarwirtschaft insgesamt (d. h. die Bioenergie- und die Nahrungsmittelbr<strong>an</strong>che)durch technische Fortschritte zu befähigen, ihre Produktion mit einem noch günstigerenInput-Output-Verhältnis zu gestalten und– die Politik so auszugestalten, dass (a) die politischen Ziele mit möglichst geringenKosten bzw. schädlichen Nebenwirkungen erreicht werden und (b) sich die Unternehmenmit ihren Investitionsentscheidungen bestmöglich auf künftige Markt- undWettbewerbsverhältnisse ausrichten können.Hieraus ergibt sich für die Forschungspolitik im Agrarbereich die Herausforderung, sowohlim Bioenergie- als auch im Nahrungsmittelbereich möglichst günstige Rahmenbe-


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 205dingungen für die <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dte Forschung zu schaffen. Die jüngste Analyse des Wissenschaftsrateshat, ebenso wie vorhergehende Analysen der Deutschen Forschungsgemeinschaftund des Dachverb<strong>an</strong>ds Agrarforschung, deutlich gemacht, dass die deutsche Forschungsl<strong>an</strong>dschaftin diesem Segment erhebliche Defizite aufweist. Die gen<strong>an</strong>nten Einrichtungenhaben zahlreiche Vorschläge für die Verbesserung der Situation vorgelegt.Die Etablierung des <strong>Biomasse</strong>-Zentrums führt in die falsche RichtungVor dem Hintergrund dieser Analysen und Vorschläge sind die aktuellen Pl<strong>an</strong>ungen derBundesregierung, ein <strong>Biomasse</strong>zentrum ein<strong>zur</strong>ichten, als ein Schritt in die falsche Richtung<strong>an</strong>zusehen. Der Begriff „Deutsches <strong>Biomasse</strong>zentrum“ erweckt zwar den Eindruck,als solle hier eine Einrichtung geschaffen werden, die die Zersplitterung der bestehendenForschungsl<strong>an</strong>dschaft überwindet. Nach den bisher bek<strong>an</strong>nt gewordenen Pl<strong>an</strong>ungen solldas Zentrum aber weder in die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe noch in die Ressortforschungdes Bundes noch in eine Wissenschaftliche Gesellschaft (WGL, Helmholz,Fraunhofer etc.) integriert werden. Insofern besteht die Gefahr, dass mit diesem Zentrumzusätzlich zu den vielen Zentren und Einrichtungen, die es insbesondere auf der Länderebeneauch im Bereich Bioenergie bereits gibt, eine weitere öffentlich fin<strong>an</strong>zierte Forschungseinrichtungetabliert und somit letztlich die institutionelle Zersplitterung in derForschung noch verschärft wird.Nach Auffassung des Beirats ist es außerdem problematisch, dass sich die Bundespolitikkünftig in Fragen der Bioenergieförderung in erster Linie <strong>von</strong> einem Institut beraten lassenwill, dessen Existenz <strong>von</strong> der fortgesetzten Förderung der Bioenergie abhängt und dasnicht den üblichen wissenschaftlichen Evaluationsmech<strong>an</strong>ismen unterworfen ist. Bei dieserKonstellation besteht das erhöhte Risiko einer verzerrten Politikberatung.Der Beirat empfiehlt deshalb der Politik, die neue Einrichtung das <strong>Biomasse</strong>zentrum nichtals „frei schwebende“ Einrichtung neu zu etablieren, sondern nach Maßgabe ihrer primärenZielsetzung in eine der vorh<strong>an</strong>denen Strukturen (z. B. WGL, Helmholtz, Ressortforschung)zu integrieren.– Insoweit sich die wissenschaftliche Arbeit dieser Einrichtung primär auf die Verbesserungpolitischer Rahmenbedingungen beziehen soll, wäre eine Integration in die Ressortforschung<strong>an</strong>gebracht. Die Ressortforschung k<strong>an</strong>n eine sinnvolle Politikberatungnur leisten, wenn sie die verschiedenen <strong>Nutzung</strong>salternativen der Agrarfläche (und ihreInteraktion im Raum und in den Märkten) gleichberechtigt und umfassend berücksichtigt.Eine Konzentration auf nur einen Teil der Agrarwirtschaft (Nahrungsmittelund stoffliche <strong>Nutzung</strong>) und ein Ausblenden des <strong>an</strong>deren Teils (energetische <strong>Nutzung</strong>)erscheint nicht sachgerecht. Die Etablierung <strong>von</strong> zwei parallelen Ressortforschungsinst<strong>an</strong>zenwürde das Risiko erhöhen, dass die jeweiligen Einrichtungen <strong>an</strong>gesichts ihrerjeweils einseitigen Interessenlagen entsprechend verzerrte Politikempfehlungen abgeben(pro bzw. contra Bioenergie).


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 206– Insoweit mit dem <strong>Biomasse</strong>zentrum vorr<strong>an</strong>gig die Verbesserung der technologischenProzesse und Anlagentechnik <strong>an</strong>gestrebt wird, stellt sich die Frage, ob nicht die Aufstockungdes Budgets der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe der effizientereWeg wäre. Der Vorteil des Konzepts der Fachagentur besteht darin, dass ForschungsundEntwicklungsaufträge unter Wettbewerbsaspekten <strong>an</strong> die jeweils bestgeeigneteEinrichtung vergeben werden können. Dabei erhalten auch all jene Einrichtungen eineCh<strong>an</strong>ce, die primär außerhalb des engen Segmentes der Bioenergie tätig sind, aber ihrespezifischen Fähigkeiten nutzbringend in die Entwicklung der Bioenergie einbringenkönnen.– Insoweit das Ziel der Koalitionsparteien im wesentlichen darin besteht, mit Bundesmittelneine neue Forschungseinrichtung in den neuen Bundesländern zu etablieren, solltediese in jedem Fall in eine der bestehenden Rahmen-Org<strong>an</strong>isationen (z. B. WGL,Helmholtz, Ressortforschung) integriert werden. Welche Org<strong>an</strong>isation hierfür gewähltwird, sollte <strong>von</strong> der <strong>an</strong>gestrebten inhaltlichen Ausrichtung (Politikberatung, Technologie-Entwicklung,grundlagenorientierte Forschung) abhängig gemacht werden.Das Konzept der FNR sollte <strong>an</strong> die veränderten Bedingungen <strong>an</strong>gepasst werdenDie veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen legen es nahe, auch über eine Weiterentwicklungdes Konzepts der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) nachzudenken.Die FNR ist ein eingetragener Verein, der vom BMELV institutionell gefördert wird. DieAufgaben der FNR liegen in den Bereichen (a) Projektträgerschaft für Forschung undEntwicklung, (b) Sammlung und Aufbereitung <strong>von</strong> Fachinformationen sowie (c) Beratungund Öffentlichkeitsarbeit. Der FNR st<strong>an</strong>d im Jahr 2007 ein Betrag <strong>von</strong> rund 54 Mio. € ausSteuermitteln <strong>zur</strong> Verfügung. In der Geschäftsstelle sind 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitertätig, darunter 18 mit wissenschaftlicher Qualifikation. Zu den wichtigsten Aufgabender FNR zählen die Prüfung <strong>von</strong> Projekt<strong>an</strong>trägen und die Vorbereitung der Förderentscheidungen.Die Geschäftsführung der FNR wird durch den 5-köpfigen Vorst<strong>an</strong>d bestellt,der wiederum durch die Mitgliederversammlung der FNR gewählt wird. Diese besteht aus64 Mitgliedern, vorr<strong>an</strong>gig Vertreter <strong>von</strong> Exekutive, Legislative, Wirtschaft und Wissenschaft.Da die FNR nur <strong>Empfehlungen</strong> abgibt, liegt die politische Ver<strong>an</strong>twortung über dieVerausgabung der Mittel allein beim BMELV.Angesichts der zentralen Rolle, die die FNR bei der Vergabe der umf<strong>an</strong>greichen Steuermitteleinnimmt, empfiehlt der Beirat zu prüfen, ob die inzwischen eingetretenen Veränderungender Rahmenbedingungen auch in der Festlegung der Förderprioritäten der FNR <strong>an</strong>gemessenberücksichtigt werden. Wie im vorliegenden Gutachten dargestellt wurde, fällt derBeitrag der verschiedenen Bioenergie-Linien zu den politischen Zielen der Bioenergie-Politik sehr unterschiedlich aus. Je stärker die Bioenergie nun aus der Nische heraustritt,desto wichtiger wird es, die Förderung auf jene Bioenergie-Linien zu konzentrieren,


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 207– die die politischen Ziele mit minimalen volkswirtschaftlichen Kosten erreichen und– bei zunehmender Liberalisierung der Agrarh<strong>an</strong>delspolitik am ehesten Aussicht aufRentabilität ohne Förderung bieten.Der Beirat hält es für wegweisend, dass die FNR hierzu – vor allem für den Kraftstoffsektor– einige Forschungsarbeiten initiiert hat, die deutlich gemacht haben, dass das Leistungspotenzialder verschiedenen Bioenergie-Linien höchst unterschiedlich ausfällt. DerBeirat vermag jedoch nicht zu erkennen, dass FNR bzw. BMELV aus diesen Ergebnissennunmehr die gebotenen Schlussfolgerungen für die künftige Ausgestaltung der Förderundder Forschungspolitik ziehen.Angesichts der zunehmenden <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz (a) zwischen den Bioenergie-Liniensowie (b) zwischen Bioenergie und Nahrungsmittelproduktion hält es der Beirat für erforderlich,bei der Festlegung forschungspolitischer Prioritäten nunmehr eine Schwerpunktlegungauf jene Bioenergie-Linien vorzunehmen, die aus klimapolitischer und volkswirtschaftlicherSicht sowie unter Beachtung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit besonderserfolgversprechend sind.Der Beirat empfiehlt, bei der Prioritätensetzung dem Klimaschutz Vorr<strong>an</strong>g vor <strong>an</strong>derenZielen zu geben. Bezüglich der Strategien hält er es für erforderlich, den regionalen undthematischen Fokus der FNR-Arbeit stärker zu öffnen. Nicht die maximale Umwidmung<strong>von</strong> inländischen Flächen zugunsten der Bioenergie sollte <strong>an</strong>gestrebt werden, sondern dereffizienteste Weg zum nachhaltigen Klimaschutz. Insoweit dieses Ziel im konkreten Einzelfallbesser über <strong>Biomasse</strong>-Strategien im Ausl<strong>an</strong>d oder über Solarstrategien erreichtwerden k<strong>an</strong>n, sollte die FNR diese Vari<strong>an</strong>ten als überlegene Lösungsstrategien darstellenund gegebenenfalls unterstützen.Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit der FNR sollte <strong>an</strong>gesichts der inzwischen verändertenRahmenbedingungen strikt darauf geachtet werden, dass mit dem Einsatz öffentlicher MittelAufklärung und Beratung betrieben wird, nicht jedoch Werbung im Sinne <strong>von</strong> „Bioenergieist grundsätzlich gut“.In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g ist nach Auffassung des Beirats auch zu hinterfragen, ob esl<strong>an</strong>gfristig gerechtfertigt sein wird, den Vertretern der Wirtschaft bei der Vergabe <strong>von</strong>Steuermitteln für Öffentlichkeitsarbeit sowie Forschung & Entwicklung eine derartig zentraleRolle zuzubilligen. Zwar liegt die letzte Entscheidung über die Mittelvergabe bei derPolitik, so dass den juristischen Anforderungen genüge get<strong>an</strong> wird, doch zeigt die praktischeErfahrung, dass die <strong>von</strong> Agenturen vorbereiteten Entscheidungsvorschläge nur inAusnahmefällen durch Ministerien verändert werden.


Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Vorbereitung <strong>von</strong> <strong>Empfehlungen</strong> 208Die Forderung nach einer stärker effizienzorientierten Mittelvergabe bleibt wirkungslos,wenn nicht Aufsichts- oder Beratungseinrichtungen vorh<strong>an</strong>den sind, die der Geschäftsstelle<strong>zur</strong> Seite gestellt und (ggf. auch im Detail) evaluierend tätig werden. Dass die zahlenmäßigsehr große Mitgliederversammlung im Rahmen ihrer wenigen Zusammenkünfteeine aus gesamtgesellschaftlicher Sicht gehaltvolle Einzel- und Gesamtprüfung durchführenk<strong>an</strong>n, muss bezweifelt werden – auch vor dem Hintergrund der teilweise interessegeleitetenMitgliederstruktur dieses Gremiums. Im Vorst<strong>an</strong>d stehen erfahrungsgemäß administrativeFragen im Mittelpunkt der Arbeit. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Beirat,einen wissenschaftlichen Beirat zu installieren, der die Arbeit der FNR begleitet und <strong>Empfehlungen</strong>für die Weiterentwicklung der Förderstrategie in diesem Bereich gibt. Die Berichtedes Beirats sollten veröffentlicht werden.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 2096 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong>Die Erzeugung <strong>von</strong> Energie aus <strong>Biomasse</strong> (Bioenergie) exp<strong>an</strong>diert derzeit in Deutschl<strong>an</strong>dund in vielen <strong>an</strong>deren Regionen der Welt mit großer Geschwindigkeit. Das starke Wachstumhat im Wesentlichen zwei Ursachen, zum einen die hohen Preise für fossile Energieträgerund zum <strong>an</strong>deren die Förderung der Bioenergie durch die Politik. In Deutschl<strong>an</strong>düberwiegt dabei eindeutig die Förderung durch die Politik. Ohne diese Förderung hättesich die Bioenergie auf l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Flächen in Deutschl<strong>an</strong>d kaum ausdehnenkönnen, sondern würde sich – wie seit Jahrzehnten schon – im Wesentlichen auf die <strong>Nutzung</strong><strong>von</strong> Holz beschränken.Die kräftige Förderung hat in Deutschl<strong>an</strong>d dazu geführt, dass die <strong>Biomasse</strong>-Produktion aufAgrarflächen aus der Nische herausgetreten ist. Inzwischen werden auf mehr als 10 % derl<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Fläche nachwachsende Rohstoffe <strong>an</strong>gebaut, und die Politik hat für dieZukunft weitere ehrgeizige Exp<strong>an</strong>sionsziele formuliert. Andererseits zeigt sich aber auchimmer deutlicher, dass die Bioenergie-Politik erhebliche Kosten verursacht und außerdemdie Entwicklung <strong>an</strong>derer Produktionszweige der deutschen L<strong>an</strong>dwirtschaft beeinträchtigt.Zudem werden zunehmende Zweifel am klimapolitischen Nutzen der Bioenergie laut.Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel des vorliegenden Gutachtens, die gegenwärtigeSituation und die Perspektiven der Bioenergie auszuleuchten und <strong>Empfehlungen</strong> für dieWeiterentwicklung der deutschen Bioenergie-Politik zu erarbeiten.6.1 Perspektiven für die EnergiewirtschaftIm ersten Teil des Gutachtens werden die Perspektiven des allgemeinen Energiesektorsuntersucht, einschließlich seines Beitrags zu den Treibhausgas-Emissionen. Dadurch wirderkennbar, welche Marktbedingungen das Wirtschaftsfeld Energieträger- bzw. Energieerzeugung,auf das die L<strong>an</strong>dwirtschaft zunehmend ausgerichtet wird, künftig charakterisierenwerden. Folgende Ergebnisse sind hervorzuheben:L<strong>an</strong>gfristiger Umstieg auf regenerative EnergieträgerDa die Verfügbarkeit fossiler Energieträger begrenzt ist, wird eine Umstellung auf regenerativeEnergieträger früher oder später unausweichlich. Steigende Preise für fossileEnergieträger werden dazu führen, dass sich die Weltwirtschaft entsprechend umstellt.Im Bereich der fossilen Energieträger werden die vorh<strong>an</strong>denen Reserven und Ressourcenam ehesten bei Erdöl erschöpft sein, während bei Erdgas und vor allem bei Steinkohlenoch wesentlich größere Reichweiten erkennbar sind. In der Summe aller fossilen Energieträgerbeträgt die Reichweite der Lagerstätten noch mehrere hundert Jahresverbräuche. Da


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 210aber die <strong>Nutzung</strong> der fossilen Energieträger die weitaus wichtigste Quelle der Treibhausgasemissionendarstellt, wäre es aus klimapolitischer Sicht nicht wünschenswert, die nochvorh<strong>an</strong>denen fossilen Energieträger weitgehend oder gar vollständig zu nutzen.Der schrittweise Umbau der Energieversorgung auf regenerative Energien ist grundsätzlichmachbar, denn Sonne und Wind stellen jährlich eine tausendfach größere Energiemengebereit als die Weltwirtschaft benötigt. Die Herausforderung besteht darin, sich einennachhaltigen Zug<strong>an</strong>g zu dieser Energie zu erschließen.Es ist zu erwarten, dass innerhalb der regenerativen Energien l<strong>an</strong>gfristig die Solarenergie,die Windenergie und möglicherweise auch die Geothermie eine dominierende Rolle erl<strong>an</strong>genwerden. Bei der Solarenergie ist aus wirtschaftlicher Sicht eine Schwerpunktbildungim Sonnengürtel der Erde sinnvoll (z. B. Südsp<strong>an</strong>ien, Nordafrika). Dort liegen die Energieerträgeje Hektar Wüstenfläche 30-mal so hoch wie die Bioenergie-Erträge in den effizientestenVerfahren in Europa. Nach vorliegenden Studien könnten die Produktionskostenfür Solarstrom dort bei raschem Ausbau der Kraftwerke bis Mitte des kommendenJahrzehnts auf 0,05 €/kWh sinken; die Tr<strong>an</strong>sportkosten bis Deutschl<strong>an</strong>d werden bei Verwendung<strong>von</strong> Überl<strong>an</strong>dleitungen auf 0,02 €/kWh beziffert. Es wären genügend Flächenvorh<strong>an</strong>den, um g<strong>an</strong>z Europa mit Energie zu versorgen. Die Mobilisierung dieser Energiequellestellt jedoch in technologischer, org<strong>an</strong>isatorischer und politischer Hinsicht einegroße Herausforderung dar. Selbst wenn Politik und Wirtschaft sich jetzt dazu durchringensollten, diesen vielversprechenden Weg <strong>zur</strong> nachhaltigen Energieversorgung strategisch zuerschließen, wird es noch Jahrzehnte dauern, bis ein größerer Teil des deutschen Energiebedarfsdurch importierten Solarstrom gedeckt wird.Während Solar- und Windstrom nach derzeitigem St<strong>an</strong>d der Technik problemlos imElektrizitäts- und Wärmebereich eingesetzt werden könnten, gibt es bezüglich der Nutzbarkeit<strong>von</strong> Strom im Tr<strong>an</strong>sportsektor noch größere Unsicherheiten. Das betrifft sowohldie <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Wasserstoff (Erzeugung durch Solarstrom, <strong>Nutzung</strong> in der Brennstoffzelle)als auch die Entwicklung der Batteriespeicher-Technik (Elektro-Autos, <strong>an</strong>getriebendurch importierten Solarstrom).Mittelfrist-Perspektiven für fossile EnergieträgerPrinzipiell hat die konventionelle Energiewirtschaft die Möglichkeit, Flüssigkraftstoffeaus Erdgas (GTL) bzw. Kohle (CTL) zu erzeugen und auf diese Weise trotz der besondersausgeprägte Erdölknappheit die Versorgung mit Kraftstoffen sicherzustellen. Studien zeigen,dass der Aufbau solcher Konversions<strong>an</strong>lagen bei Erdölpreisen <strong>von</strong> mehr als50 US$/bbl rentabel ist. Allerdings sind große Investitionen erforderlich, um einen nennenswertenAnteil des globalen Kraftstoffbedarfs aus dieser Quelle zu decken, und dieCTL-Option würde außerdem zu einer weiteren Verschärfung der Treibhausgasemissionenführen, sofern keine CO 2äq -Sequstrierung erfolgt. Eine <strong>an</strong>dere, ebenfalls g<strong>an</strong>gbare Option


