Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>19.2.9 Technische Unvereinbarkeit o<strong>der</strong> unverhältnismäßige technischeSchwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung4216/2Der EuGH zieht die Grenze für eine Produkt- bzw. Herstellerangabe etwas enger. DieVorteile z.B. einer Interoperabilität genügen nicht. Vielmehr muss ein Lieferantenwechselden Auftraggeber zwingen, Material unterschiedlicher technischer Merkmale zu kaufen, unddadurch müssen eine technische Unvereinbarkeit o<strong>der</strong> unverhältnismäßige technischeSchwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung entstehen, wobei <strong>der</strong> Auftraggeber dieDarlegungs- und Beweislast für die entstehenden Nachteile trägt (EuGH, Urteil v. 08.04.2008- Az.: C-337/05).<strong>81.</strong>19.2.10 Architektonisches Farbkonzept4216/3Der Auftragsgegenstand kann es rechtfertigen, dass eine Vergabestelle - allerdings allein -hinsichtlich des „Farbtons“ und <strong>der</strong> „Struktur <strong>der</strong> Farbgestaltung“ des Gegenstandes <strong>der</strong>Ausschreibung, sowohl zu den nicht ableitfähigen Linoleumbelägen als auch zu denableitfähigen Linoleum- und Vinylbelägen hinsichtlich ihrer Farbe und Struktur und demOberflächenschutz mit ihren Angaben nicht bloß die Farbtöne nach standardisiertenKlassifizierungen bestimmt, son<strong>der</strong>n auch ein konkretes Produkt eines bestimmt bezeichnetenHerstellers zur Kennzeichnung verwendet. Existiert z.B. ein Farbkonzept für einBauprojekt, das die Vergabestelle anwendet und schon in Teilen realisiert hat undentsprechen die vorgesehenen Farbtöne und Strukturen desAusschreibungsgegenstandes eben diesem Farbkonzept, ist gegen eineproduktgebundene Ausschreibung mit dem Zusatz "o<strong>der</strong> gleichwertig" nichtseinzuwenden (VK Thüringen, B. v. 08.05.2008 - Az.: 250-4002.20-899/2008-006-G).<strong>81.</strong>19.2.11 Angabe von Leitfabrikaten für die Art <strong>der</strong> Dachabdichtung beiFlachdächern4217Die Montage eines Flachdaches mag zwar bestimmte Erzeugnisse, wie Plastomerbitumen-Schweißbahnen, bedingen. Nicht unumgänglich notwendig ist aber die Bezeichnung fürdiese bestimmten Erzeugnisse in Form <strong>der</strong> Angabe eines Leitfabrikats. Denn es istmöglich, die Art <strong>der</strong> Dachabdichtung und die hierfür verwendeten Erzeugnisse durchhinreichend genaue und allgemein verständliche Bezeichnungen zu beschreiben. Auch<strong>der</strong> Zusatz „o<strong>der</strong> gleichwertiger Art“ bzw. die Vorgaben im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, welchenAnfor<strong>der</strong>ungen an<strong>der</strong>e als die angegebenen Fabrikate genügen sollten, führt deshalb nicht zueiner ordnungsgemäßen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (BayObLG, B. v. 15.09.2004 - Az.: Verg026/03).<strong>81.</strong>19.2.12 For<strong>der</strong>ung nach einer bauaufsichtlichen Zulassung4217/0Die For<strong>der</strong>ung nach einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung z.B. vonausgeschriebenen Türen ist unzulässig, wenn auch eine Zulassung im Einzelfall o<strong>der</strong> einallgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis den Anfor<strong>der</strong>ungen des Auftraggebers genügen(2. VK Bund, B. v. 09.12.2009 - Az.: VK 2 – 192/09).
