10.07.2015 Aufrufe

em. Univ. Prof. Dr. Valentin Zsifkovits - Wir sind Kirche

em. Univ. Prof. Dr. Valentin Zsifkovits - Wir sind Kirche

em. Univ. Prof. Dr. Valentin Zsifkovits - Wir sind Kirche

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Bischofserklärungen von Mariatrost und vonKönigstein <strong>sind</strong> ein glaubwürdiges „Ja“ zum Leben 1Von <strong>Univ</strong>.<strong>Prof</strong>. <strong>em</strong>. D<strong>Dr</strong>. <strong>Valentin</strong> <strong>Zsifkovits</strong>Kardinal Schönborn hat die Meinung vertreten, die „Mariatroster Erklärung“ desösterreichischen Episkopats und die „Königsteiner Erklärung“ des deutschen Episkopatshätten die katholische <strong>Kirche</strong> in diesen Ländern und in Europa geschwächt und entmutigt „dasJa zum Leben zu sagen“. Er sprach in dies<strong>em</strong> Zusammenhang von einer Sünde deseuropäischen Episkopats, „der nicht den Mut hatte, Paul VI. mit Kraft zu unterstützen“. DieseAnsicht äußerte der Kardinal am 27. März 2008 im Abendmahlssaal in Jerusal<strong>em</strong> bei einerPredigt anlässlich der G<strong>em</strong>einschaftstagung der Bischöfe Europas.D<strong>em</strong> gegenüber behaupte ich, dass die beiden Erklärungen ein glaubwürdiges „Ja“ zum Lebenwaren und immer noch <strong>sind</strong>. Bevor ich die Gründe für meine Behauptung anführe, möchte ichaus der Mariatroster Erklärung die von Schönborn kritisierte Passage anführen. Sie lautet: „Dain der Enzyklika kein unfehlbares Glaubensurteil vorliegt, ist der Fall denkbar, dass j<strong>em</strong>andmeint, das lehramtliche Urteil der <strong>Kirche</strong> nicht annehmen zu können. Auf diese Frage ist zuantworten: Wer auf dies<strong>em</strong> Gebiet fachkundig ist und durch ernste Prüfung, aber nicht durchaffektive Übereilung zu dieser abweichenden Überzeugung gekommen ist, darf ihr zunächstfolgen. Er verfehlt sich nicht, wenn er bereit ist, seine Untersuchung fortzusetzen und der<strong>Kirche</strong> im übrigen Ehrfurcht und Treue entgegenzubringen“. Die Königsteiner Erklärung gehtin die gleiche Richtung.Nun zu den näheren Argumenten für meine oben aufgestellte Behauptung:• Die von Schönborn kritisierten Bischöfe haben nichts anderes getan, als die vomII. Vatikanum in Art 27,1 von „Lumen gentium“ ihnen zugewiesenen Aufgaben inEigenverantwortung zu erfüllen. Sie haben dabei vor all<strong>em</strong> in ihrer gewissenhaftenAmtsverantwortung der im II. Vatikanum bekräftigten Gewissenslehre der <strong>Kirche</strong> undd<strong>em</strong> im gleichen Konzil artikulierten Prinzip der verantworteten Elternschaft Rechnunggetragen. Diese Gewissenslehre lautet kurz gefasst so: Der Mensch muss immer sein<strong>em</strong>informierten, gebildeten und kontrollierten Gewissen folgen. Es ist für ihn die subjektiventscheidende und verbindliche Instanz seiner Entscheidungen. Es kann durch keine nochso hohe irdische Autorität ersetzt werden, durch keine weltliche, und auch durch keinekirchliche.Das Prinzip der verantworteten Elternschaft kann man folgendermaßen zusammenfassen:Die Zeugung neuen Lebens muss von entsprechend möglicher Verantwortung getragenund begleitet sein. Die Zeugung neuen Lebens sollte also nicht das Ergebnis sexuellerUnbeherrschtheit oder sonstiger Zufälligkeiten sein, sie soll letztlich auf einerverantwortungsvollen Entscheidung beruhen. In ein<strong>em</strong> solchen verantwortungsvollenUrteil <strong>sind</strong> u.a. zu berücksichtigen: der Wille und die Liebe zum Kinde; das Wohl derEltern und der Kinder – der schon geborenen bzw. der zu erwartenden; das Wohl derGesellschaft; die materiellen und geistigen Verhältnisse der Zeit; die Bewahrung derSchöpfung.• Kardinal Schönborn unterscheidet bei seiner Kritik nicht hinreichend zwischenEmpfängnisverhütung und Abtreibung. Der willentliche Ausschluss einer Zeugung darfdoch nicht mit der Vernichtung bereits gezeugten Lebens gleichgesetzt werden. Auch dieReduktion der Erlaubtheit einer Verhütung auf die so genannte natürliche Methode ist


