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Wiederaufbau nach Naturkatastrophen - TUM

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<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

Nicola Borgmann und Astrid Weisel<br />

mit Beiträgen von<br />

Peter Gotsch<br />

Mark Kammerbauer<br />

Lars von Minden<br />

Heike Molzberger<br />

Cornelia Redecker<br />

Rico Wallenta<br />

und Gruppenarbeiten von<br />

Martina Albrecht<br />

Michael Arnold<br />

Benjamin Büttner<br />

Marie Chaufer<br />

Chih-Chieh Chuang<br />

Mae Seetha Dauth<br />

Marta Dimitrova<br />

Konstantin Drexlmaier<br />

Robert Fischer<br />

Aloysia Forestier<br />

Barbara Geissel<br />

Nicola Graiss<br />

Anja Gruber<br />

Daniel Haas<br />

Kerstin Heller<br />

Hanna Kohl<br />

Johanna Kluß<br />

Nina Kielbrei<br />

Silvie Koberstein<br />

Viktoriya Kolcheva<br />

Junze Liu<br />

Sabitha Lorenz<br />

Patricia Lutz<br />

Manuel Mühlbauer<br />

Andreas Mrosek<br />

Adriana Puhallova<br />

Eva Schamberger<br />

Christian Selig<br />

Philipp Stumhofer<br />

Christian Speckbacher<br />

Lucia Stöger<br />

Jan Taucher<br />

Carina Thaller<br />

Christina Thanner<br />

Katharina Tron<br />

Philipp Vohlidka<br />

Guillaume Weiss<br />

Patricia Wurst<br />

Magdalena Zogorska


Die Zerstörung von Ansiedlungen und die Zahl der Opfer bei <strong>Naturkatastrophen</strong> haben in<br />

den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. Der globale Klimawandel, die weltweite<br />

Bevölkerungszunahme und die dichte Besiedelung von gefährdeten Regionen haben dazu<br />

beigetragen.<br />

Ein großer Teil der Hilfsleistungen geht dem <strong>Wiederaufbau</strong> des Wohnraumes, der<br />

Schaffung von Notunterkünften und Infrastruktur zu. Soforthilfe erfordert oft schnelle<br />

Handlungskonzepte, so dass räumliche und soziale Strukturen ver<strong>nach</strong>lässigt werden.<br />

Wie können Hilfsleistungen und internationaler Geldfluss sinnvoll und effektiv eingesetzt<br />

werden? Was können Architekten und Stadtplaner auf regionaler und globaler Ebene<br />

tun? Wie wird die Bevölkerung in Entscheidungsprozesse und Planungen integriert, um<br />

<strong>nach</strong>haltige Strategien zu erarbeiten?<br />

Im Rahmen des Ergänzungsfaches Gender in Architektur und Städtebau an der<br />

TU München wurde im Sommersester 2007 diesen Fragen <strong>nach</strong>gegangen, die<br />

Arbeitsergebnisse sind in der vorliegenden Sammlung zusammengefasst.<br />

Zunächt wird ein Überblick über die Hilfsorganisationen und ihre Arbeitsweisen gegeben.<br />

Dann werden die unterschiedlichen Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong>, ihre Entstehung<br />

und ihre Auswirkungen gezeigt. Präventionsmaßnahmen, Grundprinzipien und Bausätze<br />

zu den verschiedenen Arten der <strong>Naturkatastrophen</strong> werden hinsichtlich der Konstruktion,<br />

Städtebau, Infrastruktur, Klima und Kultur untersucht. Anhand von ausgewählten<br />

Beispielen wie der Flutkatastrophe in New Orleans, dem Erdbeben in Pakistan oder des<br />

Tsunami in Südostasien werden Hilfsstrategien und Aufbaumaßnahmen vorgestellt.<br />

Technische Lösungsansätze und architektonische Konzepte werden vor dem Hintergrund<br />

von kultur- und geschlechterspezifischen Lebensformen analysiert und bewertet.<br />

Hierbei spielen in besonderem Maße die Bedürfnisse von Familien eine Rolle, deren<br />

Lebensbedingungen möglichst schnell wiederhergestellt werden müssen, auch wenn<br />

Sozial- und Infrastruktur zerstört sind.<br />

Beiträge aus der Praxis von Mitarbeitern verschiedener Hilfsorganisationen und<br />

Institutionen, die als Gastvortragende das Semester begleitet haben, sind in die<br />

vorliegende Referatssammlung der Studentenarbeiten aufgenommen.<br />

Nicola Borgmann<br />

Asrtid Weisel<br />

September 2007<br />

Vorwort


.<br />

Inhalt<br />

Neue Ansätze in Katastrophenhilfe und <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Rico Wallenta<br />

Staatenübergreifende Organisationen<br />

Aloysia Forestier, Anja Gruber, Kerstin Heller, Hanna Kohl<br />

Staatliche Organisationen in Deutschland<br />

Patricia Wurst, Martina Albrecht, Philipp Vohlidka<br />

Einzelträger<br />

Chih-Chieh Chuang, Philipp Stumhofer<br />

Arbeitsweisen von Organisationen in Katastrophen und Krisengebieten<br />

HeikeMolzberger<br />

Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

Michael Arnold, Andreas Mrosek, Eva Schamberger<br />

Erdbeben<br />

Mae Seetha Dauth, Robert Fischer, Silvie Koberstein, Junze Liu<br />

Überschwemmungen<br />

Barbara Geissel, Nina Kielbrei, Lucia Stöger, Katharina Tron<br />

Urbane Hochwasserschutzstrategien<br />

Cornelia Redeker<br />

Tsunami<br />

Zogorska, Magdalena<br />

Changes in Context, Sri Lanka<br />

Lars von Minden<br />

Strategien beim <strong>Wiederaufbau</strong> von Wohngebäuden in Indonesien + Sri Lanka<br />

Peter Gotsch<br />

Erdrutsche<br />

Christian Selig, Sabitha Lorenz, Konstantin Drexlmaier, Marie Chaufer, Guillaume Weiss, Daniel Haas<br />

Vulkanausbrüche<br />

Christian Speckbacher, Patricia Lutz, Johanna Kluß, Christina Thanner<br />

Waldbrände<br />

Nicola Graiss, Manuel Mühlbauer, Adriana Puhallova)<br />

Wirbelstürme<br />

Jan Taucher, Benjamin Büttner, Marta Dimitrova, Viktoriya Kolcheva, Carina Thaller<br />

Katastrophen und Raumproduktion: New Orleans, Katrina und die Folgen<br />

Mark Kammerbauer


Yogyakarta, 1 Tag <strong>nach</strong> dem Erdbeben vom 27. Mai 2006<br />

Yogyakarta, medizinische Soforthilfe<br />

Yogyakarta, Verteilung von Nahrung<br />

Aceh, temporäre Unterkunft<br />

Neue Ansätze in Katastrophenhilfe und <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Dipl.-Ing. (FH) FB Architektur Rico Wallenta<br />

Vielen Dank an Frau Astrid Weisel und Frau Nicola Borgmann für die Einladung zum Gastvortrag<br />

und der Möglichkeit, in dieser Publikation mein Referat zusammenzufassen. Der<br />

Vortrag fand am 31. Mai 2007 im Glashaus der Technischen Universität München satt.<br />

Seit nunmehr 9 Jahren arbeite ich in der Entwicklungshilfe. Die Anfänge meiner Auslandstätigkeit<br />

liegen in einem Studentenprojekt der Fachhochschule für Wirtschaft Technik<br />

und Kultur (HTWK) Leipzig. In Zusammenarbeit mit Studenten der Universität Sarajevo<br />

und der Technischen Universität Graz bearbeitete ich ein Wohnungsbauprojekt in Sarajevo.<br />

In meiner Diplomarbeit untersuchte ich <strong>Wiederaufbau</strong>strategien in der ethnisch<br />

geteilten Stadt Mostar. Seither bin ich als Architekt, Berater und Koordinator weltweit in<br />

humanitären Projekten tätig. So habe ich beispielsweise den Aufbau von Wohnhäusern im<br />

Kosovo betreut, Schulbauprojekte in Afghanistan begleitet und den Neubau medizinischer<br />

Einrichtungen in Indonesien koordiniert. Ich bin Mitglied verschiedener Vereine und Netzwerke<br />

wie TRIALOG, der Vereinigung zur wissenschaftlichen Erforschung des Planens<br />

und Bauens in Entwicklungsländern und Ärzte ohne Grenzen e.V. (MSF).<br />

Anhand von Beispielen aus der Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit <strong>nach</strong> den Erdbeben<br />

2004 und 2005 in Indonesien, möchte ich die Situation aus meiner Sicht darstellen<br />

und aktuelle Tendenzen und neue Ansätze in der humanitären Hilfe, speziell im <strong>Wiederaufbau</strong><br />

<strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> untersuchen. Dabei möchte ich auf Schwerpunkte wie<br />

Koordination, Katastrophenvorsorge und Beteiligung der Bevölkerung eingehen.<br />

Die Hilfsleistungen von humanitären Organisationen <strong>nach</strong> Katastrophen sind in drei Phasen<br />

unterteilt: In der Soforthilfe, welche direkt <strong>nach</strong> der Katastrophe beginnt und cirka<br />

sechs Monate andauern kann, konzentrieren sich die Aufgaben auf Rettung und medizinische<br />

Betreuung der betroffenen Bevölkerung. In einem ersten Schritt haben sich Hilfsorganisationen<br />

Zugang zu der betroffenen Bevölkerung zu verschaffen. Die Untersuchung<br />

des Umfangs der Zerstörung hilft die Situation richtig einzuschätzen, zu bewerten und<br />

die Schwerpunkte in der Nothilfe festzulegen. Es werden die Rahmenbedingungen für die<br />

Notversorgung geschaffen, um Nahrung und lebenswichtige Gebrauchsgegenstände wie<br />

Zelte, Decken oder Öfen bereitzustellen. Weiterhin ist es notwendig temporäre Unterkünfte,<br />

Wasserversorgung und sanitäre Anlagen zu installieren.<br />

In der darauf folgenden Phase der Nothilfe, welche bis etwa zwei Jahre <strong>nach</strong> der Katastrophe<br />

andauert, bemühen sich alle Beteiligte einen Mindeststandart der Lebensbedingungen<br />

für die Bevölkerung zu schaffen und eine sich selbst tragende Entwicklung<br />

zu initiieren. So liegen Schwerpunkte der Tätigkeit im Aufbau öffentlicher Strukturen,<br />

wie beispielsweise in der Verwaltung, in der Schaffung von Einkommensgrundlagen, der<br />

psychologischen Betreuung, der Wiederherstellung von Gesetz und Ordnung und dem<br />

Ausbau der temporären Strukturen zu permanenten Lösungen.<br />

Sind diese Grundlagen geschaffen, geht der Prozess in die Entwicklungszusammenarbeit<br />

über. In den schätzungsweise fünf folgenden Jahren liegen die Hauptaufgaben in der<br />

Stärkung der Wirtschaft, im Ausbau des Straßen- und Transportsystems, der Telekommunikation,<br />

der Unterstützung der sozialen und kulturellen Strukturen, der Stärkung der<br />

Verwaltung und dem Bau permanenter Infrastruktur und der Architektur. Die Maßnahmen<br />

der Soforthilfe, Nothilfe und längerfristig angelegten Entwicklungszusammenarbeit fließen<br />

im Idealfall ineinander über.


Neue Ansätze in Katastrophenhilfe und <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Dipl.-Ing. (FH) FB Architektur Rico Wallenta<br />

Stadtplaner, Architekten und Ingenieure spielen in allen Phasen der humanitären Hilfe<br />

eine wichtige Rolle. Besonders in der Katastrophenvorsorge sind spezialisierte und<br />

erfahrene Fachkräfte notwendig. Bei den vorgestellten Maßnahmen der Hilfsleistungen<br />

konnten Aufgabenbereiche im Städtebau, Hochbau und Ingenieursbau identifiziert werden.<br />

Neben technischem Fachwissen und Erfahrungen in der Logistik, gilt es Kenntnisse<br />

im Management von Bauteams anzuwenden. Gute Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen<br />

in andere Kulturen und Traditionen, sowie Verhandlungssicherheit sind<br />

Eigenschaften, welche in erheblichem Maß zur erfolgreichen Umsetzung der Vorhaben<br />

beitragen. Aber auch Reisetauglichkeit, Sprachkenntnisse und Fähigkeiten im Umgang<br />

mit Computern werden vorausgesetzt.<br />

Die ersten Erfahrungen sammelt ein Ingenieur in Zusammenarbeit mit den ausführenden,<br />

implementierenden Organisationen, wie beispielsweise der Deutschen Gesellschaft<br />

für Technische Zusammenarbeit (GTZ), den Maltesern, der Deutschen Welthungerhilfe,<br />

Ärzte ohne Grenzen (MSF) oder anderen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Aufbauend<br />

auf den Erfahrungen aus weltweiten Projekten beraten Planer und Ingenieure<br />

die Geberorganisationen wie beispielsweise das Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Europäische Union (EU), die Weltbank und<br />

die Vereinten Nationen (UN). Diese Organisationen stellen in erster Linie finanzielle Mittel<br />

für die Vorhaben bereit und erarbeiten konzeptionelle Strategien für den <strong>Wiederaufbau</strong>.<br />

Hauptaufgabe bei der Entwicklung von <strong>Wiederaufbau</strong>strategien stellt die Auswertung von<br />

Erfahrungen dar. So genannte „Lessons Learnt“-Berichte und „Best Practice“-Studien<br />

unterstützen das Wissensmanagement und tragen zu einer Qualitätssteigerung im <strong>Wiederaufbau</strong><br />

bei. Darauf aufbauend werden Richtlinien erstellt und übergreifende Standards<br />

für alle am <strong>Wiederaufbau</strong> Beteiligten geschaffen.<br />

In der humanitären Hilfe <strong>nach</strong> dem Tsunami haben die Indonesischen Regierung, die<br />

Vereinten Nationen (UN) und unzählige internationale Hilfsorganisationen die tragende<br />

Rolle in der schnellen Hilfe und Bereitstellung der Notversorgung übernommen. Innerhalb<br />

weniger Tage wurde die Grundversorgung mit Nahrung, Wasser und Unterkünften<br />

wie Baracken und Zelte bereitgestellt. Eine medizinische Betreuung wurde aufgebaut und<br />

die vielen Leichen begraben. Die Soforthilfe verhinderte erfolgreich den Ausbruch von<br />

Krankheiten und Epidemien. Aufbauend auf die positiven Ergebnisse in dieser Phase der<br />

Hilfsleistungen schätzten viele Organisationen den Übergang zum permanenten <strong>Wiederaufbau</strong>,<br />

zur Struktur- und Wirtschaftsförderung, etwa sechs Monaten <strong>nach</strong> der Katastrophe<br />

ein. Frühzeitig musste jedoch festgestellt werden, dass diese Ziele zu hoch gesteckt<br />

waren: Der Großteil der geschädigten Bevölkerung war noch lange Zeit von Hilfslieferungen<br />

und temporären Unterkünften abhängig.<br />

Eine erste Erhebung der Schäden ergab unter anderem einen geschätzten Bedarf von<br />

insgesamt 120.000 Wohnhäusern, ca. 2.200 Schulneubauten und 690 Krankenhäusern.<br />

Mehr als 7 Milliarden US$ wurden für den <strong>Wiederaufbau</strong> veranschlagt und annähernd 120<br />

internationale und 400 lokale Hilfsorganisationen unterstützten die betroffene Bevölkerung<br />

in den Regionen beim <strong>Wiederaufbau</strong>. Der Anteil der Hilfsleistung im Wohnungsbau<br />

ist dabei die größte Einzelposition neben dem Aufbau der Infrastruktur wie der Neuanlegung<br />

von Straßen und Häfen, der Wiederherstellung der Strom- und Wasserversorgung<br />

und der Wirtschaftsförderung.<br />

Aceh, neu angelegtes Fischerdorf<br />

Aceh, Reparatur von Erschließungsstraßen<br />

Aceh, Bau medizinischer Einrichtungen<br />

Aceh, Neubau und Reperatur von Wasserver- und Entsorgung


Aceh, Neubau von Schulen<br />

Aceh, Wohnungsbau (semi-permanent, permanent)<br />

Aceh, Beispiel fehlender Katastrophenvorsorge<br />

Aceh,Transport und Verkehrswege entlang der Küste<br />

Neue Ansätze in Katastrophenhilfe und <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Dipl.-Ing. (FH) FB Architektur Rico Wallenta<br />

Wissensmanagement, Koordination und Zeitplanung<br />

Die Nachfrage <strong>nach</strong> international erfahrenen Baufachleuten in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

ist durch den hohen Bedarf im <strong>Wiederaufbau</strong> in Indonesien rasant angestiegen.<br />

Organisationen, welche zum Beispiel einen Fokus auf medizinische Hilfe gelegt haben,<br />

übernehmen auch Aufgaben der Stadt- und Siedlungsplanung und bauen beispielsweise<br />

Verwaltungsstrukturen, Schulen und große Wohngebiete wieder auf. Wissen und<br />

Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten konnten nur unzureichend kommuniziert<br />

werden. Viele Probleme und technische Fehler sind auf mangelndes Fachwissen bei den<br />

ausführenden Organisationen und deren Mitarbeiter zurückzuführen. Die gesammelten<br />

Erkenntnisse verschiedener Organisationen verdeutlichen, dass Erfahrungswissen<br />

aus vorangegangenen Projekten an die beteiligten Personen gebunden ist, jedoch den<br />

Organisation, bei denen diese beschäftigt waren, nicht zur Verfügung steht. Um künftig<br />

Projekte qualifizierter zu implementieren, müssen neue Wege des Wissensmanagements<br />

gefunden werden.<br />

Auch hat sich gezeigt, dass die Koordination der Hilfsleistungen aller am <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Beteiligten die Basis für die Schaffung gemeinsamer Standards und Strategien ist. Bedauerlicherweise<br />

hat sich in Indonesien eine Konkurrenzsituation zwischen den <strong>Wiederaufbau</strong>organisationen<br />

ergeben. Diese waren in erste Linie darauf bedacht, zahlreiche<br />

Projekte für sich zu beanspruchen, um das unerwartet große Spendenvolumen rechtzeitig<br />

umsetzen zu können. Notwendige Richtlinien und Standards für den katastrophensicheren<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> wurden zu spät entwickelt und konnten nur unzureichend implementiert<br />

und kontrolliert werden. Die Erfahrungen haben bestätigt, dass zeitlicher Druck in<br />

der Projektumsetzung eine negative Auswirkung auf die Qualität und Nachhaltigkeit der<br />

Vorhaben hat.<br />

Städtebau und Architektur<br />

Die fehlende Koordination hatte auch Planungsfehler zur Folge. Die Planungsschritte<br />

— über einen Landschaftsplan und Flächennutzungsplan einen Bebauungsplan zu entwickeln<br />

und dann Infrastruktur und Gebäude zu schaffen — wurden in seltensten Fällen beachtet<br />

und umgesetzt. Einen wichtigen Einfluss spielt hierbei auch der Konflikt zwischen<br />

den politischen Interessen auf lokaler Ebene und den der Zentralregierung.<br />

Besonders auffällig waren der hohe Anspruch und die Forderung der Bevölkerung, dass<br />

ausschließlich Steinhäuser entstehen sollten. Es galt als zeitgemäß, sich <strong>nach</strong> der Bauweise<br />

in den Städten zu orientieren. Bedauerlicherweise wurden vorhandene traditionelle<br />

Bauweisen nur wenig beachtet und angewandt. Die hohen Erwartungen an einen neuen<br />

Baustandard konnten durch die fehlende Qualifikation der lokalen Handwerker nicht<br />

zufriedenstellend erfüllt werden.<br />

Negativ wirkten sich auch die verschiedenen Standards im Hinblick auf Größe, Material<br />

und Ausstattung der geschaffenen Wohngebäude aus. Organisationen, denen umfangreiche<br />

finanzielle Mittel zur Verfügung standen, bauten oft größer und luxuriöser als finanziell<br />

schwächere Organisationen. Schnell sind die Erwartungshaltungen der betroffenen<br />

Bevölkerung an den besten Lösungen angepasst wurden.


Neue Ansätze in Katastrophenhilfe und <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Dipl.-Ing. (FH) FB Architektur Rico Wallenta<br />

Nicht nur Fischer, sondern auch Handwerker, Baufachleute und Verwaltungsangestellte<br />

sind durch die Katastrophen ums Leben gekommen. Der hohe Bedarf an qualifizierten<br />

Fachkräften konnte nur unzureichend gedeckt werden und die angestrebte Qualität der<br />

Bauten wurde nur selten erreicht. Die Erfahrungen zeigen, wie wichtig Training und Qualifikation<br />

der lokalen Baufachleute — angefangen beim Handwerker hin zum Bauleiter,<br />

Ingenieur und Architekten — für das erfolgreiche Umsetzen von Katastrophenvorsorge im<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> sind. Hierbei gilt es auch für die internationalen Fachkräfte Wissen auszutauschen<br />

und lokale Konstruktionstechniken, Materialwahl und Formensprache besser zu<br />

verstehen und in Projekte zu integrieren.<br />

Es lässt sich feststellen, dass das Vorhaben der Schaffung katastrophensicherer Wohngebäude<br />

nur teilweise erfüllt werden konnte. Erschwerend für den <strong>Wiederaufbau</strong> stellte sich<br />

auch die Beschaffung der Baumaterialien dar. Beispielweise ist Bauholz in Indonesien nur<br />

in begrenztem Maß legal erhältlich. Baustoffe wie Zement, Kies und Natursteine müssen<br />

über lange Distanzen mit LKW und Booten in schwer zugängliches Gebiet transportiert<br />

werden. Die hierfür notwendigen Kapazitäten sind nur unzureichend vorhanden und führen<br />

zu einer Verzögerung der Bauleistungen.<br />

Katastrophenvorsorge und Beteiligung der Bevölkerung<br />

Dem Anspruch des Vorhabens „Building A Better Aceh“, den Status Quo wieder herzustellen<br />

und durch die Implementierung der Katastrophenvorsorge die Gesamtsituation<br />

zu verbessern, ist nur in wenigen Projekten gerecht geworden. Die Vorgabe, für etwa<br />

5.000 US$ ein ca. 36 m² großes Wohnhaus mit Schutz vor Katastrophen wie Erdbeben,<br />

Fluten, Zyklonen und Erdrutschen zu bauen, ist ohne entsprechende Stadtplanung und<br />

die Koordination aller am <strong>Wiederaufbau</strong> beteiligter Akteure nicht möglich. Die Erfahrungen<br />

haben gezeigt, dass künftig der Fokus auf katastrophensichere Siedlungen statt auf<br />

katastrophensichere Wohnhäuser gelegt werden muss. Statt beispielsweise eine Fischersiedlung<br />

zu verlegen und weit entfernt von Arbeitsstätte (Küste, Hafen) im Hinterland<br />

neu aufzubauen, sollten öffentliche Einrichtungen wie Schulen, medizinische Gebäude<br />

und Verwaltungsstrukturen als Schutzeinrichtung bei Katastrophen ausgebaut werden.<br />

Fluchtwege, Warnsysteme und Schulungen der Bevölkerung sind essentieller Bestandteil<br />

einer integrierten Katastrophenvorsorge.<br />

In manchen Regionen wurde anhand von Plakaten, Comics und Schulungen die Bevölkerung<br />

über Möglichkeiten der Maßnahmen der Katastrophenvorsorge informiert. Es gilt,<br />

speziell an Schulen, in Arbeitsstätten und in der Verwaltung regelmäßig diese Information<br />

Auszug der Empfehlungen zur Katastrophenvorsorge in der Siedlungsplanung<br />

Aceh, Ausbildung und Schulung von Baufachkräften Nias, fehlende Beteiligung der Bevölkerung Aceh, Information zur Katastrophenvorsorge


, Vereinte Nationen (UN)<br />

Aceh, Neubau in traditioneller Bauweise, Oxfam/Merlin<br />

zu wiederholen und Vorsorgemaßnahmen praktisch durchzusetzen. Durch gemeinsame<br />

Übungen wie beispielsweise Evakuierungstrainings und Notfallübungen kann eine höhere<br />

Sensibilität gegenüber den Gefährdungen der Katastrophen in den Kommunen erreicht<br />

werden. Die Erfahrungen der Hilfsorganisationen haben gezeigt, dass dies ein langfristiger<br />

Prozess ist.<br />

Die Beteiligung der Bevölkerung am <strong>Wiederaufbau</strong> ist nur teilweise gelungen. Bedingt<br />

durch den Zeitdruck haben viele Organisationen die Planung der Siedlungen und die<br />

Architektur der Gebäude ohne ausreichende Einbeziehung der Bewohner entwickelt und<br />

umgesetzt. Dieser Mangel führte zu einer geringen Akzeptanz der neuen Strukturen und<br />

teilweise sogar zu Verweigerung ihrer Nutzung. Zukünftig gilt es hier, die betroffenen<br />

Menschen intensiver am <strong>Wiederaufbau</strong> zu beteiligen. Die Organisationen haben sich mehr<br />

als Dienstleister der betroffenen Bevölkerung zu verstehen. Akzeptanz und langfristigen<br />

Nutzung der Projekte wird beispielsweise durch gemeinsame Planung, partnerschaftlichen<br />

Umsetzung der Vorhaben und gemeinschaftlichen Evaluierung geschaffen. Strategien<br />

wie das „Community Action Planning“ und „Participatory Programs“, bei welchen<br />

die betroffene Bevölkerung intensiv an den Planungsschritten beteiligt wird, sind künftig<br />

intensiver anzuwenden und weiterzuentwickeln. Längerfristig angelegte Projekte sind<br />

hierbei erfolgversprechender als kurzfristige Vorhaben. Der Aspekt, durch den <strong>Wiederaufbau</strong><br />

ein neues Selbstbewusstsein und eine Verantwortung der Bevölkerung in Bezug<br />

auf die <strong>Wiederaufbau</strong>projekte zu vermitteln, muss intensiviert und stärker in die Projektplanung<br />

einbezogen werden.<br />

Eine weitere Schwierigkeit im <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> dem Tsunami in der Region Aceh ist der<br />

kritische Standpunkt der Bevölkerung gegenüber den Maßnahmen der Zentralregierung.<br />

Projekte, welche „von unten“ in direkter Zusammenarbeit mit den betroffenen Menschen<br />

und Siedlungsgemeinschaften entwickelt werden, scheinen Erfolg versprechender als<br />

Vorhaben, welche „von oben“, von Seiten der Zentralregierung oder von zentralen Verwaltungsstrukturen<br />

aus implementiert werden. Dieser Konflikt ist insbesondere auf Distriktebene<br />

zu erkennen und stellt hier eine besondere Herausforderung dar. Zuständigkeiten<br />

und Verantwortungen in indonesischen Verwaltungsstrukturen sind nicht klar geregelt<br />

und können verschieden interpretiert werden. Erschwerend für den <strong>Wiederaufbau</strong>prozess<br />

stellt sich auch die bis in alle Gesellschaftsschichten weit verbreitete Korruption dar. Die<br />

erfolgreiche Implementierung von Vorsorgemaßnahmen wird durch unterschiedliche<br />

politische, finanzielle und ökonomische Interessen aller am <strong>Wiederaufbau</strong> Beteiligten<br />

erschwert.<br />

In Indonesien, wie auch anderen Teilen der Erde ereignen sich regelmäßig Erdbeben,<br />

Hochwasser, Landverschiebungen und Vulkanausbrüche. Aus den Erfahrungen vorangegangener<br />

Katastrophen zu lernen, ermöglicht es zukünftig Menschenleben zu retten und<br />

die Schäden der Naturgewalten auf Siedlungen und Infrastruktur zu reduzieren oder ganz<br />

zu unterbinden.<br />

Nias, Indonesien, Februar 2008<br />

Neue Ansätze in Katastrophenhilfe und <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Dipl.-Ing. (FH) FB Architektur Rico Wallenta


Staatenübergreifende Organisationen<br />

Struktur - Daten - Aktivitäten - Arbeitsweise


1. Einleitung<br />

1.1. Definition und Begriffsklärung<br />

1.2. Bedeutung Staatenübergreifender Organisationen<br />

2. OECD<br />

2.1. Funktion<br />

2.2. Ziele<br />

2.3. Strategien und Umsetzung<br />

3. Weltbankgruppe<br />

3.1. Funktion<br />

3.2. Ziele<br />

3.3. Strategien und Umsetzung<br />

3.4. Kritik<br />

4. United Nations/Vereinte Nationen<br />

4.1. Grundsätze und Ziele<br />

4.2. Aufbau der Organisation<br />

4.2.1. Hauptorgane<br />

4.2.2. Suborgane<br />

4.3. Suborgane der UN in Bezug auf <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

4.3.1. UNDP – United Nations Development Programme<br />

4.3.1.1. Aufbau<br />

4.3.1.2. Strategie und Umsetzung<br />

4.3.1.3. Millennium Development Goals<br />

4.3.1.4. Capacity 2015<br />

4.3.1.5. Krisenprävention<br />

4.3.1.6. Gender<br />

4.3.2. UNEP – United Nations Environment Programme<br />

4.3.2.1. DEPI – Division of Environmental Policy Implementation<br />

4.3.2.2. Gender<br />

4.3.3. OCHA – Office for the Coordination of Humanitarian Affairs<br />

4.3.3.1. Aufbau<br />

4.3.3.2. CRD - Coordination and Response Division<br />

4.3.3.3. Field and Regional Offices<br />

4.3.3.4. ESB – Emergency Services Branch<br />

4.3.3.5. EES - Environmental Emergencies Services Section<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1-2<br />

1<br />

1-2<br />

2-3<br />

2-3<br />

3<br />

3<br />

3-5<br />

4<br />

4<br />

4-5<br />

5<br />

6-29<br />

6<br />

7-8<br />

7-8<br />

8<br />

8-29<br />

8-9<br />

8-12<br />

9-10<br />

10<br />

10-11<br />

11-12<br />

12<br />

12-14<br />

14<br />

14<br />

14-21<br />

15<br />

16-17<br />

17-18<br />

18-20<br />

20-21


5. Fazit<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Fußnoten<br />

Literaturverzeichnis<br />

4.3.4.<br />

4.3.3.6. Gender<br />

ISDR – International Strategy for Disaster Reduction<br />

4.3.5. UN-Habitat – Human Settlements Programme<br />

4.3.5.1. DMP – Disaster Management Programme<br />

4.3.5.2. EMP – Urban Environmental Planning and Management<br />

4.3.5.3. Gender<br />

4.3.6. CSD – Commission on Sustainable Development<br />

4.3.7. UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees<br />

4.3.8. WMO – World Meteorological Organization<br />

4.3.9. WHO – World Health Organization<br />

4.3.10. FAO/WFP – Food and Agricultural Organization/World Food Programme<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

21<br />

21-22<br />

23-26<br />

24-25<br />

25-26<br />

26<br />

26-27<br />

27-28<br />

28<br />

28-29<br />

29<br />

30<br />

31<br />

33<br />

35


1. Einleitung<br />

1.1. Definition und Begriffsklärung<br />

Zu Beginn ist es notwendig einige, in der Arbeit verwendete Begriffe, zu erläutern und zu definieren. Hierbei wäre zunächst der Begriff Staatenübergreifende<br />

Organisationen – Non Govermental Organisationen (NGO) - anzuführen. Die ersten NGO’s wurden im 19. Jahrhundert gegründet, sind<br />

nicht gewinnorientiert, aber auch nicht von staatlichen Stellen organisiert oder abhängig. Die verfolgten Ziele auf ihren Gebieten der NGO’s sind<br />

häufig andere als die der staatlichen Regierung bzw. Verwaltung. 1<br />

Des Weiteren ist der Begriff Naturkatastrophe zu definieren. Laut LESER et al handelt es sich hierbei um ein „außergewöhnliches Naturereignis mit<br />

meist folgenschweren Auswirkungen auf Mensch und Wirtschaft. Als <strong>Naturkatastrophen</strong> gelten starke Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen,<br />

Dürren uvm.“ 2 Als Synonym wird auch häufig der Begriff natural hazards benützt, welcher wie folgt definiert werden kann: „Interaktionsereignis<br />

das aus den Systemen natürliche Umwelt und Mensch hervorgeht. Die Interaktion hat spektakulären Charakter und basiert auf einem<br />

statistisch seltenen Ereignis.“ 3<br />

Die United Nations definieren Natural Hazards als “severe and extreme weather and climate events that occur naturally in all parts of the world,<br />

although some regions are more vulnerable to certain hazards than others. Natural hazards become natural disasters when people’s lives and livelihoods<br />

are destroyed.” 4 Für ein besseres Verständnis von Natural Hazards kann der Bericht des OECD Development Center – Natural Disaster and<br />

Adaptive Capacities herangezogen werden.<br />

1.2. Bedeutung Staatenübergreifender Organisationen<br />

Das steigende Bevölkerungswachstum vor allem in Entwicklungsländern und entlang der Küsten und die durch den Klimawandel verursachten und<br />

vermehrten extremen Wetterereignisse steigt die Zahl der <strong>Naturkatastrophen</strong> drastisch an. Die Ausmaße der Katastrophen werden zunehmend<br />

größer und betreffen wesentlich mehr Staaten und deren Bevölkerung (vgl. Abb. 1 und 2). Im Jahr 1998 sind durch <strong>Naturkatastrophen</strong> wie Erdbeben,<br />

Tsunamies, Stürme usw. 50.000 Menschen ums Leben gekommen. Die wirtschaftlichen Schäden beliefen sich auf fast 90 Milliarden US-Dollar.<br />

Abb. 1: Steigender Trend von <strong>Naturkatastrophen</strong> in den vergangenen Jahren 5<br />

Dabei muss ver-deutlicht werden, dass über<br />

90% der Katastrophenopfer in Entwicklungsländern<br />

lebten.<br />

Die betroffenen Regierungen der einzelnen<br />

Staaten sind meist mit der Situation und den<br />

verheerenden Schäden völlig überfordert<br />

und keinesfalls in der Lage aus eigener Kraft<br />

(mangels Wissen und finanziellen Mitteln) die<br />

Situation unter Kontrolle zu bringen und den<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> zu gewährleisten. Daher ist es<br />

entscheidend, dass Organisationen staatenübergreifend<br />

allen betroffenen Ländern mit<br />

Know How, Koordination, finanzieller Unterstützung<br />

usw. helfen die Katastrophe zu überwinden.<br />

Verluste von Menschenleben und wirtschaftliche<br />

Verluste, welche durch <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

verursacht wurden sind schwerwiegende<br />

Hemmnisse für eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung.<br />

Daher sind die Organisationen ebenso darum<br />

bemüht die <strong>Naturkatastrophen</strong> so gering<br />

wie möglich zu halten und die Prävention in


gefährdeten Gebieten zu verbessern. Durch die Einführung akkurater Vorhersagen bzw. Warnsystemen und durch die Aufklärung der Menschen<br />

in den betroffenen Regionen wie sie am besten auf Naturgefahren reagieren bevor sie zu einer Katastrophe werden, kann Leben und Eigentum<br />

beschützt werden.<br />

2. OECD – Organisation for Economic Co-operation and Development<br />

Die Vorläuferorganisation der OECD war die OEEC – Organisation for European Economic Co-operation (1948). Sie wurde gegründet um ein gemeinsames<br />

Konzept zum wirtschaftlichen <strong>Wiederaufbau</strong> und zur Zusammenarbeit zu erarbeiten und umzusetzen. Primäres Ziel war es, die europäischen<br />

Länder in den Entscheidungsprozess über die Verwendung der Gelder aus dem European Recovery Program (ERP - „Marshall-Plan“)<br />

einzubinden. 1961 wurde die OEEC dann in die OECD überführt.<br />

Die Organisation ist intergouvernmental verfasst, ihre Beschlüsse sind völkerrechtlich bindend, aber in de Mitgliedsstaaten nicht unmittelbar anwendbar.<br />

An der Spitze der OECD steht der Rat, der in relativ kurzen Abständen tagt und in dem alle Mitglieder mit ihrem ständigen Vertreter<br />

repräsentiert sind. Die praktische Arbeit findet in denen Fachausschüssen und Arbeitsgruppen statt, in denen neben Regierungsvertretern auch<br />

unabhängige Experten vertreten sein können, die jedoch lediglich eine beratende Funktion einnehmen. Die organisatorische Leitung obliegt dem<br />

Sekretariat, dem ein gewählter Generalsekretär vorsteht. Seit 1. Juli 2006 ist der Mexikaner Angel Gurria amtierender Generalsekretär. Eine wichtige<br />

Rolle das Development Assistance Committee (DAC), dass festlegt, welche Entwicklungshilfeleistungen als ODA (Official Development Assistance)<br />

anerkannt werden. Die OECD wird auch als die Organisation der Staaten der Ersten Welt bezeichnet und fast alle der 30 Staaten sind Industrieländer.<br />

2.1. Funktion<br />

Die Umweltabteilung der OECD (Environment Directory) versorgt die Regierungen mit einer analytischen Basis um Strategien zu entwickeln, die<br />

effektiv und wirtschaftlich effizient sind. Informationen hierfür werden jeweils aus den Leistungen (Performance) der Länder gewonnen. Zusätzlich<br />

werden Daten gesammelt, Strategien und Regelungen analysiert, Hochrechnungen und Modellierungen durchgeführt und Entwicklung genereller<br />

Abb. 2: Betroffenen Staaten des Seebebens 2004 im Indischen Ozean 6


Abb. 3: Generelle Arbeitsweise der OECD 7<br />

Methoden analysiert. Die OECD arbeitet darüber hinaus regelmäßige Länderberichte zur wirtschaftlichen<br />

Entwicklung der Länder und einen Wirtschaftsausblick für die Mitgliedsstaaten aus.<br />

2.2. Ziele<br />

Die Ziele der OECD bestehen in einer weitestgehend optimalen Wirtschaftsentwicklung um ein<br />

hohes Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsniveau zu erreichen und den Lebensstandard<br />

der Mitgliedsländer zu erhöhen. Außerdem soll zu einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Nichtmitglieder beigetragen werden, die sich im wirtschaftlichen Aufbau befinden. Auch die<br />

Ausweitung des Welthandels auf multilateraler Ebene soll begünstigt werden. Die sehr allgemein<br />

formulierten Ziele erlauben es der OECD sehr flexibel auf neue Fragen und Problemstellungen<br />

zu reagieren.<br />

2.3. Strategien und Umsetzung<br />

Die OECD nützt ihre Fülle an Informationen und das immense Wissen in vielen Themengebieten<br />

um Regierungen zu unterstützen Wohlstand für ihr Land zu schaffen und durch Wirtschaftswachstum<br />

und –stabilität gegen Armut anzukämpfen. Sichergestellt wird ebenfalls von der OECD, dass<br />

Umweltbelange in wirtschaftlichen und sozialen Bereichen mit berücksichtigt werden.<br />

Die OECD unterstützt die Regierungen aber auch bei der Gestaltung und Umsetzung von Politiken<br />

die zur Förderung von Wohlstand durch wirtschaftliches Wachstum, Finanzen, Handel und<br />

Investitionen, Technologie, Innovation, Unternehmertum, Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit<br />

beitragen.<br />

Die OECD entwickelt allgemeine und spezielle auf ein Land zugeschnittene Richtlinien für die Regierungen<br />

und Hilfsorganisationen, mit deren Hilfe im Falle einer Katastrophe die bestmögliche<br />

Hilfeleistung gewährleistet werden kann. Dazu gehören zunächst die Maßnahmen der Prävention,<br />

Möglichkeiten der Vermeidung bzw. Verringerung von Katastrophen, die Koordination der<br />

Reaktionen während und <strong>nach</strong> dem eintreten einer Katastrophe und schließlich Strategien zum<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> der betroffenen Gebiete. Ein Beispiel für die Risikoanalyse ist der von der OECD<br />

entwickelte generelle Fragebogen. 8<br />

Die OECD wird durch ihre 30 Mitgliedsstaaten finanziert. Die Beiträge der Länder für das jährliche<br />

Budget werden anhand der Wirtschaftsleistung der Mitgliedsländer bestimmt. Die höchsten Beiträge<br />

leisten derzeit die USA (ca. 25% des Gesamtbudgets) gefolgt von Japan. Mit der Bewilligung<br />

des Rates können Länder auch zusätzliche Spenden an spezielle Programme vergeben,<br />

welche nicht durch das normale Budget finanziert werden. Das jährliche Budget beläuft sich in<br />

der Regel auf ca. 336 Millionen Euro.<br />

3. Weltbankgruppe<br />

Die in Washington, D.C. (USA) angesiedelte Weltbankgruppe hatte ursprünglich den Zweck, den<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> der vom Zweiten Weltkrieg verwüsteten Staaten zu finanzieren. Sie wurde 1944<br />

<strong>nach</strong> dem zweiten Weltkrieg geschaffen, und umfasst heute die fünf folgenden Organisationen:<br />

- Internationale Bank für <strong>Wiederaufbau</strong> und Entwicklung (IBRD: World Bank)<br />

- Internationale Entwicklungsorganisation (IDA)<br />

- Internationale Finanz-Corporation (IFC)<br />

- Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur (MIGA)<br />

- Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID)


Bisher stellen traditionsgemäß die USA den Präsidenten der Weltbank und Europa den Vorsitzenden<br />

des Internationalen Währungsfonds (IWF). Präsident der Weltbank ist seit Juni 2007 Robert<br />

Zoellick.<br />

3.1. Funktion<br />

Die gemeinsame Kernaufgabe der Institutionen besteht darin die wirtschaftliche Entwicklung<br />

von weniger entwickelten Mitgliedsländern durch finanzielle Hilfen, durch Beratung und technische<br />

Hilfe zu fördern, und so zur Umsetzung der internationalen Entwicklungsziele beizutragen.<br />

Sie dient auch als Katalysator für die Unterstützung durch Dritte. Die Weltbank vergibt<br />

somit hauptsächlich langfristig Kredite zu günstigen Konditionen für konkrete Projekte oder Programme,<br />

die bestimmte Kriterien erfüllen.<br />

Die Weltbank veröffentlicht jährlich den Weltentwicklungsbericht (World Development Report),<br />

der jeweils einem übergreifenden und für die aktuelle Entwicklungsdiskussion bedeutsamen<br />

Thema gewidmet ist.<br />

3.2. Ziele<br />

Die Weltbank hat sich zum Ziel gesetzt die globale Armut zu reduzieren. Die Gruppe konzentriert<br />

sich auf die Verwirklichung der Millennium Development Goals (MDG’s), welche hauptsächlich<br />

die Eliminierung von Armut und die Förderung der Entwicklung betreffen. Die Weltbank hilft<br />

Entwicklungsländern und deren Völkern diese Ziele zu erreichen, indem sie ein positives Klima<br />

für Investitionen, Jobs und eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung schaffen damit die Wirtschaft im Land<br />

wächst und es dem jeweiligen Land ermöglicht wird an der Entwicklung teil zu haben. Um dies<br />

zu erreichen hilft die Weltbank bei der Erweiterung<br />

der Kapazitäten der Regierungen<br />

(building capacity), der Verbesserung und des<br />

Ausbaus der Infrastruktur, der Entwicklung<br />

von Finanzmärkten und –systemen und der<br />

Bekämpfung von Korruption (vgl. Abb. 4).<br />

3.3. Strategien und Umsetzung<br />

Jedes Jahr vergibt die Weltbank Kredite zwischen<br />

15-20 Milliarden USD für Projekte in über<br />

100 Ländern mit denen sie zusammenarbeitet.<br />

Das Spektrum der Hilfeleistungen reicht von<br />

wirtschaftlichen bis hin zu sozialen Projekten<br />

welche die Infrastruktur, die Bildung, die Gesundheit<br />

und Beratungen der betroffenen Regierungen<br />

im Bezug auf Finanzmanagement<br />

betreffen. Die von der Bank finanzierten Projekte<br />

folgen dem von der Weltbank entwickelten<br />

Projektzyklus, welcher es ermöglicht, die<br />

Ausgaben und Investitionen der Weltbank zu<br />

dokumentieren und zu kontrollieren (vgl. Abb.<br />

5).<br />

Zurzeit gibt es 54 laufende Projekte, die sich<br />

hauptsächlich auf die Milderung der Auswir-<br />

Abb. 5: Projektzyklus der Weltbank 10<br />

Abb. 4: Nötige Schritte für das Wirtschaftswachstum 9


Abb. 6: Temporäre Unterkünfte<br />

Abb. 7: Dauerhafte Unterkünfte<br />

Abb. 8: PEKKA Projekt<br />

Abb. 9: Village Mapping Abb. 10: Häuserbau in Sri Lanka<br />

kungen von Katastrophen konzentrieren, im besonderen auf Folgen von Überschwemmungen,<br />

Erdbeben, Wirbelstürme, Erdrutsch und Trockenzeiten/Dürren. Die Weltbank finanziert daher<br />

langfristig <strong>Wiederaufbau</strong>projekte <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> und ist weniger für die schnelle humanitäre<br />

Hilfe zuständig. Die Arbeit der Weltbank ist daher auf die Bereiche Katastrophenvorbeugung,<br />

Schadensbegrenzung und Restaurierung sowie <strong>Wiederaufbau</strong> fokussiert.<br />

Im Dezember 2004 beispielsweise wurden von der Weltbank den Tsunami-Opfern 835 Millionen<br />

USD zur Verfügung gestellt. Die Gelder wurden für die Wiederherstellung zerstörter Dienstleistungssysteme,<br />

den Bau von Häusern und Unterkünften und zur Rückerstattung der Lebensgrundlage<br />

der Opfer verwendet. Es wurden in Indonesien tausende vorübergehende Unterkünfte für<br />

die Opfer errichtet und mit dem Bau neuer, dauerhafter Unterkünfte begonnen (vgl. Abb. 6 und<br />

7). Außerdem wurde von der Weltbank und der UNDP u.a. ein Programm gestartet, das mit Hilfe<br />

der lokalen Regierungen den Opfern, die ihre Arbeit verloren haben, kleine Kredite (micro-credit<br />

programs) zur Verfügung stellt um ihr Leben wieder aufzubauen. Zusätzlich werden Berufstrainings<br />

angeboten und entsprechendes Equipment für Unternehmer und qualifizierte Arbeiter<br />

ersetzt.<br />

Ein weiteres von der Weltbank unterstütztes Programm PEKKA (the Women Headed Houshold Empowerment<br />

Program) betrifft die durch den Tsunami verwitweten Frauen. Eine Gruppe von Frauen<br />

aus Aceh haben innerhalb eines Jahres neun Häuser gebaut und sich gegenseitig geholfen ihr Leben<br />

wieder selbst aufzubauen (vgl. Abb. 8). Der Hausbau wurde von den Frauen selbst organisiert<br />

und die Häuser mit Hilfe einer PEKKA – Mitarbeiterin (mit Erfahrung in Architektur und Ingenieurwesen)<br />

selbst designed. Auch die Materialien wurden selbst ausgesucht und gekauft. Das Projekt<br />

zielt auf die Interessen und Bedürfnisse der Frauen ab und hilft deren Isolation zu überwinden. Die<br />

Frauen werden in speziellen Bereichen geschult (skill training) und bekommen kleine Kredite, um<br />

eigene Unternehmen zu gründen (z.B. Salzhandel, Ziegenzucht, usw.).<br />

In einem anderen Projekt wurden die Bewohner von Aceh durch Mitarbeiter der Weltbank geschult<br />

wie sie ihre Grundstücksgrenzen wieder herstellen konnten um anschließend mit dem<br />

Bau ihrer neuen Häuser zu beginnen. Auf Sri Lanka wurden den Opfern, die ihre Häuser verloren<br />

hatten, Zuschüsse bewilligt, die von den Betroffenen selbst für den <strong>Wiederaufbau</strong> der Häuser<br />

verwendet werden konnten (vgl. Abb. 9 und 10).<br />

3.4. Kritik<br />

Die Förderpraxis der Weltbank wird allerdings oftmals von Umweltschutzorganisationen und<br />

globalisierungskritischen Gruppen angegriffen. Zu oft würden Großprojekte wie Pipelines und<br />

Staudämme gefördert, die verheerende Umweltschäden und Nachteile für die ansässige Bevölkerung<br />

zur Folge hätten und eher Konzernen<br />

aus den Industrieländern sowie den Eliten<br />

der Entwicklungsländern dienten, als wirklich<br />

<strong>nach</strong>haltige Entwicklung zu fördern. Auch<br />

wird die Weltbank der Unterwerfung unter außenpolitische<br />

Ziele der USA vorgeworfen.


