12 Armut macht krank - Caritasverband Hochrhein eV
12 Armut macht krank - Caritasverband Hochrhein eV
12 Armut macht krank - Caritasverband Hochrhein eV
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BLICK<br />
CARITASVERBAND HOCHRHEIN E.V.<br />
Nr. 1 | 20<strong>12</strong><br />
punkt<br />
<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>.<br />
Themenheft zur<br />
Jahreskampagne 20<strong>12</strong><br />
CARITAS HOCHRHEIN
A N Z E I G E<br />
Eis Kuchen<br />
Salate<br />
Cappuccino<br />
TIENGEN<br />
Seilerbergweg 7<br />
Telefon 07741 . 68 62 49<br />
Geöffnet<br />
Dienstag bis Freitag<br />
von 9.00 – 17.00 Uhr<br />
Samstag<br />
von 9.00 – 14.00 Uhr<br />
Tee<br />
Latte Macchiato<br />
Torte<br />
Waffeln<br />
BAD SÄCKINGEN<br />
Rheinbrückstrasse 24<br />
Telefon 07761 . 553 99 18<br />
Geöffnet<br />
Dienstag bis Freitag<br />
von 8.30 – 17.00 Uhr<br />
Samstag<br />
von 9.00 – 14.00 Uhr<br />
Eine Initiative der<br />
Caritaswerkstätten <strong>Hochrhein</strong><br />
gemeinnützige GmbH<br />
Die Jahreskampagnen des<br />
Deutschen <strong>Caritasverband</strong>es e.V.<br />
im Überblick:<br />
2000 „.. und die Armen“<br />
2001 „Einsam“<br />
2002 „Mittendrin draußen: Psychisch <strong>krank</strong>“<br />
2003 „Zuschauen hilft nicht –<br />
Verantwortung ist weltweit“<br />
2004 „Soziale Berufe. Wir sehen uns.“<br />
2005 „Arbeitslos 2005: Chancen statt Vorurteile“<br />
2006 „Integration beginnt im Kopf. Für ein besseres<br />
Miteinander von Deutschen und Zuwanderern“<br />
2007 „Mach Dich stark für starke Kinder“<br />
2008 „Achten statt Ächten –<br />
Eine Initiative für benachteiligte Jugendliche„<br />
2009 „Soziale Manieren für eine bessere Gesellschaft“<br />
2010 „Experten fürs Leben“<br />
2011 „Kein Mensch ist perfekt“<br />
20<strong>12</strong> „<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Editorial<br />
<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>.<br />
„<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“, das Jahresthema der Caritas in<br />
Deutschland bildet den Schwerpunkt der ersten von zwei<br />
geplanten Blickpunkt-Ausgaben im Jahr 20<strong>12</strong>.<br />
„<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“ beschäftigt alle Arbeitsbereiche der<br />
Caritas <strong>Hochrhein</strong>. Es eignet sich damit die Arbeit der<br />
verschiedenen Dienste und Einrichtungen in den Blickpunkt<br />
zu nehmen. Aus diesem Grund haben wir das Jahresthema<br />
zum Anlass genommen, auch dem Blickpunkt ein neues<br />
inneres und äußeres Erscheinungsbild zu geben.<br />
Die zukünftigen Ausgaben des Blickpunktes werden sich<br />
übergreifenden Schwerpunktthemen in und um die Caritas<br />
<strong>Hochrhein</strong> widmen.<br />
Bei aller Vielfalt und Unterschiedlichkeit unserer Angebote soll<br />
es mit dem Blickpunkt auch darum gehen, die verbindenden<br />
Themen unseres Verbandes darzustellen und auch für Außenstehende<br />
zu verdeutlichen.<br />
„Jeder verdient Gesundheit“ lautet der Untertitel des Jahresthemas<br />
und stellt mit dieser Forderung einen Auftrag zum<br />
Handeln für die Caritas dar.<br />
Die medizinische Grundversorgung in Deutschland ist sicher<br />
und die Standards für unsere Gesundheitsversorgung sicher<br />
weltweit mit am höchsten. Die Kampagne <strong>macht</strong> insbesondere<br />
mit ihren Plakaten in drastischer Weise darauf aufmerksam,<br />
dass es immer noch oder auch wieder Menschen um uns<br />
herum gibt, die in <strong>krank</strong>machender <strong>Armut</strong> leben.<br />
Die Caritas in ihrer sozialanwaltschaftlichen Rolle schärft<br />
mit diesem Thema ihr Profil und löst damit auch einen<br />
notwendigen Diskussionsprozess aus. Hinter der Forderung<br />
„Jeder verdient Gesundheit“ steckt auch die Frage „Wie viel<br />
Gesundheit können wir uns leisten?“. Dies ist eine auf dem<br />
Hintergrund der demografischen Entwicklung brennende<br />
Frage; in finanzieller Hinsicht aber vor allem eine Frage nach<br />
den personellen Ressourcen.<br />
„<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“ darf deshalb auch in einem erweiterten<br />
Sinn verstanden werden: <strong>Armut</strong> an gesundheitserhaltendem<br />
Fachpersonal, seien es Ärzte, Pflegepersonal oder im weiteren<br />
Sinne sozialpädagogische Fachkräfte. Es sind vor allem die<br />
Mitarbeitenden der Sozialstationen die Sorge dafür tragen,<br />
dass die medizinisch-pflegerische Versorgung in unserer<br />
Region noch sichergestellt wird.<br />
Wie wir als Caritas dem Thema begegnen, lesen Sie auf<br />
den folgenden Seiten.<br />
Ich wünsche Ihnen und uns, dass Sie in dieser Ausgabe<br />
einige neue und interessante Einblicke zum Jahresthema<br />
und zur Arbeit unseres Verbandes erhalten.<br />
Es grüßt Sie herzlich<br />
Ihr Martin Riegraf<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
3<br />
„Ein herzliches Dankeschön allen Mitarbeitenden,<br />
die mit ihren Artikeln einen Beitrag zu dieser<br />
Zeitung geleistet haben und damit deutlich machen,<br />
dass jeder Mensch Gesundheit verdient.“<br />
MARTIN RIEGRAF SARAH FINK
4<br />
BLICKPUNKT<br />
Mitarbeiterzeitschrift der<br />
Caritas <strong>Hochrhein</strong><br />
2 Ausgaben im Jahr<br />
Auflage: 2000 Exemplare<br />
Ausgabe: 1 / 20<strong>12</strong><br />
Inhalt<br />
Herausgeber:<br />
Martin Riegraf | Vorstandsvorsitzender<br />
Koordination:<br />
Sarah Fink<br />
Postadresse:<br />
<strong>Caritasverband</strong> <strong>Hochrhein</strong> e.V.<br />
Poststraße 1<br />
79761 Waldshut-Tiengen<br />
Telefon 0 77 51 | 80 11 - 0<br />
Telefax 0 77 51 | 80 11 - 99<br />
info@caritas-hochrhein.de<br />
Gestaltung | Layout:<br />
Nicole Netzhammer | antidot-design.de<br />
Bildnachweise:<br />
Titel Murat Aslan<br />
fotolia.com<br />
S. 6 happy couple © gb<br />
S. 8 Sarah Fink<br />
S. <strong>12</strong> Seniorin allein auf Parkbank © Andreas P<br />
S. 14 little girl holding plant © Noam<br />
Strong children © pressmaster<br />
S. 23 Schülerinnen © Woodapple<br />
S. 18 Girotondo di solidarietà © fcw5<br />
Young woman in a conversation<br />
with a psychologist © Alexander Raths<br />
S. 19 Depression © Rynio Productions<br />
S. 21 butterfly © adimas<br />
Girl reads menu © Arkady Chubykin<br />
S. 26 close-up of two hands © flashpics<br />
S. 27 Pflegerin bei Altenpflege von Senioren<br />
im Altenheim © Gina Sanders<br />
S. 28 herzen © lina kro<br />
S. 31 Hartz 4 © miket<br />
aboutpixel.de<br />
S. 23 Vorfreude © Rainer Sturm<br />
Umfassende Informationen zu<br />
den Einrichtungen und Diensten<br />
der Caritas <strong>Hochrhein</strong> erhalten<br />
Sie unter:<br />
www.caritas-hochrhein.de<br />
5 Treffpunkt Stärke<br />
Junge Eltern bei der Erziehung unterstützen<br />
6 <strong>Armut</strong> im Alter<br />
8 Macht <strong>Armut</strong> <strong>krank</strong>?<br />
Gesunde Ernährung auch mit schmalem Geldbeutel<br />
10 Kinaesthetik<br />
Wir bleiben in Bewegung<br />
<strong>12</strong> <strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong> – Krankheit <strong>macht</strong> arm<br />
Aus der Sicht des ambulant betreuten<br />
Einzelwohnens der Gemeindepsychiatrie<br />
14 <strong>Armut</strong> und Krankheit<br />
Wie steht es damit im Baumhaus?<br />
16 Gesprächsrunde<br />
in der Tagesstätte St. Kolumban<br />
zum Thema „<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“<br />
18 Die Soziotherapie<br />
Ein Angebot zur seelischen Gesundheit<br />
20 Aktion gegen Bewegungsarmut<br />
in der Schule für Er ziehungshilfe St. Fridolin<br />
22 „Die Grenzen der Sprache sind die<br />
Grenzen meiner Welt“<br />
<strong>Armut</strong> im Fokus der Sprach förderung<br />
24 Wohnprojekt Bonndorf<br />
– durch mehr Teilhabe der Isolation begegnen<br />
26 Das Recht auf Arbeit und Beschäftigung<br />
beugt sozialer Verarmung vor<br />
28 Basiskurs Sozialcourage<br />
30 <strong>Armut</strong> hat viele Gesichter
Der Caritassozialdienst bietet einen Elternbildungskurs<br />
mit dem Namen Treffpunkt STÄRKE in Bonndorf an.<br />
Junge Eltern bei der<br />
Erziehung unterstützen<br />
und damit für ein gesundes Aufwachsen der Kinder sorgen<br />
Das Programm STÄRKE des Landes<br />
Baden-Württemberg startete im<br />
Jahr 2009 mit dem Ziel, Eltern den<br />
Zugang zu Elternbildungsangeboten<br />
zu erleichtern und sie finanziell darin<br />
zu unterstützen.<br />
Das STÄRKE-Programm unterteilt<br />
sich in zwei unterschiedliche Zugangsformen.<br />
Die erste Zugangsform richtet<br />
sich an alle Eltern von Neugeborenen.<br />
Das bedeutet konkret, Eltern von<br />
Neugeborenen bekommen bei der<br />
Anmeldung ihres Kindes von ihrem<br />
Wohnort in Baden-Württemberg einen<br />
Gutschein in Höhe von 40,– s für<br />
einen vom Finanzamt als sogenannter<br />
STÄRKE-Kurs akzeptierten Eltern -<br />
bildungskurs.<br />
Im Landkreis Waldshut wird der Gutschein<br />
bislang bei der Geburt mit dem<br />
entsprechenden STÄRKE-Flyer verteilt.<br />
Der Gutschein muss im Laufe des<br />
ersten Lebensjahres des Kindes eingelöst<br />
werden.<br />
Einlösbar in Geld ist der Gutschein<br />
nicht. Das bedeutet, dass mit diesem<br />
Gutschein alle Eltern die Möglichkeit<br />
erhalten einen Kurs ihrer Wahl zu besuchen,<br />
eine Pflicht dazu besteht nicht.<br />
Die zweite Zugangsform richtet Elternbildungsangebote<br />
an Eltern in besonderen<br />
Lebenssituationen, wie z.B.<br />
Alleinerziehung, prekäre finanzielle<br />
Situation, Migrationshintergrund, etc.<br />
aus. Die Eltern brauchen keinen<br />
Text:<br />
Fatima Gonska, f.gonska@caritas-hochrhein.de<br />
[Mitarbeiterin Caritas Sozialdienst]<br />
Gutschein für diese Kurse, da diese<br />
sogenannten STÄRKE plus-Kurse direkt<br />
über das STÄRKE-Programm abgerechnet<br />
werden.<br />
Unser Angebot in Bonndorf richtet sich<br />
an Eltern in sämtlichen besonderen<br />
Lebens situationen. Es finden pro Kurs<br />
sieben Treffen statt. Das erste Treffen<br />
dient vorrangig dem Kennenlernen und<br />
der Gruppenzusammenfindung.<br />
Die weiteren Treffen werden von uns<br />
inhaltlich und didaktisch vorbereitet.<br />
Schwerpunktthemen sind: die kindliche<br />
Entwicklung allgemein, die soziale Entwicklung,<br />
Sprachentwicklung, gesunde<br />
Ernährung, Finanzen/Haushaltsplan,<br />
usw. Die Teilnehmenden werden von<br />
uns ermuntert, ihre eigenen Wünsche<br />
bezüglich Themen jederzeit anzubringen,<br />
auf die wir dann flexibel reagieren<br />
und in den Kurs integrieren können.<br />
Für den thematischen Schwerpunkt<br />
