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Neuorientierung tut not - Rudolf X. Ruter

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Quelle Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 09.06.2010SeiteB2Nummer 130RessortVerlagsbeilageSeitentitel CSRSerientitel StandpunkteSTANDPUNKT<strong>Neuorientierung</strong> <strong>tut</strong> <strong>not</strong>Die Aufsichtsräte haben beim Thema Verantwortung eine Schlüsselposition - die sie auchwahrnehmen sollten. Ein Experte fordert: Durch die Aufsichtsräte muss ein Ruck gehen.Von RUDOLF X. RUTERDurch die Finanzkrise sensibilisiert,wird die Rolle der Aufsichtsräte auch inanderen Branchen rege diskutiert. Ineinem sind sich alle Diskutanten einig:Das, was im Finanzmarkt passiert istund fast zum GAU für die gesamteWeltwirtschaft geführt hat, sollte keinesfallsnoch einmal geschehen. Umdem entgegenzuwirken und eine nachhaltigeund erfolgreiche Unternehmensführungzu gewährleisten, ist der Aufsichtsratin den Unternehmen das richtigeOrgan. Die Realität sieht meistanders aus. Zu oft verhalten sich dieAufsichtsräte immer noch wie die dreichinesischen Affen: nichts sehen, nichtshören, nichts sagen.Dabei haben Aufsichtsräte weitgehendeBefugnisse. Ihnen kommt unter anderemdie wesentliche Rolle zu, nach §111 Aktiengesetz (AktG) die Geschäftsführungzu überwachen. Sogar einzelneMaßnahmen der Geschäftsführung kannder Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 4 Satz2 AktG von seiner Zustimmung abhängigmachen. Ihm, dem Aufsichtsrat,obliegt es, Vorstände zu berufen und sieabzurufen. Er kann nachträglich dieBestellung von Vorständen aus einemwichtigen Grund widerrufen (§ 84 Abs.3 Satz 1 AktG). Gewissenhaft wahrgenommenwerden die Rechte und Pflichtenin den Aufsichtsräten jedoch bishernicht in allen Aufsichtsräten. Die Folge:Die Risikolage in den Unternehmenbleibt bis auf weiteres bestehen. Einenachhaltige Unternehmensführungkommt nicht zustande.Vergütung gezügeltErste Regelungen und Bestrebungen, dieAufsichtsräte stärker gegenüber demUnternehmen in die Pflicht zu nehmen,gibt es bereits. So wurde über dasGesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung(VorstAG) aus demJahr 2009 die Regulierung von Vorstandsvergütungendeutlich verschärft.Ihre Vergütung soll sich stärker an einernachhaltigen Unternehmensentwicklungausrichten. Der Aufsichtsrat sollüber die Ausgestaltung der Vorstandsvergütungdafür Sorge tragen.Der Deutsche Corporate GovernanceKodex empfiehlt zudem den Aufsichtsräten,sich für ihre ursächliche Aufgabe,das Unternehmen zu kontrollieren, besserausbilden zu lassen. Vor allem inden Bereichen "rechtliche Grundlagen","Konzernrechnungslegung" und"Risiko-Controlling" sieht die RegierungskommissionQualifikationsnachholbedarf.Darüber hinaus gibt es Stimmenaus der Opposition, die die Bundesregierungzu weiteren Verschärfungenauffordern; etwa den § 100 AktG dahingehend zu verändern, dass eine Personmaximal fünf Aufsichtsratsmandateübernehmen darf, wobei der Vorsitzdoppelt zählen soll; die Berufung einesVorstandsmitglieds in den Aufsichtsraterst nach einer Karenzzeit von fünf Jahrenzuzulassen; eine zentrale Datenbankeinzurichten, in der sich Bewerberinnenund Bewerber für Aufsichtsratsmandateeintragen sollen.Das Ideal des "ehrbaren Kaufmanns"Dies alles, selbst wenn verabschiedetund befolgt, wird aber nicht ausreichen,um für eine nachhaltige Unternehmensführungdie Tugenden eines "ehrbarenKaufmanns" mit den Rechten undPflichten eines "verantwortungsbewusstkontrollierenden Aufsichtsrats" in Einklangzu bringen. Nur Aufsichtsräte, dieEthik und soziale Gerechtigkeit zurLeitlinie ihrer Kontrolle und ihres Handelnsmachen, werden das Managementabseits von Gier und kurzfristigenGewinnmaximierungsüberlegungen zunachhaltigem unternehmerischem Handelnbewegen.Die Tatsache, dass im Finanzsektorschon wieder die alten Anreizstrukturenund mangelhaften Regulierungssystemegelten, verdeutlicht, wie groß der Veränderungsbedarfist. Diese Veränderungmuss vom Aufsichtsrat als oberstemÜberwacher der Leitung und Lenkungausgehen. Er muss eine auf Nachhaltigkeitausgerichtete Unternehmensführungeinfordern und diese Strategie festim Kodex des Unternehmens verankern.Nachhaltige Unternehmensführung heißtnicht nur, ökonomisch, ökologisch undsozial gerecht zu handeln. Sie bedeutetauch, das Überleben des Unternehmenslangfristig zu sichern. Spätestens hiersollten sich eigentlich beide Organe,Aufsichtsrat wie Vorstand bzw.Geschäftsführung, treffen.Das, was Aufsichtsräte dafür tun müssen,hat vermehrt bindenden Charakter.So nimmt die neue gesetzliche Regelungdes Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes(BilMoG) die Aufsichtsrätestärker in die Haftung: hinsichtlich ihrerQualifikation und der Ausführung ihrerAufgaben bis hin zu einer anerkanntenZertifizierung ihrer Fähigkeiten. Somuss nach BilMoG mindestens ein Aufsichtsratsmitgliednachweisbare Kenntnissezur Rechnungslegung oderAbschlussprüfung mitbringen. Aufsichtsrätekönnen zwar die Wahrnehmungvon Aufgaben an Ausschüssedelegieren, so Überwachungsaufgabennach § 107 Abs. 3 AktG an den Prüfungsausschuss.Für die Wahrnehmungder Aufgaben ist und bleibt aber jedesAufsichtsratsmitglied verantwortlich.Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofsin Zivilsachen (BGHZ) fordertden Aufsichtsratsmitgliedern mehrfachliche Kompetenz ab.Es werden weitere Regelungen undBestrebungen für ein koordiniertes undverantwortungsbewusstes Zusammenspielvon Aufsichtsrat und Vorstandbzw. Geschäftsführung <strong>not</strong>wendig sein.Sie werden auf zusätzliche Rechtsgrund-


lagen, das Wesen der Organe, die Ausgestaltungvon Rechten, Pflichten, Haftungund Eignungsprüfung bzw. Personalauswahl,wirtschaftliche Kontrollinstrumentesowie eine bessere Zusammenarbeitmit Abschlussprüfern abzielenmüssen. Parallel muss durch die© 2010 PMG Presse-Monitor GmbHAufsichtsräte ein Ruck gehen. Und dasManagement? Es ist gut beraten, dieZeichen einer neuen Ära klar zu erkennenund sein Handeln danach auszurichten.<strong>Rudolf</strong> X. <strong>Ruter</strong> hat als Partner bei Ernst& Young den Geschäftsbereich Nachhaltigkeitin Deutschland aufgebaut undist Leiter des Arbeitskreises "NachhaltigeUnternehmensführung" in derSchmalenbachgesellschaft

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