4. United Nations<br />

Die staatenübergreifende Organisation United Nations ging aus den Haager Friedensverträgen<br />

und dem Völkerbund <strong>nach</strong> dem ersten Weltkrieg hervor um den Weltfrieden dauerhaft zu sichern.<br />

Durch mangelndes Beitrittsinteresse und dem daraus resultierenden unzureichenden Einfluss<br />

scheiterte die UN mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. US-Präsident F. D. Roosevelt<br />

erarbeitete mit dem britischen Premierminister W. Churchill noch während des Krieges die Atlantic<br />

Charta, die am 26. Juni 1945 von 50 Staaten ratifiziert wurde und am 24. Oktober desselben<br />

Jahres in Kraft trat.<br />

Seither ist die internationale Gemeinschaft unter anderem dafür zuständig auf natürliche, aber<br />

auch von Menschen herbeigeführte Katastrophen zu reagieren, die die Kapazitäten der Regierungen<br />

in den betroffenen Nationen überlasten. Die UN ist heute eine der wichtigsten und<br />

größten Organisationen in Bezug auf Katastrophenhilfe und Langzeitunterstützung. Außerdem<br />

beschleunigt und koordiniert die UN die Arbeit in den Regierungen und anderen Hilfsorganisationen<br />

und fungiert als Vertreter der betroffenen Bevölkerung/Menschen.<br />

In New York befindet sich der Hauptsitz der Vereinten Nationen. Weitere wichtige Niederlassungen<br />

sind in Bangkok, Beirut, Genf, Nairobi, Santiago und Wien angesiedelt. Zusätzlich sind die<br />

kleineren Büros der UN auf der ganzen Welt verteilt.<br />

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen und Nachfolger von Kofi Annan ist seit Januar 2007<br />

Ban Ki-Moon aus Nordkorea.<br />

4.1. Grundsätze und Ziele<br />

Das Ziel der UN im Bereich Humanitäre Hilfe ist es eine möglichst schnelle und effektive Reaktion<br />

auf Katastrophen zu gewährleisten, um Schäden und Verluste weitestgehend zu vermeiden und<br />

zu begrenzen. Daher sind die Vereinten Nationen an zwei Fronten gleichzeitig tätig. Einerseits<br />

haben sie sich mit ihren diversen spezialisierten Einsatzteams der Soforthilfe für die Opfer <strong>nach</strong><br />

Katastrophen vor Ort verschrieben und andererseits versuchen sie effektivere Strategien zu entwickeln,<br />

um Notsituationen von Anfang an vorzubeugen und zu vermeiden.<br />

In ihrer Charta setzen sich die Vereinten Nationen unter anderem die folgenden Ziele. Das oberste<br />

Ziel ist es den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Auf <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

und den anschließenden <strong>Wiederaufbau</strong> bezieht sich das Ziel zusammenzuarbeiten, um internationale<br />

Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die<br />

Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten zu fördern. Ein weiteres wichtiges Ziel<br />

der UN ist es ein Mittelpunkt zu sein, in dem die Bemühungen der Nationen zur Verwirklichung<br />

dieser gemeinsamen Ziele aufeinander abgestimmt werden.<br />

Um all diese Ziele zu verwirklichen handeln die Vereinten Nationen <strong>nach</strong> bestimmten Grundsätzen.<br />

Die Organisation beruht unter anderem auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit<br />

aller ihrer Mitglieder. Des Weiteren erfüllen alle Mitglieder <strong>nach</strong> Treu und Glauben die Verpflichtungen,<br />

die sie mit der Charta übernehmen und legen ihre internationalen Streitigkeiten durch<br />

friedliche Mittel so bei, dass der Weltfrieden, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit<br />

nicht gefährdet werden. Sie unterlassen jegliche Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen<br />

andere Staaten und leisten den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Maßnahme,<br />

die die Organisation im Einklang mit der Charta ergreift.


The United Nations System<br />

Principal Organs<br />

Trusteeship Council Security Council General Assembly<br />

Military Staff Committee<br />

Subsidiary Bodies<br />

UN Monitoring, Verification and<br />

Standing Committee and ad hoc bodies<br />

Inspection Commission (Iraq)<br />

(UNMOVIC)<br />

International Criminal Tribunal for the<br />

former Yugoslavia (ICTY)<br />

United Nations Compensation<br />

Commission<br />

International Criminal Tribunal for<br />

Rwanda (ICTR)<br />

Peacekeeping Operations and Missions<br />

Programmes and Funds<br />

UNCTAD United Nations Conference on<br />

Trade and Development<br />

ITC International Trade Centre<br />

(UNCTAD/WTO)<br />

UNDCP1 United Nations Drug<br />

Control Programme<br />

UNEP United Nations Environment<br />

Programme<br />

UNICEF United Nations Children’s Fund<br />

Research and Training Institutes<br />

UNICRI United Nations Interregional<br />

Crime and Justice Research Institute<br />

UNITAR United Nations Institute for<br />

Training and Research<br />

Other UN Entities<br />

OHCHR Office of the United Nations High Commissioner for<br />

Human Rights<br />

UNOPS United Nations Office for Project Services<br />

UNDP United Nations Development<br />

Programme<br />

UNIFEM United Nations<br />

Development Fund for Women<br />

UNV United Nations Volunteers<br />

UNCDF United Nations Capital<br />

Development Fund<br />

UNFPA United Nations Population Fund<br />

UNHCR Office of the United Nations High<br />

Commissioner for Refugees<br />

UNRISD United Nations Research<br />

Institute for Social Development<br />

UNIDIR2 United Nations Institute for<br />

Disarmament Research<br />

4.2. Aufbau und Organisation<br />

4.2.1. Hauptorgane<br />

Die Charta stattet die Vereinten Nationen mit sechs Hauptorganen aus. Das wichtigste Beratungsorgan<br />

der UN ist die Generalversammlung. Der Sicherheitsrat trägt die Hauptverantwortung<br />

für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Das Hauptorgan zur<br />

Koordinierung der wirtschaftlichen, sozialen und mit diesen Bereichen verbundenen Aktivitäten<br />

der Vereinten Nationen sowie ihrer Sonderorganisationen und Institutionen ist der Wirtschafts-<br />

und Sozialrat, welchem neben der Generalversammlung und dem Sekretariat in Bezug auf den<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> die größte Bedeutung zukommt. Die internationale Aufsichtsbehörde<br />

stellt der Treuhandrat dar, der Internationale Gerichtshof ist für die Recht-<br />

Subsidiary Bodies<br />

Main committees<br />

Human Rights Council<br />

Other sessional committees<br />

Standing committees and ad hoc bodies<br />

Other subsidiary organs<br />

Advisory Subsidiary Body<br />

United Nations Peacebuilding<br />

Commission<br />

WFP World Food Programme<br />

UNRWA2 United Nations Relief and<br />

Works Agency for Palestine Refugees<br />

in the Near East<br />

UN-HABITAT United Nations Human<br />

Settlements Programme<br />

INSTRAW International Research and<br />

Training Institute for the Advancement<br />

of Women<br />

UNU United Nations University<br />

UNSSC United Nations System Staff College<br />

UNAIDS Joint United Nations Programme on HIV/AIDS<br />

Other UN Trust Funds 7<br />

UNFIP United Nations Fund for International Partnerships UNDEF United Nations Democracy Fund<br />

NOTES: Solid lines from a Principal Organ indicate a direct reporting relationship; dashes indicate a non-subsidiary relationship.<br />

1 The UN Drug Control Programme is part of the UN Office on Drugs and Crime<br />

2 UNRWA and UNIDIR report only to the GA<br />

3 The United Nations Ethics Office and the United Nations Ombudsman’s Office report directly to the Secretary-General<br />

4 IAEA reports to the Security Council and the General Assembly (GA)<br />

5 The CTBTO Prep.Com and OPCW report to the GA<br />

6 Specialized agencies are autonomous organizations working with the UN and each other through the coordinating machinery of the ECOSOC at the<br />

intergovernmental level, and through the Chief Executives Board for coordination (CEB) at the inter-secretariat level<br />

7 UNFIP is an autonomous trust fund operating under the leadership of the United Nations Deputy Secretary-General. UNDEF’s advisory board recommends<br />

funding proposals for approval by the Secretary-General.<br />

Abb. 11: Organigram der United Nations 11<br />

Economic and<br />

Social Council<br />

Functional Commissions<br />

Commissions on:<br />

Narcotic Drugs<br />

Crime Prevention and Criminal Justice<br />

Science and Technology for<br />

Development<br />

Sustainable Development<br />

Status of Women<br />

Population and Development<br />

Commission for Social Development<br />

Statistical Commission<br />

Regional Commissions<br />

Economic Commission for Africa (ECA)<br />

Economic Commission for Europe (ECE)<br />

Economic Commission for Latin<br />

America and the Caribbean (ECLAC)<br />

Economic and Social Commission for<br />

Asia and the Pacific (ESCAP)<br />

Economic and Social Commission for<br />

Western Asia (ESCWA)<br />

Other Bodies<br />

Permanent Forum on Indigenous Issues<br />

(PFII)<br />

United Nations Forum on Forests<br />

Sessional and standing committees<br />

Expert, ad hoc and related bodies<br />

Related Organizations<br />

WTO World Trade Organization<br />

IAEA4 International Atomic Energy<br />

Agency<br />

CTBTO Prep.Com5 PrepCom for the<br />

Nuclear-Test-Ban-Treaty Organization<br />

OPCW5 Organization for the<br />

Prohibition of Chemical Weapons<br />

International Court<br />

of Justice<br />

Specialized Agencies6<br />

ILO International Labour<br />

Organization<br />

FAO Food and Agriculture<br />

Organization of the United Nations<br />

UNESCO United Nations<br />

Educational, Scientific and Cultural<br />

Organization<br />

WHO World Health Organization<br />

World Bank Group<br />

IBRD International Bank<br />

for Reconstruction and<br />

Development<br />

IDA International Development<br />

Association<br />

IFC International Finance<br />

Corporation<br />

MIGA Multilateral Investment<br />

Guarantee Agency<br />

ICSID International Centre for<br />

Settlement of Investment<br />

Disputes<br />

IMF International Monetary Fund<br />

ICAO International Civil Aviation<br />

Organization<br />

IMO International Maritime<br />

Organization<br />

ITU International Telecommunication<br />

Union<br />

UPU Universal Postal Union<br />

WMO World Meteorological<br />

Organization<br />

WIPO World Intellectual Property<br />

Organization<br />

IFAD International Fund for<br />

Agricultural Development<br />

UNIDO United Nations Industrial<br />

Development Organization<br />

UNWTO World Tourism<br />

Organization<br />

Secretariat<br />

Departments and Offices<br />

OSG3 Office of the<br />

Secretary-General<br />

OIOS Office of Internal Oversight<br />

Services<br />

OLA Office of Legal Affairs<br />

DPA Department of Political Affairs<br />

DDA Department for Disarmament<br />

Affairs<br />

DPKO Department of Peacekeeping<br />

Operations<br />

OCHA Office for the Coordination of<br />

Humanitarian Affairs<br />

DESA Department of Economic and<br />

Social Affairs<br />

DGACM Department for General<br />

Assembly and Conference<br />

Management<br />

DPI Department of Public Information<br />

DM Department of Management<br />

OHRLLS Office of the High<br />

Representative for the Least<br />

Developed Countries, Landlocked<br />

Developing Countries and Small<br />

Island Developing States<br />

DSS Department of Safety and<br />

Security<br />

UNODC United Nations Office on<br />

Drugs and Crime<br />

ab<br />

UNOG UN Office at Geneva<br />

UNOV UN Office at Vienna<br />

UNON UN Office at Nairobi<br />

Published by the United Nations<br />

Department of Public Information<br />

06-39572—August 2006—10,000—DPI/2431


sprechung zuständig. Das Sekretariat unterstützt die anderen Haupt- und Suborgane der UN und<br />

ist für die Umsetzung ihrer Programme und Maßnahmenbeschlüsse zuständig (vgl. Abb. 11).<br />

4.2.2. Suborgane<br />

Neben den sechs Hauptorganen umfasst der Organisationsverbund wie in der Abb. 3 zu erkennen<br />

ist zusätzlich 15 Sonderorganisationen und mehrere Programme und Organe. Außerdem<br />

arbeitet die UN mit 22 Nebenorganen (wie UNDP, UNICEF) und 16 zwischenstaatlichen Organisationen<br />

(wie UNESCO, WHO) zusammen.<br />

Die wichtigsten Organe und deren Unterorganisationen der UN, die sich mit dem <strong>Wiederaufbau</strong><br />

<strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> beschäftigen und auf die im Verlauf der Arbeit näher eingegangen wird,<br />

sind:<br />

- UNDP United Nations Development Programme<br />

- UNEP United Nations Environment Programme<br />

- OCHA Office for the Coordination of Humanitarian Affairs<br />

- ISDR International Strategy for Disaster Reduction<br />

- UN-HABITAT Human Settlements Programme<br />

- WHO World Health Organization<br />

- WMO World Meteorological Organization<br />

- FAO Food and Agricultural Organization<br />

- WFP World Food Programme<br />

4.3.1 UNDP “United Nations Development Programme”<br />

Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen<br />

Das globale Netzwerk für Entwicklung der UN ist die größte organisierte Entwicklungshilfe der<br />

Welt. Die UNDP ist ein Exekutivausschuss innerhalb des „United Nations Economic and Social<br />

Council“ (ECOSOC), bestehend aus 36 Ländern.<br />

Die Führungsposition übernimmt der Direktor, seit August 2005 Kemal Dervis, das dritthöchste<br />

Mitglied der Vereinten Nationen direkt unter dem UN Generalsekretär und seinem Stellvertreter.<br />

Der Ausschuss wurde 1965 gegründet und existiert in seiner heutigen Verfassung seit 1971, <strong>nach</strong>dem<br />

noch zwei weitere Organisationen miteingegliedert wurden. Das Hauptquartier in New York<br />

wird unterstützt von etwa 7000 Mitarbeitern, die auch auf die Außenstellen in 166 Ländern verteilt<br />

arbeiten. Dort kann der direkte Kontakt zu den lokalen Regierungen aufgebaut werden.<br />

Das Ziel der UNDP ist die Förderung für Veränderung und die Vermittlung von Wissen, Erfahrungen<br />

und Ressourcen, um den Menschen zu einem besseren Leben zu verhelfen.<br />

Dies soll erreicht werden durch die Bereitstellung von Beratungskapazitäten, Trainings und Zuschussmitteln.<br />

Die Aufgaben konzentrieren sich auf die folgenden fünf Hauptbereiche: Armutsbekämpfung,<br />

HIV/AIDS, Demokratie, Energie und Umwelt, und Krisenprävention. Der Schutz der<br />

Menschenrechte, besonders auch die der Frauen sollen dabei immer im Vordergrund stehen.<br />

Seit 1990 wird jährlich ein Bericht (Human Development Report) publiziert, um die Fortschritte<br />

zu bemessen und zu analysieren. Diese Publikationen werden auf internationaler, sowie regio-


Abb. 12: Organigram der UNDP 12<br />

naler, nationaler und lokaler Ebene bearbeitet. Um für weitere Aufmerksamkeit zu sorgen, sind<br />

die „Goodwill Ambassadors“ (UN-Botschafter) im Einsatz; berühmte Persönlichkeiten, die durch<br />

ihren Bekanntheitsgrad eine groβe Masse von Menschen auf die Arbeit der UN aufmerksam machen.<br />

4.3.1.1. Aufbau<br />

Die Aktivitäten der UN im Bereich der Entwicklung wird von der „UN Development Group“ (UNDG)<br />

und dem „Resident Co-ordinator System“ (RC-System) geleitet. Das RC-System koordiniert alle<br />

Organisationen der UN, die sich mit der Entwicklung beschäftigen, um die Effektivität zu optimieren.<br />

Die Arbeit wird durchgeführt von den RC-Koordinatoren, die von der UNDP berufen, geleitet<br />

und gefördert werden. Ihre Aufgabe ist es die Teams vor Ort zu leiten und den Generalsekretär in<br />

den 130 Ländern, in denen sie tätig sind, zu vertreten.<br />

Die UNDG wurde vom Generalsekretär der UN 1997 ins Leben gerufen, um die Effektivität der<br />

Entwicklungshilfe der UN auf nationaler Ebene zu verbessern. Sie ist ein Zusammenschluss aus<br />

25 UN Agenturen/Einrichtungen, die sich mit der Entwicklung beschäftigen. Der Administrator<br />

der UNDP übernimmt auch gleichzeitig die Leitung und Aufgaben des Sekretariats der Development<br />

Group. Der Exekutivausschuss besteht aus den vier Gründungsmitgliedern: UNICEF, UNFPA,<br />

WFP und UNDP.<br />

Die Gruppe entwickelt Grundsätze und Prozesse, die eine Zusammenarbeit der Mitgliedsagenturen<br />

zur Krisenbekämpfung ermöglichen. Die UNDG plant Unterstützungsstrategien, implemen-<br />

tiert die speziellen Programme, überwacht die<br />

Ergebnisse und setzt sich für Veränderung<br />

ein.<br />

4.3.1.2. Strategie und Umsetzung<br />

Die Mission der UNDP soll mittels folgender<br />

Strategien umgesetzt werden. - Die Befürwortung<br />

und ein Bewusstsein hervorrufen über<br />

Foren auf nationaler, regionaler und internationaler<br />

Ebene - die Entwicklung von Kapazitäten<br />

zur Reduzierung der Risiken von Krisen<br />

- Hilfsmittel und eine Methodik zur Risikoanalyse,<br />

strategischer Planung und den Aufbau<br />

von Ländersitzen - die Gleichberechtigung<br />

der Frauen - Netzwerk von Wissen, um Erfahrungen<br />

auszutauschen, wie auch erfolgreiche<br />

Beispiele und Experteneinschätzungen einzuholen<br />

- das Verbinden von der strategischen<br />

Planung und ihrer Implementierung in Form<br />

von konkreten Programmen - die Unterstützung<br />

der betroffenen Gemeinde, die Reintegration<br />

und das Eingehen auf ihre persönlichen


Bedürfnisse. Dies ist elementar, um für einen <strong>nach</strong>haltigen <strong>Wiederaufbau</strong> und Weiterentwicklung<br />

zu sorgen.<br />

Die Einsätze arbeiten auf das übergeordnete Ziel hin, die MDGs zu erreichen.<br />

4.3.1.3. MDG Millennium Development Goals<br />

Die grundsätzlichen Ziele von UNDP wurden in den MDGs festgelegt. Das UNDP Netzwerk verbindet<br />

und koordiniert die globalen wie nationalen Bemühungen, um diese Ziele zu erreichen.<br />

Im September 2000 haben sich alle Mitgliedsstaaten der UNO auf acht Entwicklungsziele – die<br />

Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) - geeinigt, um eine zukunftsfähige<br />

und <strong>nach</strong>haltige Weltentwicklung zu gewährleisten. Reiche und arme Länder verpflichteten<br />

sich darin, alles daran zu setzen, die Armut radikal zu reduzieren, die menschliche<br />

Würde und Gleichberechtigung zu fördern und Frieden, Demokratie und ökologische Zusammenarbeit<br />

zu verwirklichen. Die definierten Ziele sollen bis 2015 erreicht sein.<br />

- Verwirklichung der allgemeinen Primärschulbildung<br />

- Förderung der Gleichheit der Geschlechter und Ermächtigung der Frauen<br />

- Senkung der Kindersterblichkeit<br />

- Verbesserung der Gesundheit von Müttern<br />

- Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen Krankheiten<br />

- Ausbruch von Malaria und anderer schwerer Krankheiten soll unterbunden und ihr<br />

Auftreten zum Rückzug gezwungen werden.<br />

- Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit<br />

- Sicherung der ökonomischen Nachhaltigkeit<br />

4.3.1.4. Capacity 2015<br />

Eine weitere Initiative ist „Capacity 2015“, die auf den Erkenntnissen des „Capacity 21 Global Evaluation<br />

Report“ (1993-2001) und „Reforming Technical Cooperation Project“ aufbaut. Das Ziel ist<br />

der Aufbau von Kapazitäten auf lokaler Ebene, um die MDGs zu verwirklichen. Das Programm ist<br />

eine Fortsetzung von Capacity 21 mit den Zielen der Agenda 21.<br />

„Capacity“ beschreibt die Fähigkeit von Individuen, Institutionen und Gesellschaften, Funktionen<br />

auszuführen, Probleme zu lösen, Ziele zu formulieren und in einer <strong>nach</strong>haltigen Weise zu erreichen.<br />

Es ist eine Kombination aus allen Kräften und Ressourcen, die in einer Gemeinde, Gesellschaft<br />

oder Organisation vorhanden sind, die dazu führen, dass das Risikolevel oder der Effekt<br />

Abb. 13: Millennium Development Goals Icons 13


einer Katastrophe reduziert werden. Kapazität kann physikalische, institutionelle, soziale oder<br />

ökonomische Mittel beschreiben.<br />

„Capacity Development“ ist somit der Prozess durch welche diese Fähigkeiten erreicht, gestärkt,<br />

angenommen und erhalten werden. Bemühungen menschliche Fähigkeiten oder soziale Infrastrukturen<br />

innerhalb einer Gemeinde oder Organisation zu entwickeln, um das Risikolevel zu<br />

reduzieren. Der Begriff beschreibt die Entwicklung von institutionellen, finanziellen, politischen<br />

oder anderen Ressourcen.<br />

Innerhalb eines Zeitraums von 12-13 Jahren soll das Projekt verwirklicht werden. Es ist gestaffelt<br />

in drei Phasen: Phase 1 dient der Vorbereitung, Überarbeitung der Capacity 21 und den Aufbau<br />

von Partnerschaften und Mobilisierung von Ressourcen (2003-2004); in Phase 2 wird das Programm<br />

ausgeführt (2005-2010); in der letzten Phase 3 soll die Ausführung einer Endstrategie<br />

statt finden (2011-2015).<br />

4.3.1.5. Krisenprävention<br />

Im Bereich der Krisenprävention und Erholung arbeitet die UNDP darauf hin einen schnellen <strong>Wiederaufbau</strong><br />

mit Hilfe der Länderteams und der lokalen Regierung zu fördern. In Zusammenarbeit<br />

werden die Bedürfnisse eingeschätzt, Kapazitäten entwickelt, eine koordinierte Planung erarbeitet<br />

und umgesetzt, sowie Grundsätze und Standards formuliert.<br />

Das Ziel ist die Minderung des Risikos und des Ausmaβes der Krisen und Katastrophen besonders<br />

<strong>nach</strong> Krieg und <strong>Naturkatastrophen</strong>.<br />

Die Abteilung zur Krisenbewältigung unterteilt sich in die Bereiche Prävention und <strong>Wiederaufbau</strong>.<br />

Zur Prävention gilt es die Risiko-reduzierenden Maßnahmen in die Entwicklungsprogramme<br />

zu integrieren. Die zweite Strategie zur Prävention ist das Stärken der globalen und nationalen<br />

Kapazitäten zur Risikoreduzierung. UNDP unterstützt Länder in Katastrophenrisiko-Belangen<br />

und in der Einschätzung von den nationalen Kapazitäten, um auf die Risiken reagieren zu können.<br />

Diese beinhalten:<br />

- humane, finanzielle, technische und legislative Kapazitäten<br />

- das Vorbereiten und ein Bewusstsein schaffen in der zivilen Bevölkerung<br />

- das Installieren von institutionellen, operativen und Koordinierungssystemen, die<br />

notwendig sind für eine effektives Management und Reduzierung der <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

Dabei spielt besonders die Einschätzung der Ressourcen eine große Rolle, um Prioritäten setzen<br />

zu können und sie in die Pläne und Programme zu integrieren.<br />

Auf der städtischen Ebene, fördert die UNDP die Einschätzung des urbanen Risikos und unterstützt<br />

die lokalen Behörden von besonders gefährdeten Städten, ihre Pläne zu stärken.<br />

Auf der regionalen Ebene, unterstützt UNDP die Entwicklung von Strategien zur Reduzierung<br />

der Risiken von <strong>Naturkatastrophen</strong>, Programme und Netzwerke zum Informationsaustausch, um<br />

die Risiken grenzen-übergreifend anzusprechen und die Organisationen zu stärken, die für die<br />

Reduzierung von <strong>Naturkatastrophen</strong> arbeiten.<br />

Auf der globalen Ebene, entwickelt die UNDP Leitlinien zur besseren Führung in Bezug auf die<br />

Reduzierung der <strong>Naturkatastrophen</strong>. In Zusammenarbeit mit dem Sekretariat der ISDR und


anderen Partnern initiieren sie ein globales Forum zu Erfahrungen im Management im urbanen<br />

Kontext. Das Ziel ist es, die Bedenken zum Thema urbane Risikoreduzierung in die Stadtplanungen<br />

mit einzubeziehen.<br />

Im Bereich des <strong>Wiederaufbau</strong>s, unterstützt UNDP die Länder bei der Schadenseinschätzung,<br />

strategischen Planung, Programmentwurf und Implementierung während der Zeit <strong>nach</strong> einer<br />

Naturkatastrophe. Es wurde eine Methode mit Hilfe von anderen Einrichtungen entwickelt, die<br />

alle Akteure in dem <strong>Wiederaufbau</strong>prozess mit einem umfassenden Verständnis der Verluste und<br />

Bedürfnissen versorgt.<br />

Beispiel eines Programms - International Recovery Platform (IRP), UNDP, 2005<br />

Die UN, unterstützt von der Regierung aus Japan und anderen Ländern, der Hyogo Prefectural<br />

Regierung und das Asian Disaster Reduction Center, entwickelte die IRP, um die Koordinierung<br />

und Methodik der UN zum <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> zu stärken. Die Initiative wird<br />

finanziell und mit designierten Mitarbeitern unterstützt.<br />

Die UNDP und ihre Programme finanzieren sich aus Spendengeldern hauptsächlich aus Spanien,<br />

Großbritannien, Japan, Niederlande, Norwegen, Schweden, Kanada und Deutschland kommen.<br />

Aus Deutschland kamen Fördermittel von über USD 100 Millionen zusammen. Das Budget im<br />

Jahr 2005 wurde auf USD 4,4 Milliarden geschätzt, das wie folgt verteilt wurde.<br />

Unrestricted financing 921.000.000<br />

Non-core, earmarked Beiträge 2.500.000.000<br />

Unterstützung der Entwicklungsländern 1.020.000.000<br />

eigener Entwicklungsprogrammen<br />

TOTAL 4.400.000.000<br />

4.3.1.6. Gender<br />

Das Thema Gender wird in Bezug auf Krisen von UNDP behandelt. Die Organisation setzt sich<br />

ein für die Gleichberechtigung der Frauen und fördert dieses Ziel durch “gender mainstreaming”.<br />

Das ECOSOC definiert dies als eine Strategie, die die Bedenken und Erfahrungen von Frauen und<br />

Männern als eine wesentliche Dimension sehen in der Entwicklung von Grundsätzen und Programmen<br />

in allen politischen, ökonomischen und sozialen Sphären.<br />

Nach einer Sitzung, dem „Gender Experts Meeting and Strategy Session“ im September 2006 von<br />

Experten zum Thema Gender wurden die „Eight Point Agenda for Women’s Empowerment and<br />

Gender Equality in Crisis Prevention and Recovery“ formuliert. In Zusammenarbeit mit UNIFEM,<br />

UNFPA und UNICEF werden diverse Initiativen gestartet, wie zum Beispiel zur Prävention und<br />

Aktion gegen sexuelle Gewalt in Krisensituationen.<br />

4.3.2. UNEP – United Nations Environment Programme<br />

Die UNEP stellt das wichtigste Umweltorgan der Vereinten Nationen dar und wird als „Umweltgewissen“<br />

der Welt bezeichnet. Der Hauptsitz der Organisation ist in Nairobi, Kenia angesiedelt. Die<br />

Organisation ist außerdem in Nordamerika, Europa, Lateinamerika und der Karibik, Afrika, Asien<br />

und Pazifik und in Westasien vertreten.


Ihr wurde die Aufgabe zugeteilt, im Umweltbereich die Führungsrolle wahrzunehmen und zu<br />

partnerschaftlichen Umweltschutz zu ermutigen, der es den Staaten und Völkern ermöglicht,<br />

ihre Lebensqualität zu verbessern. Das Hauptziel der UNEP ist es hierbei Länder und Regionen in<br />

die Lage zu versetzen Naturrisiken zu vermeiden bzw. zu verringern, darauf vorbereitet zu sein<br />

und reagieren zu können. Um diese Ziele zu erreichen werden globale, regionale und nationale<br />

Umweltdaten von der UNEP gesammelt und bewertet, wobei folgende Schwerpunkte behandelt<br />

werden.<br />

- Klimaveränderungen<br />

- Verschmutzung der Erdatmosphäre<br />

- Probleme mit dem Trinkwasser<br />

- Schädigung der Küstenregion und der Ozeane<br />

- Verschlechterung des Bodens und der Wüstenbildung<br />

- Artensterben und gefährlichen Abfällen und giftigen Chemikalien<br />

Außerdem gibt die UNEP Wissen und Technologie vor Ort weiter um eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung<br />

zu ermöglichen.<br />

Finanziert wird die UNEP aus vier verschiedenen Bereichen, den Environmental Fund, der vollständig<br />

abhängig von freiwilligen Unterstützungen ist und dem Regular Budget, der aus Beiträge<br />

der Mitgliedsländer besteht. Die Beiträge werden anhand des jeweiligen Bruttonationaleinkommens<br />

(BNE) festgelegt.<br />

Die Obergrenze liegt allerdings bei 22%, die Untergrenze bei 0,001%. Weitere Finanzquellen sind<br />

die Trust Funds, bestehend aus zweckgebundenen Beiträgen von Privatpersonen, Unternehmen,<br />

usw. und die Earmarked Contributions, die sich aus zweckgebundenen Beiträgen von Regierungen<br />

zusammensetzen (vgl. Abb. 14 und 15).<br />

Die UNEP besteht aus sieben Suborganen:<br />

- DEPI Division of Environmental Policy Implementation<br />

- DEWA Division of Early Warning and Assessment<br />

- DRC Division of Regional Corporation<br />

- DCPI Division of Communications and Public Information<br />

- DELC Division of Environmental Law and Conventions<br />

- DTIE Division of Technology, Industry, and Economics<br />

- DGEF Division of Global Environment Facility Coordination<br />

Abb. 14: UNEP Umwelt Fördermittel: 25 Top-Spender 14 Abb. 15: UNEP Finanzierung: Programme zur Umwelt 15


Allerdings beschäftigen sich nur die Devision of Early Warning and Assessment und die Devision<br />

of Environmental Policy Implementation unmittelbar mit <strong>Naturkatastrophen</strong>. Auf die DEPI wird<br />

im nächsten Punkt kurz eingegangen.<br />

4.3.2.1. DEPI – Devision of Environmental Policy Implementation<br />

Die DEPI hat einen Katastrophen – Managment – Bereich (Disaster Management Branch), der eng<br />

mit der OCHA zusammenarbeitet und eine schnelle und effektive Reaktion auf Umweltkatastrophen<br />

organisiert und diese vor Ort auch koordiniert. Die Organisation beschäftigt sich mit den<br />

unmittelbaren, aber auch längerfristigen menschlichen, sozialen, gesundheitlichen, wirtschaftlichen<br />

und umweltbezogenen Auswirkungen von Nautkatastrophen.<br />

Die Aktivitäten des Disaster Management Branches widmen sich in erster Linie der Prävention,<br />

der Vorbereitung, der Analyse, der Reaktion und der Milderung, der Risikoreduktion und Mobilisierung<br />

von Ressourcen. Ein weiteres Ziel ist die Förderung von Katastrophenmanagement,<br />

um die Verwundbarkeit der Nationen zu reduzieren. Daher liegen die Aufgaben der DEPI in der<br />

technischen Unterstützung, um die Umweltmanagementkapazitäten von Entwicklungsländern<br />

zu stärken. Außerdem helfen sie Ländern auf umweltbezogene Probleme zu reagieren, die aufgrund<br />

von natürlichen Katastrophen entstanden sind.<br />

4.3.2.2. Gender<br />

Die UNEP beschäftigt sich ebenfalls mit den unterschiedlichen Belangen der Geschlechter. Der<br />

Gender Aspekt der UNEP wurde im Bezug auf die Umwelt in vier Bereiche unterteilt: den Klimawandel,<br />

Wasser, Energie und Armut. Schon seit Jahren ist bewiesen, dass die ärmere Bevölkerung<br />

häufiger und in größeren Ausmaßen von <strong>Naturkatastrophen</strong> betroffen ist und somit auch die<br />

Verluste und Folgen der betroffenen Bevölkerung schwerwiegender sind (vgl. Abb. 16).<br />

Die Armut zwingt sie in katastrophengefährdeten Gebieten und in schlecht gebauten, unzureichend<br />

geschützten Häusern zu wohnen. Aufgrund der unzureichenden Ressourcen sind sie<br />

meist auch nicht in der Lage, an Informationen der Früh-Warn-Systeme zu gelangen und <strong>nach</strong><br />

Katastrophen für die Rettung und den <strong>Wiederaufbau</strong> selbst aufzukommen. Da in vielen Gebieten<br />

dies überwiegend auf Frauen zutrifft versucht die UNEP mit vielen Programmen (z.B. WEDO<br />

– Women’s Environment and Development Organization) den Frauen vor Ort zu helfen.<br />

Frauen verbringen den größten Teil des Tages damit Feuerholz zu sammeln und Frischwasser zu<br />

suchen, wodurch sie andere Tätigkeiten meist komplett ver<strong>nach</strong>lässigen müssen. Um dies zu ändern,<br />

zielen die Hilfsprogramme darauf ab die Frauen für neue Technologien der Energiegewinnung<br />

zu interessieren, darin zu schulen und die Effektivität zu erhöhen (vgl. Abb. 17). Außerdem<br />

soll die Bevölkerung dafür sensibilisiert werden das bereits vorhandene Wissen der Frauen in<br />

Bezug auf Wasser und Energie in Entscheidungen mit einzubeziehen. Auch bei <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen<br />

müssen deren Belange beachtet und möglichst verwirklicht werden.<br />

4.3.3 OCHA “Office for the Coordination of Humanitarian Affairs”<br />

Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten<br />

Die Vorläuferorganisation der OCHA, UNDRO „United Nations Disaster Relief Organization“ (Organisation<br />

der Vereinten Nationen für Katastrophenhilfe), wurde 1971 gegründet. Das UN-Sekretariat<br />

bildete später eine Abteilung für humanitäre Angelegenheiten, die „Debt of Humanitarian<br />

Affairs“ DHA, in die UNDRO mit eingegliedert wurde. 1998 gab es eine weitere Reorganisation<br />

Abb. 16: Schicksal im Armenviertel<br />

Abb. 17: Alternative Energiegewinnung


zur heutigen Form der OCHA. Durch den Zusammenschluss der Abteilungen erweiterte sich das<br />

Einsatzgebiet auf die Koordinierung von humanitären Hilfsaktionen, die Entwicklung von Grundsätzen<br />

und eine humane Fürsprache.<br />

OCHA verleiht den Krisenopfern eine Stimme und setzt sich dafür ein, dass die Ansichten und<br />

Anliegen der humanitären Hilfsorganisationen bei den Gesamtmaβnahmen für <strong>Wiederaufbau</strong><br />

und Friedenskonsolidierung zur Kenntnis genommen und in die Programmentwicklung integriert<br />

werden.<br />

Im Allgemeinen befasst sich die OCHA mit der Bedarfsfeststellung vor Ort, der Bereitstellung von<br />

Ressourcen durch konsolidierte interinstitutionelle Beitragsappelle und der Überwachung der<br />

Projekte und Veröffentlichungen von Lageberichten.<br />

4.3.3.1. Aufbau<br />

Anhand der einzelnen Positionen und Abteilungen der OCHA, deren Verbindungen untereinander<br />

im Strukturchart (Abb. 18) dargestellt sind, sollen die konkreten Aufgaben und die Arbeitsweise<br />

der Organisation erläutert werden.<br />

Der derzeitige Direktor/Untergeneralsekretär ist seit Januar 2007 Sir John Holmes aus England.<br />

Er übernimmt gleichzeitig das Amt des ERCs und agiert als Vorsitzender der „Inter-Agency Standing<br />

Committee“ (IASC), dass alle großen humanitären Akteure zusammenfasst. Der „Emergency<br />

Relief Coordinator“ (ERC), oder UN-Hilfekoordinator, setzt sich dafür ein, dass in Krisensituationen<br />

alle humanitären Belange behandelt werden. Er ist zuständig für die Koordinierung von Nothilfeaktionen<br />

vor Ort durch die Installation der Reaktionsmechanismen, die ebenfalls unter seiner<br />

Leitung entwickelt werden.<br />

Die Resolution 46/182 bildete zusätzlich zur Position des ERC drei Koordinierungsmechanismen:<br />

IASC, CAP und CERF.<br />

Die IASC in Zusammenarbeit mit dem Exekutivausschuss humanitärer Angelegenheiten (OCHA)<br />

übernimmt die Funktion der strategischen Koordinierung und Beratung zwischen wichtigen<br />

humanitären Akteuren. Sie entwickelt Grundsätze, Richtlinien und Standards, identifiziert und<br />

bearbeitet Lücken im Reaktionssystem. Bei Ausbruch einer Naturkatastrophe sind die konkreten<br />

Aufgaben des IASC die Einschätzung der Bedürfnisse, vereinigte Aufrufe, Vor-Ort Arrangements<br />

und zu allen Zeiten die Entwicklung von humanitären Grundsätzen.<br />

Das Sekreteriat des OCHA dient beiden Ausschüssen, um auch hier Überschneidungen zu vermeiden.<br />

Der Exekutivausschuss ist auf zwei Hauptstandorte verteilt. In New York befindet sich die Administration<br />

der gesamten Organisation. In Zusammenarbeit mit dem Senior Management werden<br />

Trainings- und Entwicklungsstrategien formuliert, Mitarbeiterrotation und Mobilität diskutiert<br />

und andere Methoden entworfen, um die Kapazität und Effektivität der OCHA zu verbessern.<br />

Die Niederlassung in Genf kümmert sich um die finanziellen Angelegenheiten der OCHA und<br />

sorgt für die administrative Unterstützung der „International Strategy for Disaster Reduction“<br />

(ISDR).


4.3.3.2. CRD - Coordination and Response Division<br />

Die Coordination and Response Division (CRD) hat drei Hauptfunktionen:<br />

- die direkte Unterstützung für den ERC in seiner Rolle als Hauptberater der UN in Belangen der<br />

humanitären Hilfe<br />

- als Berater für die UN-Koordinator in dem Einsatzgebiet in allen Belangen was komplexe Notfälle<br />

und <strong>Naturkatastrophen</strong> betrifft<br />

- das Managen und Unterstützung im Einsatzgebiet wie zum Beispiel durch „emergency cash<br />

grants“ und den „Consolidated Appeals Process“ (CAP).<br />

“Consolidated Appeals Process Section” managed den CAP auf täglicher Basis. Es ist das erste Hilfsmittel<br />

für die UN zur Koordinierung und strategischer Planung während komplexen Notfällen. Es<br />

Abb. 18: Organigram der OCHA 16


ist ein Programm, um den Kontext zu analysieren und Szenarien aufzubauen, die Bedürfnisse zu<br />

bewerten und Prioritäten zu definieren unter der Leitung des HCs und in enger Zusammenarbeit<br />

mit den Regierungen; das Planen und Implementieren eines koordinierten Einsatzes; Spendenaufrufe<br />

sowie das Beobachten und Evaluieren der Situationen. Außerdem macht die Abteilung<br />

auf Krisengebiete aufmerksam, in denen noch keine oder ungenügend Hilfe angekommen ist.<br />

Seit 1992 hat die UN schon über 240 Aufrufe gestartet und circa USD 30 Milliarden an Spenden<br />

gesammelt. Durchschnittlich werden pro Jahr 15 Aufrufe gestartet, die das Leben von etwa 40<br />

Millionen Menschen beeinflussen werden. 17<br />

Nach dem Einschlag einer Naturkatastrophe befasst sich die CRD hauptsächlich mit der Unterstützung<br />

des ERC bei der Koordinierung der internationalen Hilfsmaßnahmen. Sie dienen als<br />

Kommunikationsmittel zwischen den RCs und HCs und den Hauptquartieren in Genf und New<br />

York.<br />

In den ersten Phasen <strong>nach</strong> einer Naturkatastrophe ist der UN Resident Coordinator (RC) zuständig,<br />

die Grundsätze, Programme und Aktionen zu koordinieren. Üblicherweise ist der RC der<br />

höchste Repräsentant der UN in den einzelnen Ländern. Typisch ist auch, dass der RC gleichzeitig<br />

auch die UNDP vor Ort repräsentiert. Regelmäβig beruft der RC die UNCTs zusammen, um deren<br />

Einsätze koordinieren zu können.<br />

Die “United Nations Country Teams” (UNCT) bestehen aus Repräsentanten der UN Organisationen<br />

vor Ort. In <strong>Naturkatastrophen</strong>gebieten agieren diese Teams auch als Disaster Management.<br />

Als solche sind sie zuständig für die Überwachung der Kontingentsplanung und Vorbereitungsübungen<br />

im Voraus, als auch für die Maβnahmen, <strong>nach</strong>dem die Katastrophe statt gefunden hat. In<br />

der ersten Phase <strong>nach</strong> Ausbruch ist das Disaster Management Team (DMT) die erste reagierende<br />

Gruppe. In diesen Fällen muss der RC sofort den ERC informieren.<br />

Bei Ausbruch einer Katastrophe beraten sich der ERC und Mitglieder der IASC, um einen „Human<br />

Coordinator“ (HC) zu ernennen, der die Leitung vor Ort übernimmt und für einen schnellen, effektiven<br />

und koordinierten Einsatz der Hilfsmittel sorgt. Der Einsatz einer solchen Position bedeutet,<br />

dass die Notwendigkeit besteht in der Krisenregion permanent einen Vollzeit-Koordinator zu<br />

haben, der die Situation überwacht und steuert. Der HC wird eingesetzt, wenn große humanitäre<br />

Hilfseinsätze gefordert sind, an denen mehr als eine nationale Behörde mit eingebunden ist.<br />

Der HC ist verantwortlich, dass die Hilfseinsätze vor Ort auch gemäß den Grundsätzen der Organisationen<br />

durchgeführt werden. Er wird unterstützt von der OCHA bei der Einschätzung der<br />

Bedürfnisse, Eventualitätsplanung und die Entwicklung von humanitären Programmen. Desweiteren<br />

werden Reaktionstools, Befürwortung und Informationsservices (reliefweb, IRIN) bereit gestellt.<br />

4.3.3.3. Field and Regional Offices<br />

Die OCHA operiert mit Hilfe von einem Netzwerk aus regionalen Stützpunkten, die zur Unterstützung<br />

der UN Humanitarian Coordinator (HC) und den Teams vor Ort dienen. Sie unterhält zusätzlich<br />

die „Regional Disaster Response Advisors“ in fünf großen Einsatzbereichen: Afrika, Karibik<br />

und Lateinamerika, Nahen Osten und den asiatischen Pazifik.