„gesunde Ernährung“ können wir auf<br />
eine „BeKi-Beraterin“(Bewusste Kinderernährung,<br />
Ausbildung vom Landwirtschaftsministerium)<br />
zurückgreifen.<br />
Bei diesem Treffen geht es einerseits<br />
darum, den Müttern und Vätern theoretische<br />
Hintergründe für eine gesunde<br />
Ernährung zu vermitteln, andererseits<br />
erhalten die Eltern wertvolle Tipps bei<br />
der Zubereitung gesunder Mahlzeiten,<br />
Snacks und Breis.<br />
Mechthilde Frey-Albert, m.frey-albert@caritas-hochrhein.de<br />
[Mitarbeiterin Caritas Sozialdienst]<br />
5<br />
Die Teilnehmenden sind immer wieder<br />
erstaunt darüber, wie schnell die Mahlzeiten<br />
vorbereitet werden können.<br />
Wichtig im Bereich der Elternbildung<br />
und in Bezug auf Gesundheit allgemein<br />
ist für uns, das Thema „Vorbild sein der<br />
Eltern“ in vielen Bereichen herauszu -<br />
heben, z.B. im Bereich Vorsorgeunter -<br />
suchung, Bewegung, Sprache,<br />
Hygiene verständnis.<br />
Uns fällt bei diesen Kursen, wie auch<br />
in der täglichen Beratungsarbeit auf,<br />
dass z.B. Zahnsanierungen aus Mangel<br />
an Geld nicht durchgeführt werden<br />
können.<br />
Aus diesem Grund können oft auch<br />
notwendige Medikamente nicht gekauft<br />
werden. Arztbesuche werden hinausgezögert,<br />
um die Praxisgebühr zu sparen.<br />
Bisher haben ausschließlich Frauen an<br />
diesen Kursen teilgenommen, die sehr<br />
interessiert und lebendig am Gruppengeschehen<br />
teilnehmen. Auch nimmt der<br />
Austausch untereinander zu verschiedensten<br />
Themen bei den Teilnehmer -<br />
innen einen wichtigen Stellenwert ein.<br />
Geplant ist, einen weiteren Kurs in<br />
Grafenhausen in Zusammenarbeit<br />
mit dem dortigen Kindergarten an -<br />
zubieten.<br />
www.sm.baden-wuerttemberg.de
6<br />
Sorglos im Ruhestand –<br />
dies ist leider nicht jedem vergönnt<br />
<strong>Armut</strong> im Alter<br />
„<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>t – <strong>krank</strong> <strong>macht</strong> arm“ oder<br />
„Die Tücken unseres Gesundheitswesens für ältere Menschen“<br />
Z.B. Frau B.:<br />
Frau B. erhält Grundsicherung im<br />
Alter wie 519 Frauen und 424 Männer<br />
im Landkreis Waldshut (Stand Januar<br />
20<strong>12</strong> – Landratsamt Waldshut).<br />
Das sind 374 Euro im Monat.<br />
Mietkosten und Heizkosten werden<br />
in angemessener Höhe übernommen.<br />
Frau B. ist 72 Jahre alt, gehbehindert auf<br />
Grund Knie- und Hüftarthrose, grauer<br />
Star mit der Gefahr von grünem Star,<br />
Herzrhythmusstörungen, leichte<br />
Diabetes Typ B.<br />
Frau B. geht zum Augenarzt. Hier wird<br />
erst einmal die Praxisgebühr (= 10 Euro)<br />
fällig. Eine Augeninnendruckmessung<br />
wird ihr dringend angeraten, bleibt<br />
aber ohne Befund (= 20 Euro).<br />
Der Arzt stellt ihr ein Rezept für zwei<br />
verschiedene Augentropfen (= 10 Euro)<br />
aus. Wegen ihrer latenten Diabetes<br />
erhält sie eine Überweisung zum<br />
Allgemeinmediziner.<br />
Dieser verschreibt ihr zur Kontrolle der<br />
latenten Diabetes auf einem grünem<br />
Rezept Teststreifen, dessen Kosten von<br />
der Krankenkasse nicht übernommen<br />
werden (= 30 Euro), dazu für die<br />
Schmerzen aufgrund der Arthrose<br />
Salben (= 15 Euro).<br />
Zu den Ärzten muss Frau B. mit dem<br />
Bus fahren (= <strong>12</strong> Euro). Großzügig übernimmt<br />
die Krankenkasse im Quartal<br />
wegen der massiven Verspannungen<br />
aufgrund der Arthrose drei Massagen<br />
(Eigenanteil 15 Euro). Somit verbleiben<br />
Frau B. im Monat noch 262 Euro.<br />
Frau B. kann zwar Zuzahlungsbefreiung<br />
beantragen, dennoch verbleiben ihr<br />
62 Euro Eigenkosten.<br />
Was <strong>macht</strong> Frau B.:<br />
Frau B. muss sparen. Sie löst deshalb erhaltene<br />
Rezepte nicht ein. Sie „streckt“<br />
die Medikamente, indem sie eine<br />
geringere Menge als die vom Arzt<br />
verordnete einnimmt.<br />
Sie vermeidet Arzt besuche am Ende<br />
eines Quartals, in dem sie nicht beim<br />
Arzt war, um die Praxisgebühr zu<br />
Text:<br />
Angela Bäumle, a.baeumle@caritas-hochrhein.de [Mitarbeiterin Caritas Sozialdienst]<br />
sparen. Zum Zahnarzt geht sie deshalb<br />
nur, wenn die Schmerzen wirklich un -<br />
erträglich sind.<br />
Beim Kauf von Lebensmittel und<br />
notwen diger Kleidung schränkt sie sich<br />
noch mehr als bisher ein. Sie wägt ab<br />
und sucht im Laden nach dem jeweils<br />
billigsten Lebensmittel. Wurst, Käse und<br />
Vollkornbrot scheiden aus. Sie kauft<br />
Weißbrot, Margarine, Magermilch und<br />
Marmelade und lebt den ganzen Tag<br />
davon.<br />
Verabredungen mit ihren Freundin nen<br />
zum Kaffee oder Einladungen sagt sie<br />
ab, denn sie kann sie sich nicht leisten.<br />
Sie bleibt zu Hause, der Fernsehapparat<br />
ist ihre einzige Gesellschaft und Informationsquelle.<br />
Pech hat sie, wenn dann noch z.B. die<br />
Waschmaschine kaputt geht. Da Frau B.<br />
keinerlei finanzielle Reserven hat, muss<br />
sie die Waschmaschine auf Raten kaufen.<br />
Nun wird der finanzielle Rahmen<br />
noch enger.
Und?<br />
Im Kreis Waldshut leben 943 Menschen<br />
von Grundsicherung. Hinzu kommt<br />
noch eine, leider nicht erfasste Anzahl<br />
Rentner und Rentnerinnen, die eine<br />
Rente unter 800 Euro haben.<br />
Zieht man bei diesem Personenkreis<br />
Miete, Heizkosten, Ausgaben für<br />
Strom, etc. ab, haben sie in etwa einen<br />
ähn lichen Betrag zur Verfügung wie<br />
die jenigen, die Grundsicherung im<br />
Alter beziehen.<br />
Das bedeutet, viele Rentnerinnen und<br />
Rentner im Kreis Waldshut sind in einer<br />
ähnlichen Situation wie Frau B., in dem<br />
Kreislauf: „<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>, <strong>krank</strong><br />
<strong>macht</strong> arm“. Dabei sind Frauen deutlich<br />
in der Überzahl.<br />
Es führt dazu, dass Krankheiten nicht<br />
angemessen behandelt werden, dass<br />
sie verschleppt, nicht auskuriert werden.<br />
Nahrhafte Mahl zeiten sind reduziert,<br />
täglich warme Mahlzeiten oft nicht<br />
möglich. Dies führt zu Mangelernährung,<br />
die wiederum <strong>krank</strong> <strong>macht</strong>.<br />
Soziale Isolierung führt zu Alters -<br />
depression, auch oft mit Suizid -<br />
gedanken und beschleunigt Demenz.<br />
Betroffene ziehen sich zurück.<br />
Wenn die gesellschaftliche Entwicklung<br />
und Prioritätensetzung sich in dieser<br />
Weise auch im Gesundheitswesen<br />
fortsetzt, so wird die Altersarmut in der<br />
beschriebenen Weise leider wachsen.<br />
Dies wird zukünftig auch insbesondere<br />
weiterhin in höherem Maße Frauen<br />
betreffen.<br />
Um die betroffenen Menschen in ihrer<br />
Situation zu unterstützen, braucht es<br />
niederschwellige und aufsuchende<br />
Einzelberatung. Dies gibt auch diesen<br />
Menschen, die in ihrem Leben in der<br />
Regel immer gearbeitet oder als Frauen<br />
auch Kinder großgezogen und Eltern<br />
gepflegt haben, Anerkennung und<br />
Würde.<br />
Alter – ein <strong>Armut</strong>srisiko?<br />
Die Mitarbeitenden des Caritas<br />
Sozialdienstes beraten ältere<br />
Menschen in Fragen der materiellen<br />
Sicherung und zeigen ihnen<br />
Wege aus einer <strong>krank</strong>machenden<br />
Isolation auf.<br />
7<br />
Tafelläden und ähnliche Maßnahmen<br />
der Freien Wohlfahrtspflege wie z.B.<br />
der Caritas können die Situation der<br />
betroffenen Menschen zwar lindern,<br />
gesellschaftspolitisch bedarf es jedoch<br />
einer anderen Prioritätensetzung, um<br />
<strong>Armut</strong> im Alter, die auch <strong>krank</strong> <strong>macht</strong>,<br />
gegen zu steuern.<br />
Mit den verschiedenen Hilfsfonds<br />
gelingt es, ergänzend zu den<br />
staatlichen Leistungen <strong>Armut</strong> zu<br />
lindern.
8<br />
Macht <strong>Armut</strong> <strong>krank</strong>?<br />
Angesichts der <strong>Armut</strong>sdiskussionen<br />
treten die Tafeln in den Fokus öffentlichen<br />
und politischen Interesses.<br />
Die Frage, wie die Existenz gesichert<br />
und finanzielle Spielräume geschaffen<br />
werden können, wird dabei thematisiert.<br />
Aber das soll hier nicht Gegenstand<br />
weiterer Überlegungen sein.<br />
Vielmehr spielen Essen und Trinken<br />
eine zentrale Rolle und sind eine<br />
primäre Maßnahme der Existenzsicherung.<br />
Dabei kommt es auch darauf an,<br />
was wir essen und wie wir Lebensmittel<br />
zubereiten und vermutlich weniger, wie<br />
teuer wir Lebensmittel einkaufen.<br />
Welchen Einfluss Ernährung und der<br />
richtige Umgang mit Lebensmittel auf<br />
unsere Gesundheit hat, ist hinlänglich<br />
bekannt. Aber ist es uns auch bewusst?<br />
Und was müssen Lebensmittel<br />
kosten, damit wir uns gesund<br />
ernähren können?<br />
Und eine letzte und wesentliche<br />
Frage muss hier noch gestellt<br />
werden: „Können gesunde<br />
Lebensmittel in der Tafel gekauft<br />
werden?“<br />
Viele Fragen, auf die wir nach reiflicher<br />
Überlegung auch passende Antworten<br />
gefunden haben.<br />
Natürlich können wir uns täglich zweimal<br />
an Bratkartoffeln oder Nudeln mit<br />
Ketchup satt essen. Das bekommt unserem<br />
Geldbeutel gut und der Bauch ist<br />
voll. Auf den ersten Blick scheint das<br />
auch völlig in Ordnung zu sein. Aber ob<br />
das auf Dauer gesund ist? Der Körper<br />
braucht nicht nur Kohlenhydrate und<br />
Fett, sondern vor allem Eiweiß,<br />
Vitamine und Ballaststoffe.<br />
Text: Petra Lohmann, p.lohmann@caritas-hochrhein.de [Abteilungsleiterin Caritas Sozialdienst]<br />
Ewaldine Schwarz, e.schwarz@caritas-hochrhein.de [Mitarbeiterin Caritas Sozialdienst]<br />
Das Sortiment im Tafelladen<br />
Gesunde Ernährung auch mit schmalem Geldbeutel<br />
In der Tafel können unsere Kunden<br />
vitaminreiche Lebensmittel wie Äpfel,<br />
Orangen, Erdbeeren, Salate und<br />
Gemüse für Cent-Beträge einkaufen;<br />
und Obst und Gemüse sind immer<br />
reichlich vorhanden.<br />
Eiweißhaltige Lebensmittel wie Milch,<br />
Joghurt und Quark sind in den Regalen<br />
ebenso zu finden wie Vollkornbrot,<br />
das uns die Ballaststoffe liefert.<br />
Nun wäre es zu simpel, sich einfach zurückzulehnen<br />
und zu sagen: „Der Tafelkunde<br />
hat alles, was er für eine gesunde<br />
Ernährung braucht.“ Faktisch stimmt<br />
das! Jedes Produkt nebeneinander betrachtet<br />
hat seinen Nährwert. Aber oft<br />
ist dem Kunden der Umgang mit<br />
bestimmten Lebensmitteln gar nicht bekannt<br />
und auch nicht, wie eine vollwertige<br />
Mahlzeit mit schmalem Geldbeutel<br />
daraus hergestellt werden kann.