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 211<strong>zur</strong> Anpassung <strong>an</strong> die besondere Knappheit bei Erdöl bzw. Flüssigtreibstoffen besteht darin,die Automobilflotte schrittweise auf Erdgas-Fahrzeuge umzustellen.Angesichts der grundsätzlich vorh<strong>an</strong>denen Substituierbarkeit zwischen den fossilen Energieträgernund der noch vorh<strong>an</strong>denen Reichweiten bei Gas und Kohle kommen fast alleveröffentlichten Prognosen zu der Einschätzung, dass sich der Erdölpreis bis 2030 überwiegendin einem Preisb<strong>an</strong>d <strong>von</strong> 40 bis 80 US$ je Barrel (inflationsbereinigt) bewegenwird. Viele Vorhersagen wurden allerdings in den verg<strong>an</strong>genen zwei Jahren deutlich nachoben korrigiert, nicht zuletzt aufgrund des starken Verbrauchs<strong>an</strong>stiegs der asiatischenSchwellenländer. Außerdem weisen die meisten Prognosen darauf hin, dass politische Krisenund Spekulation vorübergehend zu wesentlich stärkeren Preisausschlägen führen können.Sollten die Energiepreise auf dem gegenwärtigen Niveau <strong>von</strong> rund 80 US$ je Barrel bleibenoder nur moderat <strong>an</strong>steigen, so wird der weltweite Verbrauch fossiler Energieträger inden kommenden Jahrzehnten trotz des hohen Preisniveaus weiterhin stark zunehmen. Dadie <strong>Nutzung</strong> fossiler Energieträger die mit Abst<strong>an</strong>d wichtigste Ursache der Treibhausgas-Emissionen ist, erscheint somit eine weitere Verschärfung der Treibhausgas-Problematikvorprogrammiert.Je stärker die internationale Staatengemeinschaft hierauf mit einer Verstärkung der Klimaschutzpolitikreagiert, desto mehr wird der dadurch ausgelöste Nachfragerückg<strong>an</strong>g denPreis<strong>an</strong>stieg bei fossilen Energieträgern dämpfen. Dadurch erhöht sich der Anreiz für einzelneStaaten, aus der internationalen Klimaschutzstrategie auszuscheren. Es zeigt sichalso, dass die Entwicklung und nachhaltige Umsetzung eines global abgestimmten Klimaschutzeseine immense politische Herausforderung darstellt.FazitFür die Bioenergie lassen sich hieraus folgende Eckdaten bezüglich des künftigen Wettbewerbsim Energiesektor zusammenfassen:– Auf Dauer wird es <strong>zur</strong> Umstellung der Weltwirtschaft auf regenerative Energien keineAlternative geben.– Die Bioenergie erhält somit grundsätzlich die Ch<strong>an</strong>ce auf weitere Exp<strong>an</strong>sion. Längerfristigdürfte sich allerdings die Wettbewerbsfähigkeit <strong>an</strong>derer regenerativer Energienso stark verbessern, dass es fraglich ist, ob sich in Deutschl<strong>an</strong>d erzeugte <strong>Biomasse</strong> imWettbewerb zu <strong>an</strong>deren, vorwiegend zu importierenden, regenerativen Energien behauptenk<strong>an</strong>n.– In den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten wird die Weltenergiewirtschaft weiterhindurch fossile Energieträger dominiert. Die Preise für fossile Energieträger werdenwahrscheinlich nicht so stark steigen, dass diese schon bald ihre dominierende Stellungverlieren.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 2126.2 Potenziale der BioenergieMengenpotenzialeNach wie vor gibt es in vielen Ländern der Erde mehrere hundert Millionen Hektar, vorwiegendin Afrika und Südamerika, die für die Agrarproduktion nutzbar gemacht werdenkönnen, deren <strong>Nutzung</strong> aber bisher aus wirtschaftlichen Gründen unterblieb. Wenn nundurch die weltweit gestiegenen Energiepreise die Produktion <strong>von</strong> Bioenergie auf diesenFlächen rentabel wird, so stellt dies insbesondere in vielen Entwicklungsländern eine willkommene<strong>Nutzung</strong>soption dar, um Erwerbsmöglichkeiten in ländlichen Räumen zu schaffen.Hierdurch k<strong>an</strong>n zugleich ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden, sofern dieVermeidung <strong>von</strong> Treibhausgasemissionen (durch Bioenergie) höher liegt als die Entstehung<strong>von</strong> Treibhausgasemissionen (durch L<strong>an</strong>dnutzungsänderung).Die Potenziale der Bioenergie im Hinblick auf die globale Energieversorgung sollten allerdingsnicht überschätzt werden. Derzeit liefert die Bioenergie weltweit ca. 10 % desPrimärenergieverbrauchs. In Deutschl<strong>an</strong>d liegt der Anteil bei ca. 3 %, wo<strong>von</strong> rund zweiDrittel auf die Wärmeerzeugung aus Holz entfallen. Um den Anteil der Bioenergie <strong>an</strong> derweltweiten Energieversorgung <strong>von</strong> 10 auf 20 % aufzustocken, müssten bei einem durchschnittlichenErtrag <strong>von</strong> 3 t Kraftstoff/ha ca. 500 Mio. ha Ackerfläche zusätzlich für diesenZweck nutzbar gemacht werden. Das wäre eine immense Herausforderung, denn diegesamte Ackerfläche der Welt umfasst derzeit nur ca. 1,5 Mrd. ha.Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass die kaufkräftige Nachfrage nach Nahrungsmittelngestiegen ist und in den kommenden Jahren weiterhin steigen wird, insbesondere nachNahrungsmitteln tierischer Herkunft. Wenn der Verbrauch <strong>an</strong> Futter- und Nahrungsmittelnstärker steigt als der durchschnittliche Flächenertrag, werden sich die Agrarpreise selbstd<strong>an</strong>n erhöhen, wenn keine zusätzlichen Nachfrage-Impulse aus dem Bioenergiebereichkommen. Dieser Preis<strong>an</strong>stieg führt zu einem zusätzlichen Einsatz <strong>von</strong> Ackerflächen für dieNahrungsmittelproduktion, so dass sich das weltweit verfügbare Flächenpotenzial für dieBioenergie d<strong>an</strong>n entsprechend verringern würde. Insofern haben Potenzialabschätzungenimmer nur eine begrenzte Aussagekraft.Bei den veröffentlichten Potenzialabschätzungen für die Bioenergie-Erzeugung inDeutschl<strong>an</strong>d wird in der Regel da<strong>von</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen, ein bestimmter Teil der Agrarflächewerde „künftig nicht mehr für die Agrarproduktion benötigt“ und stehe daher für die Bioenergieproduktion<strong>zur</strong> Verfügung. Derartige Abschätzungen gehen <strong>von</strong> der Fiktion einernationalen Selbstversorgung im Agrarsektor aus, die es in der Wirtschaftsrealität längstnicht mehr gibt. Die deutsche Agrarwirtschaft agiert im internationalen Wettbewerb undorientiert sich <strong>an</strong> den dortigen Preissignalen. Wenn die Erzeugung <strong>von</strong> Bioenergie durchPreisentwicklungen oder Politik<strong>an</strong>reize rentabel wird, dürfte der deutsche Agrarsektor dieBioenergieerzeugung beliebig über das errechnete Potenzial hinweg ausdehnen. Und um-


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 213gekehrt wird die Nahrungsmittelproduktion über die Selbstversorgung hinweg bis <strong>an</strong> dieKapazitätsgrenze ausgedehnt, sofern sich dies lohnt – beispielsweise weil <strong>an</strong>dere Länderihre Flächen für Bioenergie nutzen und damit der deutschen NahrungsmittelproduktionExportch<strong>an</strong>cen eröffnen.Preise, Kosten, WettbewerbsfähigkeitUnter dem Einfluss der „doppelten“ Nachfragesteigerung (Nahrungsmittel, Bioenergie)sowie klimabedingter Ertragsausfälle sind die Weltagrarpreise in der jüngsten Verg<strong>an</strong>genheitstark <strong>an</strong>gestiegen. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sich das internationale Agrarpreisniveauzunehmend am Erdölpreisniveau orientiert: Steigende Erdölpreise werden esrentabel erscheinen lassen, mehr agrarische Rohstoffe in den Energiesektor zu leiten (mitder Folge steigender Nahrungsmittelpreise), bei sinkenden Erdölpreisen wird es umgekehrtsein. Je flexibler die Energieerzeuger und -verbraucher zwischen fossilen und agrarischenRohstoffen wählen können (z. B. durch Co-Verbrennungs<strong>an</strong>lagen oder flex-fuel cars), destoenger wird der Preiszusammenh<strong>an</strong>g sein.Die durch die globale Marktwirtschaft verursachte Ankopplung der Agrarpreise <strong>an</strong> dieEnergiepreise k<strong>an</strong>n sich für verschiedene Bioenergie-Linien in Deutschl<strong>an</strong>d als entscheidenderWettbewerbsnachteil erweisen, je stärker die Energiepreise steigen. Zwar versprechensteigende Preise für fossile Energieträger einerseits höhere Erlöse für die Bioenergie,doch verursachen sie <strong>an</strong>dererseits auch höhere Kosten für die agrarischen Rohstoffe. DieserAspekt ist wichtig, weil die Rohstoffkosten in der Regel die wichtigste Kostenkomponenteder Bioenergie<strong>an</strong>lagen darstellen. Hier liegt der große Unterschied <strong>zur</strong> Solar- undWindenergie, wo Flächennutzungskonkurrenz eine viel geringere Rolle spielt.Infolge der gestiegenen Agrarpreise haben sich die in den verg<strong>an</strong>genen Jahren geäußertenEinschätzungen, bei Erdölpreisen um 80 US$/bbl werde die Biokraftstoff-Erzeugung inder EU auch ohne staatliche Förderung rentabel sein, als Fehleinschätzungen erwiesen.Noch härter als die Biokraftstoffbr<strong>an</strong>che wurde die deutsche Biogasbr<strong>an</strong>che durch diejüngsten Preissteigerungen getroffen. Dort ist die Einspeisevergütung gesetzlich festgeschrieben,so dass die Kostensteigerungen für die agrarischen Rohstoffe voll rentabilitätswirksamwerden.Einschätzungen für einzelne Bioenergie-LinienUm bessere Anhaltspunkte für das Potenzial der wichtigsten Bioenergie-Linien inDeutschl<strong>an</strong>d zu gewinnen, wurde in der vorliegenden Studie aufgezeigt,– zu welchen Produktionskosten und mit welcher Flächenproduktivität einzelne Bioenergie-LinienEnergie erzeugen können,– zu welchen volkswirtschaftlichen Kosten und mit welchem Mengenbeitrag einzelneBioenergie-Linien für den Klimaschutz eingesetzt werden können.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 214Diese Analyse erfolgte im Rahmen einer Zusammenarbeit <strong>von</strong> Expertengruppen aus verschiedenenEinrichtungen Deutschl<strong>an</strong>ds, wobei eigene Kalkulationen für typische Fallkonstellationendurchgeführt und ergänzend Literaturauswertungen vorgenommen wurden.Die Analysen beschränken sich auf Bioenergie-Linien, die <strong>Biomasse</strong> auf Agrarflächenerzeugen. Folgende Ergebnisse sind hervorzuheben:– Bei der Erzeugung <strong>von</strong> Raum- oder Prozesswärme ist die Hackschnitzelheizung aufder Basis <strong>von</strong> Kurzumtriebspl<strong>an</strong>tagen (KUP) wesentlich günstiger zu beurteilen als dieGetreideheizung (Produktionskosten 0,08 vs. 0,11 €/kWh th , Netto-Energieerträge 35 vs.19 MWh th /ha, CO 2äq -Vermeidungskosten -11 vs. 130 €/t CO 2äq ).– Bei der Stromerzeugung gibt es sehr große Unterschiede in den Produktionskosten.Die Vari<strong>an</strong>ten Biogas auf Güllebasis, Hackschnitzel-KWK-Anlage auf KUP-Basis undCo-Verfeuerung <strong>von</strong> Stroh bzw. Hackschnitzeln (in Groß-Kraftwerken) haben Produktionskostenin der Größenordnung <strong>von</strong> 0,10 €/kWh el . Demgegenüber liegen die Kostender Biogaserzeugung auf Maisbasis bei über 0,17 €/kWh el , und zwar auch bei den Vari<strong>an</strong>ten„mit Wärmenutzung“ und „Direkteinspeisung“. Entsprechende Unterschiedezeigen sich auch bei den CO 2äq -Vermeidungskosten: Während die gen<strong>an</strong>nten kostengünstigenVerfahren deutlich unter 100 €/t CO 2äq r<strong>an</strong>gieren, liegen die Kosten bei denmaisbasierten Verfahren eher in der Größenordnung <strong>von</strong> 200 bis 400 €/t CO 2äq . DieEinführung neuer Maissorten mit deutlich höheren Hektarerträgen würde die Produktionskostendes Stroms und die CO 2äq -Vermeidungskosten um ca. 10 % verringern.Bei allen Bioenergie-Linien <strong>zur</strong> Stromerzeugung, auch bei den relativ kostengünstigen,liegen die Subventionsäquivalente infolge der EEG-Förderung sehr hoch (0,10bis 0,20 €/kWh el ). Als Subventionsäquivalent wird hier die Summe der fin<strong>an</strong>ziellenBelastung <strong>von</strong> Steuerzahlern und Energieverbrauchern bezeichnet. Diese Summe liegtfür die Biogaserzeugung auf Silomaisbasis in einer Größenordnung <strong>von</strong> 2.000 €/ha.– Bei den Biokraftstoffen liegen die Produktionskosten der untersuchten Vari<strong>an</strong>ten(Biodiesel aus Raps, Eth<strong>an</strong>ol aus Weizen, Biogas-Kraftstoff auf Maisbasis) in einerGrößenordnung <strong>von</strong> 0,07 bis 0,10 €/kWh, wobei Biogas relativ günstig und Eth<strong>an</strong>olrelativ ungünstig abschneidet. Im Hinblick auf das Ziel der Versorgungssicherungkönnten hier die Unterschiede bezüglich der nutzbaren Kraftstofferträge je Hektar <strong>von</strong>besonderem Interesse sein. Dieses Kriterium würde eindeutig für den Biogas-Kraftstoff auf Maisbasis sprechen, denn hier liegen die Kraftstofferträge zwei- bisdreimal höher als bei den <strong>an</strong>deren Linien. Für die Biokraftstoffe der zweiten Generation(BtL) werden ähnlich hohe Kraftstofferträge postuliert, doch erscheint es <strong>an</strong>gesichtsder Größe der hier zu installierenden Anlagen und der immensen technischenund logistischen Herausforderungen fraglich, ob eine großtechnische Anlage inDeutschl<strong>an</strong>d überhaupt rentabel zu betreiben wäre. Für den gesamten Biokraftstoff-Sektor gilt, dass die Produktion <strong>an</strong> Überseest<strong>an</strong>dorten erhebliche Kostenvorteile gegenüberder Produktion in Deutschl<strong>an</strong>d hat.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 215– Soll die Förderung der Bioenergie primär für den Klimaschutz erfolgen, so sind diemaßgeblichen Beurteilungskriterien (a) die CO 2äq -Vermeidungskosten und (b) diemengenmäßige CO 2äq -Vermeidung je Hektar. Hier zeigen sich beim Quervergleichüber alle Bereiche hinweg erhebliche Unterschiede: Relativ niedrige CO 2äq -Vermeidungskosten (Größenordnung 0 bis 50 €/t CO 2äq ) entstehen bei der WärmeundStromerzeugung auf Basis <strong>von</strong> Gülle, Stroh und Hackschnitzeln, relativ hoheCO 2äq -Vermeidungskosten (Größenordnung über 150 €/t CO 2äq ) bei der Stromerzeugungdurch Biogas<strong>an</strong>lagen auf Maisbasis und bei der inländischen Erzeugung <strong>von</strong>Biokraftstoffen. Beim Vergleich der mengenmäßigen CO 2äq -Vermeidung je Hektarliegen die auf Hackschnitzel-KUP basierenden Verfahren klar vorn. So ließe sich beispielsweiseeine CO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong> mehr als 15 t CO 2äq /ha erreichen, wenn m<strong>an</strong>sich für die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Hackschnitzeln in bestehenden Kraftwerken entscheidenwürde. Demgegenüber fallen die Biogas-Verfahren auf Maisbasis mit einemVermeidungspotenzial <strong>von</strong> knapp 8 t CO 2äq /ha und die inländischen Biokraftstoff-Linien mit einem Vermeidungspotenzial <strong>von</strong> unter 3 t CO 2äq /ha (Biodiesel, Eth<strong>an</strong>olaus Weizen) bzw. knapp 7 t CO 2äq /ha (Biogas-Kraftstoff) deutlich ab.FazitFür die Gestaltung der Bioenergiepolitik in Deutschl<strong>an</strong>d ergeben sich aus den hier zusammengefasstenErgebnissen wichtige Schlussfolgerungen:– Preissteigerungen für fossile Energieträger führen dazu, dass sich die Bioenergie invielen Regionen der Erde <strong>an</strong> den hierfür wettbewerbsfähigen St<strong>an</strong>dorten auch ohnestaatliche Fördermaßnahmen ausdehnt. Sie leistet damit einen Beitrag <strong>zur</strong> Energieversorgungund – unter günstigen Umständen – auch zum Klimaschutz.– Dieser Zuwachs bei der Bioenergie wird nur eine relativ geringe Wirkung auf dasEnergiepreisniveau haben (Preissenkung), hingegen eine große Wirkung auf dasAgrarpreisniveau (Preissteigerung). Das liegt dar<strong>an</strong>, dass der Weltenergiesektor wesentlichgrößer ist als der Weltagrarsektor.– Die Ankopplung des Weltagrarpreisniveaus <strong>an</strong> das Weltenergiepreisniveau führt dazu,dass die deutsche L<strong>an</strong>dwirtschaft auch d<strong>an</strong>n <strong>von</strong> den steigenden Energiepreisen profitierenwird, wenn sie nicht selbst in Bioenergie investiert.– Investitionen in Bioenergie-Linien, bei denen Deutschl<strong>an</strong>d international nicht wettbewerbsfähigist, werden betriebswirtschaftlich umso risk<strong>an</strong>ter werden, je stärker diePreise für fossile Energieträger (und damit auch für Agrarprodukte) steigen.– Gerade d<strong>an</strong>n, wenn mit besonders starken Preissteigerungen für fossile Energieträgergerechnet wird, ergibt sich ein besonders starker Wettbewerbsvorteil <strong>von</strong> Solar- undWindenergie bzw. Geothermie, weil dort die Rohstoffkosten weniger stark steigenwerden als bei der Bioenergie (steigende Rohstoffkosten durch den Agrarpreiseffekt).