Die erste Niederlassung wurde 1996 in Nairobi, Kenia errichtet. Mittlerweile gibt es sechs Quartiere<br />

in den folgenden Regionen: Westafrika (ROWA), Zentral- und Ostasien (ROCEA), Südafrika<br />

(ROSA), Nah-Ost, Nordafrika, Iran und Afghanistan (ROMENAIA), Lateinamerika und die Karibik<br />

(ROLAC) und Asien und der Pazifik (ROAP).<br />

Die Effektivität wird maßgeblich durch die Arbeit der Regional Offices beeinflusst. Sie ermöglichen<br />

es die humanitären Bedürfnisse aus einer regionalen Perspektive einzuschätzen und zu<br />

analysieren. Ein weiträumiger Blick ist notwendig, da nur selten ein einziges Land von einer Naturkatastrophe<br />

betroffen ist. Das Einsatzgebiet ist Länder und Grenzen übergreifend. Sie agieren<br />

als Beratungszentrum im Bereich der technischen Aspekte, die zur Vorbereitung auf <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

notwendig sind. Außerdem mobilisieren sie und stellen den einzelnen Country Teams in<br />

der Region „surge capacities“ zur Verfügung. Dies kann schneller und effektiver erfolgen, da sie<br />

die Umgebung schon kennen.<br />

4.3.3.4. ESB - Emergency Services Branch<br />

Eine direkte Zusammenarbeit mit dem ESB ist in Krisenzeiten ebenso erforderlich, wie die Hilfskräfte<br />

zu mobilisieren und entsenden. Mit Hilfe der „Field Support Section“ wird sichergestellt,<br />

dass das Personal schnellstmöglich vor Ort arbeiten kann.<br />

Die Hauptfunktion des „Emergency Services Branch“ (ESB) ist die Beschleunigung der Vorkehrungen<br />

von internationaler humanitärer Hilfe. Der ESB ist zuständig für das Entwickeln, Mobilisieren<br />

und Koordinieren des Verschickens von den schnell-einsetzbaren OCHA Kapazitäten, um<br />

Abb. 19: OCHA Einsatzorte 18


den betroffenen Ländern während <strong>Naturkatastrophen</strong> und anderen Notfällen zu assistieren. Sie<br />

überwacht drei Hauptprojekte: FCSS, MCDLS und EES.<br />

Die Field Coordination Support Services Section entwickelt, bereitet vor und unterhält die Standby<br />

Kapazitäten für einen schnellen Einsatz <strong>nach</strong> plötzlichem Ausbruch von <strong>Naturkatastrophen</strong>.<br />

Sie unterstützt die RCs im Einsatzgebiet mittels diverser Einrichtungen für eine effektive internationale<br />

Koordinierung und Kooperation.<br />

Die „International Search and Rescue Advisory Group“ (INSARAG) ist ein Netzwerk aus über 80<br />

Nationen und Organisationen unter der UN, die sich mit urbanen Such- und Rettungsaktionen<br />

(urban search and rescue-USAR) - speziell <strong>nach</strong> Erdbeben - beschäftigt. Sie entwickelte das „Virtual<br />

Operations Coordination Centre“ für den Informationsaustausch - der online statt findet - als<br />

Koordinierungshilfsmittel für die Krisenmanager und internationalen Hilfsorganisationen.<br />

Nach dem Erdbeben im Mai 2003 in Algerien zum Beispiel wurden 30 USAR Teams aus allen Regionen<br />

eingesetzt. Dabei kamen 2000 Hilfskräfte und 200 Hunde zusammen.<br />

Das „On-Site Operations Coordination Centre“ (OSOCC) hat die Aufgabe die lokalen Behörden zu<br />

beraten und zu unterstützen. Es wird von den internationalen SAR- oder UNDAC Teams aufgebaut,<br />

die zuerst in die Krisenregion eintreffen. Die Stützpunkte müssen schnell vor Ort aufgestellt<br />

werden, besonders in Gebieten, denen es an Infrastruktur und Kommunikationsmöglichkeiten<br />

fehlt.<br />

Die „International Humanitarian Partnership“ (IHP) wurde von Hilfsorganisationen aus Dänemark<br />

und Schweden gegründet, um die Kooperation diverser Organisationen zu verbessern. Es ist eine<br />

informelle Gruppe, deren Abkommen und Verpflichtungen nicht bindend sind. Die Hilfeleistungen<br />

der IHP Partner werden meistens in Form von sogenannten „Support Modules“ oder „Service<br />

Packages“ erbracht.<br />

Die Support Modules wurden entworfen, um schnell, d.h. innerhalb 24 Stunden, für UNDAC Missionen<br />

einsetzbar zu sein. Ein Modul stellt wichtige Funktionen bereit, wie die Kommunikation,<br />

Unterkunft, Büroeinrichtungen, Catering und Logistik. Diese können ein Ausmaß haben von zwei<br />

bis drei ausgebildeten Fachkräften bis hin zu flexiblen Gebäudevorrichtungen, um ein großes<br />

Einsatzgebiet mit allen Mitteln versorgen zu können. Diese Stützpunkte sind in der Regel fähig<br />

ein fünf-köpfiges UNDAC Team für zehn Tage zu beherbergen.<br />

Die FCSS und die Mitgliedsorganisationen der IHP entscheiden welche Länder in welchem Zeitrahmen<br />

die Module bekommen. Die Mitgliedsstaaten der IHP stellen sie dann zur Verfügung, finanziert<br />

werden sie allerdings von den mitwirkenden Ländern selbst. Sobald Abmachungen mit<br />

den betroffenen Regierungen zur Finanzierung gemacht wurden, werden die Pakete entsandt.<br />

Service Packages beinhalten technische und logistische Servicevorrichtungen wie zum Beispiel<br />

LKW-Convoys oder Dekontaminierungseinrichtungen. Durch die Zusammenarbeit diverser Organisationen<br />

mit der IHP konnten in den Krisengebieten erfolgreich Hilfe geleistet werden.<br />

Das „United Nations Disaster Assessment and Coordination“ (UNDAC) Team besteht aus Disaster<br />

Management Experten, die von den Mitgliedsregierungen, OCHA, UNDP und weiteren humanitär-aktiven<br />

Ausschüssen der UN auserwählt und finanziert werden. Innerhalb von wenigen Stun-


den können sie abgerufen werden, um als Erster die Bedürfnisse einzuschätzen und Prioritäten<br />

zu setzen. Sie unterstützt zusätzlich die nationalen Behörden und den RC vor Ort, um die Hilfskrafteinsätze<br />

zu koordinieren.<br />

Seit 1993 gab es über 100 Missionen in 68 Ländern.<br />

Das Ziel des „Surge Capacity“ Projektes ist es schnell die ausgebildeten Hilfskräfte und Materialien<br />

zu mobilisieren und entsenden, sowie externe Kapazitäten zur schnellen Reaktion auf <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

einzusetzen. Es ist ein Zusammenschluss aller Notfallexperten, die der OCHA<br />

unter der Leitung des ERC-Assistenten zur Verfügung steht. Seit Beginn am 1. Juni 2002 gab es<br />

schon 60 Einsätze, davon allein 21 im Jahr 2003.<br />

Die Angestellten des “Emergency Response Roster” (ERR) müssen innerhalb von 48 Stunden einsetzbar<br />

sein, um vor Ort die Situation zu bewerten und die initialen Koordinierungsmechanismen<br />

zu installieren. Dabei verwenden sie ähnliche Einsatzmethoden wie das UNDAC Team und werden<br />

von dem Surge Capacity Deployment Fund finanziell gefördert. Bisher wurden Teams <strong>nach</strong><br />

Iran, <strong>nach</strong> dem Erdbeben Mitte 2002, Uganda (als temporären Ersatz des „Head of Office“), Irak<br />

und weitere Krisenregionen geschickt (13 Einsätze).<br />

4.3.3.5. EES - Environmental Emergencies Services Section<br />

Die „Environmental Emergencies Services Section“ (EES) ist eine Kollaboration zwischen der OCHA<br />

und der UNEP, dass der UN als ein Notfall-Reaktionsmechanismus dient, um den betroffenen Ländern<br />

bei schwerwiegenden Katastrophen helfen zu können. Diese Abteilung ist zuständig für die<br />

Mobilisierung und Koordinierung von Hilfeleistungen, wenn auf nationaler oder lokaler Ebene<br />

die Kapazitäten ausgeschöpft sind oder spezialisiertes Fachwissen benötigt wird.<br />

Zusammen starteten die beiden Organisationen die „Environmental Emergencies Partnership“<br />

auf dem „World Summit on Sustainable Development“ (WSSD) mit dem Ziel die Häufigkeit und<br />

Schwere der Umweltkatastrophen durch eine effektivere Prävention, Vorbereitung und Reaktion<br />

zu minimieren. Es wurden diverse Initiativen und Projekte ins Leben gerufen, um speziell in den<br />

gefährdeten Regionen auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene die Kapazitäten aufzubauen.<br />

Die Schlüsselfunktionen sind: Überwachen, Notifikation, Bewertung, Mobilisierung, Maklergeschäft<br />

und finanzielle Unterstützung (mit bis zu USD 50.000), um unmittelbar <strong>nach</strong> Ausbruch der<br />

Katastrophe eingesetzt zu werden.<br />

Die OCHA finanziert sich über Beiträge der Mitgliedstaaten und Spenden sowie einem Anteil aus<br />

dem regulären Budget der UN.<br />

Das Budget belief sich 2004 auf USD 85 Millionen, wovon 11% vom der UN zugesprochen wurden.<br />

Zum Vergleich die verfügbare Summe 2007: USD 159.079.639 Millionen, wovon circa 8%<br />

(USD 12.720.476) von der UN kommen.<br />

Der „Central Emergency Response Fund“ (CERF) ist ein weiteres Hilfsmittel zur Finanzierung der<br />

Einsätze, vor allem für spontane und schnelleinsetzbare Mittel. Das CERF wird finanziert über freiwillige<br />

Beiträge der Mitgliedsstaaten der UN, privaten Unternehmen und Einzelleuten. Es dient<br />

zur Unterstützung des CAP.


4.3.3.6. Gender<br />

Die Mission der OCHA ist es, effektive humanitäre Aktionen mit nationalen und internationalen<br />

Akteuren zu mobilisieren und koordinieren. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt sich die OCHA für<br />

die Gleichberechtigung der Frauen ein, denn nur so kann die weibliche Bevölkerung als aktiver<br />

Partner bei <strong>Wiederaufbau</strong>, Rehabilisierung und Entwicklung <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> agieren.<br />

Die Theorie ist, dass der <strong>Wiederaufbau</strong> schneller und einheitlicher stattfinden kann, wenn auch<br />

die Frauen als vollwertige Helfer mitwirken können. Das verbesserte Leben der Frauen wird die<br />

Familien und die ganze Gemeinde positiv verändern.<br />

Alle Ausschüsse und Gruppen unter der OCHA sind verpflichtet die Gleichberechtigung der Frauen<br />

zu verwirklichen. Speziell zur Entwicklung und Implementierung der Grundsätze zum Thema,<br />

gibt es zum Beispiel die IASC Task Force on Gender and Humanitarian Assistance.<br />

4.3.4. ISDR „International Strategy for Disaster Reduction“<br />

Internationale Strategie zur Reduzierung von Katastrophen<br />

Die Generalversammlung der UN erklärte die 1990er Jahre als das “International Decade for Natural<br />

Disaster Reduction“ (IDNDR), mit dem Ziel den Verlust von Menschenleben, Zerstörung von<br />

Besitztümern und soziale wie auch ökonomische Unterbrechungen verursacht durch <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

zu reduzieren. Seit der Yokohama Konferenz 1994 wurden zusätzlich zu den technischen<br />

Aspekten auch soziale Faktoren wie zum Beispiel kulturelle Traditionen und religiöse Werte mit<br />

in die Analyse und Entwicklung von Strategien miteinbezogen. Damit soll eine Verringerung der<br />

Verletzbarkeit erreicht werden, da man individuell auf die Gemeinden eingehen kann.<br />

Mit dem Ende der Dekade wurde die IDNDR durch die ISDR abgelöst. Ziel war es, die bisher gesammelten<br />

Erfahrungen und initiierten Projekte und Kooperationen weiterzuverfolgen, sowie<br />

die Entwicklung neuer Mechanismen zur Reduzierung der Schäden persönlicher und materieller<br />

Natur zu fördern.<br />

Die ISDR verfolgt vier Leitlinien um katastrophen-immune Gesellschaften (disaster resilient communities)<br />

aufzubauen und eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung zu fördern. Diese sind die Verwirklichung<br />

von politischen Verpflichtungen der Verantwortlichen, eine Sensibilisierung und Beteiligung der<br />

Öffentlichkeit, Förderung des Wissens und Verständnisses über die Ursachen von Katastrophen<br />

und die Förderung von interdisziplinären und intersektoralen Partnerschaften.<br />

Um diese Ziele umzusetzen, wurde das ISDR-Sekretariat (IDNDR-Nachfolgesekretariat) in Genf<br />

eingerichtet, welches durch die Inter Agency Task Force zur Implementation der Strategien ergänzt<br />

wurde. Die Inter Agency Task Force on Disaster Reduction (IATF/DR) bildet ein Forum innerhalb<br />

der UN zur Minderung von <strong>Naturkatastrophen</strong>. Die Abteilung steht unter der Leitung vom<br />

Unter-Generalsekretär für Humanitäre Angelegenheiten und besteht aus 25 UN, internationalen,<br />

regionalen und zivilgesellschaftlichen Organisationen.<br />

Es ist das Hauptorgan für die Entwicklung von Katastrophen-reduzierenden Grundsätzen und<br />

Strategien, zuständig für die Kooperation internationaler Maβnahmen auf allen Ebenen, die Integration<br />

der Grundsätze und stellt sicher, dass die Hilfsarbeiten von anderen Agenturen komplementiert<br />

werden, so dass keine Lücken im System entstehen. Die IATF fungiert als internationale<br />

Informationsquelle zur Katastrophenreduktion und startet Kampagnen zur Stärkung des<br />

Bewusstseins. Jährlich wird der sogenannte „Annual Strategic Plan of Action“ veröffentlicht, in


dem die Strategien behandelt werden und die wichtigsten Aktivitäten aufgelistet werden, die in<br />

einem bestimmten Zeitrahmen zu bearbeiten sind.<br />

Die Arbeit findet in „Working Groups“ statt, die <strong>nach</strong> Themen sortiert sind. WG1 kümmert sich<br />

um Klima und Katastrophen unter der Leitung der WMO, WG2 um Früh-Warnung unter der UNEP,<br />

WG3 um Risiko, Verletzbarkeit, Einschätzung des Impakts unter UNDP und WG4 um Brände unter<br />

dem „Global Fire Monitoring Center“ in Freiburg.<br />

In Abb. 20 ist die Zusammenarbeit der ISDR auf allen Ebenen abgebildet. Die Plattform für die<br />

Promotion of Early Warning wurde in Kooperation mit UNESCO-IOC entwickelt. Es ist eine Tsunami<br />

Früh-Warn-System Initiative, die <strong>nach</strong> der Tsunami Katastrophe am 26. Dezember 2004 gestartet<br />

wurde. Die ersten vorbereitenden Schritte und Koordinierungsmechanismen zur Errichtung<br />

eines umfassenden Früh-Warn-Systems für die Region um den Indischen Ozean werden unter<br />

dieser Initiative verfolgt.<br />

Man erhofft sich dadurch die öffentliche Sicherheit und das Selbstbewusstsein, die nationale Entwicklung<br />

von Kapazitäten für die Notfallplanungen, den Informationsaustausch und die Koordinierungsmechanismen<br />

zu verbessern.<br />

Die Fördermittel in Höhe von USD 11 Millionen kommen von der Europäischen Kommission,<br />

Finnland, Deutschland, Japan, Norwegen und Schweden.<br />

Abb. 20 ISDR System der Zusammenarbeit 19


4.3.5. UN-HABITAT „United Nations Human Settlements Programme“<br />

Weltsiedlungsgipfel<br />

Die UN-Habitat ist das Wohn- und Siedlungsprogramm der Vereinten Nationen. 2001 wurde es<br />

von der UN-Generalversammlung zu einem eigenständigen Programm der UNO erklärt. Die<br />

Zentrale mit Sitz in Nairobi, Kenia, ist das sogenannte UNCHS „United Nations Centre for Human<br />

Settlements“.<br />

Der erste Weltsiedlungsgipfel der Vereinten Nationen „HABITAT“ fand 1976 in Vancouver, Kanada,<br />

statt. Er beschäftigte sich mit Fragen der Wohnungsversorgung und Wohnungsnot. Als Folge dieser<br />

Konferenz wurde zwei Jahre später das UNCHS gegründet. Es besteht aus 58 Mitgliedstaaten,<br />

die alle Regionen der Welt repräsentieren. Seine Aufgabe ist es, die Arbeit von HABITAT politisch<br />

zu begleiten und zu bewerten, sowie die UN-Generalversammlung und den UN-Wirtschafts- und<br />

Sozialrat in Belangen der <strong>nach</strong>haltigen Entwicklung im Bereich Wohn- und Siedlungswesen zu<br />

beraten.<br />

Zwei Jahrzehnte <strong>nach</strong> der ersten Konferenz fand 1996 in Istanbul, Türkei die zweite Gipfelkonferenz<br />

„HABITAT I“ (auch „The Cities Summit“) statt. Sie stand im Zeichen der weltweiten Verstädterung<br />

und Verslumung der Städte. Zum Abschluss wurden die „Habitat-Agenda“ und die „Istanbul-<br />

Deklaration“ verabschiedet, worin die erarbeiteten Konzepte für eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung<br />

im Bau- und Siedlungswesen festgehalten wurden. Dieser globale Aktionsplan umfasst über 100<br />

Verpflichtungen und 600 Empfehlungen, unter anderem folgende Ziele: adäquate, bedürfnisorientierte<br />

Unterkunft für alle, eine <strong>nach</strong>haltige, menschliche Siedlungsentwicklung in einer sich<br />

verstädternden Welt, die Schaffung von Kapazitäten und institutionelle Entwicklung, internationale<br />

Kooperation und Koordination und die Umsetzung und Weiterverfolgung der Habitat-<br />

Agenda.<br />

Ein konkretes Ziel (Target 11 of Goal No.7) ist es, das Leben von mindestens 100 Millionen Slumbewohnern<br />

bis 2020 zu verbessern.<br />

Bei einer Sondersitzung der UN-Generalversammlung in New York City 2001 kamen alle 171 am<br />

Programm beteiligten Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zusammen, um ihre Erfolge darzustellen.<br />

Bei dem sogenannten Treffen „Istanbul +5“ legten viele Staaten erstmals Nationalberichte<br />

zur Umsetzung der Habitat-Agenda vor.<br />

Die UN-Habitat befasst sich mit folgenden Aufgabengebieten, wovon die DMP und EMP sich mit<br />

dem Bauen und Städtebau im speziellen auseinander setzt.<br />

- Urbane Entwicklung und Management (EMP)<br />

- Urbane Wirtschaft und Finanzierung von Bauten<br />

- Land und Gehäuse<br />

- Wasser und Sanitäranlagen<br />

- Risiko und Katastrophenmanagement (DMP)<br />

- Soziale Eingliederung<br />

- Information und Überwachung<br />

Das „Best Practices and Local Leadership Programm” (BLP) unterstützt die Durchführung der UN-<br />

Habitat Agenda und der Local Agenda 21 zur Verbesserung städtischer Lebensbedingungen<br />

durch Wissens- und Erfahrungsaustausch. 20<br />

Zu den Aktivitäten der Best Practices gehören die Bewusstseinsbildung und Verbreitung des Pro-


gramms durch die Durchführung eines Award Programms (DIABP, der Dubaii International Award<br />

for Best Practices), ein Informations- und Erfahrungsaustausch mittels evaluierter Best Practices,<br />

die Vermittlung der daraus gewonnenen Erfahrungen und die Evaluierung ihres Nutzens in der<br />

Politik und bei Capacity Building Programmen und die entsprechende Förderung von Best Practice-Expertise<br />

und -Erfahrungen.<br />

Zur Beobachtung und Evaluierung der Implementierung der Habitat-Agenda und der Millennium<br />

Development Goals (MDGs) der UN wird eine Analyse von weltweiten Trends in der Regionsentwicklung,<br />

neuen Fragestellungen und Lösungsvorstellungen aufbereitet. Habitat-Agenda<br />

und MDGs werden über internationale Konferenzen und Seminare, Veröffentlichung und Verteilung<br />

von Grundsatzpapieren und Berichten, Fallstudien und Projektbeschreibungen, sowie Pilot-<br />

Transfers von Best Practices über dezentral organisierte Kooperationsschienen verbreitet und im<br />

Bewusstsein aller verankert.<br />

In der Datenbank sind über 2.000 politische Empfehlungen, Lösungsvorschläge und Methoden<br />

aus 140 Ländern gesammelt, die den Regierungen, lokalen Behörden und anderen zivilgesellschaftlichen<br />

Organisationen zur Verfügung gestellt werden. Die Information konzentriert sich<br />

unter anderem auf Projekte zur Stärkung der Kommunen, Capacity Building und Gleichberechtigung<br />

und unter Einbeziehung aller sozialen Gruppen.<br />

Anhand des „Housing Reconstruction Programme“ aus Argentinien soll ein Eindruck dieser Datenbank<br />

gewonnen werden. 21<br />

4.3.5.1. DMP „Disaster Management Programme“<br />

Das DMP unterstützt die Regierungen und lokalen Behörden der Länder <strong>nach</strong> Krieg oder <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

wiederaufzubauen. Ihre Mission wird auf der Homepage festgehalten. „Dealing at<br />

early stages with the rehabilitation of social and economic conditions in post-disaster or postconflict<br />

situations offers a unique opportunity to rethink past development practices, improve<br />

the sustainability of human settlements development and prepare communities to prevent<br />

against threats and risks.“ 22<br />

Die Habitat-Agenda verpflichtet UN-Habitat, die Führung in den folgenden Bereichen zu übernehmen:<br />

Krisenprävention, Abschwächung von Katastrophen, Vorbereiten im Falle einer Katastrophe<br />

und der Rehabilitation in Bezug auf das Siedlungswesen. Dies soll durch die Unterstützung<br />

von den nationalen Regierungen, lokalen Behörden und Gemeinden im Aufbau von<br />

Kapazitäten für ein erfolgreiches Krisenmanagement erreicht werden. Das DMP setzt sich zusätzlich<br />

dafür ein, die Entscheidungstreffer und Gemeinden über Methoden zur Milderung und adäquate<br />

Rehabilitationsmaßnahmen zu informieren. Es führt <strong>Wiederaufbau</strong> und Entwicklung durch<br />

das Kombinieren der technischen Experten, dem normativen Verständnis und den Erfahrungen,<br />

die während Einsätzen vor Ort gemacht wurden zusammen.<br />

Die Strategie zur Unterstützung der Regierungen und Behörden, soll durch die folgenden Methoden<br />

geleistet werden.<br />

- Entwicklung von Techniken und Tools zum Management von Katastrophenprävention,<br />

Milderung und Rehabilitation<br />

- Trainingsprogramme entwickeln und ausführen, Unterstützung von anderen Agenturen<br />

und Projekten vor Ort<br />

- Förderung der Kooperation zwischen Institutionen und Experten im Siedlungswesen<br />

langfristige Unterstützung durch Partnerschaften inner- und außerhalb der UNHABITAT


Abb. 21 UN-HABITAT Erdbebensicheres Bauen: Plakat für Pakistan 23<br />

- <strong>Wiederaufbau</strong> des Lebensunterhalts<br />

- Umsiedlung, Rehabilitation und Gehäuse für Katastrophenopfer (vgl. Abb. 21)<br />

- Sicherstellen von Besitztümern<br />

Die Umsetzung erfolgt über längerfristige technische und normative Unterstützung in Zusammenarbeit<br />

mit Partnern inner- und auβerhalb der UN-Habitat. Zusätzlich gibt es Einrichtungen<br />

für Einsätze in den Notfall-Phasen, um zu allen Zeiten vor, während und <strong>nach</strong> Einbruch einer<br />

Naturkatastrophe einsatzbereit zu sein.<br />

4.3.5.2 EMP „Urban Environment Planning and Management Programme“<br />

Die EMP ist für die Planung und das Management zur <strong>nach</strong>haltigen Stadtentwicklung zuständig.<br />

Es dient der Unterstützung der lokalen Behörden und deren Aufbau von Kapazitäten. In Kooperation<br />

mit UNEP wurde diese Einheit aufgebaut, um die Missionen der UN-Habitat und der UNEP<br />

auf der städtischen Ebene zu unterstützen. Momentan werden Projekte in über 30 Ländern betreut.<br />

Ein konkretes Projekt mit den erwähnten Zielen ist das SCP „Sustainable Cities Programme”,<br />

das Anfang der 90er Jahre eingerichtet wurde.<br />

Die Strategie zielt darauf ab, die Stärken der lokalen Kapazitäten zu verbessern, um vorrangige<br />

Themen zur urbanen Umwelt zu adressieren, ein Kopieren der EMP-Aktivitäten zu ermöglichen,<br />

um den Impakt der Einsätze zu erweitern und das Mobilisieren von Institutionen, die EMP unterstützen<br />

können.<br />

Finanziert wird das Programm über multi- und bilaterale externe Unterstützung von UN-Habitat,<br />

UNEP, UNDP, ILO, Weltbank, Niederlande, Japan, Frankreich, Dänemark und der Groβbritannien.


Der Ablauf eines Projekts unter der Leitung der UNEP wird anhand ins Internet gestellter Berichte<br />

wie beispielsweise das Aceh Nias Settlements Support Projekt geschildert. 24<br />

4.3.5.3 Gender<br />

Die UN-Habitat entwickelt Strategien für Nach-Katastrophen-Szenarien speziell in Bezug auf Frauen<br />

und ihren Bedürfnissen. In Kooperation mit ISDR und DMP werden Analysen zur Integration<br />

von Genderbelangen in Bezug auf Krisenmanagement-Grundsätze und Praktiken angefertigt.<br />

Für Afrika wurden 2004 in Nairobi neue Leitlinien verabschiedet, die an die Regierungen und<br />

Entwicklungspartner gerichtet wurden. Es soll das Besitzrecht der Frauen stärken, so dass es für<br />

sie einfacher wird <strong>nach</strong> dem Verlust des Mannes oder der Zerstörung des Grundes ihr Land zu<br />

behalten oder wiederzubekommen. Zusätzlich wurden Finanzierungshilfen für Hausbau, Land<br />

und Grundstück angesetzt.<br />

4.3.6 CSD „Commission on Sustainable Development“<br />

Kommission der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung<br />

Die CSD ist eine funktionelle Kommission unter dem UN-Wirtschafts- und Sozialrat mit 53 Mitgliedsstaaten,<br />

die die Ziele der UNCED (United Nations Conference on Environment and Development),<br />

Agenda 21 und des Johannesburg-Aktionsplans (Plan of Implementation) verfolgt. Es<br />

ist eine Plattform für Fachwissen zur Förderung des Dialogs zwischen Ministerien und den „Major<br />

Groups“ (d.h. NGOs, Verbände).<br />

Die „Division for Sustainable Development“ (DSD) der UN dient der CSD als Sekretariat. Sie unterstützt<br />

und koordiniert den Prozess der Kommission, organisiert die jährlichen Treffen die schon<br />

vorher erwähnten Aktivitäten und bereitet die Berichte für den Generalsekretär vor. Weitere Abteilungen<br />

unter der DSD befassen sich mit: Policy Integration and Analysis, National Information,<br />

Monitoring and Outreach, National Information Analysis, Programme Coordination, Major<br />

Groups and Partnerships, Energy and Transport, Water, Natural Resources and Small Island Developing<br />

States (SIDS) und Office of the Director, Planning and Liaison.<br />

Das Ziel ist es soziale, ökonomische und ökologische Aspekte einer <strong>nach</strong>haltigen Entwicklung<br />

mit in die Formulierung der Grundsätze und Leitlinien zu integrieren. Besonders wichtig ist ein<br />

breites öffentliches Mitwirken, um eine erfolgreiche Entwicklung zu erzielen. Für neun Gruppen<br />

wurden spezielle Rollen und Aufgaben erarbeitet, um sie in den Prozess zu integrieren.<br />

Die Agenda 21 ist ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert<br />

und ein Leitpapier zur <strong>nach</strong>haltigen Entwicklung. Auf der UNCED, der „Konferenz für<br />

Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen“ in Rio de Janeiro wurde das Programm von<br />

179 Staaten, repräsentiert von Regierungsvertretern, und vielen nichtstaatliche Organisationen<br />

verabschiedet. Das umfangreiche Werk bestehend aus 359 Seiten wird in folgende vier Abschnitte<br />

unterteilt: Soziale und wirtschaftliche Dimensionen, Erhaltung und Bewirtschaftung der<br />

Ressourcen für die Entwicklung, Stärkung der Rolle wichtiger Gruppen und Möglichkeiten der<br />

Umsetzung. In den einzelnen Kapiteln werden die Probleme behandelt und Vorschläge geliefert.<br />

In Kapitel 28, „Initiativen der Kommunen zur Unterstützung der Agenda 21“ wird propagiert, dass<br />

globale Probleme oftmals am besten auf der örtlichen Ebene zu lösen sind. Das Motto „Global<br />

denken - lokal handeln!“ soll durch die Erarbeitung einer lokalen Agenda 21 für die angesprochenen<br />

Kommunen verwirklicht werden. Da <strong>nach</strong> 10 Jahren keine groβen Erfolge ersichtlich waren,<br />

wurden „local action 21“-Kampagnen aufgesetzt, um die Umsetzung der Ziele der Agenda<br />

21 zu verstärken.


Abb. 22 UNHCR Helfer vor Ort <strong>nach</strong> einem Tsunami<br />

Abb. 23 UNHCR Projekt Wasserstelle in Tansania<br />

Das Ziel der Agenda ist es durch anzupassende Wirtschafts-, Umwelt- und Entwicklungspolitik<br />

die Bedürfnisse der heutigen Generation zu befriedigen, ohne dadurch die Chancen der kommenden<br />

Generationen zu verringern. Im Sinne <strong>nach</strong>haltiger Entwicklung muss in den Industrieländern<br />

die Wirtschaftspolitik und damit auch die Energie-, die Agrar- und die Handelspolitik<br />

angepasst werden, da die Industrieländer im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung wesentlich mehr<br />

Ressourcen verbrauchen. In Schwellen- und Entwicklungsländern bezieht sich die Agenda 21<br />

eher auf Armutsbekämpfung, Bevölkerungspolitik, Bildung, Gesundheit, Trinkwasser- und Sanitärversorgung,<br />

Abwasser- und Abfallbeseitigung sowie ländliche Entwicklung.<br />

Die Kritik an der Agenda 21 ist nicht zu ver<strong>nach</strong>lässigen. Es wird bemängelt, dass die Visionen<br />

nicht mit der Wirklichkeit vereinbar sind, das die Ziele unklar, teils mehrdeutig formuliert sind und<br />

das eine Zusammenarbeit mit Groβkonzernen besteht, um nur drei Kritikpunkte zu nennen.<br />

4.3.7 UNHCR „United Nations Refugee Agency“<br />

Der UNHCR „United Nations High Commissioner for Refugees“ ist der Beauftragte für alle internationalen<br />

Flüchtlingsfragen. Die Einrichtung ist zuständig für die Errichtung von Flüchtlingslagern<br />

sowie die Koordinierung und Steuerung der internationalen Hilfe bei groβen Flüchtlingskatastrophen.<br />

Bei Ausbruch einer Katastrophe werden nationale und internationale Organisationen erst<br />

<strong>nach</strong> Auftrag von UNHCR tätig (vgl. Abb. 22 und 23). Zusätzlich erarbeitet die UNHCR Richtlinien<br />

für Architekten beim Aufbau und der Betreuung des Aufbaus von Notlagern.<br />

Für den Einsatz vor Ort ist besonders der soziale und kulturelle Hintergrund zu betrachten und<br />

in den Planungen zu berücksichtigen und zu integrieren. Funktional gesehen muss zum Beispiel<br />

darauf geachtet werden, ob Wasser vorhanden ist und wie weit das Notlager davon entfernt ist,<br />

Abb. 24 UNHCR Finanzchart: Budget, Einkommen, Ausgaben 25


um eine sinnvolle Wasserversorgung zu gewährleisten. Die Lager sollten mindestens drei Meter<br />

über dem Meeresspiegel liegen und Sumpfgebiete gemieden werden. Der Platzbedarf pro Person<br />

liegt bei 30 m 2 Land und 3,5 m 2 Wohnfläche. In die Planungen der neuen Städte sollte die<br />

Infrastruktur, Freiräume unter anderem für zukünftige Bauten, Zufahrten und Wege sowie Sanitäreinrichtungen<br />

mit aufgenommen werden. Grundsätzlich sollten kleine Gemeinschaftseinheiten<br />

gebildet werden, die wenn möglich nicht in einem städtischen Gittergrundriss geordnet<br />

sind. Um die Region in den <strong>Wiederaufbau</strong> mit einzubinden, sind lokale Materialien zu untersuchen<br />

und <strong>nach</strong> Gebrauch zu verwenden. Die Aufforderung zur Mithilfe der Opfer beim Aufbau<br />

ist eines der wichtigsten Aufgaben der Hilfskräfte, um sicherzustellen, dass ein Bezug zur neuen<br />

Umgebung hergestellt wird.<br />

4.3.8. WMO – World Meteorological Organization<br />

Die Mission der WMO ist die Verbesserung der weltweiten Kooperation innerhalb der bestehenden<br />

Netzwerke und Stationen zur Überwachung des Klimas.<br />

Die wichtigste Funktion der WMO ist dabei die Bereitstellung fundierter wissenschaftlicher Daten<br />

über atmosphärische Prozesse, die Süßwasservorkommen der Erde und Klimafragen, sowie<br />

die Entwicklung von Netzen von Mess- und Beobachtungsstationen (einschließlich saisonaler<br />

Wettervorhersagen). Auch die Förderung der internationalen Zusammenarbeit bei der Beobachtung<br />

der globalen Wetterlage ist entscheidend, um einen raschen Austausch von Wetterdaten zu<br />

ermöglichen.<br />

Die WMO mit dem Hauptsitz in Genf in der Schweiz hat 187 Mitglieder und konnte in den Jahren<br />

2004-2007 über ein Budget von USD 253,8 Millionen verfügen.<br />

4.3.9. WHO – World Health Organisation<br />

Die WHO ist für die Erfassung der Gesundheitsbedürfnisse der Menschen in Notsituationen zuständig<br />

und stellt Gesundheitsinformationen zur Verfügung. Die Organisation hilft bei der entsprechenden<br />

Koordination und Planung der Einsätze vor Ort und ist für die Entwicklung und<br />

Durchführung von Nothilfeprogrammen verantwortlich, die die Überwachung der Ernährungssituation<br />

und die Entwicklung von Epidemien betreffen.<br />

Um mit Katastrophen besser umzugehen, wurde von der WHO das „WHO - 3 Jahresprogramm“<br />

(2004-2007) ins Leben gerufen. Das Programm wurde in Zusammenarbeit mit 400 Partnern und<br />

Mitgliedsstaaten der WHO entwickelt, um die Kapazitäten in Bezug auf die Organisation, Koordination<br />

uvm. zu vergrößern und im Katastrophenfall zu stärken (Capacity Building). Die Bereiche<br />

Vorbereitung, Reaktion und <strong>Wiederaufbau</strong> sind von zentraler Bedeutung. Die vier Kernfunktionen<br />

der WHO in Katastrophenfällen sind laut diesem Programm:<br />

- Einschätzung des Gesundheitszustandes und sofortige Gewährleistung medizi<br />

nischer Dienste sowie die Kategorisierung der Krankheiten <strong>nach</strong> Priorität<br />

- Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Koordination medizinischer<br />

Hilfeleistungen<br />

- Sicherstellung der sofortigen Identifikation und Behebung von kritischen Lücken in<br />

der medizinischen Versorgung


- Revitalisierung und Kapazitätserweiterung der Gesundheitssysteme für die Vorberei<br />

tung und Reaktion auf Katastrophen<br />

Die Regierungen von England, Schweden, Kanada und Russland als auch die EU haben USD 31<br />

Millionen für 3 Jahre zur Verfügung gestellt, um das Programm zu verwirklichen.<br />

Die Bedeutung des Gender-Aspekts bei <strong>Naturkatastrophen</strong> wird in dem IASC Handbuch für Geschlechtergleichheit<br />

bei humanitären Handlungen (Women, Girls Boys & Men Different Needs<br />

– Equal Opportunities) ausführlich dargelegt. 26<br />

Die WHO hat 193 Mitglieder und wird durch Ordentliche Beiträge der Mitgliedsstaaten und freiwilligen<br />

Beiträge, deren Höhe <strong>nach</strong> der Zahlungsfähigkeit der Länder bemessen wird, finanziert.<br />

Einzelne Projekte werden teilweise als Public Private Partnership (PPP) finanziert. 2004-2005 beliefen<br />

sich die Mittel der WHO auf USD 71,4 Millionen. Das Zweijahresbudget von 2006-2007 betrug<br />

sogar UDS 3,313 Milliarden.<br />

4.3.10. FAO/WFP – Food and Agricultural Organization/World Food Programme<br />

Die FAO kümmert sich unter anderem um die Erfassung der Lebensmittelversorgung in Ländern,<br />

die durch <strong>Naturkatastrophen</strong> von einer möglichen Lebensmittelknappheit bedroht sind<br />

und führt mit dem WFP gemeinsame Nothilfeeinsätze durch, um Nahrungsmittelhilfe zu leisten.<br />

Außerdem engagiert sich die FAO bei der Bewältigung landwirtschaftlicher Probleme, beim <strong>Wiederaufbau</strong><br />

der Nahrungsmittelproduktion und technischen Beratung in landwirtschaftlichen<br />

Notsituationen. Das übergeordnete Ziel der FAO ist daher die <strong>nach</strong>haltige Hilfeleistung. Es soll<br />

sichergestellt werden, dass die Bevölkerung <strong>nach</strong> der Katastrophe wieder in der Lage ist, sich<br />

selbst zu ernähren um nicht dauerhaft auf Hilfsprogramme und Lebensmittelspenden angewiesen<br />

zu sein.<br />

Die Organisation hat außerdem Richtlinien für Notfälle entwickelt (gender guidelines for emergency<br />

preparedness: 2001), damit auf die Bedürfnisse der Geschlechter eingegangen wird. Die<br />

Richtlinien beinhalten unter anderem Schlüsselfragen, die in Notfallsituationen beantwortet<br />

werden um sicherzustellen, dass die Notfalleingriffe auf die Geschlechterunterschiede abgestimmt<br />

sind.<br />

Die FAO hat 189 Mitglieder und ein Budget für Hilfsmaßnahmen für die Jahre 2004-2005 von USD<br />

749 Millionen.<br />

Die FAO arbeitet eng mit dem WFP zusammen, dessen Aufgaben unter anderem die Mobilisierung<br />

von Lebensmitteln und Hilfsgeldern und die Durchführung und Koordination der Hilfs- und<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>programme - die hauptsächlich auf die Wiederherstellung der betroffenen Infrastruktur<br />

abzielen - sind. Ebenso wichtig ist jedoch auch die Hilfe beim <strong>Wiederaufbau</strong> lebensnotwendiger<br />

Infrastruktur (Strassen, Kanalisation, Bodenaufbereitung für die Landwirtschaft, uvm.)<br />

des WPO, wodurch die nötige „Hilfe zur Selbsthilfe“ erst realisierbar wird.<br />

Das WFP wird ausschließlich durch freiwillige Beiträge und Spenden finanziert. Es werden aber<br />

auch Waren- und Lebensmittelspenden angenommen. Die Ausgaben für Hilfsmaßnahmen 2003<br />

betrugen USD 4,3 Milliarden.


5. Fazit<br />

Die Analyse dieser drei staatenübergreifenden Organisationen lässt uns zu dem Schluss kommen,<br />

dass die OECD überwiegend theoretisch Mechanismen und Prozessabläufe entwickelt und<br />

somit den betroffenen Ländern Instrumente und Know How zur Verfügung stellt, um die Koordination<br />

vor Ort möglichst reibungslos zu gestalten und die Reaktion auf <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

zu optimieren. In Hinblick auf <strong>Naturkatastrophen</strong> ist die OECD besonders in den Bereichen Best<br />

Practise, Prävention, Entwicklung von Notfallstrategien und Einsatzplänen und in der Transparenzgewährleistung<br />

bei der Spenden- und Gelderverteilung tätig.<br />

Die Weltbank hingegen hat sich die Finanzierung von Projekten, die Verteilung der Gelder, Kreditvergaben,<br />

Beratungstätigkeiten und vor allem den Aufbau der Infrastruktur <strong>nach</strong> Katastrophen<br />

zur Aufgabe gemacht und beteiligt sich langfristig an Projekten des <strong>Wiederaufbau</strong>s.<br />

Die Organisation, welche hauptsächlich vor Ort tätig ist, ist die UN. Sie leistet mit Know How und<br />

Fachkräften in bestimmten Bereichen in den Krisengebieten Hilfe, ist also zuständig für Prävention,<br />

Soforthilfe, <strong>Wiederaufbau</strong>, Langzeitprogramme, uvm.<br />

In vielen Bereichen sind natürlich auch Überschneidungen und Parallelen festzustellen. Es wird<br />

aber von allen Beteiligten versucht die verschiedenen Organisationen und Projekte und auch die<br />

finanziellen Mittel so zu koordinieren und zu verteilen, dass bei einem Katastrophenfall ein effektives<br />

und vollständiges Gesamtkonzept entsteht, um alle Bereich der nötigen Hilfeleistungen<br />

abdecken zu können.


