19.11.2012 Aufrufe

in der Tiefe liegt die kraft

in der Tiefe liegt die kraft

in der Tiefe liegt die kraft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

8 | Titelthema | Deutsches Yoga-Forum 02/2010<br />

Der BeckenBoDen <strong>in</strong> Der PolariTY-TheraPie<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiefe</strong> <strong>liegt</strong> <strong>die</strong> <strong>kraft</strong><br />

Der Beckenboden mit se<strong>in</strong>en Verb<strong>in</strong>dungen zum nervensystem, zur Wirbelsäule und den<br />

<strong>in</strong>neren organen spielt e<strong>in</strong>e ganz zentrale rolle für <strong>die</strong> Vitalität e<strong>in</strong>es Menschen.<br />

Diese Überzeugung war zum<strong>in</strong>dest Dr. randolph Stone, <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Polarity-Therapie.<br />

Beckenbodenarbeit kl<strong>in</strong>gt für außenstehende zuerst nicht gerade<br />

e<strong>in</strong>ladend. e<strong>in</strong> Bereich, <strong>der</strong> viel zu <strong>in</strong>tim ist, als dass wir ihn berührt<br />

haben wollen. Vielleicht gar zu unbewusst, um ihn selber näher zu<br />

entdecken. Wer jedoch <strong>in</strong> den Genuss e<strong>in</strong>er Beckenbodenbehandlung<br />

gekommen ist, wer gespürt hat, wie sich das nervensystem<br />

beruhigt, wie kopfschmerzen verschw<strong>in</strong>den, wie <strong>kraft</strong> <strong>in</strong>s Becken<br />

und aus <strong>der</strong> <strong>Tiefe</strong> nach oben strömt, wer plötzlich mehr Boden<br />

unter sich hat, gera<strong>der</strong> steht o<strong>der</strong> mehr <strong>in</strong> sich ruht, ist froh um <strong>die</strong><br />

heilsame Wirkung <strong>die</strong>ser Techniken. Warum <strong>der</strong> Beckenboden so<br />

beson<strong>der</strong>s ist und e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>maßen große Wirkung auf unser Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

und unsere Vitalität hat, lässt sich sowohl anatomisch,<br />

als auch energetisch erklären.<br />

Hängematte o<strong>der</strong> Trampol<strong>in</strong><br />

Der Beckenboden ist e<strong>in</strong>e b<strong>in</strong>degewebige-muskulöse Schicht, <strong>die</strong><br />

das Becken nach unten h<strong>in</strong> abschließt. Den r<strong>in</strong>g dafür bieten <strong>die</strong><br />

Beckenknochen, also <strong>die</strong> Darmbe<strong>in</strong>e, das Schambe<strong>in</strong> und <strong>die</strong> Sitzbe<strong>in</strong>e.<br />

Dazwischen spannen sich <strong>der</strong> tiefe quere Dammmuskel,<br />

<strong>der</strong> oberflächliche quere Dammmuskel, <strong>der</strong> levator ani und <strong>die</strong><br />

Text: lily Merkl<strong>in</strong><br />

Muskeln <strong>der</strong> äußeren Genitalien <strong>in</strong> mehreren Schichten auf. Der<br />

Mastdarm, <strong>die</strong> harnröhre und bei <strong>der</strong> Frau zusätzlich <strong>die</strong> Vag<strong>in</strong>a<br />

führen durch ihn h<strong>in</strong>durch. Wer gerne <strong>in</strong> Bil<strong>der</strong>n denkt, kann sich<br />

<strong>die</strong> äußerste Schicht wie e<strong>in</strong>e acht um <strong>die</strong> harnröhre/Vag<strong>in</strong>a und<br />

den anus vorstellen, <strong>die</strong> mittlere wie e<strong>in</strong>e hängematte vom e<strong>in</strong>en<br />

zum an<strong>der</strong>en Sitzbe<strong>in</strong> und <strong>die</strong> tiefe Schicht wie e<strong>in</strong>en Fächer. <strong>in</strong><br />

ihrer Gesamtheit bilden sie e<strong>in</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger elastisches und<br />

gut gespanntes Trampol<strong>in</strong>.<br />

Der Beckenboden bildet, wie <strong>der</strong> name schon sagt, den abschluss<br />

des Beckens nach unten. er hat damit e<strong>in</strong>e wichtige statische<br />

