19.11.2012 Aufrufe

Kunststoffe aus Makromolekülen

Kunststoffe aus Makromolekülen

Kunststoffe aus Makromolekülen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Kunststoffe</strong><br />

<strong>aus</strong><br />

<strong>Makromolekülen</strong><br />

Dr. M. Müller<br />

Der Autor dankt vielen Kolleginnen und Kollegen<br />

für die hilfreiche Unterstützung<br />

überreicht durch<br />

BAYER AG, Leverkusen<br />

Alle Rechte vorbehalten außer schulinterner Vervielfältigung<br />

Aktualisierte Ausgabe 2001


Inhaltsverzeichnis<br />

1. EINLEITUNG ...............................................................................................................................3<br />

1.1. Allgemeine Informationen über Makromoleküle................................................................................3<br />

1.2. Vielseitigkeit der Kunststoffanwendungen........................................................................................5<br />

1.3. Heutige Entwicklung des Kunststoffmarktes.....................................................................................6<br />

2. MAKROMOLEKÜL UND KUNSTSTOFF: BEGRIFFSBESTIMMUNG....................................8<br />

3. STRUKTURPRINZIPIEN..........................................................................................................13<br />

3.1. Primärstruktur ............................................................................................................................14<br />

3.1.1. Copolymere ...........................................................................................................................18<br />

3.1.2. Verzweigte/vernetzte Makromoleküle ..........................................................................................20<br />

3.2. Sekundärstruktur und zwischenmolekulare Bindungskräfte............................................................23<br />

3.3. Tertiärstruktur ............................................................................................................................27<br />

4. STRUKTUR-EIGENSCHAFTS-BEZIEHUNGEN.....................................................................35<br />

4.1. Thermoplast, Duroplast, Elastomer, Duromer.................................................................................36<br />

4.2. Beispiele......................................................................................................................................38<br />

4.2.1. Fasern...................................................................................................................................38<br />

4.2.2. Elastomere.............................................................................................................................40<br />

5. POLYDISPERSITÄT DER KUNSTSTOFFE...........................................................................43<br />

6. POLYMERSYNTHESEN WICHTIGER KUNSTSTOFFE .......................................................45<br />

6.1. Allgemeine Hinweise.....................................................................................................................45<br />

6.2. Polykondensation ........................................................................................................................46<br />

6.3. Polymerisation.............................................................................................................................58<br />

6.3.1. Definition und Beispiele...........................................................................................................58<br />

6.3.2. Mechanismus und verfahrenstechnische Einteilung ........................................................................65<br />

6.4. Polyaddition................................................................................................................................69<br />

6.4.1. Polyurethane ..........................................................................................................................69<br />

6.4.1.1. Kautschukelastisches Polyurethan (Vulkollan ® )..........................................................................74<br />

6.4.1.2. Polyurethan-Schaumstoffe..................................................................................................78<br />

6.4.1.3. Ingenieurkunst als Partner der Chemie..................................................................................80<br />

6.4.2. Epoxidharze ...........................................................................................................................82<br />

7. MODIFIZIERUNG VON KUNSTSTOFFEN..............................................................................85<br />

2


8. NEUERE ENTWICKLUNGEN ..................................................................................................88<br />

8.1. Polymere <strong>aus</strong> neuen Monomeren....................................................................................................88<br />

8.1.1. Temperaturbeständige Polymere.................................................................................................88<br />

8.1.2. Polypyrrol - ein elektrisch selbstleitendes Polymer........................................................................93<br />

8.2. Neue <strong>Kunststoffe</strong> durch Variation der Molekülstruktur...................................................................95<br />

8.2.1. Leiter- und Kohlenstoff-Polymere...............................................................................................95<br />

8.2.2. Ionomere ...............................................................................................................................97<br />

8.2.3. Polymer-Blends......................................................................................................................99<br />

8.2.4. Flüssigkristalline Polymere..................................................................................................... 104<br />

8.2.5. Verbundwerkstoffe................................................................................................................. 109<br />

8.2.6. Kunststoff-Membranen für die Hämodialyse............................................................................... 115<br />

8.3 Neue Anwendungen mit „alten“ Polymeren ................................................................................... 118<br />

9. PHYSIKALISCHE UNTERSUCHUNGSMETHODEN.......................................................... 120<br />

10. WIEDERVERWERTUNG VON KUNSTSTOFFEN............................................................ 122<br />

11. VERSUCHSTEIL................................................................................................................. 128<br />

11.2. Inhaltsverzeichnis der verwendeten Chemikalien......................................................................... 152<br />

11.3. Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen........................................................................... 154<br />

11.4. Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) ......................................................................... 154<br />

11.5. Sicherheitsratschläge (S-Sätze) ................................................................................................... 157<br />

12. WEITERFÜHRENDE LITERATUR ..................................................................................... 161<br />

13. SACHREGISTER................................................................................................................. 165<br />

3


1. Einleitung<br />

1.1. Allgemeine Informationen über Makromoleküle<br />

Die Vorstellungen von den <strong>Makromolekülen</strong>, die Entdeckung ihrer chemischen Baupläne und die<br />

zunehmende Kenntnis physikalischer Eigenschaften der <strong>aus</strong> ihnen aufgebauten Materialien sind für<br />

Wissenschaft und Technik von großer Bedeutung.<br />

Viele bisher unbekannte Vorgänge in der lebenden Natur können heute erklärt werden. Alles Leben<br />

ist an die makromolekulare Struktur von Stoffen gebunden; überall, wo die Natur mit ihren Produk-<br />

ten Werkstoffeigenschaften erzielen will oder wo sie an ihre Stoffe wichtige biologische Funktionen<br />

knüpft, baut sie vorwiegend makromolekular. Aber auch synthetische Werkstoffe ("<strong>Kunststoffe</strong>")<br />

können aufgrund dieser Vorstellungen hergestellt, in ihren Eigenschaften erklärt und sogar<br />

vor<strong>aus</strong>geplant werden. Ihre Anwendung ist überraschend vielseitig. Zur Übersicht wird in Tabelle 1<br />

eine Einteilung der makromolekularen Stoffe nach Hermann Staudinger, dem Wegbereiter der<br />

Makromolekularen Chemie (1881-1965, Nobelpreis 1953), aufgeführt. Auf Naturstoffen basierende<br />

Polymere, wie Cellulose, Stärke, Wolle und Naturkautschuk spielen eine wichtige Rolle.<br />

Synthetische Polymere dagegen haben technisch die bei weitem größte Bedeutung erlangt. Daher<br />

werden im Rahmen dieses Buches auch nur solche makromolekularen Stoffe behandelt, die, auf<br />

synthetischem Wege aufgebaut, als Werkstoffe Verwendung finden. Zum besseren Verständnis<br />

dieser Werkstoffklasse - der sogenannten "<strong>Kunststoffe</strong>" - werden zunächst mit Hilfe der Physik der<br />

Hochpolymeren Einblicke in den Aufbau der ihnen zugrundeliegenden Makromoleküle gegeben und<br />

erst dann die verschiedenen Herstellungsmöglichkeiten (Synthesen) diskutiert. Die Bedeutung der<br />

<strong>Kunststoffe</strong> wird durch eine Vielzahl von Anwendungsbeispielen <strong>aus</strong> dem täglichen Leben<br />

veranschaulicht. Eine Reihe von Versuchen trägt nicht nur zum Verständnis der Theorie bei, sondern<br />

soll auch die kreative Lust zum Experimentieren wecken.<br />

Es ist uns seit Jahrhunderten geläufig, dass <strong>aus</strong> Erzen Metalle werden, <strong>aus</strong> Kaolin Porzellan entsteht,<br />

<strong>aus</strong> Sand Glas, <strong>aus</strong> tierischen Häuten Leder, <strong>aus</strong> Bäumen Tischlerholz. Aber dass <strong>aus</strong> Kohlenteer,<br />

3


<strong>aus</strong> Erdöl oder Erdgas (Hauptquelle für Kohlenwasserstoffe), <strong>aus</strong> dem Stickstoff der Atmosphäre<br />

(via Haber-Bosch-Verfahren), <strong>aus</strong> dem Wasser der Ozeane und Flüsse, <strong>aus</strong> dem Salz der Salzlager<br />

(via Chlor-Alkali-Elektrolyse) feste, harte, zähe, aber auch geschmeidige und elastische Werkstoffe<br />

hervorgehen oder auch Faserstoffe, die uns zur Bekleidung dienen, das ist das Ergebnis der<br />

Kunststoffchemie (siehe Abb. 1).<br />

Tabelle 1<br />

Einteilung der makromolekularen Stoffe 1)<br />

(nach H. Staudinger)<br />

I. Naturstoffe<br />

A. Kohlenwasserstoffe: Kautschuk, Guttapercha, Balata<br />

B. Polysaccharide: Cellulose, Stärke, Glykogen, Mannane, Pektine, Polyuronsäuren,<br />

Chitin<br />

C. Polynucleotide (Nucleinsäuren)<br />

D. Proteine und Enzyme<br />

E. Lignine und Gerbst offe (Übergang von den niedermolekularen zu den makromolekularen<br />

Stoffen)<br />

II. Umwandlungsprodukte von Naturstoffen<br />

A. Vulkanisierter Kautschuk (= Gummi)<br />

B. Zellwolle<br />

C. Celluloseether, -ester und -hydrate<br />

D. Leder<br />

E. Lanital ®<br />

F. Galalith usw.<br />

III. Synthetische Stoffe ("<strong>Kunststoffe</strong>")<br />

Entstanden durch:<br />

A. Polykondensation: z.B. Phenol-(Harnstoff-, Melamin-)Formaldehyd-Harze, Polyamide,<br />

Polyester, Polycarbonate, Silikone<br />

B. Polymerisation: z.B. Polyolefine (Polyethylen), Polyvinylchlorid, Polystyrol,<br />

Polybutadien, Polymethacrylsäuremethylester, Polyacrylnitril<br />

C. Polyaddition: z.B. Polyurethane, Epoxidharze<br />

4


1) Es handelt sich hier um die historische Betrachtungsweise H. Staudingers. Heute werden nahezu alle modernen<br />

<strong>Kunststoffe</strong> auf der Basis von Erdöl hergestellt.<br />

Abb.1<br />

Diesel- und Heizöle<br />

70%<br />

Vergaserkraftstoffe<br />

12,5%<br />

Vom Erdöl zum Kunststoff<br />

Erdöl<br />

100%<br />

Benzine<br />

20%<br />

Chemie-Rohstoffe<br />

7,5%<br />

<strong>Kunststoffe</strong><br />

4%<br />

5<br />

Sonstige<br />

10%<br />

andere Chemieprodukte<br />

96%<br />

Polyethylen PVC Polyurethane Polypropylen Polyamide Polyester Polystyrol<br />

1.2. Vielseitigkeit der Kunststoffanwendungen<br />

<strong>Kunststoffe</strong> sind <strong>aus</strong> unserem Leben und unserer Umgebung nicht mehr wegzudenken. Sie sind<br />

neuartige Werkstoffe, deren Verarbeitungsmöglichkeiten neue und überlegene Verfahren der<br />

Formgebung ermöglichen. In der Regel ist bei den <strong>Kunststoffe</strong>n nach der Formgebung keinerlei<br />

Nachbehandlung, etwa ein Anstrich, notwendig. Andererseits lassen sich <strong>Kunststoffe</strong> mit Pigmenten<br />

und anorganischen Füllstoffen versetzen, mit Glasfasern zu neuen Werkstoffen kombinieren oder<br />

mit Metallen zu Sandwich-Konstruktionen oder einseitig beschichteten Formkörpern verarbeiten.<br />

<strong>Kunststoffe</strong> gehören heute zum selbstverständlichen Rüstzeug des Konstrukteurs, des Architekten,<br />

des Modeschöpfers und des Künstlers. Sie sind Grundstoffe, Hilfsmittel, B<strong>aus</strong>toffe und<br />

Konstruktionselemente. <strong>Kunststoffe</strong> haben weitgehend den Ruf billiger Ersatzstoffe verloren; sie<br />

werden anerkannt als Werkstoffe hoher Güte, die es uns gestatten, auf neuen, arbeits- und


zeitsparenden Wegen zu völlig neuen Konstruktionen und Anwendungsgebieten zu gelangen. Sie<br />

tragen wesentlich zur Erforschung des Weltraums bei, helfen der Elektroindustrie, dem Maschinen-<br />

und Fahrzeugbau, dienen der Chemie bei der Gestaltung und Auskleidung von Apparaturen für<br />

moderne chemische Synthesen, erleichtern unser Leben und verschönern unseren Alltag. Moderne<br />

Raumgestaltung, <strong>aus</strong>reichende und zweckmäßige Kleidung, aber auch wichtige Fortschritte in der<br />

Medizin (Implantate, Dialysemembranen, Zahnersatz) und Informationstechnik (Fotoresists,<br />

Lichtleiter, Compact-Discs) wären undenkbar ohne die <strong>Kunststoffe</strong> - diesen Werkstoffen <strong>aus</strong> der<br />

Retorte.<br />

1.3. Heutige Entwicklung des Kunststoffmarktes<br />

Der stetig zunehmende Einsatz von <strong>Kunststoffe</strong>n im Werkstoffbereich spiegelt sich in einer seit<br />

Jahren steigenden Kunststoffproduktion wider. Die Massenkunststoffe Polyethylen, Polypropylen<br />

und Polyvinylchlorid machen zusammen etwa 60 Prozent aller erzeugten <strong>Kunststoffe</strong> <strong>aus</strong>. Neue<br />

Anwendungsgebiete und verbesserte Materialien sind in vielen Fällen das Ergebnis optimierter<br />

Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren. Während neu entwickelte Polymerb<strong>aus</strong>teine nur für<br />

wenige, wenn auch bedeutende Spezialanwendungen eingesetzt werden, nehmen Mischungen<br />

bekannter Polymere mit überraschenden Eigenschaftskombinationen sowie mit Fasergebilden<br />

verstärkte Polymere einen zunehmenden Markt ein.<br />

Diese Aufwärtsentwicklung, deren Ende noch nicht abzusehen ist, verdanken die <strong>Kunststoffe</strong> ihren<br />

besonderen Eigenschaften, die den technischen Bedürfnissen unserer Zeit entgegenkommen. Es<br />

werden heute Stoffe benötigt, die für zahlreiche neue Einsatzgebiete besser sein müssen als die Natur<br />

sie zu liefern vermag.<br />

Aufgrund ihrer enorm gesteigerten Anwendungsmöglichkeiten und der riesigen Produktionsvolumina<br />

der <strong>Kunststoffe</strong> entstanden in den letzten Jahren für Industrie und Gesellschaft zunehmend neue<br />

Probleme und Aufgabenstellungen. Eine dieser wichtigen Technologiefragen ist das Problem des<br />

6


Recyclisierens von <strong>Kunststoffe</strong>n, das wir wegen seiner Bedeutung für die Zukunft in Kapitel 10<br />

dieses Buches <strong>aus</strong>führlich diskutieren.<br />

7


2. Makromolekül und Kunststoff: Begriffsbestimmung<br />

In der Tat ist es erstaunlich, wie vollkommen heute bereits die Eigenschaften vieler <strong>Kunststoffe</strong> sind.<br />

Ist es doch noch gar nicht lange her, seit Hermann Staudinger im Jahre 1922 erstmals die neue<br />

Bezeichnung "Makromoleküle" in Vorschlag brachte. Mittels polymeranaloger Umsetzungen, z.B.<br />

Verseifung von Polyvinylacetat zu Polyvinylalkohol und anschließendem Reacetylieren zum<br />

Polyvinylacetat (Abb. 2) sowie durch gezielten Abbau und Aufbau von Polyoxymethylenen (=<br />

Polyformaldehyd), konnte die Existenz von Riesenmolekülen, in denen alle Atome durch<br />

Hauptvalenzen verknüpft sind, eindeutig geklärt werden. Selbst danach hat es noch viele Jahre<br />

gedauert, bis sich die neuen Erkenntnisse endgültig durchsetzen konnten.<br />

Abb. 2: Umwandlung von Polyvinylacetat und Polyvinylalkohol ineinander<br />

H3C CO O CH<br />

H C CO O CH<br />

3<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

H C 3 CO O<br />

CH2 CH<br />

H C 3 CO O<br />

CH2 CH<br />

Polyvinylacetat<br />

+ OH,<br />

-<br />

- CH -COO<br />

-<br />

3<br />

+ CH 3-COOH, - H 2O<br />

H C 3 CO O C<br />

H<br />

Vinylacetat<br />

8<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

HO CH<br />

CH2 HO CH<br />

CH2 HO CH<br />

CH2 HO CH<br />

Polyvinylakohol<br />

Noch in den Jahren 1928 - 1930 hielten viele Forscher die Existenz derart großer Moleküle, wie sie<br />

für den Aufbau von <strong>Kunststoffe</strong>n benötigt werden, für unmöglich. Sie glaubten, die Eigenschaften<br />

polymerer Substanzen mit Assoziaten aufgrund von Nebenvalenzkräften (s. Kapitel 3.2.) erklären<br />

zu müssen. K.H. Meyer und H. Mark traten für einen micellaren Aufbau von Kolloidteilchen in den<br />

Lösungen makromolekularer Stoffe ein. Erst nach 1935 hat sich die makromolekulare Auffassung<br />

durchsetzen können. Leider ist für das Wort "<strong>Kunststoffe</strong>" bis heute noch keine allgemein anerkannte


Begriffsbestimmung gefunden worden. Die seit Jahren umstrittene Frage einer systematischen und<br />

einheitlichen Werkstoffbezeichnung konnte noch nicht gelöst werden, und die Klassifizierung der<br />

<strong>Kunststoffe</strong> wird noch immer nach verschiedenen Gesichtspunkten vorgenommen , so z.B.<br />

• nach ihrer chemischen Zusammensetzung<br />

• nach der Molekülgestalt<br />

• nach ihrem physikalischen Verhalten<br />

• nach den Verarbeitungsarten des Rohproduktes<br />

• nach Bildungsreaktionen usw.<br />

Zu den sogenannten <strong>Kunststoffe</strong>n zählen auch Kunstfasern, Kunstgläser, Synthesekautschuk,<br />

Schaumstoffe, Klebstoffe, Lackrohstoffe, viele Hilfsstoffe für die Leder-, Textil-, Papier- und<br />

Erdölindustrie. Zählt man einmal nach, so stellt man fest, dass es nur etwa zwei Dutzend wichtige<br />

Kunststoff-Typen, aber mehrere T<strong>aus</strong>end Handels- (also Phantasie-) Bezeichnungen bei den<br />

<strong>Kunststoffe</strong>n gibt. Hierdurch wird es schwierig, ohne Anleitung den richtigen Kunststoff für den<br />

richtigen Anwendungszweck <strong>aus</strong>zuwählen.<br />

Die Fülle der angebotenen Materialien erscheint unüberschaubar. Um den Überblick also nicht zu<br />

verlieren, benötigt man eine vernünftige Einteilung. Vom Fachnormen<strong>aus</strong>schuss <strong>Kunststoffe</strong> im<br />

Deutschen Normen<strong>aus</strong>schuss wurde eine Begriffsbestimmung vorgeschlagen, die für die Zwecke<br />

eines Lehrbuches so <strong>aus</strong>sagekräftig ist, dass sie hier herangezogen werden soll, obwohl sie<br />

inzwischen vielfach abgewandelt wurde:<br />

"<strong>Kunststoffe</strong>" oder "Plaste" sind danach Materialien, die<br />

A) in ihren wesentlichen Bestandteilen organischer Natur sind,<br />

B) <strong>aus</strong> <strong>Makromolekülen</strong> aufgebaut sind (d.h. mindestens 10 2 Grundb<strong>aus</strong>teine ent-<br />

halten, die durch Hauptvalenzen miteinander verknüpft sind),<br />

C) durch Synthese oder durch Umwandlung von Naturprodukten entstehen.<br />

9


zu A): Die <strong>Kunststoffe</strong> sind in ihren wesentlichen Bestandteilen organischer Natur<br />

Die <strong>Kunststoffe</strong> gehören somit aufgrund ihrer chemischen Konstitution in den Bereich der<br />

organischen Chemie, die allgemein auch als die Chemie der Kohlenstoffverbindungen bezeichnet<br />

wird. Mineralische Hochpolymere, wie z.B. Diamant, Glimmer, Graphit, Asbest oder Glas, gehören<br />

nicht zur Klasse der <strong>Kunststoffe</strong>.<br />

Das Element Kohlenstoff als der Grundstoff der organischen Chemie nimmt unter den Elementen<br />

insofern eine her<strong>aus</strong>ragende Sonderstellung ein, als seine Atome bekanntlich durch die seltene, aber<br />

entscheidende Fähigkeit <strong>aus</strong>gezeichnet sind, sich in vielseitiger Weise aneinander zu binden. Diese C-<br />

C-Bindungen können sowohl in Form von Ketten (acyclische Verbindungen) als auch in Form von<br />

Ringen (cyclische Verbindungen) auftreten. Auf der Fähigkeit zu derartigen Verknüpfungen beruht<br />

die unübersehbare Mannigfaltigkeit der Kohlenstoff-Verbindungen (weit über eine halbe Million) und<br />

damit auch die stoffliche Grundlage der Kunststoff-Chemie. Dies schließt natürlich nicht <strong>aus</strong>, dass<br />

<strong>Kunststoffe</strong>, wie auch organische Moleküle im allgemeinen, Heteroatome (insbesondere O, N, S, Cl)<br />

enthalten können.<br />

Auf dieser Stufe der Definition bleibt jedoch die Klasse der Silikone unberücksichtigt, da diese sich<br />

<strong>aus</strong> Si-O-Si-O-Sequenzen anstatt <strong>aus</strong> C-C-Ketten aufbauen.<br />

Zu B): Die <strong>Kunststoffe</strong> sind <strong>aus</strong> <strong>Makromolekülen</strong> aufgebaut<br />

In allen <strong>Kunststoffe</strong>n, mögen sie äußerlich noch so verschieden sein, ist das gleiche Bauprinzip, die<br />

gleiche Architektur im Allerkleinsten zu finden. Sie sind <strong>aus</strong> vielen kleinen Einheiten aufgebaut, um<br />

es mit einem Fach<strong>aus</strong>druck zu sagen: makromolekular.<br />

10


Solche Makromoleküle entstehen dadurch, dass eine Vielzahl kleiner gleichartiger oder artverwandter<br />

Moleküle (sogenannte Monomere oder Grundb<strong>aus</strong>teine) über Hauptvalenzbindungen (kovalente<br />

Bindungen) miteinander verknüpft werden.<br />

Derartige Makromoleküle sind fadenförmige Riesenmoleküle. Eine regelmäßige und häufige<br />

Aufeinanderfolge der Grundb<strong>aus</strong>teine ist charakteristisch für den Strukturaufbau der <strong>Kunststoffe</strong>.<br />

Dadurch unterscheiden sie sich bereits wesentlich von den uns bisher bekannten niedermolekularen<br />

Stoffen.<br />

Abb. 3: Verknüpfung von Monomeren zu Polymeren<br />

Viele kleine Moleküle großes Fadenmolekül<br />

H 2 C CH 2 + H 2 C CH 2 + H 2 C CH 2<br />

Wenn man eine Grenze zwischen makromolekularen und niedermolekularen Verbindungen ziehen<br />

will - beide Gruppen sind natürlich durch einen kontinuierlichen Übergang verbunden - so kann man<br />

die Stoffe, die ein Molekulargewicht über 10.000 haben, deren Molekül also <strong>aus</strong> etwa 1000 und mehr<br />

Atomen aufgebaut sind, als makromolekular bezeichnen. Moleküle mit einer geringeren Anzahl sich<br />

wiederholender Einheiten werden Oligomere genannt.<br />

Eine obere Grenze für die Größe der Makromoleküle lässt sich bis heute nicht angeben. Die als<br />

<strong>Kunststoffe</strong> verwendeten Polymeren haben im allgemeinen Molekulargewichte der Größenordnung<br />

10 4 - 10 6 . Bei natürlich vorkommenden Verbindungen sind Molekulargewichte von mehreren<br />

Millionen bekannt.<br />

11<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2


Zu C): <strong>Kunststoffe</strong> entstehen durch Synthese oder Umwandlung von Naturprodukten<br />

Zur Herstellung hochpolymerer Werkstoffe bieten sich der Kunststoff-Chemie aufgrund der zur<br />

Verfügung stehenden Ausgangsprodukte zwei grundverschiedene Möglichkeiten:<br />

- Die Umwandlung von Naturprodukten, die bereits als hochmolekulare<br />

Verbindungen vorliegen (z.B. Cellulose, Kasein; ab 1875)<br />

- Die verschiedenen Methoden der Synthese wie: Polykondensation (ab 1910)<br />

12<br />

Polymerisation (ab 1930)<br />

Polyaddition (ab 1940)<br />

Die umgewandelten Naturprodukte werden an dieser Stelle - um den Rahmen der Betrachtungen<br />

nicht zu sprengen - nicht behandelt.<br />

Eine tiefgreifende stoffliche Erweiterung, durch die die <strong>Kunststoffe</strong> ihre heutige Bedeutung auf dem<br />

Weltmarkt erlangt haben, ist erst durch die Entwicklung der oben angeführten chemischen Synthese-<br />

Verfahren ermöglicht worden. Diese werden im Kapitel 6 <strong>aus</strong>führlich diskutiert.


3. Strukturprinzipien<br />

Die Feststellung, <strong>aus</strong> welchen Atomen ein Makromolekül zusammengesetzt ist, sagt noch nichts<br />

Entscheidendes über seinen Aufbau. So gibt es z.B. eine ganze Reihe makromolekularer Stoffe, die<br />

nur <strong>aus</strong> Kohlenstoff und Wasserstoff aufgebaut sind, aber ganz verschiedene Eigenschaften haben<br />

wie: Polyethylen, Polypropylen, Naturkautschuk, Polystyrol, Polyisobutylen, Polybutadien. Ent-<br />

scheidend ist, wie die verschiedenen Atome miteinander verbunden sind und wie ihr Verhältnis<br />

untereinander ist.<br />

Die Größe der Makromoleküle bedingt Variationsmöglichkeiten ihrer Gestalt und Ordnung, wie dies<br />

z.B. auch bei Gebäuden der Fall ist: So wie man hier <strong>aus</strong> der gleichen Anzahl von B<strong>aus</strong>teinen ganz<br />

verschiedene Häuser errichten kann, so unterscheiden sich auch die Makromoleküle weitgehend in<br />

ihrer Gestalt und Ordnung, aber auch durch die Art und Anordnung der an ihrem Aufbau beteiligten<br />

Atome (= chemischer Aufbau).<br />

Wissenschaftlich lassen sich diese Strukturprinzipien so beschreiben, dass man ein komplex<br />

aufgebautes Polymer gedanklich zuerst auf seine elementaren Atomb<strong>aus</strong>teine und deren gegenseitige<br />

chemische Verknüpfung zurückführt (Primärstruktur). Anschließend beschreibt man die räumliche<br />

Anordnung des so definierten einzelnen Makromoleküls (Sekundärstruktur). Zuletzt ist es jedoch<br />

von entscheidender Bedeutung zu erkennen, wie sich mehrere Makromoleküle zu mikroskopisch<br />

oder mit bloßem Auge sichtbaren Aggregaten zusammenfinden (Tertiär- oder Aggregatstruktur), da<br />

diese einen entscheidenden Einfluss auf die Werkstoffeigenschaften eines <strong>Kunststoffe</strong>s haben.<br />

Zum Verständnis von Struktur-Eigenschafts-Beziehungen ist diese Systematik der Struktur-<br />

prinzipien sehr hilfreich. Diese werden im folgenden im Detail erläutert.<br />

13


3.1. Primärstruktur<br />

Der chemische Aufbau der Polymeren hängt von der Art der eingesetzten Monomeren, bei<br />

Monomergemischen von dem Verhältnis und der Verknüpfungsart (statistisch, alternierend,<br />

sequentiell) der miteinander polymerisierenden Monomerb<strong>aus</strong>teinen ab. Die chemische<br />

Zusammensetzung gibt die relative Atomzusammensetzung wieder, wie sie in der Elementaranalyse<br />

erfasst wird. Der Aufbau der Polymerkette wiederum kann linear sein, das Polymer kann verzweigt<br />

(strauchartig) oder aber auch vernetzt sein. Vernetzte Polymere können prinzipiell auch in größeren<br />

Formteilen nur <strong>aus</strong> einem einzigen riesigen Polymermolekül bestehen. Die uns <strong>aus</strong> der organischen<br />

Chemie bekannten Strukturelemente zur exakten Wiedergabe eines Moleküls umfassen<br />

a) Konstitution (Beschreibung der Atomsequenz)<br />

b) Konfiguration (Beschreibung der räumlichen Anordnung ohne Berücksichtigung von<br />

Drehungen um Einfachbindungen)<br />

c) Konformation (Beschreibung der exakten räumlichen Anordnung unter Berücksichtigung<br />

von Drehungen um Einfachbindungen)<br />

Unterschiede in Konstitution, Konfiguration und Konformation führen bei niedermolekularen<br />

Verbindungen zu unterscheidbaren Isomeren. Die Primärstruktur von Polymeren wird durch<br />

Konstitution und Konfiguration der Kettenb<strong>aus</strong>teine bestimmt. Die Konformation der<br />

Polymerketten und ihre Beschreibung ist Gegenstand der Sekundärstruktur (s. 3.2.).<br />

Gerade die Art der Verknüpfung der Monomeren ist für viele Eigenschaften der <strong>Kunststoffe</strong> von<br />

Bedeutung. So können z.B. in Vinylpolymeren prinzipiell (s. Kapitel 6.3.1., Abb. 28) zwei<br />

verschiedene Anordnungsmöglichkeiten der Monomeren vorkommen, nämlich die Kopf-Schwanz-<br />

Struktur und die Kopf-Kopf-Struktur (Abb. 4).<br />

H H<br />

C<br />

C<br />

X<br />

H<br />

14<br />

n


Abb. 4: Konstitutions-Isomere: Kopf-Schwanz- bzw. Kopf-Kopf-Struktur<br />

X X X X X<br />

Kopf-Schwanz-Struktur<br />

1,3-Stellung der Substituenten X<br />

X<br />

15<br />

X<br />

X<br />

Kopf-Kopf-Struktur<br />

1,2-Stellung der Substituenten X<br />

Aus energetischen und sterischen Gründen ist die Kopf-Kopf-Struktur allerdings ein seltener<br />

Ausnahmefall. Die meisten Vinylpolymere bevorzugen die Kopf-Schwanz-Anlagerung, wobei es<br />

aber nur schwer zu beweisen ist, dass diese Regelmäßigkeit der Anordnung nicht doch in einigen<br />

wenigen Fällen unterbrochen ist.<br />

Bei der Polymerisation von 1,3-Dienen (z.B. Butadien) lassen sich zwei Konstitutionsisomere<br />

unterscheiden, die durch 1,2- bzw. 1,4-Polymerisation entstanden sind. Die sich im 1,4-<br />

Polybutadien neu bildenden Doppelbindungen können außerdem cis- und trans-konfiguriert sein.<br />

X<br />

X


Abb. 5: Isomere bezüglich Konstitution (1,2- bzw. 1,4-Anordnung) und Konfiguration<br />

(trans- bzw. cis-Anordnung)<br />

1,2-Polybutadien<br />

Butadien<br />

all-trans-1,4-<br />

Polybutadien<br />

R<br />

R<br />

all-trans-1,4-<br />

Polybutadien<br />

bzw. -isopren<br />

16<br />

R<br />

R<br />

2-Methyl-1,3-butadien<br />

oder Isopren<br />

R<br />

all-cis-1,4<br />

Polybutadien<br />

bzw. -isopren<br />

Die Bezeichnungen "all-trans"- bzw. "all-cis"- deuten bereits an, dass hiermit nur zwei Grenzfälle<br />

formuliert wurden. In der Praxis lässt sich durch präparative Kniffe das Verhältnis von cis- zu trans-<br />

konfigurierten Doppelbindungen ebenso wie das Verhältnis von 1,2- zu 1,4-Polymerisat in weiten<br />

Bereichen wählen. Dies hat entscheidenden Einfluss auf die Materialeigenschaften. So entspricht<br />

z.B. das all-cis-konfigurierte Polyisopren (s. Abb. 5 für R = CH3) dem Naturkautschuk mit seinen<br />

bekannten elastischen Eigenschaften. Das all-trans-1,4-Polyisopren hingegen kommt in der Natur als<br />

Guttapercha vor und ist kristallin und unelastisch. Im Kapitel 4.2.2. werden diese<br />

Eigenschaftsunterschiede <strong>aus</strong> den Strukturkennzeichen näher erläutert.


An dieser Stelle muss jedoch auf eine weitere Differenzierung der Primärstruktur von<br />

<strong>Makromolekülen</strong> bezüglich ihrer Konfiguration hingewiesen werden. Schon in den beiden<br />

vorangegangenen Abbildungen waren Makromoleküle mit tertiären C-Atomen innerhalb einer<br />

Vinylkette zu sehen, die vier unterschiedliche Substituenten enthielten. Diese tertiären C-Atome<br />

sind als Asymmetriezentren (vergl. z.B. Milchsäure) zu betrachten, an denen der Substituent X in<br />

zwei räumlich unterschiedlichen Anordnungen, R- bzw. S-Konfiguration, gebunden sein kann. Wenn<br />

alle Substituenten einer Vinylkette die gleiche Orientierung aufweisen (also alle R- oder alle S-<br />

Anordnung), dann nennt man das Makromolekül "isotaktisch". Wechseln beide Konfigurationen<br />

regelmäßig ab (R-S-R-S-R-S), dann spricht man von "syndiotaktischen" Polymeren.<br />

Die meisten radikalisch hergestellten Polymere haben keine regelmäßige sterische Anordnung der<br />

Substituenten. R- und S-Konfiguration folgen rein zufällig aufeinander. Man nennt diese Polymere<br />

"ataktisch" (Abb. 6).<br />

Abb. 6: Konstitutions-Isomere des Polypropylens bezüglich Taktizität<br />

a) isotaktische Anordnung<br />

b) syndiotaktische Anordnung<br />

c) ataktische Anordnung<br />

a)<br />

b)<br />

c)<br />

CH 3 CH 3 CH 3 CH 3 CH 3 CH 3 CH 3<br />

CH3 CH 3 CH3 CH3 CH 3 CH3 CH3 CH CH CH CH CH CH CH 3 3 3 3 3 3 3<br />

Während sich Polymere unterschiedlicher Taktizität in gelöstem Zustand sehr ähnlich verhalten,<br />

unterscheiden sie sich ansonsten deutlich. Während z.B. ataktisches Polypropylen ein weiches,<br />

elastisches, gummiartiges Material ist, zeigen iso- und syndiotaktisches Polypropylen einen hohen<br />

17


Anteil an Kristallinität, was die Verarbeitung zu Rohren, Folien oder Fäden ermöglicht.<br />

Polypropylen z.B. ist durch Wahl geeigneter Reaktionsbedingungen (Katalysator, Temperatur,<br />

Solvens) in allen drei stereoisomeren Formen darstellbar. Man spricht hierbei von stereospezifischen<br />

Polymerisationen.<br />

Bis zu dieser Stelle wurde die Primärstruktur von <strong>Makromolekülen</strong> an den einfachsten Beispielen,<br />

kettenförmigen <strong>aus</strong> nur einem Monomer aufgebauten Strukturen, erläutert (unverzweigte Homo-<br />

polymerisate). Die Primärstruktur umfasst auch die sehr bedeutenden Aspekte, dass Makromoleküle<br />

<strong>aus</strong> mehreren unterschiedlichen Monomeren aufgebaut sein und molekulare Verzweigungen und<br />

Vernetzungen aufweisen können. Diesen Themen sind die beiden folgenden Abschnitte gewidmet.<br />

3.1.1. Copolymere<br />

Wenn zwei (oder mehrere) unterschiedliche Monomere in eine Polymerkette eingebaut werden,<br />

entstehen sogenannte "Co- oder Mischpolymerisate". Je nach Art der Sequenz zweier in "einem"<br />

Makromolekül enthaltenen Monomere A und B spricht man von binären<br />

statistischen Copolymerisaten -A-A-B-A-B-B-A-B-A-A-A-<br />

alternierenden Copolymerisaten -A-B-A-B-<br />

und Block-Copolymerisaten oder Segment-Copolymerisaten -A-A-A-A-B-B-B-B-<br />

Sind bei einem verzweigten Produkt die Verzweigungen <strong>aus</strong> einem anderen Monomer aufgebaut als<br />

die Hauptkette, so spricht man von einem "Pfropfcopolymerisat".<br />

A-A-A-A-A-A-A-A-A-A-A-A-A-A-A-A<br />

B B<br />

B<br />

B B<br />

B<br />

B B<br />

B<br />

B B<br />

B<br />

18


Zur Begriffsabgrenzung sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass ein Kunststoff auch <strong>aus</strong><br />

verschiedenen Monomeren in der Art aufgebaut sein kann, dass jedes enthaltene Makromolekül für<br />

sich ein Homopolymerisat darstellt, aber in verschiedenen Molekülen unterschiedliche Monomere<br />

eingebaut wurden. Es handelt sich bei diesem Kunststoff dann um eine Mischung verschiedener<br />

Polymere, die man auch Polymer-Blend oder Polymer-Legierung nennt (s. Kapitel 8.2.3.).<br />

19


3.1.2. Verzweigte/vernetzte Makromoleküle<br />

Für die Gestalt der Makromoleküle lassen sich ganz allgemein drei extreme Fälle denken:<br />

1) unverzweigte, lineare (faden- oder kettenförmige) Gestalt:<br />

2) verzweigte (strauchähnliche) Gestalt:<br />

3) (flächennetz- oder) raumnetzförmige Gestalt:<br />

Ausschnitt<br />

20<br />

höherfunktionelles Monomer<br />

= Vernetzer<br />

CH2-OH H C 3<br />

CH2-OH CH -OH 2<br />

oder<br />

Die flächennetzförmige Gestalt ist bisher nur bei Glimmer und Graphit, jedoch noch nicht bei<br />

nichtmineralischen hochpolymeren Werkstoffen gefunden worden.<br />

O<br />

H 3 C<br />

H 2<br />

C<br />

oder<br />

CH 3<br />

C<br />

H 2<br />

O<br />

O


Verzweigte Polykondensate (s. Kapitel 6.2.) entstehen in Gegenwart von Monomeren mit einer<br />

Funktionalität größer als zwei.<br />

Die Polymerisation (s. Kapitel 6.3.) von Alkenen führt schon bei Anwesenheit von bifunktionellen<br />

Monomeren zu verzweigten Strukturen. Das höherfunktionelle Monomer kann also Anlass zu<br />