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>19.3 Zweiter Ausnahmetatbestand<strong>81.</strong>19.3.1 Sinn und Zweck42184219Leitfabrikate dürfen nur ausnahmsweise verwendet werden, wenn eine <strong>Beschreibung</strong>durch hinreichend genaue, allgemein verständliche Bezeichnungen nicht möglich ist. Grundfür diese Einschränkung ist, dass man im Allgemeinen davon ausgehen muss, dass es Sache<strong>der</strong> Bieter ist, aufgrund ihrer Sach- und Fachkunde die für die Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>notwendigen Erzeugnisse o<strong>der</strong> Verfahren auszuwählen. Dies ergibt sich daraus, dass sieinsoweit die <strong>Leistung</strong> unter eigener Verantwortung eigenständig und selbstständigauszuführen haben (<strong>§</strong> 4 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B). Außerdem schließt <strong>der</strong> Auftraggeber - oft zumeigenen Nachteil - den technischen und kaufmännischen Wettbewerb aus, wenn erbestimmte Erzeugnisse o<strong>der</strong> Verfahren vorschreibt, da die unnötige Nennung einesRichtfabrikates die potenziellen Bewerber in Richtung dieses Richtfabrikates lenkt und somitden Wettbewerb negativ beeinflusst (OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06;BayObLG, B. v. 15.09.2004 - Az.: Verg 026/03; VK Halle, B. v. 21.12.2000 - Az.: VK Hal22/00; VK Hessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 dVK – 29/2007; VK Lüneburg, B. v. 12.05.2005 - Az.: VgK-15/2005; B. v. 29.1.2004 - Az.:203-VgK-40/2003; VK Südbayern, B. v. 03.08.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-32-07/07; B. v.29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06; B. v. 28.04.2005 - Az.: 13-03/05; B. v. 19.10.2004,Az.: 120.3-3194.1-60-08/04). Eine zusätzliche negative Begleiterscheinung <strong>der</strong> Nennungeines Richtfabrikates ist auch, dass es potenziellen Bewerbern nur sehr schwer möglich ist,die Gleichwertigkeit eines an<strong>der</strong>en Produktes o<strong>der</strong> Systems gegenüber dem Richtfabrikatnachzuweisen (VK Halle, B. v. 21.12.2000 - Az.: VK Hal 22/00).Aus dem Wortlaut „sind nur ausnahmsweise zulässig“ folgt, dass eine Ausschreibung fürbestimmte Produkte jedenfalls die Ausnahme zu sein hat; <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A ist engauszulegen (OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06; BayObLG, B. v.15.09.2004 - Az.: Verg 026/03; VK Arnsberg, B. v. 10.08.2009 - Az.: VK 17/09; VK Hessen,B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 29/2007; VKBerlin, B. v. 15.02.2006 - Az.: VK - B 1 - 63/05; VK Lüneburg, B. v. 12.05.2005 - Az.: VgK-15/2005; VK Südbayern, B. v. 03.08.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-32-07/07).<strong>81.</strong>19.3.2 Inhaltliche Konsequenzen aus <strong>der</strong> Verwendung vonLeitfabrikaten4220Werden die Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Leistung</strong> nicht nur durch die ausdrückliche Angabe vonAnfor<strong>der</strong>ungen im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, son<strong>der</strong>n erkennbar auch durch nicht genannteEigenschaften von Leitfabrikaten beschrieben, sind alle Eigenschaften <strong>der</strong> Leitfabrikate,die Bezug zu Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit und Gesundheit haben, zwingendeAnfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Leistung</strong>. Ist dies nicht gewollt, muss <strong>der</strong> Auftraggeberverdeutlichen, welche Eigenschaften des Leitfabrikats zwingend und welche entbehrlich sind.Bereits geringfügige Unterschreitungen <strong>der</strong> durch die Vorgabe des Leitfabrikatsgeschaffenen Anfor<strong>der</strong>ungen bedeuten, dass die betreffende Anfor<strong>der</strong>ung nicht imgleichen Maße erfüllt wird und das Fabrikat hinsichtlich dieser Anfor<strong>der</strong>ung nicht dengleichen Wert besitzt (VK Thüringen, B. v. 1.3.2002 - Az.: 216-4002.20-004/02-EF-S). Dieskann auch nicht durch eine höhere Wertigkeit bei einer an<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ung ausgeglichen
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