Abb. 1: Steigender Trend von <strong>Naturkatastrophen</strong> in den vergangenen Jahren<br />

Abb. 2: Betroffenen Staaten des Seebebens 2004 im Indischen Ozean<br />

Abb. 3: Generelle Arbeitsweise der OECD<br />

Abb. 4: Nötige Schritte für das Wirtschaftswachstum<br />

Abb. 5: Projektzyklus der Weltbank<br />

Abb. 6: Temporäre Unterkünfte<br />

Abb. 7: Dauerhafte Unterkünfte<br />

Abb. 8: PEKKA Projekt<br />

Abb. 9: Village Mapping<br />

Abb. 10: Häuserbau in Sri Lanka<br />

Abb. 11: Organigram der United Nations<br />

Abb. 12: Organigram der UNDP<br />

Abb. 13: Millennium Development Goals Icons<br />

Abb. 14: UNEP Umwelt Fördermittel: 25 Top-Spender<br />

Abb. 15: UNEP Finanzierung: Programme zur Umwelt<br />

Abb. 16: Schicksal im Armenviertel<br />

Abb. 17: Alternative Energiegewinnung<br />

Abb. 18: Organigram der OCHA<br />

Abb. 19: OCHA Einsatzorte<br />

Abb. 20: ISDR System der Zusammenarbeit<br />

Abb. 21: UN-HABITAT Erdbebensicheres Bauen: Plakat für Pakistan<br />

Abb. 22: UNHCR Helfer vor Ort <strong>nach</strong> einem Tsunami<br />

Abb. 23: UNHCR Projekt Wasserstelle in Tansania<br />

Abb. 24: UNHCR Finanzchart: Budget, Einkommen, Ausgaben<br />

1<br />

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23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

UNITED NATIONS 2006<br />

LESER 201: S. 548<br />

LESER 2001: S.547<br />

UNITED NATIONS 2006<br />

http://maps.grida.no/go/graphic/trends_in_natural_disasters<br />

http://www.unep.org/tsunami/reports/TSUNAMI_report_complete.pdf<br />

http://www.oecd.org/pages/0,3417,en_36734052_36761681_1_1_1_1_1,00.html<br />

http://www.oecd.org/dataoecd/55/57/37378001.pdf<br />

http://web.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/EXTABOUTUS/<br />

http://siteresources.worldbank.org/OPPORTUNITIES/Images/projectcycle-ar03_big.gif<br />

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http://www.undp.org/mdg/goal1.shtml<br />

UNITED NATIONS ENVIRONMENT PROGRAMM (2006): Learn about UNEP - UNEP Organization Profile<br />

UNITED NATIONS ENVIRONMENT PROGRAMM (2006): Learn about UNEP - UNEP Organization Profile<br />

http://ochaonline3.un.org/AboutOCHA/Organigramme/tabid/1153/Default.aspx<br />

CAP 2006<br />

http://ochaonline2.un.org/Default.aspx?alias=ochaonline2.un.org/roap<br />

http://www.unisdr.org/eng/isdr-system/schematic-ISDR-system.jpg<br />

vgl. http://www.bestpractices.at<br />

vgl.http://database.bestpractices.org/bp_display_best_practice.php?best_practice_id=795<br />

UN-HABITAT<br />

http://www.paktribune.com/news/images/UN-habitat-eng-back.jpg<br />

www.unhabitat.org/content.asp?cid=4914&catid=286&typeid=13&subMenuId=0<br />

http://www.unhcr.org/publ/PUBL/4492678911.pdf<br />

WHO – Health Action in Crisis


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zu Katastrophenursachen – Katastrophenvorsorge – Katastrophenhilfe. Bonn.<br />

- FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION: URL: http://www.fao.org (Abrufdatum: 10.05.2007).<br />

- INTERNATIONAL STRATEGY FOR DISASTER REDUCTION: URL://http://www.unisdr.org (Abrufdatum: 10.05.2007).<br />

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- UNITED NATIONS ENVIRONMENT PROGRAMM: URL: http://www.unep.org (Abrufdatum: 04.05.2007).<br />

- UNITED NATIONS ENVIRONMENT PROGRAMM (2006): Learn about UNEP - UNEP Organization Profile<br />

- UNITED NATIONS HUMAN SETTLEMENTS PROGRAMM: URL: http://www.unhabitat.org (Abrufdatum: 04.05.2007).<br />

- UNITED NATIONS INTERNATIONAL STRATEGY OF DISASTER REDUCTION: URL: http://www.unisdr.org (Abrufdatum: 07.05.2007).<br />

- WEDO (2007): URL: http://www.wedo.org/ (Abrufdatum 25.05.2007).<br />

- WIEGAND, GERD (1978): Organisatorische Aspekte der Internationalen Verwaltung von<br />

Entwicklungshilfe. Berlin.<br />

- WINDERL, THOMAS. UNDP for Beginners: A Beginner‘s Guide to the United Nations Development Programme. 2nd Edition June 2006. URL:<br />

http://www.sas.undp.org/documents/UNDP_forbeginners.pdf.<br />

- WORLD BANK: URL: http://www.worldbank.org (Abrufdatum: 08.05.2007).<br />

- WORLD BANK (2007): http://web.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/EXTABOUTUS/


Hilfsorganisationen in Deutschland


Gender in Architecture – <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

1. Einleitung<br />

2. Vorstellung der einzelnen Institutionen<br />

2.1. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />

2.1.1 Geschichte<br />

2.1.2 Leitmotive<br />

2.1.3 Innere Struktur<br />

2.1.4 Finanzen<br />

2.1.5 Aufgabenfeld und Durchführung<br />

2.1.6 Entwicklungsorientierte Not – und Übergangshilfe<br />

2.1.7 Projektbeispiel El Salvador: <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> der Erdbebenka<br />

tastrophe<br />

2.2 KfW Entwicklungsbank<br />

2.2.1 Überblick<br />

2.2.2 Finanzierung<br />

2.2.3 Aufgabenfeld und Umsetzung<br />

2.2.4 Projektbeispiel Indonesien: <strong>Wiederaufbau</strong> Sekundarbildung<br />

2.3 Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)<br />

2.3.1 Überblick<br />

2.3.2 Leitbilder<br />

2.3.3 Innere Struktur<br />

2.3.4 Finanzierung<br />

2.3.5 Aufgabenfeld<br />

2.3.6 Kooperationen<br />

2.3.7 Projektbeispiel in Indonesien<br />

2.4 Technisches Hilfswerk (THW)<br />

2.4.1 Überblick<br />

2.4.2 Leitbilder<br />

2.4.3 Innere Struktur<br />

2.4.4 Aufgabenfeld<br />

2.4.5 Kooperationen<br />

2.4.6 Projektbeispiel in Indonesien und Thailand<br />

2.5 Deutsches Rotes Kreuz (DRK)<br />

2.5.1 Überblick<br />

2.5.2 Grundsätze<br />

2.5.3 Innere Struktur<br />

2.5.4 Finanzierung<br />

2.5.5 Aufgabenfeld<br />

2.5.6 Aktivitäten als Hilfsorganisation<br />

2.5.7 Beispiel: Erdbeben in Pakistan<br />

2.6 Deutsche Welthungerhilfe (DWHH)<br />

2.6.1 Überblick<br />

2.6.2 Leitbild<br />

2.6.3 Innere Struktur<br />

2.6.4 Finanzierung<br />

2.6.5 Verteilung der Mittel<br />

2.6.6 Aufgabenfeld<br />

2.6.7 Aktivitäten als Hilfsorganisation<br />

2..6.8 Projektentwicklung am Beispiel Pakistan<br />

3. Fazit<br />

4. Bibliographie<br />

Organisationen in Deutschland


1. Einleitung<br />

Der Schwerpunkt unserer Arbeit stützt sich<br />

auf die Organisationen in Deutschland, die<br />

im Falle einer Naturkatastrophe mit Hilfsleistungen<br />

reagieren bzw. durch Vorsorgemaßnahmen<br />

versuchen, diesen schon im<br />

vornherein entgegen zu wirken.<br />

Wir werden versuchen, die einzelnen Organisationen<br />

in einem kurzen Überblick<br />

vorzustellen und ihre allgemeinen Aufgaben<br />

und die Handlungs- – und Vorgehensweisen<br />

im Katastrophenfall zu erläutern.<br />

Weiterhin zeigen wir die Verknüpfung unter<br />

den einzelnen Organisationen in den<br />

Einsatzgebieten, da diese oft Hand in Hand<br />

arbeiten und deren Aktivitäten aufeinander<br />

aufbauen bzw. miteinander eng verzahnt<br />

sind.<br />

Logos der vorgestellten Organisationen


Bundesminister Walter Scheel beim Auslandsbesuch<br />

Ministerin des BMZ Heidemarie Wieczorek - Zeul<br />

Heidemarie Wieczorek - Zeul im Gespräch mit Einheimischen<br />

2. Vorstellung der einzelnen Institutionen<br />

2.1. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />

2.1.1 Geschichte<br />

Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland wird am 14. November 1961<br />

eingerichtet. Erster Bundesminister wird<br />

der FDP – Politiker Walter Scheel.<br />

Doch Deutschlands ist schon vor diesem<br />

Datum in der Entwicklungspolitik tätig.<br />

Bereits 1956 wird von der Bundesregierung<br />

ein erster Fonds mit 50 Mio. DM eingerichtet,<br />

der allerdings auf verschiedene<br />

Ministerien und Abteilungen aufgeteilt ist.<br />

Durch die zunehmende Komplexität dieses<br />

Arbeitsbereiches und die steigende Bedeutung<br />

der Entwicklungszusammenarbeit ist<br />

die Schaffung eines entsprechenden Ministeriums<br />

eine logische Folgerung.<br />

1972 wird dem Ministerium auch die Zuständigkeit<br />

für die finanzielle Zusammenarbeit<br />

mit den Partnerländern zugeteilt, so<br />

dass es ab dann eine wirklich eigenständige<br />

Entwicklungspolitik gestalten konnte.<br />

Des Weiteren ist das BMZ seit 1998 auch<br />

für die Federführung innerhalb der Bundesregierung<br />

für die Entwicklungszusammenarbeit<br />

der EU zuständig. 1<br />

Seit den Anfangsjahren bis heute sagte die<br />

Bundesregierung den Entwicklungsländern<br />

mehr als 51,5 Milliarden Euro zu. 2<br />

Die amtierende Ministerin des BMZ ist seit<br />

Oktober 1998 Heidemarie Wieczorek-Zeul<br />

von der SPD.


2.1.2 Leitmotive<br />

Anhand der „Millenniumserklärung“, die im September 2000 von hochrangigen Vertretern<br />

aus 189 Ländern in New York verabschiedet wurde, gestaltete die Bundesregierung<br />

wenige Monate später ihr ressortübergreifendes „Aktionsprogramm 2015“, das die Richtung<br />

der deutschen Entwicklungspolitik definiert und immer auf einen aktuellen Stand<br />

gebracht wird. Es ist stark an die „Millenniumserklärung“ der Vereinten Nationen angelehnt<br />

und enthält zehn Punkte, die besondere Bedeutung haben:<br />

1. Wirtschaftliche Dynamik und aktive Teilhabe der Armen erhöhen<br />

2. Das Recht auf Nahrung verwirklichen und Agrarreformen durchführen<br />

3. Faire Handelschancen für die Entwicklungsländer schaffen<br />

4. Verschuldung abbauen und Entwicklung finanzieren<br />

5. Soziale Grunddienste gewährleisten und soziale Sicherheit stärken<br />

6. Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen sichern und eine intakte Umwelt fördern<br />

7. Alle Menschenrechte verwirklichen und Kernarbeitsnormen respektieren<br />

8. Die Gleichberechtigung der Geschlechter fördern<br />

9. Die Beteiligung der Armen am gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen<br />

Leben sichern und verantwortungsvolle Regierungsführung stärken<br />

10. Konflikte friedlich austragen und menschliche Sicherheit und Abrüstung fördern<br />

3<br />

Bildunterschriften Din Regular 6pt linksbündig mit Bild


Hauptsitz des BMZ in Bonn<br />

Bundestag<br />

2.1.3 Innere Struktur<br />

Das BMZ hat insgesamt mehr als 600 Mitarbeiter<br />

beschäftigt, wobei rund 80% im<br />

Hauptsitz Bonn tätig sind und die restlichen<br />

Beschäftigten in Berlin.<br />

Der Dienstsitz Bonn besteht aus 3 Abteilungen<br />

mit insgesamt 37 Referaten. Im<br />

kurzen Überblick ist die Abteilung 1 überwiegend<br />

mit allgemeinen Verwaltungsaufgaben<br />

und für die Zusammenarbeit mit<br />

gesellschaftlichen Kräften und politischen<br />

Stiftungen zuständig.<br />

Die Abteilung 2 erarbeitet die Grundsatzarbeit<br />

mit den Ländern, ist für die bilaterale<br />

Zusammenarbeit und die Koordinierung<br />

aller entwicklungspolitischen Maßnahmen<br />

verantwortlich. Außerdem steuert sie die<br />

Technische- und Finanzielle Zusammenarbeit<br />

mit den einzelnen Ländern und ist<br />

für die Entwicklungszusammenarbeit der<br />

Regionen Asien, Lateinamerika und Europa<br />

zuständig.<br />

In der Abteilung 3 werden die Zusammenarbeit<br />

mit internationalen Organisationen<br />

sowie die Erarbeitung von Grundsätzen<br />

und Förderungskonzepten geplant. Auch<br />

die Zuständigkeit für die Regionalbereiche<br />

Afrika und Nahost ist dieser Abteilung zugeordnet.<br />

Der Dienstsitz in Berlin, der aus 13 Referaten<br />

besteht, ist hauptsätzlich mit der<br />

Wahrnehmung der politischen Aufgaben<br />

in Berlin vertraut, wie z.B. Parlament, Kabinett,<br />

Presse und politische Planung. Des<br />

Weiteren befinden sich Arbeitsbereiche<br />

des BMZ, die eine intensive Zusammenarbeit<br />

mit anderen Ministerien in Berlin erfordern<br />

ebenfalls in der Hauptstadt. 4


2.1.4 Finanzen<br />

Da das BMZ ein Ministerium ist, erhält es<br />

seine Gelder aus dem Bundeshaushalt.<br />

Dieser hatte für das Jahr ein Gesamtbudget<br />

von ca. 267,6 Mrd. , wobei dem BMZ<br />

davon ca. 4,5 Mrd. zur Verfügung gestellt<br />

wurden. Dies ist im Einzelplan 23 festgelegt<br />

und bedeutet im Vergleich zum Vorjahr<br />

eine Aufstockung des Etats um 324 Mio. .<br />

Für das kommende Haushaltsjahr hat<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem<br />

G8 – Gipfel in Heiligendamm eine weitere<br />

Erhöhung der Gelder für Entwicklungshilfe<br />

in Höhe von 750 Mio. zugesagt, was den<br />

stärksten Zuwachs an Mitteln im gesamten<br />

Bundeshaushalt bedeutet.<br />

Dazu muss jedoch gesagt werden, dass<br />

sich die Bundesrepublik in einem Stufenplan<br />

der EU verpflichtet hat, die Mittel der<br />

öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit<br />

bis zum Jahr 2015 auf 0,7% des Bruttonationaleinkommens<br />

zu steigern. Da<br />

jedoch durch die steigende Konjunktur in<br />

Deutschland das Bruttonationaleinkommen<br />

im Vergleich zum Vorjahr deutlich<br />

höher ausfallen wird, fällt die Hilfe für die<br />

Entwicklungsländer prozentual gesehen<br />

niedriger aus als im Vorjahr.<br />

Erwähnenswert ist außerdem, dass der<br />

Einzelplan 23 mit 14,1% Anteil einen der<br />

größten Investitionshaushalte der Bundesrepublik<br />

darstellt, rund drei Viertel der<br />

Ausgaben werden investiert.<br />

Das bedeutet laut einer Studie des Ifo<br />

– Instituts aus dem Jahr 1999, dass eine<br />

Milliarde Euro bis zu drei Milliarden Euro<br />

Exporte, etwa zehn Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt<br />

und zwei Milliarden Euro<br />

öffentliche Einnahmen <strong>nach</strong> sich zieht. 6<br />

Die Ausgaben des Bundes <strong>nach</strong> Einzelplänen<br />

Verteilung der Mittel innerhalb des BMZ


2.1.5 Aufgabenfeld und Durchführung<br />

Die Hauptaufgabe des BMZ liegt in der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten und Leitlinien für eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklungspolitik<br />

der Bundesrepublik Deutschland. Diese Vorgaben sind Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Partnerländern sowie den<br />

externen Akteuren und Ausgangsbasis für die Verwirklichung von geplanten Projekten.<br />

Das BMZ arbeitet auf Bilateraler Ebene mit den Partnerländern zusammen - politisch wie finanziell. Das bedeutet, dass eine direkte<br />

Zusammenarbeit mit den Partnerländern praktiziert wird. Es werden Länderkonzepte entwickelt, an denen fast immer auch andere Geberländer<br />

in Bündnissen mitwirken, denn die Wirksamkeit aus verschiedenen Quellen ist meist deutlich effizienter. In den Konzepten für<br />

die Partnerländer werden gemeinsam gezielt Schwerpunkte festgelegt, um Impulse für bestimmte Regionen zu geben, in der Hoffnung,<br />

dass diese eine positive, übergreifende Wirkung auf angrenzende Gebiete haben. „Länderkonzepte sind das zentrale Managementinstrument<br />

und Basis für mittelfristige Zusammenarbeit. Ausgestattet werden sie in Verträgen, in denen die Zielsetzungen und Zeitpläne<br />

sowie Art und Höhe der Förderungen konkret ausformuliert sind.“ 5<br />

Für die Durchführung der angestrebten Entwicklungsziele beauftragt das BMZ ausschließlich Durchführungsorganisationen, die entweder<br />

staatlich sind wie z.B. das THW oder so genannte NGOs (Nichtregierungsorganisationen) wie das GTZ sowie kirchliche wie politische<br />

Stiftungen und private Träger. Diese haben durch ihre meist langjährigen Erfahrungen einen besseren Überblick über die Lage in den<br />

Partnerländern und sind durch die nahe Arbeit mit der unterprivilegierten und armen Bevölkerungsschicht besser mit der Situation der<br />

Bevölkerung vertraut. Folglich sind natürlich auch Erfahrungen und Meinungen der NGOs für das BMZ äußerst wichtig, um deren Ratschläge<br />

in weitere Projekte einzubinden, sie sind also auch aktiv an der Gestaltung von Projekten beteiligt.<br />

Bei allen Vorhaben ist es dem Ministerium sehr wichtig, eine langfristige Wirkung zu erzielen. Das bedeutet, dass z.B. die „Hilfe zur<br />

Selbsthilfe“ bzw. Wissensaustausch eine große Bedeutung spielt sowie auf eine <strong>nach</strong>haltige Katastrophenvorsorge bei jedem Projekt<br />

geachtet wird.<br />

Unerlässlich für eine effiziente Hilfe ist in erster Linie auch, dass die Hilfsgelder wirkungsvoll eingesetzt werden. Darum wird jedes<br />

Projekt nicht nur am Ende der Realisierung, sondern auch schon im laufenden Prozess auf seine Wirksamkeit von externen Gutachtern<br />

überprüft. Das BMZ wertet diese Ergebnisse anschließend selbst aus und kann so Erfolge auch bei anderen Projekten anwenden bzw.<br />

aus Rückschlägen lernen. 6


2.1.6 Entwicklungsorientierte Not – und Übergangshilfe<br />

Das BMZ hat im Jahr 2005 einen Haushaltstitel für Entwicklungsorientierte Not – und<br />

Übergangshilfe geschaffen, denn der innere Zusammenhang zwischen Notlagen und Entwicklungsprozessen<br />

ist unübersehbar: Tatsache ist, dass Frieden und Stabilität in einem<br />

Land Vorraussetzungen für eine positive Entwicklung sind, gerade aber ärmere Länder<br />

von Krisen, Konflikten und <strong>Naturkatastrophen</strong> betroffen sind, wodurch jahrelange Entwicklungsbemühungen<br />

zugrunde gemacht werden. Die daraus folgende Armut und Ressourcenknappheit<br />

ist wiederum eine weitere Ursache für Konflikte, so dass ein Teufelskreis<br />

entsteht. Um diesen Kreis zu durchbrechen, setzt die Entwicklungsorientierte Not<br />

– und Übergangshilfe auf eine Strategie des fließenden Übergangs von humanitärer Hilfe<br />

und Nothilfe zur längerfristigen, <strong>nach</strong>haltigen Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Dazu muss gesagt werden, dass „die Linderung der ersten, unmittelbaren Not <strong>nach</strong> Eintritt<br />

einer Kiese oder Katastrophe ... durch Humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amts (erfolgt).<br />

Die wichtigsten Hilfsgüter werden schnell und bedarfsorientiert zur Verfügung gestellt.“<br />

Unter Umständen werden bei komplizierteren Notlagen auch andere Ressorts wie<br />

z.B. das Verteidigungsministerium miteinbezogen.<br />

Die Dauer der Projekte der Entwicklungsorientierten Not – und Übergangshilfe beträgt<br />

in der Regel zwischen sechs Monaten und drei Jahren, kann aber in Ausnahmesituationen<br />

mit besonderer Begründung verlängert werden. In dieser Zeit wird versucht, schnell<br />

wirksame und sichtbare Erfolge zu erzielen und eine Grundlagenschaffung für die weiterführende<br />

Entwicklungshilfe zu schaffen, wobei das Hauptaugenmerk auf folgenden<br />

Bereichen liegt:<br />

- Sicherstellung der Ernährung<br />

- Seuchenbekämpfung<br />

- Schaffung oder Wiederherstellung einer sozialen oder infrastrukturellen Mindestversorgung,<br />

insbesondere in den Bereichen Trinkwasser und Abwasserversorgung,<br />

soziale Dienste, Unterkunft und Transport<br />

- Stärkung der Selbsthilfekräfte<br />

- Hilfen für Flüchtlinge<br />

Die Gelder hierfür werden spontan zur Verfügung gestellt und es bestehen keine Bindungen<br />

an Länderquoten, Regierungsverhandlungen oder dem Notenwechsel. Auch hier werden<br />

die Projekte von Durchführungsorganisationen, hauptsächlich der GTZ (Gesellschaft<br />

für technische Zusammenarbeit), WEP (Welternährungsprogramm) sowie nationalen und<br />

internationalen NGOs durchgeführt. 7


2.1.7 Projektbeispiel El Salvador: <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> der Erdbebenkatastrophe<br />

Große Teile El Salvadors wurden im Januar<br />

2001 von zwei kurz aufeinander folgenden<br />

Erdbeben zerstört, wobei mehr als 1.200<br />

Menschen starben. 150.000 Häuser wurden<br />

zerstört und 47.000 Arbeitsplätze in Fabriken<br />

und Handwerksbetrieben vernichtet.<br />

Um den <strong>Wiederaufbau</strong> rasch voranzutreiben,<br />

wurden <strong>nach</strong> der Katastrophe 2,5 Mio.<br />

Euro vom BMZ bereitgestellt um in insgesamt<br />

neun Gemeinden Unterstützung zu<br />

leisten.<br />

„Neben direkter Hilfeleistung an die betroffene<br />

Bevölkerung wurde der <strong>Wiederaufbau</strong><br />

von Gebäuden mit Erdbebensicherer Bauweise<br />

gefördert. Um die Zerstörung von<br />

öffentlichen Einrichtungen durch Hangrutschungen<br />

in Zukunft zu vermeiden, wurden<br />

gefährliche Lagen stabilisiert. Gemeindeverwaltungen<br />

wurden bei der Planung<br />

und Koordinierung der Aufbaumaßnahmen<br />

gefördert ... Dies ermöglichte in Koordination<br />

mit anderen Gebern und Nichtregierungsorganisationen<br />

den <strong>Wiederaufbau</strong><br />

von Wohnhäusern mit erdbebenresistenter<br />

Technik.“ 8<br />

Des weiteren wurden die zerstörten Gesundheitszentren<br />

erdbebensicher wiederaufgebaut<br />

und deren Reserven von<br />

Notfallmedizin aufgestockt, um bei zukünftigen<br />

Katastrophen schnell Hilfe vor<br />

Ort leisten zu können.<br />

Durch die Beteiligung der Bevölkerung an<br />

dem <strong>Wiederaufbau</strong> und durch Aus – und<br />

Fortbildungsmaßnahmen wurde versucht,<br />

den betroffenen Menschen schnell wieder<br />

die Möglichkeit zu geben, Arbeit zu bekommen<br />

und Einkommen zu erwirtschaften.<br />

Um die Wiederherstellung der zerstörten<br />

Betriebe zu gewährleisten wurde außerdem<br />

ein spezieller Kreditfonds bereitgestellt.<br />

9


2.2 KfW Entwicklungsbank<br />

2.2.1 Überblick<br />

Die KfW – Bankengruppe, die früher Kreditanstalt für <strong>Wiederaufbau</strong> hieß, wurde am 16.<br />

Dezember 1948 gegründet, um aus dem Mitteln des Marshallplans den <strong>Wiederaufbau</strong> der<br />

deutschen Wirtschaft zu finanzieren. Heute besteht die KfW - Bankengruppe aus fünf verschiedenen<br />

Gruppen, die unterschiedliche Förderbereiche haben.<br />

Hier folgt ein kurzer Überblick über die verschiedenen Gruppen, wobei im folgendem speziell<br />

auf die KfW – Entwicklungsbank eingegangen wird:<br />

- KfW Mittelstandsbank: Förderung des Mittelstandes sowie von Existenzgründungen<br />

- KfW Förderbank: Förderung von Investitionen im Wohnungsbau (Schaffung<br />

von Wohneigentum, Energetische Gebäudesanierung, Modernisieren, Infrastruktur<br />

von Städten) sowie Aus – und Weiterbildungen (Stipendien)<br />

- KfW IPEX – Bank: Förderung der Export – und Projektfinanzierung, insbesondere<br />

deutscher Exporteure<br />

- DEG (Deutsche Entwicklungsgesellschaft): Förderung von privatwirtschaftlichen<br />

Strukturen in Entwicklungsländern<br />

- KfW Entwicklungsbank: Förderung der finanziellen Unterstützung in Entwicklungs–<br />

und Reformländern 10<br />

Hauptstandort der KfW ist Frankfurt a.M. und Niederlassungen in Bonn und Berlin. Zurzeit<br />

hat die Bank mehr als 3.800 Mitarbeiter. Bis heute hat die KfW Entwicklungsbank über<br />

2.500 Projekte in mehr als 100 Ländern verwirklicht und ist gleichzeitig das bedeutendste<br />

Instrument des BMZ für Finanzielle Zusammenarbeit (FZ).<br />

Gesamtfördervolumen der KfW - Bankengruppe


2.2.2 Finanzierung<br />

Da die KfW Bankengruppe eine Anstalt öffentlichen Rechts ist, wird deren Kapital heute zu vier Fünfteln von der Bundesrepublik<br />

Deutschland und zu einem Fünftel von den Bundesländern gehalten, wobei die Bundesrepublik für alle Verbindlichkeiten und Kredite<br />

der KfW haftet. Die Bilanzsumme der KfW betrug für das Jahr 2006 360 Mrd. Euro. 11<br />

Ihr Gesamtfördervolumen im Jahr 2007 beträgt 76,8 Mrd. Euro, wobei auf die KfW Entwicklungsbank ca. 2,5 Mrd. Euro fallen. Das Kapital<br />

für die Förderprogramme besteht zu zwei Dritteln aus Mitteln des Bundeshaushalts und zu einem Drittel aus selbsterwirtschafteten<br />

Mitteln aus dem Kapitalmarkt.<br />

Übersicht der jeweiligen Verteilung der KfW - Entwicklungsbank<br />

Für die Partnerländer gibt es mehrere,<br />

auf die jeweilige Situation in den Ländern<br />

abgestimmte Förderprogramme. Das sind<br />

zum einen Mittel aus dem BMZ, FZ – Entwicklungskredite<br />

und FZ – Förderkredite.<br />

Auch die Mittel aus dem Bundeshaushalt<br />

werden individuell vergeben, hauptsächlich<br />

an die ärmsten Länder. So gibt es z.B.<br />

für LDC – Länder (Least Developed Countries)<br />

FZ – Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt<br />

werden müssen.<br />

Die Mittel der FZ – Entwicklungskredite<br />

sind eine Mischung aus Geldern des Bundeshaushalts<br />

und Geldern, die auf dem<br />

Kapitalmarkt selbst erwirtschafteten wurden.<br />

Hier versucht die KfW insbesondere<br />

bei Schwellenländern dem steigenden Finanzbedarf<br />

gerecht zu werden, besonders<br />

beim Ausbau der öffentlichen Infrastruktur.<br />

Die FZ – Entwicklungskredite sind als<br />

Verbundfinanzierung, Mischfinanzierung<br />

bzw. Zinsverbilligung verfügbar.<br />

Die Gelder aus den FZ – Förderkrediten sind<br />

ausschließlich von der KfW selbst erwirtschaftet,<br />

wobei die Bank in dem Fall auch<br />

das Risiko alleine trägt. Es handelt sich<br />

um Kredite zu marktnahen Bedingungen,<br />

die versuchen, die Lücke zwischen den FZ<br />

– Entwicklungskrediten und Krediten von<br />

Geschäftsbanken zu schließen. Sie sind<br />

besonders dafür geeignet, den Finanzsektor<br />

und die Wirtschaft in fortgeschrittenen<br />

Entwicklungsländern zu fördern. 12/13/14


2.2.3 Aufgabenfeld und Umsetzung<br />

Der Hauptbereich der KfW Entwicklungsbank liegt in erster Linie darauf, die Ziele der Bundesregierung finanziell umzusetzen und die<br />

Reformen der Entwicklungsländer mit Fördermitteln zu unterstützen und so die wirtschaftliche und soziale Lage der Menschen dort<br />

zu verbessern. Dennoch ist die KfW keine rein finanzielle Eingreiftruppe von außen. Wie das BMZ beauftragt sie staatliche oder private<br />

Durchführungsorganisationen bei den Vorhaben und arbeitet partnerschaftlich mit ihnen während des gesamten Projektverlaufs<br />

zusammen. Dabei durchlaufen alle Projekte den gleichen Ablauf, um in allen Stadien des Verlaufs einen Überblick zu behalten und die<br />

Qualitätssicherung sicherzustellen. Dieser sieht folgendermaßen aus: Projektvorbereitung<br />

Prüfungsverfahren<br />

Finanzierungsvertrag<br />

Ausschreiben und Lieferungen und Leistungen<br />

Projektdurchführung<br />

Inbetriebnahme und Abschlusskontrolle<br />

Schlussprüfung 15<br />

Um die Wirksamkeit der eingesetzten Mittel zu steigern, setzt die KfW Entwicklungsbank gezielte Schwerpunkte, womit versucht wird,<br />

den Streueffekt zu vermindern. Außerdem arbeitet die KfW Entwicklungsbank stark mit anderen deutschen und internationalen Institutionen<br />

der Entwicklungszusammenarbeit zusammen. Das hat erhebliche Vorteile: der Organisationsaufwand verringert sich, wenn die<br />

Partner sich untereinander abstimmen und eine Verdopplung der Maßnahmen wird vermieden. Durch die Kofinanzierung mehrerer Geberländer<br />

können auch Projekte realisiert werden, die im Alleingang nicht machbar gewesen wären, außerdem hat eine Kooperation den<br />

Vorteil, dass die Stärken der jeweiligen Länder besser genutzt werden und somit die Effektivität gesteigert wird. Eine äußerst effiziente<br />

Form ist die „delegierte Zusammenarbeit“, d.h. ein Land verwaltet die Gelder von anderen Geberländern mit, wodurch mit vereinheitlichten<br />

Verfahren die Transaktionskosten für das Partnerland reduziert werden und die Effizienz gesteigert wird. 16/17<br />

Die Förderbereiche der KfW Entwicklungsbank spezialisieren sich auf vier Hauptschwerpunkte:<br />

1. Verbesserung der sozialen Infrastruktur: dazu zählen der Ausbau von Bildungs– und Gesundheitseinrichtungen, Kampagnen<br />

zur AIDS – Bekämpfung, Impfprogramme, die Trinkwasserversorgung, Abwasser – und Müllbeseitigung sowie Kommunalför<br />

derung und Wohnraumversorgung<br />

2. Förderung der wirtschaftlichen Infrastruktur: die Verbesserung der Telekommunikation, Transport - und Verkehrswesen s<br />

wie die Energieversorgung, wobei besondere Aufmerksamkeit den erneuerbaren Energien gewidmet wird<br />

3. Den Aufbau von leistungsfähigen Finanzsystemen zur Mikrofinanzierung und Versorgung kleiner und mittlerer Unternehmen<br />

mit Krediten<br />

4. Landwirtschaft und Ressourcensicherung 18


2.2.4 Projektbeispiel Indonesien: <strong>Wiederaufbau</strong> Sekundarbildung<br />

Das Seebeben und der daraus folgende<br />

Tsunami am 26. Dezember 2004 hat viele<br />

Länder getroffen, unter anderem den Inselstaat<br />

Indonesien. Besonders betroffen<br />

waren hier die Regionen Aceh im Norden<br />

Sumatras. Allein in Indonesien starben offiziellen<br />

Angaben <strong>nach</strong> 126.000 Menschen.<br />

Der Zerstörungsgrad der Häuser betrug bis<br />

zu 80%, wobei dazu auch 14 Berufsschulen<br />

und 20 allgemein bildende Schulen zählten,<br />

die samt Ausstattung (Lehrmaterial,<br />

Maschinen, Mobiliar) zerstört wurden.<br />

Ziel war es, den Neubau bzw. die Reparaturen<br />

der Berufsschulen und Sekundarschulen<br />

inklusive deren Ausstattung zu<br />

verwirklichen. Zudem sollten die Ausbildungen<br />

in den Sekundarschulen den regionalen<br />

Arbeitsmarktbedingungen angepasst<br />

werden, um eine Stabilisierung bzw.<br />

Verbesserung der Lebensbedingungen der<br />

Menschen zu erreichen.<br />

Nachdem die indonesische Regierung die<br />

von der Katastrophe betroffenen Schulen<br />

gemeldet hat, wurden diese vor Ort untersucht<br />

und in einer ersten Phase elf davon<br />

wiederaufgebaut bzw. repariert. In einer<br />

zweiten Phase wurde die Instandsetzung<br />

oder Erweiterung von indirekt betroffenen<br />

Berufsschulen vorgesehen, die zur Unterstützung<br />

des Friedensprozesses in ehemaligen<br />

Krisengebieten gefördert werden,<br />

wobei hier auch Ausbildungsmaßnahmen<br />

für Fach – und Führungskräfte der Berufsschulen<br />

und für Mitarbeiter der Bildungsverwaltung<br />

auf Provinz – und Distriktebene<br />

durchgeführt wurden. Der <strong>Wiederaufbau</strong><br />

der Berufsschulen wurde als FZ/TZ – Kooperationsvorhaben<br />

mit der Gesellschaft<br />

für technische Zusammenarbeit (GTZ)<br />

durchgeführt. 19


2.3 GTZ – Gesellschaft für technische Zusammenarbeit<br />

2.3.1 Überblick<br />

„Als weltweit tätiges Bundesunternehmen der internationalen Zusammenarbeit für <strong>nach</strong>haltige Entwicklung unterstützt die Deutsche<br />

Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH die Bundesregierung bei der Verwirklichung ihrer entwicklungspolitischen<br />

Ziele. Sie bietet zukunftsfähige Lösungen für politische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Entwicklungen in einer globalisierten<br />

Welt und fördert komplexe Reformen und Veränderungsprozesse auch unter schwierigen Bedingungen. Ihr Ziel ist es, die Lebensbedingungen<br />

der Menschen <strong>nach</strong>haltig zu verbessern.“ Die GTZ wurde 1975 gegründet. Sie ist ein privatwirtschaftlich organisiertes<br />

Unternehmen im Eigentum des Bundes. Die Aufgaben werden gemeinnützig wahrgenommen und erwirtschaftete Überschüsse werden<br />

ausschließlich wieder für Projekte der Internationalen Zusammenarbeit verwendet. Ihr Hauptauftraggeber ist das Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Zusätzlich arbeitet sie für andere Bundesressorts, für Regierungen anderer<br />

Länder, für internationale Auftraggeber wie die Europäische Kommission, die Vereinten Nationen oder die Weltbank und auch für<br />

Unternehmen der privaten Wirtschaft. 20 Mit ihrer weltweiten Tätigkeit unterstützt die GTZ Länder und Personen mit dem Hauptaugenmerk<br />

auf die Nachhaltigkeit.


Die Säulen der Nachhaltigkeit<br />

Kernkompetenzen für Strategien <strong>nach</strong>haltiger Entwicklung<br />

2.3.2 Leitbilder<br />

Unter Nachhaltigkeit versteht die GTZ<br />

zukunftsfähige Lösungen für politische,<br />

wirtschaftliche, ökologische und soziale<br />

Entwicklungen zu entwickeln. Aus diesen<br />

Punkten entstehen die Säulen der Nachhaltigkeit,<br />

wobei die Politik den Rahmen<br />

dazu bildet. Die GTZ versteht sich unter anderem<br />

auch als Mittler zwischen Politik und<br />

Wirtschaft. Wenn soziale, wirtschaftliche<br />

und ökologische Ziele zusammenspielen<br />

entwickeln sich soziale Marktwirtschaft,<br />

ökologische und soziale Politik ökologische<br />

Wirtschaft. 21 Diese Punkte müssen richtig<br />

zusammen arbeiten und stabil bleiben, um<br />

eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung zu erreichen.<br />

Der Strategieprozess wird zusammengesetzt<br />

aus Analyse, Vision, Ziele, Strategien,<br />

Operationalisierung, Finanzierung, Umsetzung,<br />

Wirkungen. 22 Das Ziel besteht darin<br />

die Lebensbedingungen der Menschen<br />

langfristig, also <strong>nach</strong>haltig zu verbessern.<br />

Die technische Zusammenarbeit konzentriert<br />

sich vor allem auf die Vermittlung<br />

von Kenntnissen, mit denen Menschen<br />

ihre Gegenwart und Zukunft aus eigener<br />

Kraft gestalten können. Die Eigeninitiative<br />

und Fähigkeiten von Menschen, aber auch<br />

Organisationen werden gestärkt und die<br />

Grundlage für eine stabile Entwicklung,<br />

auch für künftige Generationen wird geschafft.<br />

23 Die GTZ arbeitet <strong>nach</strong> anerkannten<br />

internationalen Standards und wegen<br />

ihrer Rechtsform wird sie jedes Jahr mehrfach<br />

überprüft. Daher wird gleichermaßen<br />

wirtschaftlich und ethisch gearbeitet. Bei<br />

ihrer Arbeit achtet die GTZ besonders die<br />

Menschenwürde und die Menschenrechte,<br />

sowie den verantwortungsvolle Umgang<br />

mit Umwelt und Ressourcen. 24


2.3.3 Innere Struktur<br />

„Die GTZ ist privatwirtschaftlich als GmbH verfasst. Sie ist im Eigentum des Bundes. Geschäftsführer<br />

sind Dr. Bernd Eisenblätter und Wolfgang Schmitt. Die Zentrale befindet<br />

sich in Eschborn bei Frankfurt am Main.“ Andere Niederlassungen gibt es noch in Berlin,<br />

Bonn und Brüssel. 25 Außerdem hat die GTZ in anderen 67 Ländern eigene Büros. Von den<br />

10.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen arbeiten rund 970 in Eschborn. 26 Im regionalen<br />

Bereich sind Mitarbeiter auf die Regionen Afrika, Asien/Pazifik mit Lateinamerika/Karibik<br />

und Mittelmeer, Europa, Zentralasien spezialisiert. Planung und Entwicklung stehen im<br />

fachlichen Bereich. Zusätzlich gibt es noch den Geschäftsbereich GTZ International Services,<br />

welcher ausschließlich für internationale Auftraggeber arbeitet. „Die Agentur für<br />

marktorientierte Konzepte, GTZ-AgenZ, mit Sitz in Frankfurt am Main erweitert das GTZ-<br />

Beratungsangebot im Bereich politische Kommunikation und strategisches Marketing.<br />

Ebenfalls in Frankfurt ansässig ist das Centrum für internationale Migration und Entwicklung<br />

(CIM), eine Arbeitsgemeinschaft von GTZ und der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung<br />

(ZAV) der Bundesagentur für Arbeit. CIM arbeitet seit seiner Gründung im Jahr 1980 als<br />

Personalvermittlung mit entwicklungspolitischem Auftrag“. 27 Zurzeit werden rund 2.300<br />

Entwicklungsprojekte und –programme in 126 Ländern realisiert. 28 Zusätzlich überprüft<br />

die GTZ durch Evaluierungen Zielerreichung, Relevanz und Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens,<br />

seine Wirkung, sowie seine Nachhaltigkeit. 29<br />

Organigramm<br />

Evaluierungssystem<br />

Dr. Bernd Eisenblätter<br />

Wolfgang Schmitt


2005<br />

Geschäftsvolumen<br />

in Mio<br />

949,5<br />

Gesamtleistung<br />

863,8<br />

- davon gemeinnütziger Bereich<br />

692,6<br />

- davon internationale<br />

171,2<br />

Auftraggeber (GTZ International Services) 1.327,0<br />

Auftragseingang<br />

451,1<br />

- davon GTZ International Services<br />

778,3<br />

Einnahmen von öffentlichen Auftraggebern 666,6<br />

- davon BMZ<br />

64,5<br />

- davon Deutsche Öffentliche Auftraggeber 47,2<br />

- davon Kofinanzierung<br />

218,6<br />

Erteilte Aufträge<br />

Anzahl<br />

Projekte in Durchführung<br />

2.282<br />

Partnerländer<br />

126<br />

GTZ-Projektpersonal im Ausland und Inland 1.402<br />

- davon in Projekten öffentlicher Auftraggeber 1.166<br />

- davon bei GTZ International Services 236<br />

Nationales Personal in den Partnerländern 8.189<br />

- davon Fach- und Führungskräfte<br />

3.334<br />

Integrierte Fachkräfte (CIM)<br />

609<br />

GTZ-Personal der Zentrale gesamt<br />

981<br />

2006 Veränderungen<br />

in Mio z. Vorjahr in %<br />

1.005,4 +5,9<br />

944,6 +9,4<br />

771,4 +11,4<br />

173,1 +1,1<br />

1.152,9 -13,1<br />

286,6 -36,5<br />

832,3 +6,9<br />

703,8 +5,6<br />

67,5 +4,7<br />

61,0 +29,2<br />

236,2<br />

Anzahl<br />

+8,0<br />

2.198 -3,7<br />

122 -3,2<br />

1.465 +4,5<br />

1.178 +1,0<br />

287 +21,6<br />

8.974 +9,6<br />

3.701 +11,0<br />

720 +18,2<br />

967 -1,4<br />

2.3.4 Finanzierung<br />

Hauptauftraggeber der GTZ ist die Bundesregierung,<br />

79% (693 Millionen Euro) des<br />

Umsatzes im Jahr 2005 kamen von dem<br />

BMZ und anderen Bundesressorts. Der<br />

Aufsichtsratsvorsitzende der GTZ, Erich<br />

Stather, ist ebenfalls Staatssekretär im<br />

BMZ. Der Gesamtumsatz in diesem Jahr<br />

belief sich auf 875 Millionen Euro. 30 Die<br />

restlichen rund 21% (183 Millionen Euro)<br />

wurden hauptsachlich im Auftrag von internationalen<br />

Auftraggebern erwirtschaftet, 31<br />

für diesen Bereich ist das GTZ International<br />

Services zuständig. Die wichtigsten Kunden<br />

in diesem Geschäftsbereich sind die Europäische<br />

Kommission und die Regierungen<br />

von Partnerländern aus eigenen Budgetmitteln.<br />

Dazu gehören unter anderem Saudi<br />

Arabien, die Golfstaaten und Äthiopien.<br />

Weitere internationale Auftraggeber sind<br />

UN-Organisationen (wie UNHCR), die Weltbank<br />

und Regionalbanken und bilaterale<br />

Geber. Internationale Privatunternehmen<br />

werden von der GTZ bei Direktinvestitionen<br />

in Entwicklungsländern unterstützt. 32 Einen<br />

kleinen Anteil der Kunden übernimmt<br />

die Privatwirtschaft, diese können die GTZ<br />

entweder mit der Planung und Umsetzung<br />

von Projekten oder mit extra für sie entwickelten<br />

Leistungen direkt beauftragen.<br />

Eine weitere Möglichkeit ist, in schon laufende<br />

Entwicklungsprojekte einzusteigen,<br />

dabei werden Leistungen und Risiken geteilt.<br />

Diese Entwicklungspartnerschaften<br />

werden Public Private Partnership (PPP)<br />

genannt. 33


2.3.5 Aufgabenfeld<br />

Die Leistungsangebote der GTZ liegen hauptsächlich in beratender Funktion. Sie versucht gemeinsam mit ihren Auftraggebern effiziente<br />

Lösungen zu entwickeln, ohne die Nachhaltigkeit zu ver<strong>nach</strong>-lässigen. 34 Eine der Aufgaben ist die Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung<br />

mit dem Ziel leistungsfähige Wirtschafts-, Finanz- und Qualifizierungssysteme zu entwickeln. Dabei wird auf die berufliche<br />

Bildung, die wirtschaftliche Beratung, Finanzsystementwicklung, Privatwirtschaftsförderung und <strong>nach</strong>haltiges Wirtschaften eingegangen.<br />

35 Die GTZ berät auch Staaten in Bezug auf Demokratie und Armutsbekämpfung. Bei diesen Punkten werden die Schwerpunkte auf<br />

entwicklungs-orientierte Nothilfe, Friedensentwicklung und Krisenprävention, Governance, <strong>nach</strong>haltige Stadtentwicklung und strukturelle<br />

Armutsbekämpfung gelegt. 36 Die Staaten sollen also lernen ihre Länder selbst in die richtige Richtung zu führen. Ein weiterer<br />

Aufgabenschwerpunkt bezieht sich auf Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit. Es wird versucht die Menschen vor HIV/AIDS oder<br />

auch Drogen zu schützen, die Gesundheit im Allgemeinen soll verbessert werden. Die Bildung bekommt eine gewichtigere Stellung, das<br />

unter anderem durch die Förderung von Kindern und Jugendlichen. 37 Wenn man sich selbst ernähren kann, werden dadurch Hunger<br />

bekämpft, aber auch gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen. Das ergibt das nächste Leistungsangebot der GTZ, Agrarwirtschaft, Fischerei<br />

und Ernährung. Die Lösungen dazu beziehen sich auf Küstenzonenmanagement, Landmanagement, marktorientierte Agrar- und Ernährungswirtschaft,<br />

Politikberatung für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und Subsistenzsicherung an marginalen ländlichen<br />

Standorten. 38 Eine weitere Aufgabe ist die Verbesserung der Infrastruktur, ohne die Umwelt aus den Augen zu lassen. Dazu gehören<br />

Abfallwirtschaft, Energie, Management natürlicher Ressourcen, Transport und Mobilität, Umsetzung internationaler Umweltregime,<br />

Umweltpolitik und Wasser. 39 Sonstige Dienstleistungen der GTZ sind die Durchführung von EU-Förderprogrammen, Capacity Development,<br />

Expertensendung und Vermittlung, Konzeption und Organisation von Konferenzen und Veranstaltungen. 40


2.3.6 Kooperationen<br />

Die GTZ arbeitet mit vielen verschiedenen Einrichtungen zusammen, um die Effizienz<br />

ihrer Arbeit zu verbessern. Seit 2004 ist sie Mitglied des Global Compact, dieser wurde<br />

1999 von Kofi Annan gegründet und arbeitet an der Wahrung der Menschenrechte, an<br />

dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, an angemessenen Arbeits- und Sozialstandarts<br />

und auch an der Bekämpfung der Korruption. Einige Mitarbeiter der GTZ sind<br />

im Büro des Global Compact in New York angestellt. Das deutsche Global Compact steuert<br />

seine Aufgaben im Auftrag des BMZ in dem GTZ-Büro in Berlin. 41 Kooperationen hat das<br />

GTZ mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED), der Internationalen Weiterbildung und<br />

Entwicklung GmbH (InWEnt), der Deutschen Investitions- und Entwicklungs-gesellschaft<br />

und mit der KfW Entwicklungsbank. Mit diesen hat das GTZ Bürogemeinschaften in Ländern<br />

wie Ägypten, Vietnam, Manila, Indien, Jordanien, Guatemala und auch im südlichen<br />

Afrika. Darüber hinaus wurde eine Arbeitsgemeinschaft zwischen GTZ und Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA) entwickelt. Diese nennt sich Centrum für internationale Migration und<br />

Entwicklung (CIM) und kümmert sich um die Vermittlung von Fach- und Führungskräften,<br />

vor allem in Entwicklungsländern und Ländern in Mittel- und Osteuropa. Andere Kooperationspartner<br />

sind politische Stiftungen, die katholische und evangelische Kirche und viele<br />

Nichtregierungsorganisationen, wie die deutsche Welthungerhilfe und die World Conservation<br />

Union (IUNC). Verschieden Allianzen führt die GTZ mit der Bertelsmann-Stiftung,<br />

dem Goethe-Institut, oder auch mit dem Europäischen Zentrum für Menschenrechte und<br />

Demokratisierung. Diese Allianzen werden unter dem Motto „Synergien nutzen, gemeinsam<br />

profitieren“ gestaltet. Um mit verschiedenen Partnern besser zusammen arbeiten zu<br />

können wurde das European Network of Implementing Development Agencies gegründet,<br />

dazu gehören zur Zeit Großbritannien, Luxemburg, Belgien, Frankreich und Deutschland.<br />