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 216– Die Analyse hat gezeigt, dass die verschiedenen Bioenergie-Linien aus Sicht des Klimaschutzessehr unterschiedlich zu bewerten sind. Bei einigen Linien lässt sich Klimaschutzmit CO 2äq -Vermeidungskosten <strong>von</strong> unter 50 €/t CO 2äq erreichen (Biogas aufGüllebasis; Strom und Wärme auf Basis <strong>von</strong> Hackschnitzeln aus KUP). Jene Bioenergie-Linien,die derzeit durch die Förderung besonders stark verbreitet werden, weisenhingegen CO 2äq -Vermeidungskosten in der Größenordnung <strong>von</strong> 150 bis weit über300 €/t CO 2äq auf (Biokraftstoffe, Biogas auf Maisbasis). Die Politik könnte alsodurch einen Kurswechsel in der Förderung erreichen, dass bei gleichbleibendem Einsatz<strong>von</strong> Ressourcen und Flächen der Beitrag der Bioenergie zum Klimaschutz mehrals verdreifacht würde. Der Beitrag der Bioenergie <strong>zur</strong> energetischen Versorgungssicherungkönnte ebenfalls deutlich verbessert werden (höhere Energieerträge und höhereCO 2äq -Vermeidung je Hektar).– Unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit sind die verschiedenen Bioenergie-Linien ebenfalls sehr unterschiedlich zu bewerten. Für den Fall, dass die deutsche Politikihre Bioenergiestrategie – trotz der klimapolitischen Nachteile (s. o.) – primär aufden Kraftstoffsektor ausrichten möchte, wären der Analyse zufolge zwei g<strong>an</strong>z unterschiedlichePolitikoptionen in Betracht zu ziehen. Option I: Für das Ziel, im Kraftstoffsektormöglichst viel Selbstversorgung zu erreichen, wäre die Linie Biogas-Kraftstoff (mit Direkteinspeisung ins Erdgasnetz) optimal. Option II: Für das Ziel,möglichst unabhängig <strong>von</strong> Erdöl- und Ergasimporten zu werden, wäre es sinnvoll, denImport <strong>von</strong> Biokraftstoffen <strong>von</strong> vornherein als tragende Säule einer Biokraftstoff-Strategie zu etablieren. Welche Strategie optimal ist, hängt also sehr <strong>von</strong> der exaktenDefinition des Zieles ab. Unter klimapolitischen Aspekten wäre unter diesen beiden„Versorgungssicherungsoptionen“ die Option II (Import) günstiger zu beurteilen, soferndie Produktion der Agrarrohstoffe nach guter fachlicher Praxis erfolgt.6.3 Allgemeine <strong>Empfehlungen</strong> <strong>zur</strong> Bioenergie-PolitikWie die vorliegende Analyse zeigt, wird die Bioenergie bei steigenden Energiepreisenauch ohne politisches Zutun weltweit exp<strong>an</strong>dieren. Dieser Exp<strong>an</strong>sionsprozess wird allerdingsdadurch begrenzt, dass Agrarflächen nicht beliebig vermehrbar sind und die Nachfragenach Nahrungsmitteln ebenfalls <strong>an</strong>steigt. In einigen Jahrzehnten k<strong>an</strong>n es auch wiederzu einer Schrumpfung des Bioenergiesektors kommen, wenn sich <strong>an</strong>dere regenerativeEnergien (mit geringerer Flächennutzungskonkurrenz und höherer Flächenproduktivität)im Wettbewerb durchsetzen und/oder die Nachfrage nach Nahrungsmitteln stark <strong>an</strong>steigt.Bei Flächenknappheit und <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz ist es nicht mehr gerechtfertigt, die staatlicheFörderung <strong>von</strong> Bioenergie per se als positiv darzustellen. Grundsätzlich gilt: WennFördermittel <strong>an</strong> einer Stelle eingesetzt werden, fehlen sie <strong>an</strong> <strong>an</strong>derer Stelle, und wenn Agrarflächenfür einen Zweck eingesetzt werden, sind sie <strong>an</strong>deren Verwendungsrichtungen


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 217entzogen. Die politische Förderung der Bioenergie darf kein Selbstzweck sein, sondernmuss sich dar<strong>an</strong> messen lassen, (a) welchen Nettobeitrag sie <strong>zur</strong> Erreichung der übergeordnetenPolitikziele leistet und (b) wie sie diesbezüglich im Vergleich zu <strong>an</strong>deren Politikmaßnahmenabschneidet, mit denen m<strong>an</strong> diese Ziele gleichfalls <strong>an</strong>steuern könnte.In diesem Sinne wird in der Studie der Beitrag der gegenwärtigen BioenergiepolitikDeutschl<strong>an</strong>ds zu wichtigen übergeordneten Zielen <strong>an</strong>alysiert. Daraus werden d<strong>an</strong>nPolitikempfehlungen abgeleitet, die nachfolgend zusammengefasst werden.6.3.1 Bioenergie und KlimaschutzDie weltweiten Treibausgas-Emissionen betragen derzeit rund 40 Mrd. t CO 2äq pro Jahr.Dieser Jahresausstoß wächst perm<strong>an</strong>ent, die Zuwachsrate liegt bei knapp 1 Mrd. t CO 2äqpro Jahr und hat sich in der jüngeren Verg<strong>an</strong>genheit weiter beschleunigt.Zum Vergleich: Wenn Deutschl<strong>an</strong>d ein Drittel seiner Agrarfläche komplett für die Bioenergieerzeugungumwidmen würde, so ließen sich damit beim gegenwärtigen Bioenergie-Mix bestenfalls 20 Mio. t CO 2äq pro Jahr einsparen. Wenn g<strong>an</strong>z Europa ein Drittel seinerAgrarflächen umwidmen würde, ergäbe sich rein rechnerisch eine CO 2äq -Vermeidung <strong>von</strong>ca. 750 Mio. t. Tatsächlich wäre die CO 2äq -Vermeidung aber viel geringer, weil die großflächigeeuropäische Umstellung auf Bioenergie zw<strong>an</strong>gsläufig <strong>zur</strong> Inkulturnahme zusätzlicherüberseeischer Flächen für die globale Nahrungsmittelerzeugung führt, so dass dortzusätzliche CO 2äq -Emissionen entstehen (s. u.). Selbst wenn wir diese indirekten negativenEffekte vernachlässigen und da<strong>von</strong> ausgehen, die 750 Mio. t der EU-<strong>Biomasse</strong> würdenvoll klimawirksam, so kommen wir zu der ernüchternden Erkenntnis, dass der klimapolitischeNutzen dieses einmaligen „<strong>Biomasse</strong>-Kraftaktes“ Europas durch ein einziges JahrWeltwirtschaftswachstum bereits wieder kompensiert wäre.Diese Kalkulationen ver<strong>an</strong>schaulichen, dass das Ziel einer Verringerung der globalenTreibhausgasemissionen eine politische Herkulesaufgabe ist, zu der die deutsche Bioenergieerzeugungnur einen äußerst geringen Beitrag leisten k<strong>an</strong>n. Welche Schlussfolgerungensind daraus für die deutsche Klimaschutzpolitik zu ziehen?Nach Auffassung des Beirats wäre es falsch, <strong>an</strong>gesichts der beschränkten PotenzialeDeutschl<strong>an</strong>ds die Flinte ins Korn zu werfen und die nationalen Klimaschutzziele <strong>zur</strong>ückzuschrauben.Der Beirat hält es für richtig, dass Deutschl<strong>an</strong>d beim Klimaschutz und beider Förderung regenerativer Energien zusammen mit einigen <strong>an</strong>deren Ländern vorpreschtund sich Ziele setzt, die <strong>an</strong>spruchsvoller sind als die Ziele der internationalen Staatengemeinschaft.Auf diese Weise werden positive Signale für die internationale Klimaschutzdebattegeschaffen, und die eigene Wirtschaft erl<strong>an</strong>gt Technologieführerschaft in Wirt-