Was ist die Tafel?<br />
Ein Angebot für Menschen mit geringem Einkommen<br />
wie z.B. Kleinrentner, kinderreiche Familien, Allein -<br />
erziehende, Empfänger von Arbeitslosengeld I und II oder<br />
Grundsicherung etc..<br />
Was bietet die Tafel an?<br />
Einwandfreie Lebensmittel, die im regulären Handel nicht<br />
mehr verkauft werden wie Brot und Backwaren vom<br />
Vortag; Joghurt, Milch mit kurzer Haltbarkeit;<br />
nicht verkauftes Obst und Gemüse; falsch etikettierte<br />
oder überproduzierte Waren. Die Waren werden von<br />
ehren amtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
eingesammelt, vorbereitet und an die Kunden zu einem<br />
günstigen Preis abgegeben.<br />
Der Tafelkunde möchte zunächst<br />
einmal einfach satt werden.<br />
Um dem Kunden aber den Weg zu<br />
einer gesunden Ernährung aufzuzeigen,<br />
sind die Tafelmitarbeitenden bei der<br />
Auswahl der Lebensmittel behilflich und<br />
stehen mit Rat und Tat für die gesunde<br />
und ausgewogene Zubereitung zur<br />
Verfügung. Auch das eine oder andere<br />
Rezept wird an die Kunden weitergegeben.<br />
So lässt sich zumindest über die<br />
Ernährung bei Menschen mit geringem<br />
Einkommen ein „<strong>krank</strong>machender“<br />
Faktor begrenzen.<br />
Unsere Erfahrung zeigt, dass<br />
Tafelkunden mit wenig Geld<br />
im Portemonnaie eine Menge<br />
gesunder Lebensmittel einkaufen<br />
und mit guten Tipps auch gut<br />
verwerten können.<br />
www.tafel.de<br />
Wie arbeitet die Tafel?<br />
Mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />
Die Tafel unterliegt der Lebensmittelkontrolle.<br />
Wer sind die Spender und Sponsoren?<br />
Örtliche Händler und Discounter, Landwirte,<br />
Privatpersonen etc..<br />
Wo sind die Tafelstandorte?<br />
In Waldshut und Außenstelle Bonndorf, sowie in<br />
Bad Säckingen und Außenstelle Wehr.<br />
9
10<br />
Wahrnehmung der<br />
Bewegung<br />
Kinaesthetik<br />
Wir bleiben in Bewegung<br />
“ An Fasnacht haben<br />
wir noch getanzt, jetzt<br />
ist sie gestorben.<br />
”<br />
Mit leuchtenden Augen erzählt mir<br />
die Altenbetreuerin der Caritas-Sozialstation<br />
St. Martin in Bad Säckingen<br />
diese Begebenheit.<br />
Dabei kannte ich diese alte Frau und<br />
weiß, dass sie schon seit Monaten nur<br />
auf allen Vieren die Treppe in ihrem<br />
Bauernhaus hochkam. Ideenreichtum<br />
und der Erhalt der Beweglichkeit haben<br />
einen Rest Lebensfreude gesichert,<br />
wo ein Treppenlifter oder der Umbau<br />
der Wohnung unbezahlbar war.<br />
Die Sozialstationen der Caritas am<br />
<strong>Hochrhein</strong> treffen in ihrer täglichen<br />
Arbeit häufig auf Menschen, die ihr<br />
Alter und ihre oft chronischen, lang -<br />
wierigen Er<strong>krank</strong>ungen in die Einsamkeit<br />
gleiten lässt.<br />
Wenn es körperlich schwer fällt, die<br />
eigene Wohnung zu verlassen, wenn<br />
die Freunde und Verwandten im hohen<br />
Alter weniger werden und wenn die<br />
Scham zunimmt, sich als hilfsbedürftig<br />
zu outen, dann werden Sozialkontakte<br />
weniger.<br />
Sozialstationen im<br />
Spannungsfeld zwischen <strong>Armut</strong> und Krankheit<br />
Nicht jeder hat den Mut und auch die<br />
finanziellen Möglichkeiten, das eigene<br />
Leben lebenswert zu gestalten.<br />
Niedrige Renten, fehlende oder zu<br />
niedrige Einstufung der Pflegeversicherung<br />
(nicht jeder traut sich, einen<br />
Antrag zu stellen oder bei erhöhtem<br />
Bedarf seine Rechte einzufordern)<br />
verhindern dies manchmal.<br />
Krankengymnastik, Massagen, auch<br />
Reha-Maßnahmen werden häufig nicht<br />
von den Kassen übernommen.<br />
Hier haben die MitarbeiterInnen der<br />
Sozialstationen ein weites Betätigungsfeld,<br />
um die negativen Folgen von Alter,<br />
<strong>Armut</strong> und Krankheit einzudämmen.<br />
Neben der eigentlichen Arbeit, der Körperpflege<br />
und der medizinischen Versorgung<br />
der Patienten zuhause, ist die<br />
Beratung und Vermittlung anderer<br />
Hilfsangebote wie Essen auf Rädern,<br />
Tagespflege, Demenzgruppe, Hospizdienst,<br />
Angehörigen-Gesprächsgruppe<br />
oder Mittagstisch ein wichtiges Instrument.<br />
Wie kann ich mit kleinen Mitteln dem<br />
<strong>krank</strong>en Menschen die Möglichkeit<br />
geben, seinen Bewegungsspielraum und<br />
damit seine Lebensqualität zu erhalten?<br />
Seit Jahren wird Kinaesthetik als Werkzeug<br />
dazu angewandt.<br />
Text + Bild:<br />
Christoph Scheffler, c.scheffler@caritas-hochrhein.de [Zert. Anwender Kinaesthetics, Caritas <strong>Hochrhein</strong>]<br />
Gib einem Menschen sich<br />
selbst als Instrument zurück<br />
und er wird dich durch sein<br />
virtuoses Spiel verblüffen.<br />
In Rheinfelden lernt die alte Dame<br />
mit dem gebrochenen Oberarm, wie sie<br />
sich spiralig aus dem Sessel und dem<br />
Bett erheben kann, weil es parallel wie<br />
gewohnt nicht mehr geht. So kann sie<br />
in ihrer gewohnten Umgebung bleiben<br />
und es braucht nur kleine Veränderungen<br />
wie ein Kissen hier und den Stuhl<br />
zum Abstützen dort.<br />
Kinaesthetische Kompetenz und<br />
Kreativität ersetzen den teuren „stressless“-Sessel,<br />
den sie sich nicht leisten<br />
könnte.<br />
Über Jahre wird in der Caritas-Sozial -<br />
station in Bad Säckingen ein dementer<br />
Mensch vom Ehepartner liebevoll<br />
gepflegt. Immer wieder zeigt die Krankheit<br />
neue Gesichter und immer wieder<br />
wird der Ehepartner geschult, Bewegungen<br />
des Patienten zu erhalten und den<br />
Verlauf der unheilbaren Krankheit<br />
herauszuzögern. So kann der Patient<br />
bis zu seinem Tod zuhause sein und der<br />
Ehepartner vor Überlastung und<br />
körperlichen Schäden bewahrt werden.
Hingebungsvoll pflegt eine Mutter ihre<br />
erwachsene Tochter im Wachkoma.<br />
Die Schwestern der Caritas-Sozialstation<br />
St. Verena in Waldshut unterstützen<br />
sie dabei. Wie können wir unsere<br />
Hilfe gestalten, so, dass möglichst viel<br />
von der Mutter selbst getan werden<br />
kann, das Hilfsangebot dadurch bezahlbar<br />
bleibt, die Belastung erträglich ist<br />
und die Patientin zu Hause bleiben<br />
kann? Eine ständige Herausforderung.<br />
Geduldig <strong>macht</strong> der Pfleger in der<br />
Caritas-Sozialstation St. Blasien seine<br />
Gehübungen mit seiner depressiv<br />
verstimmten Patientin. Sie will oft nicht<br />
aus dem Bett, er schafft es meist doch,<br />
dass sie sich bewegt. Krankengymnastik<br />
wird ihr schon lange nicht mehr<br />
verschrieben. Bringt doch nichts, sagen<br />
manche … ???<br />
In der Caritas-Sozialstation Oberes<br />
Wutachtal haben die Kinaesthetiksgeschulten<br />
Fachkräfte am Bett der<br />
Patientin zwei Seile angebracht, am<br />
Kopf- und am Fußende. Dadurch kann<br />
sich die Patientin wieder selbst aufrichten.<br />
Das hat viele positive Effekte.<br />
Sie tut etwas für ihre Knochen und<br />
Muskeln, bleibt gelenkig, fördert<br />
Atmung und Verdauung. Ein ganzes<br />
Gesundheitsprogramm im Kleinen.<br />
Vor allem ist sie stolz, das noch zu können<br />
und es hebt ihr Selbstwertgefühl.<br />
So bleibt ihr Gesundheitszustand lange<br />
Zeit konstant. Eine Erleichterung für die<br />
Angehörigen, die noch einen zweiten<br />
Pflegebedürftigen im Haus haben.<br />
Die Familien, die sich um Pflege<br />
kümmern, sind hochengagierte aber oft<br />
auch labile Systeme:<br />
kann der Pflegebedürftige zuhause<br />
bleiben, reicht das Geld gerade noch<br />
aus, wenn er aber ins Heim muß, reicht<br />
die verbleibende Rente oft nicht mehr<br />
oder die gemeinsame Wohnung steht<br />
auf dem Spiel. Es geht dann plötzlich<br />
nicht nur um die Pflegesituation<br />
Wie gestalte ich ganz normale<br />
Bewegungen des Alltags wie<br />
Aufstehen, Gehen, Sitzen, Essen,<br />
Trinken etc. so, dass sie für meine<br />
Gesundheit nicht hinderlich, sondern<br />
förderlich sind?<br />
des einen, sondern um die Lebens- und<br />
Wohnsituation beider.<br />
Manchmal sind zwei Ehepartner pflegebedürftig<br />
und sie schaffen es mit Hilfe,<br />
sich gegenseitig so zu stützen, dass sie<br />
zuhause wohnen bleiben können.<br />
Die Caritas-Sozialstationen am <strong>Hochrhein</strong><br />
sind ihre Partner, die dort einspringen,<br />
wo es nötig ist, sich aber auch<br />
wieder zurücknehmen, wenn eigene<br />
Kräfte mobilisiert werden konnten.<br />
Das ist nicht immer einfach, enge zeit -<br />
liche Korridore und die Notwendigkeit<br />
der Wirtschaftlichkeit sind ja ständig<br />
präsent, und es ist eine hohe tägliche<br />
Kunst, dabei kreativ und den Menschen<br />
zugewandt zu bleiben.<br />
Dass die MitarbeiterInnen der Sozial -<br />
stationen darüber hinaus privat vieles<br />
tun, um die Folgen von Alter, Krankheit<br />
und <strong>Armut</strong> in ihrem Umfeld zu lindern,<br />
ist sicher kein Zufall, sondern ein Indiz,<br />
dass der Organismus Sozialstation lebt<br />
und viele lebendige Glieder hat.<br />
Da werden nicht nur im Namen der<br />
Caritas und während der Arbeitszeit<br />
Caritas-plus Leistungen erbracht,<br />
sondern darüber hinaus auch ganz<br />
persönliche „Robin-Hood-Taten“.<br />
So denke ich schmunzelnd an den Sohn<br />
einer dementen Frau. Er ist Hartz IV-<br />
Empfänger und sein Geld reichte ihm<br />
deswegen meist aus, weil er mit seiner<br />
pflegebedürftigen Mutter zusammen<br />
wohnte und sie pflegte. Er konnte<br />
leckere Kuchen backen, nur fehlte es<br />
manchmal am nötigen Kleingeld für die<br />
Zutaten. So hat er dann immer mal<br />
wieder einen von uns MitarbeiterInnen<br />
von St. Martin „angepumpt“, hat 20<br />
Euro am 15. des Monats geliehen und<br />
am 30. zurückgezahlt, um sie sich dann<br />
vom nächsten wieder zu leihen.<br />
Kinaesthetik ist eine Bewegungslehre,<br />
die seit Mitte der 1980er Jahre<br />
in Kursen für Pflegende unterrichtet<br />
wird.<br />
Es geht um die gleichzeitige Gesundheitsentwicklung<br />
von Patienten und<br />
Pflegepersonal. Inzwischen ist sie Unterrichtsfach<br />
an Pflegeschulen.<br />
11<br />
Das kam erst mit der Zeit heraus, weil<br />
keiner davon gesprochen hat, hat aber<br />
gut funktioniert und keinem wirklich<br />
weh getan. Man kann bei solchen<br />
Dingen geteilter Meinung sein –<br />
aber letztlich ist es doch in aller erster<br />
Linie Ausdruck der wertschätzenden,<br />
persönlichen und individuellen Zuwendung<br />
zu jedem einzelnen Menschen.<br />
Dass Kinaesthetiks, von den Caritas-<br />
Sozialstationen als Gesundheitsprogramm<br />
für die Mitarbeiter eingeführt,<br />
gleichzeitig und in gleichem Maß den<br />
Patienten zugute kommt, ist neudeutsch<br />
gesagt eine „win-win“ Situation,<br />
die wir dringend gebrauchen können,<br />
um kostengünstig Lebensqualität zu<br />
erreichen – auch für Menschen die<br />
gerade nicht auf der klassischen Sonnenseite<br />
des Lebens stehen. Menschen<br />
in solchen Lebenssituationen wird es<br />
aufgrund der demografischen Entwicklung<br />
zunehmend mehr geben;<br />
die Schere zwischen arm und reich<br />
wird sich weiter öffnen.<br />
Die junge, querschnittsgelähmte<br />
Rollstuhlfahrerin sagte nach dem Kinobesuch,<br />
bei dem wir sie mittels<br />
„Knietransfer“ (auch so ein kinaesthe -<br />
tischer „Kniff“) auf einen Kinosessel<br />
gesetzt hatten:<br />
“<br />
Das Schönste war,<br />
zwei Stunden normal<br />
zu sein!<br />
”<br />
Es gibt auch spezielle<br />
Angebote für pflegende Angehörige,<br />
für Bewegung mit Kindern (infant<br />
handling) und für jedermann (Abia).<br />
Bei den Caritas-Sozialstationen<br />
am <strong>Hochrhein</strong> werden seit 2005 die<br />
Mitarbeiter/innen systematisch<br />
geschult, 2010 erhielten sie Deutschland<br />
– weit als erste hierfür eine<br />
Auszeichnung.
