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Wolfgang Kristinus, 58, Chef der Trockenbaufirma Baustoff + Metall ...

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In eisigen<br />

HöHen<br />

<strong>Wolfgang</strong> <strong>Kristinus</strong>, <strong>58</strong>, <strong>Chef</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Trockenbaufirma</strong> <strong>Baustoff</strong> + <strong>Metall</strong>,<br />

geht immer an seine Grenzen. Er<br />

besteigt 8.000er ohne Sauerstoffgerät<br />

o<strong>der</strong> fährt mit dem Bike bei<br />

60 Grad Hitze quer durch Australien.<br />

„Ein Glücksgefühl, das schwer zu beschreiben ist. Es sind Momente, die man nie vergisst.“<br />

<strong>Wolfgang</strong> <strong>Kristinus</strong>, Geschäftsführer <strong>Baustoff</strong> + <strong>Metall</strong><br />

78 FORMAT 1 I 10


fotos: Privat<br />

EndliCH AM ZiEl.<br />

<strong>Kristinus</strong> am Gipfel<br />

des 8.035 hohen<br />

Gasherbrum ii im<br />

Karakorum­Gebirge<br />

in Pakistan.<br />

<strong>Wolfgang</strong> <strong>Kristinus</strong>, <strong>58</strong>,<br />

kämpft sich gemeinsam<br />

mit seinem Partner am<br />

Seil durch die eisige<br />

Nacht. Das Ziel: <strong>der</strong><br />

8.163 Meter hohe Gipfel des Manaslu in<br />

Nepal. In 7.200 Meter Höhe werden die<br />

Bergkameraden von einem Unwetter und<br />

eineinhalb Meter Neuschnee überrascht.<br />

Die beiden müssen wegen akuter Lawinengefahr<br />

umkehren. Tragik des Schicksals:<br />

Beim Abstieg durch den Gletscherbruch<br />

treten <strong>Kristinus</strong> und sein Seilkamerad ein<br />

Schneebrett los, das einen jungen kolumbianischen<br />

Spitzenbergsteiger in den Tod<br />

reißt. „Zwei weitere konnten wir retten“,<br />

schil<strong>der</strong>t <strong>Kristinus</strong> die dramatische Situation<br />

in <strong>der</strong> Eishölle.<br />

Grenzleistungen im Sport sind für<br />

<strong>Kristinus</strong>, Geschäftsführer und Inhaber<br />

<strong>der</strong> <strong>Trockenbaufirma</strong> <strong>Baustoff</strong> + <strong>Metall</strong><br />

mit Sitz in Wien, <strong>der</strong> Katalysator für berufliche<br />

Erfolge. Dieser Grundsatz ist für<br />

den Unternehmer in Stein gemeißelt. Als<br />

er 1974 in den elterlichen Betrieb eintrat,<br />

betrug <strong>der</strong> Umsatz bescheidene zwei Millionen<br />

Euro. Heute ist die Firma mit 318<br />

Millionen <strong>der</strong> österreichische Marktführer<br />

für Trockenbau-Produkte und die Nummer<br />

zwei in Deutschland; betreibt 80<br />

Standorte in 13 Län<strong>der</strong>n und beschäftigt<br />

1.000 Mitarbeiter. 2008 gewann <strong>Kristinus</strong><br />

den „Ernst & Young Entrepreneur Award<br />

of the Year“ in <strong>der</strong> Kategorie „Dienstleistung<br />

und Handel“.<br />

„Die Sehnsucht nach dem Unerreichten,<br />

nach dem Durchbrechen von Grenzen<br />

ist etwas Ur-Menschliches, eine elementare<br />

Triebfe<strong>der</strong> des Fortschritts, die in<br />

jedem von uns steckt“, philosophiert <strong>der</strong><br />

Extremist.<br />

Sport hat <strong>Kristinus</strong> sein ganzes Leben<br />

lang begleitet. Er hat den gleichen Stellenwert<br />

für ihn wie Beruf und Familie. „Man<br />

muss nur entsprechend planen, um die zeitliche<br />

Dreiteilung zu schaffen“, erklärt <strong>der</strong><br />

Unternehmer. Angesteckt hat den waschechten<br />

Wiener aus dem sechsten Bezirk<br />

<strong>der</strong> Onkel, <strong>der</strong> ein richtiger Bergfex war.<br />

body and soul<br />

Ob Eisklettern, Ski-Bergsteigen o<strong>der</strong><br />

Höhenbergsteigen, <strong>Kristinus</strong> hat nichts<br />

ausgelassen. „Wie auch im Betrieb machen<br />

Erfolge hungrig auf weitere“, erklärt<br />

<strong>der</strong> geprüfte Skilehrwart seine Triebfe<strong>der</strong>.<br />