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 218schaftsfeldern, die sich bei einer weltweiten Verbreiterung der Klimaschutzstrategie alsZukunftsfelder erweisen werden.Nach Auffassung des Beirats wäre es aber auch falsch, in klimapolitischen Aktionismus zuverfallen und jede Klimaschutzaktivität zu fördern, die einen noch so kleinen Beitrag zumnationalen Klimaschutzziel leistet. Gerade wenn Deutschl<strong>an</strong>d beim Klimaschutz besondershohe Ziele erreichen und mit besonders gutem Beispiel vor<strong>an</strong>gehen will, kommt es umsomehr darauf <strong>an</strong>, die knappen Ressourcen auf die effizientesten Klimaschutzstrategien zukonzentrieren. In diesem Punkt sieht der Beirat derzeit gravierende Defizite. Er empfiehlt,die Weiterentwicklung der Klimaschutzstrategie <strong>an</strong> folgenden Leitlinien aus<strong>zur</strong>ichten:– Internationalisierung, d. h. Bündelung der Kräfte für die Entwicklung internationalausgerichteter Klimaschutzstrategien– Effizienzorientierung, d. h. Ausrichtung der nationalen Klimaschutzpolitik auf jeneFelder, bei denen sich Klimaschutz mit geringsten Kosten beziehungsweise höchsterEffizienz erreichen lässt.Höchste Priorität für eine globale KlimastrategieWenn es nicht gelingt, einen weltweiten Schulterschluss in der Klimapolitik zu org<strong>an</strong>isierenund effektiv umzusetzen, werden sich die hochgesteckten Klimaschutzziele nicht erreichenlassen. Deshalb empfiehlt der Beirat der Bundesregierung dringend, wesentlichmehr Ressourcen in die Entwicklung einer globalen Klimaschutzstrategie zu investieren.Hier geht es nicht um die Vergabe einzelner Gutachten, die Einrichtung einer neuen interministeriellenArbeitsgruppe oder die Gründung eines Forschungsinstituts. Vielmehr sollteeine l<strong>an</strong>gfristig <strong>an</strong>gelegte, mit weitreichenden personellen und fin<strong>an</strong>ziellen Ressourcenausgestattete Projektgruppe („task force“) installiert werden, die sich international vernetztund Aktionspläne entwickelt, welche nachhaltigen Erfolg versprechen und Schritt fürSchritt umgesetzt werden können. Wichtige Meilensteine bei der Entwicklung einer globalenKlimaschutzstrategie wären– die schrittweise Ausdehnung des Kyoto-Prozesses (Ausgabe und Verknappung h<strong>an</strong>delbarerLizenzen auf CO 2äq -Basis in einer zunehmenden Anzahl <strong>von</strong> Ländern undWirtschaftssektoren),– die Ergänzung der CO 2äq -Emissionspolitik durch die Besteuerung des Verbrauchs fossilerEnergieträger, wobei die Steuersätze stärker <strong>an</strong> den Treibhauswirkungen derEnergieträger aus<strong>zur</strong>ichten und international <strong>an</strong>zugleichen wären,– die Einbeziehung des internationalen Tr<strong>an</strong>sports (Schiffsdiesel, Flugbenzin) in dieBesteuerung des Energieverbrauchs, so dass auch dort (wie bereits beim intr<strong>an</strong>ationalenTr<strong>an</strong>sport) die externen Effekte des Energieverbrauchs ihren Niederschlag in denPreisen finden.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 219Solche Ziele bzw. Maßnahmen lassen sich in wissenschaftlichen Gutachten oder politischenVerlautbarungen leicht formulieren; ihre praktische Realisierung ist jedoch äußerstschwierig zu erreichen und erfordert umf<strong>an</strong>greiche Vorarbeiten bezüglich Konkretisierung,Folgenabschätzung, diplomatischer Austarierung bis hin <strong>zur</strong> Erklärung gegenüberden Medien. Wenn derartige Schritte ausbleiben, wird es keinen Erfolg geben. Hierfürpraktikable Strategien zu entwickeln und nachhaltig zu verfolgen, wäre Ziel der hier vorgeschlagenen„task force“. Wissenschaftliche Beiräte, Forschungsinstitute oder Arbeitsgruppenverschiedener Bundesministerien vermögen dies nicht zu leisten.Vorr<strong>an</strong>g für regenerative Energien, die effizienten Klimaschutz ermöglichenWenn die Agrarflächen weltweit knapp werden, gerät Bioenergie nicht nur hinsichtlich derProduktionskosten, sondern auch hinsichtlich der umwelt- und klimaschutzpolitischen Beurteilungin einen Nachteil gegenüber der Solar- und der Windenergie sowie der Geothermie.Die Verknappung der Agrarflächen und die infolgedessen weltweit steigenden Agrarpreiseführen dazu, dass bisher nicht agrarisch genutzte Flächen in Kultur genommen werdenoder die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Flächen intensiviert werden.– Inkulturnahme <strong>von</strong> Flächen bedeutet in den meisten Fällen, dass Grünl<strong>an</strong>d umgebrochenoder Wälder abgeholzt werden. Beides führt in der Regel dazu, dass die CO 2äq -Emissionen zumindest vorübergehend deutlich <strong>an</strong>steigen.– Intensivierung ist unter dem Aspekt des Klimaschutzes kritisch zu sehen, weil zumeinen die vermehrte Bodenbearbeitung zu einem stärkeren Humusabbau führen k<strong>an</strong>nund zum <strong>an</strong>deren die steigende Ausbringung <strong>von</strong> Stickstoffdüngemitteln zusätzlicheEmissionen des treibhausrelev<strong>an</strong>ten Lachgases auslöst. Bezüglich der Frage, welcherProzentsatz des zusätzlichen Stickstoffdüngers im Laufe der Zeit in Form <strong>von</strong> Lachgasemittiert wird, gibt es beträchtliche Unsicherheiten. Sollten die Lachgas-Emissionenhöher liegen als dies aktuell in den IPCC-Szenarien berücksichtigt wird, so wäre eineIntensivierung unter dem Aspekt des Klimaschutzes noch kritischer zu beurteilen.Aus diesen Gründen sollte die Politik in einer Zeit, in der die hohen Energiepreiseweltweit für einen Boom der Bioenergie sorgen und infolgedessen auch die Agrarpreisestark <strong>an</strong>steigen, primär solche regenerativen Energien fördern, die nicht in einerFlächennutzungskonkurrenz <strong>zur</strong> Nahrungsmittelproduktion stehen.Daraus ergeben sich folgende <strong>Empfehlungen</strong>:– In der Förderpolitik sollten Solar- und Windenergie (mit zunehmender Schwerpunktlegungauf Energieimport) sowie Geothermie tendenziell Vorr<strong>an</strong>g vor der Bioenergiebekommen.– Innerhalb der Bioenergieförderung sollten Energielinien, die nicht auf Agrarflächenzugreifen oder aber auf Agrarflächen in Ergänzung <strong>zur</strong> Nahrungsproduktion betrieben