Funktion. Spannungen können zu Fehlstellungen und verme<strong>in</strong>tlichen<br />

Be<strong>in</strong>längendifferenzen führen. e<strong>in</strong> elastisch gespannter,<br />

nicht verspannter Beckenboden h<strong>in</strong>gegen stützt <strong>die</strong> <strong>in</strong>neren organe,<br />

entlastet <strong>die</strong> Wirbelsäule und lässt uns <strong>kraft</strong>vollen Schrittes<br />

durchs leben gehen.<br />

energetisch bildet er den Boden des Wasserovals. als »ovale Fel<strong>der</strong>«<br />

werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Polarity-Therapie <strong>die</strong> energetischen entspre-


chungen <strong>der</strong> körperhöhlen, also kopf, hals, Brustkorb, Bauch und<br />

Becken, bezeichnet. Jedes ovale Feld ist e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en element<br />

zugeordnet und beherbergt e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Qualität. im Becken<br />

bef<strong>in</strong>den sich <strong>die</strong> organe <strong>der</strong> Fortpflanzung und ausscheidung.<br />

Themen des Wasserelements wie Sexualität, Gefühle, Festhalten<br />

und loslassen, B<strong>in</strong>dung und Verhaftung, aber auch regeneration<br />

haben hier ihren raum und damit e<strong>in</strong>fluss auf den Beckenboden.<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schwangerschaft kommt ihm e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s tragende rolle<br />

zu, was ihn manchmal schlapp und taub werden lässt. liebevolle<br />

Zuwendung und e<strong>in</strong>e bewusste kontaktaufnahme erwecken<br />

ihn meist effektiver zu neuem leben als e<strong>in</strong> stupides abturnen<br />

von noch so passenden Übungen.<br />

Unbewusste Gefühle o<strong>der</strong> Quelle <strong>der</strong> Kraft<br />

randolph Stone vergleicht den Beckenboden mit dem Tartaros.<br />

Das ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> griechischen Mythologie <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> Unterwelt, <strong>der</strong><br />

noch h<strong>in</strong>ter dem hades <strong>liegt</strong>, das höllenfeuer, <strong>der</strong> ort <strong>der</strong> ewigen<br />

Qualen und Strafen. Damit soll zum ausdruck gebracht werden,<br />

dass wir <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Teil unsere unbewusstesten anteile abspeichern,<br />

Gefühle, <strong>die</strong> sonst ke<strong>in</strong>en Platz f<strong>in</strong>den, »altlasten«, <strong>die</strong> wir<br />

versuchen zu verdrängen. auch auf körperlicher ebene lagern sich<br />

hier oft Schlacken, eiter und all das ab, was im rumpf nach unten<br />

s<strong>in</strong>kt und nicht entsorgt wird. S<strong>in</strong>d <strong>die</strong>se D<strong>in</strong>ge erst e<strong>in</strong>mal dort<br />

angekommen, tauchen sie so leicht nicht wie<strong>der</strong> auf. auch aus<br />

<strong>der</strong> Unterwelt <strong>der</strong> alten Griechen kehrten nur ganz wenige wie<strong>der</strong><br />

zurück ans Tageslicht.<br />

<strong>in</strong> unserem körper gilt häufig das Pr<strong>in</strong>zip »aus den augen, aus<br />

dem S<strong>in</strong>n«, was kurzfristig angenehm ersche<strong>in</strong>t, langfristig jedoch<br />

immer größere Teile unseres körpers und damit auch unseres Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

und unserer Wahrnehmung allgeme<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Schatten<br />

treten lässt. Und genau das passiert bei vielen Menschen mit dem<br />

Beckenboden. Sexualität und ausscheidung, Weiblichkeit, Männlichkeit<br />

s<strong>in</strong>d Themen, <strong>die</strong> bei aller Freizügigkeit immer noch mit<br />

e<strong>in</strong>em Tabu belegt s<strong>in</strong>d. e<strong>in</strong>em unterdrückten »Darf-nicht-se<strong>in</strong>«<br />

folgt seit e<strong>in</strong>igen Jahren e<strong>in</strong> übertriebenes »Je<strong>der</strong>zeit-verfügbar«.<br />

Beides ist ke<strong>in</strong>e gute Grundlage für e<strong>in</strong>en entspannten Umgang<br />

mit unserem Becken(boden). So fristet er bei vielen Menschen e<strong>in</strong><br />