Verzweigungen geben. Bei Anwesenheit vieler Verzweigungen in einem Makromolekül kann ein<br />

polymeres Material <strong>aus</strong> nur einem einzigen Molekül bestehen, das weitgehend vernetzt ist. Diese<br />

höherfunktionellen Monomere werden deshalb auch als Vernetzer bezeichnet. Man spricht im<br />

allgemeinen dann von vernetzten <strong>Makromolekülen</strong>, wenn diese durch zunehmende Verzweigung in<br />

allen Lösemitteln unlöslich geworden sind. Ein teilvernetztes Polymer hingegen besteht <strong>aus</strong> löslichen<br />

und unlöslichen <strong>Makromolekülen</strong>.<br />

Von der Struktur her besteht zwischen verzweigten und vernetzten <strong>Makromolekülen</strong> nur ein geringer<br />

Unterschied, nämlich die Höhe der Vernetzungsdichte. Abbildung 7a zeigt schematisch drei<br />

verzweigte Makromoleküle. Diese wurden durch Erhöhung der Vernetzungsdichte in vernetzte<br />

Makromoleküle überführt, indem die Anzahl der Verknüpfungspunkte (Abb. 7b) bzw. der<br />

Polymerisationsgrad (Abb. 7c) erhöht wurde.<br />

Dieser strukturelle Unterschied hat jedoch einen dramatischen Einfluss auf das qualitative Verhalten<br />

des Polymers. Das vernetzte Polymer ist in allen Lösemitteln unlöslich; in Abhängigkeit vom<br />

Vernetzungsgrad und der Art des Lösemittels quillt das Polymer bei Lösemittelkontakt nur an (es<br />

saugt das Lösemittel ähnlich wie ein Schwamm auf ).<br />

Es entsteht ein sogenanntes Gel. Der Grad der Quellung nimmt mit steigendem Vernetzungsgrad ab.<br />

Die Erscheinung der Quellung zeigen zwar alle Polymere hohen Polymerisationsgrades, jedoch<br />

gehen unvernetzte Polymere mit der Zeit in viskose Lösungen über, während die Quellung der<br />

vernetzten Polymere scharf begrenzt ist und eine Erhöhung der Lösemittelmenge nur zu einer<br />

separaten Lösemittelphase führt.<br />

21


Entstehen die Vernetzungsbindungen nicht zwischen verschiedenen wachsenden <strong>Makromolekülen</strong><br />

(intermolekulare Vernetzung), sondern zwischen verschiedenen Bereichen eines einzigen<br />

Makromoleküls (intramolekulare Vernetzung), so spricht man von der Bildung von Mikrogelen.<br />

Abb. 7: Vernetzung dreier verzweigter Makromoleküle (a) durch Erhöhung der Anzahl an<br />

a)<br />

Verknüpfungspunkten (b) bzw. durch Erhöhung des Polymerisationsgrades (c)<br />

b)<br />

c)<br />

Bei einer Polymerisation in Lösung kann die viskose Reaktionslösung innerhalb weniger Sekunden in<br />

ein vernetztes Gel übergehen. Dieses Phänomen erklärt sich zwangsläufig <strong>aus</strong> den obigen<br />

Ausführungen durch die Überschreitung einer kritischen Vernetzungsdichte. Der Zustand beim<br />

plötzlichen Überschreiten der kritischen Vernetzungsdichte wird als Gelpunkt bezeichnet.<br />

22


3.2. Sekundärstruktur und zwischenmolekulare Bindungskräfte<br />

Bevor die höchst interessante Sekundärstruktur der Makromoleküle näher erläutert wird, zunächst<br />

einige hierzu notwendige Bemerkungen über die sogenannten zwischenmolekularen Bindungskräfte<br />

(auch Nebenvalenz- oder Sekundärbindungskräfte genannt), die von entscheidendem Einfluss auf<br />

das Verhalten der <strong>Kunststoffe</strong> sind:<br />

Man versteht darunter die Bindungskräfte zwischen den einzelnen Molekülen. (Im Gegensatz dazu<br />

bezeichnet man die wesentlich stärkeren Bindungen der Atome innerhalb eines Moleküls als<br />

Hauptvalenz-, Primär- oder kovalente Bindungen).<br />

Die Stärke der Sekundärbindungskräfte ist abhängig<br />

- vom chemischen Aufbau, der Größe, Gestalt und Ordnung der Moleküle und<br />

- von äußeren Einflüssen (Temperatur) und Einwirkung von Fremdmolekülen.<br />

Niedermolekulare Substanzen mit einheitlichen Molekülen besitzen definierte Sekundärbindungs-<br />

kräfte. Sie liegen deshalb in bestimmten Aggregatzuständen vor:<br />

fest - flüssig - gasförmig<br />

Beim Erwärmen werden die Sekundärbindungskräfte an festliegenden Umwandlungspunkten<br />

(Schmelzpunkt - Siedepunkt) durch Wärmeenergie überwunden. Die Stärke der Sekundärbindungskräfte<br />

wächst mit der Berührungsfläche der Moleküle untereinander, also mit der Molekülgröße und<br />

dem Grad der Molekülordnung. Außerdem ist die Intensität dieser Sekundärkräfte von der Zahl<br />

polarer Gruppen (z.B. Carbonamidgruppen) im Molekül abhängig.<br />

Bei den makromolekularen Stoffen wird somit einerseits der Zusammenhalt der Moleküle durch ihre<br />

Größe begünstigt, andererseits durch mangelnde Molekülordnung beeinträchtigt. Außerdem ergeben<br />

schwankende Molekülgröße und wechselnder Ordnungsgrad Sekundärbindungskräfte sehr<br />

23


unterschiedlicher Stärke. Deshalb treten verschiedene <strong>Kunststoffe</strong> in einer breiten Skala von<br />

Übergangsformen zwischen dem festen und flüssigen Zustand auf.<br />

Beim Erwärmen eines Polymers, dessen Makromoleküle immer eine Molekulargewichtsverteilung<br />

aufweisen, werden die Sekundärbindungen auch zwischen den <strong>Makromolekülen</strong> in mehr oder<br />

weniger breiten Temperaturbereichen überwunden, wodurch eine mehr oder weniger schnelle<br />

Erweichung oder Verflüssigung eintritt.<br />

Die Sekundärbindungskräfte beruhen auf verschiedenen intermolekularen Anziehungskräften. Wir<br />

unterscheiden im wesentlichen zwischen:<br />

A) Van-der-Waals-Kräfte (Dispersionskräfte)<br />

Es sind dies in der Materie allgemein wirkende ungerichtete Anziehungskräfte zwischen den<br />

Molekülen. Es handelt sich bei ihnen letzten Endes um eine elektrostatische Wirkung, die durch den<br />

Aufbau der Atome und Moleküle <strong>aus</strong> Elektronen und positiv geladenen Kernen bedingt ist.<br />

B) Dipol-Dipol-Wechselwirkungen<br />

Hierunter versteht man die elektrostatische Anziehungskraft, die zwischen dem positiv geladenen<br />

(bzw. partiell positiv geladenen) Teil eines Moleküls und einem negativen Molekülteil wirkt.<br />

+<br />

-<br />

-<br />

+<br />

C) Wasserstoffbrücken-Bindungen<br />

Hier liegt eine besonders wirkungsvolle Dipol-Dipol-<br />

Anziehung vor, bei der ein Wasserstoffatom als Brücke<br />

24<br />

R<br />

H O<br />

R O H<br />

H<br />

R<br />

R N R<br />

O<br />

R


zwischen zwei elektronegativen Atomen (insbesondere O, N oder F) fungiert, wobei es mit dem<br />

einen Atom durch eine kovalente Bindung, mit dem anderen nur durch elektrostische Kräfte ( ... )<br />

verbunden ist.<br />

Mit 1 - 2 kJ/mol hat eine Wasserstoffbrücken-Bindung üblicherweise nur etwa 1/10 der Stärke einer<br />

kovalenten Bindung, ist aber viel <strong>aus</strong>geprägter als andere Dipol-Dipol-Anziehungen oder gar reine<br />

van-der-Waals-Kräfte. Gerade die Wasserstoffbrücken-Bindungen sind für die Festigkeit mancher<br />

Hochpolymere <strong>aus</strong>schlaggebend (Polyamide, Polyurethane, Polyvinylalkohol, Polynukleotide).<br />

Der Einfluss dieser drei unterschiedlichen Sekundärbindungskräfte auf die Sekundärstruktur eines<br />

Makromoleküls bzw. die Tertiärstruktur von Makromolekülaggregaten ist wohl am eingehendsten<br />

bei den Polypeptiden untersucht worden. Die Größe der sperrigen Seitenketten R beeinflusst dort<br />

die van-der-Waals-Kräfte, die polaren Peptidbindungen bewirken Dipol-Dipol-Wechselwirkungen<br />

und die C = O ... HN - Wasserstoffbrücken sind besonders für den Aufbau von α-helicalen (Abb. 8a)<br />

bzw. Faltblattstrukturen (Abb. 8b) verantwortlich.<br />

Abb. 8: Helix- (a) und Faltblattstruktur (b) von Polypeptiden<br />

a) b)<br />

25


Zur Erinnerung: Die Sekundärstruktur beschreibt die räumliche Anordnung eines einzelnen Makro-<br />

moleküls und wird durch die Sekundärbindungskräfte beeinflusst.<br />

Die helicale Sekundärstruktur ist hierbei ebenso die Ausnahme wie die Anordnung des<br />

Makromoleküls als gestreckte Kette. Bei synthetischen amorphen <strong>Makromolekülen</strong> ist das stati-<br />

stische Knäuel die dominierende Sekundärstruktur. Kristalline oder teilkristalline Polymere ent-<br />

halten besonders häufig gefaltete Makromolekülketten.<br />

Abb. 9: Sekundärstrukturen verzweigter und unverzweigter Makromoleküle<br />

a) gestreckte Kette<br />

b) ungeordnetes Knäuel<br />

c) gefaltete Kette<br />

d) Helix<br />

Wie bereits erwähnt beeinflussen die Sekundärbindungskräfte auch die Aggregation verschiedener<br />

Makromoleküle untereinander. Die entstehenden Tertiär- (oder Aggregat-) Strukturen werden im<br />

folgenden Kapitel erläutert.<br />

26


3.3. Tertiärstruktur<br />

Mit der Einführung der Tertiärstruktur wird der Übergang von der rein molekularen Ebene zu<br />

mikroskopisch oder sogar mit bloßem Auge sichtbaren Aggregaten verschiedener Makromoleküle<br />

beschritten. Diese Aggregate erzeugen nicht nur den sogenannten Aggregatzustand des Polymers<br />

zwischen fest und flüssig, sondern auch sein Maß an Kristallinität (z.B. in Form eines Fadens, einer<br />

Fransenmizelle, eines Sphärolithen oder eines lamellenartigen Einkristalls) bzw. die völlige<br />

Unordnung des amorphen Zustandes (z.B. in Form von ineinander verflochtenen statistischen<br />

Knäulen). Die hier erwähnten unterschiedlichen, möglichen Tertiärstrukturen sollen im folgenden<br />

kurz erklärt werden.<br />

Der amorphe Zustand wird in Abb. 10 a durch ein Bindfadenmodell verflochtener statistischer<br />

Knäule symbolisiert. Die Fadenmoleküle erfüllen den Raum als äußerst dicht verknäuelter Filz. Der<br />

einzelne Faden darin ist nicht geradlinig gestreckt, nicht starr, sondern in einem Zustand wechselnder<br />

Knäuelung entsprechend der Drehbarkeit der C-Atome gegeneinander. Die Makromoleküle solcher<br />

amorpher Thermoplaste (s. Kapitel 4.1.) werden bei tiefen Temperaturen durch Sekundärkräfte so<br />

stark festgehalten, dass sie sich nicht gegeneinander bewegen können. Amorphe <strong>Kunststoffe</strong> sind<br />

deshalb glasartig und spröde.<br />

Abb. 10: Tertiärstrukturen<br />

a) völlige Unordnung (amorpher<br />

Zustand): Bindfadenmodell von<br />

verflochtenen statistischen<br />

Knäulen<br />

27


) teilkristalliner Zustand:<br />

Bindfadenmodell von Fransenmizellen<br />

(Kristallite von 16 - 40 nm Länge)<br />

c) und elektronenmikroskopische Aufnahme<br />

einer Polyethylenbruchfläche, die die<br />

geordneten Bereiche deutlich zeigt.<br />

d) Kristalline Sphärolith-Bereiche (Durchmesser der kugelförmigen Überstrukturen bis 0,25 mm)<br />

liegen neben amorphen Bereichen vor<br />

28


e) Lichtmikroskopische Aufnahme<br />

eines Sphärolithen <strong>aus</strong> isotaktischem<br />

Polystyrol.<br />

f) Kristalliner Zustand z.B. schematisch als lamellenförmiger Einkristall dargestellt, dessen<br />

Zusammenlagerung über Korngrenzen hinweg in einer elektronenmikroskopischen Aufnahme des<br />

Polyethers Penton ® (Poly-3,3-di-(chlormethyl)oxacyclobutan) deutlich wird.<br />

Fasern sind durch eine große Zugfestigkeit in<br />

Faserrichtung gekennzeichnet. Diese hohe Zugfestigkeit<br />

einiger Kunstfasern kann durch<strong>aus</strong> vergleichbar mit jener<br />

des Stahls sein und resultiert <strong>aus</strong> dem molekularen<br />

Aufbau. Lange, "fadenartige" Molekülketten liegen<br />

nämlich streng räumlich gerichtet eine neben der anderen.<br />

Diese Einschränkung der Anordnungsmöglichkeiten bedingt natürlich einerseits eine ungünstige En-<br />

tropie (Maß für Unordnung) des Systems. Andererseits gestatten diese Regelmäßigkeit und der enge<br />

Zusammenhalt der Moleküle die Ausbildung starker intermolekularer Kräfte, die sich günstig auf die<br />

29


Enthalpie (den Wärmeinhalt) des Systems <strong>aus</strong>wirken. Verwendungsmöglichkeiten von<br />

<strong>Makromolekülen</strong> hängen entscheidend von diesem "Tauziehen" zwischen Enthalpie und Entropie<br />

ab. In einer Faser gewinnt die Enthalpie über die Entropie aufgrund dominierender intermolekularer<br />

Kräfte.<br />

Die Ausrichtung der Moleküle einer Faser kann durch Verstrecken eines amorphen <strong>Kunststoffe</strong>s in<br />

der Wärme erreicht werden. Durch das Strecken werden die zwischenmolekularen Kräfte maximal<br />

wirksam. Sind die zwischenmolekularen Kräfte sehr klein, so kann der Verband der statistisch<br />

ungeordneten Makromoleküle nach dem Aufheben der Zugspannung wieder in seine ungeordnete<br />

Gleichgewichtslage zurückkehren.<br />

Wenn sich jedoch beim Strecken z.B. Wasserstoffbrücken <strong>aus</strong>bilden können, wie z.B. beim<br />

Polyamid (Perlon ® oder Nylon ® ), dann wird die gestreckte Form fixiert, d.h. die makromolekulare<br />

Verbindung ist weitgehend in den kristallisierten Zustand übergegangen und hat Faserstruktur<br />

angenommen.<br />

Versuche Nr. 1 und 2<br />

Vor der Beschreibung weiterer Tertiärstrukturen sollen nun erst einige allgemeine Bemerkungen über<br />

den Kristallzustand gemacht werden.<br />

Ein Kunststoff liegt im allgemeinen nicht in völlig kristalliner Form vor. Mit einsetzender<br />

Verfestigung des M aterials wird die Bewegungsmöglichkeit der Makromoleküle so eingeschränkt,<br />

dass sie sich nicht mehr in einem so regelmäßigen Muster anordnen können, wie dies für die<br />

Kristallbildung erforderlich wäre. Die Ketten verstricken sich aufgrund behinderter Rotationen um<br />

Einfachbindungen ineinander, wodurch Feststoffe entstehen, in denen sehr kleine kristalline Gebiete<br />

(sog. Kristallite) in amorphes Material eingebettet sind (2-Phasenmodell). Der Kristallinitätsgrad<br />

eines Polymers beschreibt den Anteil, zu dem es <strong>aus</strong> Kristalliten aufgebaut ist.<br />

30


Definitionsgemäß bezeichnet man einen Körper als kristallin, wenn sich seine elementaren B<strong>aus</strong>teine,<br />

z.B. Grundmoleküle, in drei nicht in einer Ebene liegenden Raumrichtungen in regelmäßigen<br />

Abständen wiederholen. Durch drei nicht koplanare Vektoren wird ein Raumgitter festgelegt, durch<br />

dessen Gitterpunkte sich zahlreiche zueinander parallele Netzebenen legen lassen. Man kann einen<br />

Körper nur dann als kristallin bezeichnen, wenn solche Netzebenen existieren.<br />

In der Natur sind solche Kristallsysteme am meisten verbreitet, die sich auf die kubisch oder<br />

hexagonal dichteste Kugelpackung von Elementarteilchen zurückführen lassen. Die Kompliziertheit<br />

der Bindungskräfte und die Existenz der gerichteten Bindungen lassen bei den synthetischen<br />

Hochpolymeren im Gegensatz zu den anorganischen Kristallen wesentlich verwickeltere Strukturen<br />

entstehen. Es herrschen monokline, rhombische und trikline Kristallformen vor.<br />

Bei makromolekularen Stoffen befinden sich im kristallisierten Zustand die Atome der parallel (wie<br />

Streichhölzer in einer Schachtel) gelagerten Molekülketten abschnittsweise in kristalliner Ordnung.<br />

Sie besetzen die Gitterpunkte eines Kristallgitters. Die Ketten liegen dabei meist in Lamellen oder<br />

Netzebenen, die durch Nebenvalenzkräfte zusammengehalten werden.<br />

Die Kristallbildung wird durch die Struktur der Monomereinheiten und durch die Art der<br />

Polymerisation bzw. Polykondensation festgelegt. Sind die entstandenen Makromoleküle verknäuelt<br />

oder verfilzt, so wird auch bei der Lösung in beliebigen Lösemitteln und beim Schmelzen die<br />

Verknäuelung kaum verschwinden. Das Molekül "schwimmt" unter Einlagerung von Lösemitteln<br />

und scheidet sich dann als Ganzes beim Verdunsten oder der Extraktion des Lösemittels oder beim<br />

Abkühlen <strong>aus</strong>, wobei die ursprüngliche Gestalt nahezu erhalten bleibt.<br />

Polyamide kristallisieren teilweise beim raschen Abkühlen zum Beispiel in einer Spritzguss-<br />

maschine. Durch Zusatz von Keimbildnern lässt sich dieser Anteil erhöhen und die Größe der<br />

Kristallite beeinflussen. Die Temperaturbeständigkeit der Polyamide liegt in einem hohen<br />

Kristallinitätsgrad begründet.<br />

31


Möchte man die Kristallite von Polymeren untersuchen, die <strong>aus</strong> der Schmelze und <strong>aus</strong> Lösung nicht<br />

teilkristallin anfallen, so gibt es zwei Möglichkeiten: Der Aufbau der Polymere erfolgt von Anfang<br />

an sehr langsam. Auch bei nicht vorhandener Verknäuelung muss man den Molekülen zur<br />

Parallellagerung genügend Zeit lassen. Eine solche Umlagerung ist selbstverständlich nur dann<br />

möglich, wenn die Platzwechselvorgänge noch nicht eingefroren sind. Der zweite, üblicherweise<br />

leichter durchzuführende Weg beschreitet ein langes Tempern bei mittleren Temperaturen. Die<br />

Kristallisationsgeschwindigkeit wird durch die Keimbildungsgeschwindigkeit und die Wachstums-<br />

geschwindigkeit der so entstandenen Keime festgelegt.<br />

Kristalline und amorphe Zustände treten im Sinne des obigen 2-Phasenmodells in sehr vielen<br />

hochmolekularen Stoffen gemeinsam auf. Die statistische Verteilung kristalliner und amorpher<br />

Bereiche und deren Größe hat mit der Länge der Fadenmoleküle aber nichts zu tun. Ein einzelnes<br />

Molekül kann verschiedenen Bereichen angehören und wesentlich größer sein als ein Kristallit.<br />

Aufgrund des 2-Phasenmodells nahm man lange Zeit an, dass es für die optimalen<br />

Gebrauchseigenschaften der <strong>Kunststoffe</strong> wichtig sei, dass ihre kristallinen und amorphen Bereiche in<br />

einem gut <strong>aus</strong>gewogenen Verhältnis zueinander stehen, wobei die kristallinen Bereiche allein die hohe<br />

Festigkeit und Temperaturbeständigkeit, die amorphen die Elastizität bestimmen sollten.<br />

Diese Vorstellung ist inzwischen grundlegend revidiert worden. Es ist häufig übersehen worden, dass<br />

das amorphkristalline 2-Phasenmodell eine Abstraktion darstellt, die nur einen stark idealisierten<br />

Teilaspekt der tatsächlich vorliegenden Festkörperstrukturen wiedergibt. Entsprechendes gilt für den<br />

sog. "Kristallinitätsgrad", der zwar im Rahmen des 2-Phasenmodells klar definiert, im Hinblick auf<br />

reale Substanzen aber häufig unklar und verschwommen ist.<br />

Einerseits bilden teilkristalline Polymere keinen Molekularfilz mit eingestreuten Kristalliten, sondern<br />

Kristall-Lamellen mit einer hohen Konzentration an Kettenrückfaltungen in den<br />

Lamellenoberflächen. Andererseits sind die Kristallbereiche nicht störungsfrei. Am Beispiel des<br />

konventionellen Polyacrylnitrils (PAN) lässt sich zeigen, dass, obwohl die betreffenden<br />

Röntgendiagramme einige Kristallreflexe aufweisen, PAN keinesfalls teilkristallin vorliegt, sondern<br />

32


nur sogenannte Parakristallbereiche bildet. Ähnliches wie für das PAN gilt für viele andere<br />

Hochpolymere (z.B. Polyethylenterephthalat). Nach den älteren Vorstellungen konnten die<br />

Kristallbereiche als physikalische Netzstellen aufgefasst werden, so dass vor allem der<br />

"Kristallinitätsgrad" von Interesse war. Nach den neueren Vorstellungen bilden dagegen die<br />

Grenzflächen der Kristallbereiche wegen der hohen Konzentration an Rückfaltungen eher<br />

Schwachstellen. Statt des "Kristallinitätsgrades" gewinnt deshalb die Struktur dieser Grenzflächen<br />

mehr und mehr an Bedeutung.<br />

Die mechanischen Eigenschaften teilkristalliner Thermoplaste (s. Kapitel 4.1.) hängen außer vom<br />

Kristallinitätsgrad vor allem von der Struktur der Korngrenzen zwischen den Kristallbereichen ab.<br />

Prinzipielle Möglichkeiten für eine Optimierung der Korngrenzen sind u.a. durch eine Variation der<br />

Polymerisationskinetik wie auch durch eine gezielte Modifizierung des Kettenbaues gegeben (s.<br />

hierzu W. Holzmüller und K. Altenburg "Physik der <strong>Kunststoffe</strong>", Akademie-Verlag Berlin).<br />

Doch zurück zu möglichen Formen der Tertiärstruktur. In Abbildung 10 b ist der teilkristalline<br />

Zustand sehr anschaulich mit dem <strong>aus</strong> dem Jahre 1931 stammenden Modell einer Fransenmizelle<br />

beschrieben. Sie weist in regelloser Anordnung kristalline Bereiche auf, in denen die Ketten gestreckt<br />

sind und parallel liegen, und nichtkristalline Bereiche mit verknäuelten Ketten. Jedes Molekül geht<br />

durch mehrere Bereiche hindurch. Dieses Modell kann aber nur zutreffen, wenn keine Sphärolithe<br />

vorhanden und die Ketten nicht gefaltet sind.<br />

Das Wachstum der Kristallite in Hochpolymeren geschieht in sehr vielen Fällen von einem Kern <strong>aus</strong><br />

und setzt sich radial nach außen hin fort, besonders bei geringer Keimbildungsgeschwindigkeit. Es<br />

kommt dabei zu kugelförmig angeordneten kristallinen Bereichen, die man Sphärolithe nennt. Die<br />

Kettenmoleküle sind in den in Abbildung 10 d dargestellten Sphärolithen tangential geordnet. Sie<br />

bilden lamellenartige Mizellformationen, die sich mehr oder weniger symmetrisch um einen<br />

Kristallisationskeim lagern.<br />

33


In vielen Fällen sind die Sphärolithe aber so klein, dass sie mit der Wellenlänge des Lichtes zu<br />

vergleichen sind. Sie geben dann Veranlassung zu einer Trübung bzw. zum Auftreten von<br />

Opaleszenz. Manchmal sind sie ineinander gewachsen (Dendrite). Sphärolithe werden beobachtet<br />

bei leicht kristallisierenden makromolekularen Stoffen, insbesondere bei den Polyamiden, einigen<br />

Polyestern, bei Polyethylen usw. Ihr Einfluss auf die mechanischen und dielektrischen Eigenschaften<br />

wird intensiv untersucht.<br />

Neben den vorstehend geschilderten Kristallstrukturen wurden durch Untersuchungen von Keller,<br />

Stuart et al. bei einer Reihe von makromolekularen Stoffen (z.B. Polyethylen, Poly-3,3-di-(chlor-<br />

methyl)-oxacyclobutan = Penton ® u.a.) Faltungen der Fadenmoleküle festgestellt, wobei bei<br />

Kettenlängen von 500 bis 2000 nm mehrere hundert Schlingen parallel liegen und "Lamellenartige<br />

Strukturen" mit einer Dicke von ca. 12 nm entstehen (s. Abb. 10f). Diese Lamellen stellen<br />

Einkristalle dar, die im Elektronenmikroskop sichtbar werden. Zwischen den Einkristallen bestehen<br />

Korngrenzen. Die Kettenachsen verlaufen senkrecht zur Oberfläche der Lamellen.<br />

34


4. Struktur-Eigenschafts-Beziehungen<br />

Aus der Primär-, Sekundär- und Aggregatstruktur lassen sich einige wichtige Regeln für den prak-<br />

tischen Einsatz der <strong>Kunststoffe</strong> ableiten. Umgekehrt lässt das Verhalten der <strong>Kunststoffe</strong> wichtige<br />

Rückschlüsse auf die Gestalt der ihnen zugrundeliegenden Makromoleküle zu.<br />

Die Primärstruktur beeinflusst einige Eigenschaften polymerer Stoffe direkt, so z.B. das chemische<br />

Grundverhalten, das geringe spezifische Gewicht, das hohe elektrische Isoliervermögen und z.T. die<br />

Löslichkeit (s. Abb. 11 für einige Details). Auf die meisten Eigenschaften wirkt sich die Primär-<br />

struktur jedoch nur indirekt <strong>aus</strong>, indem sie den Grad der Beweglichkeit der Polymerkette beeinflusst.<br />

Damit wird natürlich auch die Sekundärstruktur bestimmt, die ihrerseits die Aggregatstruktur und<br />

das physikalische, vor allem mechanische Verhalten der Stoffe festlegt.<br />

Abb. 11: Struktureinfluss auf grundlegende Eigenschaften<br />

Primärstruktur<br />

intramolekulareWechselwirkungen<br />

Kettenbeweglichkeit<br />

Sekundärstruktur<br />

intermolekulareWechselwirkungen<br />

Aggregatstruktur<br />

bestimmt<br />

weitgehend<br />

bestimmt<br />

weitgehend<br />

- chemisches Grundverhalten wie hohe Chemikalienbeständigke<br />

- geringes spezifisches Gewicht (etwa zwischen 0,9 - 1,4 g/cm 3 ,<br />

oder bis 2,3 g/cm 3 bei Anwesenheit schwerer Elemente)<br />

vergl.<br />

Aluminium:<br />

Stahl:<br />

Kupfer:<br />

35<br />

2,7 g/cm 3<br />

7,6 g/cm 3<br />

8,9 g/cm 3<br />

- hohes elektrisches Isoliervermögen<br />

- z.T. Löslichkeit / Quellbarkeit<br />

- physikalisches Verhalten<br />

- mechanisches Verhalten (flüssig, plastisch, weichelastisch,<br />

hartelastisch, spröde)<br />

- z.T. Löslichkeit / Quellung


4.1. Thermoplast, Duroplast, Elastomer, Duromer<br />

<strong>Kunststoffe</strong> mit linearen (oder verzweigten) unvernetzten <strong>Makromolekülen</strong> sind prinzipiell<br />

plastisch verformbar<br />

Das Fließverhalten (Viskosität) von Polymeren hängt in starkem Maße vom Molekulargewicht ab.<br />

Polymere mit niedrigem Molekulargewicht sind häufig bei Raumtemperatur honigartig. Bestehen nur<br />

geringe Sekundärkräfte zwischen den Molekülketten, können diese leicht aneinander abgleiten. Das<br />

Material verändert ohne große Krafteinwirkung seine Form und verfliesst. Ferner sind derartige<br />

Produkte in der Regel leicht löslich.<br />

<strong>Kunststoffe</strong> höheren Molekulargewichts mit langen Ketten weisen im allgemeinen höhere Festigkeit<br />

auf. Ursachen dieser erhöhten Festigkeit sind verstärkte Wechselwirkungen zwischen den Ketten<br />

(van der Waals, Dipol-Dipol, H-Brücken-Bindungen), Verhakungen und Verschlaufungen der ver-<br />

schiedenen Polymerketten untereinander und kristalline Bereiche. Die Summation dieser Einzelkräfte<br />

und die Art der Tertiärstruktur (s. 3.3.) bewirken, dass die Ketten bei normaler Temperatur und in<br />

vielen Fällen auch noch bei sehr hoher Temperatur aneinander festgehalten werden und nur schwer<br />

voneinander abgleiten können. Erst bei höherer Temperatur werden die Sekundärbindungen durch die<br />

Wärmebewegung geschwächt, und die Kettenmoleküle gleiten unter Zug oder Druck aneinander ab;<br />

die Stoffe sind thermoplastisch.<br />

Thermoplaste sind bei normaler Temperatur spröde oder zähelastische <strong>Kunststoffe</strong>, die sich ohne<br />

wesentliche chemische Veränderung durch Erwärmen reversibel in den plastischen Zustand bringen<br />

und verformen lassen. Thermoplaste sind schmelzbar und bei nicht zu hohem Molekulargewicht in<br />

Abhängigkeit von ihrem chemischen Aufbau mehr oder weniger gut löslich. Das vielseitige Verhalten<br />

der zahlreichen verschiedenen Stoffe bei Raumtemperatur - vom transparenten zum<br />

undurchsichtigen, vom spröden zum zähelastischen Material - ermöglicht hinreichende Auswahl für<br />

jeden Zweck.<br />

36


Polymere mit räumlich vernetzten Molekülen sind nicht mehr (oder nur sehr wenig) plastisch<br />

verformbar. Einige spezielle Polymere mit lose vernetzten Molekülketten sind gummielastisch:<br />

Durch die Zug- oder Druckbeanspruchung können die verknäuelten Kettenteile zwischen den<br />

Netzbrücken aneinander abgleiten und sich strecken. Im ganzen werden die Ketten aber durch die<br />

vernetzenden Primärbindungen festgehalten (Abb. 12b). Sie können nicht aneinander vorbeifliessen.<br />

Beim Nachlassen der äußeren Kraft nehmen die Kettenteile aufgrund von Wärmebewegung wieder<br />

die ursprüngliche verknäuelte Lage ein (Abb. 12a). Derartige Polymere werden Elastomere genannt.<br />

Sie sind bei tiefer Temperatur spröde und hart, bei höherer Temperatur elastisch (= gummielastisch),<br />

nicht schmelzbar, unlöslich, aber quellbar.<br />

Abb. 12: a) Kautschukmoleküle in der wahrscheinlichsten Lage;<br />

b) Kautschukmoleküle im gedehnten Zustand<br />

a) b)<br />

Bei <strong>Kunststoffe</strong>n mit räumlich eng vernetzten Molekülen sind diese durch Primärbindungen allseitig<br />

miteinander verankert (theoretisch ein einziges großes Molekül!). Solche <strong>Kunststoffe</strong> sind - wie der<br />

Fachmann sagt - vernetzt und werden häufig als Duromere oder Duroplaste bezeichnet.<br />

37


Duroplaste sind bei normaler Temperatur sehr hart und spröde. Sie sind temperaturbeständig, nicht<br />

plastisch verformbar, nicht schmelzbar, nur schwer quellbar und unlöslich. Sie entstehen durch<br />

Vernetzung reaktionsfähiger linearer und verzweigter Makromoleküle. Man nennt einen solchen<br />

Prozess "Härtung". Das Harz muss zur Formgebung vor der Härtung plastisch geformt werden.<br />

Es sei darauf hingewiesen, dass diese Wortschöpfung widersinnig, jedoch gängig ist. Sinngemäß<br />

übersetzt wären Duroplaste nämlich "hartweiche Stoffe" (durus (lat.) = hart/plastikos (griech.) =<br />

formbar). Ein sprachlich besserer Gegensatz zu Thermoplast (warm/formbar) wäre Thermodur<br />

(bei Wärme hart); jedoch hat sich dieser Terminus nicht durchsetzen können. Hingegen wird<br />

häufig als Synonym für Duroplast auch Duromer (meros (griech.) = Teil/also: hartes Teil)<br />

verwandt, was jedoch sprachlich besser als Gegensatz zu Elastomer verstanden werden sollte,<br />

unabhängig vom thermoplastischen oder duroplastischen Charakter.<br />

Duroplastische Kunstharze sind nach dem Aushärten immer glasig-starr. Das nicht gerade günstige<br />

mechanische Verhalten wird häufig dadurch verbessert, dass die Harze zusammen mit Harzträgern<br />

oder Füllstoffen verarbeitet werden (z.B. Gesteinspulver, Talkum, Kieselsäure, Holzmehl, organi-<br />

sche oder anorganische Fasern, Glasfasern und Glasgewebe). Diese wirken je nach ihrer Art, verstär-<br />

kend wie Zuschläge und Bewehrung im Beton. Ihr Anteil am Endprodukt liegt etwa bei 40 -80%.<br />

Man spricht bei diesen "gefüllten" <strong>Kunststoffe</strong>n auch von Composites oder Verbundwerkstoffen, die<br />

es im übrigen auch auf Basis thermoplastischer Harze gibt (s. Kapitel 8.2.5.).<br />

4.2. Beispiele<br />

4.2.1. Fasern<br />

38


Zuerst soll ein Beispiel <strong>aus</strong> dem Gebiet der Fasern einen Eindruck geben, wie gut die Beziehung<br />

zwischen Eigenschaften und Struktur eines <strong>Kunststoffe</strong>s verstanden werden kann. Es wurde bereits<br />

darauf hingewiesen, dass sich in Fasern Makromoleküle nach Verstrecken entlang der Faserrichtung<br />

parallel <strong>aus</strong>richten, da hiermit ein den Entropieverlust überkompensierender Enthalpiegewinn<br />

erreicht wird.<br />

Die entscheidenden Forderungen zum Aufbau einer Faser sind demnach:<br />

- lineare Molekülgestalt, die die parallele Anordnung des Moleküls erlaubt<br />

- starke intermolekulare Anziehungskräfte, die diese Parallelordnung nach Verstrecken aufrecht<br />

erhalten und die das Aneinanderabgleiten der Moleküle verhindern.<br />

Die häufigsten Kunstfasern sind:<br />

A: Polyamide (Nylon ® , Perlon ® , Dorix ® ),<br />

Polyurethane (Dorlastan ® , Spondex ® , Lycra ® , Vycra ® )<br />

B: Polyester (Diolen ® , Trevira ® , Terylen ® , Dacron ® ), Polyacrylnitril (Orlon ® , Dralon ® ,<br />

Acrilan ® )<br />

C: Isotaktisches Polypropylen (Meraklon ® , Marvess ® )<br />

Die notwendigen, starken intermolekularen Anziehungskräfte in Polyamiden und Polyurethanen<br />

sind auf Wasserstoffbrücken-Bindungen zurückzuführen (s. Abb. 13). In Polyestern und Polyacryl-<br />

nitril sind dies Dipol-Dipol-Anziehungskräfte durch die Carboxyl- bzw. Cyanogruppen.<br />

Im isotaktischen Polypropylen hingegen passen die sterisch regelmäßigen Ketten so gut zusammen,<br />

dass Van-der-Waals-Kräfte <strong>aus</strong>reichen, um die lineare Faserstruktur aufrechtzuerhalten.<br />

Abb. 13: Wasserstoffbrücken-Bindungen in Nylon-6,6-Kristalliten<br />

39


4.2.2. Elastomere<br />

Ein weiteres Beispiel gut verstandener Struktur-Eigenschafts-Beziehungen stammt <strong>aus</strong> dem Gebiet<br />

der Elastomere. Makromoleküle, die ein Elastomer aufbauen sollen, müssen ein relativ hohes<br />

Molekulargewicht und einen gewissen nicht zu hohen Vernetzungsgrad aufweisen. Die Vernetzung<br />

verhindert das Abgleiten der Moleküle voneinander, ohne die Flexibilität der Ketten zu sehr<br />

einzuschränken. Natürlicher Kautschuk ist ein typisches Elastomer mit langen, flexiblen<br />

Molekülketten, die durch gelegentliche Verzweigungsstellen und schwache intermolekulare Kräfte<br />

(keine Dipole, keine H-Brücken) zusammengehalten werden.<br />

Abbildung 14 a) zeigt deutlich, dass wegen der all-cis-Konfiguration des den Kautschuk aufbauenden<br />

1,4-Polyisoprens auch die Van-der-Waals-Kräfte gering sein müssen, da eine parallele<br />

Kettenanordnung sterisch behindert ist. Und in der Tat resultiert <strong>aus</strong> einer Erhöhung dieser Van-der-<br />

Waals-Kräfte im entsprechenden all-trans-Isomeren (Guttapercha) ein vollständiger Verlust an<br />

Elastizität.<br />

Abb. 14:<br />

O<br />

O<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

O H<br />

O<br />

H<br />

N<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

O<br />

N<br />

O<br />

40<br />

O<br />

O<br />

O<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N


a)<br />

b)<br />

und<br />

a) all-cis Polyisopren/Kautschuk<br />

b) all-trans Polyisopren/Guttapercha<br />

Bei der üblichen Schwefel-Vulkanisation des Kautschukes werden Vernetzungen durch<br />

Schwefelbrücken zwischen allylischen Positionen verschiedener Ketten aufgebaut. Hierdurch wird<br />

der Kautschuk härter, reißfester und weniger klebrig.<br />

Abb. 15: Kautschuk-Vulkanisation<br />

CH 2<br />

CH<br />

( S ) x<br />

H<br />

CH 2<br />

+ S8 CH<br />

( S ) x<br />

CH<br />

( S ) x<br />

41<br />

CH 2<br />

H<br />

(x=2-8)<br />

x = 1 - 8<br />

CH<br />

S<br />

CH 2<br />

+ S x-1


5. Polydispersität der <strong>Kunststoffe</strong><br />

Die Größe der Makromoleküle wird durch das Molekulargewicht M oder den Polymerisationsgrad P<br />

angegeben.<br />

Der Polymerisationsgrad ist die Zahl der zu einem Makromolekül vereinigten kleinen Moleküle<br />

