coaching & training - Wirtschaftszeitung
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SEITE 4 | OKTOBER 2012<br />
THEMA DES MONATS: DIE STADT DER ZUKUNFT WIRTSCHAFTSZEITUNG | SEITE 5<br />
NurnachhaltigeStädtehabeneineZukunft<br />
DemographieundKlimawandelwerdenbestimmendeFaktorenderStadtplanung/DGNB-ZertifizierungbietetQualitätsvergleich<br />
VON MECHTILD ANGERER<br />
OSTBAYERN. 80 Prozent der Weltbevölkerung<br />
werden laut UNO im Jahr 2050<br />
in Städten leben. Was vor allem MegastädtewieKairoundTokyobetrifft,hat<br />
auchEffekteaufStädtemittlererGröße:<br />
Wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert<br />
wird,wirdderRessourcen-undEnergieverbrauch<br />
in deutschen Städten immens<br />
ansteigen, ebenso wie ihre schädlichenUmwelt-Emissionen.<br />
Städtebau ist ein langwieriger Prozess:<br />
In Regensburg werden in Kürze<br />
zwei neue Quartiere entstehen. Im<br />
„Dörnberg-Viertel“ ist ein kompletter<br />
neuer Stadtteil mit einem Wohn- und<br />
Gewerbebaumix und großzügiger<br />
Grünraumflächen geplant, und auch<br />
derInnereOstenmitseinengroßenKasernengeländen<br />
wird sein Gesicht auf<br />
absehbareZeitnachhaltigverändern.<br />
Um Städte für die Zukunft fit zu machen,<br />
sind neue planerische Konzepte<br />
notwendig: Positive Beispiele waren<br />
wieder bei der World Green Building<br />
Week zu sehen, die am 21. September<br />
zu Ende ging. Jedes Jahr ruft die DGNB<br />
(DeutscheGesellschaftfürNachhaltiges<br />
Bauen) die von ihr zertifizierten Objekte<br />
dazu auf, sich der Öffentlichkeit zu<br />
präsentieren. Die 2007 in Stuttgart gegründete<br />
Gesellschaft zertifiziert vom<br />
Einfamilienhaus über Gewerbebauten<br />
bis zu ganzen Stadtquartieren Bauprojekte<br />
nach ihrer Nachhaltigkeit und<br />
vergibtGold-,Silber-undBronze-Zertifikate.<br />
Projekte gibt es weltweit in 80<br />
Staaten,dochin Ostbayern sinddiezertifizierten<br />
Objekte noch rar: In Regens-<br />
burg ist es der Neubau des E.on-Büround<br />
Verwaltungsgebäudes (Vorzertifikat<br />
in Gold), in Neumarkt der „Neuer-<br />
Markt“(VorzertifikatinSilber),inPlattling<br />
die Viessmann Verkaufsniederlassung<br />
(Zertifikat in Gold) und in Ingolstadt<br />
das neue Güterverkehrszentrum<br />
(ZertifikatinGold).<br />
MitihremZertifizierungssystem,das<br />
Bauprojekte hinsichtlich ihrer ökologischen,<br />
ökonomischen, soziokulturellen<br />
und funktionalen, technischen sowie<br />
Prozess- und Standortqualität bewertet,<br />
hatdieDGNBeinenWeggefunden,Ge-<br />
bäude und Stadtquartiere in ihrer Qualität<br />
vergleichbar zu machen. Dies ist<br />
ein Ansatz, den Prof. Dr. Birgit Scheuerer-Lenzen<br />
begrüßt: Die Architektin ist<br />
Dekanin der Fakultät Architektur an<br />
der Hochschule für angewandte Wissenschaften<br />
in Regensburg und Spezialistin<br />
für energieeffizientes Bauen und<br />
Planen. „Green Cities, also nachhaltige<br />
Stadtentwicklung, ist das Gebot der<br />
Stunde. Und je belastbarere Zahlen zur<br />
Bewertung von Stadtquartierplanung<br />
zur Verfügung stehen, desto besser ist<br />