Schattendase<strong>in</strong> und büßt im lauf <strong>der</strong> Jahre immer mehr Vitalität<br />

und lebendigkeit e<strong>in</strong>. Was <strong>in</strong>sgesamt auswirkungen auf unsere<br />

Vitalität hat. Der Beckenboden ist unsere Basis. er hat immense<br />

auswirkungen darauf, wie wir im leben stehen o<strong>der</strong> durchs leben<br />

gehen. Se<strong>in</strong>e Spannung hat auswirkungen auf <strong>die</strong> Stellung <strong>der</strong> Bei-<br />

ne und umgekehrt, auf das Funktionieren <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren organe und<br />

auf unsere Stimmung.<br />

Sprungbrett <strong>in</strong> <strong>die</strong> Spiritualität<br />

Wie <strong>der</strong> name schon erwarten lässt, arbeitet <strong>die</strong> Polarity-Therapie<br />

mit Gegensätzen. Polarity-Therapeuten gehen davon aus,<br />

dass energie <strong>die</strong> Grundlage aller ersche<strong>in</strong>ungen ist, von <strong>der</strong> idee<br />

bis h<strong>in</strong> zur physischen Verwirklichung. im Menschen manifestiert<br />

sich beispielsweise energie <strong>in</strong> Form von Gedanken, Gefühlen und<br />

– <strong>in</strong> ihrer höchst verdichteten Form – als greifbarer körper. energie<br />

ist leben. Über Polaritäten wie heiß – kalt, männlich – weib-<br />

Deutsches Yoga-Forum 02/2010 | Titelthema | 9<br />

lich, oben – unten, wird sie für uns erfahrbar. Die energie, <strong>die</strong> im<br />

Spannungsfeld zwischen zwei Polen fließt, ermöglicht Verän<strong>der</strong>ung<br />

und leben. ohne Polarität gäbe es ke<strong>in</strong>en Unterschied, ke<strong>in</strong>e<br />

Denkfähigkeit, ke<strong>in</strong>e empf<strong>in</strong>dung und ke<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>nese<strong>in</strong>drücke.<br />

Unzählige polare Beziehungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> jedem organismus aktiv.<br />

kuòáal<strong>in</strong>î, <strong>die</strong> Schlangen<strong>kraft</strong>, wohnt zusammengerollt am Fuß<br />

<strong>der</strong> Wirbelsäule, also im Beckenboden. Durch verschiedene me-<br />

ditative Praktiken kann sie erweckt werden und steigt auf.<br />

randolph Stone sieht im Beckenboden das Sprungbrett für spirituelle<br />

erfahrungen. Das kann sowohl körperlich als auch geistig<br />

verstanden werden. nur wenn wir uns auch mit den <strong>Tiefe</strong>n<br />

unseres Unterbewusstse<strong>in</strong>s ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen, können wir auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite frei werden für geistige o<strong>der</strong> spirituelle höhen.<br />

nur wenn wir gut geerdet und fest verwurzelt s<strong>in</strong>d, können wir<br />

fliegen. energie fließt immer nur dann, wenn beide Pole frei und<br />

bewusst s<strong>in</strong>d. Dann entstehen harmonie, ordnung, Ganzheit und<br />

Vollkommenheit.


10 | Titelthema | Deutsches Yoga-Forum 02/2010<br />

Behandlungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Polarity-Therapie<br />

es gibt e<strong>in</strong>e ganze reihe von Yoga-Übungen, mit denen man<br />

e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fluss auf den Beckenboden ausüben kann. Wichtig<br />

ist immer, dass das nicht nur funktionell, son<strong>der</strong>n mit dem entsprechenden<br />

Bewusstse<strong>in</strong> beispielsweise über <strong>die</strong> atmung ge-<br />

schieht. e<strong>in</strong>e zum<strong>in</strong>dest grobe Vorstellung von <strong>der</strong> anatomie ist<br />

ebenfalls hilfreich.<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Polarity-Therapie arbeiten wir direkt mit den Muskelschichten<br />

des Beckenbodens. <strong>in</strong> <strong>der</strong> regel nutzen wir den Beckenboden<br />

dabei <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Pol. Über<br />

kontakte an Zwerchfell und Beckenboden lässt sich <strong>die</strong> atmung<br />

viel tiefgreifen<strong>der</strong> bee<strong>in</strong>flussen, als wenn man nur mit <strong>der</strong> lunge<br />

und dem Zwerchfell arbeitet. randolph Stone hat den Beckenboden<br />

als negativen Pol des Zwerchfells bezeichnet und spielt<br />

damit beson<strong>der</strong>s auf den Zusammenhang zwischen atmung und<br />

Gefühlsleben an. er spricht <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Zusammenhang von <strong>der</strong> vitalen<br />