(Monomere). Das Molekulargewicht ist die Summe der Atomgewichte der in einem Molekül<br />

enthaltenen Atome. Man erhält es durch Multiplikation des Molekulargewichtes des Monomeren<br />

M mon mit dem Polymerisationsgrad.<br />

M = P . Mmon<br />

Die Länge der linearen und verzweigten Makromoleküle beträgt bei <strong>Kunststoffe</strong>n im allgemeinen 10 -6<br />

bis 10 -3 mm (bei Naturstoffen bis 1 mm); die "Dicke" der Ketten beträgt ungefähr 2 - 3 x 10 -7 mm.<br />

Staudinger hat diese Molekülform sehr anschaulich beschrieben, indem er sagte, man könnte diese<br />

Moleküle unter dem normalen Mikroskop sehen, wenn sie nur nicht so dünn wären.<br />

<strong>Kunststoffe</strong> sind aber keine einheitlichen Verbindungen, sondern bestehen immer <strong>aus</strong> einem Gemisch<br />

verschieden großer Makromoleküle, zwar gleichartigen Baues, aber unterschiedlichen Molekular-<br />

gewichtes; man sagt, sie sind polydispers.<br />

So, wie sich ein in der Ferne gleichmäßig wogendes Kornfeld <strong>aus</strong> der Nähe betrachtet in verschieden<br />

lange Halme auflöst, so sind auch die einzelnen Makromolekülfäden unterschiedlich lang. Man kann<br />

deshalb bei <strong>Kunststoffe</strong>n nur einen mittleren Polymerisationsgrad und ein mittleres<br />

Molekulargewicht angeben, weshalb als übliches Symbol für Mittelwerte oben bereits die<br />

"quergestrichenen" Größen M und P gewählt wurden.<br />

43


Das mittlere Molekulargewicht bewegt sich bei den meisten <strong>Kunststoffe</strong>n zwischen 8000 und etwa<br />

300 000. Die Streubreite der tatsächlichen Molekulargewichte wird als Molekulargewichts-<br />

verteilung bezeichnet.<br />

Abb. 16: Molekulargewichtsverteilung bei makromolekularen Stoffen<br />

Die Abbildung 16 zeigt die Verteilungskurve zweier makromolekularer Stoffe I und II. Beide Stoffe<br />

haben das gleiche mittlere Molekulargewicht. Stoff I ist einheitlicher als II. Es ist einleuchtend, dass<br />

sich diese beiden makromolekularen Stoffe, obwohl sie das gleiche mittlere Molekulargewicht haben,<br />

in ihren Eigenschaften wesentlich unterscheiden müssen. Die Uneinheitlichkeit des<br />

Molekulargewichts ist deshalb eine wichtige Kenngröße eines Polymers. Auf die physikalische<br />

Definition dieser Größe soll an dieser Stelle verzichtet werden, da der Begriff Uneinheitlichkeit zwar<br />

anschaulich ist, eine exakte Definition jedoch nur nach Beschreibung physikalischer Meßmethoden<br />

der Molekulargewichtsbestimmung möglich ist. Wie sich mechanische Eigenschaften der<br />

hochmolekularen Stoffe allein schon durch Änderung des mittleren Molekulargewichtes beeinflussen<br />

lassen, zeigt Tabelle 2.<br />

Häufigkeit<br />

M<br />

Tabelle 2<br />

Eigenschaften von Polyethylen: Abhängigkeit vom mittleren Molekulargewicht M<br />

mittleres Molekulargewicht 24000 28000 32000 37000 44000<br />

I<br />

44<br />

II<br />

Molekulargewicht


Zugfestigkeit (N/cm_): 1080 1280 1520 1570 1720<br />

Kältefestigleit (Versprödungstemperatur<br />

in °C)<br />

6. Polymersynthesen wichtiger <strong>Kunststoffe</strong><br />

6.1. Allgemeine Hinweise<br />

-30 -40 -70 -80 -100<br />

Werden <strong>aus</strong>schließlich monofunktionelle Monomere eingesetzt, so entstehen unvernetzte Polymere,<br />

die sich in der Regel thermoplastisch verhalten, soweit keine Vernetzung durch besondere<br />

"Verbrückungen" auftreten (z.B. verbrückende Propfäste, starke H-Brücken). Ist mindestens eine<br />

der Ausgangskomponenten bi- oder höherfunktionell, so entstehen vernetzte, unlösliche, unschmelzbare<br />

Polymere. Bevor nun die drei Grundtypen der Polyreaktionen - Polykondensation,<br />

Polymerisation und Polyaddition - erläutert werden, ist es notwendig, die Bedeutung<br />

makromolekularer Molekülformeln einmal zusammenzustellen.<br />

Die Polyreaktion von Styrol zu Polystyrol wird dargestellt durch die Reaktionsgleichung:<br />

Polystyrol wird hier durch eine Struktureinheit innerhalb eckiger Klammern gekennzeichnet, die<br />

sich n-fach aneinanderreiht. Dies besagt jedoch nichts über so wichtige Kenngrößen wie mittleres<br />

Molekulargewicht, Molekulargewichtsverteilung und Uneinheitlichkeit. Weiterhin macht obige<br />

Formel für Polystyrol keine Aussage über die Endgruppen, welche in Polymeren mit hohen<br />

Molekulargewichten in so untergeordneter Anzahl vorkommen, dass sie meist keinen<br />

wesentlichen Beitrag zu den Materialeigenschaften liefern (Dielektrische Eigenschaften polymerer<br />

Isoliermaterialien hingegen sind ein Beispiel für eine deutliche Endgruppen-abhängigkeit!).<br />

Wenn man weiß, dass Polystyrol z.B. in einer mit Phenyllithium gestarteten und mit Wasser<br />

abgebrochenen anionischen Polymerisation hergestellt wurde, so lassen sich die Endgruppen wie<br />

folgt angeben:<br />

n<br />

n<br />

1.)<br />

Li<br />

Radikalinitiator<br />

45<br />

n<br />

H


Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, da eine Angabe über die Endgruppen nur bei Kenntnis des<br />

genauen Reaktionsmechanismus möglich ist!<br />

Aber auch in einem anderen Sinn sind die Polymerformeln nicht gleichzusetzen mit den in der<br />

organischen Chemie üblichen Konstitutionsformeln. Eine exakte Polymerformel ist nämlich schon<br />

deshalb nicht angebbar, da jede Polyreaktion, wie jede organische Reaktion natürlich auch, von<br />

Nebenreaktionen begleitet ist. Im Gegensatz zur niedermolekularen Chemie führen diese<br />

Nebenreaktionen in den meisten Fällen nicht zu voneinander trennbaren Verbindungen, sondern<br />

zu Unregelmässigkeiten innerhalb einer einzigen Polymerkette oder verschiedener Polymerketten.<br />

Mögliche Unregelmässigkeiten können z.B. zurückzuführen sein auf gemischte 1,4und<br />

1,2-Polymerisation, die Entstehung von cis- und trans- bzw. Kopf-Kopf- und Kopf-<br />

Schwanz-Produkten, oder auch auf Taktizitätsunterschiede (s. Kapitel 3.1.). Häufig treten bei<br />

radikalischen Polymerisationsprozessen Übertragungs- oder Abbruchreaktionen auf, die zu<br />

verzweigten Polymeren führen können.<br />

Tabelle 3 gibt einen Überblick über die wichtigsten synthetischen <strong>Kunststoffe</strong>, deren<br />

grundlegende Syntheseverfahren in den drei folgenden Kapiteln beschrieben werden.<br />

6.2. Polykondensation<br />

Tabelle 3<br />

Übersicht über die wichtigsten synthetischen <strong>Kunststoffe</strong><br />

Polykondensate Polymerisate Polyaddukte<br />

Duroplaste Thermoplaste Thermoplaste Elastomere Duroplaste Thermoplaste<br />

Phenolplaste:<br />

Phenol-harze<br />

Resorcin-harze<br />

Aminoplaste:<br />

Melamin-harze<br />

Anilin-harze<br />

Harnstoff-harze<br />

Vernetzte Polyester:<br />

Alkydharze<br />

vernetzte ungesättigte<br />

Polyester<br />

Silikone<br />

Lineare gesättigte<br />

Polyester:<br />

Polyethylenterephthalat<br />

Polycarbonat<br />

Polyamid:<br />

Nylon<br />

Lactam-polyamid<br />

Polyolefine:<br />

Polyethylen<br />

Polypropylen<br />

Polyvinylchlorid<br />

Polymethylmethacrylate<br />

Polystyrol<br />

Polyacetal<br />

Polyoxymethylen<br />

Polyacrylnitril<br />

Polybutadien<br />

Polyisopren<br />

Butylkautschuk<br />

Polychloropren<br />

46<br />

Epoxid-harze<br />

Vernetzte Polyurethane:<br />

Vulkollan<br />

Moltopren<br />

Lineare Polyurethane<br />

Urethan-polyamid


Bei der Polykondensation werden durch eine chemische Reaktion zwischen zwei artgleichen oder<br />

artverschiedenen, aber reaktionsfähige Gruppen tragenden Verbindungen einfache, niedermolekulare<br />

Reaktionsnebenprodukte wie Wasser, Alkohole, Ammoniak, Salzsäure oder ähnliche<br />

Stoffe abgespalten.<br />

Als ein einfaches Beispiel dient die Synthese des Polyterephthalsäureglykolesters, der unter den<br />

Handelsnamen Diolen ® , Trevira ® , Terylen ® und Dacron ® technische Bedeutung erlangt hat<br />

(Whinfield und Dickson, 1941). Wie Abb.17 zeigt, handelt es sich um eine Umesterung, bei der<br />

die Alkoholkomponente Methanol des Ausgangsesters durch den zweiwertigen Alkohol<br />

Ethylenglykol ersetzt wird. Da beide Ausgangskomponenten bifunktionell sind, entsteht ein<br />

linearer Polyester.<br />

Abb. 17: Polykondensation von Terephthalsäuredimethylester und Ethylenglykol zu<br />

Polyterephthalsäureglykolester<br />

O O<br />

H C O<br />

O CH 3 3<br />

+ CH 3OH<br />

O O<br />

Alle Polykondensationsreaktionen sind chemische Gleichgewichtsreaktionen. Das Entfernen des<br />

flüchtigen Nebenproduktes ist beim Kondensationsprozess demnach für einen glatten und erfolgreichen<br />

Ablauf der Reaktion unbedingte verfahrenstechnische Notwendigkeit.<br />

Als technisch wichtige Kunststoffgruppen, die nach einem Polykondensationsverfahren<br />

hergestellt werden, sind u.a. zu nennen:<br />

1) die Gruppe der Phenol-Formaldehyd-Harze (= Phenoplaste) als typische Duroplaste<br />

2) Polyamide (Nylon ® - und Perlon ® -Typ) z.B. für Fasern<br />

3) lineare Polyester und Polycarbonate als Thermoplaste<br />

47<br />

+<br />

HO<br />

- CH 3OH<br />

H 2<br />

O O C<br />

C<br />

H 2<br />

O<br />

H2 C<br />

C<br />

H 2<br />

OH


4) vernetzbare Polyester als Lack- und Giessharze oder in faserverstärkter Form als<br />

Konstruktionswerkstoff<br />

Die technisch wichtigen und wissenschaftlich hochinteressanten Silikone gehören auch in diese<br />

Gruppe, sollen aber, wie im Kapitel 2 aufgeführt, <strong>aus</strong> Gründen der Einteilung hier nicht weiter<br />

behandelt werden.<br />

Die ersten vollsynthetischen <strong>Kunststoffe</strong> überhaupt waren die klassischen Kondensationsharze<br />

<strong>aus</strong> Phenol und Formaldehyd, auch Phenoplast oder Bakelit genannt (L.H. Baekeland, 1909). Sie<br />

sind auch heute noch eine wichtige Stoffklasse bei den Duroplasten und zeichnen sich vor allem<br />

durch gute Chemikalien- und Hitzebeständigkeit sowie durch einen niedrigen Preis <strong>aus</strong>.<br />

Für bestimmte Anwendungen ist allerdings ihre gelbe bis braune Eigenfarbe störend. Diese kann<br />

durch den Einsatz von Melamin oder Harnstoff (H 2 N-CO-NH 2 ) anstelle von Phenol vermieden<br />

werden (die Bildung der Melamin- bzw. Harnstoff-Formaldehyd-Harze kann ähnlich wie für das<br />

Phenol-Formaldehyd-Harz formuliert werden). Die Bildung von Phenol-Formaldehyd-Harzen<br />

kann durch elektrophilen Angriff des Formaldehyds (saure Katalyse erhöht Elektronegativität)<br />

auf die aktivierten o- und p-Positionen des somit trifunktionellen Phenols (bzw. Phenolats bei<br />

basischer Katalyse) verstanden werden (Abb. 18).<br />

N<br />

H 2<br />

N<br />

NH 2<br />

N<br />

N<br />

NH 2<br />

Melamin,<br />

Triaminotriazin, Cyanursäureamid<br />

Die entstandene Methylolverbindung greift ihrerseits ein zweites Phenolmolekül elektrophil an<br />

und bildet unter Wasserabspaltung die erste Diphenylmethan-Einheit. Technisch wird dieser Prozess<br />

durch fortlaufende Kondensation nur bis zur Entstehung löslicher und schmelzbarer Oligomere<br />

betrieben (sog. Novolake, Resol). Der Anwender führt die weitere Kondensation (Härtung)<br />

dann bei erhöhter Temperatur in beheizten Pressen (180 - 200o C) unter Formgebung durch, so<br />

dass ein engmaschiges Netzwerk entsteht. Oft wird vor dieser abschliessenden Härtung ein<br />

Füllstoff zugesetzt.<br />

48


Abb. 18: Polykondensation von Phenol und Formaldehyd zu einem Phenol-Formaldehyd-<br />

Harz<br />

OH<br />

H<br />

δ+ δ−<br />

O<br />

H<br />

[H+] oder [OH-]<br />

OH<br />

CH 2<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2 OH<br />

OH<br />

OH<br />

CH 2<br />

OH<br />

OH<br />

- H2O<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

OH<br />

CH 2<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

49<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

OH<br />

OH<br />

CH 2<br />

OH<br />

OH<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

H<br />

H<br />

δ+ δ−<br />

O<br />

OH<br />

OH<br />

CH 2<br />

OH<br />

OH<br />

[ " Resol " ]<br />

Temperatur<br />

Als weiteres wichtiges Beispiel sei in vereinfachter Form die Herstellung eines linearen<br />

Polyesters der Kohlensäure, eines sogenannten Polycarbonats (Makrolon ® ) genannt. Diese neue<br />

Kunststoffgruppe wurde seit 1953 in der Bayer AG (H. Schnell) entwickelt. Aus diesem<br />

Material werden u.a. praktisch unzerbrechliche, transparente Platten hergestellt, die zudem bis<br />

135° C formbeständig und bis – 100° C schlagzäh sind. Abbildung 19 zeigt den Kölner<br />

Hauptbahnhof, der 1986 mit diesen Platten neu „verglast“ wurde, da die zuvor verwendeten<br />

Drahtglasscheiben aufgrund der Bewegungen der Stahlkonstruktion und täglicher wie<br />

jahreszeitlicher thermischer Wechselbeanspruchungen ständig barsten.<br />

Abb. 19: 1986 erhielt der Kölner Hauptbahnhof ein "Makrolondach" mit Glas übertreffenden<br />

Eigenschaften (Gesamtfläche entspricht etwa zwei Fussballfeldern).<br />

Druck


Die außergewöhnliche Eigenschaftskombination des Makrolons (gute Eigenschaften hinsichtlich<br />

Transparenz, Schlagzähigkeit, Steifigkeit, Dimensionsstabilität, Wärmeformbarkeit,<br />

physiologische Unbedenklichkeit, Sterilisierbarkeit) erlaubt seinen Einsatz für H<strong>aus</strong>haltsgeschirr<br />

und medizinische Geräte ebenso wie für Compact Discs (Abb. 20).<br />

Abb. 20: Etwa 75 % der in Europa verkauften Compact Discs bestehen <strong>aus</strong> Makrolon als<br />

Grundmaterial<br />

50


Doch nun zur Chemie dieses vielseitigen <strong>Kunststoffe</strong>s. Makrolon ® ist ein Polycarbonat, das<br />

durch die Kondensation von 2,2-Bis-(4-hydroxyphenyl)propan (=Bisphenol-A, Dian) mit<br />

Phosgen (COCl2 ) oder einem Kohlensäureester wie Diphenylcarbonat entsteht (Abb. 21).<br />

Abb. 21: Polykondensation von Bisphenol-A und Diphenylcarbonat zum Polycarbonat<br />

Makrolon ®<br />

... HO<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

Polycarbonat, das über die Schmelze verarbeitet wurde, z.B. durch Spritzguss oder Extrusion, ist<br />

amorph und transparent. Das gleiche Material kann <strong>aus</strong> Lösung zu Folien vergossen werden, die<br />

auch Teilkristallinität aufweisen können.<br />

Eine weitere wichtige Gruppe von Polykondensaten sind die ungesättigten, vernetzbaren<br />

Polyester. Die wichtigsten Komponenten für ihre Herstellung sind:<br />

Dicarbonsäuren bzw. Anhydride: Maleinsäure, Phthalsäure, Malein- oder Phthalsäureanhydrid,<br />

Adipinsäure, Sebacinsäure<br />

Mehrwertige Alkohole: Ethylenglykol, Trimethylolpropan, Glycerin, 2,2-Bis-(4-hydroxy-<br />

phenyl)propan, Pentaerythrit.<br />

O<br />

O<br />

+ +<br />

Beliebige Kombinationen der verschiedenen Säuren und Alkohole erlauben die Gewinnung vieler<br />

verschiedenartiger Polyester. Bei der Verwendung von Alkoholen mit drei und mehr OH-<br />

Gruppen treten Verzweigungen und schließlich Teilvernetzungen der Makromoleküle auf (Abb.<br />

22). Hochwertige Harze erhält man durch geeignete Modifizierung, z.B. durch Einbau gesättigter,<br />

langkettiger Carbonsäuren. Die ungesättigten Polyester, wie die Roskydal ® -(Bayer) oder Palatal ® -<br />

(BASF)- Typen, sind meist Mischkondensate.<br />

51<br />

OH<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

O O<br />

O<br />

O O<br />

-<br />

n<br />

OH<br />

HO<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

OH<br />

...


Versuch Nr. 3<br />

Die mechanischen Werte solcher Polyesterharze lassen sich durch Einarbeiten von Glasfasern<br />

oder -matten wesentlich erhöhen. Die glasfaserverstärkten Polyester besitzen bei geringem spezifischen<br />

Gewicht hohe Zug-, Biege-, Stoss- und Schlagfestigkeit. Je nach chemischer Zusammensetzung<br />

lassen sich - angepasst auf die jeweilige Anwendung - hochbeständige Systeme herstellen<br />

(wasser-, wetter-, chemikalienfest). Nach diesem Prinzip entstehen Konstruktionswerkstoffe<br />

z.B. für den Automobilbau.<br />

1983 wurde der "Pontiac Fiero" vorgestellt, dessen Außenhaut vollständig <strong>aus</strong> <strong>Kunststoffe</strong>n<br />

besteht (s. Abb. 23). Kotflügel, Türaußenhaut sowie Front- und Heckteil bestehen <strong>aus</strong><br />

glasfaserverstärktem Polyurethan (s. Kapitel 6.4.1.), dem sogenannten Bayflex ® . Motorhaube,<br />

Dach und Kofferraumdeckel sind <strong>aus</strong> glasfaserverstärktem Polyesterharz gefertigt.<br />

Abb. 22: Synthese eines ungesättigten Polyesters <strong>aus</strong> Maleinsäureanhydrid und Diol und seine<br />

Vernetzung durch Bildung von Polystyrol-Propfbrücken<br />

... HO - R - OH +<br />

O<br />

--- O - R - O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

+ HO - R - OH ...<br />

O - R - O ---<br />

52<br />

- H 2 O<br />

Vernetzung<br />

(schematische Darstellung<br />

siehe bei Versuch 3.1)<br />

+ n<br />

--- O - R - O<br />

O<br />

O<br />

ungesättigter Polyester<br />

O - R - O ---


Abb. 23: Pontiac Fiero mit einer "Kunststoff-Außenhaut"<br />

Nachdem schon zu Beginn dieses Kapitels ein durch Polykondensationen entstandener Polyester<br />

beschrieben wurde, der u.a. als Fasermaterial (Diolen ® , Trevira ® ) von Bedeutung ist, sollen nun<br />

abschließend Polyamide besprochen werden. Auch diese lassen sich zu wichtigen Fasern, wie<br />

Nylon ® und Perlon ® , verarbeiten. (Einen weiteren Einblick in die aktuelle Faserforschung bietet<br />

Kapitel 6.3.1. mit dem durch Polymerisation gebildeten Polyacrylnitril, der Dralon ® -Textilfaser).<br />

Polyamide entstehen durch Polykondensation von<br />

A) difunktionellen Aminen mit difunktionellen Carbonsäuren (s. Nylon ® )<br />

B) difunktionellen Aminen mit difunktionellen Carbonsäure-Derivaten wie z.B.<br />

Carbonsäurechloriden<br />

s. Versuch Nr. 4<br />

C) difunktionellen Molekülen, die sowohl eine Amino- als auch eine Carbonsäuregruppe tragen<br />

(s. Perlon ® ). Dieser Syntheseweg ist vergleichbar dem Aufbau von Wolle (Polypeptid) <strong>aus</strong><br />

Aminosäureb<strong>aus</strong>teinen.<br />

zu A) Die klassische Nylonfaser (W.H. Carothers, 1931) entsteht durch Polykondensation von<br />

Hexamethylendiamin mit Adipinsäure (Hexandicarbonsäure). Im<br />

gebildeten kettenför-migen Makromolekül (s. Abb. 24) befinden sich zwischen zwei<br />

Stickstoffatomen immer sechs Kohlenstoffatome, die entweder <strong>aus</strong> der<br />

Hexamethylenkette des Amins oder <strong>aus</strong> der Dicarbonsäurekette stammen. Deshalb wird<br />

dieses Polymer auch Nylon-6,6 genannt.<br />

53


Abb. 24: Polykondensation von Hexamethylendiamin mit Adipinsäure<br />

(Hexandicarbonsäure) zum Nylon-6,6<br />

H 2 N<br />

HN<br />

NH 2<br />

zu B) Die Polykondensation von Hexamethylendiamin mit Sebacinsäuredichlorid (Decandicarbonsäuredichlorid)<br />

zum Nylon-6,10 wird im Versuch Nr. 4 beschrieben.<br />

+<br />

zu C) Perlon entsteht bei Gegenwart von Wasserspuren <strong>aus</strong> dem cyclischen Amid ε-Caprolactam<br />

(P. Schlack, 1936). Formal ist diese Reaktion als Polykondensation der ω-<br />

Aminocapronsäure (6-Aminohexancarbonsäure) mit sich selbst zu verstehen. Die ω-<br />

Aminocapronsäure entsteht dabei in einem vorgelagerten Reaktionsschritt durch<br />

Hydrolyse des ω-Caprolactams. Ausführliche Untersuchungen der Kinetik dieser<br />

Reaktion haben jedoch gezeigt, dass dieser Mechanismus allein für die Startreaktion gilt.<br />

Im weiteren Reaktionsverlauf tritt eine direkte Reaktion der Aminofunktion der<br />

wachsenden Polymerkette mit dem ε-Caprolactam im Sinne einer Umamidierung auf.<br />

Zwischen zwei Stickstoffatomen im entstehenden Makromolekül (s. Abb. 25) befinden<br />

sich immer sechs "artgleiche Kohlenstoffatome" <strong>aus</strong> der ω-Aminocapronsäure, was den<br />

Namen Nylon-6 für das Polycaprolactam erklärt.<br />

H<br />

N<br />

54<br />

HO<br />

- H 2O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

OH


Abb. 25: Startreaktion der Bildung des Polycaprolactams (Perlon ® , Nylon ® -6) über<br />

Aminocapronsäure als Zwischenprodukt<br />

+ H N 2<br />

HN<br />

HN<br />

OH<br />

O<br />

O<br />

H<br />

N<br />

55<br />

O<br />

Caprolactam<br />

+ H2O<br />

Amidhydrolyse<br />

+ H2N O<br />

+<br />

OH<br />

Die Verstreckbarkeit (s.a. Kapitel 4.2.1.) und das Verhalten, sich zu Fäden verarbeiten zu lassen,<br />

werden demonstriert in den<br />

Versuchen 2, 5 und 6.<br />

- H 2 O<br />

Polyamide werden nach drei Verfahren versponnen (s. Abb. 26):<br />

1) Schmelzspinnen: Die Schmelze wird durch Düsen gedrückt, die entstandenen Fäden<br />

werden im Stickstoffstrom (der Oxidationsanfälligkeit des Materials<br />

wegen, Versuch Nr. 5) gekühlt und verstreckt.<br />

2) Lösungsspinnen:<br />

a) Nassspinnen: Die Polyamidlösung wird in ein Fällbad gesponnen.<br />

b) Trockenspinnen: Die Polyamidlösung wird gegen einen warmen Luftstrom gesponnen,<br />

wobei der Faden unter Verdampfen des Lösemittels entsteht.<br />

HN<br />

O<br />

O


Abb. 26: Spinnverfahren<br />

Polymerlösung<br />

Spinnpumpe<br />

Lösemittel-<br />

Rückgewinnung<br />

Nassspinnen<br />

zur<br />

Verstreckung<br />

Fällbad<br />

Düse<br />

Heißluft<br />

Trockenspinnen<br />

Polymerlösung<br />

Spinnpumpe<br />

Lösemittel-<br />

Rückgewinnung<br />

zur<br />

Verstreckung<br />

56<br />

Düse<br />

Polymerschmelze<br />

Rost<br />

Spinnpumpe<br />

zur<br />

Verstreckung<br />

Schmelzspinnen<br />

Die Abbildung 27 gibt noch zwei Beispiele für das vielseitige Anwendungsspektrum von<br />

Polyamiden auch außerhalb des Fasergebietes.<br />

Abb. 27: Stapelstuhl und Dübel <strong>aus</strong> Polyamid (Nylon-6 oder -6,6)


6.3. Polymerisation<br />

6.3.1. Definition und Beispiele<br />

Bei der Polymerisation handelt es sich um eine Reaktion aktivierter Doppelbindungen, die sich<br />

miteinander verbinden, ohne dabei Reaktionsnebenprodukte abzuspalten. Die Aktivierung der<br />

Doppelbindungen kann auf unterschiedlichste Weise erfolgen, so z.B. durch Energiezufuhr<br />

(Wärme, Bestrahlung, Ultraschall) oder den Einsatz stofflicher Initiatoren, die sich leicht zu<br />

Radikalen oder reaktiven Ionen anregen lassen und so die Polymerisation starten<br />

Technisch am bedeutendsten sind Radikalinitiatoren wie Peroxide und Azoverbindungen, jedoch<br />

spielen neben radikalischen und ionischen Initiatoren heute auch zunehmend Metall-Komplex-<br />

Initiatoren (wie z.B. Ziegler-Katalysatoren <strong>aus</strong> TiCl4 oder TiCl3 und Aluminiumalkylen) eine<br />

bedeutende Rolle, da nur mit ihnen in der Regel eine <strong>aus</strong>reichende Beeinflussung der<br />

stereochemischen Abläufe gewährleistet ist.<br />

Das Prinzip der radikalischen Polymerisation von einfachen Olefinen (Alkenen), Dienen und<br />

substituierten Vinylverbindungen (H 2 C=CHX) wurde bereits in den Kapiteln 2 und 3<br />

beschrieben, um z.B. Strukturprinzipien von <strong>Makromolekülen</strong> zu erläutern. Die radikalische und<br />

anionische Polymerisation von Styrol wurde in Kapitel 6.1. erwähnt. Die Polymerisation ist<br />

jedoch nicht auf olefinische Monomere beschränkt. Auch Formaldehyd oder dessen Trimeres,<br />

Trioxan, lassen sich z.B. ionisch polymerisieren.<br />

Jedoch sind die durch radikalische Vinylpolymerisation erhaltenen Polymerisate technisch am<br />

wichtigsten, so dass ihr Reaktionsprinzip in Abbildung 28 dargestellt ist.<br />

58


Abb. 28: Technisch bedeutende Polymerisate durch radikalische Polymerisation<br />

Monomer<br />

H<br />

59<br />

Polymerisat (Handelsname)<br />

H<br />

H<br />

X<br />

X X X<br />

X<br />

- H Eth(yl)en Polyeth(yl)en (Hostalen R ,......)<br />

Styrol Polystyrol<br />

- Cl Vinylchlorid Polyvinylchlorid (PVC)<br />

- CN Acrylnitril Polyacrylnitril (PAN, Dralon R , Orlon R )<br />

N<br />

N<br />

X Z<br />

O Vinylpyrrolidon Polyvinylpyrrolidon (Luviskol R K)<br />

Monomer<br />

H<br />

Z<br />

H<br />

X<br />

Vinylcarbazol Polyvinylcarbazol<br />

Polymerisat (Handelsname)<br />

X X X<br />

-Cl -Cl Vinylidenchlorid Polyvinylidenchlorid<br />

-CH 3 -COOCH 3 Methacrylsäuremethylester Polymethacrylsäureester, (Polymethylmethacrylat<br />

PMMA, Plexiglas R )<br />

-CN -COOR Cyanacrylsäureester Poly- α-cyanacrylester (Polycyanacrylat)<br />

Monomer<br />

Polymerisat (Handelsname)<br />

F<br />

F F F F F F<br />

F<br />

F<br />

F<br />

F<br />

F<br />

F<br />

F<br />

F<br />

F<br />

Tetrafluoreth(yl)en Polytetrafluoreth(yl)en (Teflon R )


Polyethylen (PE) wird als Thermoplast hauptsächlich zu Folien, Platten und Spritzgussteilen<br />

verarbeitet. Man findet es in vielen H<strong>aus</strong>halts- und Spielwaren oder als Schaumstoff im<br />

Fahrzeugbau. Je nach Molekulargewicht, Verzweigungsgrad und Kristallinität zeigt Polyethylen<br />

wachsartige bis harte Konsistenz.<br />

Man unterscheidet Polyethylen niederer Dichte ("low density": LDPE mit D = 0.91 - 0.92 g/cm 3<br />

/ Kristallinitätsgrad 40 - 55 %) von solchem mit hoher Dichte ("high density": HDPE mit D =<br />

0.94 - 0.96 g/cm 3 / Kristallinitätsgrad 75 - 85 %). LDPE wird durch eine<br />

Hochdruckpolymerisation (1400 - 3500 bar, 150 - 350o C) hergestellt. HDPE entsteht in einer<br />

Niederdruckpolymerisation (unter 60 bar, 60 - 250o C) mit heterogenen Übergangsmetall-<br />

Katalysatoren (Ziegler, Natta: Chemie-Nobelpreis 1963).<br />

Polystyrol (PS) wird vorwiegend thermoplastisch im Spritzguss verarbeitet und zu Platten und<br />

Folien extrudiert. Es ist ein glasklares, steifes und relativ sprödes Material, das z.B. für<br />

Lebensmittelverpackungen (z.B. Joghurtbecher) zugelassen ist. Teile <strong>aus</strong> schlagfestem Polystyrol<br />

werden z.B. in Kühlschränken, Telefonapparaten, Fernseh-, Radio- und Elektrogeräten<br />

verarbeitet. Treibmittelhaltiges Polystyrol lässt sich aufschäumen (Styropor ® ), wobei Wärme-,<br />

Kälte- und Schalldämmstoffe entstehen.<br />

Zur Verbesserung der Eigenschaften dienen folgende Modifizierungen:<br />

- Modifizierung mit Kautschuk: (high impact PS: HIPS: hochschlagzäh)<br />

- Propfcopolymer mit Butadien: schlagfest<br />

- Copolymerisation mit Acrylnitril: (SAN) fest, hart und formbeständig,<br />

transparent.<br />

Abb. 29 zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme von schlagfestem Polystyrol:<br />

Die dunklen Bereiche stellen die elastische Polybutadien-Komponente dar. Diese elastische<br />

Kautschukphase nimmt die Energie bei Schlagbeanspruchung durch lokale Deformation auf, so<br />

dass es nicht zur Rissbildung kommt.<br />

60


Abb. 29: Polystyrolmatrix mit großen, kugelförmigen Modifizierteilchen, an denen Risse<br />

gestoppt sind.<br />

1<br />

Polyvinylchlorid (PVC) kommt als Hart-PVC in den Handel, sofern es keine Weichmacher als<br />

Additiv enthält. Es ist bis etwa 40o C hart, um 100o C thermoelastisch und oberhalb 160o C<br />

thermoplastisch formbar. Bei 140o C beginnt unstabilisiertes PVC jedoch Chlorwasserstoff<br />

abzuspalten. Es wird u.a. zu Rohren, Profilen, Folien, Platten und Hohlkörpern verarbeitet.<br />

Weichgemachte Typen (Weich-PVC) werden auch für Kunstleder, Fußbodenbeläge, Schläuche<br />

sowie Draht- und Kabelisolierungen verwendet.<br />

Polyacrylnitril (PAN) wird in erster Linie zu Fasern verarbeitet, die knitterfrei, leicht waschbar,<br />

schnell trocknend, tropen-, säure-, hitze-, Lösemittel- und alterungsbeständig sind. Die Fasern<br />

enthalten meistens neben Acrylnitril eine kleinere Menge eines Comonomers, um z.B. die<br />

Anfärbbarkeit zu verbessern. PAN-Fasern werden jedoch nicht nur in der Bekleidungsindustrie<br />

und für Heimtextilien (Dralon ® ) eingesetzt, sondern auch für technische Zwecke wie Filter, Filze<br />

und Siebe. Eine interessante und wichtige Anwendung von Polyacrylnitrilfasern zeichnet sich<br />

auch beim Asbest-Ersatz ab. Wegen ihrer hohen Alkali- und Witterungsbeständigkeit konnten<br />

kurze PAN-Fasern nämlich bereits erfolgreich als Verstärkungsfasern in Zement eingesetzt<br />

werden. Während die früher eingesetzten mineralischen Asbestfasern in feine Fibrillen von<br />

weniger als 3 µm Durchmesser aufspalteten, die in der Lunge unter ungünstigen Bedingungen zur<br />

Bildung von Karzinomen führen konnten, liegen die Abmessungen der PAN-Fasern weit oberhalb<br />

des "medizinisch kritischen Bereiches".<br />

Abb. 30 a zeigt die Vergrößerung einer PAN-Faser (Dralon ® ) unter dem Rasterelektronenmikroskop.<br />

Der kompakte Querschnitt der Faser verhindert die Aufnahme von größeren Mengen<br />

61


Feuchtigkeit. Für Sportbekleidung ist es jedoch wichtig, dass einerseits der Schweiß<br />

aufgenommen, andererseits die Luftdurchlässigkeit erhalten bleibt. Die Chemie-Faser Dunova ®<br />

besteht ebenfalls <strong>aus</strong> Polyacrylnitril, zeigt aufgrund ihrer "Kern-Mantel-Struktur" aber diese<br />

massgeschneiderten Eigenschaften. Die Abbildungen 30b und c zeigen den Faseraufbau <strong>aus</strong> einem<br />

äußeren Mantel, der durch feine Kapillaren den Schweiß wie Löschpapier aufsaugt, und einem<br />

inneren Kern, dessen Poren die Feuchtigkeit wie ein Schwamm speichern.<br />

Abb. 30: a) Elektronenmikroskopische Aufnahme von Dralon ®<br />

b) Modell und c) elektronenmikroskopische Aufnahme<br />

der neuen Textilfaser Dunova ® mit<br />

Kern-Mantel-Struktur<br />

Das 1939 von Reppe synthetisierte Polyvinylpyrrolidon (PVP) wurde im und nach dem zweiten<br />

Weltkrieg wegen seiner proteinähnlichen Eigenschaften als "Blutersatzmittel" verwendet. Es wird<br />

häufig als Bindemittel in Tabletten und in der Kosmetik verwandt. Copolymere mit Vinylacetat<br />

62


(s. Abb. 2) werden wegen ihrer Bindung an Keratin als Filmbildner in Haarsprays und<br />

Haarfestigern eingesetzt.<br />

Polyvinylcarbazol (PVK) ist ein thermoplastisches Polymerisat, das u.a. als organischer<br />

Halbleiter in der Elektronik und Elektrotechnik eingesetzt wird. Strukturell ist PVK von<br />

Interesse, da seine sperrigen Seitenketten eine enge Knäuelung des Makromoleküls verhindern<br />

und diesem eine mehr gestreckte Form aufzwingen.<br />

CH 2<br />

CH CH 2<br />

N<br />

N<br />

CH<br />

CH 2<br />

CH CH 2<br />

N<br />

Polyvinylidenchlorid (PVDC) kommt nur mit Copolymerisatbestandteilen (Vinylchlorid,<br />

Acrylnitril, Acrylate) zur Anwendung. Bei einem Vinylidenchloridgehalt von über 80 % sind<br />

diese Copolymerisate hochkristallin und daher sehr hart, abrieb- und wasserfest und auch<br />

chemikalienbeständig. Diese Materialien werden für Beschichtungen verschiedener Substrate u.a.<br />

auch für beschichtete Verpackungen im Lebensmittel- und Pharmabereich verwendet.<br />

Polymethylmethacrylat (PMMA) ist in unpigmentierter Form ein glasartig durchsichtiges, festes,<br />

hartes Polymerisat (Plexiglas ® ). Beim Abkühlen bildet das thermoplastische PMMA eine<br />

unregelmäßige, dreidimensionale Struktur, die durch Dipol-Dipol-Wechselwirkungen stabilisiert<br />

wird. In diesem amorphen Zustand fehlen die für einen Kristall erforderlichen regelmäßigen<br />

Anordnungen. Solche Substanzen heissen Gläser und sind lichtdurchlässig, da die für die<br />

Lichtreflexion notwendigen Kristallebenen fehlen.<br />

Versuche Nr. 7, 8 und 9<br />

Beispiele für den vielfältigen Einsatz von PMMA finden sich in der Bau- und<br />

Fahrzeugverglasung, der Lichtwerbung, bei Lichtleitern und Linsen. Aber auch Präzisionsteile wie<br />

Winkelmesser oder Prothesenbasen und Kunststoffzähne enthalten PMMA (s. Abb. 31).<br />

63<br />

N<br />

CH<br />

CH 2<br />

CH CH 2<br />

N<br />

N<br />

CH


Abb. 31: Beispiele für Präzisionsteile <strong>aus</strong> PMMA<br />

a) Winkelmesser b) Prothesenbasis und Kunststoffzähne<br />

(enthalten vernetzendes Comonomer<br />

und Pigmente)<br />

Eine Kuriosität stellt der Laufkäfer Abax ater dar, der seine Gegner durch Versprühen des<br />

