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BDA Informationen 2.11 - Bund Deutscher Architekten BDA

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Umsturz gelingt oder scheitert in den Städten, in den Metropolenund Kapitalen, in Tunis, Kairo, Sanaa oder Damaskus. Nicht zuletztdie Erfahrungen der Wende von 1989 bestätigen dies: Leipzig,Berlin, Warschau, Prag, Bukarest, Moskau ... Doch gibt es ebensoBeispiele des Scheiterns: der Tien-an-men-Platz 1989 und Teheran2009. Es gilt immer noch: Eine gelingende Revolution erfordert denSieg auf den Straßen der Städte.MUC VIA NYC UND ZURÜCKAndreas WinklerAls ich aus New York zurückkam, war es da.Das Gefühl der Entfremdung. Was war ausihr geworden. Meiner Heimat. Meiner Stadt.München.Viele Jahre war ich an anderen Orten: Studium,Praktika und Berufstätigkeit in Paris undNew York. Dort habe ich zum ersten Mal erlebt,was „gentrification“ bedeutet, welcheFolgen es hat, wenn ein Viertel „aufgewertet“wird. Eine davon ist sicherlich auch Entfremdung,wenn die Bewohner nicht mehr Schritthalten können.In New York haben wir damals für den ehemaligenPräsidenten Bill Clinton ein Büro inder 55 West 125th Street eingerichtet. Ursprünglichsollte er ein Büro in den CarnegieTowers beziehen. Stattdessen wurde ein Gebäudegewählt, das zwar nahe des südlichgelegenen Central Parks, eigentlich jedochbereits mitten in Harlem stand. Die Nachrichtwar noch druckfrisch, da verließen schon dieersten Nachbarn ihre angrenzenden Häuserund Wohnungen. In New York ist es nichtschwer, den Mieter vor die Tür zu setzen,wenn sich ein lukratives Geschäft bietet.Binnen kürzester Zeit waren alle Häuser im Block renoviert und erstrahltenin neuem Glanz. Die ehemaligen Bewohner konnten sichihr Zuhause indes nicht mehr leisten und machten Platz für Andere,Wohlhabendere.Dieses Phänomen lässt sich überall in der Stadt beobachten. Als ichdas erste Mal in New York war, wohnte ich in der Second Avenue,nahe des Gramercy Parks, einem kleinen eingezäunten Privatpark.Das angrenzende East Village war schon damals, im Jahr 1998 imUmbruch. Dies macht die Viertel ja meist besonders interessant.Alte Bausubstanz, eine soziale Durchmischung der Bewohner, ersteGalerien und Bars, die eröffnet werden, weitere, die folgen. Bis vonder alten Struktur und dem Charme des Aufbruchs nichts mehrbleibt. Dann ist ein solches Viertel beispielsweise vergleichbar mitSoho, wo sich eine Galerie an die nächste reiht, ein Abendessenunerschwinglich ist und die Künstler längst weggezogen sind.Im Falle von East Village ging dieser Prozess erstaunlich schnell.1998 war die Avenue A gerade hip und angesagt. Auf der AvenueB öffneten schon die ersten Bars. Avenue C war schon eher sketchyund Avenue D mit den am East River stehenden social housingblocks definitiv No-Go-Area. Als ich 2001 wiederkam und einApartment auf der Avenue B bezog, war diese das, was drei Jahrezuvor die Avenue A war und auf der Avenue D öffneten die erstenBars. Ich hörte sogar davon, dass erste Penthäuser hoch oben aufden social housing blocks am East River bereits als Luxuswohnungengehandelt wurden. Die Mietpreise im East Village hatten dieUpper East Side am Central Park längst überholt. Wer „in“ seinwill, der zahlt. Das war nun auch in der südlich zwischen East Villageund Chinatown gelegenen Lower East Side zu spüren. Ein Viertel,vormals von emigrierten Juden und späterhauptsächlich von Hispanics bewohnt. Als icheinige Jahre später wiederkam, hatte BernardTschumi gerade seinen Blue Tower in derLower East Side fertig gestellt. Er steht kurzvor der Delancey Street und somit nicht mehrweit weg von Chinatown. Damals wohnte einFreund von mir gleich um die Ecke. Wer hiernun wohl einziehen wird?Nun war ich zurück aus New York. Ich warwieder dahoam. Bei all meiner Reiselust undNeugier für andere Städte, wollte ich wiederin „meinem“ München leben. Allerdings wardas nach Hause kommen wider Erwarten allesandere als ein „Heimspiel“. Der Arbeitsmarktwar rau und der Wohnungsmarkt mau. Esgab wenig Angebote, meist in mittelmäßigenLagen mit schlechten Ausrichtungen und miserablenGrundrissen, aber das störte anscheinendniemanden. Im Treppenhaus bildetensich Schlangen, um doch einen Blick auf diemöglichen neuen vier Wände zu erhaschen,den Makler mit den gewünschten <strong>Informationen</strong>über Position, Gehalt, Rücklagen undso weiter zu versorgen und bei Interesse amObjekt anzubieten, doch noch etwas draufzulegen.Nun sind zehn Jahre vergangen, undnichts hat sich an dieser Situation geändert.Es ist eher schlimmer geworden. Durch die12 13

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