<strong>kraft</strong> <strong>der</strong> blockierten Gefühle und spielt darauf an, wie viel<br />

lebendiger wir s<strong>in</strong>d, wenn wir unsere Gefühle wirklich zum ausdruck<br />

br<strong>in</strong>gen, anstatt sie zu unterdrücken.<br />

Über das craniosacrale System s<strong>in</strong>d kopf und Becken direkt ver-<br />

bunden. Die arbeit am Beckenboden hat über <strong>die</strong> Faszien und<br />

das nervensystem e<strong>in</strong>en großen e<strong>in</strong>fluss auf den kopf und wirkt<br />

oft Wun<strong>der</strong> bei kopfschmerzen und Migräne. Mit hilfe <strong>der</strong> reflexpunkte<br />

im Beckenboden und am hals lassen sich sowohl<br />

akute Beschwerden l<strong>in</strong><strong>der</strong>n, als auch über längere Zeit <strong>die</strong> anzahl<br />

und heftigkeit von Migräneanfällen deutlich verr<strong>in</strong>gern.<br />

<strong>in</strong> vielen Fällen und bei entsprechen<strong>der</strong> lebensumstellung verschw<strong>in</strong>den<br />

sie sogar ganz.<br />

kopfschmerzen s<strong>in</strong>d nicht <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige <strong>in</strong>dikator dafür, dass <strong>der</strong><br />

Plus-Pol aus dem Gleichgewicht geraten ist. Bei hitze, Fieber,<br />

Schmerz, Schwellungen, entzündungen und Stauungen kann das<br />

arbeiten mit dem Beckenboden als Gegenpol ebenfalls erleichterung<br />

br<strong>in</strong>gen.<br />

Das gilt zusätzlich für alles, was mit dem nervensystem zu tun<br />

hat. Gereiztheit, Überdrehtheit, nervosität lassen sich mit hilfe<br />

<strong>der</strong> Beckenbodenarbeit genauso bee<strong>in</strong>flussen wie depressive Verstimmungen<br />

o<strong>der</strong> nie<strong>der</strong>geschlagenheit. Das Ganglion impar, das<br />

unterste, unpaare Grenzstrangganglion sitzt direkt vor dem Steißbe<strong>in</strong>,<br />

wenn man so will also mitten im Beckenboden. Wenn wir<br />

<strong>die</strong>se Verb<strong>in</strong>dung zwischen Beckenboden und nervensystem mit<br />

im Blick haben, können ganz an<strong>der</strong>e kräfte frei werden, als wenn<br />

wir uns nur auf <strong>die</strong> Muskeln konzentrieren.<br />

recht strukturell kann man h<strong>in</strong>gegen den e<strong>in</strong>fluss des Beckenbodens<br />

auf ischiasbeschwerden und Schmerzen im unteren rücken<br />

betrachten. e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong>s anatomiebuch eröffnet hier e<strong>in</strong>e reihe<br />

von Zusammenhängen. Ähnliches gilt für <strong>die</strong> Schwangerschaft,<br />

wo <strong>der</strong> Beckenboden im wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes e<strong>in</strong>iges zu<br />

tragen hat. als letzten e<strong>in</strong>satzbereich möchte ich noch <strong>die</strong> <strong>in</strong>neren<br />

organe, und zwar sowohl <strong>die</strong> direkt im Becken liegenden wie<br />

Blase o<strong>der</strong> Gebärmutter als auch leber, Magen und das gesamte<br />

Verdauungssystem erwähnen. letztere sprechen beson<strong>der</strong>s gut<br />

auf e<strong>in</strong>e Behandlung <strong>der</strong> Beckenbodenreflexe <strong>in</strong> komb<strong>in</strong>ation mit<br />