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 220werden können, Vorr<strong>an</strong>g erhalten (Waldrestholz, Gülle, Klärschlamm, sonstige Abfall-und Restsstoffe, im begrenzten Umf<strong>an</strong>g auch Stroh).– Insoweit die Förderung, aus welchen Gründen auch immer, dazu führt, dass bestimmteAgrarflächen primär für die Energieerzeugung in Anspruch genommen werden, solltedarauf geachtet werden, dass möglichst geringe CO 2äq -Vermeidungskosten erreichtwerden.Aus diesem letzten Grundsatz lassen sich für die Förderung der Bioenergie ausklimaschutzpolitischer Sicht folgende weitergehenden <strong>Empfehlungen</strong> ableiten:– Die bisher vorherrschende Segmentierung der Bioenergieförderung sollte schrittweiseaufgehoben werden, damit sich jene Bioenergie-Linien, die die gen<strong>an</strong>nten Kriterienam besten erfüllen, im Wettbewerb durchsetzen können.– Sol<strong>an</strong>ge die Förderung noch segmentiert erfolgt, sollten die Fördermaßnahmen auf dieSegmente mit niedrigen CO 2äq -Vermeidungskosten und hohen CO 2äq -Vermeidungsleistungenje Hektar konzentriert werden. Eine Förderung <strong>von</strong> Linien, die gegenwärtignoch hohe CO 2äq -Vermeidungskosten aufweisen, <strong>an</strong>dererseits aber hoheCO 2äq -Vermeidungsleistungen ermöglichen, sollte nur d<strong>an</strong>n in Betracht gezogen werden,wenn erwartet werden k<strong>an</strong>n, dass die CO 2äq -Vermeidungskosten künftig infolgetechnologischer Durchbrüche deutlich sinken werden.– Die Förderung sollte sich auf die Verwendung und nicht auf die Erzeugung der Bioenergiekonzentrieren, damit sich die Bioenergieerzeugung im Wettbewerb <strong>an</strong> den jeweilsbestgeeigneten St<strong>an</strong>dorten ausdehnen k<strong>an</strong>n. Diese St<strong>an</strong>dortorientierung solltenicht durch Importzölle für Bioenergieträger behindert werden.– Die Energiepfl<strong>an</strong>zenprämie und die obligatorische Flächenstilllegung sollten im Zugedes „Health Check“ der EU-Agrarpolitik abgeschafft werden.Die Zertifizierung <strong>von</strong> Import-Bioenergie k<strong>an</strong>n die Probleme nicht lösenDie deutsche Politik hat die Tatsache, dass eine allzu starke Verbreitung der Bioenergiezusätzliche Risiken für den Klimaschutz birgt, mittlerweile erk<strong>an</strong>nt. Sie zieht daraus abernicht die Schlussfolgerung, ihre Förderung der Bioenergie zu reduzieren oder auf die (unterCO 2äq -Vermeidungsaspekten) effizientesten Verfahren zu konzentrieren. Stattdessenstrebt sie <strong>an</strong>, die Risiken durch den Aufbau <strong>von</strong> Zertifizierungssystemen in den Griff zubekommen.Dieser Ansatz k<strong>an</strong>n nach Überzeugung des Beirats bestenfalls Teilerfolge bringen, wirdaber die Problematik der zusätzlichen Treibhausgas-Emissionen nicht grundsätzlich lösen.– Einerseits werden die im Aufbau befindlichen Zertifizierungssysteme dazu beitragen,alle Akteure, die in der Produktion und im H<strong>an</strong>del <strong>von</strong> Bioenergie tätig sind, hinsichtlichder Umweltrisiken der Bioenergie zu sensibilisieren.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 221– Andererseits ist der umwelt- und klimapolitische Nutzen der Zertifizierung sehr begrenzt,sol<strong>an</strong>ge sich mit solchen Systemen nur die ordnungsgemäße Bewirtschaftungjener Fläche sicherstellen lässt, die für den Bioenergieexport nach Deutschl<strong>an</strong>d bzw.Europa genutzt werden. Denn die Verknappung und Verteuerung der Agrarproduktebetrifft nicht nur jene Flächen, sondern führt zu Anpassungsreaktionen (inklusiveWaldrodung und Intensivierung) in allen Teilen der Welt. Eine Zertifizierung k<strong>an</strong>nzwar erreichen, dass die nach Deutschl<strong>an</strong>d bzw. Europa gelieferten Bioenergieträgerden definierten Anforderungen genügen, sie k<strong>an</strong>n aber nicht verhindern, dass d<strong>an</strong>n auf<strong>an</strong>deren Flächen – ausgelöst durch weltweit steigende Agrarpreise – Waldrodung oderIntensivierung für die Versorgung der sonstigen Märkte betrieben wird. Um solcheAnpassungs- und Umlenkungseffekte zu verhindern, müsste ein weltweites CO 2äq -Bil<strong>an</strong>zierungsystem eingeführt werden, welche alle Agrar- und Forstflächen mit einschließt.Das wäre wünschenswert (s. o. globale Klimaschutzstrategie), doch ist einepraktische Umsetzung auf absehbare Zeit nicht in Sicht.– Aus diesem Grunde sollte die Politik die Entwicklung der Zertifizierungssysteme zwarvor<strong>an</strong>treiben, zugleich aber deutlich machen, dass auch der Verbrauch <strong>von</strong> zertifiziertenBioenergieprodukten die <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz verschärft und eine gewisse Klimaschädigungnicht verhindern k<strong>an</strong>n.FazitDiese <strong>Empfehlungen</strong> bedeuten im Endeffekt, dass die deutsche Bioenergiepolitik einenweitreichenden Kurswechsel vornehmen muss, wenn sie sich konsequent am Ziel des Klimaschutzesausrichten möchte.6.3.2 Bioenergie und sonstige PolitikzieleMit der Förderung der Bioenergie wird nicht nur das Ziel „Klimaschutz“ verfolgt, sondernes werden auch weitere Politikziele <strong>an</strong>gestrebt. Hier sind insbesondere die Beiträge zumZiel „Versorgungssicherheit“ und zu arbeits- und technologiepolitischen Zielen zu nennen.Beide Aspekte werden im Rahmen der vorliegenden Studie näher untersucht.Versorgungssicherheit durch eine breit gefächerte Importstrategie <strong>an</strong>strebenWürden 30 % der l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Fläche (LF) Deutschl<strong>an</strong>ds (5 Mio. ha) mit dem gegenwärtigenBioenergie-Mix genutzt (Biodiesel, Bioeth<strong>an</strong>ol, Biogas für Strom, ca.12.000 kWh/ha bzw. 43 GJ/ha), so ließen sich damit lediglich 215 PJ entsprechend 2,3 %des Endenergieverbrauchs Deutschl<strong>an</strong>ds erzeugen. Bei einer konsequenten Fokussierungder Bioenergiestrategie auf die Hackschnitzel-KWK-Anlagen, die maximale Netto-Energieerträge je Hektar liefern, ließe sich dieser Anteil auf knapp 9 % steigern.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 222Würde die Bioenergiepolitik ausschließlich auf den Kraftstoffbereich ausgerichtet, so ließensich auf 30 % der LF (5 Mio. ha) mit einem Biokraftstoff-Mix aus 50 % Biodiesel und50 % Eth<strong>an</strong>ol (auf Basis Weizen) ca. 9 Mio. t Kraftstoffäquivalent erzeugen. Das entsprichtrund 17 % des gesamten deutschen Kraftstoffverbrauchs (ohne Flugbenzin). DiesenAnteil könnte m<strong>an</strong> bei Umstellung auf Biometh<strong>an</strong> oder BtL unter sehr optimistischen Annahmenauf knapp 40 % steigern. Zu beachten ist allerdings, dass (a) eine Umorientierungder Kraftstoffbr<strong>an</strong>che auf Biometh<strong>an</strong> auf absehbare Zeit nicht in Sicht ist, (b) erheblicheZweifel bestehen, ob sich eine großtechnische BtL-Produktion in Deutschl<strong>an</strong>d realisierenlässt, und (c) eine Fokussierung auf Biokraftstoffe keinen Platz mehr für <strong>an</strong>dere Bioenergienutzungenließe, die aus klimaschutzpolitischer Sicht sinnvoller wären.Diese ernüchternde Bil<strong>an</strong>z ist (a) auf die knappe Flächenausstattung und (b) auf den hohenEnergieverbrauch Deutschl<strong>an</strong>ds <strong>zur</strong>ückzuführen. In dieser Ausg<strong>an</strong>gslage k<strong>an</strong>n eine Verdopplungder Bioenergiefläche im Hinblick auf die Versorgungssicherheit nur sehr wenigbewirken, im Hinblick auf die Markt<strong>an</strong>teile der deutschen L<strong>an</strong>dwirtschaft auf verschiedenenNahrungsmittelmärkten hingegen sehr viel.Da das Ziel „Versorgungssicherheit“ mit Hilfe der im Inl<strong>an</strong>d zu erzeugenden Bioenergienicht <strong>an</strong>nähernd erreicht werden k<strong>an</strong>n und es <strong>an</strong>dere g<strong>an</strong>gbare Wege gibt, um einen nachhaltigsicheren Zug<strong>an</strong>g zu Energiequellen zu erschließen, hält es der Beirat für ratsam, beider künftigen Ausgestaltung der Bioenergiepolitik dem Ziel „Versorgungssicherung“ keinePriorität zuzuweisen. Positive Beiträge der Bioenergie <strong>zur</strong> Versorgungssicherung solltenlediglich als willkommener Nebeneffekt der Förderpolitik <strong>an</strong>gesehen werden. Die Unterscheidungzwischen „prioritärem Ziel“ und „willkommenem Nebeneffekt“ ist keine sem<strong>an</strong>tischeHaarspalterei, sondern dient der Ausrichtung der Förderpolitik auf wenigeKernziele (hier: „Klimaschutz“ sowie „Arbeitsmarkt- und Technologiepolitik“), die d<strong>an</strong>numso effizienter <strong>an</strong>gesteuert werden können.Für die Erreichung des Ziels „Versorgungssicherung mit Energie“ empfiehlt der Beirat,wie bereits in der Verg<strong>an</strong>genheit eine breit gefächerte Importstrategie zu entwickeln, dieallerdings zunehmend auf den Import regenerativer Energien ausgerichtet werden muss.Ein materiell und regional verteilter Import-Mix sollte fossile und regenerative Energieträgerumfassen. Umgehend sollte damit begonnen werden, eine Import-Infrastruktur fürSolar- und Windstrom mit staatlicher Unterstützung aufzubauen. Die Voraussetzungen fürden Erfolg einer breit gefächerten Importstrategie werden sich beim Überg<strong>an</strong>g in das regenerativeEnergiezeitalter tendenziell verbessern, da die Zahl der potenziellen Exportländerfür regenerative Energien wesentlich größer sein wird als die Zahl der bisherigen Exportländerfür fossile Energieträger.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 223Arbeitsmarkt- und technologiepolitische Ziele gezielter <strong>an</strong>steuernAls die deutsche Politik vor einigen Jahren beg<strong>an</strong>n, die Erzeugung <strong>von</strong> Bioenergie inDeutschl<strong>an</strong>d zu fördern, verb<strong>an</strong>d sie hiermit auch die Hoffnung, einen Beitrag <strong>zur</strong> Verbesserungder Arbeitsmarktsituation speziell in den ländlichen Räumen zu leisten. Das geschahzu einer Zeit, als die obligatorische Flächenstilllegung bei 10 % lag und in einigenRegionen darüber hinaus freiwillig Flächen stillgelegt wurden, weil sich die Bewirtschaftunginfolge der niedrigen Agrarpreise nicht mehr lohnte.Inzwischen hat sich die Situation im Agrarbereich jedoch grundlegend gew<strong>an</strong>delt. GestiegeneAgrarpreise und agrarpolitische Förderung ver<strong>an</strong>lassen die L<strong>an</strong>dwirte, auch ohneFörderung der Bioenergie nahezu alle Ackerflächen zu nutzen. Wenn der Staat in dieserSituation die Ausdehnung der Bioenergie auf l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Flächen fördert, führtdies – <strong>von</strong> wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. Stroh, Reststoffe) – zw<strong>an</strong>gsläufig <strong>zur</strong>Verdrängung der Futter- oder Nahrungsmittelproduktion.In dieser Ausg<strong>an</strong>gslage k<strong>an</strong>n die Förderung der Bioenergie statt der erhofften positivensogar negative Arbeitsmarktwirkungen in ländlichen Räumen auslösen, wenn sie dortnämlich <strong>zur</strong> Verdrängung der Tierproduktion führt. Wie die vorliegende Studie am BeispielBiogas zeigt, werden durch die Wertschöpfungsketten der tiergebundenen Nahrungsmittelproduktiondeutlich mehr Arbeitskräfte beschäftigt als im Produktionsverfahren„Biogas auf Silomais-Basis“. Für Biogas<strong>an</strong>lagen, die in Ackerbauregionen errichtetwerden und daher keine tiergebundene Nahrungsmittelproduktion verdrängen, dürfte sichhingegen ein positiver Beschäftigungseffekt ergeben. Auch d<strong>an</strong>n, wenn in Biogas- oderVerbrennungs<strong>an</strong>lagen primär Reststoffe (z. B. Stroh, Knickholz, Gülle) eingesetzt, ist miteinem Mehrbedarf <strong>an</strong> Arbeit zu rechnen. Der Netto-Beschäftigungseffekt der BiodieselundBioeth<strong>an</strong>ol<strong>an</strong>lagen in den ländlichen Räumen liegt wahrscheinlich nahe null; auf demAcker ergeben sich keine Veränderungen gegenüber der Nahrungs- oder Futterproduktion,und bei der Erfassung und der Verarbeitung ist der Effekt per Saldo auch gering. Bei einerQu<strong>an</strong>tifizierung der Netto-Effekte müsste allerdings auch berücksichtigt werden, dass dieBioenergie Fördermittel bindet, die <strong>an</strong>sonsten gezielt für Investitionen in ländliche Räumeeingesetzt werden könnten.Wenn auch eine hohe Förderung der Bioenergie kurzfristig für die L<strong>an</strong>dwirte lukrativ istund die Grundrenten für die l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Flächen in die Höhe treibt, so liegt esnach Auffassung des Beirats nicht im nachhaltigen Interesse der deutschen L<strong>an</strong>dwirtschaft,wenn durch die Förderung der Bioenergie Teile der Nahrungsmittelproduktion insAusl<strong>an</strong>d verdrängt würden. Dies vor allem aus zwei Gründen:– Die Agrarproduktion würde auf eine Produktlinie ausgerichtet (Energie), die geringeWertschöpfungspotenziale aufweist und im Endeffekt durch einen scharfen Kostenwettbewerbgekennzeichnet ist.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 224– Die Agrarwirtschaft würde diese Ausrichtung nicht als Anpassungsreaktion aufVerbraucher- und Marktsignale vornehmen, sondern als Anpassungsreaktion auf sektoralausgerichtete politische Fördermaßnahmen. Sie würde sich damit erneut in einestarke Politikabhängigkeit begeben, aus der sie nach den jüngsten Agrarreformen geradeerst entlassen worden ist.Während also die durch die Bioenergiepolitik induzierten Umschichtungen <strong>von</strong> Arbeitsplätzenim Agrarsektor nicht uneingeschränkt positiv zu sehen sind, k<strong>an</strong>n der deutschenBioenergiepolitik ohne jeden Zweifel eine sehr positive Beschäftigungswirkung im Bereichdes Anlagenbaues und der Konversionstechnik attestiert werden. Hier wurden in denverg<strong>an</strong>genen Jahren viele Arbeitsplätze neu geschaffen, und hier liegen auch für die Zukunftnoch große Potenziale.Diese Einschätzung stützt sich auf die Erwartung, dass der Bioenergiebereich weltweit einstarkes Wachstum aufweisen wird und sich somit sehr gute Ch<strong>an</strong>cen bieten, innovativetechnische Lösungen und leistungsfähige Verarbeitungs<strong>an</strong>lagen auf dem Weltmarkt verkaufenzu können. Deutschl<strong>an</strong>d verfügt hier über eine hervorragende Ausg<strong>an</strong>gsposition, da(a) der qualitativ hochwertige Anlagenbau ein starker Sektor der deutschen Volkswirtschaftist und (b) sich in diesem Sektor das Teilsegment Bioenergie-Anlagenbau, maßgeblichunterstützt durch die deutsche Förderpolitik der letzten Jahre, sehr gut entwickelt hatund große Exporterfolge aufweisen k<strong>an</strong>n.Zur Verbesserung der Beschäftigungswirkungen in diesem Bereich werden folgende Anpassungenempfohlen:– Die staatliche Förderung sollte tendenziell dort ausgebaut werden, wo betriebswirtschaftlichrisikoreiche Verfahren Aussicht auf technologische Durchbrüche oder Innovationenbieten, und sie sollte dort reduziert werden, wo mit Hilfe der Fördermaßnahmenlediglich bek<strong>an</strong>nte St<strong>an</strong>dardtechnologien verbreitert werden.– Der Mitteleinsatz sollte deutlich zugunsten <strong>von</strong> F&E-Aktivitäten umgeschichtet werden,welche auf die Schaffung <strong>von</strong> technologieorientierten Arbeitsplätzen ausgerichtetsind.– Im Rahmen <strong>von</strong> global ausgerichteten Marktstudien sollten jene Bioenergie-Linienund Konversionstechnologien identifiziert werden, <strong>von</strong> denen zu erwarten ist, dass siekünftig im weltweiten Maßstab das Geschehen im Bereich Bioenergie bestimmen.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 225Ausrichtung staatlicher Institutionen überdenkenUm die technologische Entwicklung im Bereich der nachwachender Rohstoffe und auchdie Markteinführung vor<strong>an</strong>zubringen, hat die Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d vor über einemJahrzehnt die „Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR)“ gegründet und in jüngsterVerg<strong>an</strong>genheit die Einrichtung eines „Deutschen <strong>Biomasse</strong>-Zentrums“ auf den Weg gebracht.Hinsichtlich der künftigen Ausrichtung dieser beiden Einrichtungen lassen sich nachAuffassung des Beirats aus hier gewonnenen Erkenntnissen sowie den verfügbarenforschungspolitischen Befunden folgende <strong>Empfehlungen</strong> ableiten:– Der Ansatz, die Projektförderung über die FNR zu bündeln, ist im Grundsatz richtig.Allerdings ist die FNR in ihrer gegenwärtigen Struktur nicht optimal für die Politikberatungim Bereich Bioenergie aufgestellt. Es sollte eine Schwerpunktlegung auf jeneBioenergie-Linien vorgenommen werden, die aus klimaschutzpolitischer und volkswirtschaftlicherSicht sowie unter Beachtung der internationalen Wettbewerbsfähigkeitbesonders Erfolg versprechend sind. Dabei müsste dem effizientesten Weg zumnachhaltigen Klimaschutz Vorr<strong>an</strong>g vor <strong>an</strong>deren Zielen gegeben werden, unabhängig<strong>von</strong> der regionalen Herkunft und <strong>von</strong> der Art der regenerativen Energien. Der Beiratempfiehlt die Einrichtung eines Wissenschaftlichen Beirats, der die Arbeit der FNRbegleitet und <strong>Empfehlungen</strong> für die Weiterentwicklung der Förderstrategie in diesemBereich gibt.– Der Beirat hält die gepl<strong>an</strong>te Einbettung des Deutschen <strong>Biomasse</strong>-Forschungszentrumsin die deutsche Forschungsl<strong>an</strong>dschaft aus forschungspolitischer Sicht für einen Schrittin die falsche Richtung. Zum einen sieht er die Gefahr, dass die institutionelle Zersplitterungder Forschung in Deutschl<strong>an</strong>d weiter zunimmt. Zum <strong>an</strong>deren hält er es fürunglücklich, dass die Bundespolitik sich künftig in Fragen der Bioenergieförderung inerster Linie <strong>von</strong> einem Institut beraten lassen will, dessen Existenz <strong>von</strong> der Förderungder Bioenergie abhängt und das nicht den üblichen wissenschaftlichen Evaluationsmech<strong>an</strong>ismenunterworfen ist. Bei dieser Konstellation besteht das erhöhte Risiko einerverzerrten Politikberatung. Der Beirat empfiehlt deshalb der Politik, die neue Einrichtungnach Maßgabe ihrer primären Zielsetzung in eine der vorh<strong>an</strong>denen Strukturen(z. B. WGL, Helmholtz, Ressortforschung) zu integrieren. Wenn sich die wissenschaftlicheArbeit primär auf die Verbesserung politischer Rahmenbedingungen beziehensoll, ist eine Integration in die Ressortforschung geboten. Wenn die technischeEntwicklung forciert werden soll, könnte dies auch über die Aufstockung des Budgetsder Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe erfolgen.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 2266.4 Politikempfehlungen zu einzelnen Bioenergie-LinienAuf der Grundlage der allgemeinen <strong>Empfehlungen</strong> <strong>zur</strong> Bioenergiepolitik (Kapitel 6.3) sowieder vorgenommenen Analysen in den Kapiteln 4 und 5 werden folgende <strong>Empfehlungen</strong>zu den einzelnen Bioenergie-Linien abgeleitet.Wärme- und Stromerzeugung durch <strong>Biomasse</strong>-VerbrennungDie Erzeugung <strong>von</strong> Wärme aus <strong>Biomasse</strong> hat in Deutschl<strong>an</strong>d eine l<strong>an</strong>ge Tradition. Siestellt eine relativ kostengünstige klimaschutzpolitische Option dar, und viele Anlagen sindweitgehend ohne Förderung rentabel. Daher sollte die Politik darauf achten, dass dieses<strong>Biomasse</strong>-Segment nicht durch eine überzogene Förderung <strong>an</strong>derer Segmente im Wettbewerb<strong>zur</strong>ückfällt. Die biogene Wärmeerzeugung könnte noch größere Beiträge zu den klimapolitischenZielen leisten, wenn folgende <strong>Empfehlungen</strong> beherzigt würden:– Die Besteuerung <strong>von</strong> Heizöl und Erdgas sollte schrittweise <strong>an</strong> die Besteuerung der<strong>an</strong>deren fossilen Energieträger <strong>an</strong>gepasst werden, damit die Verbraucher auch in diesemSegment der Energiewirtschaft die negativen externen Effekte fossiler Brennstoffein ihre Entscheidungen einbeziehen. Dadurch würde die Nachfrage nach regenerativenBrennstoffen gestärkt werden. Entstehende soziale Härten könnten über sozialpolitischeMaßnahmen abgemildert werden.– Im Rahmen der bestehenden Förderung der Bioenergie im Wärmebereich sollte – wiebereits im Zuge der Neufassung des Markt<strong>an</strong>reizprogramms (MAP) diskutiert – einSchwerpunkt auf die Förderung <strong>von</strong> Nahwärmenetzen gelegt werden.– Wärmegeführte KWK-Anlagen sollten im Rahmen des MAP besonders gefördert werden.Sie ermöglichen die <strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Strom und Wärme zu jeder Betriebszeit undweisen deshalb eine höhere Energieeffizienz auf als die stromgeführten KWK-Anlagen. Deshalb erscheint hier – im Unterschied zu den Biogas<strong>an</strong>lagen (s. u.) – einebetriebsgrößenabhängige Differenzierung der Einspeisevergütung gerechtfertigt.– Vermehrt sollten Modellvorhaben durchgeführt werden, in denen unterschiedlicheOrg<strong>an</strong>isationskonzepte erprobt werden. Diese Modellvorhaben sollten mit einer sozioökonomischenBegleitforschung versehen werden, die bereits vor Maßnahmenbeginneinsetzt.– Die Forschung <strong>zur</strong> Verminderung der Emissionen bei der Verbrennung <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong>sollte verstärkt werden. In die Verfahrensvergleiche sollte auch die Mit-Verbrennung<strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> in Heizkraftwerken bzw. Kraftwerken einbezogen werden.– Die Co-Verbrennung <strong>von</strong> Stroh sollte in das EEG aufgenommen werden, um Anreizefür eine energetische <strong>Nutzung</strong> des Strohs (unter Einhaltung der Vorgaben hinsichtlicheines hinreichenden Humusersatzes) zu geben. Auf diese Weise k<strong>an</strong>n ein relativ effizienterBeitrag zum Klimaschutz geleistet werden.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 227– Die Getreideverbrennung sollte, abgesehen <strong>von</strong> eventuell zu beachtenden Emissionsproblemen,grundsätzlich nicht <strong>an</strong>ders bewertet werden als zum Beispiel die Biodiesel-oder Bioeth<strong>an</strong>olnutzung zum Antrieb <strong>von</strong> Kraftfahrzeugen oder die Verbrennung<strong>von</strong> Holzhackschnitzeln.– Die öffentlich fin<strong>an</strong>zierte Pfl<strong>an</strong>zenzüchtung im Bereich der schnellwachsenden Baumartensollte verstärkt werden, und es sollten Gespräche mit der privaten Pfl<strong>an</strong>zenzüchtungdarüber geführt werden, wie deren Engagement in diesem Segment erhöhtwerden k<strong>an</strong>n.Viele dieser Einzelvorschläge würden sich erübrigen, wenn die im ersten Punkt <strong>an</strong>geregteAnpassung der Preise für Heizöl und Erdgas umgesetzt und die Förderung der klimapolitischweniger effizienten Segmente Biogas und Biokraftstoffe <strong>zur</strong>ückgefahren würde.Strom- und Wärmeerzeugung durch <strong>Biomasse</strong>-Vergärung (Biogas)Biogas<strong>an</strong>lagen können, richtig eingesetzt, einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten.In den verg<strong>an</strong>genen Jahren haben sich zahlreiche L<strong>an</strong>dwirte jedoch durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG) zu Investitionen in Biogas<strong>an</strong>lagen verleiten lassen, die sichals Fehlinvestitionen herausgestellt haben und darüber hinaus auch ineffizient für denKlimaschutz sind. Dieses Ergebnis steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum erheblichenSubventionsaufw<strong>an</strong>d, der mit dem EEG l<strong>an</strong>gfristig festgeschrieben wurde. Für diekünftige Förderung neuer Biogas<strong>an</strong>lagen empfiehlt der Beirat deshalb folgende Kurskorrekturen:– Die Einspeisungsvergütungen für Strom aus Biogas sollten so <strong>an</strong>gepasst werden, dasssich Investitionen in Biogas<strong>an</strong>lagen nur noch lohnen können, wenn die Anlagen (a)auf Basis <strong>von</strong> Gülle bzw. Reststoffen laufen und (b) ein rentables Wärmenutzungskonzepthaben. Die Vergütungsstruktur sollte umgestellt werden mit demZiel, die <strong>Nutzung</strong>skonkurrenz auf dem Ackerl<strong>an</strong>d zu vermindern und einen möglichstgroßen Anreiz für die Verwertung <strong>von</strong> Reststoffen zu bieten.– Da der Neubau <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen auf Maisbasis bei den gegenwärtigen Preiskonstellationentrotz „Nawaro-Bonus“ nicht rentabel ist, würde wahrscheinlich auch eineleichte Anhebung dieses Bonus, wie sie derzeit im Zuge der EEG-Debatte diskutiertwird, keinen größeren Schaden <strong>an</strong>richten. Gleichwohl würde die Politik mit dieserAnhebung ein falsches Signal setzen, und bei einem sinkenden Weltagrarpreisniveauwürden auch erneut Investitionen <strong>an</strong>geregt, die aus klimapolitischer Sicht nicht sinnvollsind. Um die Ausrichtung der Biogas-Br<strong>an</strong>che auf die Verwertung <strong>von</strong> Reststoffenzu unterstützen, empfiehlt der Beirat den „Nawaro-Bonus“ (0,06 €/kWh) für Neu<strong>an</strong>lagenkomplett abzuschaffen, die Grundvergütung <strong>an</strong>zuheben (0,03 €/kWh) und einen„Gülle-Bonus“ (0,03 €/kWh) einzuführen für jenen Anteil des Stroms, der ausGülle gewonnen wird. Für Neu<strong>an</strong>lagen wie für Alt<strong>an</strong>lagen, bei denen bek<strong>an</strong>ntlich der„Nawaro-Bonus“ vertraglich festgeschrieben ist, sollte die Negativliste der Substrate