42


2.3.7 Projektbeispiel in Indonesien<br />

Die GTZ arbeitet mit Hauptaugenmerk auf<br />

den Menschen. Nach dem Tsunami kümmerte<br />

sie sich besonders darum, die Betroffenen<br />

auf ihr Übergangsleben vorzubereiten,<br />

dass sie da<strong>nach</strong> wieder selbst, ohne<br />

fremde Hilfe leben können. Die Menschen<br />

sollten die Möglichkeit haben da<strong>nach</strong> wieder<br />

dasselbe zu arbeiten, wie zuvor. In<br />

Übergangssiedlungen wird auf eine gute<br />

soziale Stimmung geachtet. Die Mitarbeiter<br />

der GTZ haben auch immer ein offenes<br />

Ohr für die Probleme der Menschen, durch<br />

Gespräche werden die bestmöglichen Lösungen<br />

erarbeitet, dies passiert ebenso in<br />

Notsituationen, wie auch beim <strong>Wiederaufbau</strong>.<br />

Die psycho-soziale Betreuung fördert<br />

vor allem traumatisierten Frauen, Kinder<br />

und Jugendliche. Die Arbeit mit einheimischen<br />

Partnern nimmt einen wichtigen<br />

Grundsatz auf, dadurch kann auf eine erneute<br />

Katastrophe vorbereitet werden und<br />

die Anwohner können effizienter auch mit<br />

weniger Fremdhilfe arbeiten. Allein für die<br />

Hilfe im Indischen Ozean wurden 66,8 Mio.<br />

Euro bereitgestellt. 43 Ein Teil davon wurde<br />

in Indonesien verwendet für Not- und Soforthilfe,<br />

26 Übergangssiedlungen wurden<br />

gebaut, 1.500 Unternehmen bekamen finanzielle<br />

Starthilfe und Beratung, 43 neue,<br />

feste Wohnhäuser wurden fertig gestellt,<br />

10 km Straßen und Pisten wurden instand<br />

gesetzt, eine Schule wurde wieder aufgebaut,<br />

10 km Abwasserrohre und 5 km Wasserleitungen<br />

wurden verlegt und natürlich<br />

noch vieles mehr. 44


Gustav Heinemann<br />

Otto Lummitzsch<br />

2.4 THW-Technisches Hilfswerk<br />

2.4.1 Überblick<br />

Das Technische Hilfswerk wurde 1950 gegründet. Am 16. September diesen Jahres erteilte<br />

der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann den Auftrag zur Aufstellung<br />

eines zivilen Ordnungsdienstes. Zuständig dafür war Otto Lummitzsch, welcher am<br />

22. August 1950 mit Heinemann die Einzelheiten dieses Schutzinstrumentes klärte. Das<br />

Nachkriegseuropa brauchte zu dieser Zeit politische und kulturelle Veränderungen, das<br />

THW war eine der Neuerungen, die das erreichen sollte, es war für den Zivil- und Katastrophenschutz<br />

zuständig. Am 16. September wurde das THW offiziell gegründet, mit den<br />

Worten Lummitzsch solle mit „den Arbeiten für die Aufstellung eines zivilen Ordungsdienstes“<br />

beginnen. Im Jahr 1953 wurde das THW zu einer Bundesanstalt, bis heute ist es<br />

noch die einzige staatliche Katastrophenschutzorganisation in Deutschland. Zur Zeit des<br />

Kalten Krieges war die Hauptaufgabe die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit.<br />

Von Anfang an bestand der humanitäre Leitgedanke und das ehrenamtliche Engagement,<br />

was bis heute noch so geblieben ist. Der erste Einsatz im Ausland war in den Niederlanden<br />

im Jahr 1953, als das THW <strong>nach</strong> einer Sturmflut Hilfe leistete. Seit dem ist das THW<br />

eine international tätige Einsatzorganisation und hilft zum Beispiel <strong>nach</strong> Dürreperioden,<br />

Bürgerkriegen, Erdbeben oder vor kurzem erst <strong>nach</strong> der Tsunami-Katastrophe. Das beeindruckende<br />

Engagement des THW verhalf ihm zu zahlreichen Förderern und Gönnern,<br />

darunter auch Hans-Dietrich Genscher. Nach einem Einsatz in Frankreich 1999 taufte die<br />

französische Bevölkerung die Mitarbeiter des THW die „Blauen Engel“. Nach wie vor wird<br />

<strong>nach</strong> dem Ideal von Gustav Heinemann gearbeitet: „Wer nichts verändern will, wird auch<br />

des verlieren, was er bewahren möchte.“ 45<br />

Einsatz der “Blauen Engel”


2.4.2 Leitbilder<br />

Im Vordergrund der Arbeiten des THW steht die technisch-humanitäre Hilfe im In- und Ausland. Es ist zwar als Bundesbehörde aufgebaut,<br />

arbeitet aber im Selbstverständnis einer Einsatzorganisation. Das heißt, dass einerseits die Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit<br />

einer Behörde, aber auch das Ehrenamt und Arbeiter aus vielen Schichten und Berufen aufeinander treffen. Ein wichtiger Punkt der<br />

Leitbilder ist die Aufgabenwahrnehmung und Bürgernähe, es werden also menschliche Leben, körperliche Unversehrtheit und lebenswichtige<br />

Güter gesichert. Das Prinzip der Mitwirkung und Führungsstil beschreibt, dass die Helfer bei wesentlichen Entscheidungen<br />

mitreden können, jedoch gibt es passende Führungsstrukturen. Staatliche Mitarbeiter und ehrenamtliche Helfer müssen gut organisiert<br />

zusammen arbeiten, dies kann Vor- und Nachteile mit sich bringen. Daher entsteht eine Meinungs-/ Wertebildung und Konfliktkultur,<br />

die hauptsächlich auf Kompromisse hinaus lauft. Das THW arbeitet <strong>nach</strong> gesetzlich festgelegten Einsatzstrukturen. Das Selbstverständnis<br />

besteht, im Einsatz als Organisation zu arbeiten. 46<br />

Die Kernpunkte der technischen Leitbilder sind:<br />

1. ständige Optimierung und bedarfsgerechte Ausrichtung der Einsatzpotentiale des THW in einem evolutionären Prozess durch<br />

Schaffung von Freiräumen und konzeptionellen Verbesserungen der Technischen Züge mit ihren Bergungs- und Fachgruppen<br />

zur Sicherstellung eines standardisierten flächendeckenden Grundschutzes.<br />

2. eine an Risikoanalysen orientierte Spezialisierung von THW – Einheiten zur Sicherstellung des Sonderschutzes, die zugleich<br />

Bestandteil von organisationsübergreifenden Task Forces für überregionale und internationale Einsätze sein können.<br />

3. eine aktive Fortführung der Harmonisierung und der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr, den Hilfsorganisationen, den Lan<br />

des- und Bundespolizeibehörden und der Bundeswehr in den Bereichen des Führungssystems, der Ausbildung und<br />

der Ausstattung. 47<br />

Zusätzlich zu diesen Leitbildern bestehen zehn Leitsätze, <strong>nach</strong> welchen das THW vorgeht. „Die Zehn Leitsätze des THW sollen Verständnis,<br />

Verhalten und Identifikation prägen und allen ehren- und hauptamtlich Mitwirkenden im Verlauf ihrer Zugehörigkeit zu einer<br />

innerlichen „Blaufärbung“ verhelfen.“ (Jubiläumspublikation des THW).<br />

1. Das Leitbild verpflichtet alle Angehörigen des Technischen Hilfswerks.<br />

2. Wir sind eine ehrenamtlich getragene staatliche Organisation der Bundesrepublik Deutschland.<br />

3. Unser im THW-Helferrechtsgesetz festgelegter Auftrag ist Leistung technisch-humanitärer Hilfe, auch weltweit, und im Zivil<br />

schutz.<br />

4. Wir sind ein THW – identifizieren uns mit unserem Staat und bekennen den Auftrag als unser gemeinsames Ziel.<br />

5. In Verantwortung für unser Ziel bereiten wir uns mit aller Kraft und allem Können für den Einsatz vor.<br />

6. Kameradschaft, Verlässlichkeit, Loyalität und gegenseitige Achtung prägen unseren Umgang miteinander.<br />

7. Die Mitgestaltung der Helferschaft in den Gremien ist Voraussetzung bei der Führung und Weiterentwicklung der THW.<br />

8. Kommunikation ist unser wichtigstes Führungsinstrument.<br />

9. Jede Herausforderung wird als Chance zur Verbesserung betrachtet.<br />

10. Die THW-Jugend ist unsere Zukunft. 48


Organigramm<br />

2.4.3 Innere Struktur<br />

Die Leitung des Technischen Hilfswerks ist in Bonn, der Präsident ist Albrecht Broemme.<br />

Die rund 170 hauptamtlichen Mitarbeiter kümmern sich um die drei Hauptabteilungen Ehrenamt,<br />

Einsatz und zentrale Dienstleistungen. 49 Das ist jedoch nur ein kleiner Anteil der<br />

THW-Mitglieder, ca. 70.000 freiwillige Helfer sind ehrenamtlich tätig. 50 Die Organisation<br />

ist aufgebaut mit dem Präsidenten an der Spitze, da<strong>nach</strong> folgt die THW-Leitung, welche<br />

über den acht Länder- bzw. Landesverbänden sitzt, wiederum da<strong>nach</strong> bestehen 665 Ortsverbände.<br />

Diese Ortsverbände bestehen aus mindestens einem Technischen Zug, welcher<br />

einen Zugtrupp, zwei Bergungsgruppen und mindesten eine Fachgruppe beinhaltet.<br />

Aufbau Ortsverband Organigramm


2.4.4 Aufgabenfeld<br />

Die Hauptaufgaben des THW sind der normierte alltägliche Schutz, der standardisierte, flächendeckende Grundschutz, der Schutz für<br />

gefährdete Regionen und Einrichtungen und der Sonderschutz mit Hilfe von Spezialkräften, qualifizierte Hilfe zum Schutz der Bevölkerung<br />

in Deutschland und weltweit. 51 Die technische Hilfe im Zivilschutz ist <strong>nach</strong> § 1 Absatz 1 des früheren Zivilschutzes definiert, da<strong>nach</strong><br />

sollen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebenswichtige Dienststellen und Anlagen, sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen<br />

geschützt und deren Folgen beseitigt und gemildert werden. 52 Die technische Hilfe im Ausland ist ebenfalls im THW-Helferrechtsgesetz<br />

festgehalten. 53 Das THW ist verpflichtet, wenn die Anfrage von Behörden auf Hilfe besteht in Einsatz zu treten. 54<br />

Das Aufgabenspektrum des THW besteht aus sechs Überpunkten:<br />

Technische Gefahrenabwehr<br />

Orten, Retten und Bergen<br />

Räumen und Sprengen<br />

Retten aus Wassergefahren<br />

Bekämpfen von Überflutungen und Überschwemmungen<br />

Beleuchten von Einsatzstellen<br />

Technische Hilfe im Bereich der Infrastruktur<br />

Elektroversorgung<br />

Trinkwasserversorgung<br />

Abwasserentsorgung<br />

Brückenbau<br />

Führung/ Kommunikation, Logistik<br />

Einrichten und Betreiben von Führungsstellen<br />

Führungsunterstützung<br />

Einrichtung temporärer Telekommunikationssysteme<br />

Einrichten und Betreiben von Logistikstützpunkten<br />

Verpflegung und Betreuung von Einsatzkräften<br />

Materialerhaltung, Reparatur- und Wartungsarbeiten für Einsatzausstattung<br />

Verbrauchsgütertransport für Einsatzbedarf<br />

Technische Hilfe im Umweltschutz<br />

Ölschadenbekämpfung<br />

Wasseranalyse<br />

Versorgung der Bevölkerung<br />

Strom- und Trinkwasserversorgung<br />

Abwasserentsorgung<br />

Errichtung und Einrichtung von Notunterkünften und Sammelplätzen mit entsprechender Infrastruktur<br />

Weitere technische Hilfeleistungen<br />

technische Hilfe auf Verkehrswegen<br />

Höhenrettung<br />

Tauchen<br />

Behelfsmäßiger Straßenbau<br />

Wartung von Zivilschutzeinrichtungen (Notbrunnen, Schutzräume) 55


2.4.5 Kooperationen<br />

Die internationale Vernetzung des Zivil- und Katastrophenschutzes spielt eine wichtige<br />

Rolle im Arbeiten des THW. Das Anrainerstaatenkonzept und neue Kooperationsvereinbarungen<br />

sind dabei Beziehungen zwischen THW und Partnerorganisationen anderer<br />

Staaten zu verbessern. Dies ist besonders wichtig, da im Ernstfall ein schnelles Handeln<br />

gewährleistet werden muss. Der EU-Mechanismus beschreibt die Strukturen, <strong>nach</strong> denen<br />

gehandelt werden soll. Die Vereinten Nationen haben ein ähnliches Gremium gegründet,<br />

die INSARAG (International Search and Rescue Advisory Group), eine Kooperationsplattform<br />

für Rettungseinsätze <strong>nach</strong> Katastrophen. Dort können optimal aufeinander abgestimmte<br />

Einsatzstrukturen erstellt werden. Deutschland, Österreich und die Schweiz haben<br />

sich zu einem Einsatzteam zusammengeschlossen, regelmäßige Großübungen sollen<br />

auf schnell nötige Hilfe vorbereiten. 56 National arbeitet das THW auch viel mit anderen<br />

Organisationen, durch gemeinsamen Ausbildungen oder Unternehmungen lernen sich<br />

die Einsatzkräfte kennen. Dies erleichtert die Arbeit, da schon im Vorhinein gemeinsame<br />

Strukturen und Arbeitsweisen bestehen. Das THW kooperiert mit dem deutschen Feuerwehrverband,<br />

der deutschen Lebensrettungsgesellschaft und dem deutschen Roten<br />

Kreuz. Auf humanitärer Ebene gibt es Kooperationsvereinbarungen mit der GTZ und der<br />

Johanniter Unfallhilfe e.V.. 57


2.4.6 Projektbeispiel in Indonesien und Thailand<br />

Nach dem Seebeben in Süd- und Südostasien<br />

ist das THW, <strong>nach</strong> der Soforthilfe,<br />

hauptsächlich mit <strong>Wiederaufbau</strong>arbeiten<br />

beschäftigt. Es wurden in Indonesien Schulen<br />

und Kindergärten neu gebaut, sowie<br />

die Stadtverwaltung von Banda Aceh. Ein<br />

Krankenhaus auf Sumatra wurde instand<br />

gesetzt und verschiedene Wasserbau- und<br />

Brunnenrehabilitierungsprojekte wurden<br />

durchgeführt. Die Gemeinde Meunsah<br />

Bak Ue ist an einer anderen Stellen, mit<br />

155 Häusern, neu aufgebaut worden. Eine<br />

Siedlung mit 77 Häusern wurde in Ambalangoda<br />

errichtet. Zusätzlich kümmerten<br />

sich THW-Arbeiter zusammen mit einheimischen<br />

Ingenieuren um die Instandsetzung<br />

der Wasserversorgung. Die Suche<br />

<strong>nach</strong> Überlebenden war ein Bestandteil der<br />

Arbeiten in Thailand. Ebenfalls wird gegen<br />

die Diskriminierung der Frauen gearbeitet,<br />

mit zum Beispiel extra Räumen, nur<br />

für Frauen, in denen sie sich zurückziehen<br />

und austauschen können. Zusätzlich wurden<br />

vier Trinkwasseraufbereitungsanlagen<br />

aufgestellt und 80 Trinkwasserbrunnen instand<br />

gesetzt. Nach der Soforthilfe überlies<br />

das THW zwei Meerwasserentsalzungsanlagen<br />

und vier Stromaggregate, und brachte<br />

den Einheimischen das Handhaben bei.<br />

Ein wichtiger Punkt der Arbeiten war die<br />

Anwohner mit einzubeziehen, um die „Hilfe<br />

zur Selbsthilfe“ zu realisieren. 58


Dr. Rudolf Seiters<br />

Henry Dunant<br />

2.5. Deutsches Rotes Kreuz<br />

2.5.1 Überblick<br />

Die Hilfsorganisation „Deutsches Rotes Kreuz“ ist Teil einer weltweiten Rotkreuz – und<br />

Rothalbmondbewegung. Dabei handelt es sich um nationale Verbände, die rechtlich unabhängig<br />

sind, aber gemeinsame Grundsätze, Ziele, Symbole, Statuten und Organe beinhalten.<br />

Vertreten wird die Bewegung durch 125 Millionen Mitglieder in 185 Gesellschaften,<br />

die unter dem Dachverband der Internationalen Föderation tätig sind. Diese koordiniert<br />

die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Verbänden auf internationaler Ebene vor<br />

allem bei <strong>Naturkatastrophen</strong> und Epidemien.<br />

Das Deutsche Rote Kreuz zeigt sich hierbei mit seinen fast fünf Millionen Mitgliedern<br />

und einem jährlichen Budget von fast 50 Millionen Euro als zweitgrößte aller nationalen<br />

Rotkreuzgesellschaften. Der große Erfolg ist vor allem auch ein Produkt der guten<br />

Zusammenarbeit des Präsidenten Dr. Rudolf Seiters, Bundesminister außer Dienst, mit<br />

der Bundesregierung, gekennzeichnet durch die Schirmherrschaft des jeweiligen Bundespräsidenten<br />

und dem Hauptsitz des DRK in Berlin.<br />

Tätig sind sie hauptsächlich als Wohlfahrtsverband und Hilfsorganisation. 59<br />

Gegründet wurde das DRK am 17.02.1863 von dem Schweizer Kaufmann Henry Dunant.<br />

Motivation war ihm die „Schlacht bei Solferino“ vier Jahre vorher. Erschüttert von der<br />

vorherrschenden Not und dem Elend, organisierte er ohne zu zögern zivile Hilfe. Geprägt<br />

durch dieses Ereignis rief er 1863 das „Komitee der Fünf“ als Vorläufer des „Internationalen<br />

Komitees vom Roten Kreuz“ ins Leben.<br />

Daraufhin folgten viele seinem Beispiel und es entstanden verschiedene wohltätige Vereine<br />

in den umliegenden Ländern, unter anderem 1921 der „Deutsche Rote Kreuz e.V“ mit<br />

Sitz in Berlin.<br />

Während des zweiten Weltkrieges wurden die unterschiedlichen Gesellschaften stark in<br />

ihrem Wirken eingeschränkt und schließlich sogar verboten. Doch der Gedanke des Wohlfahrtsverbandes<br />

und der Hilfsorganisation ging nicht verloren und wurde schließlich am<br />

04.02.1950 als „Deutsches Rotes Kreuz“ in der Bundesrepublik Deutschland wieder ins<br />

Leben gerufen.<br />

Es folgte bald die Anerkennung durch die Bundesregierung und die Verkündung der sieben<br />

Rotkreuzgrundsätze.<br />

Der größte nationale Sanitätseinsatz war bisher die Fußballweltmeisterschaft 2006 in<br />

Deutschland. 60


2.5.2 Grundsätze<br />

Die weltweite Rotkreuz – und Rothalbmondbewegung hat auf der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz 1965 in Wien ihre sieben Grundsätze<br />

festgelegt 61 , die für jede nationale Bewegung als Leitlinie fungiert. 62<br />

a) Menschlichkeit<br />

„Die internationale Rotkreuz – und Rothalbmondbewegung,...., bemüht sich in ihrer internationalen und nationalen Tätigkeit, menschliches<br />

Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern. Sie ist bestrebt, Leben und Gesundheit zu schützen und der Würde des<br />

Menschen Achtung zu verschaffen. Sie fördert gegenseitiges Verständnis, Freundschaft, Zusammenarbeit und einen dauerhaften Frieden<br />

unter allen Völkern.“ 63<br />

b) Unparteilichkeit<br />

„... unterscheidet nicht <strong>nach</strong> Nationalität, Rasse, Religion, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung. Sie ist einzig bemüht, den<br />

Menschen <strong>nach</strong> dem Maß ihrer Not zu helfen und dabei den dringendsten Fällen den Vorrang zu geben.“ 64<br />

c) Neutralität<br />

„Um sich das Vertrauen aller zu bewahren, enthält sich die Rotkreuz – und Rothalbmondbewegung der Teilnahme an Feindseligkeiten<br />

wie auch, zu jeder Zeit, an politischen, rassischen, religiösen oder ideologischen Auseinandersetzungen.“ 65<br />

d) Unabhängigkeit<br />

„Wenn auch die Nationalen Hilfsgesellschaften.... den jeweiligen Landesgesetzen unterworfen sind, müssen sie dennoch eine Eigenständigkeit<br />

bewahren, die ihnen gestattet, jederzeit <strong>nach</strong> den Grundsätzen der Rotkreuz – und Rothalbmondbewegung zu handeln.“ 66<br />

e) Freiwilligkeit<br />

„Die Rotkreuz – und Rothalbmondbewegung verkörpert freiwillige und uneigennützige Hilfe ohne jedes Gewinnstreben.“ 67<br />

f) Einheit<br />

„In jedem Land kann es nur eine einzige Nationale Rotkreuz – und Rothalbmondgesellschaft geben. Sie muss allen offen stehen und ihre<br />

humanitäre Tätigkeit im ganzen Gebiet ausüben.“ 68<br />

g) Universalität<br />

„Die Rotkreuz – und Rothalbmondbewegung ist weltumfassend. In ihr haben alle Nationalen Gesellschaften gleiche Rechte und Pflichten,<br />

einander zu helfen.“ 69<br />

Das DRK hilft somit <strong>nach</strong> international festgelegten Grundsätzen und unterscheidet dabei nicht <strong>nach</strong> Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit,<br />

soziale Stellung oder politische Zugehörigkeit, sondern allein <strong>nach</strong> dem Maß der notwendigen Hilfe. Sie verfolgen, wenn möglich,<br />

das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. 70


2.5.3 Innere Struktur<br />

Der Bundesverband des Deutschen Roten Kreuzes gliedert sich in den Verband der Schwesternschaften mit insgesamt 34 Schwesternschaften<br />

und in 19 Landesverbände. Diese bestehen aus 508 Kreisverbänden, 4.797 Ortsvereine, 10.901 Rotkreuzgemeinschaften und<br />

acht Blutspendedienste.<br />

Insgesamt gibt es rund 5 Millionen Rotkreuzmitglieder und Mitarbeiter.<br />

Die Organe unterteilen sich in Bundesversammlung, Präsidialrat und Präsidium mit dem Vorsitzenden Dr. Rudolf Seiters und unter der<br />

Schirmherrschaft des jeweiligen Bundespräsidenten.<br />

Das wichtigste Gremium ist die Bundesversammlung. Sie besteht aus den Vertretern der Landesverbände, die insgesamt 125 Stimmen<br />

inne haben, vier Delegierten der Schwesternschaften, jeweils eine Stimme, und dem Präsidenten. Nur in beratender Funktion stehen die<br />

Mitglieder des Präsidiums zur Verfügung, die für drei Jahre gewählt werden.<br />

Der Präsidialrat, bestehend aus Präsidenten der Landesverbände und der Präsidentin des Verbandes der Schwesternschaften, muss<br />

den Beschlüssen des Präsidiums in wichtigen Bereichen zustimmen.<br />

Beratende Funktion übernehmen gewählte Ausschüsse.<br />

Das Generalsekretariat ist die Geschäftsstelle des DRK. 71<br />

Graphische Darstellung der Inneren Struktur


2.5.4 Finanzierung<br />

Das DRK finanziert seine Auslandsprojekte<br />

vor allem durch Spenden aus der Bevölkerung,<br />

welche 2005 mit 75% den größten<br />

Anteil ausmachten. An zweiter Stelle<br />

stehen Zuwendungen aus der öffentlichen<br />

Hand durch die Deutschen Bundesregierung<br />

(14%) und der EU (7%). Der Rest von<br />

3% wurde aus Drittmitteln beglichen.<br />

Das Gesamtbudget fließt in die Bereiche<br />

Programme, Kooperationspartner und Regionalbereiche.<br />

Dabei sind im Jahre 2005 die meisten Gelder<br />

in die Nothilfe, den <strong>Wiederaufbau</strong> und<br />

in die Hilfe bei anhaltenden Notständen<br />

geflossen. Diese Programme wurden aber<br />

nicht nur vom DRK unterstützt, sondern<br />

auch von dessen Kooperationspartnern,<br />

die 58% des Gesamtbudgets erhalten haben.<br />

Auf Grund des Tsunamis in Asien Ende<br />

2004 sind dorthin die meisten Unterstützungen<br />

bezahlt worden (35,6 Millionen ).<br />

Aber auch die Hilfe in Afrika und Amerika<br />

(Hurrikan Katrina) wurde mit 12,2 Millionen<br />

bedacht. Die restlichen Mittel wurden<br />

zu relativ gleichen Teilen in den Nahen<br />

Osten, die NUS und Europa gesteckt. 72<br />

Um so viel Gelder wie möglich investieren<br />

zu können, werden die notwendigen Verwaltungskosten,<br />

Vorhaltekosten etc. so<br />

gering wie möglich gehalten. 73


2.5.5 Aufgabenfeld<br />

Die grundsätzlichen Aufgaben des DRK<br />

sind in ihrer Satzung genau festgelegt:<br />

a) „Verbreitung der Kenntnisse<br />

des humanitären Völkerrechts sowie der<br />

Grundsätze und Ideale der Internationalen<br />

Rotkreuz – und Rothalbmondbewegung,<br />

b) Hilfe für die Opfer von bewaffneten<br />

Konflikten, <strong>Naturkatastrophen</strong> und anderen<br />

Notsituationen,<br />

c) Verhütung und Linderung<br />

menschlicher Leiden, die sich aus Krankheit,<br />

Verletzung, Behinderung oder Be<strong>nach</strong>teiligung<br />

ergeben,<br />

d) Förderung der Gesundheit, der<br />

Wohlfahrt und der Jugend,<br />

e) Förderung der Entwicklung nationaler<br />

Rotkreuz – und Rothalbmond – Gesellschaften.“<br />

74<br />

Zusammenfassend lassen sich die Aufgabenfelder<br />

in zwei Bereiche aufteilen: Wohlfahrt<br />

und Hilfe.


2.5.6 Aktivitäten als Hilfsorganisation<br />

5.7.1 Sofortmaßnahmen<br />

Das DRK versucht mit ihren Einsatzeinheiten so schnell wie möglich <strong>nach</strong> einer Katastrophe vor Ort zu sein, um den Menschen zu helfen.<br />

Dabei sind eine gute Planung und ausgebildete Kräfte notwendig. Da sie diese vor allem im medizinischen Bereich vorweisen können,<br />

liegt ihr Schwerpunkt in der ärztlichen Versorgung, zum Beispiel Beschaffung von Medikamenten und Aufbau von Lazaretten.<br />

Die Verwundeten werden von den schwerer Verletzten getrennt, um die Ansteckungs – und Infektionsgefahr zu verringern. Somit wird<br />

versucht die hygienischen Verhältnisse wieder aufzubauen.<br />

Aber auch Trinkwasser und Nahrungsmittel sind überlebensnotwendig und werden durch Lieferungen von Wasserkanistern, Essensverteilungen<br />

etc. unterstützt. 75<br />

5.7.2 Langfristige Maßnahmen<br />

Im Bereich Katastrophenschutz und –vorsorge wird auf das Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ großen Wert gelegt. Da in den meisten<br />

Risikogebieten häufiger mit <strong>Naturkatastrophen</strong> zu rechnen ist, ist es zwingend notwendig die Bevölkerung zu sensibilisieren. Sie unterstützen<br />

die Menschen durch ausgearbeitete Notfallpläne, Ausbildung von Ersthelfern sowie Aufbau von Rettungsdiensten.<br />

Dies geschieht in Programmen, die garantieren sollen, dass die dortige Bevölkerung lernt mit den Naturgewalten umzugehen und nicht<br />

zwingend auf ausländische Hilfe angewiesen ist.<br />

Dafür arbeitet das DRK mit zahlreichen Fachkräften aus dem eigenen Land zusammen, die dort ihr Fachwissen zur Verfügung stellen.<br />

Um beispielsweise den <strong>Wiederaufbau</strong> von Häusern, Wasseraufbereitungsanlagen und Brunnen voranzutreiben, sind viele Wasserbau<br />

– und Bauingenieure im Einsatz.


2.5.7 Beispiel Erdbeben in Pakistan<br />

Nach dem Erdbeben in Pakistan am<br />

08.10.2005 kamen 86.000 Menschen ums<br />

Leben, 100.000 wurden verletzt und ungefähr<br />

3,5 Millionen wurden obdachlos.<br />

Die Nothilfe umfasste dort Hilfsflüge um<br />

notwendige Güter wie Decken, Schlafsäcke<br />

und Kerosinlampen ins Land zu<br />

bringen. In einer Basisgesundheitsstation<br />

wurde die medizinische Versorgung gewährleistet.<br />

Außerdem wurden Winterzelte<br />

beschafft, Waschhäuser und Toiletten<br />

gebaut.<br />

Das DRK ist auch heute noch in den betroffenen<br />

Gebieten tätig. Sie helfen beim<br />

Aufbau einer Gesundheitsstation und der<br />

örtlichen Wirtschaft. 76


2.6. Deutsche Welthungerhilfe<br />

2.6.1 Überblick<br />

Die Deutsche Welthungerhilfe ist eine konfessionell<br />

unabhängige, gemeinnützige<br />

und nichtstaatliche Hilfsorganisation für<br />

Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe.<br />

Gegründet wurde sie 1962 vom damaligen<br />

Bundespräsidenten Heinrich Lübke. Daraufhin<br />

ist der jeweilige Bundespräsident<br />

gleichzeitig der Schirmherr des Vereins.<br />

Die derzeitige Vorstandsvorsitzende verwaltet<br />

jährlich circa 1,33 Milliarden Euro<br />

im Hauptsitz in Bonn.<br />

Schwerpunkte in der Arbeit sieht die Organisation<br />

in der Ernährungssicherung, der<br />

Landwirtschaft und der humanitären Hilfe.<br />

Bei der Hungerkatastrophe in den 60er<br />

Jahren rief Dr. Binay Sen zur Kampagne<br />

gegen Armut und Hunger („Freedom from<br />

Hunger Campaign“). Dabei sollten alle nicht<br />

staatlichen Organisationen den Hunger bekämpfen,<br />

um die Vision einer gerechteren<br />

Welt zu realisieren. 1962 gründete daraufhin<br />

Heinrich Lübke den „Deutschen Ausschuss<br />

für den Kampf gegen Hunger“, der<br />

dann 1967 in „Deutsche Welthungerhilfe<br />

e.V.“ umbenannt wurde. 77<br />

Vorstandsvorsitzende Ingeborg Schäuble


2.6.2 Leitbild<br />

Die Deutsche Welthungerhilfe befasst sich mit dem Grundbedürfnis des Menschen: Hunger.<br />

Dieses Problem gibt es überall auf der Welt und kann ganz verschiedene Ursachen haben,<br />

Kriege, Raubbau an der Natur, Klimaveränderungen, unfaire Handelsbedingungen,<br />

Armut, und so weiter.<br />

Dies bedeutet ein Versagen in allen Aspekten unserer Gesellschaft. Denn mit mehr als<br />

800 Millionen hungernden Menschen ist dies vor allem auf politischer Ebene ein schockierendes<br />

Ergebnis.<br />

Auch wirtschaftlich und rechtlich gesehen werden durch die Verletzung des Rechts auf<br />

Nahrung menschliche Kräfte verschwendet. Das heißt es entstehen riesige Folgekosten<br />

für die Ökonomie, da die Fähigkeiten vieler Menschen nicht erkannt und gefördert werden<br />

können.<br />

Aber auch für den Betroffenen ist dieser Zustand unerträglich, da ständig seine Würde,<br />

Zuversicht und Selbstachtung angegriffen wird, ohne dass er etwas dagegen tun könnte.<br />

Somit ist kaum ein menschenwürdiges Leben möglich.<br />

Der schlimmste Aspekt ist jedoch, dass diese Tragödie zu vermeiden gewesen wäre.<br />

Auf dieses Hintergrundwissen stützt die Deutsche Welthungerhilfe ihr Programm und<br />

versucht ihre Vision einer Welt ohne Hunger zu verfolgen. 78


2.6.3 Innere Struktur<br />

Der strukturelle Aufbau der Deutschen Welthungerhilfe gliedert sich in drei oberste Instanzen, die Mitglieder, die Vorstände und die<br />

Gutachter.<br />

Die Mitglieder bestehen aus 27 Mitgliedsorganisationen, sie bestimmen die Leitlinien des Verbandes, wählen alle vier Jahre den Vorstand,<br />

beschließen den Wirtschaftsplan und genehmigen die Jahresrechnung.<br />

Die sieben Vorstände der DWHH mit der Vorsitzenden Ingeborg Schäuble arbeiten ehrenamtlich im Bereich der Projektförderung des<br />

Verbandes und berufen den Generalsekretär.<br />

Ebenfalls ehrenamtlich tätig ist der Gutachterausschuss (19 Mitglieder). Er befasst sich mit der Wissenschaft und der Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Dafür wird der Ausschuss noch mal unterteilt in drei Regionalgutachterausschusse je einen für Afrika, Asien und<br />

Lateinamerika. Sie prüfen darin die Projektanträge im Hinblick auf die Förderungsrichtlinien des Vereins und leiten sie dann weiter an<br />

die Vorstandschaft.<br />

Der Generalsekretär ist zuständig für die Bereiche Programmen und Projekte, Marketing, Zentrale Dienst und Information und Politik.<br />

79<br />

Strukturaufbau der Welthungerhilfe


2.6.4 Finanzierung<br />

Finanziert wird der Verein zu ca. 2/3 aus öffentlichen Zuschüssen der Europäischen Union und der Bundesregierung. Insgesamt wurden<br />

2005 somit 140,9 Millionen Euro gewährt. Die restlichen 1/3 wurden durch Spenden aufgebracht. Womit sich dir Erträge 2005 auf rund<br />

216,3 Millionen Euro beliefen.<br />

Dieser Betrag wurde zu 86,3% in die Projektförderung und Projektbetreuung im Ausland investiert. Die übrigen 13,7% flossen in die<br />

Spendenwerbung und spendenwirksame Öffentlichkeitsarbeit, Satzungsmäßige Inlandsprojekte, Veränderungen der Rücklagen und nur<br />

zu 1,2% in allgemeine Verwaltungskosten. 80<br />

Öffentliche Zuschüsse im Jahr 2005


2.6.5 Verteilung der Mittel<br />

Das Budget wurde nun in unterschiedliche<br />

Projekte auf den drei Kontinenten Afrika,<br />

Asien und Lateinamerika aufgeteilt.<br />

Der größte Anteil von 123,9 Millionen Euro<br />

floss dabei in den Förderbereich Krisen,<br />

Konflikte und Katastrophen und in Landwirtschaft<br />

und Ernährungssicherung (30<br />

Millionen Euro). Das dritte große Teilgebiet<br />

umfasst den Aufbau der Basisinfrastruktur<br />

in 24 Projekten mit einer Investition von<br />

18,3 Millionen Euro.<br />

Dabei ist 2005 der Betrag für Asien und Afrika<br />

stark gestiegen. Dies liegt vor allem<br />

an der Anhäufung der <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

in diesen Gebieten, die auch in der Öffentlichkeit<br />

große Bestürzung ausgelöst haben.<br />

Zum Beispiel die Auswirkungen des<br />

Tsunamis in Asien wurden mit 59 von 121<br />

Projekten unterstützt. 81<br />

Regionale Projektförderung in Euro (2002 - 2005)<br />

Gesamtsumme der Projektförderung im Ausland 2005


2.6.6 Aufgabenfeld<br />

Um ihre Vision einer Welt ohne Armut und Hunger zu verwirklichen, hat die DWHH ein breites Spektrum ihrer Aufgaben festgelegt. Dabei<br />

steht jedoch nicht nur die Hilfe im jeweiligen Land im Vordergrund, auch leisten sie umfassende Aufklärungsarbeit in den Industrieländern.<br />

Dadurch versuchen sie die Bevölkerung zu mehr Mitverantwortung und Hilfsbereitschaft zu erziehen, um die wirtschaftlichen und<br />

sozialen Belange der betroffenen Region besser <strong>nach</strong>vollziehen zu können.<br />

Hauptsächlich wird auch bei diesem Verein das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ verfolgt, denn nur dann können sich die Lebensbedingungen<br />

der sozial Schwächeren verbessern.<br />

Zur Umsetzung dieser Theorie werden zahlreiche Förderprogramme und Nothilfeprogramme ins Leben gerufen. Das beginnt schon bei<br />

den Kindern und Jugendlichen mit einer fundierten Schulbildung und dem Engagement gegen Kinderarbeit.<br />

Da in den Krisengebieten meist die Frauen als minderwertig gelten, werden sie durch Aktionen zur Gleichberechtigung, Bekämpfung des<br />

Analphabetentums und der Verstümmelung unterstützt.<br />

Dies setzt eine Zusammenarbeit mit vielen anderen Hilfsorganisationen und Gruppen voraus, vor allem auch im Inland, denn die kennen<br />

sich mit den örtlichen Gegebenheiten am besten aus. Somit leistet die DWHH auch einen Beitrag zur Völkerverständigung.<br />

Ohne die Unterstützung in der Politik lässt sich aber nicht langfristig ein Umdenken schaffen. Es ist also wichtig sich mit der gegenwärtigen<br />

Entwicklungspolitik auseinander zu setzen um gegebenenfalls Kritik zu üben. Ein gutes Beispiel sind die Berichte der DWHH über<br />

„Die Wirklichkeit der Entwicklungspolitik“ und deren Pressemitteilungen. 82


2.6.7 Aktivitäten als Hilfsorganisation<br />

Im Allgemeinen überschneiden sich hier die<br />

Maßnahmen des Deutschen Roten Kreuzes<br />

und der Deutschen Welthungerhilfe. Der<br />

Schwerpunkt liegt hier vor allem in der Landwirtschaft,<br />

im wirtschaftlichen <strong>Wiederaufbau</strong><br />

und in der Prävention.<br />

6.7.1 Sofortmaßnahmen<br />

Sicherung des Überlebens durch schnelles<br />

und unbürokratisches Handeln <strong>nach</strong> Katastrophen<br />

in den betroffenen Regionen.<br />

Versorgung der Bevölkerung mit Hilfslieferungen,<br />

die eine erste Grundversorgung möglich<br />

machen, zum Beispiel Lebensmittel, Decken,<br />

Zelte, sauberes Trinkwasser, etc<br />

6.7.2 Langfristige Maßnahmen<br />

In den betroffenen Gebieten ist die Landwirtschaft<br />

häufig die wichtigste Lebensgrundlage<br />

für die Menschen. Deswegen ist es wichtig<br />

sie mit Saatgut, landwirtschaftlichen Geräten<br />

und Know – How beim <strong>Wiederaufbau</strong> zu<br />

unterstützen. Um aber das Risiko weiterer<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> so gering wie möglich zu<br />

halten, wird ihnen beigebracht wie sie mit der<br />

Umwelt schonend umgehen und gleichzeitig<br />

ihre Ernterträge steigern können. Dabei bietet<br />

die DWHH gut ausgebildetes Personal zur Beratung.<br />

Außerdem wird die Infrastruktur durch bessere<br />

Bewässerungssysteme ausgebaut und Gebäude<br />

zur Gesundheitsvorsorge errichtet. 83<br />

Dies alles ist jedoch überflüssig, wenn man<br />

sich nicht über die immer drohenden Gefahren<br />

bewusst ist. Präventive Maßnahmen sind also<br />

zwingend notwendig um die Bevölkerung vor<br />

der nächsten Katastrophe zu schützen und zu<br />

warnen. Die DWHH baut deswegen Schutzvorrichtungen,<br />

Ablaufkanäle und setzt auf ein<br />

verbessertes Radiokommunikationssystem. 84


Wie bereits das Deutsche Rote Kreuz hat sich auch die Deutsche Welthungerhilfe <strong>nach</strong> dem Erdbeben<br />

um die Bevölkerung gekümmert. Das Hauptproblem hierbei war die Zerstörung der Wasserreservoirs<br />

und, durch geologisch Verschiebungen, das Versiegen von Quellen.<br />

Projektentwicklung:<br />

2.6.8 Projektentwicklung am Beispiel Pakistan<br />

Schritt 1: Ideenfindung<br />

Schritt 2: Ausarbeitung von Projektanträgen als Lösungsvorschläge<br />

Meistens entstehen die Projektideen durch Mitarbeiter vor Ort. Sie erkennen<br />

die Probleme und reichen Lösungsvorschläge<br />

in Form von Projektanträgen ein. Bei diesem Beispiel sollten<br />

die Rohrsysteme instandgesetzt und die<br />

Wasserversorgung verbessert werden.<br />

Schritt 3: Prüfung des Projektantrages in der Bonner Zentrale<br />

Schritt 4: Beratung der Experten der Ländergruppen<br />

Schritt 5: Prüfung des Antrages durch den Gutachterausschuss<br />

Der Projektantrag wird dann in den vielen Expertenstellen der Deutschen<br />

Welthungerhilfe geprüft und entweder für<br />

förderungswürdig befunden oder abgelehnt.<br />

Dabei hat vor allem der Gutachterausschuss eine gewichtige Rolle, der<br />

schließlich Empfehlungen und erforderliche<br />

Auflagen ausspricht. Erst dann wird der Antrag an den Vorstand weitergeleitet.<br />

Schritt 6: Zustimmung des Vorstandes<br />

Wenn der Vorstand dem vorgelegten Antrag zustimmt, kann das Projekt<br />

starten.<br />

Schritt 7: regelmäßige Überprüfung der Abwicklung durch interne und externe<br />

Gutachter<br />

Um den Erfolg des Projekts zu gewährleisten wird der Stand regelmäßig<br />

überprüft. Dies passiert vor allem durch vor Ort arbeitende Mitarbeiter,<br />

die bei Bedarf sofort eingreifen und die nötigen Konsequenzen<br />

bzw. Veränderungen einleiten können.<br />

Bei diesem Beispiel wurde durch Einbinden der Bevölkerung die lokalen Wasserstellen und die<br />

Netzwerke der Wasserversorgung repariert. Brunnenschächte wurden errichtet, sowie Hygiene<br />

– und Gesundheitskampagnen durchgeführt. 85


3. Fazit<br />

Das BMZ übernimmt die Rolle des übergeordneten Koordinators, der plant und beauftragt, die KfW – Entwicklungsbank kümmert sich in<br />

erster Linie um die finanzielle Zusammenarbeit und verwaltet die Gelder. Die GTZ übernimmt die technische Zusammenarbeit und zeigt<br />

den Betroffenen die Hilfe zur Selbsthilfe. Das THW ist auch im technischen Bereich zuständig, besonders bei der Soforthilfe, während die<br />

GTZ eher längerfristige Aufgaben übernimmt. Das Rote Kreuz ist hauptsächlich für eine ausreichende medizinische Versorgung verantwortlich,<br />

während die Welthungerhilfe dafür Sorge trägt, die Ernährungssituation in den betroffenen Ländern zu gewährleisten.<br />

Somit ist jeder wichtige Zweig, der die Grundbedürfnisse des Menschen abdeckt, vorhanden Zusammenfassend kann gesagt werden,<br />

dass die einzelnen Organisationen sehr gut strukturiert sind und höchst professionell und effektiv arbeiten.