<strong>der</strong> Wirbelsäule an.<br />

Diplomierte Polarity-Therapeuten wissen um <strong>die</strong>se Zusammenhänge<br />

und leiten <strong>in</strong>teressierte gerne an, wenn es darum geht,<br />

mehr über ihren Beckenboden und se<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fluss auf ihre Vitalität<br />

und ihr Wohlbef<strong>in</strong>den zu erfahren. Für den e<strong>in</strong>stieg hier e<strong>in</strong><br />

paar ideen für ihre persönliche entdeckungsreise.<br />

Buchtipp<br />

e<strong>in</strong> sehr lebendiges, gut verständliches Buch<br />

zum Thema ist »Me<strong>in</strong> Beckenbodenbuch« von<br />

Franziska liesner. Die autor<strong>in</strong> ist Physiotherapeut<strong>in</strong><br />

und Pilatestra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>. Sie hat sich auf <strong>die</strong><br />

Bereiche Beckenbodentherapie, Geburtsvorbereitung,<br />

Gynäkologie spezialisiert. nach e<strong>in</strong>em<br />

sehr anschaulichen ausflug <strong>in</strong> <strong>die</strong> anatomie des<br />

Beckenbodens enthält <strong>der</strong> hauptteil des Buches<br />

Übungen zur Wahrnehmung und kräftigung des<br />

Beckenbodens. anschließend folgen Tipps für<br />

e<strong>in</strong>en »beckenbodenbewussten« alltag und kurze<br />

kapitel zu Themen wie Sport, Sexualität, Geburt<br />

und alter. e<strong>in</strong> Serviceteil mit <strong>in</strong>ternetl<strong>in</strong>ks,<br />

Stu<strong>die</strong>n und Buchtipps zum Thema sowie e<strong>in</strong>em<br />

Stichwortverzeichnis runden das Buch ab. Der<br />

beiliegende Übungsfol<strong>der</strong> passt <strong>in</strong> jede handtasche,<br />

so dass man stets <strong>die</strong> passende Übung zur<br />

hand hat.<br />

Franziska liesner:<br />

Me<strong>in</strong> Beckenbodenbuch<br />

136 Seiten, 17,95 euro<br />

Trias Verlag, Stuttgart (2008)


Tast- und Spürübungen für den Beckenboden<br />

Trotz verme<strong>in</strong>tlicher offenheit und Freizügigkeit sowie des Booms<br />

<strong>der</strong> Beckenboden-Gymnastik haben viele von uns nur e<strong>in</strong>e sehr<br />

theoretische Vorstellung vom eigenen Beckenboden. Dabei ist er<br />

sehr konkret erleb- und erfahrbar. am e<strong>in</strong>fachsten können Sie ihn<br />

erkunden, wenn Sie e<strong>in</strong> Be<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>en hocker stellen. ertasten Sie<br />

dann zuerst <strong>die</strong> knöchernen Strukturen, also das Schambe<strong>in</strong>, <strong>die</strong><br />

Sitzbe<strong>in</strong>höcker und das Steißbe<strong>in</strong>. Vom Schambe<strong>in</strong> können Sie am<br />

Sitzbe<strong>in</strong> entlang zu den Sitzbe<strong>in</strong>höckern »wan<strong>der</strong>n«. Umfassen<br />

Sie nun vorsichtig das Sitzbe<strong>in</strong> und drücken Sie es mit den F<strong>in</strong>gern<br />

auf se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>nenseite, also medial, nach oben richtung kopf.<br />

Schon s<strong>in</strong>d Sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beckenbodenmuskulatur. Bleiben Sie direkt<br />

am knochen. Wenn Sie mit dem Scheidenbereich kolli<strong>die</strong>ren, s<strong>in</strong>d<br />

Sie zu mittig.<br />

Tasten Sie sich vorsichtig und eventuell nur mit e<strong>in</strong>em F<strong>in</strong>ger vom<br />

Schambe<strong>in</strong> bis zu den Sitzbe<strong>in</strong>höckern, erkunden Sie <strong>die</strong> Muskulatur<br />

rund ums Steißbe<strong>in</strong> und versuchen Sie, e<strong>in</strong> Gefühl für <strong>die</strong>sen<br />