<strong>12</strong> <strong>Armut</strong><br />
<strong>macht</strong><br />
<strong>krank</strong> –<br />
Krankheit<br />
<strong>macht</strong><br />
arm<br />
Aus der Sicht des<br />
ambulant betreuten<br />
Einzelwohnens der<br />
Gemeindepsychiatrie<br />
Gelingt es Ihnen mit 20 – 25 g<br />
eine Woche lang auszukommen?<br />
Mir gelingt es nicht.<br />
Frau H. (60) schon. Sie hat keine andere<br />
Wahl. Aber sie kennt auch andere<br />
Zeiten. Vor ihrer Er<strong>krank</strong>ung.<br />
Damals, als sie noch berufstätig war.<br />
Dass sie in Deutschland nicht mehr in<br />
ihrem Beruf als Lehrerin arbeiten<br />
konnte, war schwer, aber verkraftbar.<br />
Ihr Berufsabschluss in Kasachstan ist hier<br />
nicht anerkannt. Eine Anstellung in<br />
einem metallverarbeitenden Betrieb<br />
verhalf ihr zu so viel Lohn, um zufrieden<br />
sein zu können.<br />
Es hat gereicht für die Miete der kleinen<br />
2-Zimmerwohnung, für die alltäg lichen<br />
Dinge des Lebens und manchmal habe<br />
sie sich auch etwas gönnen können.<br />
Dinge, die nicht unbedingt notwendig<br />
sind, aber das Leben leichter machen.<br />
Stolz öffnet Frau H. ihren Kleiderschrank<br />
und zeigt auf ein Dutzend Paar<br />
Hosen, alle akkurat auf je einem Bügel<br />
gefaltet, als hätte einer mit einem Lineal<br />
nachgezogen. Leider passen sie alle<br />
nicht mehr. Durch die Medikamente,<br />
ohne die es nicht geht, hat sie zugenommen.<br />
Heute braucht sie zwei Konfektions -<br />
größen weiter – davon hat sie genau<br />
zwei Hosen. Die müssen noch lange<br />
halten, müssen geschont werden.<br />
Wie vieles andere im Haushalt auch.<br />
Hoffentlich hält der Wasserkocher noch<br />
lange durch oder die Waschmaschine<br />
oder der Herd. Der Backofen ist schon<br />
lange nicht mehr in Betrieb.<br />
Nicht, dass er kaputt wäre. Zu teuer,<br />
meint Frau H.. Früher habe sie gern<br />
gebacken. Und ihr kommen die Tränen<br />
bei den Erinnerungen.<br />
Sie habe bis vor fünf Jahren ihre Mutter,<br />
über 90-jährig, bis zu deren Tode<br />
gepflegt. Arbeit, Pflege, dann der Tod<br />
der Mutter – das war irgendwann zuviel<br />
– zuviel für die Seele. Wunderlich sei sie<br />
geworden, habe keine Kontakte mehr<br />
gepflegt, habe sich zurückgezogen,<br />
auch von ihren Verwandten, die in der<br />
Gemeinde wohnen.<br />
Text:<br />
Ilona Würth-Keller, i.wuerth-keller@caritas-hochrhein.de [Mitarbeiterin Caritas Gemeindepsychiatrie]<br />
Diese seien ratlos gewesen, hätten nicht<br />
gewusst, was mit ihr los sei. Als sie eines<br />
Tages ihren Hausrat aus dem Fenster<br />
geworfen habe, sei sie in die Klinik<br />
gekommen.<br />
Frau H. schämt sich heute noch wegen<br />
dieser Aktion, an die sie sich kaum<br />
erinnern kann. Gardinen, Bettwäsche,<br />
Geschirr sind dabei ver loren oder<br />
kaputt gegangen. Frau H. trauert diesen<br />
Dingen hinterher. Heute wäre sie froh,<br />
wenn sie sie noch besitzen würde.<br />
Mit der Krankheit kam der Verlust<br />
der Arbeitsstelle. Und damit auch die<br />
Geldnot. Die Wohnung ist im Verhältnis<br />
zu dem, was Frau H. finanziell zur<br />
Ver fügung hat, einfach zu teuer. Einen<br />
Umzug kann sie sich nicht vorstellen.<br />
Die jetzige Wohnung ist in der Nähe<br />
ihres Neffen und fußläufig zu Arzt und<br />
Einkaufsmöglichkeiten. Solche Gänge<br />
schafft Frau H. nicht immer. Da ist sie<br />
froh, wenn sie zum Einkauf und zum<br />
Arzt begleitet wird. Manchmal fehlt ihr<br />
einfach die Kraft.
Wie unternehmungslustig und<br />
leistungsfähig sie in jungen Jahren war.<br />
Verschlechtern will sich Frau H. nicht<br />
auch noch bei der Wohnung. Sie ist für<br />
sie das Stück Geborgenheit, das ihr<br />
geblieben ist. Und wer weiß, was die<br />
Zukunft bringt?<br />
Seit Frau H. vom <strong>Caritasverband</strong> <strong>Hochrhein</strong><br />
e.V. im Rahmen des Betreuten<br />
Einzelwohnens regelmäßig besucht wird<br />
und sie sich merklich stabilisiert hat,<br />
wird sie wieder öfters zu Familienzusammenkünften<br />
eingeladen. Ein Höhepunkt<br />
im gleichförmigen Alltag, worauf<br />
sie sich freut.<br />
Und doch dämpft es ihre Vorfreude,<br />
weil sie wieder nur mit einer Kleinigkeit<br />
als Geschenk aufwarten kann.<br />
Das beschämt sie. Vielleicht gehe ich<br />
doch nicht hin, meint Frau H..<br />
Auch mit einer Gegeneinladung kann<br />
sie sich nicht erkenntlich zeigen.<br />
Die Familie ist groß, der Hunger der<br />
Neffen und Nichten auch – das übersteigt<br />
ihr Budget.<br />
Frau H. leidet unter dieser Situation,<br />
ihre Gedanken kreisen um das Thema<br />
Geld, sie fühlt sich ohnmächtig.<br />
Sich ein zusätzliches Taschengeld zur<br />
EU-Rente dazu zu verdienen, traut sie<br />
sich nicht zu. Die Krankheit melde sich<br />
sofort, wenn sie sich belastet fühle.<br />
Der Tag ohne Beschäftigung ist lang.<br />
Nach drei Jahren kontinuierlicher<br />
Betreuung und ständigem Zuspruch<br />
wagt Frau H. den Besuch eines Frauenund<br />
Seniorenkreises der evangelischen<br />
Kirchen gemeinde.<br />
Nach anfänglicher Unsicherheit fühlt sie<br />
sich dort wohl. Nur die Spendenbox für<br />
den gestifteten Kuchen lässt sie wieder<br />
ins Grübeln kommen.<br />
Einen Euro rein zu werfen findet sie zu<br />
wenig, mehr geht aber nicht. Und sofort<br />
sind wieder die Gedanken da, die<br />
Besuche dort deswegen einzustellen.<br />
Es braucht viel Ermutigung, dass Frau H.<br />
das Angebot weiterhin in Anspruch<br />
nimmt.<br />
Die Verbesserung der Lebensqualität<br />
vollzieht sich im Kleinen. Ein Geldsegen<br />
ist für Frau H. nicht zu erwarten.<br />
Sämtliche behördlichen Möglichkeiten<br />
und staatlichen Hilfen sind ausgeschöpft.<br />
Einmalige Beihilfen über<br />
verschiedenste Stiftungen sind bereits<br />
bemüht worden.<br />
Über einen Antrag auf Übernahme<br />
der Wohnungsnebenkosten bei der<br />
Stiftung des Bundes präsidenten ist<br />
bereits einmalig positiv entschieden<br />
worden. Das Grund problem bleibt.<br />
Im ambulant betreuten Wohnen werden<br />
Menschen begleitet, die an einer chronischen<br />
psychischen Er<strong>krank</strong>ung leiden.<br />
Es handelt sich um ein Angebot, welches im<br />
Rahmen der gemeindepsychiatrischen Versorgung<br />
vom Landkreis Waldshut unterstützt wird.<br />
„<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“ heißt das dies -<br />
jährige Caritas-Motto. Mit Blick auf<br />
unsere Klienten – psychisch er<strong>krank</strong>te<br />
Menschen – kann ich aus den<br />
verschiedensten Begegnungen mit<br />
ihnen und ihren Lebenssituationen<br />
sagen, dass Krankheit arm <strong>macht</strong>.<br />
<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> einsam und Einsamkeit<br />
<strong>macht</strong> noch kränker.<br />
Ein wichtiger Beitrag unserer Arbeit ist,<br />
diesen Teufelskreis zu durchbrechen<br />
und dahin zu wirken, dass die betroffenen<br />
Menschen aus ihrer Einsamkeit<br />
heraus kommen, um wieder am<br />
gesellschaftlichen Leben teilhaben zu<br />
können. Dieses Bemühen allein reicht<br />
aber nicht aus. Auch unsere Gesellschaft,<br />
leistungs- und geldorientiert,<br />
hat eine Bringschuld.<br />
Das ist unsere Aufgabe –<br />
eine Aufgabe von uns allen.<br />
13
14<br />
<strong>Armut</strong> und Krankheit<br />
Unser inzwischen einjähriges Projekt<br />
„Baumhaus“, Kinder psychisch er<strong>krank</strong>ter<br />
Menschen, möchte sich hier etwas<br />
launig vorstellen, da „unsere“ Kinder in<br />
der Regel weder Lust auf <strong>Armut</strong>, noch<br />
auf Krankheit haben. Sie wollen Spaß,<br />
Ablenkung vom Alltag, neue Freunde<br />
und Freundinnen kennenlernen und<br />
gute Gefühle erleben.<br />
Genau da setzt das „Baumhaus“ an mit<br />
seinen Angeboten zwischen Spielen,<br />
Aktivitäten in der Natur, Ausflügen,<br />
Gesprächen über Bücher, Gesprächen<br />
über Vertrauen und Zutrauen.<br />
Auf ganz natürliche und unkomplizierte<br />
Weise werden die Themen im Hintergrund,<br />
wie die Er<strong>krank</strong>ung der Eltern<br />
und vielleicht auch die fehlenden finanziellen<br />
Mitteln in so mancher Familie,<br />
aufgegriffen. Denn beim psychisch<br />
er<strong>krank</strong>ten Klientel ist eines gewiss:<br />
Die psychische Er<strong>krank</strong>ung hat bei dem<br />
Einen oder Anderen zur <strong>Armut</strong> geführt,<br />
unter anderem auch durch das Fehlen<br />
einer beruflichen Einbindung in Verbindung<br />
mit einer finanziellen Abhängigkeit<br />
durch Renten oder staatlichen<br />
Hilfen.<br />
Text:<br />
Petra Thyen, p.thyen@caritas-hochrhein.de [Mitarbeiterin Caritas Gemeindepsychiatrie]<br />
Wie steht es damit<br />
im Baumhaus?<br />
Und da fängt der Teufelskreis an:<br />
Durch die fehlenden finanziellen Mittel<br />
ist sowohl die Teilnahme am gesellschaftlichen<br />
Leben als auch die Bezahlung<br />
von gesundheitsfördernden<br />
Maßnahmen gefährdet. Es sind allerdings<br />
nicht alle Familien von <strong>Armut</strong><br />
betroffen.<br />
Und die Kinder?<br />
Auch bei ihnen zeigt sich das so<br />
genannte „fehlende Kleingeld“ der<br />
Eltern. Gerade Jugendliche, die durch<br />
schulische und Freizeit-Bezüge die<br />
Möglichkeit zum Vergleich mit anderen<br />
Gleichaltrigen haben, leiden durchaus<br />
darunter, dass sich die Eltern nicht<br />
die gewünschten Markenartikel bei<br />
Kleidung, den neuesten I-Pod oder<br />
diverse Wochenendausflüge leisten<br />
können.<br />
Aber ganz so pessimistisch möchten<br />
wir vom „Baumhaus“ die Situation der<br />
Kinder nicht sehen.
Es bestehen viele Ressourcen,<br />
die angezapft werden können,<br />
wie einige Aussagen von Kindern<br />
deutlich machen können:<br />
Die Namen sind aus datenschutzrecht lichen<br />
Gründen von der Redaktion geändert.<br />
Und ich bin die Steffi.<br />
Meine Mutter und ich leben schon lange getrennt voneinander<br />
weil sie depressiv ist und ich deswegen zum Teil in einer Pflege -<br />
familie aufgewachsen bin. Aber ich habe immer noch ganz schön<br />
viel Kontakt zu ihr, wir sehen uns manchmal wöchentlich.<br />
Demnächst habe ich vielleicht nicht mehr so viel Zeit, weil ich eine<br />
Ausbildung mache. Manchmal habe ich Angst, dass ich auch so<br />
eine Krankheit wie meine Mutter bekomme. Meine Betreuer<br />
sagen dann zu mir, dass ich sicherlich nicht so werde wie meine<br />
Mutter, weil ich ganz andere Charakterzüge habe.<br />
Das beruhigt mich dann immer.<br />
Baumhaus: ein Projekt, das an den<br />
Stärken der Kinder und Jugendlichen<br />
ansetzt. Es wird nicht dramatisiert,<br />
nicht bemitleidet. Die Kinder haben<br />
die Gelegenheit, sich in einer kleinen<br />
Gruppe zu erleben und auszuprobieren.<br />
Sie erfahren, dass die Er<strong>krank</strong>ung der<br />
Eltern nicht ihre Schuld ist.<br />
Guten Tag.<br />
Darf ich mich vorstellen?<br />
Mein Name ist Thomas. Meine Mutter hat eine bipolare<br />
Störung. Inzwischen weiß ich auch, was das ist. Jahrelang war<br />
das für mich komisch, da meine Mutter plötzlich immer<br />
so seltsam wurde, mir und meinen Geschwistern so fremd.<br />
Sie war dann immer ziemlich lange in der Klinik.<br />
Aber mein Vater und die anderen Verwandten waren in diesen<br />
Zeiten immer für uns da. Und wenn sie dann aus der Klinik<br />
zurückkam, haben wir immer alle zusammen geholfen,<br />
dass ihr die Rückkehr erleichtert wird. Inzwischen muss ich<br />
mich auch um mich selbst und meine Zukunft kümmern,<br />
da ich das Abitur ge<strong>macht</strong> habe und auf einen Studienplatz<br />
warte. Aber natürlich werde ich den Kontakt zu meiner Familie<br />
und meiner Mutter halten.<br />
Die Verantwortung, die sie zum Teil<br />
schon als junger Mensch tragen,<br />
kann an andere Gruppenmitglieder und<br />
die Gruppenleiterin abgegeben werden.<br />
Das gibt ihnen das Gefühl, so sein zu<br />
dürfen wie sie sind. Eben ganz normale<br />
Kinder, vielleicht in einer etwas besonderen<br />
Lebenssituation.<br />
15<br />
Wir heißen Phips und Stefan und leben mit unserer<br />
Mutter zusammen. Unser Vater hat eine andere Frau gefunden.<br />
Mama sagt, sie habe eine posttraumatische Belastungsstörung,<br />
aber so genau wissen wir das nicht. Eigentlich interessieren wir<br />
uns auch nicht dafür, denn wir sind ziemlich beschäftigt mit Schule<br />
und so. Außerdem spielen wir Fußball und gehen in den Turnverein.<br />
Die Mama hilft bei den Vereinen auch immer wieder mit und geht<br />
auch (leider) immer zu allen Elternabenden in der Schule.<br />
Wir glauben, dass ihre Ärzte und Therapeutinnen ihr helfen,<br />
dass sie das so gut hinbekommt.<br />
Das Baumhaus ist ein Projekt, welches von zahl -<br />
reichen Spendern und zwischenzeitlich auch<br />
von der „Aktion Mensch“ unterstützt wird.<br />
Entstanden ist es aus einer Initiative des Sozial -<br />
psychiatrischen Dienstes.<br />
Und Krankheit und <strong>Armut</strong>?<br />
Die werden für ein paar Stunden dort<br />
gelassen, wo man sie begleitet und<br />
auch ab und zu vergessen kann: in der<br />
Atmosphäre von Angenommensein<br />
und Sich-geborgen-Fühlen in einer<br />
unserer Baumhausgruppen.