der Planungserfolg. Die Zertifizierungsstandards,<br />
die die DGNB in den letzten<br />
Jahren etabliert hat, könnten als Richtschnurgelten.“<br />
Nachhaltige Stadtplanung berühre<br />
die verschiedensten Bereiche: Stadtklimatologie<br />
und Freiraumplanung, eine<br />
klimafreundlicheMobilitätinderStadt,<br />
innovative Strom- und WärmeversorgungvonStadtquartieren,Ver-undEntsorgungsstrukturen,kommunaleWertschöpfung–alldieseAufgaben<br />
müssen<br />
unter einem Gesamtkonzept vereint<br />
werden. Bislang ist dies, so Scheuerer-<br />
Lenzen, noch kaum Realität: „Das ThemazerfälltinseineEinzelaspekte,dabei<br />
„Nachhaltigkeitbeinhaltetauchden<br />
sozialenAspekt.“<br />
Dr.BirgitScheuerer-Lenzen,DekaninderFakultät<br />
ArchitekturanderHS.R<br />
wäre ein interdisziplinärer Informationsaustauschunerlässlich.Wirmüssen<br />
das Elfenbeinturmdenken überwinden<br />
und einen generalistischen Blick mit<br />
NeugieraufandereFachrichtungenentwickeln,<br />
damit interdisziplinäre Zusammenarbeitzustandekommt.“<br />
Ein Thema, das inzwischen auch in<br />
Städten mittlerer Größe angekommen<br />
ist, ist der Klimawandel. „Der spielt in<br />
denStädten inzwischen einegroße Rolle“,<br />
so Scheuerer-Lenzen. Gegensteuern<br />
könnte man zum Beispiel, indem von<br />
Stadtplanungsseite aus Freiräume mit<br />
klimaausgleichender Funktiongeschaf-<br />
fen werden. „Aber auch der einzelne ist<br />
gefragt: Das ‚Urban Gardening‘ ist der<br />
neue alte Trend ‚back to the roots‘, und<br />
begrünte Dächer gibt es schon seit 30<br />
Jahren,sie sind nur zwischenzeitlich in<br />
Vergessenheit geraten. Es ist nicht immer<br />
Hightech nötig, manchmal genügt<br />
es schon, vorhandenes Wissen einfach<br />
zureaktivieren.“<br />
Dasselbegiltfürdieimmernochungelöste<br />
Feinstaubproblematik. Mittels<br />
Durchströmung und Durchlüftung der<br />
Städte könnte die vermindert werden,<br />
auchFrischluftgürtelkönntenhierhilfreich<br />
sein – die Luftwalze, die im Sommer<br />
durch den Temperaturunterschied<br />
zwischen Wasser- und Grünflächen<br />
und dem Stein entsteht, wäre auch ein<br />
wichtiger Klimafaktor. „Deshalb brauchen<br />
wir Großräume in Grünverbindungen:<br />
Sie sind klimatologisch unerlässlich,<br />
und nicht nur, damit die KrötenvonAnachBkommen.“<br />
Auch die Konversion vorhandener<br />
städtischer Strukturen als sinnvolle Alternative<br />
zur Versiegelung immer neuer<br />
Flächen ist ein zukunftsweisendes<br />
Konzept:„Man musszusehen,wieman<br />
beispielsweise Gewerbegebiete zukunftsfähiger<br />
machen kann: Hier finden<br />
sich Strukturen, die auf zehn bis<br />
maximal zwanzig Jahre angelegt waren<br />
und danach zu Brachen mit immenser<br />
ungenutzter grauer Energie verkommen.“<br />
Das Abwägen zwischen „grauer<br />
Energie“, also der Energie, die im Bau<br />
steckt,unddemZielderNachhaltigkeit<br />
ist gerade in historisch geprägten Städten<br />
wie Regensburg wichtig: Hier gibt<br />
es oft den Konflikt zwischen Wärmedämmungsanforderungen<br />
und Denkmalschutz.<br />
Doch natürlich soll, so<br />
Scheuerer-Lenzen, auch in „Green Cities“<br />
Platz für denkmalgeschützte Bauten<br />