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 228abgeschafft oder die Positivliste entsprechend erweitert werden. Auf diese Weise sinkendie Substratkosten für alle Anlagen, und es wird ein hoher Anreiz <strong>zur</strong> Verwendung<strong>von</strong> Reststoffen geschaffen. Durch gesonderte Gesetzgebung ist sicherzustellen,dass keine hygienisch oder toxikologisch bedenklichen Substrate eingesetzt werden.– Der „Technologie-Bonus“ sollte auf technologische Neuerungen beschränkt bleiben,welche im Erfolgsfall die Biogas-Linie unter klimapolitischen Aspekten einen großenSchritt weiter bringen können, derzeit aber besondere betriebswirtschaftliche Risikenbeinhalten. Die Anzahl der hierdurch förderfähigen Anlagen sollte <strong>von</strong> vornherein begrenztwerden. Wenn die geförderte Technik zu einem späteren Zeitpunkt als etabliertgelten können, sollte sie aus der Bonus-Liste gestrichen werden. Die Bundesregierungsollte die Biogas-Br<strong>an</strong>che im Rahmen ihrer Möglichkeiten dabei unterstützen, denTechnologie- und Anlagenexport weiter zu verstärken und die Markt<strong>an</strong>teile auf demWeltmarkt auszubauen.– Der „KWK-Bonus“ führt grundsätzlich in die richtige Richtung (<strong>Nutzung</strong> <strong>von</strong> Stromund Wärme), lädt jedoch zum Missbrauch ein, indem die Investoren auch nicht sinnvolleWärmeverwendungen installieren, um möglichst viele Zuschläge zum Strompreiszu erl<strong>an</strong>gen. Dies durch detaillierte Verordnungen auszuschließen, dürfte kaummöglich sein. Der Beirat empfiehlt diesen Bonus zunächst noch beizubehalten und imRahmen einer Begleitforschung die Wirkungen näher zu <strong>an</strong>alysieren.– Die Staffelung der Einspeisevergütungen zugunsten <strong>von</strong> kleinen Biogas<strong>an</strong>lagen sollteabgeschafft werden. Durch den vom Beirat vorgeschlagenen Güllebonus würde sichergestellt,dass kleine Anlagen dort, wo sie klimapolitisch sinnvoll sind, hinreichendgefördert werden. Eine weiter erhöhte Subventionierung extrem kleiner Biogas<strong>an</strong>lagen<strong>an</strong> St<strong>an</strong>dorten, <strong>an</strong> denen nur sehr wenig Gülle <strong>an</strong>fällt, wäre volkswirtschaftlichnicht sinnvoll.– Im Hinblick auf die Direkteinspeisung <strong>von</strong> Biogas ins Erdgasnetz empfiehlt der Beirat,die hier laufenden F&E-Arbeiten weiter zu intensivieren. Sol<strong>an</strong>ge die Abklärungwichtiger Fragen zu technischen, ökonomisch-org<strong>an</strong>isatorischen Aspekten sowie zuden CH 4 -Emissionen der Biogas-Aufreinigung noch aussteht, sollte jedoch in derpraktizierten Biogasförderung noch kein Strategie-Wechsel in Richtung Direkteinspeisungvorgenommen werden. Sobald die technischen Probleme gelöst sind, solltedas EEG dahingehend geändert werden, dass – abgesehen <strong>von</strong> den Gülle<strong>an</strong>lagen - einVorr<strong>an</strong>g für die Gaseinspeisung fixiert wird.– Die Investitionsförderung <strong>von</strong> Biogas<strong>an</strong>lagen sollte eingestellt werden. Eine derartigeFörderung wäre im Prinzip nur unter dem Aspekt der Technologieförderung sinnvoll;diesem Aspekt wird jedoch durch den Technologie-Bonus hinreichend Rechnung getragen,und eine Doppelförderung durch eine ergänzende Investitionsförderung sollteunterbleiben.