Bereich ihres körpers zu bekommen. Wenn Sie auf taube o<strong>der</strong><br />

schmerzhafte Stellen stoßen, bleiben Sie dort, bis das Gewebe<br />

weicher und elastischer wird. Zusätzlich können Sie ihren atem<br />

dorth<strong>in</strong> schicken.<br />

Die e<strong>in</strong>zelnen Schichten des Beckenbodens lassen sich am besten<br />

von <strong>in</strong>nen erspüren. Setzen Sie sich dafür aufrecht und entspannt<br />

auf e<strong>in</strong>en hocker. Bl<strong>in</strong>zeln Sie mit den Schamlippen und dem<br />

anus. Die Bewegung ist w<strong>in</strong>zig kle<strong>in</strong>, kann sich jedoch relativ groß<br />

anfühlen, wenn Sie das erste Mal <strong>die</strong>se Muskeln entdecken. experimentieren<br />

Sie mit dem Tempo und probieren Sie, ihre aufmerksamkeit<br />

mehr <strong>in</strong> den vor<strong>der</strong>en o<strong>der</strong> h<strong>in</strong>teren Teil zu legen.<br />

Versuchen Sie, <strong>die</strong> Bewegung so kle<strong>in</strong> wie möglich zu machen.<br />

Deutsches Yoga-Forum 02/2010 | Titelthema | 11<br />

es geht wirklich nur um <strong>die</strong> äußerste Schicht des Beckenbodens.<br />

Wenn wir auf <strong>der</strong> Toilette den Ur<strong>in</strong>fluss stoppen, spannen wir<br />

meist viel zu viel an.<br />

Wenn Sie <strong>die</strong> Spannung halten, fühlt es sich vielleicht so an, als<br />

ob Sie etwas von <strong>der</strong> Unterlage <strong>in</strong> ihren körper h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>saugen würden.<br />

Um <strong>die</strong> mittlere Schicht zu erkunden, können Sie sich vorstellen,<br />

ihre Sitzbe<strong>in</strong>höcker von <strong>in</strong>nen zusammenzuziehen. es geht nicht<br />

um e<strong>in</strong> Schieben von außen. Stellen Sie sich vor, dass ihre Sitzbe<strong>in</strong>höcker<br />

mit e<strong>in</strong>em starken Gummiband verbunden s<strong>in</strong>d, das<br />

Sie nach Belieben verkürzen können. Diese Bewegungen f<strong>in</strong>den<br />

alle <strong>in</strong>nen statt, <strong>die</strong> Gesäßmuskulatur bleibt entspannt. Wenn Sie<br />

ihre hände zur kontrolle ans Becken legen, spüren Sie nichts.<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong> Gefühl für <strong>die</strong> oberflächliche und mittlere Schicht<br />

des Beckenbodens entwickelt haben, können Sie e<strong>in</strong>en Schritt<br />

weiter gehen. Spannen Sie beide an, richten Sie ihre Wirbelsäule<br />

noch mal gut auf und kippen Sie ihr Becken eventuell leicht, so<br />

dass das hohlkreuz verschw<strong>in</strong>det. Stellen Sie sich dann vor, dass<br />

Sie Schambe<strong>in</strong> und Steißbe<strong>in</strong> e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> näher br<strong>in</strong>gen. Ziehen Sie<br />

das Steißbe<strong>in</strong> zum Schambe<strong>in</strong>, während Sie entspannt weiteratmen.<br />

Denken Sie daran: es geht um ihren Beckenboden, nicht um<br />

<strong>die</strong> Bauchmuskeln. Wenn Sie e<strong>in</strong> Gefühl <strong>der</strong> Stärke und <strong>kraft</strong> entdecken,<br />

das sich mit hohlkreuz so nicht reproduzieren lässt, liegen<br />

Sie vermutlich richtig. Spannen Sie zur Probe <strong>die</strong> Gesäßmuskeln<br />

und <strong>die</strong> Bauchmuskeln an, um zu spüren, welche Muskeln<br />

Sie nicht ansprechen möchten. haben Sie so e<strong>in</strong> Gefühl für <strong>die</strong><br />

verschiedenen Schichten ihres Beckenbodens bekommen, können<br />

Sie anfangen, ihn auch im alltag immer häufiger zu spüren. egal,<br />

ob Sie am computer sitzen, auto fahren o<strong>der</strong> im Supermarkt an<br />

<strong>der</strong> kasse warten, ob Sie gehen, sitzen, liegen o<strong>der</strong> stehen. ihr<br />

Beckenboden ist immer dabei und freut sich über ihre aufmerksamkeit.<br />

Weitere <strong>in</strong>fos und adressen<br />

f<strong>in</strong>den <strong>in</strong>teressierte im <strong>in</strong>ternet unter:<br />

www.polarity-verband.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!