10.07.2015 Aufrufe

Martina Igel Darstellung und Vergleich der Frauengestalten in

Martina Igel Darstellung und Vergleich der Frauengestalten in

Martina Igel Darstellung und Vergleich der Frauengestalten in

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Diese Langeweile, verursacht eben durch e<strong>in</strong> unbefriedigendes Maß an gesellschaftlicher Abwechslung,stellt e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Hauptgründe dar, weshalb Effi sich auf die Affäre mit Major von Crampas e<strong>in</strong>lässt. Obwohlsie versucht, ihre Rolle als Ehefrau zu erfüllen, wird sie zur Ehebrecher<strong>in</strong>. Denn e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>Lebensweisheiten des Frauenhelden Crampas lautet „Abwechslung ist des Lebens Reiz […]“(10/ S.140/Z.20) <strong>und</strong> entspricht somit exakt Effis Sehnsucht. Außerdem ist Crampas das genaue Gegenteil despr<strong>in</strong>zipientreuen <strong>und</strong> eher langweiligen Instettens. So me<strong>in</strong>t er provokativ: „Alle Gesetzlichkeiten s<strong>in</strong>dlangweilig [.]“(10/ S.144/ Z.2f.), um se<strong>in</strong>en Wagemut <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Risikobereitschaft auszudrücken. DieseZüge <strong>und</strong> die Ablehnung von starren Gr<strong>und</strong>sätzen f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Effis Wesen wie<strong>der</strong>, weshalb sie dieserÄußerung freudig klatschend zustimmt (10/ vgl. S.144/ Z.4). Als wichtigster Punkt ist jedoch anzuführen,dass Crampas Effi vorzüglich zu unterhalten weiß, <strong>und</strong> ihr die Abwechslung bietet, nach <strong>der</strong> sie sichsehnt. Indem er Ausritte organisiert, ihr Geschichten <strong>und</strong> Gedichte erzählt o<strong>der</strong> sogar e<strong>in</strong> Theaterstück,an dem Effi mitwirkt, <strong>in</strong>itiiert, geht er genau auf ihr Bedürfnis nach Zerstreuung e<strong>in</strong>.Da Effi zudem <strong>in</strong> ihrer emotional unbefriedigenden Ehe Unterhaltung <strong>und</strong> Beschäftigung um so mehrbedarf, bietet ihr die Affäre natürlich auch <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>sicht die nötige Abwechslung. Somit lässtsich also feststellen, dass oberflächliche Zerstreuung für sie e<strong>in</strong> Hauptfaktor <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe mit Instetten ist<strong>und</strong> sich Effi auch genau aus diesem Gr<strong>und</strong> auf die ‚Beziehung‘ zu Crampas e<strong>in</strong>lässt.Jedoch kann man nicht mit Sicherheit sagen, dass es - wenn es genügend gesellschaftliche Unterhaltungwie zum Beispiel Bälle o<strong>der</strong> Soireen für Effi gegeben hätte – nicht zu diesem moralischen Fehltrittihrerseits gekommen wäre, denn so spielt <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht auch noch e<strong>in</strong> weiterer Charakterzug <strong>der</strong> Effivon Instetten bzw. Briest e<strong>in</strong>e große Rolle.Dieser Charakterzug ist vielmehr e<strong>in</strong>e Charakterschwäche, denn Effi geht vor allem auf die Affäre e<strong>in</strong>, dasie nicht über e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Willensstärke verfügt <strong>und</strong> sich nicht wi<strong>der</strong>setzen kann.Im Laufe <strong>der</strong> noch sehr jungen Ehe ist Effi vor allem durch die Geburt ihres K<strong>in</strong>des allmählich zur Fraugereift. Auch Instetten stellt fest, dass se<strong>in</strong>e junge Ehefrau fast erwachsen geworden ist, so bemerkt erals erstes Anzeichen ihres Reifungsprozesses e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung vom lieblichen K<strong>in</strong>d zu e<strong>in</strong>erverführerischen jungen Frau: „Mit e<strong>in</strong>em Male bist du wie vertauscht [.]“(10/ S.137/ Z.12). Später gelangter zu <strong>der</strong> Erkenntnis, dass Effi nun ansche<strong>in</strong>end endgültig erwachsen geworden ist: „Du hattest so wasvon e<strong>in</strong>em verwöhnten K<strong>in</strong>d, mit e<strong>in</strong>em Mal siehst du aus wie e<strong>in</strong>e Frau [.]“(10/ S.201/ Z.21f.).Obwohl sie äußerlich vielleicht erwachsen ersche<strong>in</strong>t, handelt sie aber nicht wie e<strong>in</strong>e ‚Frau‘, denn trotzdieser Reifung hat Effi ke<strong>in</strong>e festen Pr<strong>in</strong>zipien o<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>sätze entwickelt. In dieser H<strong>in</strong>sicht ist sie nochgenauso K<strong>in</strong>d wie vor ihrer Hochzeit, als sie im Gespräch mit ihrer Mutter von Baron von Instetten als„[…] e<strong>in</strong> Mann von Gr<strong>und</strong>sätzen [.]