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 229– Die Bundesländer sollten ihre Bemühungen verstärken, eine möglichst lückenlose Dokumentationund Begrenzung der Nährstoffüberschüsse auf l<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Betriebenzu erwirken. Dies ist im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Bioenergiepolitik deshalb <strong>von</strong>Bedeutung, weil die verstärkte Förderung der güllebasierten Anlagen – ohne einewirksame Kontrolle der Nährstoffmengen – zu einer Erhöhung der regionalen Nährstoffüberschüsseund damit auch zu einer Verschärfung der Treibhausgas-Emissionenführen k<strong>an</strong>n.Kraftstoffherstellung aus <strong>Biomasse</strong>Die Förderung des Einsatzes <strong>von</strong> Biokraftstoffen ist aus klimaschutzpolitischer Sicht keinesinnvolle Option, denn sie ist im Vergleich zu <strong>an</strong>deren klimapolitischen Optionen sehrkostspielig und bringt – zumindest bei den derzeit verbreiteten Linien Biodiesel und Bioeth<strong>an</strong>ol(Inl<strong>an</strong>dsproduktion) – eine vergleichsweise geringe CO 2äq -Vermeidungsleistung jeHektar. Während in <strong>an</strong>deren Sektoren der Volkswirtschaft eine CO 2äq -Vermeidung zuKosten <strong>von</strong> 20 bis 30 €/t CO 2äq bewerkstelligt werden könnte, erzwingt die Politik hiereine CO 2äq -Vermeidung, die fünf- bis zehnfach höhere Kosten verursacht. Das bedeutet,dass mit den hier eingesetzten Fin<strong>an</strong>zmitteln nur ein Bruchteil des möglichen Klimaschutzeserreicht wird.Deshalb wäre es aus klimapolitischer Sicht sinnvoller, die Mineralöl- und die Automobilbr<strong>an</strong>chezu ver<strong>an</strong>lassen, sich <strong>an</strong> Klimaschutzprojekten in <strong>an</strong>deren Teilen der Volkswirtschaftzu beteiligen (z. B. <strong>Biomasse</strong> <strong>zur</strong> Wärmeerzeugung, dadurch Einsparung <strong>von</strong> Heizöl),und im Gegenzug zuzulassen, dass der Tr<strong>an</strong>sportsektor bis <strong>zur</strong> Entwicklung neuerTechnologien nur einen relativ geringen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Dementsprechendist zu empfehlen, dass sich die Politik im Tr<strong>an</strong>sportbereich besonders auf die Technologieförderungkonzentriert, <strong>an</strong>statt sich hier mit Mengenvorgaben für die wenig effizientenBiokraftstoffe der ersten Generation zu verausgaben.Sollte die Politik im Biokraftstoffsegment nicht primär Klimaschutzziele, sondern Versorgungssicherungszielezugrunde legen, so wäre ebenfalls eine Neuausrichtung der Förderpolitik<strong>an</strong><strong>zur</strong>aten (vgl. Kapitel 6.2). Je nachdem, welche Zielsetzung hier exakt verfolgtwerden soll, müsste die Politik entweder konsequent auf Biogas-Kraftstoffe aus dem Inl<strong>an</strong>d(Direkteinspeisung ins Erdgasnetz) setzen oder aber auf die vertragliche Absicherung<strong>von</strong> Biokraftstoff-Importen aus Übersee.Nach Auffassung des Beirats ist folgende Ausrichtung der Biokraftstoff-Politik empfehlenswert:– Da der Beirat dem Klimaschutz höchste Priorität beimisst und da die Biokraftstoffeaus klimapolitischer Sicht keine effiziente Lösung darstellen, wird empfohlen, dassdie Politik die Beimischungsziele für Biokraftstoffe schrittweise wieder rückgängigmacht. Auch ohne Beimischungspflicht werden sich die Biokraftstoffe infolge hoher


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 230Erdölpreise weltweit weiter ausbreiten, allerdings <strong>an</strong> den hierfür bestgeeignetenSt<strong>an</strong>dorten, bei den bestgeeigneten Kraftstoffen und mit dem optimalen Beitrag zumKlimaschutz.– Gelingt der Abbau der Beimischungsziele in Deutschl<strong>an</strong>d und der EU nicht, solltenzumindest die nach Biodiesel und Bioeth<strong>an</strong>ol differenzierten Unterquoten abgeschafftwerden, um eine Ausrichtung auf die kostengünstigsten Rohstoffquellen zu ermöglichen.– Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass die Bedingungen für einen freienH<strong>an</strong>del mit Biokraftstoffen schrittweise verbessert werden. Das betrifft insbesondereden Abbau des Zollschutzes für Alkohol. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wirdsich ein vollständiger Zollabbau kurz- und mittelfristig nicht realisieren lassen. Umdie Pl<strong>an</strong>ungssicherheit für die Wirtschaft zu verbessern, sollte die Bundesregierungaber klar kommunizieren, dass sie l<strong>an</strong>gfristig <strong>von</strong> einem vollständigen Abbau desZollschutzes für Alkohol ausgeht.– Bei der Weiterentwicklung der Beimischungsregelungen im Dieselsegment sollte daraufgeachtet werden, dass sich die technischen Normen ausschließlich <strong>an</strong> den technischenAnforderungen der Automobilwirtschaft und nicht am Ziel einer Bevorzugunginländisch produzierter Rohstoffe orientieren.– Die Steuerbegünstigung für Reinkraftstoffe sollte aus Gründen des Vertrauensschutzesnoch für eine Überg<strong>an</strong>gszeit fortgeführt werden, d<strong>an</strong>ach jedoch komplett auslaufen.– Die Bundesländer sollten keine Investitionen <strong>von</strong> Pfl<strong>an</strong>zenölpressen in l<strong>an</strong>dwirtschaftlichenBetrieben fördern.– Die technische und ökonomische Forschung über die Biokraftstoffe der 2. Generationsollte vor<strong>an</strong>getrieben werden. Die Politik sollte allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunktda<strong>von</strong> Abst<strong>an</strong>d nehmen, Politikmaßnahmen <strong>zur</strong> breiten Markteinführung zu ergreifen(z. B. Steuerbefreiungen oder Beimischungsverpflichtungen für die fernereZukunft). Solche Maßnahmen sollten erst d<strong>an</strong>n in Betracht gezogen werden, wenn einwissenschaftlich geprüftes und positiv bewertetes Szenario vorliegt, in dem überzeugenddargelegt wird, welches Segment der Kraftfahrzeugflotte auf welcher Rohstoffbasisund mit welchen Markt- und Ökosystemwirkungen auf Biokraftstoffe der 2. Generationumgestellt werden soll.SchlussbemerkungDer Wissenschaftliche Beirat hat mit den zahlreichen <strong>Empfehlungen</strong>, die im letzten Teildieses Gutachtens zusammengefasst wurden, konkrete Hinweise <strong>zur</strong> Weiterentwicklungder Bioenergiepolitik in Deutschl<strong>an</strong>d gegeben. Er entspricht damit einem häufig geäußertenWunsch der Politik.Erfahrungsgemäß birgt eine derartige Auflistung konkreter <strong>Empfehlungen</strong> aber das Risiko,dass sich die Politik nur jene Punkte aus der Liste herausgreift, die sich ohne größere Wi-


Kapitel 6 Zusammenfassung und <strong>Empfehlungen</strong> 231derstände umsetzen lassen, und die <strong>an</strong>deren (möglicherweise wichtigeren) Punkte übergeht.Ein weiteres Risiko liegt darin, dass die Orientierung auf die Details den Blick fürdie wichtigen übergeordneten Aspekte verstellt.Deshalb möchte der Beirat noch einmal deutlich hervorheben, dass er die allgemeinen<strong>Empfehlungen</strong> im Kapitel 6.3 für wichtiger hält als die detaillierten <strong>Empfehlungen</strong> im Kapitel6.4. Mit dem Drehen <strong>an</strong> kleinen Schrauben wird es nicht gelingen, jene Probleme, diedie Politik mit der Förderung der Bioenergie lösen möchte, tatsächlich in den Griff zu bekommen.


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