nicht gerechtfertigt, weil dahinter ein verkürztes, weil biologistisches Naturrechtsverständnissteckt und nicht ein dynamisches und geschichtliches Vernunftnaturrecht, wie J.Messner das zeitg<strong>em</strong>äße Naturrecht immer wieder charakterisiert hat.• Kardinal Schönborn scheint einen Ursachen-Folge-Fehlschluss zu begehen, wenn er vonder Erlaubnis auch zur „künstlichen“ Empfängnisverhütung auf das Ansteigen derAbtreibung schließt. Die <strong>em</strong>pirischen Untersuchungen legen das Gegenteil nahe: dassnämlich wirkungsvolle Empfängnisverhütung die Abtreibungszahlen verringert. Sieverhindert auch eher ungewollte Nachkommenschaft, welche ja in Extr<strong>em</strong>fällen zuKindesmisshandlungen führen kann.In dies<strong>em</strong> Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass das strenge Verbotkünstlicher Empfängnisverhütungsmittel im Blick auf die Aidsseuche mit denunschuldigen Frauen und Kindern als Erstopfern seine besonders tragische Seite offenbart.Wenn die überwiegende Mehrheit der Experten auf dies<strong>em</strong> Gebiet, die ja nicht aus ethischverantwortungslosen „Dummköpfen“ besteht, den päpstlichen Standpunkt in dieser Fragenicht teilt, und dieser päpstliche Standpunkt weltweit auf breites Unverständnis stößt,dann fragt man mit Recht, ob dieser päpstliche Standpunkt richtig sein kann. Die vomVatikan <strong>em</strong>pfohlene völlige Enthaltsamkeit als einzig zielführende Therapie greift schondeshalb nicht, weil die Betroffenen von der Infektion ihres Partners oder der eigenen oftgar nichts wissen. Eine helfende Ethik muss sich aber gerade auch in Probl<strong>em</strong>situationendes realen Lebens bewähren. Gerade die Sexualethik und die Bioethik stellen sich nichtselten als Fälle einer Notstandsethik heraus.Abschließend sei noch einmal festgehalten: Die Bischöfe der Mariatroster Erklärung und derKönigsteiner Erklärung haben mit ihrer Gewissensklausel verantwortungsbewusst und mutigihre Stimme im Sinne eines Ja zum Leben erhoben. Sie haben die Enzyklika klar bejaht undunterstützt; bloß im Punkt des strengen Verbots der künstlichen Empfängnisverhütung habensie aus pastoraler Verantwortung heraus einen berechtigten Gewissensvorbehalt angebracht.Damit <strong>sind</strong> sie auch glaubwürdig geblieben im Kampf für das Leben und gegen dieAbtreibung, deren Ausbreitung viele Ursachen hat. Den g<strong>em</strong>einten Bischöfen mit KardinalKönig an der Spitze gebührt ein entsprechender Dank.1 Der Beitrag ist der neuen <strong>Kirche</strong>nzeitung JA, Nr. 48/2008 vom 30. Nov<strong>em</strong>ber 2008, entnommen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!