4. Bibliographie<br />

1 http://bmz.de/de/ministerium/geschichte/index.html<br />

2 www.bmz.de<br />

3 http://bmz.de/de/ziele/ziele/aktion_2015/index.html<br />

4 http://bmz.de/de/ministerium/aufbau/index.html<br />

5 http://bmz.de/de/ministerium/aufgaben/index.html#t01<br />

6 http://bmz.de/de/ministerium/aufgaben/index.html#t01<br />

7 BMZ, Referat 213: Maßnahmen der Entwicklungsorientierten Not- und Übergangshilfe<br />

8 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Materialien:<br />

Katastrophenvorsorge – Beiträge der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, 2004, S.20<br />

9 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Materialien:<br />

Katastrophenvorsorge – Beiträge der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, 2004, S.20<br />

10 http://de.wikipedia.org/wiki/KfW_Bankengruppe<br />

11 http://de.wikipedia.org/wiki/KfW_Bankengruppe<br />

12 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/Haushaltsm.jsp<br />

13 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/Misch-undV.jsp<br />

14 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/FZ-Frderkr.jsp<br />

15 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/Wiearbeite11/DerProjekt.jsp<br />

16 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/UnserAuftr65/KfWPartner.jsp<br />

17 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/UnserAuftr65/Kooperatio.jsp<br />

18 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/Unser Auftr65/Frdberei.jsp<br />

19 http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/Laender_und_Projekte/Asien9/Ostasienun86/Indonesien66/<br />

GPDK_21522_DE_<strong>Wiederaufbau</strong>hilfe_Sekundarbildung.pdf<br />

20 http://www.gtz.de/de/unternehmen/ 1698.htm vom 09.07.07<br />

21 Broschüre der GTZ, „Partnerschaften für <strong>nach</strong>haltige Entwicklung“, S. 7<br />

22 Broschüre der GTZ, „Partnerschaften für <strong>nach</strong>haltige Entwicklung“, S. 51<br />

23 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1698.htm vom 24.05.07<br />

24 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1718.htm vom 24.05.07<br />

25 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1720.htm vom 09.07.07<br />

26 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1698.htm vom 09.07.07<br />

27 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1720.htm vom 09.07.07<br />

28 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1698.htm vom 24.05.07<br />

29 http://www.gtz.de/de/unternehmen/6360.htm vom 09.07.07<br />

30 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1834.htm vom 09.07.07<br />

31 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1732.htm vom 09.07.07<br />

32 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1852.htm vom 09.07.07<br />

33 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1855.htm vom 09.07.07<br />

34 http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/692.htm vom 23.07.07<br />

35 http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/1900.htm vom 23.07.07<br />

36 http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2100.htm vom 23.07.07<br />

37 http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2102.htm vom 23.07.07<br />

38 http://www.gtz.de/de/leistungsangebote /2213.htm vom 23.07.07<br />

39 http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2224.htm vom 23.07.07<br />

40 http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2226.htm vom 23.07.07<br />

41 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1718.htm vom 24.07.07<br />

42 http://www.gtz.de/de/unternehmen/1734.htm vom 23.07.07<br />

43 Broschüre der GTZ „Nach dem Seebeben im Indischen Ozean“ S. 5<br />

44 http://www.gtz.de/de/dokumente/de-TsunamiBilanz-FactSheet-Indonesien-2005.pdf vom 23.07.07<br />

45 http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_276394/DE/content/wir__ ueber__uns/01__allgemeines/00__geschichte/ ge<br />

schichte__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

46 http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_276406/DE/content/wir__ ueber__uns/01__allgemeines/04__ selbstverstaend<br />

nis/01 __leitbild/leitbild__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

47 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276390/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/04__ selbstverstaend<br />

nis/02__technisches__leitbild/technisches__leitbild__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

48 http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_276402/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/04__ selbstverstaend<br />

nis/02__leitsaetze/leitsaetze__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

49 http://www.thw.bund.de/DE/content/wir__ueber__uns/04__thw__im__ ueberblick/DBbased/ OrgVollansicht/OrgVollansicht__view.<br />

html?oe_id=1000001 vom 24.07.07<br />

50 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_275974/DE/content/wir__ueber__uns/03__moderne__ verwaltung/moderne__verwaltung__<br />

node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

51 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276390/DE/content/wir__ueber__uns/ 01__allgemeines/04__selbstverstaendnis/02__techni<br />

sches__leitbild/technisches__leitbild__node.html__nnn=true vom 24.07.07


52 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276506/DE/content /wir__ueber__uns/01__allgemeines/01__gesetzlicher__auftrag/01__zi<br />

vilschutz/zivilschutz__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

53 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276502/DE/content/wir__ueber__uns/01__ allgemeines/01__gesetzlicher__auftrag/02__aus<br />

land/ausland__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

54 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276504/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/01__gesetzlicher__ auftrag/03__ge<br />

fahrenabwehr/gefahrenabwehr__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

55 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276506/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/02__ aufgaben/aufgaben__node.<br />

html__nnn=true vom 24.07.07<br />

56 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_275974/DE/content/wir__ueber_ _uns/02__moderne__einsatzorganisation/10__internationa<br />

le__zusammenarbeit/internationale__zusammenarbeit__node.html__nnn=true vom 25.07.07<br />

57 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_275968/DE/content/wir__ueber__uns/02__moderne__ einsatzorganisation/09__kooperation/<br />

kooperation__node.html__nnn=true vom 25.07.07<br />

58 http://www.thw.bund.de vom 06.05.07<br />

59 http://www.drk.de/generalsekretariat/index.html, Kurzporträt, Stand: 01.07.2007<br />

60 http://www.drk.de/generalsekretariat/geschichte.htm, Stand: 01.07.2007<br />

61 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Stand: 01.07.2007<br />

62 Satzung des DRK vom 12.11.1993, S. 3 Paragraph 1 Absatz 5, erhältlich unter http://www.drk.de/generalsekretariat/<br />

satzung.html, Stand: 01.07.2007<br />

63 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Zeilen 8 - 13<br />

64 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Zeilen 15 - 18<br />

65 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Zeilen 20 - 22<br />

66 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Zeilen 24 - 29<br />

67 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Zeilen 31 - 32<br />

68 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Zeilen 34 - 36<br />

69 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Zeilen 38 - 39<br />

70 http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Kurzporträt<br />

71 Jahrbuch 2005/06 des Deutschen Roten Kreuzes, S. 51<br />

72 vgl. Jahrbuch 2005/06, S. 25 - 26<br />

73 vgl. Jahrbuch 2005/06, S. 44<br />

74 http://www.drk.de/generalsekretariat/satzung.html, §2 – Aufgaben, Stand: 03.07.2007<br />

75 vgl. Jahrbuch 2005/06, S. 23 - 24<br />

76 http://www.drk.de/weltweit/pakistan/index.htm, PDF – Zahlen und Fakten zur Rotkreuzhilfe, Stand: 03.07.2007<br />

77 http://www.welthungerhilfe.de/geschichte_gegenwart.html, Stand: 09.07.2007<br />

78 http://www.welthungerhilfe.de/aufgaben_und_ziele.html, Stand: 09.07.2007<br />

79 Jahresbericht 2005 Deutsche Welthungerhilfe, Dr. Hans Joachim Preuß und Stefanie Kopp, Druck DCM Meckenheim,<br />

S. 25<br />

80 vgl. Jahresbericht 2005, S. 21 - 22<br />

81 vgl. Jahresbericht 2005, S. 22 - 23<br />

82 Satzung der DWHH §3 Zweck und Aufgaben Absatz (a) bis (g), erhältlich unter: http://www.welthungerhilfe.de/der_<br />

verein.html, Stand: 09.07.07<br />

83 http://www.welthungerhilfe.de/aufgaben_und_ziele.html<br />

84 vgl. Jahresbericht 2005, S. 5 - 7<br />

85 http://www.welthungerhilfe.de/pakistan-hilfsprojekt-wiederaufbau.html, Stand: 20.08.07


BMZ<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Referat 213: Maßnahmen der Entwicklungsorientierten<br />

Not- und Übergangshilfe, Bonn: Referat für Entwicklungspolitische Informations– und Bildungsarbeit, 2005, S. 4-11<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Materialien: Katastrophenvorsorge – Beiträge der<br />

deutschen Entwicklungszusammenarbeit, Bonn: Referat für Entwicklungspolitische Informations– und Bildungsarbeit, 2004, S. 20<br />

http://bmz.de/de/ministerium/aufbau/index.html<br />

http://bmz.de/de/ministerium/aufgaben/index.html#t01<br />

http://bmz.de/de/ministerium/geschichte/index.html<br />

http://bmz.de/de/ministerium/haushalt/index.html<br />

http://bmz.de/de/ziele/ziele/aktion_2015/index.html<br />

Deutsche Welthungerhilfe<br />

http://www.welthungerhilfe.de/geschichte_gegenwart.html, Stand: 09.07.2007<br />

http://www.welthungerhilfe.de/aufgaben_und_ziele.html, Stand: 09.07.2007<br />

Satzung der DWHH §3 Zweck und Aufgaben Absatz (a) bis (g), erhältlich unter: http://www.welthungerhilfe.de/der_verein.html, Stand:<br />

09.07.07<br />

Jahresbericht 2005 Deutsche Welthungerhilfe, Dr. Hans Joachim Preuß und Stefanie Kopp, Druck DCM Meckenheim<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

http://www.drk.de/generalsekretariat/index.html, Kurzporträt, Stand: 01.07.2007<br />

http://www.drk.de/voelkerrecht/grundsaetze.html, Stand: 01.07.2007<br />

http://www.drk.de/generalsekretariat/geschichte.htm, Stand: 01.07.2007<br />

Satzung des DRK vom 12.11.1993, erhältlich unter: http://www.drk.de/generalsekretariat/satzung.html, Stand: 03.07.2007<br />

http://www.drk.de/weltweit/pakistan/index.htm, PDF – Zahlen und Fakten zur Rotkreuzhilfe, Stand: 03.07.2007<br />

Jahrbuch 2005/06 des Deutschen Roten Kreuzes unter: http://www.drk.de/generalsekretariat/jahrbuch2006/Jahrbuch_drk_web2006.<br />

pdf<br />

Gesellschaft für technische Zusammenarbeit<br />

Broschüre der GTZ „Partnerschaften für <strong>nach</strong>haltige Entwicklung“<br />

Broschüre der GTZ „Nach dem Seebeben im Indischen Ozean“<br />

http://www.gtz.de/de/dokumente/de-TsunamiBilanz-FactSheet-Indonesien-2005.pdf vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/692.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/1900.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2100.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2102.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2213.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2224.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/leistungsangebote/2226.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1698.htm vom 24.05.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1698.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1718.htm vom 24.05.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1720.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1722.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1732.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1734.htm vom 23.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1834.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1852.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/1855.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/6332.htm vom 09.07.07<br />

http://www.gtz.de/de/unternehmen/6360.htm vom 09.07.07<br />

KfW Entwicklungsbank<br />

http://www.kfw.de/DE_Home/Die_Bank/KennzahlenderGeschftsttigkeit/index.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/FZ-Frderkr.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/Haushaltsm.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/Misch-undV.jsp


KfW Entwicklungsbank<br />

http://www.kfw.de/DE_Home/Die_Bank/KennzahlenderGeschftsttigkeit/index.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/FZ-Frderkr.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/Haushaltsm.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank//Finanzieru44/Misch-undV.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/Kennzahlen.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/Unser Auftr65/Frdberei.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/UnserAuftr65/KfWPartner.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/UnserAuftr65/Kooperatio.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/KfW_Entwicklungsbank/Wiearbeite11/DerProjekt.jsp<br />

http://www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/Laender_und_Projekte/Asien9/Ostasienun86/<br />

Indonesien66/GPDK_21522_DE_<strong>Wiederaufbau</strong>hilfe_Sekundarbildung.pdf<br />

http://www.rettet-unsere-enkelkinder.de/assets/images/Bundesausgaben2007a_1.jpg<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/KfW_Bankengruppe<br />

Technisches Hilfswerk<br />

http://www.thw-badaibling.de/Images/thw_aufbau.gif vom 09.07.07<br />

http://www.thw.bund.de vom 06.05.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_276394/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/00__geschichte/geschichte__node.<br />

html__nnn=true vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_276402/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/04__ selbstverstaendnis/02__leitsaetze/leitsaetze__node.html__nnn=true<br />

vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_035/nn_276406/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/04__selbstverstaendnis/01__leitbild/<br />

leitbild__node.html__nnn=true vom 24.07.07 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_275968/DE/content/wir__ueber__uns/02__moderne__einsatzorganisation/09__kooperation/kooperation__node.html__nnn=true<br />

vom 25.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_275974/DE/content/wir__ueber__uns/02__moderne__einsatzorganisation/10__internationale__zusammenarbeit/internationale__zusammenarbeit__node.html__nnn=true<br />

vom 25.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_275974/DE/content/wir__ueber__uns/03__moderne__verwaltung/moderne__verwaltung__<br />

node.html__nnn=true vom 24.07.07 http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276390/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/04_<br />

_selbstverstaendnis/02__technisches__leitbild/technisches__leitbild__node.html__nnn=true vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276502/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/01__gesetzlicher__auftrag/02__ausland/ausland__node.html__nnn=true<br />

vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276504/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/01__ gesetzlicher__auftrag/03__gefahrenabwehr/gefahrenabwehr__node.html__nnn=true<br />

vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276506/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/01__ gesetzlicher__auftrag/01__zivilschutz/zivilschutz__node.html__nnn=true<br />

vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/cln_036/nn_276506/DE/content/wir__ueber__uns/01__allgemeines/02__aufgaben/aufgaben__node.<br />

html__nnn=true vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/DE/content/wir__ueber__uns/04__thw__im__ ueberblick/DBbased/OrgVollansicht/OrgVollansicht__view.<br />

html?oe_id=1000001 vom 24.07.07<br />

http://www.thw.bund.de/SharedDocs/publikationen/downloads/Organigramm__TLTG,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/<br />

Organigramm_TLTG.pdf vom 09.07.07<br />

http://www.thw-muellheim.de/content/tumb_bilder/aufbau1.jpg vom 09.07.07<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

www.bmz.de<br />

www.kfw-entwicklungsbank.de<br />

www.gtz.de<br />

www.thw.bund.de<br />

www.drk.de<br />

www.welthungerhilfe.de


Einleitung<br />

Rolle der Einzelträger in <strong>Wiederaufbau</strong>- und Katastrophenhilfe<br />

Die Katastrophenhilfe zielt darauf ab, den von <strong>Naturkatastrophen</strong>, Krieg oder Epidemien<br />

betroffenen Menschen das kurz- und mittelfristige Überleben zu ermöglichen. Unterschieden<br />

werden hier 3 verschiedene Arten der Katastrophenhilfe :<br />

die Soforthilfe in Form von beispielsweise Nahrungsmittelhilfe,<br />

die Nothilfe mit mittelfristigen Projekten mit einer Laufzeit zwischen sechs Monaten und<br />

drei Jahren, die die Basis für eine sich selbst tragende Entwicklung legen sollen,<br />

die Längerfristige Hilfe wird als Entwicklungshilfe geleistet, die als Hilfe zur Selbsthilfe<br />

dienen soll. Die Übergänge zwischen den einzelnen Maßnahmen - Soforthilfe, Nothilfe und<br />

längerfristig angelegter Entwicklungshilfe - sind fließend und gehen im Idealfall ineinander<br />

über.<br />

Die Rolle der Einzelträger ist hierbei in der längerfristigen Hilfe, der Hilfe zur Selbsthilfe<br />

anzusiedeln. Sie diehnen im Gegensatz zu den staatlich und internationalen Hilfsorganisationen<br />

eher der punktuellen, Einzelfallhilfe, als der flächendeckenden Hilfe. Daher ist<br />

sie auch zielgerichteter, da es sich meist um konkrete Einzelprojekte mit Partnern vorort<br />

handelt. Die ortsansässige Bevölkerung wird oft in den Entwicklungsprozess des einzelnen<br />

Projekts miteingebunden, was zu einer größeren Akzeptanz in der Bevölkerung führt. Hohe<br />

Verwaltungskosten entfallen, da es sich um gemeinnützige Instutionen auf oft ehrenamtlicher<br />

Basis handelt. Aufgrund der überschaubaren Größe eines Einzelträgers und dessen<br />

Projekte ist auch ein hohes Maß an Transparenz bei Finanzen und dem Projektverlauf gegeben.<br />

Die Rolle der Architektur und des Städtebaus sind bei der Entwicklungshilfe, egal ob bei<br />

staatlichen Institutionen oder Einzelträgern, als Werkzeug und Diehnstleister anzusehen,<br />

ohne jedoch lokale Bautypologieen und Ästethik zu ver<strong>nach</strong>lässigen.


ADVENIAT<br />

Gründung<br />

1961 Mit den Spenden aus Deutschland unterstützt das Hilfswerk die Kirche in Lateinamerika<br />

in ihrem Einsatz für die Armen, Verfolgten und Minderheiten.<br />

Leitmotiv<br />

ADVENIAT fördert pastorale Projekte in ganz Lateinamerika und in der Karibik. Sie<br />

werden von Gemeinden, Einrichtungen und Diözesen beantragt und in der ADVENIAT-Geschäftsstelle<br />

in Essen sorgfältig geprüft.<br />

Verwaltung<br />

Der Auftrag ADVENIATs spiegelt sich auch in der Mitarbeiterschaft wider. So sind 60 Prozent<br />

aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muttersprachlich spanisch oder portugiesisch. Unter<br />

den über 90 Kollegen sind derzeit zehn Nationalitäten vertreten, hinzu kommen fünf<br />

Auszubildende, die ebenfalls mehrsprachig sind. Gleiches gilt für viele der bei ADVENIAT<br />

tätigen Praktikanten.<br />

Träger<br />

Die Bischöfliche Aktion ADVENIAT ist das Lateinamerika-Hilfswerk der Katholiken in<br />

Deutschland.<br />

Finanzierung<br />

Jedes Jahr in der Adventszeit startet die große ADVENIAT-Spendenaktion. Der so genannte<br />

“Spenden-TÜV”, das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen in Berlin (dzi), honoriert<br />

die gewissenhafte und effektive Arbeit der Aktion mit seinem Spendensiegel. Jährlich<br />

fördert es rund 4.000 Projekte mit einem Gesamtvolumen von mehr als 40 Millionen Euro.<br />

1961 haben die Menschen ADVENIAT mehr als 2,1 Milliarden Euro anvertraut.<br />

Art der Hilfe<br />

ADVENIAT unterstützt die ganzheitliche Pastoralarbeit der katholischen Kirche in Lateinamerika<br />

und in der Karibik. Die Aktion fördert die Aus- und Weiterbildung von Priestern,<br />

Ordensleuten und anderen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.<br />

Sie hilft beim Bau von kirchlichen Räumen, beim Kauf notwendiger Transportmittel, sie<br />

gewährt strukturelle Hilfen, sorgt für den Aufbau einer Altersversorgung für den einheimischen<br />

Klerus und fördert Wissenschaft und Forschung.<br />

Einsatzorte<br />

Lateinamerika<br />

Referenzprojekte<br />

ADVENIAT unterstützt Bildungsinitiativen in ganz Lateinamerika und in der Karibik.<br />

ADVENIAT hilft beim Bau und der Renovierung von gemeinnützigen Zentren und Gotteshäusern.<br />

Kontakt<br />

Bischöfliche Aktion ADVENIAT<br />

Gildehofstraße 2 45127 Essen<br />

http:// www.adveniat.de<br />

Bildungszentrum in Puerto Plata, Dominikanische Republik<br />

Katholisches Kirchenzentrum in Trinidad,Bolivien


Gründung<br />

Architekten über Grenzen wurde 1997 in Berlin von Architektinnen und Architekten aus<br />

ganz Deutschland gegründet.<br />

Leitmotiv<br />

Nicht-Regierungs- und kleine Hilfsorganisationen bei der Realisierung ihrer Bauprojekte<br />

im Ausland zu unterstützen, sofern diese keine eigenen Planungs- und Baufachleute beschäftigen.<br />

Der Verein versucht, als Netzwerk deutscher und europäischer, auslandserfahrener<br />

Fachplaner für die betreffenden Organisationen beratend und planend tätig zu sein.<br />

Zusätzlich versucht er, Hilfe bei der Projektfinanzierung zu finden.<br />

Träger<br />

eingetragener Verein<br />

Verwaltung<br />

Architekten über Grenzen e.V. hat heute über 150 Architektinnen und Architekten aus<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er versucht „Architekturexport“ zu vermeiden,<br />

sondern lokale Planerinnen und Planer in die Projekte einzubinden und unsererseits vor<br />

allem Beratung und Hilfe bei der Suche <strong>nach</strong> geeigneter Projektfinanzierung zu geben.<br />

Finanzierung<br />

- über Spendenzuweisungen von Einzelpersonen oder Organisationen und Unternehmen<br />

etc.<br />

- über Mitgliedsbeiträge. Die Jahresmitgliedschaft beträgt 65 Euro. Für Studenten und<br />

sozial schwächer gestellte Personen beträgt sie 35 Euro.<br />

Art der Hilfe<br />

Architekten über Grenzen e.V. arbeitet von Deutschland aus <strong>nach</strong> einer festen Projektstruktur.<br />

An den Verein herangetragene Projekte werden hinsichtlich ihrer Zielsetzung und<br />

ihrer Umsetzbarkeit überprüft. Da<strong>nach</strong> wird der Finanzbedarf eingeschätzt und ein Zielkatalog<br />

aufgestellt. Schließlich wird das Projekt gemeinsam mit dem hilfesuchenden Partner<br />

Schritt für Schritt umgesetzt. Hierbei trägt Architekten über Grenzen e.V. sämtliche anfallenden<br />

Beratungs-, Planungs- und auch Entsendekosten von Fachpersonal.<br />

Einsatzorte<br />

weltweit<br />

Kontakt<br />

„Architekten über Grenzen“ e.V.<br />

c/o Fraunhofer Informationszentrum Raum und Bau IRB<br />

Nobelstr. 12<br />

D-70569 Stuttgart<br />

Tel.: +49-(0)711-970-2600<br />

Fax: +49-(0)711-970-2900<br />

E-Mail: info@architekten-ueber-grenzen.de<br />

http://www.architekten-ueber-grenzen.de/<br />

Architekten über Grenzen


Carl Duisberg Gesellschaft e.V. (CDG)<br />

Gründung<br />

In den 20er Jahre förderte Carl Duisberg (1861 – 1935) junge deutsche Ingenieure, die als<br />

Werkstudenten <strong>nach</strong> Amerika reisten. Diese Werkstudenten gründeten 1949 einen Verein,<br />

der später den Namen Carl Duisberg Gesellschaft bekam.<br />

2002 wurden die Austauschprogramme der CDG mit den Trainings- und Dialogangeboten<br />

der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (DSE) in einer neuen,staatlichen Gesellschaft,<br />

der „Internationalen Weiterbildung und Entwicklung GmbH (InWEnt)“, zusammengeführt.<br />

CDG und DSE sind zusammen mit der Bundesregierung - vertreten durch das<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) - Gesellschafter<br />

von InWEnt.<br />

2003 wurde der Verein neu aufgestellt.<br />

Leitmotiv<br />

Internationaler Austausch für Wirtschaftsfachkräfte.<br />

Die CDG setzt sich für eine praxisnahe Weiterentwicklung von Bildungsangeboten ein.<br />

Die CDG unterstützt außerdem den internationalen Erfahrungsaustausch zwischen Nachwuchsführungskräften<br />

und vermittelt Hintergrundwissen über außenwirtschaftspolitsiche<br />

Themen, wie zum Beispiel „Trends der Globalisierung“ oder „gesellschaftliche Verantwortung<br />

von Unternehmen bei Auslandsengagements“. Neben dem Erfahrungsaustausch und<br />

dem Vermitteln von Wissen über aktuelle außenwirtschafts- und entwicklungspolitische<br />

Themen ist es Ziel der CDG zu verdeutlichen, welche Chancen Nachwuchskräfte durch die<br />

Globalisierung haben.<br />

Träger<br />

Gesellschaft e.V.<br />

Verwaltung<br />

Die CDG umfasst knapp 250 Unternehmen, Verbände und Kammern, Bildungseinrichtungen<br />

sowie Einzelpersonen als Mitglieder. Die CDG beinhaltet in einigen Bundesländern<br />

regionale Wirtschaftskreise, die vor Ort Veranstaltungen organisieren,z.B Baden-Württemberg,<br />

Berlin/Brandenburg, Bremen, Hessen/Rheinland-Pfalz. Je <strong>nach</strong> Region werden<br />

unterschiedliche Aktivitäten entfaltet.<br />

Finanzierung<br />

- staatliche Subventionen über InWent<br />

- Spenden<br />

Art der Hilfe<br />

- internationale Wissen- und Erfahrungsaustausch<br />

- konkrete Projekte werden über InWent realisiert<br />

InWent - Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH<br />

- Bundesrepublik Deutschland (83,33%), vertreten durch das Bundesministerium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

- Carl Duisberg Gesellschaft e.V. (8,33%), als Vertreterin der Wirtschaft<br />

- Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung (8,33%), als Vertreterin der Länder


Kontakt<br />

Carl Duisberg Gesellschaft e. V.<br />

c/o Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)<br />

Breite Straße 29<br />

10178 Berlin<br />

E-Mail: cdg@cdg.de<br />

http://www.cdg.de


DESWOS<br />

Deutsche Entwicklungshilfe für soziales Wohnungs- und Siedlungswesen e.V.<br />

Gründung<br />

DESWOS wurde 1969 gegründet und ist ein gemeinnütziger und privater Verein.<br />

Leitmotiv<br />

Wohnungsnot und Armut in Entwicklungsländern bekämpfen. Hilfe zur Selbsthilfe beim<br />

Bau von Wohnraum für notleidende Familien und bei der Sicherung ihrer Existenzen.<br />

Träger<br />

die im GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. organisierten<br />

Verbänden der Wohnungswirtschaft und deren Mitgliedsunternehmen.<br />

Verwaltung<br />

ca.26 Mitarbeiter<br />

Finanzierung<br />

- Spenden und Engagement der DESWOS-Mitglieder<br />

- Eigenleistung der Geförderten<br />

- Zuschüsse des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung und der Europäischen Kommission<br />

- Finanzierungsbeispiel: Dorfentwicklung in Sri Lanka<br />

Die Zielgruppe: 59 Familien der ärmsten Bevölkerungsschicht in einem Slum am Rande<br />

Colombos.<br />

Die Probleme:<br />

* katastrophale hygienische Verhältnisse<br />

* die Monsunfluten überschwemmen und zerstören alle Hütten zweimal im Jahr<br />

* keine medizinische Versorgung<br />

* hohe Raten von Analphabeten<br />

* kaum Einkommensmöglichkeiten<br />

Die Maßnahmen:<br />

* Bau von stabilen Steinhäusern in Selbsthilfe und unter fachlicher Anleitung. Kosten<br />

pro Haus: 1892 EURO<br />

* Bau von 6 Brunnen und sanitären Anlagen. Kosten pro Brunnen: 1652 EURO<br />

* Bau eines Gemeinschaftszentrums mit Gesundheitsstation und Grundschule<br />

Kosten: 3966 EURO<br />

* Asphaltieren der Hauptstraße und Bau eines Abwasserkanals Kosten: 10226 EURO<br />

* Vergabe von Kleinkrediten für Einkommen schaffende Maßnahmen (Viehzucht, Anbau,<br />

Kleingewerbe) über 2 Jahre, Kreditvolumen gesamt: 4934 EURO<br />

* Täglich eine warme Mahlzeit für die Kleinkinder des Viertels<br />

Kosten im Jahr: 248 EURO<br />

* Einsatz einer Grundschullehrerin. Jahresgehalt: 120 EURO<br />

Art der Hilfe<br />

- Prinzipien der Hilfe von DESWOS<br />

* Hilfe zur Selbsthilfe.<br />

* <strong>nach</strong>haltige Hilfe.


* Partner vor Ort entwickeln mit der DESWOS zusammen Projekte und führen sie<br />

eigenständig durch. Die Zusammenarbeit macht Sinn: Partner kennen die Lage vor<br />

Ort, kennen die Vorschriften, haben die entsprechenden Kontakte und wissen um die<br />

Nöte und Sorgen. Eigenleistung der Geförderten ist beim Bau unbedingt erforderlich.<br />

* Die Familien erhalten das Baumaterial als Kredit, der in kleinen Raten und zu<br />

günstigen Konditionen zurückgezahlt wird in einen gemeinsamen Fond bei unserem<br />

jeweiligen Partner im Zielland. Davon profitieren dann wieder andere Familien.<br />

Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten werden gemeinsam<br />

gebaut und diese Gelder müssen nicht zurückgezahlt werden.<br />

* Für die Verwaltung verwendet DESWOS keine Spenden, sondern bestreiten sie aus<br />

Mitgliedsbeiträgen und Zuschüssen. Sie versucht, Verwaltungskosten so gering<br />

wie möglich zu halten.<br />

* Eingesetzte Rohstoffe müssen umweltverträglich und kostengünstig sein und werden<br />

von lokalen Anbietern bezogen.<br />

* Transparenz schafft DESWOS bei den Finanzen genauso wie beim Projektverlauf. Ihre<br />

Spender werden regelmäßig und ausführlich über den Fortgang der Projekte<br />

informiert.<br />

- Zielgruppe der Arbeit sind Familien der untersten Einkommensschichten und sozial<br />

ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen. Die Familien entwickeln die Projekte gemeinsam<br />

mit den Partnerorganisationen der DESWOS selbst <strong>nach</strong> ihren Bedürfnissen und planen<br />

sie sorgfältig. Nach gründlicher Prüfung vergibt die DESWOS die nötigen Gelder, in<br />

der Regel werden dazu öffentliche Mittel und Spenden verwendet. Praktische Selbsthilfe<br />

leisten die Menschen <strong>nach</strong> ihren Möglichkeiten unter Anleitung von Fachleuten beim<br />

Bau ihrer eigenen Häuser.<br />

- Die Projekte der DESWOS beziehen alle Bereiche des Lebens mit ein, denn Entwicklung<br />

verlangt auch<br />

* sauberes Trinkwasser,<br />

* ausreichende Gesundheit und Hygiene,<br />

* Arbeit und Einkommen,<br />

* schulische und berufliche Ausbildung,<br />

* soziale Strukturen.<br />

- Typischer Projektverlauf<br />

1. Vorprüfen des eingereichten Projektes in einem Schnellverfahren <strong>nach</strong> dem Punkte-<br />

vergabesystem<br />

* Ablehnung oder Weiterleitung an andere Entwicklungshilfeorganisationen<br />

* Detaillierte Prüfung <strong>nach</strong> inhaltlichen Kriterien<br />

2. Planungsbesuch bei der beantragenden Organisation<br />

3. Prüfung der Finanzierungsvoraussetzungen, externer Finanzierungsmöglichkeiten,<br />

Eigenleistungen, Suche <strong>nach</strong> Optimierungsmöglichkeiten<br />

4. Einpassung in die Finanzplanung der DESWOS, Antragstellung für die öffentliche<br />

Mitfinanzierung, Spendenwerbung<br />

5. Projektdurchführung, Kontrolle<br />

6. Abrechnung der Projekte, Evaluierung der Ergebnisse<br />

Einsatzorte<br />

weltweit


Referenzprojekten<br />

1. Ponnanthitu - überzeugende Selbsthilfe eines ganzen Dorfes - Hausbauprojekt für tsunami-geschädigte<br />

Familien im Cuddalore District, Tamil Nadu/ Indien<br />

Es sind Kleinstbauern und Flussfischer, die ihre Hütten, Fischereigeräte und Ernteerträge<br />

durch den Tsunami verloren haben. DESWOS und ihre Partnerorganisation BLESS überzeugten<br />

die Tatkraft der Dorffamilien und greifen die Bitte um Unterstützung der Dorfgemeinschaft<br />

gerne auf:<br />

* Hilfe zum Bau stabiler Häuser in Selbsthilfe mit eigener Baumaterialproduktion,<br />

* Anleitung des Selbstbaus durch die Partnerorganisation BLESS,<br />

* Entwicklung eines neuen Haustyps mit begehbarer Dachterrasse<br />

* Hygieneprogramm zum Bau von EcoSan-Trockentoiletten<br />

* Aufbereitung der getrockneten Fäkalien als Düngemittel<br />

2. Nach dem Tsunami: Aktiv beim <strong>Wiederaufbau</strong> in 15 indischen Dörfern / Indien<br />

In 15 Dörfern der Kreise Vetapalem und Chinnaganjam in Andhra Pradesh sind die DES-<br />

WOS und die Partnerorganisation ASSIST aktiv am <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> der Tsunami-Katastrophe<br />

beteiligt. Die Menschen im Küstenstreifen haben weniger Tote zu beklagen als in<br />

anderen Regionen. Aber es gab große Schäden in den Dörfern und im landwirtschaftlich<br />

genutzten Hinterland, so dass die Menschen noch lange unter den Folgen des Tsunami zu<br />

leiden hätten. Das Ziel des Projektes ist die Wiederherstellung einer tragfähigen lokalen<br />

Wirtschaft und die Verbesserung von Infrastruktur und Wohnsituation. DESWOS hilft mit<br />

gezielten Maßnahmen:<br />

* Selbsthilfe-Bau von über 748 Häusern auf flutsicheren Siedlungsplätzen<br />

* Versorgung mit Toilettenanlagen für zusätzliche 400 Familien<br />

* Trinkwasserversorgung durch Brunnenreparatur, Wasserpumpen und drei Hochtanks<br />

* Gesundheitsförderung durch Kampagnen, so genannte Check-up Camps und<br />

kostenfreie Basisgesundheitsdienste<br />

* Rehabilitation von Fischern zur Wiederaufnahme des Fischereibetriebs<br />

* Aufforstungsprogramm mit Nutzbäumen, windbrechenden Bäumen und<br />

Rekultivierung versalzener Agrarflächen von<br />

* Kleinbauern<br />

* Schulausbau<br />

* Unterstützung von Schülern zur Abschaffung von Kinderarbeit<br />

* Gründung von Spar- und Kreditvereinen für Frauen, Aufbau von drei<br />

Genossenschaften<br />

* Berufliche Bildung für Jugendliche<br />

Das Projekt erhält eine Förderung durch Initiativen aus der Aktion „Mönchengladbach<br />

hilft“, Unternehmen der Wohnungswirtschaft, Lesern der Zeitschrift „Gutes Geld“ und dem<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Es hat<br />

eine über dreijährige Laufzeit und benötigt noch Spenden.<br />

3. Frauen und ihre Kinder vor Gewalt schützen – Frauenhaus Guntur / Indien<br />

Die Be<strong>nach</strong>teiligung von Frauen ist in Indien geradezu sprichwörtlich. „Ein Mädchen großzuziehen,<br />

ist wie Pflanzen in Nachbars Garten gießen,“ heißt es im Volksmund. Die Heiratsgebräuche<br />

machen einheiratende Schwiegertöchter praktisch rechtlos. Körperliche<br />

Gewalt gegen Frauen gehört zu den gängigen Repressionen. Nachforderungen an Mitgift,<br />

Alkoholismus, Eifersucht, Kinderlosigkeit – alles kann Auslöser für psychische und physische<br />

Misshandlung sein. Mehr als anderswo sind Frauen in Indien männlicher Aggression<br />

schutzlos ausgeliefert.<br />

ausbauprojekt für tsunami-geschädigte Familien im Cuddalore<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> in 15 indischen Dörfern<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> in 15 indischen Dörfern<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> in 15 indischen Dörfern


Frauen und ihre Kinder vor Gewalt schützen<br />

Die DESWOS in Zusammenarbeit mit der Indienhilfe Kelkheim und ihr indischer Projektpartner<br />

SPANDANA haben diesen Frauen eine Zuflucht geboten, durch<br />

* den Bau eines Frauenhauses mit<br />

* fünf Gemeinschaftsunterkünften,<br />

* einem Kinderhort sowie durch<br />

* Ausbildung zur Herstellung von Esswaren und<br />

* Verkauf von Snacks und Mahlzeiten im Straßenverkauf<br />

* Rechtshilfeberatung, Eheberatung und therapeutische Betreuung.<br />

Viele der Frauen haben übergangsweise im Frauenhaus Zuflucht gefunden und gehen heute<br />

deutlich selbstbewusster und mit neuer Perspektive ihren eigenen Weg. In jüngster Zeit<br />

werden, da AIDS gesellschaftlich nahezu tabuisiert ist, zunehmend HIV-positive Frauen<br />

aufgenommen, die von ihren Familien oder Dorfgemeinschaften verstoßen wurden.<br />

Kontakt<br />

DESWOS e.V.<br />

Deutsche Entwicklungshilfe für soziales<br />

Wohnungs- und Siedlungswesen e.V.<br />

Innere Kanalstraße 69<br />

50823 Köln<br />

Tel.: 0221 / 579 89-0<br />

Fax: 0221 / 579 89-99<br />

E-Mail: public@deswos.de<br />

http://www.deswos.de


Habitat for Humanity International<br />

Gründung<br />

1976 wurde Habitat for Humanity gegründet. Bis heute hat HFH bereits mehr als 1,000 000<br />

Leuten in Krisengebieten beim Bauen ihren Unterkünfte geholfen. Mehr als 200,000 Häuser<br />

in der Welt wurden von HFH gebaut oder renoviert.<br />

Leitmotiv<br />

Habitat for Humanity leistet die Planung und <strong>Wiederaufbau</strong> in Krisengebieten mit ortsansessigen<br />

Fachkräften. Habitat for Humanity glaubt, dass eine einfache menschenwürdige<br />

Unterkunft zur Basis des Menschenrechts gehört.<br />

Träger<br />

katholische Kirche<br />

Verwaltung<br />

Habitat for Humanity arbeitet in knapp 100 Ländern und mehr als 3000 Gemeinden. Das<br />

Hauptquartier für Europa und zentral Asien befindet sich in Budapest.<br />

Finanzierung<br />

Spenden von Geld und Material.<br />

HFH wird von lokalen und internationalen Spendern, u.a. private Spender, Gemeinde, Kirchen<br />

und Stiftungen etc, finanziert. Die privaten Spender übernehmen den größten Anteil<br />

der Finanzierung. Die Spenden werden mit den weiteren Bezahlungen der Hausbesitzer zu<br />

dem „Fund for Humanity“ zusammen gefügt. Der Fund ermöglicht die weiteren Hilfen beim<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> der Häuser.<br />

Art der Hilfe<br />

- freiwillige Hilfskräfte<br />

- monatliche Unterstützungszahlungen mit Einbindung der lokalen Bevölkerung in den<br />

Wohnungsbauprozess, die Integration führt zur Steigerung der Wertschätzung der<br />

Gebäude und zu einem erhöhten Zusammenhalt der Gemeinschaft. Integrative<br />

Entwicklungshilfe.<br />

Einsatzorte<br />

- mittlerer Osten<br />

- Pazifik<br />

- Karibik<br />

- USA<br />

- Lateinamerika<br />

Referenzprojekten<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> in einem von der Flut betroffenen Gebiet Rumäniens<br />

Rumänien wurde in August 2005 von der großen Flut schwer betroffen. Der gesamte finanzielle<br />

Schaden war US$850 Millionen. Bis Mai 2006 hat HFH bereits mehr als 1,000<br />

Personen beim <strong>Wiederaufbau</strong> oder Renovierung ihre Häuser geholfen. Die Schäden bei<br />

Bauten sind unterschiedlich, z.B. feuchte Decke, verschimmelte Wände, Risse in den Fundamenten<br />

und komplett abgestürzte Wände. Der <strong>Wiederaufbau</strong> von HFH beinhaltete die<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> Flut 2005, Rumänien<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> Flut 2005, Rumänien<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> Flut 2005, Rumänien


Türen und Fenstern. Das Projekt wurde von USAID (via CHF International) bzw. von privaten<br />

Spender und Gemeinden in Höhe von US$600,000 finanziert.<br />

Kontakt<br />

Europe and Central Asia Area Office<br />

Habitat for Humanity International<br />

Karoly krt. 3A felemelet I.<br />

1075 Budapest,Hungary<br />

Tel./Fax: (36-1) 411-2170/411-2171<br />

E-mail: eca@habitat.org<br />

http://www.habitat.org/eca/<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> Flut 2005, Rumänien


Help - Hilfe zur Selbsthilfe e.V.<br />

Gründung<br />

Als Folge des Krieges in Afghanistan wurde zu Weih<strong>nach</strong>ten 1979 die größte Flüchtlingswelle<br />

<strong>nach</strong> dem 2. Weltkrieg ausgelöst. 3 Millionen Flüchtlinge fanden Zuflucht in Pakistan.<br />

Im Juli 1981 gründeten Abgeordnete aller im Bundestag vertretenen Parteien und<br />

namhafte Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kirche die Organisation HELP und riefen<br />

unter dem Motto „ Deutsche helfen Afghanistan“ zu Spenden für die Flüchtlinge auf.<br />

Leitmotiv<br />

Hilfe für Menschen, die in Not geraten sind, unabhängig von Herkunft, Religion, oder Weltanschauung.<br />

Träger<br />

eingetragener Verein<br />

Verwaltung<br />

15 Mitarbeiter in der Verwaltung der Bonner Zentrale von HELP puls lokale Mitarbeiter vor<br />

Ort.<br />

Finanzierung<br />

- Spenden<br />

- Zuschüssen der Bundesregierung, der Europäischen Union, der Vereinten Nationen und<br />

anderen internationalen Geberländern<br />

Art der Hilfe<br />

- Not- und Katastrophenhilfe<br />

- langfristig angelegte Entwicklungshilfe- und <strong>Wiederaufbau</strong>projekte<br />

- Minenräumung<br />

- Unterstützung von Flüchtlingen in aller Welt<br />

- Nach dem Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ fördert HELP die Anstrengungen der<br />

Betroffenen, ihre Lebensumstände aus eigener Kraft zu verbessern.<br />

- Kooperation und Einbindung von Fachkräften vor Ort.<br />

Einsatzorte<br />

weltweit<br />

Referenzprojekten<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> dem Tsunami 2004 in Sumarta und <strong>nach</strong> dem Erdbeben 2005 in Kaschmir.<br />

Schon bevor die <strong>Naturkatastrophen</strong> Kaschmir und Sumatra heimsuchten, lebten die<br />

Menschen dort auf extrem niedrigem Existenzniveau. HELP hat sich deshalb ausdrücklich<br />

zum Ziel gesetzt, den Menschen über die Nothilfe hinaus für die Zukunft bessere Lebensperspektiven<br />

zu erschließen – eine langfristige, ehrgeizige Aufgabe. Fünf Dörfer sind es in<br />

Kaschmir, denen das HELP-Aufbauprogramm zugute kommt:<br />

Anhari, Arounta, Narayan, Narwal und Tehsil. In Sumatra sind es die auf der vorgelagerten<br />

Insel Nias liegenden Dörfer Tefaö, Hilidohona, Ulu Idanoduo und Gomo.


<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> dem Erdbeben 2005 in Kaschmir<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> dem Erdbeben 2005 in Kaschmir<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> dem Erdbeben 2005 in Kaschmir<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> dem Erdbeben 2005 in Kaschmir<br />

Für die Dörfer bedeutet das Aufbauprogramm im Einzelnen:<br />

* den Schulbau für Jungen und Mädchen,<br />

* den Bau von Sanitäranlagen,<br />

* die Instandsetzung von Trinkwasser- und Abwasseranlagen,<br />

* den Bau von erdbeben- und tsunamisicheren Häusern,<br />

* den Bau von Gemeindezentren,<br />

* den Anschluss an die Stromversorgung,<br />

* eine medizinische Grundversorgung<br />

* die Saatgutverteilung für Bauern<br />

* sowie einkommenschaffende Maßnahmen (Handarbeiten, Hausgartenbau und<br />

Vermarktung der Produkte, Fischzucht, Kokosölproduktion ...)<br />

Kontakt<br />

HELP - Hilfe zur Selbsthilfe e.V.<br />

Reuterstr. 39<br />

D - 53115 Bonn<br />

Tel: +49 (0) 228 91529-0<br />

Fax: +49 (0) 228 91529-99<br />

http://www.help-ev.de


medica mondiale<br />

Gründung<br />

Gegründet 1992 während des Bosnien-Krieges von der Frauenärztin Dr. Monika Hauser.<br />

Medica mondiale eine Hilfs- und Menschenrechtsorganisation von Frauen für Frauen.<br />

Leitmotiv<br />

medica mondiale setzt sich für traumatisierte Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten<br />

ein und versteht sich als Anwältin für die Rechte und Interessen von Frauen, die<br />

sexualisierte Kriegsgewalt überlebt haben.<br />

Träger<br />

eingetragener Verein<br />

Verwaltung<br />

rund 150 einheimische MitarbeiterInnen<br />

40 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen<br />

10 internationale Expertinnen<br />

Finanzierung<br />

Spenden<br />

Art der Hilfe<br />

- medica mondiale hat sich aus der Kooperation von Medica Köln und Medica Zenica<br />

entwickelt, einem Projekt gegen Gewalt an Frauen in Bosnien-Herzegowina im Kontext<br />

des Krieges.<br />

- medica mondiale unterstützt und fördert – ungeachtet ihrer politischen, ethnischen und<br />

religiösen Zugehörigkeit<br />

- Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten, deren physische, psychische,<br />

soziale und politische Integrität verletzt wurde. Die Verletzung kann gesellschaftlich,<br />

familial oder kriegsbedingt sein. Ziel ist es, die Selbstheilungskräfte der Frauen zu<br />

stärken sowie ihr Recht auf emanzipatorische Lebensgestaltung zu unterstützen und<br />

einzufordern.<br />

- medica mondiale leistet akute und langfristige Hilfe für traumatisierte Frauen und<br />

Mädchen in Kriegs-und Krisengebieten durch.<br />

* Projekte zur medizinischen und psychosozialen Versorgung<br />

* Projekte zur Förderung der öffentlichen Gesundheitsfürsorge<br />

* Projekte zur Ausbildung,Weiterbildung und Schaffung von Erwersmöglichkeiten<br />

* Projekte zur Verbesserung der Ernährungs-, Wohn- und Rechtssituation<br />

* Projekte zur Aufklärung der Öffentlichkeit über die Situation der Frauen<br />

* Projekte zur Schaffung autonomer Frauenräume<br />

- medica mondiale strebt die langfristige Absicherung dieser Projekte innerhalb<br />

autonomer Frauen strukturen und sozialgesellschaftlicher Infrastrukturen an.<br />

- medica mondiale setzt sich ein für die Aufklärung und Dokumentation der vielfältigen<br />

Formen von Gewalt an Frauen und ihres globalen Charakters. medica mondiale arbeitet<br />

dabei schwerpunktmäßig mit nationalen und internationalen Frauen- und Menschenrechtsorganisationen<br />

zusammen sowie mit weiteren Nichtregierungs- und Regierungs-<br />

organisationen.