sein: „Denkmäler stehen seit 800<br />
Jahren – die haben ihre Nachhaltigkeit<br />
schon mehrfach bewiesen.“ Zwar hätten<br />
sie in der Regeln einen hohen Heizwärmebedarf,<br />
doch dem könne man<br />
beispielsweise dadurch begegnen, dass<br />
in der Nähe Technologien angesiedelt<br />
werden, bei denen viel – ansonsten ungenutzte<br />
– Prozesswärme anfällt. Zu einer<br />
denkmalgeschützten Siedlung aus<br />
den 20er Jahren läuft in diesem ZusammenhangderzeiteinForschungsprojekt<br />
anderHochschule.<br />
Wer Stadtplanung für die Zukunft<br />
betreibt, muss sich auch aktiv mit dem<br />
demographischenWandelauseinandersetzen.„Nachhaltigkeitbeinhaltetauch<br />
den sozialen Aspekt: Warum sollte es<br />
nicht möglich sein, Einfamilienhäuser<br />
im grünen Gürtel wieder in mehrere<br />
Wohneinheiten aufzuteilen, wenn die<br />
Kinder aus dem Haus sind und die Eltern<br />
plötzlich mit 150 Quadratmeter<br />
Wohnfläche allein dastehen?“ Hier<br />
stelltScheuerer-LenzendieFrage,obdas<br />
System der langfristigen Bebauungspläne<br />
nicht flexibler gestaltet werden<br />
müsste: „Die Pläne sind vor 20 Jahren<br />
entwickelt worden und dann wie in<br />
Stein gemeißelt – man kann nichts<br />
mehrändern,auchwennbeispielsweise<br />
eine Nachverdichtung manchmal besser<br />
wäre. Wir brauchen auf lange Sicht<br />
Lösungen, die hinsichtlich gesellschaftlicherVeränderungenflexiblersind.“<br />
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StrategiengegenKlimawandel<br />
StädterüstensichfürregionaleAuswirkungenglobalerVeränderungen<br />
REGENSBURG. Dass „Regensburg gar schön<br />
liegt“ war zu Goethes Zeiten noch unumstritten.<br />
In Zeiten des Klimawandels stellt sich die<br />
Lage zunehmend problematisch dar: Immer<br />
mehr immer heißere Tage machen der WeltkulturerbestadtundihrenPlanernzuschaffen.<br />
Schon heute zeigt die „Steinerne Stadt“ in<br />
sommerlichen so genannten Strahlungsnächten<br />
Backofeneigenschaften, die auf Kosten der<br />
Lebensqualität gehen: „Messungen des Deutschen<br />
Wetterdienstes haben ergeben, dass wir<br />
innerhalb der Stadtgrenzen teils Temperaturunterschiede<br />
von bis zu sechs Grad Celsius haben“,<br />
sagt Joachim Buck vom Stadtplanungsamt.<br />
Um zu ermitteln, wie die Stadtplanung<br />
auf die schon eingetretenen und noch zu erwartenden<br />
klimatischen Veränderungen reagieren<br />
kann, nimmt Regensburg deshalb zusammenmitbundesweitachtweiterenStädten<br />
– in Bayern ist noch Nürnberg beteiligt – am<br />
Programm „Experimenteller Wohnungs- und<br />
Städtebau“ (ExWoSt) teil. Das Forschungsprogramm<br />
des Bundesministeriums für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung(BMVBS)wird vom<br />
Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung<br />
(BBSR) im Bundesamt für Bauwesen<br />
undRaumordnung(BBR)betreut.<br />
Kessel-Lage und viel Stein heizen ein<br />
ExWoStbasiertaufder„DeutschenAnpassung<br />
andenKlimawandel“(DAS)ausdemJahr2008<br />
undzieltdaraufab,dieräumlicheKomponente<br />
des Klimawandels stärker mit einzubeziehen.<br />
