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Juni 2009 - Der Neusser

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20<br />

Dat Rosi krakeelt und rockt Unterkeller<br />

Kabarettistischer Soloabend mit der Queen of Stunk im <strong>Neusser</strong> Schlachthof<br />

Da steht sie, dat fesche Rosi, in voller Pracht. Rosé Wickler ins blondierte<br />

Haar geknüpft, im körperbetonten Jogger sexy wie nie, in rosa Plüschpantoffeln<br />

fürs Publikum bereit. Wir sind „Unterkeller“, im Hobbyraum des<br />

14-stöckigen Hochhauses, dessen Fahrstuhl nur bis in die 10. Etage reicht.<br />

Wir sind im Pott, im Ruhrpott, im Reich von Rosi. Ganz oben auf 14 wohnt<br />

sie mit ihrem fünfköpfigen „Gesäuge“ und ihrem „Mammfred“. Hier unten<br />

richtet sie sich ein, damit „se mal rauskommt“. Entspannung pur, „allet<br />

wat“ man zum Glücklichsein braucht, von der Turbo-Kopfhaube, der<br />

Kodi-Cat-Flauschdecke bis hin zu Gala und Co. „Ja hömma, geil, oder?“ Und<br />

eigentlich könnte die Welt ganz passabel sein. Wenn da nicht die ganzen<br />

Dumpfbacken dat Rosi das Leben schwer machen würden. Pauker, Fremdeltern<br />

und Kleingartenfreunde, die nichts prallen. Moderne Coffee-Shops, in<br />

denen man noch nicht mal „nen“ anständiges Kännchen Kaffee kriegt. Da<br />

räumt dat Rosi mal was auf – im Keller, Unterkeller und in der Welt.<br />

„Ja hömma, 95 Prozent aller tödlichen Unfälle im Haushalt sind tödlich.“<br />

Vorsicht, dat Rosi prollt sich ein. „Mann, die hat so viel Spachtel in der<br />

Fresse, die schminkt sich abends mit na Hilti ab.“ Und ab geht’s. Von<br />

Lehrern, die weniger Sympathisanten als Terroristen haben, von Tussis,<br />

Merkels Charisma und Armani-Schrödern. Von Töchtern wie Taxi Maria<br />

und Shakira Melodie, die á la<br />

Heidi-Supermodels im Kino angestrengt<br />

gemeinsam einen Stuhl<br />

beschweren, damit sie nicht hochklappen.<br />

Von Söhnen wie Lassie:<br />

„Ja leck mich am Arsch, wenn<br />

der Hund von meiner Nachbarin<br />

schon Chantal-Jennifer heißt…Da<br />

glotzte, glaubste nicht, wa?“ Dat<br />

Rosi ist nichts für zarte Gemüter.<br />

„Ja wat denkste? Da sind doch nur<br />

Tanten über 40. Hab ich Bock auf<br />

Gammelfleisch?“ Zoten, krakeelen<br />

und ganz unten rumwühlen:<br />

Alias Sabine Wiegand lässt die<br />

Sau raus, denn hier darf sein, was<br />

nicht salonfähig ist. Skepsis hält<br />

nicht lange stand. Dat Rosi fängt<br />

Kulturelles | stattblatt 06.<strong>2009</strong><br />

schonungslos ihr Publikum.<br />

Kaum eine Chance,<br />

sich zu entziehen.<br />

Kann anfangs „ne verbrannte<br />

Nudel“ schmerzen,<br />

am Ende tut es nur<br />

der Bauch. Denn dat<br />

Rosi heizt mit funkelnder<br />

Kohle. Sie fetzt die<br />

Bühne hoch und runter,<br />

jagt durch Charaktere<br />

und macht auch vor der<br />

erotischen Intelligenz<br />

nächtlicher Call-TV-Damen<br />

nicht Halt. Wenn<br />

Rosi in Fahrt kommt,<br />

dann hält das Publikum<br />

nicht ruhig durch, dann tanzt das Zwerchfell mit dem jecken Weib. Da<br />

wippen die Beine, da werden Feuerzeuge gezückt und Lachtränen aus<br />

dem Gesicht gewischt.<br />

90 Minuten krasser Angang, aber nicht ohne besinnliche Momente. Denn<br />

dat Rosi kann noch mehr, denn dat Rosi kann auch singen – und das richtig<br />

gut. Sie zieht ab wie Jimi Hendrix, schmettert Songs nach Amy Winehouse<br />

und Duffy und hat einen Mackie Messer im Gepäck. Und spätestens wenn<br />

sie nach AC/DC abrockt, reißt es den Letzten von der Bank. Nicht umsonst<br />

titulierte man sie zur Queen of Stunk, jetzt hat sie ihr Soloprogramm, das<br />

in Köln, Düsseldorf und Neuss läuft und mit ausverkauften Vorstellungen<br />

für sich selber spricht.<br />

Mann nehme die Ruhe eines Presslufthammers, das Feingefühl von Dieter<br />

Bohlen und den Charme von Atze, drapiere alles, mit einem Schuss Scharfsinn<br />

von Helge Schneider, auf ein Plüschkissen von Paris Hilton und lege<br />

zart etwas Hardrock drüber. Ja, das kommt nah dran. Das kommt gut aus.<br />

„Ja hömma, da kannste ma hingehn!“<br />

(Weitere Vorstellungen von „Dat Rosi räumt auf“ am 5., 7. und 11. <strong>Juni</strong> um 20<br />

Uhr im Theater am Schlachthof, www.tas-neuss.de.)<br />

Marion Stuckstätte

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