Therapiezentrum in Zenica,Bosnien<br />

Therapiezentrum in Zenica,Bosnien<br />

Nothilfemaßnahmen und den <strong>Wiederaufbau</strong> des Projekthauses<br />

“lower aceh”, Aceh, Indonesien<br />

Nothilfemaßnahmen und den <strong>Wiederaufbau</strong> des Projekthauses<br />

“lower aceh”, Aceh, Indonesien<br />

- medica mondiale setzt sich gegen jede Form von Nationalismus und Fundamentalismus<br />

ein und beteiligt sich am Aufbau demokratischer Strukturen und an nationalen und inter<br />

nationalen Versöhnungsprozessen.<br />

- medica mondiale versteht sich als Teil der internationalen Frauenbewegung und setzt<br />

sich für die Anerkennung von Frauenrechten als Menschenrechten in der Perspektive<br />

eines nicht-hierarchischen Geschlechterverhältnisses ein<br />

Einsatzorte<br />

- Afghanistan<br />

- Albanien<br />

- Bosnien<br />

- Demokratische Republik Kongo<br />

- Indonesien: Aceh<br />

- Jugoslawien: Kosovo<br />

- Liberia<br />

- Sudan<br />

- Uganda<br />

Referenzprojekte<br />

1. Therapiezentrum in Zenica,Bosnien.Therapiezentrum mit psychlogischer Unterstützung<br />

und medizinischer Behandlung für Frauen und Mädchen, die während des Balkankrieges<br />

Opfer von Folterung und Vergewaltigung wurden.<br />

2. Nothilfemaßnahmen und den <strong>Wiederaufbau</strong> des Projekthauses “lower aceh”, Aceh, Indonesien<br />

Kontakt<br />

medica mondiale e.V.<br />

Hülchrather Straße 4<br />

D – 50670 Köln<br />

Tel: 49(0) 221-9318980<br />

http://www.medicamondiale.de


Miserior<br />

Gründung<br />

1958. Misereor ist eine Gründung der deutschen Katholiken<br />

Leitmotiv<br />

Hauptziel der Arbeit mit den Partnern in Entwicklungsländern ist es, durch Förderung von<br />

vorrangig armenorientierten Projekten und Programmen zu <strong>nach</strong>haltiger Entwicklung beizutragen.<br />

Verwaltung<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MISEREOR-Geschäftsstelle<br />

sind Fachleute mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund. Sie prüfen Projektanfragen,<br />

beraten und begleiten Partner bei der Projektdurchführung. Sie garantieren die sachgerechte<br />

Verwendung der Finanzmittel. Sie verleihen den Armen des Südens eine Stimme<br />

in Deutschland, informieren Menschen in Deutschland und werben um Spenden.<br />

Träger<br />

Hilfswerk der katholischen Kirche<br />

Finanzierung<br />

unterstützen mit Spenden, Aktionen und Engagement die Selbsthilfe der Menschen in Afrika,<br />

Asien, Ozeanien und Lateinamerik.<br />

Art der Hilfe<br />

MISEREOR orientiert sich an den Bedürfnissen der Armen, vertraut auf Kraft und Kompetenz<br />

der Betroffenen, leistet Hilfe zur Selbsthilfe, achtet auf <strong>nach</strong>haltige Ergebnisse - in<br />

Nord und Süd, sieht den Menschen im Mittelpunkt - unabhängig von Religion, Geschlecht<br />

und Nation MISEREOR-Projekte sind Partnerprojekte. Jedes von MISEREOR bewilligte<br />

Projekt ist zeitlich befristet.<br />

Misereor will keine dauerhaften Abhängigkeiten eines Projektträgers von ausländischer<br />

Hilfe schaffen. Hilfe zur Selbsthilfe muss immer darauf angelegt sein, dass möglichst bald<br />

auf finanzielle Unterstützung aus Deutschland verzichtet werden kann<br />

- Kleinbäuerliche Landwirtschaft<br />

- Kinder<br />

- Gesundheitswesen<br />

- Ausbildung<br />

- Gesellschaft und Politik<br />

- Wohnen, Wasser, Energie<br />

- Kleingewerbe<br />

- Integrierte Projekte<br />

- Not- und Flüchtlingshilfe<br />

Im Vordergrund stehen die Bedürfnisse der Partner. Unser Beitrag beinhaltet die Gewährung<br />

finanzieller Mittel, Beratung und Erfahrungsaustausch, Projektbegleitung, Auswertung<br />

durchgeführter Maßnahmen sowie Beistand für Partner, die in unmittelbare Bedrängnis<br />

geraten sind. MISEREOR bewilligt jährlich über 2.000 Entwicklungsprojekte.


Haus für 340 Euro in Guayaquil, Equador<br />

Haus für 340 Euro in Guayaquil, Equador<br />

Einsatzorte<br />

Afrika, Asien und Lateinamerika<br />

Referenzprojekte<br />

Ein Haus für 340 Euro. Ziel ist es, den Armen in Guayaquil, Equador, in den Elendsvielteln<br />

ein einfaches Haus zu geben. Für 340 Euro kann ein Bambushaus errichtet werden<br />

Kontakt<br />

MISEREOR-Geschäftsstelle<br />

Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e.V<br />

Mozartstraße 9<br />

52064 Aachen<br />

http://www.misereor.de


VUBIC<br />

Verband Unabhängig Beratender Ingenieure und Consultants<br />

Gründung<br />

1954: Gründung des VUBI Verband unabhängig beratender Ingenieurfirmen e.V.<br />

2000: Fusion von VUBI und INGEWA zum neuen VUBIC<br />

Leitmotiv<br />

Der VUBIC vertritt als Wirtschaftsverband die Interessen von rund 320 Unternehmen in<br />

Deutschland. Als kompetenter Gesprächspartner setzt sich der VUBIC für die Verbesserung<br />

und Weiterentwicklung von politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

für Ingenieure und Consultants ein.<br />

Verwaltung<br />

16.000 Beschäftigte arbeiten weltweit an 560 Orten<br />

Träger<br />

eingetragener Verein<br />

Finanzierung<br />

zahlende Auftraggeber:<br />

- internationalen Entwicklungsbanken<br />

- Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit<br />

- Kreditanstalt für <strong>Wiederaufbau</strong><br />

- Europäische Kommission<br />

- Weltbankgruppe<br />

- private Investoren<br />

Die VUBIC-Unternehmen haben im vergangenen Jahr einen Umsatz von ca. 1,6 Milliarden<br />

Euro erwirtschaftet, davon 1,0 Milliarden Euro im In- und 600 Millionen Euro im Ausland.<br />

Art der Hilfe<br />

- Know-how-Transfer<br />

- Human Resources Management<br />

- Demokratisierung und Privatisierungsberatung<br />

Einsatzorte<br />

weltweit<br />

Kontakt<br />

VUBIC e. V.<br />

Georgenstraße 23<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: 030 / 27 87 32-0<br />

http://www.vubic.de


Quellenverzeichnis<br />

Jahresausgabe Miserior Projektkatalog<br />

http:// www.adveniat.de<br />

http://www.architekten-ueber-grenzen.de/<br />

http://www.cdg.de<br />

http://www.deswos.de<br />

http://www.habitat.org/eca/<br />

http://www.help-ev.de<br />

http://www.medicamondiale.de<br />

http://www.misereor.de<br />

http://www.vubic.de


Begegnungen auf der Baustelle, während des Afghanistan-Einsatzes<br />

Lage der 3 Einsatzgebiete<br />

Arbeitsweisen von Organisationen in Katastrophen-/<br />

Krisengebieten<br />

Drei Beispiele von Einsätzen<br />

Drei Organisationen<br />

Heike Molzberger<br />

1. Grünhelme e.V. Afghanistan<br />

2. Ärzte ohne Grenzen e.V. Tschad<br />

3. Deutsches Rotes Kreuz e.V. Indonesien


1. Grünhelme e.V. - Afghanistan<br />

Provinz Herat mit Einsatzgebiet um Dorf Qara Bagh Dorf Qara Bagh: Wohnort und Standort der Werkstattbaustelle Dorf Sang Kutal: Baustelle der Schule im Hintergrund<br />

Einsatz mit Grünhelme e.V.<br />

• Einsatz 03 / 2004 bis 08 / 2004 (6 Mon.)<br />

• Afghanistan, Provinz Herat, Dorf Qara Bagh<br />

• Aufgaben:<br />

o Bauleitung einer Schule<br />

o Planung und Bauleitung einer Tischlerwerkstatt<br />

Organisation Grünhelme e.V.<br />

• Gegründet 2003 u.a. von Dr. R. Neudeck<br />

• Humanitär arbeitende NGO / NRO<br />

• Prinzipien: Parteipolitisch neutral, nationalitäts- und religionsübergreifend<br />

• Projekte: Bau und <strong>Wiederaufbau</strong> von Gemeindeinfrastrukturen, sozialen,<br />

ökologischen, kulturellen und religiösen Einrichtungen<br />

• Bisher 7 Einsatzländer<br />

• Mitarbeiter: z.Z. 7 „Grünhelme“ weltweit im Einsatz<br />

Arbeitsweisen Grünhelme e.V.<br />

• „Taten anstelle von Papier, Studien, Gutachten und Absichten“<br />

• Peripherie, nie Hauptstädte<br />

• Projektauswahl u.a. <strong>nach</strong> Liste des Ministeriums, Petitionen von Dorfbewohnern<br />

• Bevölkerung muss Grünhelme willkommenheißen<br />

• Bedingung: Dorf muss Wohnhaus und Bauplatz zur Verfügung stellen, für<br />

zukünftigen Betrieb des Gebäudes garantieren<br />

• 1 (- 2) Mitarbeiter („Grünhelme“) leiten zusammen eine Baustelle<br />

• „Grünhelm“ = Bauleiter, Logistiker, Finanzverwalter, Personalverantwortlicher,<br />

etc.<br />

• Wohnen und Arbeiten im Dorf, einfachste Lebensbedingungen<br />

• Aufbau zusammen mit den Betroffenen selbst<br />

Schulbaustelle: Betonieren des Dachs mit Leuten aus dem Dorf<br />

Diskussion mit Mullah Ahmad, der den Grund für den Bau der<br />

Schule kostenlos zur Verfügung gestellt hatte<br />

Herstellen und Trocknen der ca. 7.000 Lehmziegel für die Kuppeldächer<br />

der Werkstatt


Werkstattbaustelle, mitten im Dorf<br />

10 Traditionelle afghanische Kuppeldächer der Werkstatt, aus luftgetrockneten Lehmziegeln gemauert


2. Ärzte ohne Grenzen e.V. - Tschad<br />

Einsatzgebiet um Dorf Hadjer Hadid, östlich von Abéché<br />

Vor dem Büro von Ärzte ohne Grenzen e.V. in Hadjer Hadid<br />

Einsatz 09/2005 bis 05/2006 (8 Mon.)<br />

• Tschad, nahe Grenze zum Sudan / Darfur, Dorf Hadjer Hadid<br />

• Aufgaben: Logistik für die Gesundheits- und Ernährungszentren von Ärzte ohne<br />

Grenzen in zwei Flüchtlingslagern (Flüchtlinge aus Darfur)<br />

o Bau und Instandhaltung, Versorgungs- und Hygiene-Management<br />

Bau von 20 „Toukouls“ (kleinen Wohnhäusern) für die nat. Mitarbeiter<br />

Organisation Ärzte ohne Grenzen e.V.<br />

• Gegründet 1971 in Paris von jungen Ärzten und Journalisten<br />

• Internationale humanitäre medizinische Nothilfeorganisation<br />

• Prinzipien: Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, „Sprachrohr für<br />

Menschen in Not“, Transparenz, Freiwilligkeit<br />

• 1999 Friedens-Nobelpreis<br />

• Projekte: Gesundheitsversorgung, Impfkampagnen, Psycho-Soziale Programme,<br />

Ernährungsprogramme, Wasserversorgung / Errichtung sanitärer Anlagen, etc.<br />

• Büros in 19 Ländern, Projekte in über 70 Ländern<br />

Arbeitsweisen Ärzte ohne Grenzen e.V.<br />

• Projektstart<br />

o innerhalb von 24-48 Stunden kleines Team vor Ort<br />

o Zusammengetragen alle nötigen Informationen<br />

o Entscheiden über Nothilfeeinsatz <strong>nach</strong> definierten Kriterien<br />

o Standardisierte Abläufe und ausgefeilte Logistik<br />

• Projektphase<br />

o Ständiges Überprüfen, ob Projekt fortgeführt oder in Teilen verändert<br />

werden soll<br />

o Ergänzen der Einschätzung durch Informationen von Partnern vor Ort,<br />

auch über Akzeptanz der Hilfe durch Bevölkerung und Sicherheitslage<br />

o Kontinuierliches Ausbilden nationaler Mitarbeitern/-innen<br />

Ziel, medizinische Versorgung so bald wie möglich in nationale Hände<br />

zu übergeben.<br />

• Projektende<br />

o Feste Kriterien für Beendigung eines Projektes:<br />

Ist Notfallsituation noch gegeben?<br />

o Verwaltungstechnisches Abschließen des Projekts<br />

o Übergeben der Ausrüstungsgegenstände meist an nationale<br />

Organisationen / Institutionen<br />

o Vorübergehende Evakuierung oder vorzeitige Beendigung aus<br />

Sicherheitsgründen kann vorkommen.<br />

Gesundheits- / Ernährungszentrum von Ärzte ohne Grenzen e.V.<br />

„Hangars“ (temp. Bauten)<br />

„Waste Disposal Area“, spät. „Incinerators“ (Verbrennungsofens)<br />

Temporäre Latrinen


Flüchtlingslager „Farchana“ (Darfur-Flüchtlinge)<br />

Bau von „Toukouls“ (kleinen Wohnhäusern) für die nationalen Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen e.V.


3. Deutsches Rotes Kreuz e.V.<br />

Provinz Aceh im N-Westen Sumatras mit Einsatzgebiet um Dorf<br />

Zerstörung durch den Tsunami im Dorf Teunom, Anfang 2005<br />

(Foto: Kemper)<br />

Einsatz mit dem Deutschen Roten Kreuz e.V.<br />

Einsatz: 09 / 2006 bis 01 / 2007 (4 Mon.)<br />

Indonesien / Sumatra, Provinz Aceh (Tsunami-Region), Dorf Teunom<br />

Aufgabe: Als „Construction Delegate“ <strong>Wiederaufbau</strong> von 9 Schulen und 1 Kindergarten<br />

(Fortführen des Projekts)<br />

Organisation Deutsches Rotes Kreuz e.V.<br />

Ursprung der Rotkreuz-/Rothalbmond-Bewegung: 1859<br />

Bestehend aus:<br />

o IKRK – Internationales Komitee des Roten Kreuzes<br />

o IFRK – Internationale Föderation der RK/RH-Gesellschaften<br />

o 186 RK/RH-Gesellschaften (u.a. DRK)<br />

Einzelmaßnahmen Auslandshilfe<br />

o Katastrophenhilfe<br />

o Katastrophenvorsorge und Organisationsentwicklung<br />

o Gesundheit, Wasser und Hygiene<br />

o <strong>Wiederaufbau</strong> / Rehabilitation<br />

o Ökonomische Grundsicherung<br />

Arbeitsweisen Deutsches Rotes Kreuz e.V.<br />

Bereich Rehabilitation und <strong>Wiederaufbau</strong><br />

o Einkommensfördernde Maßnahmen<br />

o Nachhaltigkeit<br />

o Umweltschutz<br />

o Achten der Traditionen<br />

o Gender<br />

o Ausbildung / Fortbildung<br />

o Einbeziehen der Bevölkerung<br />

o Capacity building<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> in Indonesien / Aceh<br />

o Schulen<br />

o Gesundheitseinrichtungen<br />

o Wohnhäuser<br />

“Schulprojekt Teunom”<br />

o Projektbeginn: Nov. 2005<br />

o Baubeginn: März 2006<br />

o Koordination und Supervising der Baustellen bzw. Baufirmen<br />

o Qualitäts-, Kostenkontrolle, Zeitplanung, Kontakt zu Behörden etc.<br />

Größtenteils provisorisch wiederaufgebautes Dorf Teunom<br />

Eine der Schulbaustellen im Rohbau: Lokal geprägte, campusartige<br />

Struktur, aus vielen Einzelgebäuden bestehend<br />

Lehrerwohnhaus einer Schulbaustelle<br />

Diskussion mit Leiter der lokalen ausführenden Baufirma und<br />

Projektingenieur


Überschwemmungen in der Regenzeit, die die Bauausführung behindern<br />

Provisorischer Schulunterricht während der Überschwemmungen


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

1 Abgrenzung von Naturereignis und Naturkatastrophe<br />

Eine Naturkatastrophe ist eine natürlich entstandene Veränderung der Erdoberfläche oder<br />

der Atmosphäre, die auf Lebewesen und deren Umgebung verheerende Auswirkungen<br />

hat. Im engeren Sinne kann ein Naturereignis nur dann zur Katastrophe werden, wenn es<br />

sich auf Menschen auswirkt. Der Schweizer Architekt und Schriftsteller Max Frisch drückt<br />

diesen Umstand in seinem Zitat „Die Natur kennt keine Katastrophen, Katastrophen kennt<br />

allein der Mensch, sofern er sie überlebt“ aus.<br />

Es gibt vier verschiedene Ursachen für <strong>Naturkatastrophen</strong>:<br />

die endogen/tektonischen (z.B. Erdbeben, Seebeben, Vulkanausbrüche)<br />

die gravitatorischen (z.B. Massenbewegungen, Erdrutsche, Muren, Lawinen)<br />

die klimatischen (z.B. Unwetter, Hochwasser, Dürren) und<br />

die sonstigen Ursachen (z.B. Ungezieferplagen, Epidemien, Meteoriten-einschläge).<br />

Die Betrachtung und Analyse von <strong>Naturkatastrophen</strong> ist immer abhängig von verschiedenen<br />

Komponenten. Die wichtigsten Gründe sind:<br />

Die globale Bevölkerungszunahme (exponentielle Entwicklung). Beispiel: im Jahr 1800<br />

lebten 1 Milliarde Menschen auf der Erde, heute sind es ca. 6,3 Milliarden Menschen.<br />

Der insgesamt steigende Lebensstandard in fast allen Ländern der Erde führt zu<br />

wachsenden Wertbeständen, die im Falle einer Katastrophe betroffen sind.<br />

Konzentration von Bevölkerung und Werten in Großstadträumen: Entstehung zahlreicher<br />

Megastädte auch in gefährdeten Regionen (z.B. Tokio: 30 Mio. Einwohner).<br />

Besiedelung und Industrialisierung stark exponierter Regionen, insbesondere an<br />

Küsten, in Flussniederungen, Tourismus in Gefahrenzonen, z.B. in Florida.<br />

Anfälligkeit moderner Gesellschaften und Technologien, Bautechnik, Geräte,<br />

Netzwerke; Probleme auch bei Zulieferern.<br />

Weltweite Änderungen der Umweltbedingungen, Klimaänderung, Wasserverknappung,<br />

Verlust der Artenvielfalt.<br />

2 Beispiele von <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

Im Folgenden werden sechs Naturereignisse – Erdrutsche, Überschwemmungen, Erdbeben,<br />

Waldbrände, Vulkanausbrüche und Wirbelstürme – anhand ihrer Entstehungsursachen,<br />

Auswirkungen und besonderen Risikogebiete vorgestellt und die Auswirkungen des<br />

globalen Klimawandels auf die Entstehungshäufigkeit der Naturereignisse erläutert. Die<br />

Reihenfolge der vorgestellten <strong>Naturkatastrophen</strong> ist willkürlich gewählt, es lassen sich<br />

daraus keinerlei Aussagen über Häufigkeit oder Schadensmaß ableiten.


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

2.1 Erdrutsche<br />

Erdrutsche sind gravitative Massenbewegungen, die als eine hangabwärts gerichtete<br />

Bewegung von Fels und/oder Lockergestein unter der Wirkung der Schwerkraft definiert<br />

werden. Man unterscheidet die fünf Bewegungsmechanismen Fallen, Kippen, Gleiten,<br />

Fließen und Driften, die aber oftmals einem Ereignis nicht eindeutig zugeordnet werden<br />

können, da die Bewegungsmechanismen kombiniert auftreten 1 .<br />

Da der Bewegungsmechanismus die Geschwindigkeit der Massenbewegungen<br />

bestimmt, ist er für das Ausmaß der Schäden verantwortlich 1 . Bergstürze, also Fels- und<br />

Schuttbewegungen mit einem Volumen von über 1 Million km 3 , erreichen beispielsweise<br />

Geschwindigkeiten von über 300 km/h, während Muren, also Wasserströme mit einem<br />

Feststoffanteil von 25-60 % und Sedimentgrößen von Sand bis hin zu großen Felsbrocken 2<br />

bis zu 80 km/h schnell sind 1 .<br />

Solifluktion, was eigentlich jede Form wassergesättigten Bodenkriechens meint, in der<br />

Regel aber nur mit frostbedingtem Kriechen oder Driften gleichgesetzt wird, läuft sehr<br />

langsam ab, dafür aber schon bei sehr flachen Neigungen ab etwa 2 % Neigung 3 . Verläuft<br />

eine Bodenbewegung nicht katastrophenartig, sondern langsam und über lange Zeiträume,<br />

spricht man statt von Rutschung von Talzuschub 4 .<br />

Ursachen und Auslöser<br />

Primärursache von Rutschungen ist in aller Regel eine Instabilisierung des Hangmaterials<br />

durch Verwitterung, Vegetationsänderung oder einer Veränderung der Hanggeometrie<br />

(z.B. Lasterhöhungen auf den Hang) 1 . Als direkte Auslöser für Rutschungen fungieren<br />

aber eine ganze Reihe von Faktoren:<br />

Erschütterung durch Erdbeben (ab Stufe 5 der Richter-Skala) und Vulkanausbrüche 5<br />

starke Durchnässung des Bodens durch lang anhaltende Niederschläge und die<br />

Aufstauung von Stauseen; Folge ist eine Gewichtszunahme des Bodens und die Erhöhung<br />

der Gleitfähigkeit unterschiedlicher Gesteinsschichten 6<br />

Starkniederschläge und Sturzfluten, die oberflächlich abfließen und damit die Bodenerosion<br />

fördern 4<br />

Frostwechsel (Gesteinssprengung) oder Tauwetter (Durchnässung des Bodens und<br />

Bodenerosion durch Abfluss des Tauwassers) 4<br />

Thixotropieeigenschaft bestimmter Böden, die bei physikalischen oder chemischen<br />

Prozessen zur schlagartigen Verflüssigung des Bodens führt 5<br />

Veränderungen am Fuß der Hangmasse durch natürliche Prozesse (Erosion durch<br />

Flüsse) oder den Menschen (Abbau von Gestein) 7 .<br />

Speziell für Murgänge kommen als Auslöser noch katastrophenartige Ausbrüche von<br />

Gletscherseen oder Wassertaschen im Gletschereis sowie Aufstauungen von Gewässern<br />

durch vorherige Rutschungsereignisse hinzu 4 .<br />

Abb. 1: Bewegungsmechanismen gravitativer Massenbewegungen:<br />

Fallen, Kippen, Gleiten, Fließen, Driften


Abb. 2: Murgänge treten in der Regel pulsartig und in mehreren<br />

Schüben auf und können wegen des hohen Wasseranteils<br />

auch in flacheren Abschnitten weiterfließen. Die beiden Fotos<br />

entstanden im Abstand von nur einer Viertelstunde.<br />

Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Solifluktion wird ausgelöst durch das oberflächliche Auftauen von Permafrostböden. Das<br />

dabei entstehende Wasser kann durch den darunter liegenden gefrorenen Boden nicht<br />

versickern. Es kommt zu einer Durchnässung und damit zu einer Gewichtszunahme des<br />

Bodens. Die Kombination von Gewichtszunahme und Destabilisierung durch das Auftauen<br />

führt dazu, dass sich die aufgetauten Bodenschichten durch die Schwerkraft hangabwärts<br />

bewegen 3 .<br />

Auswirkungen<br />

Die Auswirkungen von Rutschungen können unterteilt werden in<br />

direkte Schäden durch die bewegten Massen auf Gebäude, Infrastruktur, Lebewesen<br />

sowie Kultur- und Nutzlandschaft 1<br />

Überschwemmungen durch den Aufstau von fließenden Gewässern oder durch Schwallwellen<br />

bei Rutschungen in stehende Gewässer bzw. unterseeische Rutschungen 5<br />

Begünstigung weiterer Rutschungen oder Muren durch die teils meterhohe Ablagerung<br />

lockerer Feststoffe 8 .<br />

Solifluktion hat in der Regel keine direkten Schäden für den Menschen zur Folge, sie wirkt<br />

aber begünstigend für <strong>nach</strong>folgende Rutschungsereignisse. Dies liegt vor allem daran, dass<br />

die mechanischen Prozesse eine Abnahme der Vegetationsbedeckung zur Folge haben, so<br />

dass es langfristig gesehen zu einer Destabilisierung der obersten Bodenschichten, zu verstärkter<br />

Bodenerosion und erhöhtem Sedimentaustrag durch die Gerinne kommt 9 .<br />

Risikogebiete<br />

Aus den auslösenden Faktoren für Rutschungen lassen sich als Risikogebiete Gebirgsregionen,<br />

Permafrostregionen, Regionen mit starken Niederschlagsereignissen (siehe Kap.<br />

2.2), Erdbebenregionen (siehe Kap. 2.3) und Gebiete mit aktiven Vulkanen (siehe Kap. 2.5)<br />

abgrenzen. Für das Land Nepal beispielsweise kommen mehrere dieser Risikoregionen in<br />

Frage, es gilt als das Land mit den meisten Rutschungen weltweit. An Monsuntagen können<br />

bis zu 12.000 Rutschungen innerhalb von 24 Stunden beobachtet werden 5 .<br />

Massenbewegungen im Klimawandel<br />

Für die Zukunft, wenn der globale Klimawandel so eintritt, wie man es derzeit befürchtet,<br />

muss man davon ausgehen, dass zumindest für eine Übergangszeit von einigen Jahrzehnten<br />

vermehrt Rutschungen auftreten, da mehr instabiles Material zur Verfügung stehen<br />

wird 10 Dies kann auf drei Ursachen zurückgeführt werden:<br />

durch die langfristige Erhöhung der mittleren Temperatur tauen Permafrostböden auf<br />

und werden instabil 10<br />

mildere und feuchtere Winter mit vermehrten Regenfällen statt Schnee bewirken einerseits<br />

direkten Oberflächenabfluss 8 und andererseits ein schnelleres Auftauen des<br />

Permafrostes, da die wärmeisolierende Funktion der Schneedecke wegfällt 9<br />

die steigende Niederschlagsintensität infolge des Temperaturanstiegs führt zu vermehrten<br />

Starkregenereignissen 5 .


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Grundsätzlich gilt zudem, dass durch die Wirkung der Schwerkraft eine niveaugleiche Massenverteilung<br />

angestrebt wird. Daher wird es langfristig gesehen keine stabilen Hänge geben.<br />

Der globale Anstieg der Oberflächentemperatur wird vermutlich eine Beschleunigung<br />

des Trends zur Instabilität zur Folge haben 5 .<br />

Sonderfall Bodensenkung<br />

Gesondert soll abschließend noch auf das Ereignis der Bodensenkung eingegangen werden,<br />

das im eigentlichen Sinne zwar keine Rutschung bzw. gravitative Massenbewegung<br />

ist, aber unter dem Gesichtspunkt der Bodeninstabilität erwähnt werden sollte.<br />

Bei Bodensenkungen handelt es sich um vertikale Bodenbewegungen, die durch den Einsturz<br />

unterirdischer Hohlräume verursacht werden. Die Hohlräume können auf unterschiedliche<br />

Art und Weise entstanden sein:<br />

Bergbauaktivitäten unter Tage, die daraus entstehenden Schäden nennt man Bergschäden<br />

Absenken des Grundwasserspiegels, z.B. durch Bergbauaktivitäten über Tage oder<br />

Grundwasserentnahme<br />

Verwitterung poröser gips- oder kalksteinhaltiger Untergründe in Karstgebieten, der<br />

Einsturztrichter wird Doline genannt 11 .<br />

Die Bodensenkung tritt in der Regel plötzlich und ohne Vorwarnung auf und schädigt Gebäude,<br />

Infrastruktur sowie Kultur- und Nutzlandschaft im Bereich der Bodensenkung. Zudem<br />

können Überschwemmungen ausgelöst werden, wenn durch die Bodensenkung Flüsse<br />

ihr ursprüngliches Flussbett verlassen und in den abgesenkten Bereich strömen 11 .<br />

Beispiel: Der Val Pola Bergsturz im Oberen Veltlin (Juli 1987)<br />

In den italienischen Alpen, im Veltlin, führten Starkregen vom 15. bis 22. Juli 1987 zu<br />

Überschwemmungen. Dabei fiel mehr als die Hälfte des durchschnittlichen Jahresniederschlags,<br />

gleichzeitig führte ein Wärmeeinbruch zu einem erhöhten Anfall von Schmelzwasser<br />

9 .<br />

Zwischen dem 18. und 19. Juli dämmte ein Schuttstrom aus dem Val Pola Tal den Fluss<br />

Adda ab und staute ihn auf. Zehn Tage später, am 28. Juli ging dann ein Bergsturz mit<br />

einem Volumen von 35 bis 50 Millionen km³ oberhalb der Ortschaft Morignone (ca. 10 km<br />

südlich von Bormio) nieder und verdrängte das Wasser in dem See 12 . Morignone und eine<br />

weitere Ortschaft wurden durch den 400 km/h schnellen Bergsturz bis zu 50 m tief verschüttet,<br />

wobei 27 Menschen ums Leben kamen 13 .<br />

Die ausgelöste Wasser- und Sedimentwelle bewegte sich durch den Einschlag 2,7 km talaufwärts<br />

und zerstörte drei weitere Dörfer, die Sturzmassen bildeten eine 100 m hohe und<br />

2 km breite natürliche Staumauer, welche den Fluss Adda zu einem See mit 22 km³ Wasser<br />

aufstaute. Vorsorglich wurden unterhalb des Stausees 25.000 Menschen evakuiert, da der<br />

Damm überzulaufen und zu brechen drohte. Durch kontrolliertes Abfließen über vorbereitete<br />

Rinnen in das Flussbett der Adda konnte die Gefahr aber gebannt werden 12 .


Abb. 3: Relief des Bergsturzgebiets vom 28. Juli 1987<br />

Abb. 4: Abbruchhang des Bergsturzgebiets vom 28. Juli 1987, Aufnahme 17 Jahre <strong>nach</strong> dem<br />

Ereignis<br />

Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Abb. 5: Ehemaliger Stauseeboden (Blickrichtung talabwärts/Süden), Aufnahme 12 Jahre <strong>nach</strong><br />

dem Ereignis


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

2.2 Überschwemmungen<br />

Bei einer Überschwemmung handelt es sich um eine zeitweilige Wasserbedeckung von<br />

Landflächen, die normalerweise nicht unter Wasser stehen 14 . Man kann dabei zwei Arten<br />

von Überschwemmungen unterscheiden:<br />

Ausuferungen, die von Wasserflächen ausgehen (z.B. Fluss- und Küstenüberschwemmung,<br />

Seespiegelanstieg, Gewässeraufstau, Damm- oder Deichbruch)<br />

lokale, von Wasserflächen unabhängige Überschwemmungen (z.B. Sturzflut,<br />

Schlammlawine, Rückstau, Grundwasseranstieg, Bodensenkung) 15<br />

Ursachen und Auslöser<br />

Für die Entstehung von Hochwässern sind meistens Niederschlagsanomalien, also Starkregenereignisse<br />

oder großflächige, lang anhaltende Dauerregen notwendige Bedingung.<br />

Hochwasserereignisse, die nicht durch Niederschlagsanomalien ausgelöst werden, sind<br />

relativ selten, z.B. Tsunami, Dammbrüche, Aufstauungen <strong>nach</strong> Rutschungen oder Eisstau 10 .<br />

Ist infolge von Dauerregen der Boden wassergesättigt oder übersteigt bei Starkregen die<br />

Niederschlagsmenge die Infiltrationsrate des Bodens, fließt das Wasser oberflächlich ab,<br />

es konzentriert sich sehr schnell im Vorfluter und es kommt innerhalb kürzester Zeit zu<br />

schnell fließenden Sturzfluten 8 .<br />

Sturzfluten sind auch in Trockengebieten ein verbreitetes Phänomen, da ausgetrocknete<br />

Böden – ebenso wie stark wassergesättigte – in der Regel ein geringes Versickerungsvermögen<br />

haben. Darauf geht auch das bekannte Paradoxon zurück, dass in der Wüste mehr<br />

Menschen ertrinken als verdursten. In den gemäßigten Breiten sind Sturzfluten die mit<br />

Abstand häufigste Überschwemmungsart; auch in ihrem Schadenausmaß – in der Summe<br />

gesehen – sind sie den Flussüberschwemmungen meist ebenbürtig 16 . Eine Übersicht über<br />

die höchsten bisher beobachteten Niederschläge zeigt Abbildung 7.<br />

Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Ursachen, die Überflutungen begünstigen oder<br />

verursachen können:<br />

anthropogene Änderungen der Disposition, also der Voraussetzungen vor Eintritt des<br />

Ereignisses, z.B. Flussbaumaßnahmen 17<br />

Auftreten anderer Naturereignisse:<br />

Stürme, Hurrikane: durch den Windschub steigt der Wasserspiegel des Meeres<br />

bzw. von mit dem Meer verbundenen Gewässern 16 , außerdem sind Stürme und<br />

Hurrikane oftmals mit starken Niederschlägen verbunden, das Wasser treibt<br />

dann die Schäden in die Höhe 16<br />

Erd-/Seebeben: durch die Erschütterungen kann es zu Dammbrüchen und Erdrutschen<br />

kommen 2 , Tsunami als Folge von Seebeben überspülen gefährdete<br />

Küstenregionen 2<br />

Erdrutsche: wie schon in Kapitel 2.1 dargelegt, können Erdrutsche Schwallwellen<br />

und Tsunami, Rückstauungen und Dammbrüche zur Folge haben<br />

Vulkanausbrüche: Folge eines schnee- oder gletscherbedeckten Vulkans ist<br />

eine plötzliche Schmelze des gefrorenen Wassers beim Ausbruch des Vulkans<br />

16 , zudem können Vulkane Tsunami auslösen 2<br />

Abb. 6: Eine Sturzflut ist oft mehrere hundert Mal so stark wie<br />

der normale mittlere Abfluß in einem Gewässer. Aus einem kleinen<br />

Bach wird ein reißender Strom, dessen Gewalt nicht nur sein<br />

eigenes Bett, sondern auch seine Umgebung verändert.


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

1 Barot, Guadeloupe, Frankreich<br />

2 Füssen, Bayern, Deutschland<br />

3 Plumb Point, Jamaika<br />

4 Curtea de Arges, Rumänien<br />

5 Holt, Missouri, USA<br />

6 Rockport, West Virginia, USA<br />

7 D´Hanis, Texas, USA<br />

8 Smithport, Pennsylvania, USA<br />

Abb. 7: Größte bisher beobachtete Niederschlagsmengen<br />

9 Belouve, Réunion, Frankreich<br />

10 Hsin-Liao, Taiwan<br />

11 Cerrapunji, Assam, Indien<br />

12 Bellenden, Queensland, Australien<br />

Bodenversiegelung: natürliche (gefrorener, gesättigter, verkrusteter, verschlämmter<br />

oder verdichteter Boden) und menschliche (Bebauung, Verdichtung) Versiegelungsprozesse<br />

verhindern eine Infiltration von Niederschlagswasser 18<br />

Küsten- oder Bodensenkungen durch tektonische Bewegungen 16 oder Grundwasserentnahme<br />

und Bergschäden 2<br />

Anstieg des Meeresspiegels durch die globale Klimaerwärmung (mehr dazu später)<br />

Damm- oder Deichbruch infolge Unter- oder Überspülung, Durchnässung, Alterung,<br />

Durchwurzelung oder Tritt- und Wühlschäden durch Tiere 2<br />

Rückstauung durch Erdrutsche oder Eisstau 19<br />

Auswirkungen<br />

Die schädlichen Auswirkungen von Hochwasserereignissen sind die direkten Schäden<br />

durch die Wassereinwirkung (z.B. an Gebäuden, elektrischen Anlagen), die Überflutung<br />

landwirtschaftlicher Nutzflächen samt angebauter Feldfrüchte 14 , Schäden durch hohe<br />

Fließgeschwindigkeiten und Erosion 4 und das Ertrinken von Mensch und Tier. Hochwasserkatastrophen<br />

sind insgesamt mit den höchsten Menschenverlusten verbunden 20 .<br />

Der Anteil der versicherten Schäden bei Hochwasserkatastrophen ist in der Regel gering,<br />

auch wenn der volkswirtschaftliche Schaden sehr hoch ist. Dies liegt zum einen daran,<br />

dass vor allem öffentliche Infrastruktur betroffen ist, die nicht versichert wird, anderer-


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

seits sind die meisten Menschen nicht gegen Hochwasserereignisse versichert, weil sie<br />

es sich nicht leisten können oder weil solche Versicherungen nicht angeboten werden 19 .<br />

Beispielhaft seien die Schäden durch Überschwemmungen anhand des Zeitraums 1991-<br />

1995 dargestellt 21 :<br />

Anzahl der Überschwemmungen 939<br />

Todesopfer 34.084<br />

volkswirtschaftliche Schäden 131,1 Mrd. US-$<br />

versicherte Schäden 7,4 Mrd. US-$<br />

Risikogebiete<br />

Von allen Naturgefahren treten Überschwemmungen global am häufigsten auf und führen<br />

zu den meisten Toten und zu den größten volkswirtschaftlichen Schäden. Nahezu kein<br />

Land der Erde bleibt davon verschont, auch nicht die diesbezüglich scheinbar sicheren<br />

Wüstengebiete, da es dort wie bereits beschrieben bei stärkeren Regenfällen zu Sturzfluten<br />

kommt 22 . Eine globale Übersichtskarte zur Überschwemmungsgefahr zeigt Abbildung 8.<br />

Maximale 24-Stunden-Niederschläge<br />

(in mm). Gefährdung durch Starkniederschläge/Sturzfluten.<br />

Nach Matsumoto<br />

(1993)<br />

Abb. 8: Weltkarte der Überschwemmungen<br />

< 50<br />

50-100<br />

100-200<br />

200-300<br />

300-400<br />

400-500<br />

> 500<br />

Zone mit ausgeprägter<br />

Regensaison. Jahreszeitlicher<br />

Schwerpunkt (Monate)<br />

Wirkungsbereich tropischer<br />

Wirbelstürme. Gefährdung<br />

durch Starkniederschläge/<br />

Sturmfluten<br />

Durch Tsunamis (seismische<br />

Flutwellen) gefährdete Küsten<br />

Durch Meeresspiegelanstieg<br />

gefährdete Deltas oder Inselgruppen<br />

Große Flußsysteme<br />

Staatsgrenzen<br />

(die politischen Grenzen sind<br />

nicht verbindlich)


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Überschwemmungen im Klimawandel<br />

Wie bei den Erdrutschen befürchtet man auch für Überschwemmungsereignisse einen Anstieg<br />

durch die Folgen des globalen Klimawandels:<br />

Bis 2100 soll sich laut IPCC die globale Durchschnittstemperatur um 2-3 °C erhöhen.<br />

Dadurch wird es infolge des Abschmelzens von Grönland- und Inlandeis und durch die<br />

erwärmungsbedingte Ausdehnung des Meerwassers (macht 57 % des Anstiegs aus!)<br />

zu einer durchschnittlichen Erhöhung des Meeresspiegels um 60 cm kommen. Der<br />

erhöhte Meeresspiegel führt zur Überschwemmung von Küstenregionen und erhöht<br />

das Risiko bei Sturmfluten 6 .<br />

Das Abschmelzen der Gletscher führt zu mehr Ausbrüchen von Gletscherseen 15 .<br />

Für die angenommene Temperaturerhöhung geht man von einer Steigerung der Verdunstungs-<br />

und damit auch der Niederschlagsraten zwischen 7-15 % aus 10 .<br />

Im Winter wird statt Schnee vermehrt Regen fallen. Dies hat zwei Folgen: Wegen der<br />

fehlenden Verdunstung im Winter ist der Boden wassergesättigt und kann keine Niederschläge<br />

mehr aufnehmen, das Wasser fließt sofort oberflächlich ab. Zudem würde<br />

eine Schneedecke Regenniederschläge aufnehmen und so den Abfluss zumindest<br />

abpuffern 8 . Eine weitere Folge milderer Winter ist fehlender Bodenfrost. Nach dem<br />

Auftauen im Frühjahr sind die Böden lockerer und können mehr Tau- und Niederschlagswasser<br />

aufnehmen. Ohne Bodenfrost verdichten sich die Böden zunehmend,<br />

das Wasser kann nicht versickern und fließt oberflächlich ab.<br />

Eine positive Folge der milderen Winter wird eine Verringerung von Eisstauereignissen<br />

sein, da die Flüsse nicht mehr zufrieren. Für die Elbe beispielsweise kann man diesen<br />

Effekt schon <strong>nach</strong>weisen 10 .<br />

Langfristig gesehen muss man auch von einer Veränderung der Vegetationsbedeckung<br />

ausgehen, so dass sich auch Interzeption (Wasserspeicherung in den Pflanzen)<br />

und Erosion verändern 10 .<br />

Durch eine Veränderung der Wetterlagen geht man einerseits von einer Erhöhung der<br />

Niederschlagsmengen bei gleichzeitigem Abnehmen der Niederschlagstage aus. Die<br />

dadurch erhöhte Niederschlagsintensität steigert das Sturzflutrisiko 2 . Andererseits<br />

werden sich die Niederschläge saisonal umverteilen, für Deutschland geht man davon<br />

aus, dass die Sommerniederschläge konstant bleiben, die Winterniederschläge aber<br />

deutlich zunehmen 10 .<br />

Beispiel: Hochwasserereignisse in China<br />

Weltweit ist China das Land mit den schadensreichsten Überschwemmungskatastrophen<br />

in den letzten 15 Jahren. Auslöser für die Überschwemmungen sind in der Regel intensive<br />

Dauerregenereignisse. Der größte Anteil der kultivierten Fläche des Landes befindet sich<br />

auf den natürlichen Überflutungsflächen der großen Flüsse, nur im Bereich des Jangtse<br />

leben schon über 75 Millionen Menschen. Allein im 20. Jahrhundert starben hier 300.000<br />

Menschen durch Hochwasserkatastrophen 12 . Historische Flutkatastrophen in China hatten<br />

für den Zeitraum von 1642-1972 mehr als 4,8 Millionen Todesopfer zur Folge 11 .<br />

Im Jahr 1998 gab es neben der Überschwemmung am Jangtse auch ein Hochwasser am<br />

Songhua. Beide Ereignisse zusammen hatten mit 30,7 Milliarden US-$ den bisher höchsten<br />

volkswirtschaftlichen Schaden durch eine Überschwemmung seit 1980. Der versicherte<br />

Schaden lag bei 1 Milliarde US-$ und die Opferzahl bei 4.159 Toten 23 . Das Hochwasser des


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Jangtse bedeckte insgesamt eine Fläche von 332.000 km², was fast der Größe Deutschlands<br />

entspricht, ca. 200 Millionen Menschen waren direkt davon betroffen 12 .<br />

Auch 1996 war ein katastrophales Hochwasserjahr in China und auch diesmal war der<br />

Jangtse betroffen, zudem die Flüsse Huanghe und Huaihe. Hierbei handelt es sich um die<br />

zweitteuerste Überschwemmungskatastrophe seit 1980 mit einem volkswirtschaftlichen<br />

Schaden von 24 Milliarden US-$, einem versicherten Schaden von 0,4 Milliarden US-$<br />

und 3.048 Toten 23 . 10 Millionen Häuser wurden beschädigt, 1 Million zerstört und knapp<br />

100.000 km² Ackerland würden überflutet 22 .<br />

Der bereits genannte Huaihe ist zudem der Fluss, von dem die großen Überschwemmungen<br />

im Juni und Juli 2007 ausgingen. Hierbei handelt es sich um das schlimmste Hochwasser<br />

des Huaihe seit 1954. 36 Millionen Menschen waren von den Überschwemmungen betroffen,<br />

mehr als eine Million Menschen musste evakuiert werden und 131 Menschen wurden<br />

getötet (Stand 11. Juli 2007). Mehrere evakuierte ländliche Regionen wurden geflutet, um<br />

den Wasserdruck im Huaihe zu senken. Insgesamt beläuft sich chinesischen Angaben<br />

zufolge der volkswirtschaftliche Schaden auf umgerechnet ca. 1,3 Milliarden US-$ 24 .<br />

2.3 Erdbeben<br />

Erdbeben sind natürliche Erschütterungen bzw. Schwingungen des Untergrunds bzw.<br />

der Erde, die ihren Ursprung im Erdinneren haben 25 . Häufig kommen diese „seismischen<br />

Bodenbewegungen“ durch Verschiebungen der Erdkrustenteile zustande, wo sich<br />

Gestein deformiert, und durch Zerbrechen plötzlich Energie freigibt. Diese Energie<br />

wird in Form seismischer Wellen freigesetzt, welche sich von der Störung ausgehend<br />

ausbreiten. Verschiebungen der Teile der Erdkruste sind jedoch nicht alleine für Erdbeben<br />

verantwortlich. Man spricht neben den tektonischen Beben noch von vulkanischen Beben<br />

und Einsturzbeben. Die tektonischen Beben stellen allerdings die häufigste Erdbebenform<br />

dar 25,26 .<br />

Ursachen und Auslöser<br />

Erdbeben können die unterschiedlichsten Ursachen haben. Zuallererst muss man<br />

zwischen künstlichen und natürlichen Erdbeben unterscheiden. Künstliche, also vom<br />

Menschen verursachte Erdbeben, entstehen zum Beispiel durch große Explosionen, wie<br />

jene von Atombomben. Diese nehmen jedoch nur einen sehr geringen Anteil der Ursachen<br />

ein. Natürliche Erdbeben stellen den vorherrschenden Teil der Erschütterungen dar. Diese<br />

können unterschiedlichen Ursprungs sein 26 .<br />

Der überwiegende Teil von Erdbeben sind die sogenannten tektonischen Beben. Diese<br />

entstehen durch das Freiwerden von Energie, welche durch die Deformation von Gesteinen<br />

an Plattengrenzen entsteht. Durch sogenannte Konvektionsströme im Erdinneren, die auf<br />

das Krustenmaterial einwirken, entstehen Spannungen im Gestein die zur schon genannten<br />

Deformation führen. Diese Spannung baut sich immer weiter auf, bis schließlich der Rei-<br />

Huanghe<br />

Jangtse<br />

Abb. 9: Flüsse in China<br />

Peking<br />

Huaihe<br />

Shanghai<br />

Songhua


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

bungswiderstand an der Stelle der Störung überwunden wird und es zum Bruch des Gesteins,<br />

also dem Erdbeben kommt. Die Blöcke verschieben sich dabei in einen nahezu spannungsfreien<br />

Zustand. Der Betrag, um den die Verschiebung erfolgt ist, wird als Sprungweite<br />

oder Versatzbetrag bezeichnet und kann bis zu 15 Meter betragen. Der Ort an dem<br />

diese Verschiebung beginnt wird als der Erdbebenherd oder das Hypozentrum bezeichnet.<br />

Das häufig genannte Epizentrum ist der Punkt an der Erdoberfläche, der direkt über dem<br />

Erdbebenherd liegt. Vom Hypozentrum ausgehend breiten sich die Erdbebenwellen bzw.<br />

seismischen Wellen ähnlich wie Wasserwellen über die Erde aus. Diese Erdbebenwellen<br />

sind es, die zu heftigen Erschütterungen führen 26 .<br />

Ein weiterer bekannter Typ von Erdbeben ist eine Begleiterscheinung von Vulkanismus.<br />

Man bezeichnet Erdbeben, die in diesem Zusammenhang auftreten als vulkanische Erdbeben.<br />

Dabei ist die Entstehung des Erdbebens ähnlich der Entstehung von tektonischen<br />

Beben. Durch die Bewegung und Ansammlung von Magma im Umfeld eines Vulkans bauen<br />

sich im Gestein Spannungen auf, die zu Störungsbrüchen führen. Weiter noch können<br />

durch Explosionen von Gasen oder Dämpfen sowie durch das rasche Aufsteigen von Magma<br />

Erschütterungen ausgelöst werden 27 .<br />

Eine weitere Form von Erdbeben entsteht durch das Einstürzen von Höhlen, Bergwerksschächten,<br />

Calderen usw. Die dadurch auftretenden Erschütterungen werden als Einsturzerdbeben<br />

bezeichnet. Eine dabei häufig beobachtete Form ist der sogenannte Bergschlag.<br />

Dieser entsteht durch den sich bei Sprengungen entwickelnden Druck auf die Gesteine,<br />

wenn in einem Bergwerk große Gesteinsmassen entfernt werden. Durch die Sprengungen<br />

entstehen wiederum seismische Wellen 27 .<br />

Risikogebiete<br />

Die Erdbeben auf unserer Erde treten nicht überall gleichhäufig auf. Es gibt Regionen, die<br />

teilweise annähernd komplett von Erdbeben verschont bleiben und Bereiche, in denen Erdbeben<br />

gehäuft auftreten. Die folgende Abbildung 10 zeigt die Verteilung der Erdbebenepizentren<br />

und der Vulkane auf dem Globus.<br />

Abb. 10: Weltweite Verteilung von Erdbebenepizentren (blau) und Vulkanen (rot)


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Neben der Tatsache, dass die Epizentren der Erdbeben nicht gleichmäßig über den Erdball<br />

verteilt sind, fällt auch die weitestgehende Übereinstimmung von Erdbebenherden und<br />

dem Auftreten von Vulkanen auf (siehe hierzu Kap. 2.5). Um die Verbreitung von Erdbeben<br />

zu charakterisieren, ist ein Vergleich mit Abbildung 11 hilfreich.<br />

= Plattengrenzen der Erdkruste<br />

Abb. 11: Globale Darstellung der Plattengrenzen<br />

Deutlich ist die Übereinstimmung der Plattengrenzen der Erdkruste mit dem Auftreten<br />

von Erdbeben zu erkennen. Erdbeben hängen also direkt mit den Vorgängen an den<br />

Plattengrenzen zusammen. Die durch die Konvektionsströme aus dem Erdinneren<br />

angetriebenen Erdkrustenplatten verschieben sich zueinander, voneinander weg oder<br />

aneinander entlang, und führten dadurch zu Spannungen im Gestein und zu den daraus<br />

resultierenden Erschütterungen.<br />

Beispiele für große Erdbeben<br />

In den eben dargestellten seismischen Risikoregionen traten auch die bedeutensten<br />

Erdbeben seit der systematischen Registrierung auf. Die Gradmesser für die Bedeutung<br />

bestehen aus der Magnitude sowie den Auswirkungen des Bebens. Eines der, aus Sicht der<br />

menschlichen Verluste, verheerendsten Beben war sicherlich das Erdbeben im Jahr 1976<br />

in Ostchina, bei dem <strong>nach</strong> westlichen Schätzungen mehr als 650.000 Menschen den Tod<br />

fanden. Ebenfalls eines der folgenschwersten Beben war das Seebeben am 26. Dezember<br />

2004 vor der Nordwestküste Sumatras im indischen Ozean, das eine Flutwelle zur Folge<br />

hatte, durch die rund 280.000 Menschen gestorben sind.<br />

Die größten Schäden jedoch richtete ein Erdbeben in Japan an. Im Jahr 1995 führte ein<br />

Erdbeben in der Region um Kobe in Japan zu Rekordschäden von rund 100 Milliarden US-$.<br />

Aufgrund der gestiegenen Werte und der steigenden Zahl von Menschen auf der Erde ist es<br />

jedoch durchaus möglich, dass die Zahl der Todesopfer sowie die Schäden, die ein Erdbeben<br />

anrichtet, in Zukunft weiter ansteigen werden 28,29 .