Monomers Methacrylsäure <strong>aus</strong> einer Hinterleibsdrüse bekämpft. Der Effekt ist verblüffend: Der<br />

Feind wird durch Polymerisation der Methacrylsäure bewegungsunfähig.<br />

α-Cyanacrylester polymerisieren in Gegenwart von Feuchtigkeit zu Polycyanacrylaten und<br />

eignen sich in Abmischung mit Weichmachern, Verdickern und Stabilisatoren als<br />

Einkomponentenklebstoffe (Sekundenkleber). Die Polymere längerkettigerer Alkohole (Butyl-,<br />

Hexyl-, Heptylalkohol) werden von Blut gut benetzt und finden daher als Wundverband oder<br />

zum Kleben von Geweben Anwendung. Im Körper werden die entstehenden Polymerfilme mit<br />

der Zeit zu Harnstoff, Wasser und Kohlendioxid abgebaut.<br />

Polytetrafluorethylen (PTFE) ist ein Polymerisat hoher Kristallinität und außerordentlicher<br />

Chemikalien- und Wärmebeständigkeit (Teflon ® ). Es ist weiterhin physiologisch inert und nicht<br />

brennbar. Wegen seiner hohen Schmelzviskosität ist PTFE nicht plastisch formbar. Formkörper<br />

oder Beschichtungen (Brat- und Kochgeräte, chemische Apparate) entstehen durch Sintern des<br />

Polymerpulvers bei 370 - 380o C gegebenenfalls unter Druck.<br />

Auf die Bildung von Isomeren bei der Polymerisation von Monomeren wurde bereits in Kapitel<br />

3.1. hingewiesen:<br />

- Kopf-Schwanz- bzw. Kopf-Kopf-Produkte<br />

- 1,2- und 1,4-Polymerisat von 1,2-Dienen<br />

64


- cis- und trans-konfigurierte Olefine<br />

- R- bzw. S-Konfiguration an Asymmetriezentren, die in ihrer Aufeinanderfolge die Taktizität<br />

(ataktisch, isotaktisch, syndiotaktisch) festlegen.<br />

Im selben Kapitel wurden auch die Unterschiede zwischen linearen, verzweigten und vernetzten<br />

Polymerisaten sowie das Auftreten verschiedener Copolymerisate (statistische, alternierende,<br />

Block- und Pfropf-Copolymerisate) diskutiert.<br />

6.3.2. Mechanismus und verfahrenstechnische Einteilung<br />

Die Polymerisation von Monomeren kann durch unterschiedliche Art der Aktivierung der<br />

beteiligten Doppelbindungen <strong>aus</strong>gelöst werden (s. Kapitel 6.3.1.). Am häufigsten ist der Einsatz<br />

von Initiatoren, die in einer vorgelagerten Reaktion Radikale (vgl. z.B. Versuch Nr. 3 oder Nr. 9)<br />

oder Ionen (vgl. Versuch Nr. 7 oder 8) bilden. Im Falle der radikalischen Polymerisation löst das<br />

Startradikal R . eine Kettenreaktion <strong>aus</strong>, die reaktionskinetisch im wesentlichen durch drei<br />

Reaktionsphasen gekennzeichnet ist.<br />

Vorgelagerte Reaktion Initiator<br />

oder hν .<br />

R<br />

oder Monomer<br />

oder hν .<br />

R<br />

( = Wärmeenergie, hν = Strahlungsenergie)<br />

Startreaktion<br />

.<br />

R +<br />

H<br />

Wachstumsreaktion (n-mal)<br />

H H<br />

Abbruchreaktion<br />

+<br />

a) durch Rekombination<br />

H H<br />

H<br />

.<br />

X<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

X<br />

. .<br />

b) durch Disproportionierung<br />

H<br />

+<br />

H<br />

H<br />

H<br />

X<br />

. .<br />

H<br />

X<br />

X<br />

+<br />

H<br />

H<br />

H H<br />

H H<br />

X<br />

X<br />

65<br />

H<br />

R<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

X H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

.<br />

X<br />

H H<br />

H<br />

X<br />

H<br />

X<br />

X<br />

H<br />

.<br />

+<br />

X<br />

H H H<br />

H<br />

X<br />

H


Die benötigten Startradikale können z.B. durch den thermischen Zerfall von als Initiatoren<br />

zugesetzten Azoverbindungen oder Peroxiden gebildet werden:<br />

a) Die am häufigsten eingesetzte Azoverbindung ist das Azo-bis-isobutyronitril (AIBN), auf<br />

dessen Verwendung hier jedoch verzichtet wird, da die gebildeten Radikale zum<br />

gesundheitsschädlichen Tetramethylbernsteinsäuredinitril rekombinieren können:<br />

H 3 C<br />

CN<br />

CH 3<br />

N N<br />

CH<br />

CH 3<br />

3<br />

b) Ein häufig verwendeter peroxidischer Initiator ist das Dibenzoylperoxid (BPO)<br />

O<br />

O O<br />

CN<br />

O<br />

N 2<br />

2<br />

H 3 C<br />

2<br />

CH 3<br />

Die Praxis kennt verschiedene verfahrenstechnische Ausführungsformen der Polymerisation, z.B.<br />

in Substanz, Lösungspolymerisation, Emulsionspolymerisation, Suspensionspolymerisation.<br />

Diese verschiedenen Verfahren wurden entwickelt, weil die technische Durchführung der<br />

Polymerisation in erster Linie ein Problem des Wärme<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ches ist. Die Monomere sind flüssig<br />

oder gasförmig und die gebildeten Polymere fest oder - bei höheren Temperaturen - zähplastisch.<br />

Die Polymerisation ist eine exotherme Reaktion. Um also ein "Durchgehen" der Reaktion zu<br />

verhindern, muss man genügend kühlen und durch starkes Rühren für guten Wärme<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />

sorgen.<br />

Nur wenige Monomere polymerisieren so langsam, dass sie ohne Gefahr in Substanz, also unverdünnt,<br />

polymerisiert werden können. Aber nach diesem Verfahren erhält man die reinsten und<br />

gleichmäßigsten Polymerisate. Unter anderem können Polymethylmethacrylat, Polystyrol und<br />

Guss-Polyamid <strong>aus</strong> Caprolactam nach dieser Methode hergestellt werden (Versuche 9 und 10).<br />

Bei der Lösungspolymerisation wird das Monomer in einem Lösemittel gelöst (Versuch Nr. 8),<br />

das auch das entstehende Polymere gut zu lösen vermag. Das Lösemittel sollte möglichst unpolar<br />

sein (Toluol, Xylol, Pentan, Cyclohexan), um unerwünschte Nebenreaktionen zu vermeiden.<br />

Diese Art von Polymerisation wird vor allem für Klebstoff- und Lackrohstoffe angewendet, die<br />

.<br />

66<br />

CN<br />

O<br />

H C<br />

3<br />

NC<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CN<br />

CH 3<br />

.<br />

O<br />

2<br />

.<br />

- 2 CO2


in Lösung zur Verarbeitung gelangen, denn die Gewinnung des reinen Polymerisates <strong>aus</strong> der<br />

Lösung ist sehr schwierig, da das Polymerisat Reste von Lösemitteln hartnäckig festhält.<br />

Unter Fällungspolymerisation wird eine Polymerisation verstanden, bei der das Monomere im<br />

Reaktionsmedium löslich, das Polymere aber unlöslich ist und deshalb <strong>aus</strong>fällt.<br />

Die Substanzpolymerisation geht in eine Fällungspolymerisation über, wenn das Polymere im<br />

Monomeren unlöslich ist. Entsprechendes gilt für die Lösungspolymerisation. Bei der Fällungspolymerisation<br />

scheidet sich das Polymere als Niederschlag oder Gel ab. Durch Fällungspolymerisation<br />

werden beispielsweise Methacrylsäuremethylester in Wasser/Methanol (Versuch Nr. 10)<br />

oder Mischpolymerisate des Vinylchlorids in Kohlenwasserstoffen oder Alkoholen hergestellt.<br />

Bei der Emulsionspolymerisation (wasserlösliche Katalysatoren!) werden Monomere und<br />

Polymere mittels geeigneter Emulgatoren in feiner Verteilung im wässrigen Dispergiermittel<br />

gehalten. Das Polymerisat kann nach Beendigung des Prozesses nach verschiedenen Verfahren<br />

abgeschieden und zu feinem Pulver aufgearbeitet werden oder als feinteilige wässrige Dispersion<br />

(Latex mit Teilchendurchmesser zwischen 50 und 200 nm) zur Anwendung kommen.<br />

Polyvinylchlorid, Polystyrol, Polyacrylester, synthetischer Kautschuk <strong>aus</strong> cis-1,4-Polybutadien<br />

(Buna ® ) oder Butadien-Acrylnitril-Copolymeren (Perbunan ® N) und andere Vinylderivate entstehen<br />

auf diese Weise. Die Emulsionspolymerisation ist eines der wichtigsten großtechnischen<br />

Verfahren der organischen Chemie.<br />

Die Suspensionspolymerisation (im Monomeren lösliche Katalysatoren!) vollzieht sich in einer<br />

wässrigen Dispersion unter Zusatz gewisser Schutzkolloide. Die Reaktionskinetik der<br />

Suspensionspolymerisation ist der der Substanzpolymerisation ähnlich; jedes einzelne<br />

Monomertröpfchen stellt für sich ein System für eine Substanzpolymerisation dar, dessen<br />

Reaktionswärme durch das umgebende Wasser abgeführt wird. Das Polymerisat fällt hierbei in<br />

Form von Tröpfchen an, die sich absetzen und zu einem rieselfähigen Korn oder in Perlform<br />

erstarren. Wird die Suspensionspolymerisation so durchgeführt, dass das Polymerpulver <strong>aus</strong><br />

weitgehend gleichmäßigen, runden Kügelchen (meist zwischen etwa 10 und 100 µm<br />

Durchmesser) besteht, spricht man auch von einer Perlpolymerisation. Nach dem Verfahren der<br />

Suspensionspolymerisation werden Polymethacrylate,<br />

hergestellt.<br />

Polystyrol, Polyvinylchlorid u.a.<br />

Ein interessantes Verfahren, das in kürzester Zeit besondere Bedeutung gewonnen hat, ist die<br />

stereospezifische Polymerisation (Ziegler/Natta 1953/54) mit Ziegler´schen Mischkatalysatoren<br />

auf metallorganischer Basis. Die stereospezifische Polymerisation führt zu Polymeren mit einem<br />

hohen Kristallinitätsgrad. Auch bei niedrigem spezifischen Gewicht weisen solche stereoregulären<br />

67


Polymere (s. Kapitel 3.1. - Taktizität) außerordentlich gute mechanische Festigkeiten bei<br />

gleichermaßen verbesserten chemischen Eigenschaften auf. So wurden beispielsweise <strong>aus</strong><br />

isotaktischem Polypropylen Fasern mit einer Festigkeit bis zu 70 kg/mm 2 erhalten. Diese<br />

Festigkeit entspricht derjenigen des Stahls.<br />

68


6.4. Polyaddition<br />

Die letzte und neueste Grundreaktion zur Synthese von <strong>Makromolekülen</strong> als <strong>Kunststoffe</strong> im<br />

großtechnischen Massstab ist das Polyadditionsverfahren. Das Bildungsprinzip ist dadurch<br />

gekennzeichnet, dass verschiedenartig aufgebaute polyfunktionelle Verbindungen unter<br />

Wanderung von Wasserstoffatomen zu Polymeren verknüpft werden. Reaktionsnebenprodukte<br />

wie Wasser oder sonstige einfache niedermolekulare Verbindungen entstehen nicht. Zwei große<br />

Kunststoffgruppen werden heute nach diesem Verfahren hergestellt, die Polyurethane und die<br />

Epoxidharze.<br />

6.4.1. Polyurethane<br />

Die Polyurethan-Chemie ist eine Domäne der Bayer AG. Ihr Verknüpfungsprinzip, die<br />

Polyaddition, wurde im Jahre 1937 von Otto Bayer durch die Entdeckung der Polyurethane in die<br />

Kunststoffchemie eingeführt. Sie werden bevorzugt durch die Polyaddition von Di- oder<br />

Polyolen (Desmophen ® ) an Di- oder Polyisocyanate (Desmodur ® ) aufgebaut. Durch exotherme<br />

Reaktion der Hydroxyl-Gruppen mit den Isocyanat-Gruppen entstehen Carbamidsäureester-<br />

Gruppen (= Urethan-Gruppe) (Abb. 32).<br />

Abb. 32: Schema einer Polyaddition zu Polyurethanen<br />

HO R OH + O C N R +<br />

1 N C O HO R OH<br />

zweiwertiger<br />

Alkohol (Diol)<br />

O<br />

R 1<br />

Diisocyanat<br />

O R O N N O R O<br />

Urethan-Gruppe<br />

O<br />

O<br />

N N O R O<br />

zweiwertiger<br />

Alkohol (Diol)<br />

Diese Reaktion hat der ganzen Stoffklasse den Namen Polyurethane gegeben. Je nach den<br />

verwendeten Ausgangsstoffen kann man lineare oder vernetzte Polyurethane erhalten, die für<br />

viele Anwendungen in Schaumstoffen, Elastomeren, Lacken, Klebstoffen, Beschichtungen und<br />

Fasern eingesetzt werden. Diese Variationsbreite der Polyurethane wird von keiner anderen<br />

Kunststoffklasse erreicht.<br />

69<br />

R 1<br />

H H H H<br />

O


Lineare Polyurethane<br />

entstehen durch Polyaddidtion von Dialkoholen an Diisocyanate, z.B. von Hexamethylendiisocyanat<br />

an 1,4-Butandiol:<br />

HO-(CH 2 ) 4 -OH + OCN-(CH 2 ) 6 -NCO + HO-(CH 2 ) 4 -OH + OCN-(CH 2 ) 6 -NCO<br />

- - -O-(CH 2 ) 4 -O-CO-NH-(CH 2 ) 6 -NH-CO-O-(CH 2 ) 4 -O-CO-NH-(CH 2 ) 6 -NH -CO- - -<br />

Dieses Polyurethan (Thermoplast!) unterscheidet sich von Polyamiden wie Nylon-6,6 ® und<br />

Perlon ® (s. Kapitel 6.2., Abb. 24, 25) vorteilhaft durch seine geringe Wasseraufnahme. Es wird<br />

daher gern für hochwertige Borsten verwendet.<br />

Vernetzte Polyurethane<br />

werden <strong>aus</strong> Isocyanaten und hochmolekularen Alkoholen erhalten, wobei mindestens eine<br />

Komponente tri- oder höherfunktionell ist. Die Eigenschaften der vernetzten Polyurethane sind<br />

über einen weiten Bereich variierbar. Generell gilt: Der Vernetzungsgrad und damit die Härte<br />

steigen<br />

a) mit dem Gehalt an seitenständigen OH-Gruppen im Desmophen ®<br />

b) mit dem Anteil an Triisocyanaten<br />

c) mit dem Überschuss an Isocyanaten (Vernetzungsmechanismus s. Abb. 36)<br />

Es lassen sich kautschukelastische Polyurethane (Vulkollan ® ) sowie harte und weiche Schaumstoffe<br />

herstellen.<br />

Technisch wichtige di- und höherfunktionelle Isocyanate ("Polyisocyanate") werden in nachfolgender<br />

Tabelle zusammengestellt. Im Anschluss daran werden di- und höherfunktionelle Alkohole<br />

("Polyole") vorgestellt, die für technische Polyurethan-Synthesen bedeutend sind.<br />

70<br />


Tabelle 4<br />

Technisch wichtige "Polyisocyanate"<br />

Name und Formel Hauptanwendungsgebiet<br />

2,4- bzw. 2,6,-Diisocyanato-toluol (Toluylen-diisocyanat)<br />

Desmodur R T<br />

OCN<br />

CH 3<br />

NCO<br />

CH 3<br />

NCO<br />

2,6-Isomer 2,4-Isomer<br />

NCO<br />

Diphenylmethan-4,4'-diisocyanat, Desmodur R 44<br />

OCN<br />

CH 2<br />

NCO<br />

Oligomeres Diphenylmethan-4,4'-diisocyanat<br />

Desmodur R 44 V<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

71<br />

Schaumstoffe<br />

Lacke<br />

Elastomere<br />

Schaumstoffe<br />

Elastomere<br />

Klebstoffe<br />

Fasern<br />

OCN Schaumstoffe<br />

NCO<br />

OCN n<br />

n = 0,1,2,3 (Gemisch)


Name und Formel Hauptanwendungsgebiet<br />

1,6- Diisocyanato-hexan (Hexamethylendiisocyanat. HDI)<br />

Desmodur R H<br />

OCN NCO<br />

1,5-Diisocyanato-naphthalin, Desmodur R 15<br />

NCO<br />

NCO<br />

Triisocyanato-triphenylmethan, Desmodur R R<br />

OCN<br />

OCN<br />

CH<br />

NCO<br />

NCO<br />

Produkt uas Desmodur R T und Trimethylolpropan<br />

Desmodur R L<br />

H 3 C<br />

OCN<br />

N<br />

H<br />

O<br />

H 3 C<br />

O<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

O<br />

O<br />

CH2 O<br />

O<br />

N<br />

H<br />

H<br />

N<br />

NCO<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

NCO<br />

Hexamethylenbiuret-polyisocyanat, Demodur R N<br />

(idelalisierte Konstitution)<br />

O<br />

N<br />

NH<br />

O<br />

NH<br />

NCO<br />

72<br />

NCO<br />

elastische, lichtechte Polyurethane<br />

Lacke<br />

Hochleistungs-Elastomere<br />

Vulkollan R<br />

Klebstoffe<br />

Lacke<br />

Lacke


Name und Formel Hauptanwendungsgebiet<br />

Isophoron-diisocyanat (IPDI)<br />

Desmodur R Z<br />

Polyole<br />

H C 3<br />

H C 3<br />

Als Di- bzw. Triole werden fast <strong>aus</strong>schließlich OH-terminierte Polyether oder Polyester niederen<br />

bzw. mittleren Molekulargewichtes (von 62 bis 6.000) verwendet. Diese tragen an den Enden<br />

zwei bzw. - bei verzweigten Ketten - drei und mehr Hydroxyl-Gruppen. Die OH-terminierten<br />

Polyether werden auch Polyetherpolyole genannt. Die wichtigsten Polyether-polyole auf Basis<br />

von Ethylenoxid (Oxiran) und Propylenoxid (Methyloxiran) werden durch Basenkatalyse unter<br />

Verwendung von bi- und trifunktionellen kurzkettigen Startermolekülen, wie Wasser oder<br />

aliphatischen Diolen, durch ringöffnende Polymerisation erhalten:<br />

C<br />

H 2<br />

H 3 C<br />

O R + OH -<br />

CH<br />

HO CH 2<br />

CH<br />

R<br />

O<br />

CH 2<br />

NCO<br />

NCO<br />

R<br />

CH<br />

HO CH2 CH<br />

n<br />

O<br />

R<br />

+ H +<br />

Die OH-terminierten Polyester werden auch Polyesterpolyole genannt. Polyesterpolyole werden<br />

durch Schmelzkondensation eines Überschusses an Diolen (oder Triolen) mit Dicarbonsäuren<br />

gewonnen. So entsteht <strong>aus</strong> Ethandiol-(1,1) (Ethylenglykol) und Hexandisäure (Adipinsäure) der<br />

Adipinsäureglykolpolyester (Desmophen 2000 ® ) :<br />

O<br />

73<br />

+ n<br />

O R<br />

H2C CH<br />

HO CH 2<br />

CH<br />

R = H: (Poly)ethylenoxid<br />

R = CH 3: (Poly)propylenoxid<br />

n + 1 HO-CH 2 -CH 2 -OH + n HOOC-CH 2 -CH 2 -CH 2 -CH 2 -COOH<br />

O O<br />

HO--CH2-CH2-O-C-CH2-CH2-CH2-CH2-C-O--CH2-CH2-OH n<br />

R<br />

O<br />

Lacke<br />

CH 2<br />

R<br />

CH<br />

n<br />

OH<br />

- 2n H 2 O


Der Ersatz von Polyetherpolyolen durch Polyesterpolyole in vernetzten Polyurethanen führt zu<br />

einem verbesserten mechanischen Werteniveau. Besonders Zug- und Strukturfestigkeit bei<br />

Raumtemperatur werden verbessert sowie die Beständigkeit gegen oxidative Einflüsse. Diese<br />

Effekte werden durch die höhere Polarität der Ester-Gruppe und ihre geringere Neigung zur<br />

Bildung von Peroxiden bedingt. Die Polyester haben höhere Erweichungspunkte und eine Größere<br />

Kristallisationstendenz als die Polyether und sind in der Mehrzahl bei Raumtemperatur fest. Ein<br />

Nachteil der Polyester ist jedoch ihre leichte Hydrolysierbarkeit.<br />

6.4.1.1. Kautschukelastisches Polyurethan (Vulkollan ® )<br />

Als Beispiel für ein kautschukelastisches Polyurethan soll hier die Herstellung des Vulkollan ®<br />

schematisch beschrieben werden. Als ein Ausgangsmaterial dient der rein linear aufgebaute<br />

Polyester Desmophen 2000 ® . Dieser wird im allgemeinen durch drei Reaktionsschritte in ein<br />

weitmaschig vernetztes Produkt übergeführt.<br />

Versuch Nr. 10<br />

1. Vorverlängerung<br />

Durch Zugabe eines berechneten Überschusses Diisocyanat zur sorgfältigen entwässerten<br />

Schmelze des Polyesterpolyols erfolgt eine Verknüpfung von durchschnittlich zwei Polyestermolekülen<br />

zu einem Größeren Kettenmolekül mit endständigen Isocyanatgruppen (Makrodiisocyanat<br />

oder Präpolymer) (Abb. 33):<br />

74


Abb. 33: Vorverlängerung des Diisocyanats mit Adipinsäureglykolpolyester<br />

(Mol.-Gew. 2000 - 3000) der Formel:<br />

HO C<br />

H2 2. Verlängerung<br />

C<br />

H 2<br />

Das so entstandene Makrodiisocyanat (Präpolymer) erfährt durch Beimischung sogenannter<br />

Kettenverlängerer (Diamine, Wasser oder Diole) eine weitere Verlängerung (Abb. 34).<br />

Abb. 34: Reaktion des Diisocyanatpolyesters<br />

a) mit Diaminen zu Polyharnstoffen<br />

H N 2 R NH2 H2N R NH2 + +<br />

O C N N C O O C N N C O<br />

O C N<br />

O<br />

O C N R N C O<br />

(CH2 ) 4<br />

CO<br />

kurz:<br />

O<br />

CO<br />

C<br />

H 2<br />

H2 C<br />

HO OH<br />

CO<br />

CO<br />

CO<br />

N N R N N N<br />

H H H H H<br />

Polyharnstoff<br />

75<br />

O<br />

CO<br />

(CH 2 ) 4<br />

HO OH HO OH<br />

n<br />

CO<br />

O<br />

n<br />

H2 C<br />

N R N<br />

H H<br />

C<br />

H 2<br />

OH<br />

+ +<br />

O C N R N C O O C N R N C O<br />

CO CO<br />

CO<br />

O C N R N O O N R N O O<br />

H H H<br />

Diisocyanatpolyester (Präpolymer)<br />

kurz: O C N N C O<br />

CO<br />

N<br />

H<br />

R<br />

N C O


) mit Wasser zu Polyharnstoffen (Mechanismus vgl. Kap. 6.4.1.2)<br />

O C N N C O<br />

NH<br />

H O H H O H<br />

+ +<br />

O C N N C O<br />

76<br />

- CO 2<br />

CO<br />

CO<br />

NH NH NH<br />

n<br />

Polyharnstoff<br />

CO<br />

NH<br />

Bei der Reaktion von Diolen mit dem Präpolymer werden hochmolekulare Polyurethane gebildet<br />

(Abb. 35).<br />

Abb. 35: Reaktion des Diisocyanatpolyesters (s. Abb. 33) mit Diolen zum Polyurethan<br />

NH<br />

HO R OH HO R OH<br />

O C N N C O<br />

+<br />

O C N N C O<br />

+<br />

O N<br />

N<br />

H<br />

CO<br />

CO<br />

O R O N<br />

H<br />

Polyurethan<br />

NH<br />

CO<br />

O R O<br />

n<br />

3. Vernetzung<br />

Die gebildeten Polyharnstoffe und Polyurethane besitzen in ihren Ketten nucleophile NH-<br />

Einheiten, die durch Reaktion mit noch nicht abreagierten Isocyanatgruppen unter Ausbildung<br />

einer Biuret- bzw. Allophanat-Struktur zur Vernetzung führen (Abb. 36).


Abb. 36: Vernetzung durch die Reaktion mit noch nicht abreagierten Isocyanatgruppen<br />

a) mit Polyharnstoffen (s. Abb. 34)<br />

"Harnstoff-Vernetzung" Biuret-Struktur<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

CO<br />

N<br />

H<br />

CO<br />

N<br />

H<br />

R<br />

R<br />

CO<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N C O<br />

b) mit Polyurethanen (s. Abb. 35)<br />

"Urethan-Vernetzung" Allophanat-Struktur<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

HN<br />

CO<br />

N<br />

CO<br />

CO CO<br />

O R O N<br />

H<br />

N C O<br />

CO<br />

O R O<br />

HN<br />

CO<br />

N<br />

CO<br />

Außerdem erfolgt eine physikalische Vernetzung über Wasserstoffbrücken.<br />

N<br />

H<br />

CO<br />

CO<br />

NH N<br />

H<br />

NH<br />

NH<br />

Bei der Umsetzung von Desmophen ® und Desmodur ® zu kautschukelastischen <strong>Kunststoffe</strong>n<br />

sowie zu Lack- und Klebstoff-Filmen muss Feuchtigkeit im Reaktionsgemisch unbedingt<br />

<strong>aus</strong>geschlossen werden (s.a. Versuch Nr. 10). In anderen Fällen, z.B. bei der<br />

Schaumstoffherstellung, setzt man absichtlich Wasser zu.<br />

77<br />

N<br />

H<br />

R<br />

R<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

CO<br />

O R O<br />

CO<br />

O R<br />

O


6.4.1.2. Polyurethan-Schaumstoffe<br />

Wasser reagiert mit Isocyanaten unter Entwicklung von Kohlendioxid zu Harnstoffen, die mit<br />

weiterem Isocyanat ein Biuret bilden:<br />

R<br />

N<br />

C O<br />

O C N R<br />

+ H 2 O<br />

R N H<br />

R N<br />

H<br />

CO<br />

N<br />

H<br />

R<br />

instabile<br />

Carbamidsäure<br />

78<br />

O<br />

R<br />

N<br />

C O<br />

-CO 2<br />

OH R NH 2<br />

R<br />

N<br />

H<br />

HN<br />

R<br />

CO<br />

N<br />

Ist Wasser im Reaktionsgemisch zugegen (z.B. im Desmophen ® -Aktivatorgemisch des Versuchs<br />

Nr. 11), so hat das Diisocyanat zwei mögliche Reaktionspartner: das Wasser und das<br />

Desmophen ® . Es reagiert mit beiden, mit Wasser unter Entwicklung von Kohlendioxid, mit dem<br />

Desmophen ® unter Bildung von Polyurethan. Während sich das Polyurethan bildet, wird es von<br />

dem freiwerdenden Kohlendioxid aufgebläht: es entsteht ein Schaumstoff. Die Umsetzung<br />

zwischen den Reaktionspartnern ist stark exotherm; sie tritt beim Zugeben der Komponenten<br />

bereits bei Zimmertemperatur ein.<br />

Derartige Schaumstoffe kann man in den verschiedensten Härtegraden gewinnen: Von einem<br />

<strong>aus</strong>gesprochenen Hartschaum bis zu einem weichen und elastischen Schaum-Material sind alle<br />

Zwischenstufen (auch unterschiedlichster Dichte) möglich. Es kommt vor allem auf das<br />

verwendete Desmophen ® an.<br />

Man unterscheidet bei den Schaumstoffen den Weichschaum, Hartschaum und Integralschaum.<br />

Der Weichschaum nimmt darunter eine führende Stellung ein. In erster Linie wird er im<br />

Polsterbereich eingesetzt. Für den Treibprozess wird die Kohlendioxid liefernde<br />

Isocyanat/Wasser-Reaktion (s.o.) eingesetzt.<br />

CO<br />

R


Versuch Nr. 11<br />

Das Aufschäumen des Hartschaums erfolgte bisher fast <strong>aus</strong>schließlich mit niedrigsiedenden<br />

Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), z.B. dem Trichlorfluormethan (Frigen 11 ® ). Das<br />

Treibgas, das in den geschlossenen Zellen verbleibt, verleiht aufgrund seiner geringen<br />

Wärmeleitfähigkeit dem Schaum seine hervorragenden Dämmeigenschaften. Diese Eigenschaften<br />

wurden beim Einsatz in Kühlschränken und Kühltruhen genutzt.<br />

In Europa sind z. Zt. ca. 90 Prozent aller H<strong>aus</strong>haltskühlschränke und 100 Prozent aller<br />

Tiefkühltruhen mit Polyurethan-Hartschaum isoliert. Wegen der niedrigen Wärmeleitzahl des<br />

Schaumstoffs konnten die Kühlmöbelhersteller das Fassungsvermögen der Geräte bei gleichen<br />

Aussenabmessungen beträchtlich erhöhen. Im Verbund mit harten Deckschichten, wie Stahl oder<br />

anderen <strong>Kunststoffe</strong>n (Sandwichverfahren), wird der Hartschaum in steigendem Masse für<br />

konstruktive Anwendungen eingesetzt.<br />

Wegen der Ozonproblematik haben die Hersteller von Polyurethanschäumen bis Ende des Jahres<br />

1992, wo immer möglich, auf FCKW-freie Verfahren umgestellt. Wo dies nicht erreichbar ist,<br />

wird die Verwendung von FCKW auf das unumgängliche Maß reduziert. Nach Einführung<br />

geeigneter Ersatzstoffe wird der Einsatz von FCKW zum frühstmöglichen Zeitpunkt eingestellt.<br />

Ersatzstoffe sind die sogenannten "weichen" FKW, d.h. teilfluorierte Kohlenwasserstoffe mit<br />

geringem ozonschädlichen Potential. Die Patentlösung ist jedoch die "Null-Lösung", d.h. rein<br />

durch CO2 oder niedrigsiedende Kohlenwasserstoffe getriebener Schaum. In vielen Fällen kann<br />

durch Rezeptur-Änderung schon heute ganz auf FCKWs verzichtet werden.<br />

Vor mehr als 20 Jahren wurde mit den halbharten und harten Polyurethan-Schaumstoffen ein<br />

völlig neues Anwendungsgebiet erschlossen, das sich als recht zukunftsträchtig erwies. Es wurde<br />

beobachtet, dass schäumungsfähige Reaktionsgemische auf Polyurethan-Basis in geschlossenen,<br />

temperierten Formwerkzeugen, wenn sie unter Druck <strong>aus</strong>härten, Formteile bilden, deren<br />

Dichteverteilung über den Querschnitt kontinuierlich variiert: die Dichte nimmt von der Mitte des<br />

Formteils zu den Rändern hin stetig zu, so dass eine Art Sandwich-Struktur entsteht, die dem<br />

Schaumstoff hervorragende mechanische Eigenschaften verleiht. Das Integralschaum-Formstück<br />

besitzt sofort eine feste, schützende Außenhaut. Durch den Schäumdruck wird die Oberfläche<br />

des Formwerkzeuges exakt im Formteil abgebildet. In der Automobilindustrie werden halbharte<br />

Integralschaumstoffe für Armlehnen, Armaturenabdeckungen und Stossstangen eingesetzt.<br />

Hochabriebfeste Schuhsohlen lassen sich in einem Arbeitsgang direkt an den Schuhschaft<br />

anschäumen. Auch technische Teile <strong>aus</strong> Integralschaumstoffen lassen sich umweltfreundlich ohne<br />

Verwendung von FCKWs herstellen.<br />

79


Die einzelnen Polyurethan-Kunststoffgattungen zeigen, wie weit die Skala der Eigenschaften der<br />

Polyurethan-<strong>Kunststoffe</strong> reicht, die durch Änderungen am Makromolekül hergestellt werden<br />

können. Die Arbeiten auf diesem Gebiet sind in vollem Gange und bei weitem noch nicht<br />

abgeschlossen, so dass die Zukunft sicher neue interessante Entwicklungen auf diesem Gebiet<br />

bringen wird. Über eine besondere Klasse der Polyurethane, die Polyurethan-Ionomere, wird im<br />

Kapitel 8.2.2. berichtet.<br />

6.4.1.3. Ingenieurkunst als Partner der Chemie<br />

Im vorliegenden Buch wurden <strong>Kunststoffe</strong> vorwiegend <strong>aus</strong> chemischer Sicht beschrieben. Auf<br />

dem Weg vom Makromolekül zum verarbeiteten Werkstoff bietet jedoch allein die<br />

partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Physikern, Mathematikern und Ingenieuren der<br />

verschiedenen Fachrichtungen die Möglichkeit zu wirklichen Innovationen. Ein Beispiel <strong>aus</strong> der<br />

Polyurethan-Chemie mag dies exemplarisch belegen. Das neu entdeckte Verfahren der in-situ-<br />

Verschäumung von Polyurethanen während der Polyaddition war zwar im<br />

Demonstrationsversuch (s. Abb. 37) konkurrenzlos elegant, aber vor allem deshalb, weil derartige<br />

Techniken vorher gar nicht existierten und natürlich auch keine geeigneten Maschinen dafür.<br />

Abb. 37: Polyaddition von Desmodur ® und<br />

Desmophen ® zu einem Polyurethan-<br />

Schaum<br />

So konnten Polyurethan-Schaumstoffe zunächst nur ganz primitiv "von Hand" durch<br />

Zusammenrühren der Ausgangsprodukte hergestellt werden. Polyurethane galten noch bis Mitte<br />

der sechziger Jahre als exotische Spezialprodukte; mengenmässig waren sie unbedeutend (1963:<br />

270 000 t weltweit).<br />

Erst durch die Entwicklung einer auf das Diisocyanat-Polyadditionsverfahren abgestimmten und<br />

für die verschiedenen Anwendungsgebiete aufgefächerten Zwei-Komponenten-Maschinen-<br />

80


technik zur Förderung, Dosierung und Vermischung sowie zur kontinuierlichen Block-, Plattenund<br />

Formverschäumung wurden die Vor<strong>aus</strong>setzungen dafür geschaffen, dass sich <strong>aus</strong> dem teuren<br />

Spezialpolymer eine großtechnisch umfangreiche Produktgruppe entwickeln konnte.<br />

Vor allem die Hochdrucktechnik - zunächst mit den in Dieselmotoren üblichen<br />

Reihenkolbenpumpen realisiert - verhalf der Polyurethan-Herstellung zu ihrem Siegeszug in der<br />

Kunststoffproduktion. Rasche Förderung und exakte Dosierung, extrem schnelle und intensive<br />

Vermischung durch Gegenstrominjektion und damit hohe Ausstossmengen bis zu 600 kg pro<br />

Minute ermöglichten die sichere Verarbeitung auch hochreaktiver Systeme und damit optimale<br />

Wirtschaftlichkeit.<br />

Der Aufbau harter oder weicher, kompakter oder im Kern geschäumter, vernetzter Elastomere<br />

mit der <strong>aus</strong> der Schaumstoff-Technik hervorgegangenen "reaction injection moulding" (RIM)-<br />

Technik nimmt zur Zeit weltweit einen rasanten Aufschwung. Dabei werden die flüssigen<br />

Ausgangskomponenten maschinell exakt dosiert, vermischt und in geschlossene Formen<br />

eingespritzt, worin sie in kürzester Zeit <strong>aus</strong>härten und der Form entnommen werden können. Die<br />

chemische Reaktion, der Polymeraufbau, läuft also nicht in der chemischen Fabrik ab, sondern<br />

unmittelbar beim Verarbeiter, z.B. dem Autohersteller, und führt direkt zum fertigen Formteil,<br />

z.B. einem ummantelten Lenkrad oder einem Karosserieteil (Abb. 38).<br />

Abb. 38: Beispiel für die Fertigung eines gesamten Frontendes ("softend") eines Fahrzeugs<br />

<strong>aus</strong> Polyurethan-RIM<br />

Beim RIM-Verfahren werden Reaktionszeiten in der Größenordung von wenigen Sekunden<br />

gefordert. Es können also auch Diamine, deren Umsetzung mit Diisocyanaten im Labor ohne<br />

Verdünnungsmittel aufgrund ihrer hohen Reaktivität nicht beherrschbar ist, als Reaktionspartner<br />

81


eingesetzt werden (Polyharnstoff-RIM). Die entstehenden Polyharnstoffe sind steifer und<br />

thermostabiler als die entsprechenden Polyurethane, vor allem aber lassen sie sich rascher<br />

entformen. Dies ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die Einführung und Entwicklung einer<br />

neuen Technik rückwirkend zu einer Erweiterung der chemischen Basis eines Verfahrens führen<br />

kann. Hochreaktive Aminoendgruppen tragende Polyether und Polyester wurden attraktive<br />

B<strong>aus</strong>teine für das RIM-Verfahren, wodurch die Synthese dieser Produkte neue Impulse erhielt.<br />

6.4.2. Epoxidharze<br />

Ähnlich wie Isocyanate mit Alkoholen, Aminen und Säuren zu reagieren vermögen, liefern diese<br />

sogenannten "Härter" auch Polyadditionsprodukte mit Epoxiden. Da die Härter häufig höher als<br />

bifunktionell sind und die eingesetzten Bis-Epoxide auch selbst noch reaktive OH-Gruppen<br />

tragen, entstehen vernetzte Polymere, die Epoxidharze.<br />

Die wichtigsten Bis-Epoxide werden durch eine Kondensationsreaktion zwischen dem vom<br />

Polycarbonat her bekannten "Bisphenol-A" (2,2-Bis-(4-hydroxyphenyl)propan) und Epichlorhydrin<br />

gebildet (Handelsname Lekutherm ® ). Diese Bis-Epoxide (s. Abb. 39) sind zähflüssige oder<br />

schmelzbare Produkte. Die Formgebung und die anschliessende Härtung des Giessharzes erfolgt<br />

ohne Druck und ohne Abspaltung flüchtiger Substanzen. Als Härtungsmittel können praktisch<br />

alle mit Epoxygruppen reagierende, mindestens bifunktionelle Verbindungen eingesetzt werden,<br />

z.B. Polyalkohole, Polycarbonsäuren (und ihre Anhydride), Amine, Amide usw. (s. Abb. 40).<br />

Versuch 12<br />

Epoxidharze werden wie vernetzte ungesättigte Polyester verarbeitet und verwendet. Besondere<br />