16<br />
Gesprächsrunden sind bei den<br />
Besuchern der Tagesstätte sehr beliebt.<br />
So bildet die thematische Auseinandersetzung<br />
mit wichtigen Themen, die<br />
eigene Lebenssituation betreffend, die<br />
Möglichkeit zum besseren Umgang mit<br />
der eigenen Lebenssituation. Es werden<br />
dabei Probleme erkannt und benannt,<br />
um so einen konstruktiven Umgang<br />
und Lösungswege zu finden.<br />
Die letzten Gesprächsrunden beschäftigten<br />
sich z. B. mit der Frage „Was hält<br />
mich gesund?“ oder mit dem Thema<br />
„Umgang mit Ängsten“.<br />
<strong>Armut</strong> bezeichnet – lt. Wikipedia –<br />
„in erster Linie einen Mangel an lebenswichtigen<br />
Gütern, z. B. Nahrung,<br />
Obdach, Kleidung. Im weiteren und<br />
übertragenen Sinne jedoch allgemein<br />
einen Mangel.“<br />
So kann <strong>Armut</strong> z. B. auch ein Mangel<br />
an der Gelegenheit zu sozialen Kontakten<br />
oder ein Mangel an eigenen Fähigkeiten,<br />
eigenen Perspektiven sein.<br />
Worunter leiden die Besucher<br />
der Tagesstätte St. Kolumban?<br />
Halten sie sich für arm?<br />
Es kamen dabei überraschende Aussagen,<br />
die deutlich <strong>macht</strong>en, dass bei psychisch<br />
er<strong>krank</strong>ten Menschen nicht nur<br />
die existenziellen Nöte im Vordergrund<br />
stehen, sondern hoher Leidensdruck im<br />
weiteren Sinne vorhanden ist.<br />
Gesprächsrunde<br />
In der Tagesstätte St. Kolumban für psychisch<br />
er<strong>krank</strong>te Menschen fand im Rahmen des aktuellen<br />
Programms am Donnerstag, den 08.03.20<strong>12</strong> eine<br />
Gesprächsrunde zum Thema „<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“<br />
statt.<br />
So benannte ein Tagesstättenbesucher:<br />
„Ich leide darunter, mich im sozialen<br />
Kontakt nicht ausdrücken zu können.<br />
Ich kann mich kaum an Gesprächen beteiligen,<br />
schäme mich und fühle mich<br />
dumm…“<br />
“ Ich habe aufgrund meiner<br />
Er<strong>krank</strong>ung keinerlei<br />
berufliche Perspektive<br />
”<br />
„Ich leide darunter, nicht die Freiheit<br />
zu haben, mich für alle Möglichkeiten<br />
entscheiden zu können. Aufgrund<br />
meiner Er<strong>krank</strong>ung kann ich nicht<br />
arbeiten!“<br />
„Ich bin arbeitsunfähig, habe viel Zeit,<br />
jedoch wenig Geld, um am kulturellen<br />
Leben teilnehmen zu können.“<br />
Text + Bild:<br />
Karin Ebner, k.ebner@caritas-hochrhein.de [Mitarbeiterin Tagesstätte St. Kolumban]<br />
Teilnehmer der Gesprächsrunde<br />
„Ich leide darunter keine Anerkennung<br />
zu bekommen, keine Ansprache,<br />
keine Zuwendung.“<br />
Ein Teilnehmer der Runde betonte:<br />
„Es gibt Monate, da habe ich kaum<br />
Geld fürs Essen.“<br />
Erörtert wurde ebenso der Aspekt<br />
von Gesellschaft und Kultur zu dieser<br />
Thematik. „Der Wandel in unserer Gesellschaft<br />
– mehr Druck im Arbeitsleben,<br />
alles wird komplizierter, hoher<br />
Bürokratismus – <strong>macht</strong> mich <strong>krank</strong>“,<br />
so ein Tagesstättenbesucher.<br />
„Leistungsgesellschaft auf höchstem<br />
Niveau <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>.“ Jedoch auch:<br />
“In Deutschland geht es uns verhältnismäßig<br />
gut.“ oder „Gesundheit ist<br />
wichtiger als Reichtum.“
Wie gehen die Besucher der<br />
Tagesstätte St. Kolumban mit<br />
ihrer Lebenssituation um?<br />
Was tun sie für eine Verbesserung<br />
der Lebenssituation?<br />
„Ich haushalte gut und kaufe Kleidung<br />
nur secondhand, beim Kleiderlager der<br />
Caritas oder beim DRK.“<br />
“ Ich nutze unseren<br />
Mitnahmetisch in der<br />
Tagesstätte<br />
”<br />
„Ich gehe bewusst mit Essen und<br />
Trinken um.“<br />
„Ich habe mir ein Sparkässchen angelegt.“<br />
„Ich gebe nicht auf und gehe immer<br />
wieder aus dem Haus, auch wenn es mir<br />
aufgrund meiner Er<strong>krank</strong>ung schwer<br />
fällt.“<br />
„Ich bewerbe mich um einen Minijob.<br />
Die Betreuer in der Tagesstätte helfen<br />
mir dabei.“<br />
„Ich zeige mich gegenüber meinem<br />
Nächsten solidarisch. Durch die Tagesstätte<br />
kenne ich einige ebenso von<br />
Krankheit betroffene Menschen.<br />
Wir helfen uns gegenseitig bei kleineren<br />
Erledigungen oder Umzügen.<br />
Ich erfahre Hilfe und kann auch anderen<br />
helfen. Das <strong>macht</strong> mich stolz!“<br />
Die Tagesstätte St. Kolumban in WT-Tiengen<br />
feierte in diesem Jahr ihr 10-jähriges Bestehen.<br />
Sie versteht sich als offenes Angebot für psychisch<br />
er<strong>krank</strong>te Menschen und wird vom Landkreis<br />
Waldshut gefördert.<br />
„<br />
17<br />
„Ich habe mich seit meiner Er<strong>krank</strong>ung<br />
verändert. Ich nehme jetzt verändert<br />
wahr, wie es meinem Nächsten geht.<br />
Ich bin froh, um jede Anerkennung und<br />
gehe selbst behutsamer mit meinem<br />
Nächsten um.“<br />
„Ich lerne meine persönlichen Ressourcen<br />
zu nutzen. Die Tagesstätte hilft mir<br />
dabei, trotz meiner Er<strong>krank</strong>ung, meine<br />
Stärken zu sehen und weiterentwickeln<br />
zu können.“
18<br />
Die Soziotherapie<br />
ein Angebot zur seelischen Gesundheit<br />
Soziotherapie ist eine Leistung der<br />
Krankenkasse, die Menschen mit einer<br />
schweren psychischen Er<strong>krank</strong>ung darin<br />
unterstützen soll, ärztliche und ärztlich<br />
verordnete Maßnahmen in Anspruch zu<br />
nehmen, damit eine stationäre Behandlung<br />
verkürzt oder sogar vermieden<br />
werden kann.<br />
Bei diesen Menschen liegen Er<strong>krank</strong>ungen<br />
aus dem affektiven und schizophrenen<br />
Formenkreis vor, die oft mit einer<br />
Reduzierung des Antriebes, der Ausdauer<br />
und mangelnder Belastbarkeit<br />
einhergehen. Der Bezug zur Realität<br />
kann gestört und kognitive Fähigkeiten<br />
wie Konzentration, Merkfähigkeit und<br />
problemlösendes Denken beeinträchtigt<br />
sein.<br />
Es fehlt oft an lebenspraktischer<br />
Kompetenz und das Kontakt- und<br />
Kommunikationsverhalten ist verändert.<br />
Hinzu kommt meist eine unzureichende<br />
Wahrnehmung für die eigene Er<strong>krank</strong>ung.<br />
Die soziotherapeutische Hilfestellung<br />
liegt also in der Motivation des psychisch<br />
er<strong>krank</strong>ten Menschen sich trotz<br />
seiner vielfältigen Einschränkungen und<br />
mangelnder Krankheitswahrnehmung in<br />
ärztliche Behandlung zu begeben und<br />
ärztliche Leistungen zu akzeptieren.<br />
Sie beinhaltet die Begleitung des<br />
Er<strong>krank</strong>ten zu regelmäßigen Arzt -<br />
besuchen und die Sicherstellung der<br />
medikamentösen Behandlung.<br />
Wenn nun bei diesen Menschen die<br />
finanziellen Mittel gering sind, ist die<br />
Hürde ärztliche Leistungen in Anspruch<br />
zu nehmen wesentlich erhöht.<br />
Text:<br />
Martina Preuß-Riegraf, m.preuss-riegraf@caritas-hochrhein.de [Mitarbeiterin Caritas Gemeindepsychiatrie]<br />
Was bedeutet <strong>Armut</strong><br />
für psychisch belastete<br />
Menschen und insbesondere<br />
für Personen,<br />
denen wir im Rahmen<br />
der ambulanten psy chi a -<br />
trischen Versorgung<br />
soziotherapeutische<br />
Hilfestellung anbieten?<br />
Es werden Praxisgebühren verlangt,<br />
ebenso Zuzahlungen für Arzneimittel<br />
und ärztlich verordnete Leistungen<br />
(z. B. Ergotherapie, Soziotherapie(!))<br />
und es entstehen Fahrtkosten.<br />
Durch den Mangel an Fachärzten in<br />
einer eher ländlich strukturierten<br />
Region können hierbei lange Anfahrtswege,<br />
lange Wartezeiten und deshalb<br />
weitere Kosten entstehen.<br />
<strong>Armut</strong> kann somit den Krankheitsverlauf<br />
beziehungsweise den Genesungsprozess<br />
beeinflussen.
Krankheit <strong>macht</strong> arm.<br />
Psychisch er<strong>krank</strong>te Menschen sind aufgrund<br />
ihrer <strong>krank</strong>heitsbedingten Symptomatik<br />
oft in ihren Alltagsfähigkeiten<br />
und Fertigkeiten eingeschränkt. Sie sind<br />
wenig initiativ, haben kaum soziale Kontakte<br />
und es fehlt ihnen an einer sinnstiftenden<br />
Tagesstruktur.<br />
Neben der <strong>Armut</strong> an finanziellen<br />
Mitteln <strong>macht</strong> eine schwere psychische<br />
Er<strong>krank</strong>ung somit auch arm an Möglichkeiten,<br />
in der Gemeinschaft zu leben<br />
und daran teilzuhaben.<br />
Soziotherapie unterstützt die betroffenen<br />
Menschen durch strukturierte<br />
Trainingsmaßnahmen und hilft beim<br />
Abbau psychosozialer Einschränkungen.<br />
Dies gelingt durch praktische Übungen<br />
zur Verbesserung von Motivation und<br />
Ausdauer, Informationen über die Er<strong>krank</strong>ung<br />
und das Fördern der Krankheitswahrnehmung,<br />
durch den Aufbau<br />
einer geregelten, individuellen Tagesstruktur,<br />
durch Unterstützung bei den<br />
täglich wiederkehrenden Tätigkeiten,<br />
durch mögliche Hilfestellung bei der<br />
Suche nach einer geeigneten Arbeit<br />
oder Beschäftigungsmöglichkeit, durch<br />
den Erhalt oder Aufbau eines tragenden<br />
sozialen Netzwerkes, durch<br />
Anleitung und Unterstützung bei der<br />
Verwirklichung von Freizeitaktivitäten<br />
und das Heranführen an Angebote<br />
komplementärer Einrichtungen.<br />
Die Soziotherapie ist eine Leistung der Krankenkassen<br />
(§37a SGB V). Sie kann von nieder -<br />
gelassenen Fachärzten verschrieben und von<br />
den Mitarbeitenden des Sozialpsychiatrischen<br />
Dienstes erbracht werden.<br />
19<br />
Sie gibt zudem Hilfestellung bei<br />
der Bewältigung von Krisen und der<br />
Erarbeitung und Anwendung von<br />
Konfliktlösungsstrategien.<br />
Soziotherapie beinhaltet neben aktiver<br />
Hilfe und Begleitung des psychisch<br />
Er<strong>krank</strong>ten seine Selbstbefähigung<br />
und die An-reich-erung seiner Möglichkeiten.<br />
Den Gesundheitszustand des psychisch<br />
er<strong>krank</strong>ten Menschen zu stabilisieren<br />
und die Teilhabe am Leben in der<br />
Gesellschaft zu ermöglichen bleiben<br />
grundsätzliche Ziele der Soziotherapie,<br />
denn:<br />
Jeder verdient Gesundheit!