<strong>Kristinus</strong> bestieg die meisten österreichischen<br />

Gipfel, erklomm den Mont<br />

Blanc, den Gran Paradiso und den Ortler,<br />

bevor er sich Südamerika vornahm. Er bezwang<br />

den Vulkan Chimborazo, den mit<br />

6.310 Höhenmetern höchsten Berg Ecuadors.<br />

Dann folgten <strong>der</strong> Cotopaxi, <strong>der</strong> Antizana<br />

und <strong>der</strong> Cayambe – alle zwischen<br />

5.800 und 6.300 Meter hoch. Und immer<br />

ohne künstlichen Sauerstoff!<br />

Die erste große Expedition in den<br />

Himalaja endete mit dem Unglück am<br />

Manaslu. Aber <strong>Kristinus</strong> ließ sich davon<br />

nicht entmutigen: „Ich sehe es nicht als<br />

Nie<strong>der</strong>lage, wenn ich den Gipfel nicht<br />

gleich erreiche.“<br />

Höhenkrank in <strong>der</strong> Todeszone. Der ersehnte<br />

Gipfelsieg auf einem 8.000er gelang<br />

<strong>Kristinus</strong> dann auf dem Gasherbrum<br />

II im pakistanischen Karakorum-Gebirge.<br />

Auch dort war <strong>der</strong> Ablauf dramatisch.<br />

„Den ers ten Gipfelaufstieg mussten wir<br />

wegen <strong>der</strong> Höhenkrankheit des Expeditionsarztes<br />

abbrechen. Wir kehrten zum<br />

Basislager zurück. Beim zweiten Versuch<br />

zwang uns ein Sturm mit bis zu 150 Stundenkilometern,<br />

in <strong>der</strong> Todeszone auf 7.400<br />

Meter zu übernachten.“<br />

Am Ende meinte es <strong>der</strong> Berg aber gut<br />

mit <strong>Kristinus</strong> und seinen Kameraden. Am<br />

31. Juli 2006 um 8.45 Uhr standen sie auf<br />

dem Gipfel in 8.035 Meter Höhe: „Ein<br />

Glücksgefühl, das nur schwer zu beschreiben<br />

ist. Der Adrenalinspiegel beim<br />

Erklimmen <strong>der</strong> Gipfelwächte war kaum<br />

steigerbar, die massenhaft ausgestoßenen<br />

Endorphine versetzten mich in einen euphorischen<br />

Zustand. Es sind Momente, die<br />

man nie wie<strong>der</strong> vergisst.“<br />

Solche Momente sind es, auf die sich<br />

<strong>der</strong> Firmenchef besinnt, wenn wie<strong>der</strong> einmal<br />

die „Relativierung <strong>der</strong> Probleme“ im<br />

täglichen Leben ansteht. „Man sieht die<br />

Dinge dann einfach viel lockerer, nimmt<br />

sich selbst nicht so wichtig und trifft im<br />

geschäftlichen Leben wichtige Entscheidungen<br />

wesentlich gelassener.“<br />

Große Expeditionen, die sechs Wochen<br />

dauern, unternimmt <strong>Kristinus</strong> nur alle drei<br />

Jahre. Doch wenn er unterwegs ist, dann<br />

ist er konsequent. Er ruft kein einziges<br />

Mal im Betrieb an. „Das habe ich mir zum<br />

Prinzip gemacht. Sich selbst ersetzbar zu<br />

machen, nicht unersetzbar. Und meine<br />

Mitarbeiter haben mir dieses hohe Maß an<br />

Verantwortung und Vertrauen mit überdurchschnittlichen<br />

Leistungen und Selbständigkeit<br />

gelohnt.“<br />

Bei 60 Grad Hitze durch Australien. Damit<br />

ihm zwischen den richtigen Abenteuern<br />

nicht langweilig wird, stellt sich<br />

<strong>Kristinus</strong> zwischendurch „kleineren“ Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Im Vorjahr nahm er an<br />

<strong>der</strong> „Mountain Attack“, dem härtesten<br />

Tourenski-Marathon <strong>der</strong> Welt, in Saalbach<br />

teil. Dabei müssen sechs Gipfel und 3.000<br />

Höhenmeter auf 40 Kilometer Streckenlänge<br />

bezwungen werden. „Alles bei<br />

Nacht, mit Stirnlampe. Direttissima, immer<br />

den steilsten Weg runter“, erinnert<br />

sich <strong>der</strong> Extrem-Entrepreneur, <strong>der</strong> für diesen<br />

Gewaltakt fünf Stunden benötigte.<br />

Der Mann schaffte aber auch schon<br />

zweimal (2002 und 2004) das längste und<br />

härteste Mountainbike-Rennen <strong>der</strong> Welt,<br />

die „Crocodile Trophy“ in Australien.<br />

1.400 Kilometer über Schotterpisten quer<br />

durch den Nordosten des Kontinents, bei<br />

bis zu 60 Grad in <strong>der</strong> glühenden Sonne,<br />

und das täglich bis zu acht Stunden lang.<br />

Der König <strong>der</strong> Berge ruft. Bald wird<br />

<strong>Kristinus</strong> wie<strong>der</strong> Höhenluft schnuppern.<br />

Im nächsten Jahr plant er zwei Expeditionen,<br />

und zwar auf die 6.856 Meter<br />

hohe Ama Dablam, einen <strong>der</strong> schönsten<br />

Berge im Himalaja. Und auf den 8.125<br />

Meter hohen Nanga Parbat in <strong>der</strong> Region<br />

Kaschmir, den König <strong>der</strong> Berge. Wie<strong>der</strong><br />

etwas für den Adrenalinspiegel.<br />

– GABriElA scHnABEl<br />

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