Merkmale sind gute Haftfestigkeit auf Metallen (Metallkleber, Kitte), gute elektrische und<br />

mechanische Eigenschaften sowie hohe Chemikalienfestigkeit.<br />

82


Abb. 39: Bildung von Bisepoxiden <strong>aus</strong> einer (I) bzw. drei Bisphenol-A-Einheiten (II) durch<br />

Kondensation mit Epichlorhydrin<br />

C<br />

H 3<br />

Cl<br />

CH 3<br />

O<br />

CH CH 2<br />

CH 2<br />

Cl<br />

CH 2<br />

C<br />

H 2<br />

O<br />

CH<br />

OH<br />

CH<br />

+<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

HO<br />

C<br />

H 3<br />

C<br />

H 3<br />

83<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

OH<br />

O<br />

+ C CH<br />

O O CH2 CH 2<br />

CH Cl<br />

+ 2 NaOH<br />

OH<br />

- 2 NaCl<br />

- 2 H 2O Kondensation<br />

C<br />

H 3<br />

H 2<br />

ringöffnende Addition<br />

CH 3<br />

O O CH 2<br />

(I)<br />

CH<br />

O<br />

C<br />

H 3<br />

H C 2<br />

CH2 CH O O<br />

CH CH 2 2<br />

CH O<br />

O OH (II)<br />

Symbol für (I) und (II):<br />

+ 1/2 Bisphenol A<br />

CH 3<br />

O<br />

O O<br />

CH 2<br />

CH<br />

OH<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

O<br />

CH 2<br />

Cl<br />

C<br />

H 3<br />

CH 3<br />

O CH 2<br />

CH CH 2<br />

O


Abb. 40: Schema der Härtung eines Bis-Epoxides entsprechend Abb. 39 mit einem Polyamin<br />

H 2 N ~ NH ~ NH 2 (~ : Alkylenkette)<br />

HO<br />

HO<br />

HO<br />

x<br />

O<br />

HO OH<br />

HN ~ N ~ NH<br />

OH<br />

N ~ N ~ NH<br />

OH<br />

O<br />

N ~ N ~ N<br />

84<br />

+ y H 2N ~ NH ~ NH 2<br />

OH HO OH OH HO<br />

N ~ N ~ N<br />

N ~ N ~ N<br />

HO<br />

HO<br />

HO<br />

OH<br />

OH<br />

N ~ N ~ N<br />

HO<br />

HO


7. Modifizierung von <strong>Kunststoffe</strong>n<br />

Der Überblick über die Grundreaktionen und der Vergleich der verschiedenen Bildungsprinzipien<br />

makromolekularer Stoffe sollte zeigen, dass die Synthese der beiden großen Kunststoffgruppen - der<br />

Thermoplaste und der Duroplaste - nicht an ein bestimmtes Reaktionsverfahren gebunden ist,<br />

sondern dass vielmehr eine beachtliche Anzahl von Hochpolymeren nach den genannten drei<br />

Reaktionsverfahren aufgebaut werden kann (s. Tabelle 3).<br />

Die Grundeigenschaften der so hergestellten Werkstoffe reichen aber nicht <strong>aus</strong>, um die<br />

verschiedenartigen und immer höher geschraubten Anforderungen <strong>aus</strong> der Praxis zu erfüllen.<br />

Unabdingbare Eigenschaften von Werkstoffen sind:<br />

- hohe Festigkeit bei hoher Temperatur<br />

- gute Zähigkeit bei tiefer Temperatur<br />

- hoher Schmelzpunkt<br />

- Widerstandsfähigkeit gegen schroffe Temperaturänderung<br />

- (Thermoschock)<br />

- möglichst geringes Gewicht<br />

- Beständigkeit gegen Kernstrahlung und kosmische Strahlung<br />

- hohe Korrosionsbeständigkeit gegen Chemikalien usw.<br />

Es ist einleuchtend, dass kein Werkstoff alle diese Bedingungen, die sich z.T. <strong>aus</strong>zuschließen<br />

scheinen, erfüllen kann. Amerikanische Experten nannten den Idealwerkstoff daher<br />

"Unobtainium" (das "Unerreichbare").<br />

85


Durch die Entwicklung neuer Verbindungen, durch neue Arbeitsweisen und Kombinationen<br />

bekannter Stoffe sind jedoch bereits bemerkenswerte Ergebnisse erzielt worden, die den<br />

<strong>Kunststoffe</strong>n den Beinamen "Werkstoffe nach Maß" eingebracht haben.<br />

Polymer-Modifizierungen erhält man durch Beimischen relativ kleiner Anteile an (z.T. polymeren)<br />

Hilfsstoffen z.B. mittels Knetmaschinen oder Extrudern zur Verbesserung der Werkstoff- und<br />

Verarbeitungseigenschaften.<br />

<strong>Kunststoffe</strong> sind so, wie sie bei den geschilderten Reaktionen anfallen, nur Rohstoffe. Sie werden<br />

erst durch zahlreiche Nachbehandlungen zum Werkstoff mit genau festgelegten Eigenschaften (=<br />

Handelsprodukt). Auch der beste Kunststoffrohstoff muss z.B. stabilisiert werden gegen Angriffe<br />

(d.h. Aufbrechen der Makromoleküle in Bruchstücke) durch Wärme, Licht oder Sauerstoff.<br />

Versuch Nr. 13<br />

Er muss meist mit sogenannten Gleitmitteln (hochmolekularen Wachsen) versehen werden, damit<br />

beim formgebenden Verarbeiten eine einwandfreie Ausfüllung auch komplizierter Formen<br />

gewährleistet ist. Oft wird von Kunden eine ansprechende Einfärbung verlangt. Es kann auch sein,<br />

dass der Kunststoff von sich <strong>aus</strong> zu spröde für einen vorgesehenen Einsatzzweck ist. Dann muss er<br />

weichgemacht werden. Der Grund z.B., dass PVC mengenmäßig ein so bedeutender<br />

thermoplastischer Kunststoff ist, ist hauptsächlich darin zu suchen, dass <strong>aus</strong> PVC mit Hilfe von<br />

Weichmachern Werkstoffe mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften hergestellt werden können.<br />

Während reines PVC ein hartes und sprödes Material darstellt, kann man durch Zusatz von<br />

Weichmachern mehr oder weniger weiche und elastische Erzeugnisse erhalten.<br />

Versuch Nr. 14<br />

Häufig sind Haftvermittler erforderlich, damit z. B. Beschichtungen auf Papier oder Geweben<br />

<strong>aus</strong>reichend haften. An Transportbänder, Fußbodenbeläge, Verpackungsfolien usw. wird häufig die<br />

86


Forderung gestellt, dass sie sich nicht elektrisch aufladen dürfen. Also müssen Antistatica<br />

eingearbeitet werden. Für die Verwendung in den Tropen wird immer häufiger die Forderung nach<br />

Termitenbeständigkeit, z.B. für Kabelummantelungen, Kunstleder für Fahrzeugpolster usw. gestellt.<br />

Diesen Ansprüchen kann man durch Einarbeitung von Termitenschutzmitteln gerecht werden. Zur<br />

Erzielung bestimmter mechanischer Eigenschaften müssen oft Füllstoffe, wie z.B. Kaolin,<br />

Schiefermehl, Sand, Carbonate, Sulfate, Silikate (Aerosile), Ruß, Glasfasern usw., eingearbeitet<br />

werden. Zur Verbesserung der Flammwidrigkeit verwendet man unter anderem Antimontrioxid oder<br />

Phosphorverbindungen. Zur Schimmelfestmachung stehen neuerdings geeignete Fungizide zur<br />

Verfügung. In neuerer Zeit wird die Galvanisierung von <strong>Kunststoffe</strong>n stark in den Blickpunkt des<br />

allgemeinen Interesses gerückt. Galvanisierte Kunststoffteile bringen besonders dort große Vorteile,<br />

wo für die Herstellung eines entsprechenden dekorativen Metallteiles mehrere und aufwendige<br />

mechanische Bearbeitungsvorgänge, z.B. Drehen, Fräsen, Bohren, Abkanten, Löten usw.,<br />

erforderlich sind.<br />

Die Bearbeitung jedes dieser Gebiete erfordert heute bereits Spezialisten.<br />

87


8. Neuere Entwicklungen<br />

Auch bei dem gegenwärtigen hohen Stand der Kunststoffchemie kommt der Suche nach neuartigen<br />

<strong>Kunststoffe</strong>n <strong>aus</strong> bisher noch nicht verwendeten monomeren B<strong>aus</strong>teinen oder nach neuen<br />

Strukturprinzipien eine wichtige Bedeutung zu. Naturgemäß können solche neuen Polymere bei<br />

Markteinführung nur Spezialwerkstoffe für besondere Anwendungen sein, die sich nicht zuletzt<br />

wegen ihres erhöhten Preises einen größeren Markt erst erschließen müssen.<br />

8.1. Polymere <strong>aus</strong> neuen Monomeren<br />

( - Variation der Primärstruktur - )<br />

8.1.1. Temperaturbeständige Polymere<br />

Als ein Anwendungsbeispiel unter vielen für <strong>Kunststoffe</strong> <strong>aus</strong> neuen Monomeren sollen hier einige<br />

temperaturbeständige Polymere vorgestellt werden. Diese Forschungsrichtung wurde anfangs durch<br />

die Entwicklungen in Luft- und Raumfahrt initiiert. Heute sind aber Anwendungen im Fahrzeug- und<br />

Maschinenbau sowie in der Elektro- und Elektronikindustrie mehr in den Vordergrund gerückt.<br />

Temperaturbeständige Polymere enthalten B<strong>aus</strong>teine, in denen sehr stabile Bindungen in Aromaten<br />

bzw. C-F-Bindungen (Bindungsenergie = 441 kJ/mol) an die Stelle von aliphatischen C-C- bzw. C-<br />

H-Bindungen (Bindungsenergie = 413 kJ/mol) getreten sind (s. z.B. PTFE-Beschichtungen in<br />

Kapitel 6.3.1.). Hinzu kommt häufig ein steifer Aufbau der Polymerketten mit starken<br />

Wechselwirkungskräften und einem hohen Anteil an Kristallinität.<br />

Exemplarisch wird je ein Polymer <strong>aus</strong> den drei Verbindungsklassen Polyaryle, heterocyclische<br />

Polymere und Leiterpolymere, vorgestellt. Die Temperaturbeständigkeit von Fluorpolymeren<br />

(Teflon, Kapitel 6.3.1.) wurde bereits erwähnt. Auf flüssigkristalline Polymere soll in anderem<br />

Zusammenhang noch eingegangen werden (s. Kapitel 8.2.4.).<br />

88


Polyaryle<br />

In Polyarylen sind Benzolringe durch heteroatomhaltige Gruppen X und Y verbunden. Technisch<br />

sind dabei die drei folgenden Substanzklassen von Bedeutung:<br />

Das seit 1972 käufliche PPS ist ein Polykondensat, das durch nucleophilen Angriff von Sulfid auf p-<br />

Dichlorbenzol bei erhöhter Temperatur und erhöhtem Druck gebildet wird:<br />

X<br />

a) X = Y = S: Polyphenylensulfid (PPS: hochkristallin)<br />

b) X = O, Y = SO 2 : Polyethersulfone (PES: amorph)<br />

c) X = O, Y = CO: Polyetherketone (PEK: teilkristallin)<br />

Cl<br />

n<br />

+ n Na2S Cl<br />

Die Schmelztemperatur von PPS liegt bei 285 o C; es ist oberhalb 300 o C nach gängigen Verarbei-<br />

tungsprozessen für Thermoplaste (Spritzgießen, Extrudieren) verarbeitbar. Dieses Material hält<br />

Temperaturbelastungen bis zu 275 o C auch über mehrere Tage ohne Schaden <strong>aus</strong> (s. Abb. 41).<br />

Y<br />

- 2n NaCl<br />

89<br />

n<br />

PPS<br />

S<br />

n


Abb. 41: Ein Löffel <strong>aus</strong> einem Standardkunststoff mit geschmolzenem Lötzinn (260 o C) wird<br />

zerstört. Den PPS-Löffel "lässt diese Temperatur kalt"<br />

PPS wird jedoch durch Oxidationsprozesse unter UV-Bestrahlung angegriffen. Durch weitere<br />

Forschung könnte dieser kleine Fehler im Gesamtbild des neuen Werkstoffes beseitigt werden.<br />

Heterocyclische Polymere<br />

Polyimide entstehen in einer zweistufigen Reaktion <strong>aus</strong> einem aromatischen Diamin und einem<br />

aromatischen Dianhydrid wie z.B. 1,2,4,5-Benzoltetracarbonsäuredianhydrid (Pyromellitsäuredianhydrid).<br />

Nach dem einleitenden Polyadditionsschritt sind die erhaltenen Polymere noch löslich und<br />

zu Filmen oder Fasern verarbeitbar (s. Abb. 43). Beim anschließenden Erhitzen tritt unter Wasserabspaltung<br />

eine Polycyclokondensation zum Polyimid ein, das sich an der Luft erst oberhalb 550 o C<br />

merklich zersetzt. Die hohe Wärmebeständigkeit hat jedoch den Nachteil, dass das Material nach<br />

thermoplastischen Techniken nicht verarbeitbar ist.<br />

90


Abb. 43: Bildung von Polyimid <strong>aus</strong> aromatischem Diamin und 1,2,4,5-Benzoltetracarbonsäuredianhydrid<br />

O<br />

O<br />

O<br />

N<br />

Auch das Polybenzimidazol (PBI) kann wegen seiner Glastemperatur von 425 o C nicht in Substanz,<br />

sondern nur <strong>aus</strong> der Lösung verarbeitet werden. Seine Synthese verläuft ebenfalls zweistufig (Abb.<br />

44). Isophthalsäurediphenylester wird unter Freisetzung von Phenol zuerst einer Polykondensation<br />

mit 3,3´,4,4´-Tetraaminobiphenyl zu einem Polyamid unterzogen. Dieses Präpolymer cyclisiert<br />

anschließend in einer Festphasenpolykondensation unter Wasser<strong>aus</strong>tritt zum Polybenzimidazol.<br />

PBI-Gewebe sind nicht brennbar und haben, da sie ca. 15 % Feuchtigkeit aufzunehmen vermögen,<br />

einen gewissen Tragekomfort. Dadurch sind sie für feuerfeste Schutzanzüge und feuerblockierende<br />

Gewebe und Vliese für Flugzeugsitze einsetzbar.<br />

O<br />

O<br />

O<br />

+ Ar<br />

H 2 N NH 2<br />

O O<br />

O<br />

Polyimid<br />

O<br />

N<br />

Ar<br />

n<br />

Polyaddition<br />

91<br />

HOOC<br />

H<br />

N<br />

O<br />

O<br />

Ar<br />

N<br />

H<br />

COOH<br />

Cyclokondensation<br />

- 2n H 2O<br />

n


Abb. 44: Bildung von Polybenzimidazol <strong>aus</strong> 3,3´,4,4´-Tetraaminobiphenyl und<br />

Isophthalsäurediphenylester<br />

H 2 N<br />

Leiter- und Kohlenstoff-Polymere sind weitere Beispiele für <strong>Kunststoffe</strong> mit extremer<br />

Temperaturbeständigkeit. Sie sollen unter dem Gesichtspunkt neuer Molekülstrukturen im Kapitel<br />

8.2. behandelt werden.<br />

PhO<br />

n H2N NH<br />

2 + n<br />

HN<br />

H 2 N<br />

N<br />

N<br />

H<br />

NH 2<br />

92<br />

O<br />

1. Cyclokondensation<br />

- 2n PhOH<br />

NH 2<br />

N<br />

H<br />

O<br />

O<br />

2. Polykondensation<br />

- 2n H 2 O<br />

N<br />

H<br />

N<br />

Polybenzimidazol<br />

n<br />

n<br />

O<br />

OPh


8.1.2. Polypyrrol - ein elektrisch selbstleitendes Polymer<br />

Aus der Erkenntnis, dass in der Reihe Ethylen, Butadien, Hexatrien mit zunehmender Kettenlänge<br />

die Elektronen im π-System immer "freier" beweglich werden, hat man schon recht früh daran<br />

gedacht, ob nicht Polymere mit einem delokalisierten π-System elektrische Leiter sind. 1954 hat<br />

Ziegler bereits Polyacetylen als schwarzes Pulver hergestellt. Es leitet den elektrischen Strom nicht.<br />

Physikalische Überlegungen bezüglich eindimensionaler Leiter (und darum handelt es sich beim<br />

Polyacetylen) zeigen, dass es anstelle der gewünschten Bindungsdelokalisierung zu einer<br />

Bindungsalternanz (Einfach-/Doppelbindung) kommt, die die Beweglichkeit der Elektronen so<br />

einschränkt, dass man keine Leitfähigkeit beobachtet.<br />

Durch partielle Oxidation des Polyacetylens, beispielsweise mit Jod, erhält man ein polymeres Salz,<br />

in dem die Elektronenbeweglichkeit so hoch ist, dass Leitfähigkeiten bis 100 S/cm, (S=Siemens), bei<br />

spezieller Orientierung und Defektfreiheit sogar bis 100 000 S/cm, messbar sind.<br />

Elektrisch leitfähiges Polypyrrol lässt sich mit geringerem Aufwand als Polyacetylen herstellen. Bei<br />

der oxidativen Polymerisation des Pyrrols erhält man das leitfähige Polymer direkt als schwarzes<br />

Pulver (Abb. 45).<br />

n<br />

Polyacetylen<br />

+ +<br />

I 3 - I 3 -<br />

93


Abb. 45: Oxidative Polymerisation von Pyrrol<br />

N<br />

H<br />

2<br />

H<br />

+<br />

- e- +<br />

+ + - 2 H +<br />

H H<br />

N<br />

H<br />

. H<br />

N<br />

H<br />

H H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

(II) (III) (IV)<br />

Entsprechend entstehen <strong>aus</strong> (IV) oder höheren Homologen Radikalkationen (V)<br />

N<br />

H<br />

Grenzstrukturen:<br />

N<br />

H<br />

+<br />

X -<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

n<br />

N<br />

H<br />

(V)<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

n<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

H<br />

+<br />

N<br />

H<br />

.<br />

H<br />

H<br />

N<br />

N . H<br />

H (I)<br />

H (II)<br />

N<br />

H<br />

+ II<br />

X -<br />

+<br />

- 2 H +<br />

N<br />

H<br />

n<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

Durch Oxidation wird im ersten Reaktionsschritt dem Pyrrol I ein Elektron entzogen. Das gebildete<br />

Pyrrolradikalkation II dimerisiert zum Dikation III, das durch Deprotonierung in das Bipyrrol IV<br />

übergeht. IV ist leichter oxidierbar als Pyrrol, so dass ein weiteres Pyrrolradikalkation II erst gebildet<br />

wird, wenn alle höhermolekularen Pyrrolderivate als Radikalkation V vorliegen. Letztendlich bildet<br />

sich ein Polymer, in dem jede dritte Pyrroleinheit eine positive Ladung trägt. Diese wird durch das<br />

Gegenion X - neutralisiert, das <strong>aus</strong> dem Oxidationsmittel stammt (z.B. Chlorid <strong>aus</strong> Eisen-III-chlorid).<br />

94<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

n<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

+<br />

N<br />

H<br />

+<br />

X -<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

+<br />

N<br />

H<br />

n/3<br />

Nach dem Trocknen zeigen derartige Polypyrrolproben eine Leitfähigkeit bis 30 S/cm.<br />

X -<br />

N<br />

H<br />

X -<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

n


Versuch Nr. 15<br />

8.2. Neue <strong>Kunststoffe</strong> durch Variation der Molekülstruktur<br />

(Sekundär- und Tertiärstruktur)<br />

Im Gegensatz zur Entwicklung von Polymeren <strong>aus</strong> neuen Monomeren, stehen Bemühungen, neue<br />

<strong>Kunststoffe</strong> <strong>aus</strong> monomeren B<strong>aus</strong>teinen aufzubauen, die heute schon durch die Petrochemie in<br />

<strong>aus</strong>reichender Menge und vor allem billig zur Verfügung stehen. Hier kommt es darauf an, die<br />

wenigen in Frage kommenden Monomeren auf neue Art und Weise so zu kombinieren oder zu<br />

verknüpfen, dass neuartige <strong>Kunststoffe</strong> mit vor<strong>aus</strong>geplanten Eigenschaften entstehen. In diesem<br />

Zusammenhang gewinnen die bereits bekannten Verfahren der Copolymerisation (s. Kap. 3.1.1.)<br />

sowie der stereospezifischen Polymerisation (s. Kap. 6.3.2.) immer größere Bedeutung.<br />

8.2.1. Leiter- und Kohlenstoff-Polymere<br />

Durch Verstrecken von ataktischem Polyacrylnitril lässt sich eine Anordnung der Nitrilgruppen<br />

erzwingen, die bei erhöhter Temperatur unter Cyclisierung und Dehydrierung zu einem sogenannten<br />

Leiter-Polymer [s. Abb. 46a (nicht zu verwechseln mit polymeren Leitern im Kapitel 8.1.2.)] führt.<br />

Unter Leiter-Polymeren werden solche Polymere zusammengefasst, bei denen 2 Hauptvalenzketten<br />

in regelmäßigen Abständen miteinander verbunden sind. Ein solches Produkt ist wegen der starken<br />

Konjugation der Doppelbindungen (vgl. Versuch Nr. 13, zersetztes PVC) schwarz. Es ist aber<br />

thermisch so stabil, dass dar<strong>aus</strong> hergestellte Stoffe (z.B. Gewebe) sogar dunkle Rotglut <strong>aus</strong>halten.<br />

Derartige Stoffe besitzen Halbleitereigenschaften, was sie für die Elektronikfachleute interessant<br />

macht. Ähnliche Polymerisate kann man auch <strong>aus</strong> isotaktischem Poly-1,2-butadien herstellen,<br />

dessen Vinyl-Seitenketten sich kationisch mit AlCl3 unter Ausbildung einer Leiter-Struktur<br />

polymerisieren lassen. Die abschließende Dehydrierung führt zu einem Material, das als sogenannte<br />

Pluton ® -Faser vermarktet wird (s. Abb. 46 b).<br />

95


Das <strong>aus</strong> dem Polyacrylnitril erhaltene Leiter-Polymer geht bei starkem Erhitzen unter Stickstoff (1.<br />

Carbonisierung: 1 - 3 h bei 1500 o C / 2. Graphitierung: kurzzeitig 2500 o C) in eine Struktur mit<br />

Graphitdomänen über. Diese Kohlenstoff-Fasern haben neben hervorragenden mechanischen<br />

Eigenschaften eine Temperaturbeständigkeit bis 3000 o C unter Inertgas und sind elektrisch leitend.<br />

Sie werden u.a. als Verstärkungsfaser eingesetzt. Das Prinzip der Carbonisierung, also einer<br />

"Verkohlung" unter exakt definierter Temperaturführung, wurde auch auf Phenol-Formaldehyd-<br />

Harze und -Schäume übertragen. Die so entstandenen Materialien werden als Kohlenstoff-Glas und<br />

Kohlenstoff-Schaum bezeichnet und finden Einsatz in der Raumfahrt, in Heißgasleitungen oder in<br />

Bremsscheiben von Flugzeugfahrwerken. Hierbei sind kohlen-faserverstärkte Kohlenstoff-<br />

Werkstoffe (CFC) von besonderem Interesse.<br />

Abb. 46: Herstellung von Leiter-Polymeren <strong>aus</strong>:<br />

a) verstrecktem Polyacrylnitril<br />

b) isotaktischem Poly-1,2-butadien sowie<br />

96


8.2.2. Ionomere<br />

c) Carbonisierung und Graphitierung zur Kohlenstoff-Faser<br />

a) b)<br />

H 2<br />

H C<br />

C<br />

H 2<br />

H<br />

C<br />

C<br />

Eine interessante Variation der Tertiärstruktur findet bei den sogenannten Ionomeren statt. Dies sind<br />

Copolymerisate insbesondere von Ethylen und etwa 15 % Methacrylsäure oder anderen<br />

carboxylgruppenhaltigen Monomeren. Diese unterscheiden sich aber wesentlich von den üblichen<br />

Mischpolymerisaten dadurch, dass die im Material entlang der Polymerkette enthaltenden<br />

Carboxylgruppen durch Kationen miteinander verknüpft sind.<br />

H 2<br />

H<br />

C<br />

C<br />

H<br />

C<br />

N N N N<br />

c)<br />

N N N N<br />

N N N N<br />

1500 -<br />

2500 °C<br />

H 2<br />

C<br />

Cyclisierung<br />

Dehydrierung<br />

97<br />

H 2<br />

H C<br />

C<br />

H2 H C<br />

C<br />

H2 H C<br />

C<br />

H<br />

C<br />

H<br />

2<br />

C<br />

HC HC HC HC<br />

CH 2 CH2 CH 2 CH2<br />

H H H H<br />

R<br />

Pluton -Faser


Abb. 47: Schematischer Aufbau eines Ionomers (M = Na + , Ca 2+ , Mg 2+ , Zn 2+ ...)<br />

H2 C<br />

C<br />

H 2<br />

CH3 H<br />

2<br />

H2 C C<br />

H<br />

2<br />

C<br />

H<br />

2<br />

C<br />

H<br />

2<br />

C<br />

C<br />

H<br />

2<br />

C<br />

H2 C<br />

H2 - O O - O O<br />

H2 C<br />

O<br />

C<br />

H 2<br />

M M<br />

-<br />

O<br />

O<br />

-<br />

O<br />

CH 3<br />

H2 C<br />

C<br />

H2 Es liegen sowohl ionisierte als auch freie Carboxylgruppen im Ionomeren vor. Die kristalline<br />

Struktur des zugrundeliegenden Polyethylens wird gestört, so dass der Kunststoff völlig klar und<br />

transparent wird. Trotz Ionenbindungen weist diese neue Stoffklasse aber alle Kennzeichen echter<br />

Thermoplaste auf. Die Ionenbindung bewirkt zwar eine hohe Festigkeit der Schmelze, eine<br />

wesentliche Steigerung der Zugfestigkeit und eine erhöhte Haftfestigkeit zu Trägermaterialien, wird<br />

aber durch die bei der Verarbeitung herrschende hohe Temperatur (ca. 300 o C) reversibel aufgehoben.<br />

Durch Änderung des Molekulargewichtes, des Carboxylgruppengehaltes sowie der Art und Menge<br />

der Kationen kann das Eigenschaftsbild in weiten Grenzen beeinflusst werden.<br />

Durch den Einbau ionischer oder im sauren bzw. basischen Bereich Ionen bildender Gruppen in<br />

Polyurethane erhält man Polyurethan-Ionomere. Sie liefern wässrige Dispersionen, die ohne<br />

Emulgatoren und ohne Anwendung von Scherkräften hergestellt werden können. Solche wässrigen<br />

Polyurethansysteme verdrängen z.T. Produkte, mit denen in organischen Lösemitteln gearbeitet<br />

werden musste. Das wässrige System ermöglicht neue Einsatzmöglichkeiten, wie Antifilz<strong>aus</strong>rüstung<br />

von Wolle, Leimungs- und Beschichtungsmittel für Papier, Glasfaser<strong>aus</strong>rüstung, Weichmacher für<br />

Fotogelatine, Herstellung dünnwandiger Materialien durch Tauchkoagulation (Abscheidung auf der<br />

heißen Oberfläche einer Form), sowie Gerbstoff- und Färbereihilfsmittel.<br />

C<br />

H 2<br />

H2 C<br />

98<br />

C<br />

H 2<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

C<br />

H 2<br />

C<br />

H 2<br />

H<br />

2<br />

C


Die Polyurethanherstellung in wässrigen Zweiphasensystemen bietet neue Möglichkeiten. Zu der<br />

hohen chemischen Variabilität der Grundb<strong>aus</strong>teine kommt die Wahlmöglichkeit zwischen anioni-<br />

schen, kationischen, zwitterionischen und nichtionisch-hydrophilen einbaufähigen Komponenten<br />

hinzu. Im Gegensatz zu echten Lösungen, bei denen das Molekulargewicht des gelösten Stoffes <strong>aus</strong><br />

Viskositätsgründen nach oben begrenzt ist, können <strong>aus</strong> Dispersionen auch extrem hochmolekulare,<br />

verzweigte, ja sogar völlig vernetzte Polyurethane verarbeitet werden (Abb. 48).<br />

Abb. 48: Schematischer Aufbau einer Polyurethan-Harnstoff-Ionomer-Dispersion<br />

4 O C N N C O + HO +<br />

O<br />

Diisocyanat Triol "Ionomer-B<strong>aus</strong>tein"<br />

C<br />

N<br />

N<br />

H<br />

8.2.3. Polymer-Blends<br />

CO<br />

O<br />

O CO<br />

1.) Einrühren in H 2O/OH -<br />

2.) Reaktion mit Diamin oder Wasser<br />

O<br />

CO<br />

N<br />

H<br />

N<br />

H<br />

OH<br />

OH<br />

Die Anforderungen der Kunststoffanwender können häufig mit reinen Basispolymeren nicht oder<br />

nur schwer erfüllt werden. Für spezifische Einsatzgebiete jeweils neue Polymere auf Basis neuer<br />

B<strong>aus</strong>teine zu entwickeln, ist meistens zu kostenaufwendig. Beispielsweise belaufen sich die Kosten<br />

für die Entwicklung und den Bau der Produktionsanlagen eines neuen thermoplastischen<br />

99<br />

N<br />

H<br />

HOCH 2<br />

N C O<br />

CO<br />

OCH 2<br />

Polyurethan - Harnstoff - Ionomer - Dispersion<br />

CH 3<br />

CH 2 OH<br />

COOH<br />

CH CO N<br />

3 H<br />

CH2O COOH<br />

N C O


<strong>Kunststoffe</strong>s auf mehrere 100 Millionen DM, wobei die Entwicklungsdauer im Normalfall länger 10<br />

Jahre ist.<br />

Um technische Thermoplaste mit neuen spezifischen Eigenschaftskombinationen herzustellen,<br />

bedient man sich daher lieber der Blendtechnologie.<br />

Polymer-Blends (oft auch als Polymer-Legierung bezeichnet) sind verarbeitungsfertige Mischungen<br />

(z.B. in Granulatform) von mindestens zwei unterschiedlichen Polymeren in höherprozentigem<br />

Anteil. Das Mischen ("Compoundieren") der Bestandteile erfolgt unter definierten<br />

Temperaturbedingungen unter großer Scherkraft. Die Eigenschaften des entstehenden Polymer-<br />

Blends ergeben sich, ähnlich wie bei Metall-Legierungen, nicht einfach additiv <strong>aus</strong> den Eigenschaften<br />

der Einzelkomponenten, sondern es entstehen neue Eigenschaftsprofile.<br />

Es bestehen jedoch keine kovalenten Bindungen zwischen den Blendbestandteilen, wie etwa<br />

zwischen den Comonomeren eines Copolymerisates (s. Kapitel 3.1.1.). Der Anteil zumindest einer<br />

beigefügten Komponente ist mindestens 10 % und damit größer als der Anteil der Hilfsstoffe in<br />

Polymer-Modifizierungen (s. Kapitel 7). Polymer-Mischungen letztlich unterscheiden sich von<br />

den Blends dadurch, dass in einem Schritt die verschiedenen Polymere gemischt und zum Formteil<br />

verarbeitet werden.<br />

Der wichtigste Anwender für Polymer-Blends ist zur Zeit die Kfz-Industrie. Obwohl schon Blends<br />

<strong>aus</strong> fünf Polymerkomponenten in der Literatur beschrieben wurden, liegt der Schwerpunkt doch bei<br />

binären und ternären Systemen.<br />

Die moderne Technik bedient sich gern der ternären Blends <strong>aus</strong> amorphen und teilkristallinen Blend-<br />

Komponenten sowie eines Schlagzähmodifikators. Die teilkristallinen Blend-Komponenten tragen<br />

vor allem zur Chemikalienbeständigkeit sowie zur dynamischen Belastbarkeit und<br />

Wärmeformbeständigkeit bei; die amorphen Bestandteile erhöhen die Zähigkeit.<br />

100


Vollständig gemischte Polymer-Blends kann man bespielsweise <strong>aus</strong> PVC und hochmolekularen<br />

Polyestern herstellen; ein anderes wohlbekanntes System besteht <strong>aus</strong> Polyphenylenoxid und<br />

Polystyrol (Noryl ® ).<br />

Die weit<strong>aus</strong> überwiegende Zahl der Polymer-Blends ist inhomogen oder nur partiell gemischt und<br />

zeigt eine heterogene Morphologie. Ein charakteristisches und technisch wertvolles Merkmal für<br />

heterogene Mehrphasensysteme ist, dass Produkteigenschaften erreicht werden können, die <strong>aus</strong> dem<br />

Eigenschaftsniveau der Einzelkomponenten nicht zu erwarten sind. Im folgenden seien einige<br />

illustrative Beispiele erklärt.<br />

Polymer-Blends für Kfz-Schalttafeln<br />

Anforderungen: Heute ist für Kfz-Schalttafeln wegen der flachen Anordnungen der Windschutz-<br />

scheiben eine hohe Wärmeformbeständigkeit erforderlich. In südlichen Ländern sind auf der<br />

Schalttafeloberfläche in der Mittagssonne schon Temperaturen von mehr als 120 o C gemessen<br />

worden. Auch die Anforderungen an die Zähigkeit sind gestiegen. Seit Mitte der 70er Jahre wird eine<br />

Schalttafel gefordert, die sich bei einem Aufprall mit 24 km/h noch als bruchfest und splitterfrei<br />

erweist.<br />

Lösung: Die geforderte Eigenschaftskombination wird durch den thermoplastischen Polymer-Blend<br />

mit dem Namen Bayblend ® in idealer Weise erreicht (kurz "PC/ABS-Blend"). Bayblend ® ist ein<br />

Polymer-Blend, der <strong>aus</strong> Polycarbonat (PC: siehe Kapitel 6.2.) und einem ABS-Polymer besteht.<br />

Diese drei Buchstaben, ABS, stehen für die über<strong>aus</strong> erfolgreiche eigenständige Polymerentwicklung<br />

eines <strong>Kunststoffe</strong>s mit einer Matrix <strong>aus</strong> Styrol und Acrylnitril und der eingebetteten Elastomerphase<br />

auf Basis Butadien. Das ABS-Polymer selbst wird unter der Bezeichnung Novodur ® vermarktet und<br />

ist u.a. als Material der Lego-Steine in viele Kinderzimmer vorgedrungen (s. Abb. 49).<br />

Abb. 49: Eine weitbekannte Anwendung des schlagzähen Polymer-Blends ABS <strong>aus</strong><br />

Acrylnitril, Butadien und Styrol<br />

101


Doch zurück zur Kfz-Schalttafel <strong>aus</strong> Bayblend ® (s. Abb. 50). Die Wärmeformbeständigkeit dieses<br />

Blends liegt zwischen jener von reinem ABS und Polycarbonat. Aufgrund eines synergistischen<br />

Effektes weist das Material bei tiefen Temperaturen eine höhere Zähigkeit auf als die beiden<br />

Blendkomponenten in reiner Form.<br />

Abb. 50: Armaturentafel <strong>aus</strong> Bayblend ®<br />

Polymer-Blends für Kfz-Stoßfänger<br />

102


Anforderungen: - Steifigkeit<br />

- Zähigkeit (auch bei tiefer Temperatur)<br />

- Wärmeformbeständigkeit (Wärmestrahlung vom Motor und bei Lackierung)<br />

- Chemikalienbeständigkeit (Benzin, Öl, Reinigungsmittel)<br />

- leichte Verarbeitbarkeit (Formbarkeit, Lackierbarkeit)<br />

Lösung: Es gelang, dieses komplexe Anforderungsprofil durch die Entwicklung eines Blends mit<br />

Namen Makroblend ® auf Basis eines amorphen und eines teilkristallinen Thermoplasten unter Mit-<br />

verwendung eines Elastomermodifikators zu erfüllen. Kombinationen <strong>aus</strong> Polycarbonat (s. Kapitel<br />

6.2.) und Polybutylenterephthalat (s. Kapitel 6.2., Abb. 17, entsprechendes Produkt mit 1,4-Butan-<br />

diol statt Ethylenglykol, Handelsname Pocan ® ) haben sich für dieses Einsatzgebiet besonders be-<br />

währt (Abb. 51). Als Elastomermodifikatoren kommen Polybutadiene (s. Kapitel 3.1.) und Poly-<br />

acrylate (s. Kapitel 6.3.1.) in Betracht. "Polycarbonat + Modifikator" allein war zu spannungs-<br />

rissempfindlich, "Polybutylenterephthalat + Modifikator" allein als zu wenig dimensionsstabil.<br />

Abb. 51: Stoßfänger <strong>aus</strong> einem Polycarbonat/Polyesterblend bei einem VW-Golf<br />

103


Eine Übersicht der Hersteller von Konstruktionswerkstoffen zeigt, dass bereits 1985 etwa 60<br />

verschiedene Blendtypen als Verkaufsprodukte angeboten wurden.<br />

Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Polycarbonat-Blends sind z.B. Polymer-Blends auf Basis<br />

von Polyamid und amorphen Thermoplasten relativ neue Entwicklungen, die z.T. noch der<br />

Optimierung bedürfen. Sehr interessant ist auch die Entwicklung flammfester Polymer-Blends, bei<br />

denen es gelungen ist, auf antimon- und bromhaltige Additive zur Flammschutz<strong>aus</strong>rüstung zu<br />

verzichten.<br />

8.2.4. Flüssigkristalline Polymere<br />

Flüssigkristalline Polymere (kurz: LCP von engl. = Liquid Crystal Polymer) zeigen in der Schmelze<br />

die Eigenschaften flüssiger Kristalle. Der flüssigkristalline Zustand liegt zwischen dem kristallinen<br />

Zustand mit seinen starken Bindungskräften, die zu dreidimensionalen Gitterstrukturen führen, und<br />

dem flüssigen Zustand, in dem es nur die Anziehung zu den direkten Nachbarmolekülen, aber keine<br />

Vorzugsrichtungen gibt. Physikalische Eigenschaften von Flüssigkeiten sind daher<br />

richtungsunabhängig ( - isotropes Verhalten - ). In Flüssigkristallen hingegen ist der Ordnungszustand<br />

besser als in isotropen Flüssigkeiten, aber schlechter als in Kristallen, denn es bricht beim Schmelzen<br />

flüssiger Kristalle zwar das Kristallgitter zusammen, die Moleküle behalten jedoch eine gewisse<br />

Vorzugsrichtung bei. Eigenschaften dieser Flüssigkristall-Phasen (auch Mesophasen genannt) sind<br />

daher richtungsabhängig ( - anisotropes Verhalten - ). Dieses Verhalten tritt bei formanisotropen<br />

Molekülen wie z.B. stäbchenförmigen Molekülen auf. Stäbchenförmige und steife Makromoleküle<br />

erleiden keinen Verlust ihrer Form durch Rotation um Bindungen. Ein Modell dafür sind<br />