20<br />
Aktion gegen Bewegungsarmut<br />
Wir, die Schule für Er -<br />
ziehungshilfe St. Fridolin<br />
nahmen das Thema<br />
„Bewegungsarmut“<br />
einmal genauer unter<br />
die Lupe.<br />
Bewiesen ist, dass Bewegungsmangel<br />
zu unterschiedlichen Defiziten, wie<br />
Gewichtszunahme, Verschlechterung<br />
der koordinativen Fähigkeiten oder<br />
Abbau von Muskulatur führt. Dem gilt<br />
es natürlich entgegen zu wirken.<br />
Am Freitag, den 09.03.20<strong>12</strong> war es dann<br />
soweit. Die Aktion gegen Bewegungsarmut<br />
wurde verkündet. Wir versammelten<br />
uns in der Pausenhalle und Robby<br />
Wedler (stellvertretender Schulleiter)<br />
sprach von einem „Experiment“, das<br />
kommende Woche stattfinden sollte.<br />
Die Schüler waren gespannt.<br />
Herr Wedler führte fort: „Da einige<br />
unserer Schüler manchmal ziemlich<br />
„laschi“ in die Schule spazieren, werden<br />
wir Dienstag bis Freitag 8 Uhr morgens<br />
alle zusammen einen Waldlauf machen.<br />
Danach könnt ihr euren Lehrern<br />
beschreiben, wie ihr euch während und<br />
nach dem Lauf gefühlt habt!“<br />
Gesagt, getan: am 13.03.20<strong>12</strong> startete<br />
unsere Aktion gegen Bewegungsarmut.<br />
Es folgen nun die Rückmeldungen<br />
unserer Schüler.<br />
Zuerst die Contra-<br />
Rückmeldungen:<br />
Daniel (Klasse 5):<br />
„Jetzt kann ich nichts machen, jetzt bin<br />
ich kaputt! Ich bin völlig übermüdet.<br />
Wie soll ich jetzt arbeiten?“.<br />
Am darauf folgenden Tag der gleiche<br />
Schüler: „Ich will Unterricht machen,<br />
nicht im Wald laufen!“<br />
Sascha (Klasse 6):<br />
„Irgendwann muss man das ja machen.“<br />
Text:<br />
Bianca Munk, info@projuve-cjh.de [Mitarbeiterin pro juve Caritas Jugendhilfe <strong>Hochrhein</strong> gemeinnützige GmbH]<br />
Mirko (Klasse 7):<br />
„Es war langweilig, wie als ob ich Mathe<br />
machen würde. Wenn wir etwas später<br />
gegangen wären und ein etwas besseren<br />
Weg genommen hätten, hätte ich es<br />
besser gefunden.“<br />
Kai (Klasse 7):<br />
„Ich fand es schlecht jeden Morgen in<br />
den Wald zu gehen, total unsinnig und<br />
es hat auch nichts mit dem Lehrstoff zu<br />
tun!“<br />
Niclas (Klasse 9) meinte folgendes über die<br />
Bewegungsaktion:<br />
„Total unnötig. Ich lauf schon zur<br />
Schule. Das einzige Positive war es,<br />
keine Schule zu haben.“<br />
Laura (Klasse 9):<br />
„Mir geht’s auf die Nerven.<br />
Aber eigentlich ist es ganz ok!“<br />
Schön zu sehen war, dass es neben<br />
einem kleinen Teil negativer Rückmeldungen<br />
auch sehr viele positive<br />
gab.
Eine Pro-Rückmeldung kam von Franyo<br />
(Klasse 2):<br />
„Ich fand es toll. Vor allem, dass wir mit<br />
Stöcken laufen konnten. Ich hätte aber<br />
auch gern die Sachen im Wald angeschaut.“<br />
Ivan (Klasse 2):<br />
„Ich fand es toll, dass wir an dem<br />
Bauernhof vorbei gelaufen sind und die<br />
Hühner anschauen durften!“<br />
Ein weiteres positives Statement kam von<br />
Justin (Klasse 2):<br />
„Hatte weniger Stress am Morgen!“<br />
Isa (Klasse 4):<br />
„Morgens an der frischen Luft zu laufen,<br />
ist für mich wie Freiheit.“<br />
Diese Rückmeldung ist von Jakub (Klasse 3):<br />
„Ich freue mich einfach, wenn ich<br />
draußen bin. Ich glaube das Arbeiten fiel<br />
mir danach leichter.“<br />
Pascal (Klasse 3):<br />
„Mir <strong>macht</strong> es Spaß, denn man bewegt<br />
sich und kann mit seinen Freunden<br />
reden.<br />
Abdul (Klasse 6) hat der 20 Minuten-<br />
Morgenspaziergang nicht gereicht:<br />
„Frau Kormann, warum sind wir nicht<br />
nach Murg gelaufen?“<br />
Leander (Klasse 7):<br />
„Mir hat es gut gefallen, weil wir<br />
danach Mathe hatten und ich mich<br />
besser konzentrieren konnte!“<br />
Dominic (Klasse 7):<br />
„Ich war sehr froh, dass wir das ge<strong>macht</strong><br />
haben, weil es uns alle wachgeschüttelt<br />
hat, also war ich danach relaxt!“<br />
Und eine letzte Rückmeldung von Benjamin<br />
(Klasse 9):<br />
„Heute war es gut, ich fühle mich wach<br />
und bin bereit für die Schule!“<br />
Nun wird noch eine weitere positive<br />
Rückmeldung aufgeführt, in dem die<br />
Entwicklung über die ganze Woche zu<br />
sehen ist.<br />
Heikos Rückmeldungen (Klasse 9):<br />
Tag 1:<br />
„Es war ganz ok. Man konnte mit den<br />
Kameraden reden, ohne dass die Lehrer<br />
sich gestört fühlen. So was tut manchmal<br />
richtig gut.“<br />
Tag 2:<br />
„Genauso wie gestern. Einfach chillig!“<br />
Am dritten war Heiko nicht mit dabei.<br />
Tag 4:<br />
„War cool. Man konnte auf andere<br />
Gedanken kommen!“<br />
Schulen für Erziehungshilfe sind eine Form der<br />
Sonderschulen in Baden-Württemberg. Im Landkreis<br />
Waldshut werden diese Schulen von der<br />
pro juve Caritas Jugendhilfe <strong>Hochrhein</strong><br />
gemeinnützige GmbH an vier Standorten betrieben<br />
(Bad Säckingen, Rickenbach, Lauchringen und<br />
Bonndorf). Oberstes Ziel ist die Rückführung der<br />
Kinder und Jugendlichen in eine Regelschule.<br />
21<br />
Die vielen positiven Rückmeldungen<br />
der Schüler und Schülerinnen spiegeln<br />
auch das positive Bild der Lehrer und<br />
Lehrerinnen gegenüber diesem<br />
„Experiment“ wieder. Die meisten Lehrpersonen<br />
an unserer Schule können<br />
sich vorstellen, diese Aktion weiter<br />
auszubauen. Viele sprechen davon,<br />
mindestens einmal in der Woche einen<br />
gemeinsamen Lauf mit der eigenen<br />
Klasse zu machen.<br />
Klar ist, wir konnten mit dieser ein -<br />
wöchigen Aktion nicht viel gegen den<br />
Bewegungsmangel der SchülerInnen<br />
ausrichten, doch vielleicht haben wir<br />
einen Denkanstoß geleistet.
22<br />
Diese Aussage zu betrachten,<br />
zu analysieren, Sprache zu fördern<br />
und menschliche Nähe zu schaffen ist<br />
die Grund forderung unserer Arbeit.<br />
Sprache bedeutet Sicherheit, bildet<br />
Gemeinschaft, fördert Unabhängigkeit,<br />
gibt dem Denken Struktur, hilft das<br />
Leben zu gestalten, fördert den Lernprozess,<br />
bedeutet Entwicklung und<br />
bietet Chancen, dazu zu gehören.<br />
Sobald die Sicherheit der Sprache nicht<br />
gegeben ist, findet Nichtverstanden-<br />
Sein statt. Diese Erfahrung zu machen<br />
bedeutet für Vorschulkinder wie auch<br />
Schulkinder Ausgrenzung aus ihrer Lebenswelt.<br />
Nicht dazu zu gehören kann<br />
Rückzug in den eigenen häuslichen<br />
Bereich bedeuten. Hier sind Kinder oft<br />
sich selbst überlassen und ihrem Kummer<br />
und ihren Nöten wird kein Gehör<br />
gegeben.<br />
„<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“<br />
im Fokus der Sprach -<br />
förderung des <strong>Caritasverband</strong>es<br />
<strong>Hochrhein</strong><br />
e.V.<br />
Dort findet <strong>Armut</strong> statt,<br />
<strong>Armut</strong> der Sprachlosigkeit.<br />
Spracharmut ist sichtbarer und<br />
spür barer geworden, vor allem in<br />
bildungsarmen Familien. Zeitmangel,<br />
Er ziehungs unfähigkeit, Medien,<br />
schlechte Ernährung und/oder wenig<br />
Bewegung beeinträchtigen die positive<br />
Entwicklung der Kinder.<br />
Oft kommen Kinder ohne Frühstück<br />
in die Einrichtungen, kennen keine<br />
selbst zubereiteten warmen Mahlzeiten,<br />
erfahren keine Wertschätzung in<br />
Gesprächen und Regeln sind ihnen<br />
fremd. Das ist <strong>Armut</strong>!<br />
„<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>“, deshalb muss<br />
frühzeitig Abhilfe durch Bildungsbegleiter<br />
wie Kindergarten, Schule, Nachbarn,<br />
oder auch durch Familienverbände<br />
geschaffen werden. Unerlässlich ist es,<br />
dass sich die Menschen für Kinder<br />
einsetzen und sie auf ihrem Weg ein<br />
Stück begleiten.<br />
Text + Bild:<br />
Bärbel Michel, info@caritas-hochrhein.de [Mitarbeiterin Caritas Sprachförderung]<br />
„Die Grenzen<br />
meiner Sprache<br />
sind die Grenzen<br />
meiner Welt“<br />
Der vermehrte Medienkonsum fördert<br />
Bewegungsmangel, was wiederum für<br />
die Entwicklung der Sprache ein Hindernis<br />
bedeutet. Dabei stellt die Sprache<br />
den Hauptfaktor für Kommunikation<br />
dar. Übergewichtige Kinder sind eine<br />
Folge von Bewegungsmangel. Oft müssen<br />
sie deshalb in Spezialkliniken behandelt<br />
werden, dies bedeutet Kosten, die<br />
von uns allen getragen werden. Unter<br />
Berücksichtigung der verschiedenen<br />
Kulturen und Sprachen ist eine umfangreiche<br />
Aufklärung unerlässlich.<br />
Wir, die in Kindergärten und<br />
Schulen arbeiten, sind aufgefordert,<br />
Wege zu finden, dass<br />
„Bildungsarmut nicht <strong>krank</strong><br />
<strong>macht</strong>“!<br />
Unsere Sprachförderung im Vorschulalter<br />
erlaubt den Kindern im vertrauten<br />
Umfeld die Sprache zu entdecken.<br />
Das angstfreie Miteinander schafft<br />
Nähe und diese Nähe bietet Sicherheit<br />
und fördert Sprechfreude. Ein vertrauensvoller<br />
Umgang erlaubt uns auch die<br />
Eltern zu erreichen.
Nicht nur Eltern mit Migrationshintergrund<br />
sind „sprachlos“, dies ist zunehmend<br />
auch bei deutschen Eltern zu<br />
beobachten.<br />
Bei einem Gang durch die Stadt am<br />
frühen Morgen beobachtete ich eine<br />
junge Mutter, die missmutig ihr Kind<br />
hinter sich her zerrte. Die Vögel<br />
zwitscherten und es gab viel zu sehen.<br />
Dennoch war der Tag für diese beiden<br />
Menschen längst gelaufen:<br />
Der Gesichtsausdruck des Kindes war<br />
müde, unleidig und ohne Motivation.<br />
Ein Gespräch fand, aus welchen Gründen<br />
auch immer, nicht statt. Es sind die<br />
kleinen Dinge, die Kindern und auch<br />
uns Erwachsenen gesund machen, dazu<br />
gehört immer wieder Kommunikation.<br />
Als ich für diesen Artikel recherchierte,<br />
stieß ich auf eine Initiative einer Schule<br />
in Berlin-Neukölln. Mit dem Projekt<br />
“Wie lang ist der Hals der Giraffe“ begannen<br />
Lehrer ihr Schulkonzept umzustellen.<br />
Sie stellten den Gedanken<br />
Sprach- und Bewegungsarmut im Hinblick<br />
auf Bildung intensiv und eindringlich<br />
zu vermeiden in den Vordergrund.<br />
Das gesamte Kollegium kämpfte gegen<br />
die Sprachlosigkeit der jüngsten Schüler.<br />
Um das zu erreichen haben sie auch die<br />
Eltern „mit ins Boot“ genommen.<br />
Sie boten Elternkurse, Elterncafés und<br />
„Vorlesen gegen die Bildungsarmut“ an.<br />
Solche Initiativen laufen längst auch in<br />
einigen Einrichtungen bei uns, dennoch<br />
wissen wir, dass solche Aktionen nicht<br />
zum Nulltarif zu haben sind und Zeit<br />
kosten.<br />
Die Sprachförderung wird von der Beratungsstelle<br />
für ausländische Kinder und Jugendliche in mehr<br />
als 25 Kindergärten angeboten.<br />
23<br />
Wir haben in unserem Bereich die<br />
Möglichkeit mit Eltern, mit oder ohne<br />
Migrationshintergrund, über deren<br />
Ängste und Vorurteile zu sprechen.<br />
Dabei können wir sie wertschätzend<br />
behandeln und ihnen mit Respekt<br />
begegnen. So sind „Tür und Tor“ für<br />
Sprache offen.<br />
<strong>Armut</strong> <strong>macht</strong> <strong>krank</strong>!<br />
Wir schaffen an der Basis unkonventionelle<br />
Vernetzung, pflegen dort einen<br />
menschlichen, wertschätzenden Kontakt<br />
und nehmen so einen positiven<br />
Einfluss auf die Eltern und deren Kinder.<br />
<strong>Armut</strong> geht uns alle an!<br />
Mit der Aussage: Sprache ist das Tor zur<br />
Welt, schließe ich meine Gedanken<br />
und wünsche uns allen, Verständnis,<br />
Akzeptanz und den Mut, <strong>Armut</strong>, die<br />
<strong>krank</strong> <strong>macht</strong>, zu verhindern.