“(10/ S.36/ Z.35) spricht <strong>und</strong> im gleichen Atemzug von sich selbst <strong>in</strong>Bezug auf diese Gr<strong>und</strong>sätze sagt : „[…] <strong>und</strong> ich… ich habe ke<strong>in</strong>e [.]“(10/ S.37/ Z.1). Das bedeutet, dasssie immer noch nicht beson<strong>der</strong>s willensstark ist, son<strong>der</strong>n sogar sehr leicht – eben wie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d – zubee<strong>in</strong>flussen <strong>und</strong> zu verführen ist.Dazu kommt noch, dass sich Crampas um Effi wirklich bemüht, was die Situation für sie zusätzlicherschwert. Mit kle<strong>in</strong>en Flirtereien (10/ vgl. S.151/ Z.33 – S.152/ Z.31) umwirbt er sie <strong>und</strong> schmeichelt ihr –e<strong>in</strong> Taktik, bei <strong>der</strong> die willensschwache Effi nicht lange standhaft bleiben kann. Zwar zögert sie anfangs,doch letztendlich ist sie nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, diesem Reiz zu wi<strong>der</strong>stehen <strong>und</strong> gibt sich ihm somit „fast gegenihren Willen“(13) h<strong>in</strong>. Für den Major empf<strong>in</strong>det sie nicht e<strong>in</strong>mal wahre Gefühle, ihre Sehnsucht nachAbwechslung treibt sie <strong>in</strong> die Affäre <strong>und</strong> es liegt an ihrer mangelnden Selbstdiszipl<strong>in</strong>, dass sie nachgibt.Doch Effi weiß selbst um diese Schwäche, weshalb sie verzweifelt <strong>in</strong> Tränen ausbricht, als sie dieseErkenntnis nicht mehr verdrängen kann: „[…] so war sie doch ke<strong>in</strong>e starke Natur; ihr fehlte dieNachhaltigkeit, <strong>und</strong> alle guten Anwandlungen g<strong>in</strong>gen wie<strong>der</strong> vorüber. So trieb sie denn weiter, heute, weilsie’s nicht än<strong>der</strong>n konnte, morgen, weil sie’s nicht än<strong>der</strong>n wollte. Das Verbotene, das Geheimnisvollehatte se<strong>in</strong>e Macht über sie [.]“(10/ S.189/ Z.30-35). Diese Passage drückt zum e<strong>in</strong>en aus, dass sie zuschwach ist, um zu wi<strong>der</strong>stehen, sie lässt sich gleichsam passiv ‚treiben‘. An<strong>der</strong>erseits wird bewiesen,dass Effi vom Verbotenen <strong>und</strong> von <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Gefahr angezogen wird. Somit kann sie sichauch <strong>der</strong> Affäre, die ja <strong>in</strong> den Augen <strong>der</strong> damaligen Gesellschaft verboten ist, gar nicht entziehen – imGegenteil, Effi wird wie ‚magisch‘ davon angezogen. Das gleiche gilt auch für „das Geheimnisvolle“(10/S.189/ Z.35), was am Ch<strong>in</strong>esenspuk, <strong>der</strong> Effi während ihrer ganzen Ehe nicht loslässt, deutlich aufgezeigtwird.Auch die Personen, die ihr am nächsten stehen, wissen um diese Schwäche im wahrsten S<strong>in</strong>ne desWortes. Die Mutter me<strong>in</strong>t so zum Beispiel über ihre Tochter: „Kampf <strong>und</strong> Wi<strong>der</strong>stand s<strong>in</strong>d nicht ihre Sache[.]“(10/ S.242/ Z.28f.) <strong>und</strong> greift <strong>in</strong> ihren Ausführungen sogar das Bild vom passiven ‚sich treiben lassen‘wie<strong>der</strong> auf, denn sie sagt zudem: „Sie lässt sich gerne treiben […]“(10/ S.242/ Z.27). Dieses Wort zeigtgleichsam ihre Unfähigkeit, sich gegen verme<strong>in</strong>tlich stärkere Naturen durchzusetzenDoch nicht nur ihre Mutter, son<strong>der</strong>n auch Effis Ehemann bestätigt diese mangelnde Selbstdiszipl<strong>in</strong>. Soerkennt er ihre Schwäche <strong>und</strong> sagt es ihr direkt <strong>in</strong>s Gesicht: „Du bist e<strong>in</strong>e reizende kle<strong>in</strong>e Frau, aberFestigkeit ist nicht eben de<strong>in</strong>e Spezialität [.]“(10/ S.183/ Z.15-17). Durch diese beiden E<strong>in</strong>schätzungen istbewiesen, dass Effi zum e<strong>in</strong>en sehr passiv ist, <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en, dass Selbstdiszipl<strong>in</strong> nicht zu ihrenStärken zählt. Deshalb freut sie sich um so mehr über den Umzug nach Berl<strong>in</strong>, <strong>der</strong> ihr nebenAbwechslung im gesellschaftlichen Leben auch noch e<strong>in</strong>en willkommenen Anlass bietet, die Beziehungzu Crampas zu beenden. Alle<strong>in</strong>e hätte sie sich wahrsche<strong>in</strong>lich nicht von ihm lösen können, denn dazufehlt ihr schlichtweg die Willensstärke.Das Problem bei ihrem Gefühl, „[…] aus e<strong>in</strong>er selbstgeschaffenen Gefahr sich glücklich befreit zu haben16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!