Baumstämme auf einem See.<br />

Wird ein Polymer <strong>aus</strong> kettensteifen <strong>Makromolekülen</strong> z.B. beim Verspinnen durch eine Düse<br />

gepresst, kommt es im Schergefälle zu einer weiteren parallelen Ausrichtung der steifen,<br />

stäbchenförmigen Molekülsegmente (s. Abb. 52). Das Ergebnis dieses Fließorientierungsprozesses<br />

104


ist eine makroskopische Orientierung, die z.B. im Bruchbild eines LCP-Prüfstabs gut zu erkennen ist<br />

(s. Abb. 53). Spritzgegossene Teile <strong>aus</strong> LCP haben in Abhängigkeit von der Fließrichtung der<br />

Polymerschmelze unterschiedliche mechanische Eigenschaften.<br />

Abb. 52: Fließorientierung eines flüssigkristallinen Polymers in einer Düse<br />

Abb. 53: Bruchbild eines LCP-Prüfstabs<br />

105


Im Folgenden sind einige Grundstrukturen aufgeführt, die aufgrund ihrer stäbchenförmigen, steifen<br />

Struktur in der Lage sind, Mesophasen zu bilden (R = Alkyl, Alkoxyl u.a.):<br />

R R<br />

R R<br />

Symbolisiert man diese stäbchenförmigen Strukturelemente, die sogenannten Mesogene, durch ein<br />

Kästchen innerhalb eines Makromoleküls, so ergeben sich fast spielerisch verschiedene<br />

Anordnungsmöglichkeiten:<br />

Obwohl die wissenschaftliche Erforschung aller dieser Systeme in vollem Gange ist, liegen<br />

Schwerpunkte bei LC-Hauptkettenpolymeren mit linear angeordneten Mesogenen. Zwei Beispiele<br />

sollen auftretende Probleme erläutern:<br />

R<br />

R<br />

106<br />

O<br />

O<br />

O<br />

N<br />

H<br />

R<br />

LC - Hauptkettenpolymer<br />

LC - Seitenkettenpolymer


Poly(1,4-phenylenterephthalamid) (Handelsname Kevlar ® ) durch Polykondensation <strong>aus</strong> p-<br />

Phenylendiamin und Terephthalsäuredichlorid (Abb. 54).<br />

Abb. 54: Bildung des Poly(1,4-phenylenterephthalamids) in einer Polykondensation von<br />

O<br />

p-Phenylendiamin und Terephthalsäuredichlorid<br />

Die treibende Kraft bei Schmelz- und Lösevorgängen ist der eintretende Entropiegewinn (die<br />

"Unordnung" nimmt zu). Ein solcher Energiegewinn muss bei LC-Polymeren dieser Art gering sein,<br />

da die steifen Mesogene kaum Bewegungsfreiheitsgrade beim Zusammenbruch des Kristallverbandes<br />

erfahren. Kevlar ® und ähnliche LC-Polymere verkohlen unter Zersetzung und sind weitestgehend<br />

unlöslich. Hierdurch wird ihre Verarbeitung insbesondere im industriell technischen Maßstab<br />

erheblich erschwert. Kevlar ® gehört zu den lyotropen LC-Polymeren, d.h. seine<br />

Flüssigkristallstruktur wird in Lösung erhalten; als Lösemittel ist hierbei konzentrierte Schwefelsäure<br />

nötig.<br />

O<br />

Cl Cl<br />

- Poly(1,4-phenylenterephthalester) durch Polykondensation von Hydrochinon und<br />

Terephthalsäure (Abb. 55)<br />

H 2N NH 2<br />

Abb. 55: Bildung des Poly(1,4-phenylenterephthalesters) durch Polykondensation von<br />

Hydrochinon und Terephthalsäure<br />

+<br />

(Die Klasse der aromatischen Polyamide wird auch als Aramide bezeichnet)<br />

HO OH +<br />

O<br />

HO<br />

OH<br />

O<br />

- 2 HCl<br />

- H 2O<br />

+ H 2O<br />

107<br />

O<br />

O<br />

O<br />

N<br />

H<br />

O<br />

O<br />

N<br />

H<br />

O<br />

n<br />

n


Auch dieses Polymer ist sehr schwer löslich und zersetzt sich vor dem Aufschmelzen. Thermotrope<br />

LC-Polymere, d.h. LCPs, deren Mesophase <strong>aus</strong> der Schmelze zugänglich ist, lassen sich durch<br />

solche Strukturvariationen erhalten, die zu einem Entropiegewinn beim Schmelzen führen. Dies<br />

wurde bei den folgenden Beispielen erreicht, indem Copolymere gebildet wurden, die<br />

a) nicht lineare Kettenelemente<br />

oder<br />

b) flexible Ketten in bzw. an der Hauptkette<br />

enthalten.<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

(CH 2 ) n CH 3<br />

Flüssigkristalline Polymere haben mechanische Eigenschaften, die das Niveau von Stahl erreichen<br />

können, und werden genutzt wegen ihrer geringeren Dichte und hohen Wärmeform- sowie<br />

Lösemittel-Beständigkeit. Sie werden für einige hochwertige Elektronikbauteile, als Verstärkungs-<br />

fasern in der Reifen- und Flugzeugindustrie oder auch für kugelfeste Westen verwendet.<br />

Es handelt sich jedoch um durchweg teure Produkte, deren richtungsabhängige Eigenschaften z.B. für<br />

die Anwendung als optische Speicherelemente (LC-Seitenkettenpolymere) notwendig sind, für die<br />

Faseranwendung zumindest nicht stören, jedoch für manche andere Anwendungen hinderlich sind.<br />

O<br />

108<br />

O<br />

O (CH 2 ) m<br />

n<br />

O<br />

O<br />

O<br />

p


8.2.5. Verbundwerkstoffe<br />

Als Verbundwerkstoffe oder Composites werden im allgemeinen alle Werkstoffe bezeichnet, die <strong>aus</strong><br />

einer Kombination von mindestens einer unschmelzbaren Komponente mit einem oder mehreren<br />

verarbeitbaren Polymeren bestehen und deren Eigenschaften die der Einzelkomponenten übertreffen.<br />

Im engeren Sinne handelt es sich um <strong>Kunststoffe</strong>, in die faser- oder pulverförmige Materialien<br />

eingebettet sind. Man spricht von einem "gefüllten" oder "armierten" Kunststoff. Die Polymermatrix<br />

kann <strong>aus</strong> Duromeren oder Thermoplasten bestehen. Die eingebetteten Materialien wirken<br />

verstärkend auf die Polymermatrix und bestehen häufig <strong>aus</strong> Glas, Kohlenstoff oder Aramid, wobei<br />

die Verstärkung mit Fasern am bedeutendsten ist (Abb. 57). Die erzielte Verstärkung wirkt sich<br />

insbesondere vorteilhaft auf so wichtige Eigenschaften wie Steifigkeit, mechanische Festigkeit,<br />

Wärmeformbeständigkeit und Dimensionsstabilität <strong>aus</strong>.<br />

Abb. 56: Aufbau eines Faserverbundwerkstoffes<br />

Polymermatrix <strong>aus</strong><br />

Duromeren wie z.B.<br />

ungesättigte Polyester<br />

(s. Kap. 6.2)<br />

Epoxidharze (s. Kap. 6.4.2)<br />

oder<br />

30-80%<br />

Thermoplasten wie z.B.<br />

Polypropylen (s. Kap. 3.1)<br />

Polybutylenterephthalat<br />

(s. Kap. 8.2.3)<br />

F<br />

A<br />

S<br />

E<br />

R<br />

V<br />

E<br />

R<br />

B<br />

U<br />

N<br />

D<br />

Verstärkungsfaser <strong>aus</strong><br />

Glas<br />

oder<br />

Kohlenstoff<br />

20-70% (s. Kap. 8.2.1)<br />

oder<br />

Aramid<br />

(s. Kap. 8.2.4)<br />

Glasfasern in glasfaserverstärkten <strong>Kunststoffe</strong>n (GFK) können in verschiedensten Formen<br />

eingesetzt werden. Armierungen von Thermoplasten mit Kurzglasfasern (0,5 mm x 9 - 14 µm)<br />

führen zu spritzguss- und extrudierbaren Verbundwerkstoffen (Abb. 58). Endlos-Glasfasern in<br />

Polyesterharzen ergeben hochbelastbare Elemente für den B<strong>aus</strong>ektor, wobei sie den Spannbeton<br />

109


substituieren können und dabei Vorteile aufgrund ihrer Leichtigkeit und Korrosions- sowie<br />

Witterungsbeständigkeit zeigen. Beispielsweise wurden in Düsseldorf einige Fußgänger- und eine<br />

Autobahnbrücke mit dieser Technologie gebaut. Weiterhin werden zu Matten und Geweben<br />

verarbeitete Glasfasern zur Verstärkung eingesetzt (Abb. 59). Als ein Anwendungsbeispiel zeigt die<br />

Abbildung 60 einen Polyurethanschaum (s. Kapitel 6.4.1.2.), der mit Endlos-Glasfasermatten<br />

verstärkt z.B. für Autositze geeignet ist.<br />

In Abbildung 60 wird noch ein Beispiel für einen Verbundwerkstoff mit pulverförmiger Armierung<br />

gegeben. Die gezeigten Stützisolatoren bestehen <strong>aus</strong> quarzmehlgefülltem Epoxidharz (s. Kapitel<br />

6.4.2.), das mit Säureanhydriden vernetzt wurde.<br />

Abb. 57: Spritzgussteile <strong>aus</strong> kurzglasfaserverstärktem Polybutylenterephthalat (Pocan ® ,<br />

s. Kapitel 8.2.3.)<br />

a) Bügeleisengehäuse<br />

<strong>aus</strong> glasfaserverstärktem,<br />

flammgeschützem Pocan ® :<br />

gute Oberflächenqualität,<br />

wärmeformbeständig und<br />

farbstabil, gute Wärme-<br />

isolation<br />

b) Lampenfassungen <strong>aus</strong><br />

glasfaserverstärktem Pocan ® :<br />

temperaturbeständig,<br />

maßhaltig<br />

110


Abb. 58: Glasfasermatte<br />

Abb. 59: Stützisolatoren <strong>aus</strong> quarzmehlgefülltem Lekutherm ® (Epoxidharz)<br />

für Spannungen zwischen 5 und 110 kV<br />

111


Während Verbundwerkstoffe mit kugelförmigen Füllstoffen isotrope Eigenschaften (s. Kapitel<br />

8.2.4.) zeigen, ist dies in der Regel bei Faserverbundwerkstoffen nicht der Fall. Abbildung 61 zeigt<br />

ein Beispiel eines kurzglasfasergefüllten Duromers, das nach einer Presstechnik verarbeitet wurde.<br />

Die Glasfasern haben keine deutliche Vorzugsrichtung, so dass sich der entsprechende Werkstoff<br />

weitgehend isotrop verhalten sollte.<br />

Abb. 61: Raster-Elektronenmikroskop-Aufnahme der Bruchstelle eines glasfaserverstärkten,<br />

ungesättigten Polyesterharzes (s. Kapitel 6.2.)<br />

Schon bei spritzgegossenen Thermoplasten erhalten die Kurzglasfasern in der Düse eine gewisse<br />

Orientierung (ähnlich Abb. 52, Kapitel 8.2.4.).<br />

112


In Hochleistungsverbundwerkstoffen (HLV) mit Endlosfasern tritt natürlich eine deutliche<br />

Anisotropie auf, indem die außerordentlichen mechanischen Eigenschaften nur in Faserrichtung,<br />

nicht aber senkrecht dazu auftreten. Beim Einsatz z.B. als Spannglieder ist dies nicht störend, da die<br />

Festigkeit auch nur in Faserrichtung benötigt wird. In flächigen Bauteilen treten jedoch meist<br />

mehrachsige Belastungen auf. Zur Lösung dieses Problems fügt man mehrere unidirektionale<br />

Schichten, unter bestimmten Winkeln gegeneinander versetzt, zu einem Schichtlaminat zusammen<br />

(s. Abb. 62). In diesem mitteln sich die Anisotropien jeder Einzelschicht quasi her<strong>aus</strong>.<br />

113


Abb. 62: Aufbau-Schema von flächigen Hochleistungsverbundwerkstoffen<br />

<strong>aus</strong> mehreren Lagen unidirektionaler Schichten<br />

Unidirektionale<br />

Schicht (Band)<br />

- stark vergrößert -<br />

Stapelung<br />

(Gewebe)<br />

Diese Bauweise findet man besonders bei den Kohlenstoffaser-verstärkten <strong>Kunststoffe</strong>n (CFK). Die<br />

Verarbeitung dieser Hochleistungsverbundwerkstoffe wird durch Verwendung sogenannter "Pre-<br />

pregs" vereinfacht. Der Name soll darauf hinweisen, dass es sich dabei um ein mit einem Harzfilm<br />

"vorimprägniertes" Faserband von 100 bis 200 Einzelfasern handelt. Die erhaltenen dünnwandigen,<br />

noch reaktionsfähigen und klebrigen Halbzeuge werden z.B. im Flugzeugbau verwendet.<br />

Abb. 63: Seitenleitwerk des Airbus A 340 <strong>aus</strong> einem Hochleistungsverbundwerkstoff unter<br />

Verwendung von Kohlenstofffaser-Gewebe-Prepregs.<br />

114<br />

Faserrichtung<br />

0°<br />

45°<br />

90°<br />

45°<br />

0°<br />

45°<br />

90°<br />

45°<br />

0°<br />

0<br />

Schichtlaminat<br />

90°


In diesem Kapitel wurde eine besondere Strukturvariation, jene durch Zugabe von<br />

Verstärkungsfasern oder pulverförmigen Füllstoffen, beschrieben. Dabei wurde auf eine mehr<br />

phänomenologische Beschreibung Wert gelegt. Für die Qualität eines Verbundwerkstoffes ist dabei<br />

im wahrsten Sinne des Wortes die Verbundhaftung zwischen Matrix und Verstärkungsmaterial von<br />

<strong>aus</strong>schlaggebender Bedeutung. Die Vorgänge in dieser Grenzschicht sind deshalb Gegenstand großen<br />

Forschungsinteresses.<br />

8.2.6. Kunststoff-Membranen für die Hämodialyse<br />

Das große Gebiet der Kunststoffanwendung in der Medizin, zu dem Kunststoff-Implantate wie z.B.<br />

Hüftgelenke <strong>aus</strong> kohlenstoffaserverstärkten <strong>Kunststoffe</strong>n (s. Kapitel 8.2.5.), Prothesen sowie<br />

sterilisierbare, hygienische Einwegartikel gehören, kann hier des Umfanges wegen nicht behandelt<br />

werden. Als ein Beispiel <strong>aus</strong> der medizinischen Anwendung soll eine extracorporal, d.h. außerhalb<br />

des Körpers angewendete Kunststoff-Membran zur Blutreinigung beschrieben werden. Diese<br />

Entwicklung passt gut zum Oberthema - neue <strong>Kunststoffe</strong> durch Variation der Molekülstruktur - da<br />

für die zu beschreibende Anwendung eine Tertiärstruktur mit definierten Porendurchmessern von<br />

wenigen Nanometern zu fordern ist. Doch zunächst zur Aufgabenstellung:<br />

Unsere Nieren filtrieren kontinuierlich "Abfallstoffe" unseres Stoffwechsels (u.a. Harnstoff) und<br />

körperfremde Stoffe (z.B. nichtresorbierte Arzneimittel) <strong>aus</strong> unserem Blut her<strong>aus</strong>. Dies geschieht in<br />

den Nieren an mikroporösen, semipermeablen Membranen, die die relativ kleinen Abfallstoffe in den<br />

Urin passieren lassen, die großen wichtigen Moleküle wie Blutkörperchen und Blutplättchen, jedoch<br />

zurückhalten. Bei Versagen der Nierenfunktion kann das Patientenleben nur durch ein Spenderorgan<br />

oder durch eine sogenannte "künstliche Niere" gerettet werden. Bei dieser "künstlichen Niere"<br />

handelt es sich um ein Dialysegerät, an das der Patient an jedem zweiten oder dritten Tag zur<br />

Blutreinigung angeschlossen werden muss. Das Kernstück dieser Dialysatoren sind ebenfalls Mem-<br />

branen. Überwiegend werden noch Membranen auf Cellulosebasis verwendet, die jedoch hinsichtlich<br />

ihrer Trennleistung und Blutverträglichkeit nicht optimal sind.<br />

115


Es wurde deshalb eine neue Membran entwickelt, die <strong>aus</strong> einem Blockcopolymer besteht, das <strong>aus</strong><br />

Polycarbonat (s. Kapitel 6.2.) und Polyethylenoxid (s. Kapitel 6.4.1.) aufgebaut ist. Das Copolymer<br />

vereint die mechanische Festigkeit des Polycarbonats mit der Durchlässigkeit des hydrophilen<br />

Polyethylenoxids und wird so zu einem idealen Membranmaterial.<br />

Der mikroskopische Aufbau dieser neuen Membran zur Hämodialyse <strong>aus</strong> polymeren Hohlfasern<br />

wird in Abbildung 64 gezeigt. Abbildung 65 zeigt den Aufbau eines Hohlfaser-Membran-Moduls.<br />

Abb. 64: Raster-Elektronen-Mikroskop-Aufnahme einer einzelnen polymeren Hohlfaser (links)<br />

und deren Membranstruktur bei mittlerer (Mitte) und starker Vergrößerung (rechts).<br />

Abb. 65: Aufbau eines Hohlfaser-Membran-Moduls<br />

a) schematisch b) aufgeschnittenes Modul mit <strong>aus</strong>tretenden Fasern<br />

116


Aus einer Arterie wird dem Dialyse-Patienten Blut entnommen und in dem in Abbildung 65<br />

gezeigten M odul über die Hohlfaser-Membran geleitet, deren mikroskopisch kleine Poren alle<br />

Stoffwechselschlacken <strong>aus</strong> dem Blut passieren lassen. Auf der anderen Seite der Membran wird die<br />

sogenannte Dialyse-Flüssigkeit vorbeigepumpt. Es geschieht nun folgendes: Da die schädlichen<br />

Stoffe im Blut danach streben, in der Dialyseflüssigkeit die gleiche Konzentration zu erreichen wie<br />

im Blut, durchdringen sie die Membran und diffundieren in die Dialyseflüssigkeit, mit der sie dann<br />

ähnlich wie Abfallstoffe im Urin, weggespült werden. Zusätzlich zu dieser Osmose treibt der etwas<br />

höhere Druck des Blutes auch Wasser und die darin gelösten Schadstoffe durch die Membran<br />

hindurch (Ultrafiltration).<br />

Mit dem neuartigen Membranmaterial werden bessere Reinigungsquoten insbesondere bei<br />

mittelgroßen Schadstoffmolekülen, die ein besonderes Problem darstellen, erreicht. Die<br />

Biokompatibilität ist gegenüber den herkömmlichen Cellulose-Materialien deutlich verbessert.<br />

117


8.3 Neue Anwendungen mit „alten“ Polymeren<br />

Als Superabsorbierende Polymerisate (SAP) bezeichnet man Verbindungen, die das Vielfache<br />

ihres Eigengewichtes an Wasser speichern können. Sie bestehen <strong>aus</strong> schwach vernetzten<br />

Polyacrylsäuren, die zu etwa 70% als Natriumsalz vorliegen.<br />

COONa<br />

COO H<br />

CO ONa COONa COONa CO OH COO Na COONa<br />

O<br />

O<br />

O O<br />

COONa COONa CO OH COONa CO ONa<br />

Derartige Polyacrylsäuresalze lassen sich beispielsweise durch Polymerisation von Acrylsäure in<br />

Gegenwart geringer Mengen (ca. 1 bis 2 Gew.-%, bezogen auf Acrylsäure) an Vernetzern, wie z.<br />

B. Glykoldiacrylat oder Divinylbenzol, herstellen. Die vernetzte polymere Carbonsäure wird<br />

dann zu 70% mit NaOH neutralisiert, getrocknet, gemahlen und auf eine Korngröße im Bereich<br />

von 100 bis 850 µm gesiebt. Zur Vermeidung des sog. „Gel-blocking“-Effektes werden die<br />

fertigen SAP-Teilchen noch einer speziellen Vernetzungsreaktion an ihrer Oberfläche unterzogen.<br />

Die auf diese Weise erhaltenen Superabsorber sind praktisch farblose Pulver. Sie finden in der<br />

Medizin als superabsorbierende Pflaster für die trockene Wundheilung Anwendung. In der<br />

Landwirtschaft werden Superabsorber-Granulate zur Speicherung von Regenwasser in ariden<br />

Gebieten eingesetzt. Ein weiteres Verwendungsgebiet ist die Abdichtung von Elektrokabeln, um<br />

Kurzschlüsse zu verhindern, die durch Eindringen von Wasser als Folge einer mechanischen<br />

Beschädigung der Kabelummantelung entstehen können. Das größte Einsatzgebiet für SAPs liegt<br />

allerdings auf dem Hygienesektor mit einem weltweiten Absatz von ca. 1 Million Tonnen im<br />

Jahre 1999. Ca. 95% der weltweiten SAP-Produktion finden dabei Verwendung bei der<br />

Herstellung von Babywindeln, Inkontinenzprodukten und Artikeln für die Damenhygiene.<br />

118<br />

COONa


Mit einem Gramm Superabsorber kann man 500 bis 1.000 ml destilliertes Wasser zu einem Gel<br />

erstarren lassen oder anders <strong>aus</strong>gedrückt: mit einem Gramm Superabsorber kann man die<br />

fünfhundert- bis t<strong>aus</strong>endfache Menge an Wasser binden. Da SAPs aufgrund ihrer Struktur einen<br />

sehr hohen Gehalt an –COO - - und Na + -Ionen aufweisen, bestimmt die Differenz zwischen der<br />

Ionenkonzentration innerhalb eines superabsorbierenden Polymeren und der das Polymere<br />

umgebenden wässrigen Lösung die Höhe des vorhandenen osmotischen Drucks. Dieser<br />

osmotische Druck befähigt das superabsorbierende Polymerisat zur Absorption von großen<br />

Wassermengen. Außerdem haben auch die hydrophilen –COOH- und –COONa-Gruppen der<br />

SAPs eine starke Affinität zum Wasser, was ebenfalls mit zu dessen schneller Absorption<br />

beiträgt. Resultierend dar<strong>aus</strong> sollten SAPs unbegrenzte Wassermengen aufnehmen bis die<br />

Ionenkonzentration innerhalb und außerhalb der Moleküle gleich ist. Um aber die Absorption von<br />

Wasser bis zu einem gewünschten Niveau zu regulieren, muss ein SAP-Molekül mit einer<br />

spezifischen Kautschukelastizität <strong>aus</strong>gestattet sein, welche es durch den Grad seiner Vernetzung<br />

erhält. Die Kautschukelastizität eines Polymeren steigt mit seiner Vernetzungsdichte an. Als<br />

Folge davon erreicht die Absorptionskapazität eines gegebenen SAP’s sein Maximum wenn seine<br />

Kautschukelastizität mit seiner Aufnahmekraft für Wasser im Gleichgewicht ist.<br />

Die Einsatzmengen von Superabsorbern in modernen Babywindeln liegen zwischen 12 und 15 g<br />

pro Windel. Dabei wird das SAP-Granulat in ca. derselben Menge an Zellstoff gleichmäßig<br />

verteilt. Dieser sog. Absorptionskern ist das zentrale Bauteil einer Windel. Durch die großen<br />

SAP-Mengen kann somit der Anteil an voluminösem Zellstoff reduziert werden, was die<br />

Konstruktion extrem dünner Windeln erlaubt. Im Vergleich zu destilliertem Wasser absorbieren<br />

die SAPs ca. nur 1/10 der entsprechenden Mengen an Urin oder physiologischer Kochsalzlösung<br />

(0,9% NaCl).<br />

Der Grund für diese Tatsache liegt darin, dass diese wässrigen Lösungen zusätzliche positiv<br />

geladene Ionen enthalten, die mit zunehmender Konzentration die negativen Ladungen der<br />

Carboxylatgruppen besser abschirmen („Elektrolyteffekt“). Dadurch wird die Abstoßung der<br />

Polymerketten untereinander geringer und damit auch das Bestreben, Wasser aufzunehmen.<br />

119


Außerdem ist auch der vorhandene osmotische Druck niedriger. Daher kann man mit einem<br />

Gramm Superabsorber "nur" ca. 50 bis 100 ml physiologische Kochsalzlösung in ein Gel<br />

überführen.<br />

Der Superabsorber lässt sich problemlos <strong>aus</strong> Windeln isolieren und für Experimente einsetzen!<br />

9. Physikalische Untersuchungsmethoden<br />

Am Ende dieser Ausführungen bleibt die Frage, wie man zu derartigen Aussagen über die<br />

Eigenschaften der <strong>Kunststoffe</strong> und zu einem Einblick in ihren Aufbau <strong>aus</strong> <strong>Makromolekülen</strong> kommt.<br />

Dabei hilft dem Chemiker die Physik.<br />

Das Instrumentarium, mit dem diese Aufgaben gelöst werden, ist eindrucksvoll: Aus den Messungen<br />

des Elastizitätsmoduls und der Schwingungsdämpfung als Funktion der Temperatur kann auf den<br />

Einfluss spezieller Atomgruppierungen auf die Kettenbeweglichkeit und Konformation geschlossen<br />

werden.<br />

Durch Infrarot-Spektren werden Schwingungen einzelner Atomgruppen aufgezeigt. Die<br />

Magnetische Kernresonanzspektroskopie macht Aussagen über den Bindungszustand und die<br />

räumliche Umgebung bestimmter Atome. Dielektrische Messungen lassen Rückschlüsse nicht nur<br />

auf die Eignung der <strong>Kunststoffe</strong> zu Isolierzwecken, sondern auch auf den Bewegungsmechanismus<br />

einzelner Molekülabschnitte zu. Die Dilatometrie gestattet die kinetische Verfolgung der<br />

Polymerisationen, die Differentialthermoanalyse liefert Angaben über Umwandlungspunkte, wie<br />

auch die Refraktometrie und die Kalorimetrie. Mit der Röntgenanalyse werden Kristallstrukturen<br />

und andere Ordnungszustände in Polymeren untersucht, mit dem Elektronenmikroskop ihre<br />

Morphologie.<br />

Eine ganze Gruppe von Methoden dient zur Erforschung des Lösungszustandes der Polymeren und<br />

der Ermittlung von Daten über Molekulargewichte, Molekül<strong>aus</strong>dehnung, Verzweigungen und<br />

120


spezifischen Wechselwirkungen zwischen Lösemitteln und Polymeren. Hierher gehören<br />

Osmometrie, Viskosimetrie, Lichtstreu-Experimente und Untersuchungen mittels Ultrazentrifuge.<br />

121


10. Wiederverwertung von <strong>Kunststoffe</strong>n<br />

Höherer Wohlstand führt zu steigender Produktion und zu einem vermehrten Verbrauch von Gütern.<br />

Damit entsteht letztlich auch mehr Abfall, dessen Entsorgung allen Industrienationen große<br />

Schwierigkeiten bereitet. Die bestehenden Entsorgungswege reichen schon heute nicht mehr <strong>aus</strong>, alle<br />

Probleme befriedigend zu lösen. Sie müssen früher oder später völlig versagen, wenn nicht neue<br />

Wege gefunden werden, die Abfallentsorgung in der Zukunft diesen negativen Rand-erscheinungen<br />

unserer Wohlstandsgesellschaft anzupassen.<br />

Wohlstand ist sinnlos ohne eine intakte Umwelt. Deshalb ist ihre Erhaltung wichtigstes Ziel, nicht<br />

nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Industrie, die die technischen Lösungen dafür<br />

erarbeiten muss. Dem Verbraucher ist vornehmlich die H<strong>aus</strong>müll-Problematik gegenwärtig. Es wird<br />

häufig übersehen, dass der gesamte Kunststoffanteil im H<strong>aus</strong>müll zur Zeit bei maximal 7% liegt.<br />

Weitere Abfälle entstehen bei der kunststofferzeugenden und -verarbeitenden Industrie.<br />

Es ist sicherlich ein Versäumnis unserer Industrie-Gesellschaft, die Vorteile zu nutzen, die sich <strong>aus</strong><br />

technischen Weiterentwicklungen ergeben, ohne sich aber genügend darum zu kümmern, was mit<br />

<strong>aus</strong>rangierten Wirtschaftsgütern und den Abfällen bei ihrer Erzeugung geschieht. Auch die<br />

<strong>Kunststoffe</strong>rzeuger und -verarbeiter haben diesem Thema in der Vergangenheit zu wenig<br />

Aufmerksamkeit geschenkt. Gerade in den letzten Jahren wurde jedoch viel dazugelernt.<br />

Es hat sich heute schon weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, dass in einer ganzheitlichen<br />

Betrachtung nicht nur Herstellung und Gebrauch von <strong>Kunststoffe</strong>rzeugnissen, sondern auch die<br />

umweltgerechte Wiederverwertung oder Entsorgung berücksichtigt werden müssen. Hinzu kommt<br />

ein elementares wirtschaftliches Interesse. Kunststoffabfälle sind eben kein Müll im herkömmlichen<br />

Sinne, sondern vielfach wichtige Rohstoffe, die natürliche Ressourcen schonen können. Die<br />

Dynamik dieser Entwicklung ist daran zu erkennen, dass es heute bereits über 160 Firmen in<br />

Deutschland gibt, die sich mit Kunststoff-Recycling beschäftigen. In der "Entwicklungsgesellschaft<br />

122


für die Wiederverwertung von <strong>Kunststoffe</strong>n m.b.H." (kurz: EWK) bilden Bayer, BASF und Hoechst<br />

gemeinsam eine "Drehscheibe für vorhandenes Know-how" bilden. Ende 1989 wurde vom<br />

europäischen Kunststoffhersteller-Verband das "Plastics Waste Management Institute" (kurz:<br />

PWMI) mit Sitz in Brüssel gegründet.<br />

Das gegenwärtige Entsorgungskonzept besteht konkret <strong>aus</strong> folgenden Elementen:<br />

1. Verringerung des Materialeinsatzes<br />

Für die Entwicklung von Kunststoffanwendungen ist die Minimierung des Materialeinsatzes eine<br />

grundsätzliche Zielvorgabe. Dadurch können die Vorteile der <strong>Kunststoffe</strong> gegenüber anderen<br />

Werkstoffen noch besser genutzt werden. Moderne Techniken - wie Computer Aided Engineering -<br />

sind u.a. auch deshalb entwickelt worden, um immer mehr an die Leistungsgrenzen der <strong>Kunststoffe</strong><br />

herangehen zu können, d.h. mit immer weniger Materialverbrauch die geforderten Funktionen zu<br />

erfüllen. Der Wettbewerb unter den Werkstoffen, auch unter den <strong>Kunststoffe</strong>n selbst, ist die<br />

treibende Kraft, die diesen Prozess auch in der Zukunft in Gang hält. Weniger Materialeinsatz aber<br />

bedeutet auch Ressourcenschonung und weniger Umweltbelastung.<br />

2. Stoffliche Verwertung (Materialrecycling)<br />

a) von Produktionsabfällen<br />

Gängige Praxis zur Abfallvermeidung bei der Herstellung von Kunststoffartikeln ist das<br />

innerbetriebliche Materialrecycling. Darüber hin<strong>aus</strong> werden Produktionsabfälle auch durch<br />

darauf spezialisierte Unternehmen außerhalb der Produktionsbetriebe verwertet.<br />

Zum Beispiel verarbeitet die Firma Janßen und Angenendt, Krefeld, heute schon über<br />

5000 jato thermoplastische Produktionsabfälle von Bayer und von Bayer-Kunden. Diese<br />

Firma stellt <strong>aus</strong> hochwertigen Rohstoffen Produkte mit Qualitätszertifikat her. Dabei hat<br />

sie sich auf weitgehend sortenreine Kunststoffabfälle konzentriert und kann deshalb dem<br />

Markt Regranulate anbieten, die sich für Kunstsstoffartikel mit etwas geringeren<br />

Qualitätsanforderungen eignen.<br />

123


) gebrauchter Teile<br />

Für das Materialrecycling gilt allgemein das Prinzip, dass die Wiederverwertung am<br />

einfachsten und damit auch am wirtschaftlichsten ist, wenn die <strong>Kunststoffe</strong> sortenrein<br />

getrennt sind. Die hierfür nötige "Ordnungswirtschaft" ist leider, insbesondere beim<br />

H<strong>aus</strong>müll noch unzureichend organisiert.<br />

Besonders im Automobilbau arbeitet man deshalb an recyclinggerechten Konstruktionen, die<br />

das Ausbauen von Kunststoffteilen erleichtern sollen. Eine zusätzliche Materialco-dierung<br />

ermöglicht dann nach dem Ausbau eine sortenreine Trennung. Das gibt den<br />

Aufbereitungsfirmen eine breitere Materialbasis.<br />

Das Materialrecycling von <strong>aus</strong>gedienten Folien, Flaschen und Säcken ist schon gut<br />

etabliert.<br />

Wichtig ist, dass für jedes Regenerat auch ein aufnahmefähiger Markt vorhanden sein bzw.<br />

entwickelt werden muss. An dieser Stelle ist auch weiterhin Kreativität gefordert.<br />

Minderwertige Produkte sind nämlich oft nur Scheinlösungen, da sie durch vorzeitigen<br />

Verschleiß häufiger ersetzt werden müssen. Es kann deshalb kein Zweifel daran bestehen,<br />

dass für anspruchsvolle Anwendungen nur hochwertige Originalwerkstoffe eingesetzt<br />

werden sollten. Denn nur hiermit ist gewährleistet, dass umfassende Qualitätssicherung,<br />

Einhaltung enger Spezifikationen und minimaler Materialeinsatz realisierbar sind.<br />

3. Thermische Verwertung ("Energie-Recycling")<br />

Eine weitere wichtige Verwertungsschiene für Kunststoffabfälle ist die Nutzung ihres<br />

Energieinhaltes, der vergleichbar mit dem von Erdöl ist. Das bedeutet: <strong>Kunststoffe</strong> sind hochwertige<br />

Energieträger (s. Abb. 66).<br />

124


Abb. 66: Energieinhalt von Kunststoffabfällen<br />

10 200 kcal 11 000 kcal 4 800 kcal<br />

1 kg Heizöl<br />

1 kg Kunststoffabfall<br />

z.B.<br />

Polyolefine<br />

125<br />

1 kg<br />

Braun<br />

kohle<br />

Das sogenannte "Energie-Recycling" stellt in entsprechend <strong>aus</strong>gelegten Anlagen einen<br />

umweltgerechten Entsorgungsweg dar, der neben dem Materialrecycling schnellstens weiter<br />

<strong>aus</strong>gebaut werden muss. Moderne Müllheizkraftwerke mit der erforderlichen Rauchgasreinigung<br />

gehören nach dem Maßstab der TA Luft zu den saubersten Verbrennungsanlagen, die es in<br />

Deutschland gibt. Mit dieser Technik ist neben der Wiederfreisetzung gespeicherter Energie eine<br />

beträchtliche Volumenreduktion der zu entsorgenden Abfälle gewährleistet. Das spart knappen<br />

Deponieraum. Schließlich stellt die zu deponierende Schlacke <strong>aus</strong> der Verbrennung eine geringere<br />

Umweltbelastung dar als der unverbrannte Abfall. Ebenso müssen die Abfälle <strong>aus</strong> der Rauchgas-<br />

Wäsche und -Entstaubung umweltgerecht entsorgt werden.<br />

Würde in Deutschland der gesamte H<strong>aus</strong>müll in Müllheizkraftwerken energetisch verwendet,<br />

entstünden ca. 7 Milliarden kWh Strom. Das entspricht ungefähr zwei 600-MW-Kraftwerken auf<br />

Basis fossiler Brennstoffe. Der Energieinhalt der <strong>Kunststoffe</strong> kann also zur Ressourcenschonung<br />

genutzt werden.<br />

4. Chemische Verwertung<br />

Unter chemischem Recycling versteht man die Rückführung von Kunststoffabfällen in Chemie-Roh-<br />

stoffe. Hierfür sind verschiedene Verfahren bekannt, die sich aber z.T. noch in der Entwicklungs-<br />

phase befinden und deren Wirtschaftlichkeit noch nicht abschließend bewertet werden kann.