24<br />
Die UN-Konvention über die<br />
Rechte von Menschen mit<br />
Behinderung formuliert, dass<br />
Menschen mit Behinderung<br />
das gleiche Recht auf Teilhabe<br />
und Inklusion haben, wie alle<br />
anderen Menschen.<br />
Wohnprojekt Bonndorf –<br />
<strong>Armut</strong> entsteht nicht nur aus fehlenden<br />
finanziellen Mitteln, sondern auch aus<br />
einer Bildungs- und Beziehungsarmut.<br />
<strong>Armut</strong> „behindert“ Menschen, ihr Recht<br />
auf Teilhabe und Inklusion zu nutzen.<br />
Einschränkungen und Barrieren entstehen<br />
durch die gesellschaftlichen Gegebenheiten.<br />
„Teilhabe lässt sich an den Chancen und<br />
Handlungsspielräumen messen, eine individuell<br />
gewünschte und gesellschaftlich<br />
übliche Lebensweise zu realisieren“,<br />
so die Bundesregierung.<br />
Selbstbestimmte Teilhabe verhindert<br />
gesellschaftliche Ausgrenzung oder hilft<br />
diese abzubauen. Jeder Mensch hat das<br />
Recht an den politischen, wirtschaftlichen,<br />
kulturellen und sozialen Prozessen<br />
einer Gesellschaft teilzunehmen und<br />
diese mitzugestalten und mitzubestimmen.<br />
Um diese Teilhabe zu ermöglichen,<br />
entstand im November 2010 das<br />
„Projekt Bonndorf“ gemeinsam mit<br />
dem Landkreis. Dieses Projekt bietet<br />
Menschen mit Behinderung ein aus -<br />
differenziertes Wohnangebot an der<br />
Schnittstelle zwischen ambulanten und<br />
stationären Wohnen.<br />
Mit diesem innovativen Angebot wird<br />
dem individuellen Unterstützungs- und<br />
Begleitungsbedarf von Menschen mit<br />
Behinderung Rechnung getragen und es<br />
bietet die Möglichkeit für die TeilnehmerInnen<br />
direkt am Leben der Gemeinde<br />
teilzuhaben.<br />
durch mehr Teilhabe der Isolation begegnen<br />
Die Menschen, die in der Wohngemeinschaft<br />
in Bonndorf leben, erhalten die<br />
Unterstützung, die jeder Einzelne von<br />
ihnen benötigt, um sein Leben selbstbestimmt<br />
und eigenverantwortlich zu gestalten.<br />
Die Gemeinde Bonndorf war von<br />
Anfang an sehr offen und engagiert<br />
Menschen mit Behinderung in der<br />
Gemeinde aufzunehmen und ihnen die<br />
selbstverständliche Teilhabe am Leben<br />
der Gemeinde zu ermöglichen.<br />
Um den Erfolg für die Menschen,<br />
die in der Wohngemeinschaft in<br />
Bonndorf leben, zu verdeutlichen hier<br />
einige Statements:<br />
Jens: Ich arbeite jetzt im Pflegeheim<br />
St. Laurentius im Hausmeisterteam.<br />
Dieses Praktikum wurde mir im Rahmen<br />
des Projektes TANDEM ermöglicht. Mit<br />
diesem Praktikum sind viele Pflichten<br />
und Aufgaben verbunden, aber es bereitet<br />
mir große Freude.<br />
Allgemein fühle ich mich sehr wohl in<br />
Bonndorf. Seit unserem Einzug im<br />
November 2010 hat sich vieles verändert.<br />
Ich habe viele nette Leute kennengelernt<br />
und lerne auch weiterhin immer<br />
mehr Leute kennen. Mittlerweile erkennen<br />
mich die Personen auf der Straße<br />
und sprechen mich an, wir unterhalten<br />
uns gut.<br />
Text: Felicitas Greiner, f.greiner@caritas-wfbm-wt.de [Wohnheimleitung St. Elisabeth]<br />
Sabrina Tröndle, s.troendle@caritas-wfbm-wt.de [Mitarbeiterin Caritaswerkstätten <strong>Hochrhein</strong> gemeinnützige GmbH]<br />
Ich bin nun auch Mitglied im Narrenverein<br />
und nehme an den Fasnachtsumzügen<br />
teil. In der Kirchengemeinde bin ich<br />
auch gut integriert und ministriere oft.<br />
Ich habe in Bonndorf viele Möglichkeiten,<br />
unter anderem kann ich Veranstaltungen<br />
z.B. in der Stadthalle alleine<br />
besuchen. Bei Fragen wende ich mich an<br />
andere Personen. Die Bereitschaft mir<br />
zu helfen ist immer da. Allerdings muss<br />
ich auch zugeben, dass ich mit der gewonnenen<br />
Freiheit auch mehr Aufgaben<br />
und Verantwortung übertragen bekommen<br />
habe. Wenn ich von den anderen<br />
akzeptiert bzw. dazu gehören will, muss<br />
ich mich auch an bestimmte Regeln halten,<br />
die das Miteinander ermöglichen.<br />
Wolfgang: Für mich persönlich hat<br />
der Umzug nach Bonndorf viele positive<br />
Entwicklungen mit sich gebracht.<br />
Ich traue mir persönlich viel mehr zu<br />
und handle selbstständiger, dadurch<br />
haben sich mein Selbstvertrauen und<br />
mein Selbstbewusstsein deutlich gestärkt<br />
und ich gehe davon aus, dass dies<br />
auch weiterhin der Fall ist. Dies kommt<br />
sicherlich daher, dass ich alltägliche<br />
Dinge selbstständiger erledigen muss<br />
und darf. Auf der anderen Seite muss<br />
ich aber auch Dinge, wie z.B. Putzen, die<br />
ich nicht so gerne mache, übernehmen<br />
bzw. organisieren.
Seit dem Umzug nach Bonndorf habe<br />
ich an Freiheit und Verantwortung gewonnen.<br />
Ich bin froh, dass ich diesen<br />
Schritt gewagt habe. Die Gemeinde hat<br />
uns sehr gut aufgenommen, wir sind<br />
nun ein Teil davon. Wir erhalten viele<br />
Einladungen zu verschiedenen Veranstaltungen<br />
und haben viele Kontakte zu<br />
unseren Mitmenschen um uns herum.<br />
Ich bin sehr zufrieden, dass es für uns<br />
diese Wohnmöglichkeit gibt<br />
Karl: Ich bin angekommen und nicht<br />
mehr so alleine. Ich wohne gerne mit<br />
anderen zusammen und habe dadurch<br />
neue Freunde kennengelernt. Ich genieße<br />
nicht nur den Kontakt zu meinen<br />
Mitbewohnern, sondern auch zu den<br />
Mitmenschen hier in Bonndorf. Wir<br />
wurden hier so toll aufgenommen und<br />
sind in das soziale Umfeld gut integriert.<br />
Die Teilhabe gibt mir ein Gefühl der<br />
Sicherheit, daher traue ich mir heute<br />
viel mehr zu als früher. Ich bin offener<br />
geworden und gehe auch gerne unter<br />
die Leute. Früher war ich viel Zuhause,<br />
fühlte mich eingeschlossen und alleine.<br />
Sabine: So wie jetzt soll es bleiben.<br />
Dies beschreibt eigentlich schon, wie<br />
es mir geht und wie ich das Projekt in<br />
Bonndorf erlebe. Ich fühle mich sehr<br />
wohl hier.<br />
Momentan arbeite ich im Rathaus in<br />
Bonndorf. Dieses Praktikum ermöglicht<br />
mir einen Einblick und die Teilhabe auf<br />
dem ersten Arbeitsmarkt. Wie meine<br />
Mitbewohner empfinde ich es auch so,<br />
dass ich mehr Freiheit habe, aber natürlich<br />
damit auch mehr Verantwortung<br />
und Aufgaben übernehmen muss.<br />
Viele Dinge kann ich selbst entscheiden<br />
und selbstständiger erledigen und<br />
dennoch weiß ich, dass ich immer<br />
Unterstützung bekomme, wenn ich<br />
diese benötige. Ich nehme an einem<br />
Computerkurs in Bonndorf teil und<br />
habe dadurch viele nette Menschen<br />
kennengelernt. Aber auch durch die Offenheit<br />
der Stadt Bonndorf und deren<br />
Einwohner wurden uns viele Wege geöffnet<br />
und viele Kontakte ermöglicht.<br />
Ca. 200 Menschen mit einer geistigen Behinderung leben in den verschiedenen<br />
Wohnformen, die von den Caritaswerkstätten <strong>Hochrhein</strong> gemeinnützige GmbH<br />
angeboten werden.<br />
Neben dem Wohnprojekt in Bonndorf sind dies das ambulant betreute<br />
Wohnen und die Wohnheime mit Aussengruppen in Waldshut und Gurtweil.<br />
25<br />
Mit dem „Projekt Bonndorf“ ist für<br />
die Bewohnerinnen und Bewohner<br />
Partizipation am Leben der Gemeinde,<br />
am Arbeits- und Vereinsleben ermöglicht<br />
worden. Die Stadt Bonndorf hat<br />
mit dem Engagement ihrer Bürgerinnen<br />
und Bürger ermöglicht, dass im alltäglichen<br />
Miteinander Begegnung entsteht.<br />
Die Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
sind selbstverständlicher Teil der<br />
Gemeinde und haben, durch die Wahlmöglichkeit<br />
ihrer Wohnform, Handlungs-<br />
und Entscheidungsspielräume<br />
gewonnen, die sie verantwortungsbewusst<br />
und selbstbestimmt wahrnehmen.<br />
Der Erfolg dieses Projekts liegt daher<br />
in der Stärkung der Selbstbestimmung<br />
und Eigenverantwortung der Teilnehmenden.<br />
Durch ihre Anteilnahme am<br />
Leben der Gemeinde und umgekehrt<br />
sind sie zu einem selbstverständlichen<br />
Teil der Gemeinde geworden, in der sie<br />
ihr Leben selbstbestimmt gestalten.<br />
Durch die Zusammenarbeit aller<br />
Beteiligten ist dieses Projekt für<br />
und mit den Menschen, die darin<br />
begleitet werden, ein Erfolg<br />
geworden. Die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer realisieren hier,<br />
die von ihnen gewünschte Lebensweise<br />
und damit ihr Recht auf<br />
Teilhabe am gesellschaftlichen<br />
Leben.
26<br />
Die Erwerbsarbeit ist<br />
in unserer Gesellschaft<br />
die Grundlage zur<br />
Vermeidung von<br />
materieller <strong>Armut</strong> und<br />
zur Sicherung einer<br />
möglichst breitgefächerten<br />
Teilhabe am gemeinschaftlichen<br />
und<br />
kulturellen Leben.<br />
Das Recht auf Arbeit und Beschäftig<br />
Einer regelmässigen Arbeit nachzugehen<br />
bedeutet nicht nur in der<br />
Behindertenhilfe:<br />
• Weiterentwicklung eigener<br />
Fertigkeiten und Fähigkeiten<br />
• Über Arbeit erhalte ich Vertrauen<br />
in die eigenen Fähigkeiten und<br />
erlange Selbstvertrauen<br />
• Abwechslung und Vermeidung<br />
von Monotonie<br />
• einen Ort zu haben, an dem ich<br />
Anerkennung erfahre<br />
• einen Ort zu haben, an dem ich<br />
soziale Kontakte knüpfen und<br />
Freundschaften schließen kann<br />
• einen Ort zu haben, an dem ich<br />
mein Selbstwertgefühl stärken kann<br />
• Arbeit gibt auch Halt und trägt<br />
zur Stabilität der Identität und<br />
Persönlichkeit bei<br />
Text:<br />
Volker Dietsche, v.dietsche@caritas-wfbm-wt.de [Mitarbeiter Caritaswerkstätten <strong>Hochrhein</strong> gemeinnützige GmbH]<br />
All diese positiven Bedeutungsinhalte,<br />
die sich mit der Arbeit verbinden sind<br />
uns eigentlich bekannt. Und doch geraten<br />
sie im normalen Arbeitsalltag all zu<br />
häufig aus dem Blick, weil sie überlagert<br />
werden von Stress und Belastungen, die<br />
die Arbeit eben auch verursachen kann<br />
oder durch die Konflikte, die sich mit<br />
Arbeitskollegen oder dem Vorgesetzten<br />
ergeben können.<br />
In der Zusammenarbeit mit Menschen<br />
mit Behinderung in unseren Werk -<br />
stätten werden die positiven<br />
Bedeutungs inhalte der Arbeit und die<br />
damit verbundene Bereicherung und<br />
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben<br />
unmittelbar erlebbar.<br />
Der Stolz und die Freude, mit der die<br />
Beschäftigten den Besuchergruppen<br />
ihre Werkstatt, ihren Arbeitsraum<br />
oder ihren Arbeitsplatz präsentieren,<br />
der erkennbare Stolz über die geleistete
ung beugt sozialer Verarmung vor<br />
Arbeit, den Lernerfolg eine neue Tätigkeit<br />
oder eine neue Maschine zu beherrschen<br />
und die erkennbare Freude<br />
über die Anerkennung und das Lob der<br />
BetreuerInnen oder der ArbeitskollegInnen<br />
zeigen, welchen wichtigen Bedeutungsinhalt<br />
die Arbeit weit über das<br />
Materielle hinaus hat.<br />
Im tagtäglichen Miteinander und in den<br />
Gesprächen wird uns immer wieder vor<br />
Augen geführt, dass die Arbeit / der<br />
Arbeitsplatz eben mehr ist als nur der<br />
Ort, an dem gearbeitet wird.<br />
Der Arbeitsplatz ist für viele unserer<br />
Mitarbeitenden mit Behinderung neben<br />
Optimus pretosius quadrupei senesceret<br />
fragilis chirographi.<br />
Utilitas umbraculi agnascor adlaudabilis<br />
matrimonii. Utilitas suis miscere<br />
dem häuslichen Umfeld meist der<br />
einzige Ort, an dem sie soziale Kontakte<br />
knüpfen und mit anderen zusammen<br />
sein können, ohne dass behinderungsoder<br />
ortsbedingte Barrieren die sozialen<br />
Kontaktmöglichkeiten übermäßig<br />
erschweren oder verhindern.<br />
So wird der Ort der Arbeit neben dem<br />
häuslichen Rahmen zu dem zentralen<br />
Ort, an dem man Gesprächspartner<br />
findet, mit denen man über das reden<br />
kann was einen bewegt, Freundschaften<br />
knüpfen kann und möglicherweise den<br />
Partner oder die Partnerin findet.<br />
quadrupei.<br />
Octavius insectat matrimonii, et gulosus<br />
quadrupei imputat chirographi.<br />
adlaudabilis saburre, ut suis insectat<br />
adfabilis Die Werkstätten der Caritas <strong>Hochrhein</strong> bieten 600 Menschen<br />
agricolae. mit einer geistigen Behinderung oder einer psychischen Er<strong>krank</strong>ung<br />
Bellus fi- einen sicheren und dauerhaften Arbeitsplatz. Sie arbeiten partnerduciasiocari<br />
fragilis<br />
schaftlich mit ca. 100 Betrieben in der Region zusammen.<br />
27<br />
Im täglichen Miteinander in den<br />
Werkstätten erfährt man sehr deutlich,<br />
dass die Arbeit über das Materielle<br />
hinaus das Leben in vielfacher Weise<br />
bereichert und der Verlust der Arbeit<br />
bzw. das Ausgeschlossensein von<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten nicht nur<br />
zu materieller <strong>Armut</strong> führt, sondern<br />
einer ganz unmittelbaren „Verarmung“<br />
an persön lichen Weiterentwicklungs -<br />
möglich keiten, sozialer Anerkennung<br />
und sozialer Teilhabemöglichkeiten<br />
führt.
