10.07.2015 Aufrufe

Martina Igel Darstellung und Vergleich der Frauengestalten in

Martina Igel Darstellung und Vergleich der Frauengestalten in

Martina Igel Darstellung und Vergleich der Frauengestalten in

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hauptfigur als unselbständiges 17jähriges Mädchen e<strong>in</strong>geführt. So reift Effi erst im weiterenRomanverlauf allmählich heran <strong>und</strong> wird mit <strong>der</strong> Zeit zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>igermaßen erwachsen. Jedoch schafftsie es nie wirklich, so unabhängig <strong>und</strong> selbständig zu werden, wie die nur um wenige Jahre ältere <strong>und</strong> alsemanzipiert zu bezeichnende Lene Nimptsch, <strong>und</strong> bleibt im Gr<strong>und</strong>e genommen während ihres kurzenLebens immer e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d. Aber gerade dieses k<strong>in</strong>dlich – unbeschwerte Wesen, das Effi Verhalten <strong>und</strong>Entscheidungen <strong>in</strong> <strong>der</strong>artigem Maße bee<strong>in</strong>flusst, macht zum Großteil ihren Reiz <strong>und</strong> ihrenaußergewöhnlichen Charme aus, dessen sich kaum e<strong>in</strong> Leser entziehen kann. Das ist auch e<strong>in</strong>er <strong>der</strong>Gründe, weshalb ‚Effi Briest‘ als Hauptwerk Fontanes <strong>und</strong> zur Weltliteratur zählt.Diese k<strong>in</strong>dliche Natürlichkeit, die Effi im speziellen so liebenswürdig macht, lässt sich vor allem auf ihresorglose <strong>und</strong> unbeschwerte K<strong>in</strong>dheit zurückführen. Effi wächst nämlich als e<strong>in</strong>ziges K<strong>in</strong>d ihrer Eltern, desadeligen Gutsbesitzers von Briest <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Frau Luise, wohl behütet im Herrenhaus Hohen – Cremmen<strong>der</strong> Familie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mark Brandenburg auf. Die Familie gehört dem alten Landadel an – e<strong>in</strong> sozialer Status,auf den man stolz ist – grenzt sich jedoch ke<strong>in</strong>esfalls dünkelhaft von an<strong>der</strong>en Schichten ab, was sichdaran zeigt, dass Effi unbefangen mit den bürgerlichen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong> ‚Nachbarschaft‘ spielen darf.Trotzdem ist Effi im Bewusstse<strong>in</strong> ihres gesellschaftlichen Standes erzogen worden, was später vor alleman Effis Beweggründen für die Verlobung mit Instetten auffällt.Da sie E<strong>in</strong>zelk<strong>in</strong>d ist, wird sie von ihren Eltern nicht nur sehr geliebt, son<strong>der</strong>n auch verwöhnt. Dadurchwird ihr die ständige Aufmerksamkeit ihrer Eltern <strong>und</strong> des gesamten Personals zu Teil, deshalbverw<strong>und</strong>ert es nicht, dass sie auch im Kreise ihrer Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>nen stets im Mittelpunkt steht. Zudem könnenihr Vater <strong>und</strong> Mutter offensichtlich ke<strong>in</strong>en Wunsch abschlagen, was dazu führt, dass Effi im <strong>Vergleich</strong> zuan<strong>der</strong>en Töchtern <strong>der</strong> höheren Gesellschaftsschichten, beson<strong>der</strong>s des Adels, e<strong>in</strong>e relativ freie <strong>und</strong>aufgeschlossene Erziehung genießt. So darf sie vieles, was an<strong>der</strong>en jungen Damen schon vor Jahren‚aberzogen‘ worden se<strong>in</strong> muss. Diese Annahme lässt sich auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Charakteristiken von EffiBriest f<strong>in</strong>den, so heißt es zum Beispiel: „Das ist nicht die Regel bei e<strong>in</strong>em jungen Mädchen aus adeligemHause <strong>und</strong> zeugt für e<strong>in</strong>e liberale, das Natürliche respektierende Erziehung [.]“(9/ S.44) – was dieAuffassung <strong>der</strong> aufgeschlossenen Erziehung, die unter an<strong>der</strong>em für Effis unbeschwertes, lebenslustigesWesen verantwortlich ist, bestätigt.Die Beziehung Effis zu ihrer Mutter Luise lässt sich zudem als äußert herzlich <strong>und</strong> liebevoll beschreiben.So ist sie auch Effis Vertrauensperson, <strong>der</strong> sie fast alles erzählt. Beide stehen auch als Effi <strong>in</strong> Kess<strong>in</strong> lebt<strong>in</strong> sehr engem Briefkontakt. In ihrer geliebten Mutter sieht Effi e<strong>in</strong> Vorbild für ihre weitere Zukunft, um diesie sich aber ke<strong>in</strong>e große Gedanken macht.Auch die Beziehung zum Vater ist ausgesprochen gut, denn beide verb<strong>in</strong>det dieselbe unkonventionelledirekte Art. Von Briest liebt se<strong>in</strong>e Tochter sehr, deshalb ist er – im Gegensatz zur Mutter, die großen Wertauf gesellschaftliche Regeln <strong>und</strong> Konventionen legt – sofort dazu bereit, se<strong>in</strong>e kranke <strong>und</strong> vorherverstoßene Tochter zurück nach Hause, nach Hohen – Cremmen zu holen.Ihr zu Hause spielt für Effi wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Rolle: Hohen – Cremmen stellt für sie ihre wirklicheHeimat, <strong>der</strong> sie sich des ganzen Romanverlaufs h<strong>in</strong>durch verb<strong>und</strong>en fühlt, <strong>und</strong> ihren Zufluchtsort dar. Sokehrt sie immer wie<strong>der</strong> an den Ort ihrer unbeschwerten K<strong>in</strong>dheit <strong>und</strong> Jugend zurück, während ihrertrostlosen Ehe <strong>und</strong> auch für die letzten Monate ihres Lebens. Denn dort fühlt sich Effi wirklich wohl, siekann fern von den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gesellschaft ganz sie selbst se<strong>in</strong> <strong>und</strong> immer K<strong>in</strong>d bleiben. An<strong>der</strong>eadelige Mädchen <strong>in</strong> ihrem Alter s<strong>in</strong>d nämlich nicht so k<strong>in</strong>dlich wie Effi Briest mit ihren 17 Jahren, son<strong>der</strong>nwerden schon seit frühester Jugend auf ihre zukünftige gesellschaftliche Rolle als Ehefrau <strong>und</strong> Muttervorbereitet.Effi h<strong>in</strong>gegen wächst <strong>in</strong> sorgloser Unbeschwertheit ohne Probleme auf, welche sie auch sehr genießt. Soalbert sie häufig herum, <strong>in</strong>dem sie zum Beispiel ihre Gymnastikübungen „[…] absichtlich e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong>sKomische […]“(10/ S.6/ Z.16f.) o<strong>der</strong> spielt ausgelassen mit ihren Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>nen. Beson<strong>der</strong>s deutlich wirddies aber daran, dass Effi mit Vorliebe e<strong>in</strong> sehr jungenhaft wirkendes Kittelkleid trägt, genau genommen„[…] e<strong>in</strong> blau <strong>und</strong> weiß gestreiftes, halb kittelartiges Le<strong>in</strong>wandkleid, dem erst e<strong>in</strong> festzusammengezogener, bronzefarbener Le<strong>der</strong>gürtel die Taille [gibt] […] mit e<strong>in</strong>[em] breit[em]Matrosenkragen[.]“(10/ S.6/ Z.24-28). Diese eher k<strong>in</strong>dliche Kleidung unterstreicht die Tatsache, dass Eff<strong>in</strong>och überhaupt nicht dazu bereit ist, die Rolle <strong>der</strong> jungen adeligen Dame zu erfüllen, son<strong>der</strong>n dass siedies so lange wie möglich h<strong>in</strong>auszögern will. Doch das Kleid symbolisiert nicht nur die k<strong>in</strong>dliche NaturEffis, so misst Elsbeth Hamann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er von ihr verfassten Interpretation des Werkes dem Kleid noch e<strong>in</strong>eweitere Bedeutung zu: Demzufolge werden auch die vorher schon erwähnte freie Erziehung <strong>und</strong> die sichdaraus ergebende Unbeschwertheit <strong>in</strong> Bezug auf dieses für Effis Charakter aussagekräftigeKleidungsstück bewiesen. Denn so heißt es, „[…] das weite, lockere Kittelkleid entspricht EffisLebensweise <strong>in</strong> Hohen – Cremmen: ungezwungen <strong>und</strong> unbelastet, frei von gesellschaftlichenVerpflichtungen <strong>und</strong> Rücksichten […]“(11/ S.47) Die Bedeutung des Kleides zeigt sich auch daran, dassEffi gegen Ende ihres kurzen Lebens wie<strong>der</strong> zu Hause bei ihren Eltern dasselbe „[…] blau- <strong>und</strong>weißgestreifte[s] Kittelkleid mit e<strong>in</strong>em losen Gürtel […]“ (10/ S.314/ Z.3f.) trägt. So steht ihr bevorzugtesKleidungsstück für die ständige Sehnsucht nach <strong>der</strong> sorglosen Unbeschwertheit ihrer K<strong>in</strong>dheit <strong>und</strong>Jugend. Das ist auch e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Gründe, warum Effi eigentlich nie wirklich erwachsen wird.Das Bild <strong>der</strong> jungen Effi Briest, das <strong>der</strong> Autor dem Leser <strong>in</strong> den ersten beiden Kapiteln vermittelt, ist alsoe<strong>in</strong> sehr positives: Sie ersche<strong>in</strong>t als e<strong>in</strong> junges, anmutiges <strong>und</strong> lebendig – verspieltes Mädchen von knapp17 Jahren, <strong>der</strong>en „[…] lachende[n] braue[n] Augen e<strong>in</strong>e große, natürliche Klugheit <strong>und</strong> viel Lebenslust<strong>und</strong> viel Herzensgüte[…]“(10/ S.6/ Z.29-31) verraten. Sie wächst zudem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sehr freien Umfeld auf,was sich beides sehr auf ihr gesamtes Leben auswirkt: Da sie während ihrer K<strong>in</strong>dheit <strong>und</strong> Jugend dort soglücklich war, sehnt sie sich zeitlebens danach zurück. Desweiteren ist es Effi gewöhnt, unbefangen ‚<strong>in</strong>12

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!