DieistinRegensburgdurchtopographischeBesonderheiten<br />
gekennzeichnet, denen die Stadt<br />
den Titel „Regensburger Kessel“ verdankt. Im<br />
Norden begrenzen Jura und Ausläufer des Bayerischen<br />
Waldes die Stadt, im Südwesten das<br />
tertiäre Hügelland. Einzig nach Südosten ist<br />
der „Kessel“ geöffnet, Inversionswetterlagen,<br />
häufiger Nebel und hohe FeinstaubbelastungenimWintersinddieFolge.<br />
DazukommendieBaubesonderheiten:Regensburg<br />
hat einen kompakten Stadtkörper, in der<br />
Altstadt gibt es allein 1000 Einzeldenkmale –<br />
steinerne Plätze und Gassen und eine hohe<br />
Nutzungsdichte, dafür aber kaum Bäume. Da<br />
schonheutegut50ProzentderStadtflächereal<br />
als Bau- und Verkehrsflächen genutzt werden,<br />
stoßenLuftaustausch undFrischluftzufuhr zunehmend<br />
auf Barrieren. „Allerdings ist dieser<br />
Wärmespeichereffekt kein reines Altstadt-Phänomen“,<br />
sagt Buck. „Immer mehr entwickeln<br />
sichauchandereStadtquartierezuwahrenHitzeinseln.“<br />
Flächensparsamkeitversus Entsiegelung<br />
Langfristig gilt es, bei der Stadtplanung den<br />
Konflikt zwischen auf Flächensparsamkeit<br />
und Verdichtung ausgerichteten Stadtentwicklungsplanung<br />
und Strategien zur Anpassung<br />
andenKlimawandel,diedieAuflockerungvon<br />
Baustrukturen und Flächenentsiegelung erfordern,aufzulösen.DeshalbteilteRegensburgdie<br />
ExWoSt-Teilnahme in zwei Teilprojekte auf:<br />
TeilprojektAbeschäftigtsichmitdemFlächennutzungs-<br />
und dem integrierten Landschaftsplan,TeilprojektBbetrachtetdieInnenstadtim<br />
Welterbe-EnsembleAltstadtundStadtamhof.<br />
Ein zukunftsversprechendes Tool, wie man<br />
Städte klimafreundlicher umgestalten und dabeiauch<br />
den Baubestand integrierenkann, hat<br />
dieHochschulefürTechnikinStuttgartentwickelt:<br />
Mit einem thermischen 3D-Stadtmodell<br />
kann der Wärmebedarf einzelner Stadtquartiere<br />
und ihrer Einzelgebäude ermittelt werden.<br />
Damit bekommen die Städte eine Hilfe an die<br />
Hand, die es ermöglicht, verschiedene Sanierungsprojekte<br />
hinsichtlich ihres CO2-Verbrauchs<br />
und potenziellen -Einsparung einzuschätzenundeinetragfähigePriorisierungvorzunehmen.<br />
Die Methodik wurde in einer Fallstudie<br />
am Beispiel Ludwigsburg-Grünbühl getestet.(xma)<br />
HeizenmitderKraftderSonne<br />
EineGemeindesetztihreigenessolaresNahwärmekonzeptum<br />
SPEICHERSDORF.Einen großenSchrittin Richtung<br />
NachhaltigkeitmöchtendieBürgervonSpeichersdorfinSachenHeizwärmemachen:Miteinemsolaren<br />
Nahwärmeversorgungs-System will die Gemeinde<br />
unabhängiger von fossiler WärmeerzeugungwerdenunderneuerbarenEnergiendenVorzug<br />
geben. Den Auftrag, dieses Konzept umzusetzen,<br />
hat die KEWOG Energie und Dienste GmbH<br />
ausTirschenreuthbekommen.<br />
„Angestoßen wurde die Idee von den Bürgern<br />
selbst“, sagt Diana Hehenberger-Risse, GeschäftsführerinderKEWOG.„EndlichmaleineBürgerinitiative<br />
für, und nicht immer nur gegen die Energiewende.“<br />
Am Anfang formierte sich die InteressensgemeinschaftINKAS+,inzwischenhatdieGemeinde<br />
die „Bioenergie Speichersdorf GmbH &<br />