28<br />
Niemand von uns kann<br />
allein so viel bewirken<br />
wie wir alle miteinander<br />
Basiskurs Sozialcourage<br />
Das Zusammenleben in unserer<br />
Gesellschaft lässt sich nicht aus -<br />
reichend über Staat und Markt<br />
regeln. Engagement der Bür ger -<br />
innen und Bürger ist als Korrektur<br />
und Ergänzung notwendig. Sozialcourage<br />
ist gefragter denn je.<br />
Sozialcourage erfordert Mut und die<br />
Fähigkeit, Menschen in Not wahrzunehmen<br />
und sich mit ihnen und für sie<br />
einzusetzen, damit sich ihre Lebens -<br />
situation verbessert.<br />
Der Basiskurs Sozialcourage zeigt in<br />
Theorie und Praxis Wege bürgerschaft -<br />
lichen Engagements auf. Er verfolgt das<br />
Ziel, Solidarität zu stiften, um auch<br />
<strong>Armut</strong> zu begegnen.<br />
Teilnehmer des Kurses lernen Engagierte<br />
aus verschiedenen sozialen Bereichen<br />
mit ihrer Arbeit direkt in den<br />
entsprechenden Einrichtungen kennen.<br />
Es werden die Ziele und Arbeitsformen<br />
von Initiativen sowie die Möglichkeit<br />
der freiwilligen Mitarbeit in unterschiedlichen<br />
Organisationen erörtert.<br />
Auch die Selbstkompetenz der Teil -<br />
nehmer und möglichen zukünftigen<br />
Ehrenamt lichen wird durch bestimmte<br />
Kurs module wie z.B. Motivation und<br />
Grenzen im Ehrenamt gestärkt.<br />
Im Bereich des Ehrenamtes gibt es<br />
mehrere Leitsprüche, z.B.:<br />
“<br />
Eine Aufgabe für alle.<br />
Für alle eine Aufgabe.<br />
Es ist mit Sicherheit möglich, in der<br />
Vielzahl an Tätigkeiten das für sich<br />
passende Einsatzfeld zu finden.<br />
Ehrenamt bereichert, erweitert Blickwinkel<br />
und kann das Selbstvertrauen<br />
stärken.<br />
”<br />
Mehr als 450 Frauen und Männer sind<br />
allein bei Caritas <strong>Hochrhein</strong> freiwillig in<br />
den unterschiedlichsten Einsatzfeldern<br />
tätig.<br />
Text:<br />
Anneli Ahnert, a.ahnert@caritas-hochrhein.de [Stabsstelle Freiwilligen Engagement und Gemeindecaritas]<br />
Alle kommen über ihre Arbeit mit<br />
Menschen, die in irgendeiner Form<br />
benachteiligt oder in Not sind, zusammen.<br />
Ehrenamtliche schenken Zeit, trösten,<br />
unterstützen, beraten und begleiten.<br />
Ohne ihr tägliches Zutun wäre unser<br />
Miteinander um ein Vielfaches ärmer.<br />
Denken wir nur an die zahlreichen<br />
Helferinnen und Helfer in den Tafel -<br />
läden, Besuchs- und Hospizdiensten,<br />
Projekten für Migranten und Kinder.<br />
In vielen Betreuungsgruppen erfahren<br />
ältere Menschen, häufig an Demenz<br />
er<strong>krank</strong>t, die Zuneigung, Geduld und<br />
Liebe der Ehrenamtlichen.<br />
Ehrenamtliche mischen sich ein,<br />
machen auf Missstände aufmerksam,<br />
sind wertvolle Mitstreiter im Kampf um<br />
soziale Gerechtigkeit. Sie sind es, die<br />
häufig dem Bedürftigen ihre Stimme<br />
leihen und somit Sprachrohr für Arme<br />
und Benachteiligte werden.
„Menschen sind – auch aus biologischer Sicht – nicht für Egoismus und nicht für einen<br />
Kampf aller gegen alle ge<strong>macht</strong>. Wissenschaftliche Studien der letzten Jahre zeigen:<br />
Einsamkeit, soziale Ausgrenzung und der Stress, der sich aus einem permanenten Kampf<br />
ums Überleben ergibt, machen den Menschen <strong>krank</strong>. Nicht Egoismus und Gewalt waren<br />
das evolutionäre Erfolgsrezept des Menschen, sondern Zusammenhalt und Kooperation.<br />
In einer Welt, in der das ökonomische Prinzip zur allein seligmachenden Maxime zu<br />
werden droht, markiert die christliche Botschaft und das, was die Ehrenamtlichen tagtäglich<br />
leisten, daher einen heilsamen Gegenpol.“<br />
Ehrenamtliche heute bringen vielfältige<br />
Kompetenzen, Fähigkeiten und Kenntnisse<br />
mit ein in ihre Arbeit. Sie wollen<br />
etwas bewegen, verändern. Sicher stellt<br />
dies auch eine neue Herausforderung<br />
dar für die hauptamtlichen Mitarbeiter<br />
sowie an die Beratung der am Ehrenamt<br />
Interessierten.<br />
Aber am Ende zählt nur eins:<br />
im Mittelpunkt stehen die Bedürftigen<br />
und Benachteiligten.<br />
Ganz nach dem Caritasmotto:<br />
Not sehen und handeln.<br />
29<br />
Zitat: Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Bauer<br />
Anche per te c’è qualcosa da fare. „Da fare“ ce n’è per tutti – volontariato.<br />
Oдна задача для всех – Для всех одна задача. Добровольньıе помощники.
30<br />
Wenn jemand<br />
ihnen zuhört,<br />
ist das doppelt<br />
so gut wie<br />
Aspirin<br />
<strong>Armut</strong> hat viele Gesichter<br />
Einkommen, Perspektivlosigkeit und<br />
Bildung können auch die Gesundheit<br />
beeinflussen.<br />
Arme Menschen haben ein höheres Risiko,<br />
<strong>krank</strong> zu werden, als die Menschen<br />
in der hohen Einkommensgruppe –<br />
auch in Deutschland.<br />
Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck,<br />
Diabetes, chronische Bronchitis,<br />
chronische Leberer<strong>krank</strong>ung, Osteoporose,<br />
Arthrose und Depression treten<br />
bei ihnen zum Teil doppelt so häufig<br />
auf.<br />
Alle Besuchsdienste, die beim <strong>Caritasverband</strong><br />
<strong>Hochrhein</strong> e.V. ihre Anbindung<br />
finden, haben täglich auch mit Menschen<br />
zu tun, die lediglich über ein<br />
geringes Einkommen verfügen.<br />
Ca. 140 Frauen und Männer sind<br />
freiwillig in der Nachbarschaftshilfe,<br />
in Besuchsdiensten und bei den Grünen<br />
Damen und Herren im Krankenhaus<br />
tätig. Sie engagieren sich Tag für Tag<br />
für ihre Mitmenschen, die ganz unterschiedliche<br />
Nöte haben.<br />
Ursprünglich war das Ehrenamt sogar<br />
ein Zugeständnis an die Bürger –<br />
vonseiten des Staates. Man fürchtete,<br />
dass die Französische Revolution auch<br />
nach Preußen überschwappen könnte.<br />
Um dem vorzubeugen, gab die preußische<br />
Regierung 1808 einige kommunale<br />
Gestaltungskompetenzen an das Volk<br />
ab. Etwa zeitgleich entstanden die ersten<br />
Vereinsstrukturen, in denen sich die<br />
Menschen nun im Privaten engagieren<br />
konnten. Auch heute noch sind die<br />
Vereine die wichtigsten Organisationsformen,<br />
in denen Ehrenamtliche zusammenkommen.<br />
Vor allem Gesangs- und<br />
Sportvereine können immer noch<br />
langfristige Wachstumsraten vorzeigen.<br />
47 Prozent allen freiwilligen Engagements<br />
findet laut des Freiwilligensurveys<br />
2009 dort statt.<br />
Text:<br />
Anneli Ahnert, a.ahnert@caritas-hochrhein.de [Stabsstelle Freiwilligen Engagement und Gemeindecaritas]<br />
Jedoch engagieren sich mehr und mehr<br />
Menschen auch in sozialen Bereichen<br />
und stellen eine wertvolle Ergänzung<br />
zu den bestehenden hauptamtlichen<br />
Fachdiensten dar.<br />
So arbeiten die Helferinnen und Helfer<br />
aller Besuchsdienste eng mit z.B. Heimleitungen,<br />
Pflegedirektionen, kirchlichen<br />
und politischen Gemeinden zusammen<br />
– stets zum Wohle der in Not Geratenen.<br />
Not heißt nicht selten Krankheit<br />
und Vereinsamung.<br />
Durch Krankenbesuche, Besuche zu<br />
Jubiläen oder bei Zuzug in eine<br />
Gemeinde leisten die Besuchdienste<br />
ihren Beitrag zum Miteinander, zur<br />
Gemeinschaft. Du bist uns wichtig –<br />
das ist die Botschaft, die unsere Besuchsdienste<br />
transportieren.<br />
Durch diese Begegnungen können<br />
Menschen Kraft erleben und somit erkennen,<br />
dass sie nicht alleine gelassen<br />
und ausgegrenzt werden.
In regelmäßigen Austausch- und<br />
Reflexionsrunden, Schulungen oder<br />
Besinnungsangeboten schöpfen die<br />
Ehrenamtlichen neue Kraft, um ihren<br />
Dienst mit Liebe und Freude anzubieten.<br />
Im Mittelpunkt für ein gesundes Leben<br />
steht immer auch die Begegnung und<br />
Beziehung, in gegenseitiger Achtung<br />
und Rücksicht.<br />
Geduld, vor allem beim Zuhören,<br />
Verständnis und Mitgefühl sind weitere<br />
wichtige Eigenschaften, die unsere<br />
ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer<br />
auszeichnen.<br />
Nicht nur materielle <strong>Armut</strong> kann<br />
<strong>krank</strong> machen, sondern auch <strong>Armut</strong><br />
an sozialen Kontakten. Solidarität kann<br />
heilen helfen.<br />
“<br />
Es werden allezeit Arme<br />
im Lande sein<br />
diese Aussage aus 5. Moses 15 trifft es<br />
sehr gut.<br />
Aber welche Konsequenzen<br />
ergeben sich daraus?<br />
Ignoranz oder aktive<br />
Veränderung?<br />
Wir beraten Sie gerne:<br />
unverbindlich, kostenfrei und<br />
trägerübergreifend.<br />
”<br />
Wir freuen uns auf Sie.<br />
31
A N Z E I G E<br />
GURTWEILER<br />
SCHLOSSMARKT<br />
Die Vielfalt Vielfalt unserer unserer Region Region genießen! genießen!<br />
Der „Gurtweiler Schlossmarkt“ ist ein<br />
Angebot der Caritaswerk stätten <strong>Hochrhein</strong><br />
und verschiedener Kooperationspartner<br />
aus der Umgebung: Ein Markt im schönen<br />
Ambiente des Gurtweiler Schloss areals mit<br />
einer bunten Vielfalt an Lebens mitteln und<br />
Produkten regionaler Anbieter.<br />
Wir würden uns freuen, wenn Sie uns<br />
besuchen!<br />
Der Marktplatz befindet sich hinter der<br />
Einfahrt West – gegenüber der Metzgerei<br />
Ebner – wo Ihnen ebenfalls sehr gute<br />
Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen.<br />
JEDEN FREITAG VON 8 – 13 UHR<br />
GURTWEILER SCHLOSSMARKT | Schlüchttalstraße 1<br />
Eine Initiative der Caritaswerkstätten <strong>Hochrhein</strong> gemeinnützige GmbH