Man kann die verschiedenen Methoden des chemischen Recyclings nach Art der<br />

"Aufschlußreaktion", wie folgt, einteilen:<br />

- Hydrolyse<br />

- Alkoholyse<br />

- Pyrolyse<br />

- Hydrierung<br />

Bei der Alkoholyse z.B. von Polyurethanen oder Polyestern entstehen Polyole als Regenerate.<br />

Bereits heute realisiert ist die Verwendung von gut standardisierten Regenerat-Polyolen in der<br />

amerikanischen Polyurethan-Hartschaumindustrie. Man gewinnt jährlich <strong>aus</strong> diesen Abfällen ca.<br />

27 000 t Polyole. Bayer vermarktet in den USA Systeme und Know-how für die Herstellung von<br />

Hartschaumstoffen <strong>aus</strong> solchen "Abfall"-Esterpolyolen. In den USA werden auch sortenreine<br />

Polyethylenterephthalat-Abfälle <strong>aus</strong> Getränkeflaschen und Röntgenfilmen durch Alkoholyse<br />

gespalten.<br />

Welche Kriterien müssen also für die Entscheidung zugunsten eines klassischen Materials bzw.<br />

zugunsten eines <strong>Kunststoffe</strong>s herangezogen werden?<br />

Die Entscheidung, für ein bestimmtes Bauteil einen "klassischen" Werkstoff oder einen Kunststoff<br />

zu verwenden, hängt heute nicht nur von der wirtschaftlichen Gesamtbewertung, sondern auch von<br />

der Berücksichtigung von Ressourcenschonung und Umweltbelastung ab. Die notwendige<br />

ganzheitliche Betrachtung muss den gesamten Energieaufwand von der Herstellung über den<br />

Gebrauch bis zur Entsorgung des Bauteils umfassen. Diese Bilanz kann immer nur von Fall zu Fall<br />

und nicht p<strong>aus</strong>chal aufgestellt werden. Dafür zwei Beispiele:<br />

Eine im Jahre 1987 aufgestellte ganzheitliche Betrachtung für Kunststoffverpackungen zeigt, dass<br />

der Ersatz aller <strong>Kunststoffe</strong> in Verpackungen durch Papier, Glas oder Metall eine ganze Reihe von<br />

Nachteilen brächte:<br />

- Anstieg des Materialverbrauchs auf über 400%<br />

- Verdoppelung des Abfallvolumens<br />

126


- Verdoppelung des Energieverbrauchs und der dar<strong>aus</strong> resultierenden Umweltbelastung<br />

- Anstieg der Kosten auf über 200%<br />

Die langjährigen, erfolgreichen Bemühungen, Materialverbrauch sowie Gewicht und Volumen bei<br />

Packmitteln laufend zu reduzieren, wären bei einfachem Ersatz durch klassische Materialien in<br />

sinnloser Weise in Frage gestellt.<br />

Auch eine kritische Betrachtung der in der Automobilindustrie benutzten Materialien ergab eine<br />

vorteilhafte Ökobilanz für <strong>Kunststoffe</strong>: Die unbestrittene Tatsache der niedrigeren Herstellungs-<br />

kosten einfach geformter Bauteile <strong>aus</strong> <strong>Kunststoffe</strong>n im Vergleich zu Stahl geht Hand in Hand mit<br />

bisher nicht sichtbaren "ökologischen Nebenkosten". So wird der enorme Energieaufwand bei der<br />

Erzeugung von Stahl <strong>aus</strong> Kohle und Erz, verglichen mit dem sehr viel niedrigeren Energieaufwand zur<br />

Herstellung von <strong>Kunststoffe</strong>n, im allgemeinen nicht unter ökologischen Gesichtspunkten betrachtet.<br />

Während der Lebensdauer des Fahrzeuges bringt der konstruktiv sinnvolle Einsatz von <strong>Kunststoffe</strong>n<br />

deutliche Gewichtsvorteile und führt dadurch zur Verringerung des Treibstoffverbrauchs, die bei<br />

einer angenommenen Fahrstrecke von 100.000 km bereits dem Gesamtgewicht des Fahrzeuges<br />

entspricht. Dar<strong>aus</strong> ergibt sich, dass der akkumulierte Energieverbrauch für die Herstellung und das<br />

Betreiben eines Kraftfahrzeuges bei Verwendung von <strong>Kunststoffe</strong>n deutlich geringer ist als bei<br />

metallischen Werkstoffen. Bis zu diesem Punkt der Betrachtung ist eine Wiederverwertung des<br />

Kunststoffs noch nicht einmal berücksichtigt.<br />

Die Kunststoffteile können jetzt entweder für das Materialrecycling <strong>aus</strong>gebaut oder aber der<br />

energetischen Verwertung zugeführt werden. Beide Wege schonen unsere Ressourcen.<br />

127


11. VERSUCHSTEIL<br />

Versuch Nr. 1: Orientierbarkeit von <strong>Makromolekülen</strong><br />

Versuchsdurchführung:<br />

a) Ein Gummiband (am besten ein "Einweckgummi") wird bei Zimmertemperatur (kontrolliert<br />

durch Anlegen des Stückes an die temperaturempfindliche Stirn) rasch hintereinander und<br />

kräftig gedehnt. Durch erneutes Anlegen an die Stirn stellt man eine deutliche Temperatur<br />

erhöhung fest. Bei Entspannung nimmt das Stück wieder seine ursprüngliche Länge ein und<br />

zeigt wieder nur Zimmertemperatur an. Dieses Experiment lässt sich beliebig oft wiederholen.<br />

Aufgrund der neuen Transportbestimmungen ist die Beschaffung von flüssigem Stickstoff äußerst<br />

schwierig. Dennoch soll hier ein weiteres Experiment beschrieben werden:<br />

b) Das Band wird wiederum stark gereckt, mit einem geeigneten Gegenstand gespannt und in<br />

flüssigen Stickstoff getaucht. Das gedehnte Band behält seine Länge bei, auch wenn nun die<br />

Spannung aufgehoben wird. Wird das Band wieder erwärmt, so zieht es sich wieder auf seine<br />

alte Länge zusammen. Auch das lässt sich beliebig oft wiederholen.<br />

Achtung: Berührung mit flüssigem Stickstoff vermeiden!<br />

Entsorgung : Gummiband: Wiederverwenden oder H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3), flüssigen<br />

Stickstoff → im Dewar-Gefäß verdampfen lassen<br />

Erklärungen:<br />

Gummibänder werden <strong>aus</strong> Naturkautschuk hergestellt, der im wesentlichen <strong>aus</strong> fadenförmigem cis-<br />

Polyisopren besteht (s. Abb. 14, Seite 40). Die Moleküle liegen wirr durcheinander, sind unpolar<br />

und völlig amorph. Durch Einwirkung von Zug und Druck erfolgt eine molekulare Orientierung in<br />

eine bevorzugte Richtung. Die Parallellagerung der Moleküle vergrößert den Ordnungszustand und<br />

verkleinert die Entropie. Aufgrund des "Gough-Joule-Effektes" wird bei der Orientierung<br />

128


"Kristallisationswärme" erzeugt. Der gedehnte hochmolekulare Körper besitzt eine etwas geringere<br />

spezifische Wärme als der ungedehnte.<br />

Die eingetretene entropieelastische Verformung wird im orientierten Körper die ursprüngliche<br />

Verknäuelung wieder herzustellen suchen. Wird also die Belastung aufgehoben, so schrumpft das<br />

Kautschukteil auf seine Anfangslänge, die Moleküle verknäueln sich und das Material ist wieder<br />

amorph. Dabei wird "Schmelzwärme" verbraucht. Zum Beweis seien zwei Röntgenaufnahmen einer<br />

ungedehnten und einer gedehnten Kautschukprobe aufgeführt.<br />

Abb. 67: a) Diagramm von ungedehntem, b) Faserdiagramm von gedehntem<br />

nicht gefrorenem Kautschuk Kautschuk<br />

Hier<strong>aus</strong> ist zu erkennen, dass es beim gedehnten Kautschuk zu einer Parallelorientierung (die aber<br />

nicht vollständig ist!) der kristallinen Bereiche (Texturbildung) und unter Umständen zu einer<br />

Vergrößerung der Kristalle gekommen ist. Darauf deuten die im Röntgenbild zu findenden<br />

äquatorialen Reflexe und manchmal Sicheln hin.<br />

Wird das gespannte Gummiband stark abgekühlt, so werden die Kettenbewegungen der<br />

Makromoleküle "eingefroren". Auch nach Entlastung bleiben die <strong>aus</strong>gerichteten Moleküle in einem<br />

Zustand des Zwanges, das Kautschukteil behält seine neue Länge. Erst bei Zufuhr von Wärme,<br />

129


wenn die Molekülbewegung gesteigert und der Spannungszustand überwunden wird, geht der Faden<br />

in seine ursprüngliche Länge zurück. Es liegt dann wieder der regellose, amorphe Zustand vor.<br />

130


Versuch Nr. 2: Kaltverstreckbarkeit von <strong>Makromolekülen</strong><br />

Versuchsdurchführung:<br />

Ein Perlonfaden, unverstreckt, so wie er heißflüssig als "mono-file" <strong>aus</strong> der Spinndüse kam, wird<br />

gereckt und an die Stirn gelegt. Man fühlt ebenfalls Temperaturerhöhung (freigewordene<br />

Kristallisationswärme!). Beim Entspannen bleibt die neue Länge auch bei Raumtemperatur erhalten.<br />

Man legt ihn auf eine über 100 o C heiße Wärmeplatte; er büsst einen Teil seiner Länge ein.<br />

Entsorgung : Perlonfaden: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

Erklärungen:<br />

Unter "Kaltverstreckbarkeit" versteht man die durch Zugreckung bei Raumtemperatur eintretende,<br />

bleibende Dehnung eines linearen Hochpolymeren mit polaren Gruppen. Sie ist ein Charakteristikum<br />

für fadenförmige Polyamide und Polyurethane, die um das 2- bis 5-fache ihrer Länge gestreckt<br />

werden können. Dabei erfolgt eine erhebliche Steigerung der mechanischen Festigkeit.<br />

Lineares Polyamid ist polar. In ungerecktem Zustand liegen seine Moleküle wie beim Kautschuk<br />

durcheinander verknäuelt vor. Beim Strecken erfolgt eine Orientierung der Molekülketten in<br />

Längsrichtung. Der Grad der Kristallinität nimmt zu; Kristallisationswärme wird frei. Beim<br />

Entlasten behält der Faden im Gegensatz zum Kautschuk seine neue Länge bei; er ist<br />

"kaltverstreckbar".<br />

Der Grund für dieses Phänomen liegt in einer während des Reckens entstandenen Neben-<br />

valenzverknüpfung in Form von Wasserstoffbrücken-Bindungen zwischen den polaren CO- und<br />

NH-Gruppen benachbarter Fadenmoleküle (vergl. Abb. 13).<br />

Unter Einfluss stärkerer Erwärmung allerdings wird diese Quasivernetzung durch die gesteigerte<br />

Molekülbewegung aufgehoben; der alte Zustand der Unordung tritt wieder ein, der Faden schrumpft.<br />

131


Versuch Nr. 3: Kalthärtung eines ungesättigten Polyesterharzes<br />

Versuchsdurchführung:<br />

In einem 200 ml-Becherglas oder Pappbecher mischt man unter gutem Rühren in 50 g<br />

Roskydal K 27 (Polyesterharz in Styrol gelöst, ca. 70 %ige Lösung) 1,5 g BPO<br />

(Benzoylperoxid) ein!<br />

Anschließend wird diese Mischung - nach eventueller Formgebung - sich selbst überlassen.<br />

Bei obiger Katalysator-Dosierung beträgt die Zeit bis zur beginnenden Verfestigung ungefähr<br />

10, die gesamte Aushärtezeit etwa 20 min.<br />

Zur Beachtung:<br />

a) Roskydal K 27 ist verschlossen, kühl, trocken und vor Licht geschützt aufzubewahren. Es<br />

enthält Styrol; bei seiner Verarbeitung sind die entsprechenden Vorsichtsmaßregeln zu<br />

beachten.<br />

b) Beim Umgang mit Peroxiden muss eine Schutzbrille getragen werden!<br />

c) Im Abzug arbeiten!<br />

d) Dieser Versuch darf nicht von Schülern <strong>aus</strong>geführt werden!<br />

Entsorgung : kalt gehärtetes Polyesterharz: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

Erklärungen:<br />

Die Harzkomponente ist ein ungesättigter Polyester. Die ungesättigten Polyester sind meist<br />

Mischkondensate von gesättigten und ungesättigten Dicarbonsäuren (z.B. Maleinsäure) mit<br />

2-wertigen Alkoholen (z.B. unterschiedliche Ethylenglykole). Sie kommen in Styrol gelöst in den<br />

Handel (vergl. S. 48, 49).<br />

Nach Zusatz eines Peroxid-Katalysators erfolgt Pfropf- und Copolymerisation des Styrols mit dem<br />

ungesättigten Polyester, wobei Gelierung und schließlich Aushärtung eintritt, d.h. die ungesättigten<br />

132


Gruppen des Polyesters reagieren mit denen des Lösemittels, wobei das Monomer Brücken<br />

zwischen den langkettigen Polyestermolekülen bildet. Es entsteht ein räumliches Netzwerk:<br />

vor der Härtung nach der Härtung<br />

: ungesättigter Polyester<br />

: Monomer, z.B. Styrol<br />

Der Stryolgehalt beträgt etwa 30 - 40%. Die Reaktionstemperaturen liegen normalerweise zwischen<br />

80 und 120 °C. Durch einen bereits im Roskydal K 27 enthaltenen Beschleuniger in Form eines<br />

tertiären, aromatischen Amins kann bei Raumtemperatur gehärtet werden (Kalthärtung).<br />

133


Versuch Nr. 4: "Nylon-Seil-Trick"<br />

(Grenzflächenkondensation von Sebacinsäuredichlorid und Hexamethylendiamin zum Nylon-6,10)<br />

Versuchsdurchführung:<br />

In 0,55 g (4,7 mmol) Hexamethylendiamin und 45 ml Wasser werden 0,4 g (10,0 mmol, 2 Plätzchen)<br />

festes NaOH in einem schmalen 100 ml Becherglas gelöst. Die Lösung wird mit wenig<br />

Phenolphthalein angefärbt. Anschließend überschichtet man mit einer Lösung von 1 ml (4,7 mmol)<br />

Sebacinsäuredichlorid in 20 ml Heptan. An der Trennfläche der beiden Lösungen entsteht eine dünne<br />

Haut, die man mit einer Pinzette langsam abheben und zu einem Faden <strong>aus</strong>ziehen kann. Der Faden<br />

lässt sich z.B. über einen Holzstab oder auch mit Hilfe einer kleinen Winde kontinuierlich aufspulen<br />

(Abb. 70). Wird das Polymer einige Male mit Wasser/Ethanol (50:50) gewaschen und bei 60 °C im<br />

Vakuumtrockenschrank getrocknet, so lässt sich seine Schmelztemperatur bei etwa 215 °C<br />

bestimmen.<br />

Vermischt man die beiden Phasen mit einem Glas- oder Holzstab durch intensives Rühren, so<br />

vergrößert sich die Grenzfläche derart, dass die Reaktion wesentlich schneller vor sich geht. Man<br />

erhält eine "Qualle" - ein stark Lösemittel haltiges Polymergebilde. Nach etwa einer halben Stunde<br />

entfärbt sich der Indikator vollkommen, was das Ende der Reaktion anzeigt. Das Diamin ist<br />

praktisch quantitativ in das Polyamid übergeführt worden und die Natronlauge wird durch die<br />

abgespaltene Salzsäure neutralisiert.<br />

134


Abb. 70: Grenzphasenkondensation zum Nylon-6,10 (vergl. auch Abb. 24)<br />

H Cl (CH )<br />

2 8<br />

N<br />

N<br />

H<br />

H<br />

O<br />

O<br />

(CH 2 ) 8<br />

O<br />

O<br />

Cl<br />

H<br />

N<br />

H<br />

H<br />

N<br />

H<br />

(CH2 ) 6 N<br />

Entsorgung : Polyamidfaden einschließlich Aufrollstab und Zweiphasengemisch: in gekennzeichneten<br />

Glasbehältern sammeln „organische Abfälle - halogen-haltig“ (Entsorgungssatz E 10),<br />

dann der Sondermüllbeseitigung zuführen (Entsorgungssatz E 3). Adresse zu erfragen bei der<br />

Kreis- oder Stadtverwaltung<br />

135<br />

- HCl<br />

H<br />

(CH 2 ) 6 N<br />

H<br />

O<br />

Cl (CH 2 ) 8<br />

O<br />

(CH 2 ) 8<br />

Sebacinsäurechlorid in Heptan<br />

O<br />

O<br />

Cl<br />

H<br />

N<br />

Hexamethylendiamin in H 2O und wenig Alkali<br />

H<br />

H<br />

N


Versuch Nr. 5: Schmelzspinnen von Polyamid<br />

Versuchsdurchführung:<br />

Polyamid-Pulver oder -Granulat wird im Reagenzglas vorsichtig über dem Bunsenbrenner<br />

aufgeschmolzen (bei Luftzutritt erfolgt leichte Gelb-Braun-Färbung, Kunststoff ist<br />

oxidationsanfällig; Rückbildung der Monomeren).<br />

Mit einem in die Schmelze getauchten Glasstab lassen sich zahlreiche seidenglänzende Fäden<br />

"spinnen", die anschließend verstreckt werden können.<br />

Entsorgung Schmelzspinnen Polyamid: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

Die Kartuschen von "Schmelzklebepistolen" (Heimwerkermarkt) enthalten ein modifiziertes<br />

Polyamid. Durch die Modifizierung wird die Schmelztemperatur erniedrigt und die Klebrigkeit<br />

erhöht. Mit einer Schmelzklebepistole kann man das Schmelzspinnen praktisch ohne Abfall<br />

demonstrieren. Man schaltet die Klebepistole an und stellt sie auf ein Stück Papier ab, bis sich <strong>aus</strong><br />

der Schmelzdüse ein Polymertropfen gebildet hat, der dann auf das Papier abtropft. Entfernt man<br />

nun das Papier von der Düse, so bildet sich ein mindestens 2 m langer Faden. Übt man während<br />

dieses Vorgangs einen leichten Druck auf den "Abzugshahn" der Klebepistole <strong>aus</strong>, so kann man ganz<br />

leicht Fäden bis zu 100 m Länge und mehr spinnen.<br />

Entsorgung Schmelzgesponnenes Polyamid: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

136


Versuch Nr. 6: a) "Nassspinnen" von Polyacrylnitril (PAN)<br />

b) Folienherstellung<br />

c) Trockenspinnen von Polyvinylacetat<br />

Materialien: 10 %ige Lösung von Polyacrylnitril in Dimethylacetamid<br />

Polyacrylnitril<br />

Dimethylacetamid (DMA)<br />

UHU ® nicht tropffrei!!!<br />

Der Lösevorgang von PAN ist wie bei allen hochmolekularen Stoffen grundsätzlich sehr viel<br />

langsamer als bei niedermolekularen. Die Ausgangsmaterialien PAN und DMA sind beigegeben, um<br />

das Löseverhalten hochmolekularer Stoffe zu demonstrieren.<br />

Versuchsdurchführung:<br />

a) Ein 500 ml-Becherglas, das zu 1/3 mit Wasser gefüllt ist, wird mit einer Hand leicht bewegt.<br />

Mit der anderen Hand gießt man einem dünnen, gleichmäßigen Strahl der 10 %igen PAN-<br />

Lösung in DMA. Dabei fällt ein Polyacrylnitrilfaden <strong>aus</strong>.<br />

Entsorgung Polyacrylnitrilfäden und die Lösungen: in gekennzeichneten Glasbehältern sammeln<br />

„organische Abfälle - halogenfrei“ (Entsorgungssatz E 10), dann der Sondermüllbeseitigung zuführen<br />

(Entsorgungssatz E 8). Adresse zu erfragen bei der Kreis- oder Stadtverwaltung<br />

Erklärungen:<br />

PAN ist in DMA löslich, in Wasser dagegen nicht. Wasser und DMA sind miteinander unbegrenzt<br />

mischbar. Beim Eingießen fällt daher PAN unter Ausbildung eines Fadens <strong>aus</strong>. Dieses "Nass-<br />

spinnen" (vgl. Abb. 26) wird auch heute noch technisch zur Herstellung von Polyacrylnitrilfäden<br />

angewandt. In zunehmendem Maße werden PAN-Fasern nach dem Trockenspinn-Verfahren<br />

hergestellt. Hierbei wird der Faden durch Verdunsten des Lösemittels <strong>aus</strong> der DMA-Lösung<br />

erhalten. Siehe UHU-Versuch weiter unten.<br />

137


) Ein kleiner Teil der PAN-Lösung wird auf einer Glasplatte <strong>aus</strong>gestrichen und diese zur<br />

Entfernung des Lösemittels in einen Trockenschrank gelegt. Nach etwa 5 Minuten lässt sich<br />

eine durchsichtige Folie von der Glasplatte abziehen.<br />

Entsorgung: Polyacrylnitrilfolie: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

UHU ® ist eine 40%ige Lösung von Polyvinylacetat in Aceton/Methylacetat. Wegen der niedrigen<br />

Siedepunkte der Lösemittel lässt sich hier der Trockenspinnprozess sehr schön demonstrieren (bitte<br />

keinen tropffreien UHU verwenden!): Man gibt etwa ein halbes Gramm UHU auf ein Stück Papier.<br />

Mit einem zweiten Stück Papier kontaktiert man die Polymermasse. Durch Vergrößerung des<br />

Abstandes des Papiere bilden sich Fäden, die in Abhängigkeit vom Lösemittelgehalt unterschiedlich<br />

lang sind. Mit etwas Übung kann man problemlos Fäden von 2m Länge erzeugen.<br />

Entsorgung: UHU-Fäden und UHU-Reste:H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

138


Versuch Nr. 7: Redox-Fällungspolymerisation von Methacrylsäuremethylester<br />

Versuchsdurchführung:<br />

In einem 200 ml-Becherglas löst man in einer Mischung <strong>aus</strong><br />

60 ml Ethanol und 40 ml Wasser<br />

5 g Methacrylsäuremethylester (stabilisiert).<br />

Dazu gibt man unter Rühren mit einem Glasstab zuerst<br />

1 g Kaliumperoxodisulfat K2S2O8, gelöst in 10 ml Wasser (etwas anwärmen),<br />

und dann eine Lösung <strong>aus</strong><br />

1 g Natriumdisulfit Na2S2O5 und 10 ml Wasser.<br />

Die zuvor farblose, klare Lösung wird innerhalb einer Minute trübe und es fällt zunehmend<br />

Polymethacrylsäuremethylester <strong>aus</strong>. Man kann den Vorgang beschleunigen, indem man das<br />

Becherglas in heißes Wasser stellt und unter Rühren auf ca. 50 °C erhitzt. Nach etwa 30<br />

Minuten wird das Polymer durch Filtrieren abgetrennt, mit etwas Ethanol oder Wasser<br />

gewaschen und durch Abpressen zwischen Filterpapieren getrocknet. Ausbeute: ca. 2,5 g<br />

Polymerisat. Das erhaltene Polymerisat der nachstehenden Struktur lässt sich z.B. gut in<br />

Toluol (5 ml) lösen.<br />

Entsorgung : Polymer : H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E3), Reste: in gekennzeichneten<br />

Glasbehältern sammeln „organische Abfälle – halogenfrei“ (E 10), dann der<br />

Sondermüllbeseitigung zuführen. (E 8)<br />

Erklärungen:<br />

H2 C<br />

CH 3<br />

O OCH 3 n<br />

139


Unter "Redox-Polymerisation" versteht man die zur Polymerisation eines Monomeren notwendige<br />

Aktivierung durch Kombination eines Oxidationsmittels mit einem Reduktionsmittel. Da Spuren von<br />

Schwermetallionen den Reaktionsablauf beschleunigen, sind mehrwertige Metalle in ihrer niedrigeren<br />

Oxidationsstufe (vor allem Eisen) als Reduktionsmittel besonders geeignet.<br />

Geeignete Systeme:<br />

Oxidation Reduktion<br />

H2O2<br />

140<br />

Sulfit oder Fe(II)-Salze<br />

Peroxodisulfate Hydrogensulfit und Disulfit<br />

Peroxide Thiosulfate oder Sulfinsäuren<br />

Chlorate Mercaptane<br />

Ein günstiges Aktivator-Redoxsystem für die Polymerisation von Acrylnitril ist z.B.<br />

Wasserstoffperoxid/Eisen(II)-ammoniumsulfat, für die Methacrylsäuremethylester das System<br />

Kaliumperoxodisulfat/Natriumdisulfit. Auch die Redox-Polymerisation ist im Grunde eine<br />

Radikalpolymerisation. Durch die Oxidation des Reduktionsmittels werden nach HABER und<br />

WILLSTAETTER Radikale gebildet. Folgenden Mechanismus formulierte z.B. KERN 1943 für das<br />

System Peroxide/Eisen(II)-Salze:<br />

1. + Fe2+ R O O R<br />

2.<br />

.<br />

R O<br />

+<br />

Styrol<br />

.<br />

R O + Fe3+ R O<br />

+<br />

Radikal Anion<br />

R<br />

O<br />

H2 C<br />

.<br />

CH<br />

Polymerisation (s. Kap. 6.3)<br />

usw.


Versuch Nr. 8: Copolymerisation von Methacrylsäuremethylester und Ethylenglykoldi-<br />

methacrylat<br />

Versuchsdurchführung:<br />

- wie Versuch Nr. 7, jedoch wird statt des Methacrylsäuremethylesters ein Gemisch <strong>aus</strong><br />

2,5 g Ethylenglykoldimethacrylat (Vernetzer) und<br />

2,5 g Methacrylsäuremethylester<br />

verwendet.<br />

Entsorgung : Polymer : H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E3), Reste: in gekennzeichneten<br />

Glasbehältern sammeln „organische Abfälle – halogenfrei“ (E10), dann der<br />

Sondermüllbeseitigung zuführen. (E 8)<br />

Das erhaltene Polymerisat besteht praktisch <strong>aus</strong> einem einzigen stark vernetzten Makromolekül, das<br />

in keinem Lösemittel mehr gelöst werden kann (vgl. Kap. 3.1.2.):<br />

H2 C<br />

CH 3<br />

O OCH 3<br />

H<br />

2<br />

C<br />

CH 3<br />

H<br />

2<br />

C<br />

O OCH 3<br />

H2 C<br />

CH 3<br />

O O<br />

C<br />

H 2<br />

CH 2<br />

O O<br />

141<br />

CH 3<br />

H2 C<br />

H2 C<br />

CH 3<br />

O OCH 3<br />

CH 3<br />

O OCH 3


Versuch Nr. 9: Fotopolymerisation von Methacrylsäuremethylester<br />

Versuchsdurchführung:<br />

10,0 g Methacrylsäuremethylester werden mit 0,1 g Benzildimethylketal vermischt und in ein<br />

kleines Aluschälchen gegossen. Die Aluminiumschale wird in kurzem Abstand von oben mit<br />

einer Hg-Dampflampe bestrahlt, wobei in Abhängigkeit von der Strahlungsleistung innerhalb<br />

einiger Minuten die Polymerisation erfolgt. (Nach Beginn der Polymerisation steigt die<br />

Viskosität deutlich an, so dass man einen flachen Gegenstand wie bemaltes Papier auflegen und<br />

mit einer zweiten Schicht Methacrylsäuremethylester/Benzildimethylketol bedecken kann.<br />

Hierdurch wird der Gegenstand zwischen "Plexiglasscheiben" einpolymerisiert).<br />

Entsorgung : Polymer : H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

Erklärungen:<br />

Es handelt sich bei dieser Reaktion um eine radikalische Fotopolymerisation, die durch Radiale<br />

initiert wird, welche beim durch Belichten <strong>aus</strong>gelösten Zerfall des Fotoinitiators Benzildimethylketal<br />

entstehen. Das Benzildimethylketal zerfällt unter UV-Strahlung in einer sogenannten Norrish Typ I-<br />

Reaktion zum Benzyl- und Dimethoxybenzyl-Radikal. Letzteres reagiert unter Abspaltung eines<br />

Methylradikals weiter zum Benzoesäuremethylester:<br />

O<br />

OCH 3<br />

OCH 3<br />

.<br />

OCH 3<br />

OCH 3<br />

hν<br />

142<br />

.<br />

CH 3<br />

O<br />

.<br />

+ O<br />

+<br />

OCH 3<br />

OCH 3<br />

.<br />

OCH 3


143


Versuch Nr. 10: Vulkollan ® -Herstellung<br />

Chemikalien (vgl. Kap. 6.4.1.)<br />

100 g Desmophen 2000 ®<br />

18 g Desmodur 15 ®<br />

2 g 1,4-Butandiol<br />

Versuchsdurchführung:<br />

Die Desmophen ® -Komponente wird in einem mit Rührer <strong>aus</strong>gestatteten Becherglas (mit<br />

Schliffdeckel) im Vakuum bei 125 - 130 o C im Verlauf einer Stunde sorgfältig entwässert.<br />

Danach erst wird unter Rühren Desmodur ® zugegeben. Hierbei fällt die Temperatur auf ca.<br />

110 °C ab, steigt aber im Verlaufe der exothermen Reaktion wieder auf 125 - 130 °C<br />

selbständig an. Man wartet auf jeden Fall Temperaturkonstanz ab (ca. 15 Minuten); erst dann<br />

wird der Vernetzer (1,4-Butandiol) von Hand eingerührt. Die fertige Mischung hat eine<br />

Gießzeit von etwa 4 Minuten. Ihre Vernetzung nimmt bei 110 °C etwa 24 Stunden in<br />

Anspruch.<br />

Entsorgung : Vulkollan: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

Anmerkung: Die Zugabe des Desmodur 15 ® , das Einrühren des Vernetzers und das evtl. Gießen des<br />

Reaktionsgemisches in Formen oder auf ebene Flächen muss im Abzug erfolgen, da bei den hohen<br />

Temperaturen Isocyanatdämpfe entweichen können. Bei allen Versuchen ist eine Schutzbrille zu<br />

tragen, beim Umgang mit Isocyanaten zusätzlich Schutzhandschuhe. Die Arbeiten mit Diisocyanaten<br />

erfordern einen gut ziehenden Abzug.<br />

Weitere Erklärungen zum Versuch werden in Kap. 6.4.1. gegeben.<br />

144


Versuch Nr. 11: Herstellung von Polyurethanschaum<br />

Chemikalien (vgl. Kap. 6.4.1.)<br />

50 g Desmodur 44 V20 ® (p,p´-Diisocyanatodiphenylmethan im Gemisch mit Isomeren<br />

und Homologen)<br />

33 g Desmophen ® /Aktivator-Gemisch<br />

Versuchsdurchführung:<br />

In ein 1-Ltr. Becherglas stellt man einen der Glaswandung angepaßten Polyethylenbeutel. In<br />

diesen Beutel gibt man zuerst 33 g Desmophen ® /Aktivator-Gemisch und dann 50 g<br />

Desmodur ® 44 V20. Diese Mischung wird mit einem Holzstab so lange gerührt, bis die<br />

eintretende Gasentwicklung den Beginn der Reaktion anzeigt. Dann überlässt man die<br />

Schaumbildung sich selbst. Man kann den Versuch natürlich auch direkt im Becherglas<br />

<strong>aus</strong>führen. Dann bereitet allerdings die Säuberung des Gefäßes Schwierigkeiten; denn beim<br />

Her<strong>aus</strong>drehen des erkalteten Produktes bleiben immer Schaumreste an den Wandungen des<br />

Becherglases kleben, die nur schwer zu entfernen sind (großer Verbrauch an Lösemittel).<br />

Entsorgung : Polyurethanschaum: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

Anmerkung: Der Versuch muss so durchgeführt werden, dass kein Desmophen ® bzw. Desmodur ®<br />

auf die Haut gelangt. Sollte dies trotzdem geschehen, so ist sofort die betreffende Hautstelle unter<br />

fließendem Wasser intensiv abzuspülen.<br />

Erklärungen: siehe Kap. 6.4.1.<br />

145


Versuch Nr. 12: Kalthärtung eines Epoxidharzes<br />

Versuchsdurchführung:<br />

80 g Lekutherm E 320 ® (Epoxidharz <strong>aus</strong> "Bisphenol A" und Epichlorhydrin im Verhältnis 1:2,<br />

s. Abb. 39) werden in einem Pappbecher oder einer sauberen Blechdose mit 16 g eines<br />

Kalthärters (z.B. T 3, siehe unten) gut verrührt und dann - nach entsprechender Formgebung -<br />

sich selbst überlassen (im Abzug). Nach etwa 30 - 40 Minuten geliert (d.h. verfestigt) sich die<br />

Mischung unter kontinuierlichem Temperaturanstieg (exotherme Reaktion) bis auf ca. 230 °C.<br />

Entsorgung : Epoxidharz: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E 3)<br />

Erklärungen:<br />

Die Überführung der Epoxidharze in den duroplastischen Zustand erfolgt durch Zugabe von<br />

Härtungsmitteln (Härtern). Dies sind polyfunktionelle Verbindungen mit reaktionsfähigen<br />

Wasserstoffatomen oder Carbonsäureanhydride, die unter Polyaddition mit den Epoxidgruppen und<br />

sekundären OH-Gruppen reagieren und ohne Abspaltung von Nebenprodukten eine<br />

Molekülvergrößerung unter dreidimensionaler Vernetzung herbeiführen. Je nach der zur Anwendung<br />

gelangenden Temperatur unterscheidet man zwischen Heißhärtung und Kalthärtung. Die Wahl<br />

zwischen diesen beiden richtet sich nach den gewünschten Verarbeitungsbedingungen, vor allem aber<br />

nach den geforderten Eigenschaften der Endprodukte. Bei der Kalthärtung werden als Härter meist<br />

aliphatische (Poly)Amine oder (Poly)Amide benutzt, z.B.<br />

Triethylentetramin H2N-CH2-CH2-NH-CH2-CH2-NH-CH2-CH2-NH2<br />

Dipropylentriamin H2N-CH2-CH2-CH2-NH-CH2-CH2-CH2-NH2<br />

Pentaethylenhexamin H2N-(CH2-CH2-NH)4-CH2-CH2-NH2 (Kalthärter T3)<br />

Allgemeines Reaktionsschema (vergl. auch Abb. 40):<br />

146


Bei der Heißhärtung werden für die Vernetzung folgende Stoffe eingesetzt:<br />

z.B. Härter P: Phthalsäureanhydrid<br />

Härter H: Hexahydrophthalsäureanhydrid<br />

Allgemeines Reaktionsschema:<br />

147


Versuch Nr. 13: Thermischer Abbau von Polyvinylchlorid (PVC)<br />

Chemikalien: Polyvinylchlorid: 2 x 10 g Vestolit S 6058<br />

Versuchsdurchführung:<br />

Stabilisator: 0,4 (± 0,1) g 2-Phenylindol (Stabilisator I, Bayer)<br />

Indikator: Kongorot- oder Universalindikatorpapier<br />

10 g PVC-Pulver werden mit 0,4 g Phenylindol in einer Reibschale gut gemischt und in ein<br />

Reagenzglas gefüllt. Das zweite Reagenzglas füllt man mit 10 g reinem PVC-Pulver. Zu beiden<br />

Proben fügt man einen Streifen angefeuchtetes Indikatorpapier, und erhitzt in einem Heizbad<br />

auf 170 - 180 o C. Bei Erreichen der Zersetzungstemperatur beobachtet man:<br />

a) stabilisierte Probe und Indikatorpapier bleiben unverändert<br />

b) die andere Probe verfärbt sich, der Farbumschlag zeigt einen sauren pH-Bereich an.<br />

Entsorgung :Alle Reste: in gekennzeichneten Glasbehältern sammeln „organische Abfälle –<br />

halogenhaltig“ (E 10), dann der Sondermüllbeseitigung zuführen (E8). Adresse zu erfragen bei<br />

der Kreis- oder Stadtverwaltung<br />

Erklärungen:<br />

Unter den technisch verwendeten synthetischen Hochpolymeren nimmt PVC einen der ersten Plätze<br />

ein; gerade dieses Polymere zeigt aber in besonders auffälliger Weise Zersetzungserscheinungen, die<br />

bei Temperaturen oberhalb von ca. 100 o C bemerkbar werden. Unter Abspaltung nachweisbarer<br />

Mengen von Chlorwasserstoff entstehen Ketten mit konjugierten Doppelbindungen. Sie sind an der<br />

während der Zersetzung auftretenden Farbänderung (nach braunrot) zu erkennen.<br />

148


Die Ursache dieses Abbaues liegt in einem katalytischen Effekt von Eisenspuren. Durch Zugabe<br />

eines geeigneten Stabilisators kann die Zersetzung verhindert werden (Bindung der Eisenspuren).<br />

149


Versuch Nr. 14: Weichmachung von Polyvinylchlorid (PVC)<br />

Versuchsdurchführung:<br />

a) Polyvinylchlorid-Pulver wird auf eine Heizplatte (150 - 160 o C) gestreut und fest mit<br />

einer Metallplatte (z.B. Bügeleisen) angedrückt. Wenn überhaupt, so bildet sich ein<br />

harter, spröder, trüber Kunststoff-Film.<br />

b) Mischt man dagegen PVC-Pulver mit gleichen Teilen eines Weichmachers (z.B.<br />

Dioctylphthalat = DOP), gießt die erhaltene, dünne, weiße Flüssigkeit auf eine<br />

Heizplatte (110 o C) und drückt kurz mit einer Metallplatte an, so kann man kurz danach<br />

eine klare, geschmeidige Folie abziehen, die eine erhebliche Festigkeit aufweist und sich<br />

dehnen lässt.<br />

Entsorgung : Alle Reste: in gekennzeichneten Glasbehältern sammeln „organische Abfälle –<br />

halogenhaltig“ (E 10), dann der Sondermüllbeseitigung zuführen (E8) Adresse zu erfragen bei<br />

der Kreis- oder Stadtverwaltung<br />

Erklärungen:<br />

Die Atome des Polymeren sind durch starke "primäre" Bindungen verknüpft. Die Makromoleküle<br />

wiederum werden untereinander durch sogenannte Sekundärkräfte (s. Kap. 3.2.) zusammengehalten.<br />

In einem PVC-Molekül stellen die Chloratome stark polare Gruppen dar, welche die Anziehung<br />

zwischen den Molekülen verstärken; diese Anziehungskraft nimmt aber mit dem Abstand der<br />

Moleküle voneinander ab.<br />

Die weichmachende Wirkung durch das DOP beruht nun darauf, dass die zwischenmolekularen<br />

Kräfte geschwächt werden, das Molekül insgesamt also weicher und geschmeidiger wird.<br />

Ein wirksamer Weichmacher muss aber ebenfalls eine gewisse Polarität aufweisen, um zwar in der<br />

Lage zu sein, die zwischenmolekularen Kräfte des Polymerisates zu schwächen, aber gleichzeitig an<br />

deren Stelle ein System von Polymerisat-Weichmacher-Polymerisat-Wechselwirkungen herzustellen.<br />

150


Bei den polaren Gruppen der PVC-Weichmacher handelt es sich in den meisten Fällen um Ester-<br />

Gruppierungen. Weichmachung erzielt man durch Zusatz von Substanzen, die eine lösende oder<br />

quellende Wirkung auf das Polymere haben. Für PVC sind besonders geeignet Adipinsäureester,<br />

Phosphorsäureester, Phthalsäureester (z.B. DOP), Sulfonsäureester als sogenannte monomere<br />

Weichmacher oder auch Polymerisate wie z.B. Polybutadienacrylnitril- oder Ethylenvinylacetat-<br />

Copolymerisate als sogenannte Polymerweichmacher.<br />

151


Versuch Nr. 15: Herstellung von elektrisch selbstleitendem Polypyrrol<br />

Versuchsdurchführung:<br />

Reagenzien<br />

2 ml 6%ige FeCl3-Lösung in Wasser (1 g FeCl3 x 6H2O in 9 ml H2O oder 0,6 g FeCl3<br />

wasserfrei in 9,4 ml H2O)<br />

0,25 ml Pyrrol-iso-Propanol-Gemisch (1:1)<br />

In eine Kristallisierschale legt man ein Filterpapier (Durchmesser ca. 7 cm) und beträufelt es mit 2 ml<br />

6% Eisen-III-chloridlösung. Nachdem das Filterpapier vollständig benetzt ist, tropft man auf die<br />

Mitte des Filterpapiers 0,25 ml Pyrrol/iso-Propanol-Gemisch. Man beobachtet sofort eine<br />

Dunkelfärbung. Nach 10 - 15 Minuten nimmt man mit einer Pinzette das nun schwarze Filterpapier<br />

<strong>aus</strong> der Kristallisierschale und wäscht es gründlich mit Wasser. Nach dem Trocknen (mindestens 2<br />

Stunden) zeigt das Filterpapier einen Widerstand von 5 000 bis 10 000 Ω, gemessen mit einem<br />

Universalmessgerät durch Aufdrücken der Kontakte in einem Abstand von 1 cm. In Abhängigkeit<br />

von der Art des Filterpapiers kann die Leitfähigkeit auf das Zentrum oder auch auf nur eine Seite des<br />

Filterpapiers beschränkt sein.<br />

Vor der Behandlung hat das Filterpapier einen Widerstand von mindestens 10 10 Ω. Durch den<br />