Co. KG“ zur Realisierung des Projektes gegründet,<br />
mit der Gemeinde als 100-prozentigem Gesellschafter<br />
und Hehenberger-Risse als Geschäftsführerin.<br />
Das Innovativean dem Systemist die verstärkte<br />
Nutzung von Solarthermie für die Gebäudeheizung:<br />
„Photovoltaik ist in aller Munde, die Nutzung<br />
der Sonne als direktem Wärmelieferant dagegen<br />
kaum“, so Hehenberger-Risse. Dabei erreichemaneinedeutlichhöhereEffizienz,wenndas„Hauptprodukt“derSonne,dieWärme,ohneUmund<br />
Rückwandlung direkt verwendet werde.<br />
Auch lohne es, teils über die Entkopplung von<br />
Strom- und Wärmeerzeugung nachzudenken –<br />
vor allem, wenn es sich um die Versorgung im<br />
ländlichenRaummitgeringerHeizdichtehandelt.<br />
„Drei Viertel der Energie, die benötigt wird, sind<br />
Heiz- und Wärmeenergie. Wo wenig Strom verbraucht<br />
wird, kann man schlecht auf Wärme als<br />
Nebenprodukt der Stromerzeuung zurückgreifen.“<br />
Biomasseaus der Region<br />
Fernziel ist es, eine Kombination von Biomasse<br />
undSolarthermiezunutzen.„WirstrebeneinVerhältnisvon60ProzentBiomassezu40ProzentSo<br />
Foto:ChristianDaxer/Illustration:IreneDaxer<br />
larthermie an“, so die Geschäftsführerin. „Allerdingsbeginnenwirkleinundhaltenanfangsnoch<br />
eine Unterstützung durch Öl- und Gasbrenner<br />
vor“. Die im ersten Schritt geplante Solarthermieanlage<br />
mit einer Kollektorfläche von 1800 Quadratmeter<br />
soll rund acht Prozent der Wärme aus<br />
Sonnenenergie beisteuern, die Biomasse – Hackschnitzel–stammenaus<br />
Oberfranken undder<br />
Oberpfalz.ImDezember2011wurdendiePlanungenderFernwärmeversorgungabgeschlossenund<br />
das Interesse der Abnehmer mittels Wärmelieferverträgen<br />
abgefragt. Vorgesehen ist die Versorgung<br />
von 209 privaten, öffentlichen und industriellenLiegenschaften.<br />
Wenn sich 75 Prozentder<br />
Kleinkundenbis50kWbeteiligen,ergibtdaseine<br />
Gesamtanschlussleistungvon9,2MW.<br />
Investition in die Zukunft<br />
InDänemarkgibtes,soHehenberger-Risse,bereits<br />
ähnlicheProjekte,dieSolarthermieimgroßenStil<br />
zur Gebäudeheizung einsetzen. „Dort ist das Gas<br />
auchumeinigesteurer.“DochinDeutschlandwäre<br />
das Bioenergiedorf Speichersdorf echte Avantgarde,zumalmanversuchenmöchte,hinsichtlich<br />
Nutzerbeeinflussung und Netzmanagement auf<br />
das Fernwärmenetz Smart Grid Techniken der<br />
Stromversorgung anzuwenden. Eine Machbarkeitsstudie<br />
liegt bereits vor. Ob das Projekt Realitätwird,istallerdingsnochnichtsicher.Bei80Euro<br />
pro MeterFernwärmetrasse undelf Kilometer<br />
Leitungslänge sind Investitionen vonrundneun<br />
MillionenEuronotwendig, um in Baugehen zu<br />
können.„FürdasersteBasisprojektsindes7,2Millionen,<br />
die sollen anteilig in Form von Bürgerbeteiligungen<br />
finanziertwerden, um eine höhere<br />
Identifikation zu erreichen.“ Letztendlich geht es<br />
darum,demBürgerzuvermitteln,dassdieInvestition<br />
nicht verpufft: „Das ist wie bei der EntscheidungEigenheimoderMiete:Ichkannheuteineine<br />
erneuerbare Anlage investieren, die ohne ZukaufvonBrennmaterialfunktioniert,oderlebenslangfürHeizmaterialienbezahlen.“(xma)