Einbau des Polypyrrol reduziert sich der elektrische Widerstand also sehr stark.<br />

Die Trockenzeit kann durch Verwendung eines Trockenschrankes (nicht über 50°C) auf unter 30<br />

min. verkürzt werden. In einem Parallelversuch mit einem mit FeCl 3-Lösung getränkten Filterpapier<br />

sollte gezeigt werden, dass keine Artefakte gemessen werden.<br />

Entsorgung : Papierfilter mit Polypyrrol: H<strong>aus</strong>müll (Entsorgungssatz E3); überschüssige<br />

Eisen-III-chloridlösung: stark mit Wasser verdünnen 152 und in den Ausguss geben (E 1)


11.2. Inhaltsverzeichnis der verwendeten Chemikalien<br />

Bei der Durchführung der Versuche sind die Vorgaben der Schulbehörden streng zu<br />

berücksichtigen!<br />

Die Einstufung der Chemikalien entspricht der Gefahrstoff-Verordnung (GefStoffV) und der<br />

Mitteilung der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe "Maximale<br />

Arbeitsplatzkonzentrationen und biologische Arbeitstoleranzwerte", her<strong>aus</strong>gegeben von der<br />

Deutschen Forschungsgemeinschaft. Da sich hier häufig Änderungen in den Einstufungen ergeben,<br />

werden diese als Extrablätter zum Manuskript geliefert. Soweit möglich, sind die Buchstaben der<br />

Gefahrensymbole, die R- und S-Sätze, die Einstufung nach der Verordnung für brennbare<br />

Flüssigkeiten (VbF) und die Wassergefährdungsklasse (WGK), angegeben.<br />

153


11.3. Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen<br />

Seit 1995 ist anstelle des Begriffs "mindergiftig" der Ausdruck "gesundheitsschädlich" vorge-<br />

schrieben.<br />

1.4. Hinweise auf die besonderen Gefahren (R-Sätze)<br />

R 1 In trockenem Zustand explosionsgefährlich<br />

R 2 Durch Schlag, Reibung, Feuer oder andere Zündquellen explosionsgefährlich<br />

R 3 Durch Schlag, Reibung, Feuer oder andere Zündquellen besonders xplosionsgefährlich<br />

R 4 Bildet hochempfindliche explosionsgefährliche Metallverbindungen<br />

R 5 Beim Erwärmen explosionsfähig<br />

R 6 Mit und ohne Luft explosionsfähig<br />

R 7 Kann Brand verursachen<br />

154


R 8 Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen<br />

R 9 Explosionsgefahr bei Mischung mit brennbaren Stoffen<br />

R 10 Entzündlich<br />

R 11 Leichtentzündlich<br />

R 12 Hochentzündlich<br />

R 13 Hochentzündliches Flüssiggas<br />

R 14 Reagiert heftig mit Wasser<br />

R 15 Reagiert mit Wasser unter Bildung leicht entzündlicher Gase<br />

R 15.1 Reagiert mit Säure unter Bildung leicht entzündlicher Gase<br />

R 16 Explosionsgefährlich in Mischung mit brandfördernden Stoffen<br />

R 17 Selbstentzündlich an der Luft<br />

R 18 Bei Gebrauch Bildung explosionsfähiger/leichtentzündlicher<br />

Dampf-Luft-Gemische möglich<br />

R 19 Kann explosionsfähige Peroxide bilden<br />

R 20 Gesundheitsschädlich beim Einatmen<br />

R 21 Gesundheitsschädlich bei Berührung mit der Haut<br />

R 22 Gesundheitsschädlich beim Verschlucken<br />

R 23 Giftig beim Einatmen<br />

R 24 Giftig bei Berührung mit der Haut<br />

R 25 Giftig beim Verschlucken<br />

R 26 Sehr giftig beim Einatmen<br />

R 27 Sehr giftig bei Berührung mit der Haut<br />

R 28 Sehr giftig beim Verschlucken<br />

R 29 Entwickelt bei Berührung mit Wasser giftige Gase<br />

R 30 Kann bei Gebrauch leicht entzündlich werden<br />

R 31 Entwickelt bei Berührung mit Säure giftige Gase<br />

R 31.1 Entwickelt bei Berührung mit Alkalien giftige Gase<br />

R 32 Entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase<br />

R 33 Gefahr kumulativer Wirkungen<br />

R 34 Verursacht Verätzungen<br />

R 35 Verursacht schwere Verätzungen<br />

R 36 Reizt die Augen<br />

R 37 Reizt die Atmungsorgane<br />

R 38 Reizt die Haut<br />

R 39 Ernste Gefahr irreversiblen Schadens<br />

R 40 Irreversibler Schaden möglich<br />

R 41 Gefahr ernster Augenschäden<br />

R 42 Sensibilisierung durch Einatmen möglich<br />

R 43 Sensibilisierung durch Hautkontakte möglich<br />

R 44 Explosionsgefahr bei Erhitzen unter Einschluss<br />

R 45 Kann Krebs erzeugen<br />

R 45.1 Kann Krebs erzeugen (Gefahrstoffverordnung Gruppe I)<br />

R 45.2 Kann Krebs erzeugen (Gefahrstoffverordnung Gruppe II)<br />

R 45.3 Kann Krebs erzeugen (Gefahrstoffverordnung Gruppe III)<br />

155


R 46 Kann vererbbare Schäden verursachen<br />

R 47 Kann Mißbildungen verursachen<br />

R 48 Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei längerer Exposition<br />

R 49 Kann Krebs erzeugen beim Einatmen<br />

R 50 Sehr giftig für Wasserorganismen<br />

R 51 Giftig für Wasserorganismen<br />

R 52 Schädlich für Wasserorganismen<br />

R 53 Kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkung haben<br />

R 54 Giftig für Pflanzen<br />

R 55 Giftig für Tiere<br />

R 56 Giftig für Bodenorganismen<br />

R 57 Giftig für Bienen<br />

R 58 Kann längerfristig schädliche Wirkungen auf die Umwelt haben<br />

R 59 Gefährlich für die Ozonschicht<br />

156


11.5. Sicherheitsratschläge (S-Sätze)<br />

S 1 Unter Verschluss aufbewahren<br />

S 2 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen<br />

S 3 Kühl aufbewahren<br />

S 4 Von Wohnplätzen fernhalten<br />

S 5 Unter ... aufbewahren (geeignete Flüssigkeit ist vom Hersteller anzugeben)<br />

S 5.1 Unter Wasser aufbewahren<br />

S 5.2 Unter Petroleum aufbewahren<br />

S 6 Unter ... aufbewahren (inertes Gas ist vom Hersteller anzugeben)<br />

S 6.1 Unter Stickstoff aufbewahren<br />

S 6.2 Unter Argon aufbewahren<br />

S 6.3 Unter Kohlendioxid aufbewahren<br />

S 7 Behälter dicht geschlossen halten<br />

S 8 Behälter trocken halten<br />

S 9 Behälter an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren<br />

S 12 Behälter nicht gasdicht verschließen<br />

S 13 Von Nahrungsmitteln, Getränken und Futtermitteln fernhalten<br />

S 14 Von ... fernhalten (inkompatible Substanzen sind vom Hersteller anzugeben)<br />

S 14.1 Von Reduktionsmitteln, Schwermetallverbindungen, Säuren und Alkalien fern halten<br />

S 14.2 Von oxidierenden und sauren Stoffen sowie Schwermetallverbindungen fernhalten<br />

S 14.3 Von Eisen fernhalten<br />

S 14.4 Von Wasser fernhalten<br />

S 14.5 Von Säuren fernhalten<br />

S 14.6 Von Laugen fernhalten<br />

S 14.7 Von Metallen fernhalten<br />

S 14.8 Von oxidierenden und sauren Stoffen fernhalten<br />

S 14.9 Von brennbaren, organischen Substanzen fernhalten<br />

S 14.10 Von Säuren, Reduktionsmitteln und brennbaren Materialien fernhalten<br />

S 14.11 Von brennbaren Substanzen fernhalten<br />

S 15 Vor Hitze schützen<br />

S 16 Von Zündquellen fernhalten - Nicht rauchen<br />

S 17 Von brennbaren Stoffen fernhalten<br />

S 18 Behälter mit Vorsicht öffnen und handhaben<br />

S 20 Bei der Arbeit nicht essen und trinken<br />

S 21 Bei der Arbeit nicht rauchen<br />

S 22 Staub nicht einatmen<br />

S 23 Gas/Rauch/Dampf/Aerosol nicht einatmen (geeignete Bezeichnungen<br />

sind vom Hersteller anzugeben)<br />

S 23.1 Gas nicht einatmen<br />

S 23.2 Dampf nicht einatmen<br />

S 23.3 Aerosol nicht einatmen<br />

S 23.4 Rauch nicht einatmen<br />

157


S 23.5 Dampf/Aerosol nicht einatmen<br />

S 24 Berührung mit der Haut vermeiden<br />

S 25 Berührung mit den Augen vermeiden<br />

S 26 Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren<br />

S 27 Beschmutzte, getränkte Kleidung sofort <strong>aus</strong>ziehen<br />

S 28 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel ... (ist vom Hersteller<br />

anzugeben)<br />

S 28.1 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel Wasser<br />

S 28.2 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel Wasser und Seife<br />

S 28.3 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel Wasser und Seife,<br />

möglichst auch mit Polyethylenglycol 400<br />

S 28.4 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel Polyethylenglycol 300<br />

und Ethanol (2:1) und anschließend mit viel Wasser und Seife<br />

S 28.5 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel Polyethylenglykol 400<br />

S 28.6 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel Polyethylenglykol 400<br />

und anschließend Reinigung mit viel Wasser<br />

S 28.7 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel Wasser und saurer Seife<br />

S 29 Nicht in die Kanalisation gelangen lassen<br />

S 30 Niemals Wasser hinzugießen<br />

S 33 Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladungen treffen<br />

S 34 Schlag und Reibung vermeiden<br />

S 35 Abfälle und Behälter müssen in gesicherter Weise beseitigt werden<br />

S 35.1 Abfälle und Behälter dürfen erst nach Behandeln mit 2%iger Natronlauge<br />

beseitigt werden<br />

S 36 Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung tragen<br />

S 37 Geeignete Schutzhandschuhe tragen<br />

S 38 Bei unzureichender Belüftung Atemschutzgerät tragen<br />

S 39 Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen<br />

S 40 Fußboden und verunreinigte Gegenstände mit ... reinigen (ist vom Hersteller<br />

anzugeben)<br />

S 40.1 Fußboden und verunreinigte Gegenstände mit Wasser reinigen<br />

S 41 Explosions- und Brandgase nicht einatmen<br />

S 42 Beim Räuchern/Versprühen geeignetes Atemschutzgerät anlegen (geeignete<br />

Bezeichnung(en) sind vom Hersteller anzugeben)<br />

S 43 Zum Löschen ... (ist vom Hersteller anzugeben) verwenden.<br />

Wenn Wasser die Gefahr erhöht, anfügen: Kein Wasser verwenden<br />

S 43.1 Zum Löschen Wasser verwenden<br />

S 43.2 Zum Löschen Wasser oder Pulverlöschmittel verwenden<br />

S 43.3 Zum Löschen Pulverlöschmittel, kein Wasser verwenden<br />

S 43.4 Zum Löschen Kohlendioxid, kein Wasser verwenden<br />

S 43.5 Zum Löschen Halone, kein Wasser verwenden<br />

S 43.6 Zum Löschen Sand, kein Wasser verwenden<br />

S 43.7 Zum Löschen Metallbrandpulver, kein Wasser verwenden<br />

S 43.8 Zum Löschen Sand, Kohlendioxid oder Pulverlöschmittel, kein Wasser verwenden<br />

158


S 44 Bei Unwohlsein ärztlichen Rat einholen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen<br />

S 45 Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt zuziehen (wenn möglich, dieses Etikett<br />

vorzeigen<br />

S 46 Bei Verschlucken sofort ärztlichen Rat einholen und Verpackung oder Etikett<br />

vorzeigen<br />

S 47 Nicht bei Temperaturen über ... °C aufbewahren (ist vom Hersteller anzugeben)<br />

S 48 Feucht halten mit ... (geeignetes Mittel ist vom Hersteller anzugeben)<br />

S 48.1 Feucht halten mit Wasser<br />

S 49 Nur im Originalbehälter aufbewahren<br />

S 50 Nicht mischen mit ... (ist vom Hersteller anzugeben)<br />

S 50.1 Nicht mischen mit Säuren<br />

S 50.2 Nicht mischen mit Laugen<br />

S 50.3 Nicht mischen mit starken Säuren, starken Basen, Buntmetallen und deren Salze<br />

S 51 Nur in gut belüfteten Bereichen verwenden<br />

S 52 Nicht großflächig für Wohn- und Aufenthaltsräume zu verwenden<br />

S 53 Exposition vermeiden - vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen<br />

S 54 Vor Ableiten in Kläranlagen Einwilligung der zuständigen Behörden einholen<br />

S 55 Vor Ableitung in die Kanalisation oder in Gewässer nach dem Stand der<br />

Technik behandeln<br />

S 56 Nicht in die Kanalisation oder die Umwelt ableiten, an genehmigte Sondermüllsammelstelle<br />

abgeben<br />

S 57 Durch geeigneten Einschluss Umweltverschmutzungen vermeiden<br />

S 58 Als gefährlichen Abfall entsorgen<br />

S 59 Informationen zur Wiederverwendung/Wiederverwertung beim Hersteller/<br />

Lieferanten erfragen<br />

S 60 Dieser Stoff und/oder sein Behälter sind als gefährlicher Abfall zu entsorgen<br />

Selbstverständlich können R- und S-Sätze auch in Kombination auftreten!<br />

Wassergefährdungsklasse<br />

Einstufungen<br />

WGK 0 Im Allgemeinen nicht gefährdende Stoffe<br />

WGK 1 Schwach wassergefährdende Stoffe<br />

WGK 2 Wassergefährdende Stoffe<br />

WGK 3 Stark wassergefährdende Stoffe<br />

Verordnung für brennbare Flüssigkeiten<br />

Einstufungen<br />

A I Flammpunkt < 21°C<br />

A II Flammpunkt 21 - 55°C<br />

159


A III Flammpunkt >55 - 100°C<br />

B Flammpunkt < 21°C, Flüssigkeiten, die oder deren brennbaren Bestandteile<br />

mit Wasser bei 15 °C beliebig mischbar sind.<br />

160


12. Weiterführende Literatur<br />

A) PRAKTIKUMS BÜCHER<br />

Wiskamp, V., M. Hörter, B. Köhler und B. Nau, „Abfallfreie Versuche zur Polymerchemie“<br />

26 (1992) 6, 232 ff<br />

.<br />

Braun, Cherdron, Kern, "Praktikum der makromolekularen organischen Chemie",<br />

3. Aufl., Alfred Hüthig Verl. 1979 (334 Seiten).<br />

Haenle, Gnauck, Harsch, "Praktikum der Kunststofftechnik",<br />

Carl Hanser Verl. 1972 (336 Seiten).<br />

R. Flügel, "<strong>Kunststoffe</strong>, Versuche in Loseblatt-Form", Phywe 1963.<br />

W. Sorensen, T. Campbell, "Präparative Methoden der Polymeren-Chemie",<br />

Verl. Chemie 1962 (323 Seiten).<br />

G. D´Alelio "Kunststoff-Praktikum", Carl Hanser Verlag 1952 (201 Seiten).<br />

Rau, "Kunststoff-Schule", Mappen mit Kunststoffproben und Erläuterungen, Pickardt Verlag.<br />

B) LEHRBÜCHER<br />

B. Vollmert, "Grundriss der makromolekularen Chemie", Band 1 - 5,<br />

E. Vollmert-Verl. 1985 (5 Taschenbücher von ca. 250 Seiten).<br />

H. Batzer, "Polymere Werkstoffe, Bd. I - Chemie und Physik", Thieme Verl. 1985 (734 Seiten).<br />

(Band II ("Technologie 1") und III ("Technologie 2") beschreiben u.a. die Verarbeitung und<br />

Modifizierung von Polymeren einschließlich Verbundwerkstoffe, Elastomere, Film- und<br />

Faserstoffe.)<br />

Elias, Vohwinkel, "Neue polymere Werkstoffe für die industrielle Anwendung - Struktur, Synthese,<br />

Eigenschaften, Verarbeitung", Carl Hanser Verl. 1983 (408 Seiten).<br />

Elias, "Makromoleküle, Struktur - Eigenschaften - Synthesen - Stoffe - Technologie",<br />

4. Aufl., Hüthig & Wepf Verl. 1981 (1097 Seiten).<br />

G. Menges, J. Thim, H. Kaufmann, "Lernprogramm Technologie der <strong>Kunststoffe</strong>",<br />

2. Aufl., Carl Hanser Verl. 1981 (218 Seiten).<br />

G. Menges, "Werkstoffkunde - <strong>Kunststoffe</strong>", 3. Aufl.,<br />

161


Carl Hanser Verl. 1990 (309 Seiten).<br />

162


Becker, Braun, "Kunststoff-Handbuch Bd. I - Chemie, Physik, Technologie",<br />

Carl Hanser Verl. 1990 (1089 Seiten).<br />

(Die 10 Folgebände beschäftigen sich mit einzelnen Stoffklassen.)<br />

H. Dominingh<strong>aus</strong>, "Die <strong>Kunststoffe</strong> und ihre Eigenschaften", 3. Aufl.,<br />

VDI Verl. 1988 (905 Seiten).<br />

Mair, Roth, "Elektrisch leitende <strong>Kunststoffe</strong>", 2. Ausgabe,<br />

Carl Hanser Verl. 1989 (569 Seiten).<br />

Houben-Weyl, "Methoden der Organischen Chemie", 4. Aufl., Bd. E 20<br />

Makromolekulare Stoffe / Teil 1 bis 3, Thieme Verl. 1987.<br />

J. Cowie, "Chemie und Physik der Polymeren", Verl. Chemie 1976 (321 Seiten).<br />

Hellerich, Harsch, Haenle, "Werkstoff-Führer <strong>Kunststoffe</strong>", 5. Aufl., Carl Hanser Verl. 1989.<br />

K. Biederbick, "<strong>Kunststoffe</strong> - kurz und bündig", 3. Aufl., Vogel Verl. 1974 (272 Seiten).<br />

H. Dominingh<strong>aus</strong>, "<strong>Kunststoffe</strong> Bd. I - Aufbau und Eigenschaften, Kunststoffsorten,<br />

Anwendungen", VDI Verl. 1972 (223 Seiten).<br />

C) ARTIKEL AUS FACHZEITS CHRIFTEN ZU S PEZIELLEN THEMEN<br />

Chemie in unserer Zeit:<br />

34 (2000) 276 B. Huckestein, Plesnivy, Th., „Möglichkeiten und Grenzen des<br />

Kunststoffrecycling“<br />

33 (1999) 279 A. Lendlein, „Polymere als Implantatwerkstoffe“<br />

32 (1998) 197 D. Paul, „Polymermembranen für die Stofftrennung“<br />

29 (1995) 260 A. Steinbüchel, „Mikrobielle und chemische Synthese von biologisch<br />

abbaubaren Polyestern<br />

28 (1994) 197 M. Aulbach, F. Kuber, „Metallocene – maßgeschneiderte Werkzeuge zur<br />

Herstellung von Polyolefinen“<br />

24 (1990) 135 D. Dieterich, "Polyurethane - nach 50 Jahren immer noch jung"<br />

Angewandte Chemie:<br />

102 (1990) 1302 P.M. Hergenrother, "Entwicklungsperspektiven für hochtemperaturbeständige<br />

Polymere"<br />

102 (1990) 1296 J. Economy, "Hochleistungsmaterialien - Trends und Möglichkeiten am Beispiel<br />

flüssigkristalliner Polymere"<br />

99 (1987) 840H. Finkelmann, "Flüssigkristalline Polymere"<br />

163


Nachrichten <strong>aus</strong> Chemie, Technik und Laboratorium:<br />

38 (1990) 333 "Verwertung von polymeren Abfallstoffen durch Pyrolyse"<br />

38 (1990) 23 "K wie Abfall"<br />

Spektrum der Wissenschaft:<br />

April 1988, 54 R.B. Kaner, A.B. MacDiarmid, "Elektrisch leitende <strong>Kunststoffe</strong>"<br />

Praxis der Naturwissenschaften - Chemie:<br />

39 (1990) 29 R. Becker, L. Preis, "Glasfasern als Verstärkungselemente in Hochleistungsverbundwerkstoffen<br />

mit Polymermatrix"<br />

38 (1989) 2 K. Großberger, A. Schleip, "Kleben im Alltag"<br />

37 (1988) 29 G. Streckert, R. Köntges, "Bestimmung der molaren Massen von Polymeren<br />

über Viskositätsmessungen" (mit Versuchsbeschreibung)<br />

164


13. Sachregister<br />

2<br />

2,2-Bis-(4-hydroxyphenyl)propan...............52, 53, 85<br />

2-Phasenmodell.......................................... 31, 33<br />

A<br />

Abax ater........................................................67<br />

ABS .....................................................105, 106<br />

Aggregatstruktur......................................... 14, 36<br />

AIBN.............................................................69<br />

amorph.............................................53, 132, 133<br />

anisotropes Verhalten.......................................108<br />

Asbest-Ersatz ...................................................64<br />

ataktisch ................................................... 18, 68<br />

Azo-bis-isobutyronitril.......................................69<br />

B<br />

Bakelit ...........................................................49<br />

Benzoylperoxid ..............................................135<br />

Bindungen ......................24, 32, 92, 104, 108, 151<br />

kovalente .............................................. 12, 24<br />

Bindungskräfte........................................... 24, 32<br />

Bisphenol A..................................................148<br />

Biuret....................................................... 80, 81<br />

BPO.......................................................69, 135<br />

C<br />

Carothers ........................................................55<br />

CFC............................................................100<br />

Copolymerisate ................................... 66, 68, 101<br />

Copolymerisate: ...............................................68<br />

D<br />

Dendrite..........................................................34<br />

Dibenzoylperoxid..............................................69<br />

Dispersionskräfte...............................................25<br />

Duromer ................................................... 38, 40<br />

Duroplast .................................................. 38, 40<br />

E<br />

Elastomer.............................................38, 40, 42<br />

Emulsionspolymerisation ............................. 69, 70<br />

Epoxidharze............................... 5, 72, 85, 86, 148<br />

F<br />

Fällungspolymerisation......................................70<br />

Faltblattstruktur................................................26<br />

Faserstruktur.........................................30, 31, 41<br />

FCKW..................................................... 82, 83<br />

Flammwidrigkeit ..............................................91<br />

Fransenmizelle ........................................... 28, 34<br />

Füllstoff .........................................................50<br />

G<br />

Galvanisierung .................................................91<br />

Gel .....................................................22, 23, 70<br />

Gelpunkt.........................................................23<br />

165<br />

Grenzflächenkondensation................................. 137<br />

gummielastisch................................................39<br />

Guttapercha.......................................5, 18, 42, 43<br />

H<br />

Hämodialyse........................................... 119, 120<br />

Hart-PVC .......................................................64<br />

Hartschaum................................................81, 82<br />

Härtung..........................................40, 50, 85, 88<br />

HDPE............................................................63<br />

Hexamethylendiisocyanat ...................................73<br />

HIPS.............................................................63<br />

Hohlfaser...................................................... 120<br />

Homopolymerisat .............................................20<br />

I<br />

Integralschaum.................................................81<br />

Ionomere ...................................................... 101<br />

isotaktisch..................................................18, 68<br />

isotropes Verhalten.......................................... 108<br />

K<br />

Kautschuk.............. 5, 42, 43, 63, 70, 133, 134, 161<br />

Kettenreaktion..................................................69<br />

Knäuel ...........................................................27<br />

Kohlenstoff-Glas ............................................ 100<br />

Kohlenstoff-Schaum ........................................ 100<br />

Konfiguration ....................................... 15, 17, 18<br />

Konformation ...........................................15, 125<br />

Konstitution......................................... 11, 15, 17<br />

Kopf-Kopf-Struktur......................................15, 16<br />

Kopf-Schwanz-Struktur......................................15<br />

Kristallite........................................29, 31, 32, 34<br />

Kristallzustand.................................................31<br />

Kunstfasern.......................................... 10, 30, 41<br />

Kunststoff....... 9, 10, 20, 31, 90, 102, 113, 130, 139<br />

L<br />

Latex .............................................................70<br />

LCP .............................................. 108, 109, 112<br />

Lösungspolymerisation.................................69, 70<br />

Lösungsspinnen ...............................................58<br />

M<br />

Makromolekül9, 14, 18, 19, 20, 22, 44, 55, 56, 83, 144<br />

Mesogene .............................................. 110, 111<br />

Mesophasen ........................................... 108, 110<br />

Mischpolymerisate.......................................19, 70<br />

Molekulargewicht ......12, 38, 42, 44, 45, 46, 63, 103<br />

Molekulargewichtsverteilung..........................45, 46<br />

Molekülformeln ...............................................46<br />

N<br />

Naturkautschuk ................................3, 14, 17, 132<br />

Novolake........................................................50


Ö<br />

Ökobilanz .....................................................131<br />

Oligomere................................................. 12, 50<br />

P<br />

Parakristallbereiche............................................33<br />

PC/ABS-Blend ..............................................105<br />

Perlpolymerisation ............................................71<br />

Phenol-Formaldehyd-Harz...................................49<br />

Phenoplast ......................................................49<br />

Fotopolymerisation .........................................145<br />

Plaste.............................................................10<br />

Poly(1,4-phenylenterephthalamid).......................111<br />

Poly(1,4-phenylenterephthalester)........................111<br />

Polyacetylen ....................................................97<br />

Polyacrylnitril.............. 41, 55, 64, 65, 99, 100, 140<br />

Polyaddition.........................5, 13, 46, 72, 83, 148<br />

Polyamid.................31, 59, 95, 108, 134, 137, 139<br />

Polyaryle .................................................. 92, 93<br />

Polybenzimidazol ....................................... 95, 96<br />

Polybutadien................................................5, 14<br />

Polybutylenterephthalat .............................107, 114<br />

Polycarbonat.............52, 53, 85, 105, 106, 107, 120<br />

Polyester.........5, 41, 48, 49, 53, 54, 76, 77, 85, 135<br />

ungesättigte .................................................86<br />

Polyethylen<br />

high density......................... 5, 7, 14, 35, 45, 62<br />

Polyharnstoff-RIM ............................................85<br />

Polyimid .................................................. 94, 95<br />

Polyisopren............................................... 17, 43<br />

all-trans-1,4 .................................................17<br />

Polykondensation5, 13, 32, 46, 48, 50, 52, 55, 56, 95,<br />

111<br />

Polymer14, 15, 22, 55, 92, 97, 98, 108, 112, 137, 141<br />

Legierung.............................................20, 104<br />

Polymer......................................................22<br />

Polymerisation5, 13, 16, 22, 23, 32, 46, 47, 55, 60, 61,<br />

67, 68, 69, 70, 71, 76, 97, 98, 99, 142, 145<br />

Polymerisation:................................................71<br />

Polymerisationsgrad .................................... 22, 44<br />

Polymethacrylsäuremethylester....................... 5, 141<br />

Polymethylmethacrylat................................. 66, 69<br />

Polypropylen ...............................7, 14, 19, 41, 71<br />

ataktisches...................................................19<br />

syndiotaktisches ...........................................19<br />

Polypyrrol................................................97, 152<br />

Polystal ® ...............................................114, 117<br />

Polystyrol................. 5, 14, 30, 46, 63, 70, 71, 105<br />

Polyterephthalsäureglykolester .............................48<br />

Polytetrafluorethylen..........................................67<br />

Polyurethan............................... 53, 73, 77, 79, 81<br />

kautschukelastisches ......................................77<br />

Polyvinylacetat.................................... 9, 140, 141<br />

Polyvinylalkohol..........................................9, 26<br />

Polyvinylcarbazol..............................................66<br />

Polyvinylchlorid...............5, 7, 64, 70, 71, 150, 151<br />

Polyvinylidenchlorid .........................................66<br />

Polyvinylpyrrolidon ..........................................65<br />

PPS......................................................... 93, 94<br />

PVC.......................64, 90, 99, 105, 150, 151, 152<br />

166<br />

Q<br />

Quellung ........................................................22<br />

R<br />

Recycling .............................................. 129, 130<br />

Redox-Polymerisation ..................................... 142<br />

Reppe ............................................................65<br />

Resol.............................................................50<br />

S<br />

SAN..............................................................63<br />

Schichtlaminat............................................... 117<br />

Schmelzspinnen ........................................57, 139<br />

Sekundärstruktur ................... 14, 15, 24, 26, 27, 36<br />

Sekundenkleber................................................67<br />

Silikone ................................................5, 11, 49<br />

Startreaktion....................................................56<br />

Staudinger ...........................................3, 5, 9, 44<br />

Struktur-Eigenschafts-Beziehungen ............ 14, 36, 42<br />

Styropor ® .......................................................63<br />

Substanzpolymerisation .....................................70<br />

Superabsorber................................................ 122<br />

Suspensionspolymerisation............................69, 70<br />

T<br />

Taktizität............................................. 18, 68, 71<br />

Tauchkoagulation ........................................... 102<br />

Teflon ® ..........................................................67<br />

Tempern.........................................................33<br />

Tertiärstruktur...............26, 28, 34, 38, 99, 101, 119<br />

Terylen ® ....................................................41, 48<br />

Thermoplast ....................................38, 40, 62, 73<br />

Trevira ® ............................................... 41, 48, 54<br />

Trockenspinnen.........................................58, 140<br />

U<br />

Uneinheitlichkeit.........................................45, 46<br />

V<br />

Verbundwerkstoffe............................ 113, 116, 160<br />

Vernetzer ..........................................22, 144, 146<br />

Vernetzung...... 23, 40, 42, 46, 54, 80, 146, 148, 149<br />

intermolekulare ............................................23<br />

intramolekulare ............................................23<br />

Vernetzungsdichte........................................22, 23<br />

Verordnung für brennbare Flüssigkeiten ............... 159<br />

Vulkollan ® ..........................................73, 77, 146<br />

Vycra ® ...........................................................41<br />

W<br />

Wassergefährdungsklasse.............................. 159<br />

Weichmacher..............................64, 102, 151, 152<br />

Weich-PVC.....................................................64<br />

Weichschaum...................................................81<br />

WGK........................................................... 159<br />

Z<br />

Ziegler-Katalysatoren.........................................60


Stand Januar 2001<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

der verwendeten Chemikalien<br />

mit<br />

Einstufungen<br />

<strong>aus</strong> dem Manuskript von<br />

Dr. M. Müller<br />

"<strong>Kunststoffe</strong> <strong>aus</strong> <strong>Makromolekülen</strong>"<br />

11.2. Inhaltsverzeichnis der verwendeten Chemikalien mit


Kennzeichnung entsprechend Gefahrstoffverordnung<br />

Bei der Durchführung der Versuche ist die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 450<br />

in der jeweils neuesten Fassung zu beachten!<br />

Die Einstufung der Chemikalien entspricht der Gefahrstoff-Verordnung (GefStoffV, Stand<br />

06.08.1986).<br />

Die mit * gekennzeichneten Materialien werden nicht verschickt.<br />

Versuch 1: * Flüssige Luft: O, R 8-34, S 21<br />

* Gummiband: /<br />

Versuch 2: Perlonfäden: /<br />

Versuch 3: Dieser Versuch darf nicht von Schülern durchgeführt werden,<br />

da Benzoylperoxid als explosionsgefährlich eingestuft wird!<br />

Roskydal ® (enthält Styrol): Xi, R 10-20-36/38, S 23, fruchtschädigend<br />

Klasse C<br />

Benzoylperoxid: X i, E, R 3-36/37/38, S 3/7/9-14, 9-27-37/39<br />

Versuch 4: Hexamethylendiamin: C, R 21/22-34-43, S 26-36/39<br />

Natriumhydroxid: C, R 35, S 2-26-37/39<br />

* Phenolphthalein: /<br />

Sebacinsäuredichlorid: C, R 34, S 26<br />

Heptan: F, R 11, S 9-16-23-29-33<br />

* Ethanol: F, R 11, S 7-16<br />

Versuch 5: Da bei zu starkem Erhitzen Pyrolyseprodukte gebildet werden<br />

können, ist der Versuch unbedingt im Abzug durchzuführen!<br />

Polyamid-Pulver: /


Versuch 6: Dimethylacetamid (DMAC): X n, R 20/21-36, S 26-28-36<br />

fruchtschädigend Klasse C<br />

Polyacrylnitril (PAN) in Dimethylacetamid (10%ig):<br />

wie DMAC<br />

Polyacrylnitril: /<br />

Versuch 7: Ethanol: F, R 11, S7-16<br />

fruchtschädigend Klasse D<br />

Methacrylsäuremethylester: X i, F, R 11-36/37/38-43,<br />

S 9-16-29-33,<br />

fruchschädigend Klasse C, Gefahr der Sensibilisierung<br />

Kaliumperoxodisulfat: X n, R 22-42/43, S 17-26-43<br />

Natriumdisulfit: X i, R 31-36/37, S 26<br />

Versuch 8: Methacrylsäuremethylester: siehe Versuch 7<br />

Ethylenglykoldimethacrylat: X i, R 36/37<br />

Versuch 9: Methacrylsäuremethylester: siehe Versuch 7<br />

Benzildimethylketal: R 20/21/22, S 14.8-26-28.2-46<br />

Versuch 10: Dieser Versuch muß unter dem Abzug durchgeführt<br />

werden, da in sehr geringen Mengen HCN freiwerden kann!<br />

Desmophen ® 2000 (Polyesterpolyol): /<br />

Desmodur ® 15 (Naphtylen-1,5-diisocyanat): X n, R 20-36/37/38-42,<br />

S 22-26-28-38-45<br />

1,4-Butandiol: X n, R 22<br />

Versuch 11: Desmodur ® 44V20 (Gemisch von Diphenylmethandiisocyanaten<br />

(MDI)-Isomeren mit polymeren Anteilen): X n, R 20-36/37/38-42,<br />

S 26-28-38-45<br />

Desmophen/Aktivatorgemisch: /<br />

Versuch 12: Lekutherm ® E 320 (Bisphenol-A-Epichlorhydrin): X i,<br />

R 36/38-43, S 28-27/39


Kalthärter ® T3 (Pentaethylenhexamin): C, R 34/43,<br />

S 26/36/37/39<br />

Versuch 13: Dieser Versuch muß unter dem Abzug durchgeführt<br />

werden, da Pyrolyse-Produkte freigesetzt werden!<br />

Polyvinylchlorid (PVC): /<br />

Stabilisator I (Phenylindol): X i, R 20/21/22-36/38,<br />

S 26-28, 2-44-45-46<br />

Versuch 14: PVC-Pulver: siehe Versuch 13<br />

Mesamoll: /<br />

Unterliegt nicht der VbF<br />

Versuch 15: Eisen(III)-chlorid 6H 2O: X n, R 22-38-41, S 26<br />

Pyrrol / iso-Propanol-Gemisch (1/1): F, R 11, S 7-6<br />

/ = Das Produkt ist aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse kein gefährlicher<br />

Stoff bzw. keine gefährliche Zubereitung im Sinne von Anhang I, Nr. 1.1.


der GefStoffV.<br />

Die beim Umgang mit Chemikalien üblichen Vorsichtsmaßregeln sind<br />

jedoch zu beachten.


Entsorgungsvorschläge zu den Experimenten des Manuskripts Dr. Müller „<strong>Kunststoffe</strong><br />

<strong>aus</strong> <strong>Makromolekülen</strong>“<br />

Die Empfehlungen beziehen sich auf die „Richtlinien zur Sicherheit im naturwissenschaftlichen<br />

Unterricht - Empfehlung der Kultusministerkonferenz“. Dementsprechend sind auch die<br />

Entsorgungsratschläge (E-Sätze) angegeben. Für übriggebliebene Ausgangsprodukte gelten die<br />

Hinweise auf dem Sicherheitsdatenblatt.<br />

Versuch Nr. 1: Gummiband: Wiederverwenden oder H<strong>aus</strong>müll (E 3)<br />

Versuch Nr. 2: Perlonfaden: H<strong>aus</strong>müll (E 3)<br />

Versuch Nr. 3: kaltgehärtetes Polyesterharz: H<strong>aus</strong>müll (E 3)<br />

Versuch Nr. 4: Polyamidfaden einschließlich Aufrollstab und Zweiphasengemisch: in<br />

gekennzeichneten Glasbehältern sammeln „organische Abfälle - halogenhaltig“<br />

(E 10), dann der Sondermüllbeseitigung zuführen.* (E 8)<br />

Versuch Nr. 5: Schmelzspinnen Polyamid: H<strong>aus</strong>müll (E 3)<br />

Versuch Nr. 6a: Polyaacrylnitrilfäden und die Lösungen: in gekennzeichneten Glasbehältern<br />

sammeln „organische Abfälle - halogenfrei“ (E 10), dann der Sondermüllbeseitigung<br />

zuführen.* (E8)<br />

Versuch Nr. 6b: Polyacrylnitrilfolie: H<strong>aus</strong>müll (E 3)<br />

Versuch Nr. 7: Polymer: H<strong>aus</strong>müll (E3); Reste: in gekennzeichneten Glasbehältern sammeln<br />

„organische Abfälle - halogenfrei“ (E 10), dann der Sondermüllbeseitigung<br />

zuführen.* (E8)<br />

Versuch Nr. 8: Polymer: H<strong>aus</strong>müll (E3); Reste: in gekennzeichneten Glasbehältern sammeln<br />

„organische Abfälle - halogenfrei“ (E 10), dann der Sondermüllbeseitigung<br />

zuführen.* (E8)<br />

Versuch Nr. 9: Polymer: H<strong>aus</strong>müll (E3)<br />

Versuch Nr. 10: Vulkollan: H<strong>aus</strong>müll (E3)<br />

Versuch Nr. 11: Polyurethanschaum: H<strong>aus</strong>müll (E3)<br />

Versuch Nr. 12: Epoxidharz: H<strong>aus</strong>müll (E3)<br />

Versuch Nr. 13: Alle Reste: in gekennzeichneten Glasbehältern sammeln „organische Abfälle -<br />

halogenhaltig“ (E 10), dann der Sondermüllbeseitigung zuführen.* (E 8)<br />

Versuch Nr. 14: Alle Reste: in gekennzeichneten Glasbehältern sammeln „organische Abfälle -<br />

halogenhaltig“ (E 10), dann der Sondermüllbeseitigung zuführen.* (E 8)<br />

Versuch Nr. 15: Papierfilter mit Polypyrrol: H<strong>aus</strong>müll (E3); überschüssige Eisen-III-chloridlösung:<br />

stark mit Wasser verdünnen und in den Ausguß geben (E 1).<br />

* Adresse zu erfragen bei der Kreis- oder Stadtverwaltung

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!