2.4 Waldbrände<br />

Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Die gesamte Waldfläche der Erde wird von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation<br />

der Vereinten Nationen (FAO) auf ca. 3,4 Milliarden Hektar geschätzt. Jährlich werden<br />

11,3 Millionen Wald („Internationaler Waldbericht 1999“) weltweit durch Waldbrände<br />

vernichtet, und die Aussichten für die kommenden Jahre sind in Anbetracht des globalen<br />

Klimawandels eher negativ. Die Waldbrandgefahr erhöht sich mit den verändernden und<br />

immer extremer werdenden Wetterverhältnissen.<br />

Es gibt drei Arten von Waldbränden. Das Bodenfeuer, das die Humusschicht des Waldbodens<br />

betrifft, das Grundfeuer, das in erster Linie Streu - und Unterholz vernichtet und das<br />

Kronenfeuer, das sich schon in den Wipfeln der Bäume befindet und sich von dort flächig<br />

ausbreitet.<br />

Ursachen und Auslöser<br />

Lange Perioden der Hitze und des damit einhergehenden Austrocknens machen ein Gebiet<br />

anfällig für Brände. Die FAO hat in ihrem „Internationalen Waldbericht 1999“ festgestellt,<br />

dass zwar das Klimaphänomen El Niño in vielen Regionen zu Trockenheit geführt hat, zu<br />

Waldbränden sei es vor allem aber wegen Brandrodung, unfachgerechten Holzeinschlags<br />

und der großflächigen Umwandlung von Waldgebieten in Agrarland gekommen. Auch sei in<br />

vielen Fällen Brandstiftung die Ursache für die Feuer gewesen.<br />

Ursachen für Brände können also sowohl natürlicher Art sein, diese machen aber nur<br />

5 % der weltweit vorkommenden Waldbrände aus, 95 % der vorkommenden Waldbrände<br />

entstehen durch menschlichen Einfluss. Natürliche Ursachen sind extreme Wetterereignisse<br />

wie hohe Temperaturen, Dürreperioden und Stürme, Blitzeinschläge und Vulkanausbrüche.<br />

Wenn ein Waldbrand durch menschliches Handeln ausgelöst wurde, dann aktiv<br />

in Form von Brandstiftung oder eher passiv durch „die achtlos weggeworfene Zigarette“,<br />

Lagerfeuer oder Glasscherben, die durch den ansteigenden Massentourismus immer häufiger<br />

zur Ursache werden.<br />

Auswirkungen<br />

Feuer können positive und negative Auswirkungen auf ihre Umwelt haben. Für das Ökosystem<br />

Wald haben Brände eine sinnvolle Funktion. So kann sich der Waldbestand <strong>nach</strong><br />

einem Brand wieder erneuern. Manche Pflanzenarten und Bäume in Südafrika und Australien<br />

sind sogar auf extrem hohe Temperaturen, wie sie bei einem Waldbrand entstehen,<br />

angewiesen, um ihre Fruchtkapseln zu öffnen. Ein Brand entfernt zudem die unterste, den<br />

Boden bedeckende Holzschicht, und regt so manche Pflanze zum Wachstum an. Ein abgebrannter<br />

Wald erholt sich in der Regel <strong>nach</strong> einigen Jahren wieder (abhängig von der Art<br />

des Holzbestands).<br />

Zu den weiteren positiven Auswirkungen gehört die Regulierung der natürlichen Pflanzenabfolge,<br />

der Samenverteilung und dem natürlichen Vorkommen von Brennmaterial, Insekten<br />

und Krankheit verbreitende Arten werden ausgelöscht.


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Negative Auswirkungen gehen von den winzigen, in die Atmosphäre gelangenden Staub-<br />

und Rauchpartikel aus. Diese bewirken die Erhöhung des CO 2 -Ausstoßes und die damit<br />

verbundene Verschärfung des Treibhauseffekts, der wiederum das globale Klima beeinflusst<br />

und damit die negativste Folge von Waldbränden darstellt. Beispielsweise wurden<br />

bei einem Waldbrand in Indonesien 1997 40 % an der Menge CO 2 freigesetzt, die sonst die<br />

Menschen in einem Jahr erzeugen. Durch Waldbrände werden jährlich 10 Milliarden Tonnen<br />

zusätzliches CO 2 produziert.<br />

Es gehen riesige Waldflächen bei den Bränden verloren. Hierbei spielen die europäischen<br />

Brände im Vergleich zu den riesigen Waldflächen in Russland, Asien und Südamerika jedoch<br />

eine untergeordnete Rolle. Allein 1998 gingen bei schweren Bränden in Russland,<br />

Indonesien und Brasilien jeweils 2 Millionen Hektar Wald durch Brände verloren. Weitere<br />

negative ökologische Folgen sind Erosion, Wüstenbildung und Wasserknappheit; Humusabbau,<br />

Holzverlust, unnatürliche Veränderung der Artenzusammensetzung; Artenverlust<br />

und Verlust der biologischen Vielfalt durch falsche Wiederaufforstung, Verlust von<br />

landwirtschaftlich genutzten Flächen. Weiterhin kommt es zu negativen Auswirkungen auf<br />

die menschliche Gesundheit durch Staub und Schadstoffe, zu Auswirkungen auf die örtliche<br />

Infrastruktur und das Tourismusangebot und des Öfteren führen Waldbrände auch<br />

zur Zerstörung ganzer Ortschaften.<br />

Risikogebiete<br />

Betroffene Gebiete findet man weltweit verteilt, aber vor allem aus Europa hört man in den<br />

neuesten Nachrichten immer öfter von Waldbränden, wie beispielsweise dem Flächenbrand<br />

in Südfrankreich oder den verheerenden Waldbränden 2003 in Portugal. Bei dem<br />

Flächenbrand in Südfrankreich waren große Teile der Provence betroffen und insgesamt<br />

8000 Hektar Wald zwischen Nizza und Marseille. Besonders brandgefährdete Gebiete zeigt<br />

folgende Tabelle.<br />

Land/<br />

Region<br />

Zeitraum<br />

Brandfläche<br />

in ha<br />

Land/<br />

Region<br />

Zeitraum<br />

Brandfläche<br />

in ha<br />

Brasilien 1997-1998 5,5 Mio. jährl. Spanien 2002 86.426<br />

Indonesien 1982-1983 5 Mio 2003 149.224<br />

1997-1998 9,66 Mio. Italien 2002 40.768<br />

Russische 2002 11,72 Mio. 2003 91.803<br />

Föderation<br />

2003 14,47 Mio. Portual 2002 123.910<br />

2004 5,93 Mio. 2003 412.835<br />

USA 2002 2,81 Mio. Frankreich 2002 20.850<br />

2003 1,99 Mio. 2003 74.000<br />

2004 2,75 Mio. Europa 2003 740.379<br />

Welt 2000 350,87 Mio.<br />

Tab. 1: Waldfeuerdaten ausgewählter Länder und Regionen


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Ausblick: Strategien gegen Waldbrände<br />

Waldbrände werden versucht, direkt mit Löschflugzeugen zu löschen. Diese werden vor<br />

allem bei sehr starken und schwierig erreichbaren Gebieten eingesetzt. Ein Waldbrand ist<br />

im Allgemeinen sehr schwer zu löschen, daher wird versucht, seine Ausbreitung zu unterbinden,<br />

bzw. ihn umzulenken. Strategien hierfür sind kontrollierte Gegenfeuer, allerdings<br />

sind dazu sehr genaue Kenntnisse der aktuellen lokalen Windverhältnisse entscheidend.<br />

Eine weitere Möglichkeit ist, dem Feuer den Nährgrund abzuschneiden, indem man eine<br />

Schneise schlägt, die das Feuer nicht überspringen kann. Doch die beste Strategie gegen<br />

Waldbrände ist, dass man versucht, sie von vornherein zu vermeiden. Denn die Nachlässigkeit<br />

vieler Urlaubsregionen im Umgang mit der Feuergefahr stellt ein großes Problem<br />

bei der ohnehin bestehenden Waldbrandgefahr dar. Meist haben diese Regionen keine Vorsorgepläne,<br />

da diese aufwendig und teuer sind. Die Einteilung ihrer Siedlungsflächen in<br />

Risikozonen ist den meisten Gemeinden nicht nur zu teuer, sondern sie fürchten auch,<br />

dann neues Bauland nicht mehr so großzügig wie bisher ausweisen zu können. Deshalb<br />

kommt es immer wieder zur Bebauung in eigentlich brandgefährdeten Gebieten und bei<br />

einer Brandkatastrophe zu hohen Sach- und Personenschäden. Dem Bauboom in brandgefährdeten<br />

Gebieten muss entgegengewirkt werden, damit die Folgen von Waldbränden<br />

nicht jedes Mal katastrophale Ausmaße annehmen.<br />

2.5 Vulkanausbrüche<br />

Neben den Erdbeben stellen die Vulkanausbrüche die zweite endogene Naturgewalt dieser<br />

Arbeit dar. Der Begriff „Vulkanismus“ stammt von dem Wort Vulcanus. In der römischen<br />

Mythologie war dies der Gott des Feuers und des Schmiedens mit seiner Werkstatt unter<br />

dem Ätna. In der Wissenschaft versteht man unter Vulkanismus einen Prozess, bei dem<br />

Magma aus dem Erdinneren durch die Kruste aufsteigt, schließlich an der Erdoberfläche<br />

als Lava ausfließt und zu einem harten vulkanischen Gestein erstarrt. Die daraus entstehenden<br />

Erhebungen und Berge werden als Vulkane bezeichnet 30 .<br />

Ursachen und Auslöser<br />

Sobald das Magma die Erdoberfläche erreicht, spricht man nicht mehr von Magma, sondern<br />

von Lava. Die Gründe, warum Magmen aufsteigen, sollen im Folgenden kurz erläutert<br />

werden: Die Wissenschaft ist sich darüber im Klaren, dass in einer Tiefe zwischen 75 km<br />

und 250 km in der Asthenosphäre durch radioaktiven Zerfall die Temperaturen 1100 °C<br />

bzw. 1200 °C erreichen. Es werden Temperaturen erreicht, die genügen, Gesteine zu<br />

schmelzen. Der bei diesen Temperaturen schmelzende Anteil hat eine geringere Dichte<br />

als die umliegenden Gesteinsmassen und steigt dem<strong>nach</strong> auf. Zusätzlich zu diesen eigenen<br />

Aufstiegskräften übt das umgebende Gestein Druck auf die Schmelze aus und presst<br />

sie <strong>nach</strong> oben. An der Erdoberfläche treten die Flüssigkeiten aus und führen zu den uns<br />

bekannten vulkanischen Erscheinungen. Dabei muss man jedoch zwischen unterschiedlichen<br />

Magmen unterscheiden, die sich aufgrund der verschiedenen Zusammensetzungen<br />

differenzieren lassen und dementsprechend auch unterschiedliche physikalische Eigenschaften<br />

aufweisen 30,31 .


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Ähnlich wie Erdbeben treten Vulkane nicht wahllos verteilt auf dem Globus auf. Es herrscht<br />

ein bestimmtes Verteilungsmuster vor, das die Wissenschaftler schon vor der Theorie<br />

der Plattentektonik erkannten. Besonders augenfällig ist die Konzentration der Vulkane<br />

um den Pazifik herum, die von Geologen „zirkumpazifischer Feuerring“ genannt wird. Die<br />

Theorie der Plattentektonik erklärt diesen Feuerring und auch die Verbreitung der meisten<br />

übrigen Vulkane auf der Erde.<br />

Dem<strong>nach</strong> treten Vulkane, wie auch die Erdbeben, hauptsächlich an den Plattengrenzen<br />

auf. Verantwortlich für diese Anhäufung ist die Brüchigkeit der Krustenteile in dem<br />

Bereich. Dadurch kann das Magma leichter durch die Erdkruste <strong>nach</strong> oben steigen und<br />

die Erdoberfläche erreichen. Rund 95 % der ca. 500-600 aktiven Vulkane außerhalb des<br />

Ozeans kommen an diesen Plattengrenzen vor. Der Großteil davon an den konvergierenden<br />

Plattengrenzen, an denen eine Platte unter die andere abtaucht und aufgeschmolzen wird.<br />

Das dadurch entstehende Material steigt dann auf und tritt aus.<br />

Die restlichen 5 % der Vulkane ergeben sich durch sogenannten Intraplatten-Vulkanismus.<br />

Diese Form des Vulkanismus kann nicht mit Hilfe der Theorie der Plattentektonik erklärt<br />

werden. Es handelt sich hierbei um Manteldiapire bzw. Hot Spots. An diesen Stellen hoher<br />

Magmenproduktion arbeitet sich Magma durch das Aufschmelzen von Krustenteilen immer<br />

weiter durch die Kruste <strong>nach</strong> oben, bis sie schließlich als Lava ausfließt. Bekanntes Beispiel<br />

für solche Hot Spots ist die Inselgruppe von Hawaii (siehe Abb. 12). Diese Inseln entstanden<br />

durch einen ortsfesten Diapir im Mantel, über den die Lithosphäreplatte wandert. Dadurch<br />

entsteht eine Reihe von Inseln die mit zunehmender Entfernung zum ortsfesten Diapir älter<br />

ist. Es lässt sich also anhand der Reihe der erloschenen Vulkane die Bewegungsrichtung<br />

der Platte <strong>nach</strong>vollziehen 30,32 .<br />

Abb. 12: Der Hot Spot von Hawaii


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Beispiele berühmter Vulkanausbrüche<br />

Weltweit finden pro Jahr ca. 40 Eruptionen unterschiedlichster Größe und Form statt. Einen<br />

Überblick über die berühmtesten Vulkanausbrüche bekommt man in folgender Tabelle.<br />

Vulkan Jahr Beschreibung<br />

Vesuv (Italien) 79 Pompeji und Herculaneum wurden zerstört; ca. 5000 Opfer<br />

Krakatau<br />

1883 18 km³ Gestein wurden weggefegt und 16 km bis in die Strato-<br />

(Indonesien)<br />

sphäre in die Luft geschleudert. Rund 30.000 Menschen wurden<br />

getötet.<br />

Mont Pelée<br />

1902 Die acht Kilometer entfernte Hafenstadt St. Pierre wurde verwü-<br />

(Martinique)<br />

stet, 30.000–40.000 Menschen starben.<br />

Katmai (USA) 1912 Gemessen an der Menge des ausgestoßenen Materials war dies<br />

der schwerste Ausbruch des 20. Jahrhunderts. Aber nur geringe<br />

Schäden da in nahezu unbewohntem Gebiet.<br />

Mount St. Helens 1980 Der Mount St. Helens explodierte, so dass die Kegelspitze ein-<br />

(USA)<br />

brach. Es entstand ein 700 m tiefer Krater mit einer Länge von<br />

3 km und 1,5 km Breite. Der Ausbruch kam nicht unerwartet, so<br />

dass die meisten Menschen sich rechtzeitig in Sicherheit bringen<br />

konnten, dennoch waren 62 Tote zu beklagen.<br />

Nevado del Ruiz 1985 Asche und Gase, die bei der Explosion freigesetzt wurden,<br />

(Kolumbien)<br />

ließen einen Teil der Eiskappe schmelzen, worauf Wasser- und<br />

Schlammmassen die Stadt Armero verwüsteten. Insgesamt<br />

starben über 31.000 Menschen.<br />

Pinatubo<br />

1991 Der Ausbruch ereignete sich <strong>nach</strong> sechs Jahrhunderten Ruhe.<br />

(Philippinen)<br />

Der Pinatubo produzierte 7 km³ Asche. Der Ausbruch konnte vorhergesagt<br />

werden, dennoch starben 1.000 Menschen und über<br />

400.000 wurden obdachlos dadurch, dass der dicke Aschenregen<br />

die Häuserdächer eindrückte. Eine große Aschewolke gelangte<br />

in die Atmosphäre und umrundete innerhalb von drei Wochen die<br />

Erde.<br />

Tab. 2: Berühmte Vulkanausbrüche


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

2.6 Wirbelstürme<br />

Wirbelstürme kann man unterscheiden in tropische Wirbelstürme und Tornados. Orkane<br />

werden in dieser Arbeit nicht behandelt.<br />

a) tropische Wirbelstürme<br />

Eine der gefährlichsten Erscheinungen auf der Erde sind neben den Tornados die tropischen<br />

Wirbelstürme. Sie entstehen allesamt über dem Meer und je <strong>nach</strong> ihrer Verortung werden<br />

sie Hurrikane, Taifune, Willy-Willies etc. genannt.<br />

Pro Jahr gibt es etwa 50 Wirbelstürme auf der Erde. Sie entstehen nur auf dem Meer und<br />

bei Wassertemperaturen oberhalb von 26 °C, da sich nur bei solch hohen Temperaturen<br />

das „Auge“, der warme Kern eines Wirbelsturmes entwickeln kann.<br />

Tropische Wirbelstürme entstehen in der gemächlichen Passatströmung, die von Osten<br />

<strong>nach</strong> Westen gerichtet ist und sich um den 30. Breitengrad bewegt. Eingelagert in diese<br />

Strömung sind die sogenannten „easterly waves“, östliche Wellen, die am Rande der<br />

Hochdruckgebiete zwischen dem Äquator und dem 40. Breitengrad <strong>nach</strong> Westen wandern.<br />

Am Boden dreht der Wind vor solch einer Welle von Ost auf Nordost, mit dem Durchgang<br />

dreht er wieder auf Südost und später zurück auf Ost. Mit dieser Welle gehen kräftige<br />

Schauer und Gewitter einher. Aus diesen Wellen können sich die tropischen Wirbelstürme<br />

entwickeln.<br />

Es gibt sieben Entstehungsgebiete, in<br />

denen regelmäßig tropische Wirbelstürme<br />

entstehen:<br />

Atlantik (Juni-November, Höhepunkt<br />

Mitte September)<br />

Nordost-Pazifik (Mai-November,<br />

Höhepunkt Ende August/Anfang September)<br />

Nordwest-Pazifik (Juli-November,<br />

Höhepunkt Ende August/Anfang September)<br />

Nord-Indik (April-November, Höhepunkte<br />

April-Juni und September-<br />

Dezember)<br />

Südwest-Indik (Oktober-Mai, Höhepunkte<br />

Mitte Januar und Mitte Februar/Anfang<br />

März)<br />

Südost-Indik (Oktober-Mai, Höhepunkte<br />

Mitte Januar und Mitte Februar/Anfang<br />

März)<br />

Südwest-Pazifik (Oktober-Mai, Höhepunkt<br />

Ende Februar/Anfang März)<br />

Abb. 13: Entstehungsgebiete tropischer Wirbelstürme<br />

Atlantik Nordost-Pazifik<br />

Nordwest-Pazifik Nord-Indik<br />

Südwest-Indik Südost-Indik<br />

Südwest-Pazifik


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Allerdings können auch kleine Störungen aus der Westwindzone oder aus dem tropischen<br />

Bereich unter günstigen Umständen zu Hurrikanen werden. Diese Hurrikane sind stark<br />

rotierende zyklonale Wirbel, die häufig viel stärker als Tiefdruckgebiete der Westwindzone<br />

entwickelt sind.<br />

Hurrikane<br />

Mit Hurrikan (engl. hurricane) bezeichnet man die atlantischen Vertreter der tropischen<br />

Wirbelstürme.<br />

Ursachen und Auslöser<br />

Für die Bildung von Hurrikans muss die Wassertemperatur mindestens 27 °C erreichen.<br />

Hurrikans entstehen meist aus den oben genannten instabilen „easterly waves“, die<br />

sich westwärts als Regionen vermehrter konvektiver Umlagerungen über den Atlantik<br />

bewegen. Daher tauchen Hurrikane nur in den Spätsommermonaten, bei den höchsten<br />

Wassertemperaturen des Jahres, auf. Hurrikane entwickeln sich aber nicht am Äquator<br />

selbst, da zur Rotation des Wirbels die Corioliskraft nötig ist. Daher sind die Gebiete bis<br />

10. Grad nördlich und südlich des Äquators geschützt.<br />

Im Gegensatz zu den Tiefdruckgebieten der Westwinddrift benötigt ein Hurrikan keine<br />

Temperaturgegensätze zur Existenz. In einem schwachen Tief entwickeln sich bei labiler<br />

Schichtung große Gewitterwolken. Am Boden sinkt der Druck, in der Höhe steigt er, das<br />

Tief beginnt zu rotieren. Der Druck fällt am Boden stärker und stärker, während sich im<br />

Zentrum des Hurrikans ein Auge aufbaut, in dem die Luft absinkt. Dieses Auge ist das<br />

typische Merkmal eines voll ausgebildeten Hurrikans, es ist eine etwa 20 bis 50 km<br />

breite, kreisförmige wolkenfreie/wolkenarme und windschwache Zone im Zentrum des<br />

Wirbelsturms.<br />

Hurrikans haben eine horizontale Erstreckung von einigen hundert Kilometern. Sie können<br />

Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 km/h im 10-Minutenmittel aufweisen und<br />

Kerndrücke von unter 900 hPa sind durchaus möglich.<br />

Zusammenfassend erfordert die Existenz eines Hurricanes eine hohe<br />

Meeresoberflächentemperatur, die ständige Zufuhr von Feuchte in tiefen Schichten und<br />

eine geringe Bodenreibung. Daher schwächen sich Hurrikans, sobald sie auf Land treten<br />

(Landfall) meist rasch ab.


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Abb. 14: Entstehung und Aufbau eines Hurrkans<br />

Auswirkungen<br />

Die küstennahen Gebiete bekommen meist noch die zerstörerischen Kräfte der hohen<br />

Windgeschwindigkeiten voll zu spüren. Ein bekanntes Beispiel war der Hurrikan Andrew,<br />

der am 24. August 1992 als bisher verheerendster Wirbelsturm auf die Küste Floridas<br />

bei Miami traf und enormen Sachschaden anrichtete. Er erreichte zeitweilig mittlere<br />

Windgeschwindigkeiten von mehr als 250 km/h, einzelne Böenspitzen waren mehr als 300<br />

km/h schnell.<br />

Beispiel: Hurrikan Rita (September 2005)<br />

Ein weiteres bekanntes Beispiel für einen tropischen Wirbelsturm ist Hurrikan Rita, vor der<br />

Südküste der USA aufgetreten ist. Rita war der stärkste Hurrikan in der Hurrikansaison<br />

2005, der seit Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen (seit ca. Mitte des 19. Jahrhunderts)<br />

im Golf von Mexiko beobachtet wurde, und der drittstärkste Hurrikan auf dem Atlantik. Er<br />

umfasste eine Größe, die der der Bundesrepublik Deutschland in etwa nahe kommt. Rita<br />

erreichte mittlere Windgeschwindigkeiten von bis zu 290 km/h und wurde damit zeitweise<br />

mit Stufe 5 in die höchste Kategorie der Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala eingeordnet.<br />

Der Gesamtschaden wurde auf etwa 8 bis 11 Milliarden US-Dollar geschätzt. Sechs<br />

Menschen starben direkt durch Rita, weitere 119 Menschen starben indirekt durch den<br />

Tropensturm. Die weiteren Folgen sind erschütternd: Die Umwelt wurde stark geschädigt.<br />

Ölpipelines brachen, wodurch das Wasser verseucht und viele Tiere vergiftet wurden.<br />

Ganze Ortschaften wurden überflutet und zerstört. Tiere finden nicht genug Nahrung oder


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

ertrinken. Waldgebiete sind durch umherfliegende Gegenstände und dem vielen Wasser<br />

zerstört worden. Die Kanalisation wurde verseucht, wodurch Seen und Flüsse vergiftet<br />

werden. Baustoffe werden mit dem Wasser vermischt und gelangen dadurch in die Erde.<br />

Alles in allem sind die Umweltschäden durch Rita an der Südküste der USA verheerend 33 .<br />

Abb. 15: Zugbahn Hurrikan Rita Abb. 16: Windfeld Hurrikan Rita<br />

Windgeschwindigkeiten in km/h tropischer Sturm (249 km/h)<br />

Taifune<br />

Als Taifun werden tropische Wirbelstürme im westlichen Pazifik bezeichnet. Sie entstehen<br />

vornehmlich im Zeitraum zwischen Juli und November, ähnlich wie ihre atlantischen<br />

Pendants, die Hurrikane. Dabei ist die Region westlich der Datumsgrenze auf dem<br />

freien, nahezu 30 °C warmen Pazifik in ausreichender Entfernung zum Äquator die ideale<br />

Brutstätte für junge tropische Tiefs, die sich im weiteren Verlauf bei günstigen Bedingungen<br />

zu Taifunen ausbauen können.<br />

Die jungen Taifune wandern dann unter Verstärkung am Südrand des Pazifikhochs in<br />

westlicher oder leicht nordwestlicher Richtung zu den Philippinen und Taiwan. Später<br />

erreichen sie nicht selten die Südostküste Asiens und speziell Japan.<br />

Wie alle tropische Wirbelstürmen üben auch Taifune nicht nur durch die starken Winde eine<br />

zerstörerische Kraft aus, sondern auch durch die sintflutartigen Regenfälle, die nahe dem<br />

Zentrum des Wirbelsturmes in dem geschlossenen, kompakten Wolkenring um das Auge<br />

des Taifuns produziert werden. Mehrere Hundert Liter Regen pro Quadratmeter können<br />

dabei binnen weniger Stunden fallen, was auf dem Festland häufig schwere Überflutungen<br />

zur Folge hat. Darüber hinaus kann es direkt an den Küstenstreifen zu Überflutungen durch<br />

das aufgepeitschte Meer kommen.


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Beispiel: Taifun Sepat (August 2007)<br />

Beispiel für einen Taifun ist Sepat, der Ende August 2007 China heimgesucht hat. Allein in<br />

der Provinz Fujian bei Peking wurden 540.000 Bewohner tiefliegender Gebiete evakuiert,<br />

berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. 50.000 Fischerboote suchten Schutz<br />

in Häfen. In den Provinzen Zhejiang und Guangdong mussten etwa 370.000 Menschen ihre<br />

Häuser verlassen. Sämtliche Flug- und Fährverbindungen in die drei Provinzen wurden<br />

unterbrochen.<br />

Der Wirbelsturm, der <strong>nach</strong> einem malaysischen Fisch benannt ist, war zuvor über Taiwan<br />

hinweggefegt. Mindestens ein Mensch in der Stadt Hualien kam ums Leben, als sein Wagen<br />

einen Abhang hinabstürzte. Im Osten Taiwans fiel in 70.000 Haushalten der Strom aus,<br />

Straßen wurden unterspült und Autos weggespült 34 .<br />

b) Tornados<br />

Tornados sind kleinräumige, aber verheerende Wirbelstürme. Alternative Bezeichnungen<br />

für „Tornado“ sind im deutschsprachigen Raum Windhose (Tornado über Land), Wasserhose<br />

(Tornado über Wasser) oder ganz allgemein Großtrombe. Eine Definition von Tornados<br />

liefert Glickman (2000): „Ein Tornado ist eine in extremem Ausmaß rotierende Luftsäule<br />

mit Bodenkontakt, die entweder von einer Cumuluswolke herabreicht oder sich unter einer<br />

Cumuluswolke befindet und häufig (jedoch nicht immer) als eine trichterförmige Wolke<br />

sichtbar wird“.<br />

Ursachen und Auslöser<br />

Die meisten Tornados entstehen im Mittleren Westen der USA während der warmen<br />

Jahreshälfte. Sie bilden sich bevorzugt vor Kaltfronten mit Gewitterwolken (wie in<br />

der obigen Definition schon erwähnt), an denen trockenkalte Luft mit feuchtwarmer<br />

Tropikluft aus dem Golf zusammentrifft. Dabei kommt es zu großen Temperatur- und<br />

Feuchtegegensätzen mit starker Labilität der Luftschichtung. Die aufsteigende Luft gerät<br />

durch starke Aufwinde in Kreisbewegung und es bildet sich ein Schlauch, der wie ein<br />

Rüssel aussieht, in dem die Windgeschwindigkeit <strong>nach</strong> innen zunimmt. Im „Rüssel“ ist die<br />

Windgeschwindigkeit sehr hoch und kann 700 km/h Windgeschwindigkeit erreichen. Die<br />

unterschiedlichen Einstufungen von Tornados <strong>nach</strong> ihrer Windgeschwindigkeit unternimmt<br />

die Fujita-Tornado-Skala, da die Beaufort Skala diese nicht erfasst.<br />

Skalenstufe Auswirkung/Windgeschwindigkeit<br />

F0 leicht, unter 118 km/h<br />

F1 mäßig, über 118 km/h<br />

F2 stark, über 180 km/h<br />

F3 verwüstend, über 253 km/h<br />

F4 vernichtend, über 332 km/h<br />

F5<br />

Tab. 3: Fujita-Tornado-Skala<br />

katastrophal, über 418 km/h


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Auswirkungen<br />

Die Aufwinde sind so stark, dass größere Gegenstände in die Höhe gerissen werden können.<br />

Tornados wandern im Mittel 5 bis 10 km weit, können aber auch Strecken bis 300 km<br />

zurücklegen. Auf einer Breite von 300 bis 1000 m können sie eine Schneise der völligen<br />

Verwüstung schlagen. Ach fordern Tornados immer wieder zahlreiche Menschenopfer<br />

aufgrund explodierender Häuser, herumwirbelnder Gegenständen, einer Gefahr der sich<br />

Menschen schlecht entziehen können.<br />

Risikogebiete<br />

Die meisten Tornados kommen im Westen der USA vor, in Mitteleuropa treten nur<br />

gelegentlich kleinere Tornados auf. Sie bilden sich in feuchtwarmer Subtropenluft, die vom<br />

Mittelmeer kommt. Der bekannteste Tornado in Deutschland war der vom 10. Juli 1968 in<br />

Pforzheim. Gebildet hat er sich am Abend <strong>nach</strong> einem sehr heißen und schwülen Tag. Die<br />

Zugbahn war 27 km lang und richtete sehr großen Schaden in der Stadt Pforzheim an.<br />

Wirbelstürme im Klimawandel<br />

Die Zahl der „unmöglichen Hurrikans“ (wie Katrina oder Juan) könnte zunehmen. Damit ist<br />

gemeint, dass viele Hurrikane mittlerweile an Orten vorkommen, wo es noch nie Hurrikane<br />

gab oder dass sie andere Zugrichtungen gehen, was Vorhersagen schwieriger machen<br />

wird. Ein Grund dafür ist der Treibhauseffekt, der die Ozeane mehr und mehr erwärmt. Dies<br />

hat zur Folge, dass auch im eher kühleren Südatlantik Wirbelstürme entstehen können.<br />

Durch die globale Erwärmung vergrößern sich die Meeresregionen, in denen potentielle<br />

Sturmgefahr besteht. Aber nicht nur die Anzahl der Stürme, sondern auch ihre Stärke wird<br />

zunehmen. Die Hurrikanstärke ist abhängig vom Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre<br />

und dieser steigt ebenfalls mit der steigenden globalen Erwärmung.<br />

Vor allem Küstenregionen werden auch in Zukunft extrem gefährdet sein, da die Gefahr von<br />

Springfluten zunimmt. Das zeigt eindrucksvoll die Karte von Amerika (Abb. 17), in denen<br />

die Anzahl von Wirbelstürmen gezeigt wird, die auf der Grundlage von historischen Daten<br />

in einem Zeitraum von 100 Jahren erwartet werden.<br />

Abb. 17: Zukunftsprognose für das Auftreten von<br />

Wirbelstürmen an den Küsten der USA in den<br />

nächsten 100 Jahren<br />

20-40 Wirbelstürme<br />

40-60 Wirbelstürme<br />

über 60 Wirbelstürme


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

3 Vergleich der einzelnen <strong>Naturkatastrophen</strong> und Trends<br />

In diesem abschließenden Kapitel werden die einzelnen <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand<br />

der Katastrophenzahlen für das Jahr 2006 und der Mittelwerte der letzten zehn Jahre<br />

miteinander verglichen. Des Weiteren werden Trends bezüglich des Auftretens und der<br />

verursachten Schäden in den vergangenen fünf Jahrzehnten aufgezeigt und Gründe für die<br />

Zunahme der Schäden genannt.<br />

Im Jahr 2006 gab es mit 850 Ereignissen weit mehr Katastrophen als in den Vorjahren. Der<br />

Mittelwert der letzten 10 Jahre (700 Ereignisse pro Jahr) wurde um 21,5 % übertroffen.<br />

Insgesamt waren 91 % der Ereignisse wetterbedingt, 9 % entfielen auf Erdbeben/<br />

Vulkanausbrüche/Tsunami. Die prozentuale Aufteilung entspricht dem Durchschnitt der<br />

letzten zehn Jahre. Ebenfalls im Durchschnitt der letzten Jahre liegen die Opferzahlen 2006<br />

mit 20.000 Toten 35 .<br />

Die verschiedenen Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> fordern unterschiedlich viele<br />

Todesopfer. Die Gruppe Erdbeben/Vulkanausbruch/Tsunami sind die tödlichsten<br />

Katastrophen, Stürme haben die geringsten Opferzahlen. Das geht aus dem Vergleich<br />

zwischen Anzahl der Katastrophen und Todesopfern hervor: Erdbeben/Vulkanausbruch/<br />

Tsunami machten in 2006 9 % der Katastrophen aus, forderten aber 29 % der Todesopfer,<br />

während Stürme 40 % der Ereignisse und lediglich 16 % der Todesopfer ausmachten 35 .<br />

Die volkswirtschaftlichen Schäden im Jahr 2006 waren mit 50 Milliarden US-$ die niedrigsten<br />

seit dem Jahr 2000. Bei den versicherten Schäden dominieren die Sturmereignisse, die im<br />

Jahr 2006 Schäden in Höhe von 12 Milliarden US-$ (79 %) verursacht haben 35 .<br />

In Abbildung 19 werden für jedes Jahr seit 1950 die Anzahl der Großkatastrophen unterteilt<br />

<strong>nach</strong> Ereignistypen dargestellt. Als „groß“ gilt eine Naturkatastrophe laut United Nations<br />

dann, wenn die Selbsthilfefähigkeit der betroffenen Region deutlich überschritten wird<br />

und überregionale oder internationale Hilfe erforderlich ist. Dies ist in der Regel der<br />

Fall, wenn die Zahl der Todesopfer in die Tausende oder die Zahl der Obdachlosen in<br />

die Hunderttausende geht oder wenn die Schäden außergewöhnliche Größenordnungen<br />

erreichen 35 .<br />

Im Jahr 2006 gab es beispielsweise nur eine Großkatastrophe, das Erdbeben in Yogyakarta<br />

in Indonesien vom 27. Mai 2006. Dennoch zeigt die Langzeitanalyse einen eindeutigen<br />

Trend, der sowohl bei der Anzahl, als auch bei den volkswirtschaftlichen und versicherten<br />

Schäden <strong>nach</strong> oben zeigt. In den 1950er Jahren gab es beispielsweise pro Jahr noch etwa<br />

zwei Großkatastrophen, im Jahr 2000 sind es bereits sieben. Ausschlaggebend für diesen<br />

Anstieg sind vor allem wetterbedingte <strong>Naturkatastrophen</strong>, würde man nur die geologischen<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> isoliert betrachten, ergäbe sich ein wesentlich schwächerer Anstieg<br />

von einer Großkatastrophe 1950 auf rund zwei heutzutage35 .<br />

Abb. 18: <strong>Naturkatastrophen</strong> 2006 im Vergleich<br />

Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbruch<br />

Sturm<br />

Überschwemmung<br />

Temperaturextrem, Massenbewegung<br />

Anzahl (850)<br />

33%<br />

18%<br />

Todesopfer (20.000)<br />

21%<br />

34%<br />

9%<br />

volksw. Schäden (50 Mrd. US-$)<br />

15%<br />

7%<br />

21%<br />

vers. Schäden (15 Mrd. US-$<br />

14%<br />

2%<br />

5%<br />

29%<br />

40%<br />

16%<br />

79%<br />

57%


Abb. 19: Anzahl der Großkatastrophen 1950-2006<br />

Abb. 20: Schäden durch <strong>Naturkatastrophen</strong> 1950-2006<br />

Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Der allgemeine Anstieg der <strong>Naturkatastrophen</strong> führt auch zu dem zu beobachtenden<br />

steigenden Trend bei den Schäden durch <strong>Naturkatastrophen</strong>, der in Abbildung 20 dargestellt<br />

ist 35 .<br />

Dieser Trend steigender Schäden kann auf folgende fünf Gründe zurückgeführt werden:<br />

Bevölkerungszunahme<br />

steigender Lebensstandard<br />

Konzentration von Bevölkerung und Werten in Großstädten und in stark exponierter<br />

Lage<br />

Anfälligkeit moderner Gesellschaften und Technologien<br />

Änderung der Umweltbedingungen 36<br />

Während die Schadenszunahme zu einem dominierenden Teil von steigenden Werten,<br />

insbesondere in exponierten Regionen, verursacht wird, verstärken sich gleichzeitig die<br />

Indizien, dass die sich abzeichnende Klimaänderung Einfluss auf die Häufigkeit und Intensität<br />

von <strong>Naturkatastrophen</strong> hat 36 . Als wesentlicher Treiber der künftigen Schadensentwicklung<br />

wird von Seiten der MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT ganz klar die<br />

Klimaänderung und die dadurch zu erwartende weitere Zunahme großer Wetterereignisse<br />

gesehen 35 .<br />

Somit zeigt sich eindeutig die Notwendigkeit eines bewussteren Umgangs mit der Umwelt<br />

bzw. von Beiträgen zum Klimaschutz, um die Klimaänderung zumindest noch etwas<br />

abschwächen zu können. Trotzdem wird man davon ausgehen müssen, dass vor allem<br />

die durch die Klimaänderung verstärkten meteorologischen <strong>Naturkatastrophen</strong> weiter<br />

zunehmen werden und dementsprechend die Opfer und Schäden durch <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

künftig steigen werden.


Quellenangaben<br />

Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

1 GLADE, DIKAU 2001, S.42f.<br />

2 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997, S.70f.<br />

3 VEIT 2002, S.106ff.<br />

4 VEIT 2002, S.119ff.<br />

5 KRAUTER 1994, S.422ff.<br />

6 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997, S.34ff.<br />

7 SCHNEIDER, G. 1980, S.183f.<br />

8 KRON 2005, S.125ff.<br />

9 VEIT 2002, S.302ff.<br />

10 BRONSTERT 1997, S.172ff.<br />

11 ROSS 1987, S.92<br />

12 GEBHARDT 2007, S.1042ff.<br />

13 SALKAUSKYTE 1999<br />

14 ROSS 1987, S.23f.<br />

15 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997, S.19ff.<br />

16 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997, S.25ff.<br />

17 BRONSTERT 1997, S.163<br />

18 POHL 2002, S.31<br />

19 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2005, S.9<br />

20 GEIPEL 1992, S.220<br />

21 EBEL 1997, S.211<br />

22 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997, S.7ff.<br />

23 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2007b<br />

24 REUTERS 2007<br />

25 NIEDERÖSTERREICHISCHER ZIVILSCHUTZVERBAND 2007<br />

26 PRESS, SIEVER 2003, S.408f.<br />

27 BOLT 1995, S.69<br />

28 TAGESSCHAU 2005<br />

29 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2006a<br />

30 PRESS, SIEVER 2003, S.150ff.<br />

31 KRAMPE 2007<br />

32 STEINMÜLLER 2007<br />

33 NATIONAL HURRICANE CENTER 2007<br />

34 SPIEGEL ONLINE 2007<br />

35 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2007a, S.45f.<br />

36 BERZ 2002, S.9


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Literaturverzeichnis<br />

BERZ, G. 2002: <strong>Naturkatastrophen</strong> im 21. Jahrhundert. Befürchtungen und Handlungsoptionen der Versicherungswirtschaft. In:<br />

Geographische Rundschau. Heft 1/2002. S.9-14.<br />

BOLT, B. 1995: Erdbeben: Schlüssel zur Geodynamik. Heidelberg.<br />

BRONSTERT, A. 1997: Klimaänderungen und Hochwasser – Zusammenhänge und Auswirkungen. In: IMMENDORF, R. (Hrsg.):<br />

Natur im Überfluß?. Heidelberg. S.163-182.<br />

EBEL, U. 1997: „Klient“ Hochwasser – (k)ein Fall für die Versicherungswirtschaft? In: IMMENDORF, R. (Hrsg.): Natur im Überfluß?.<br />

Heidelberg. S.211-222.<br />

GEBHARDT, H. et al. (Hrsg.) 2007: Geographie. Physische Geographie und Humangeographie. München.<br />

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KRAUTER, E. 1994: Hangrutschungen und deren Gefährdungspotential für Siedlungen. In: Geographische Rundschau.<br />

Heft 7-8/1994. S.422-428.<br />

KRON, W. 2005: Hochwasser. In: MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT (Hrsg.): Wetterkatastrophen und<br />

Klimawandel. Sind wir noch zu retten? München. S.122-131.<br />

MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997: Überschwemmung und Versicherung. München.<br />

MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2005: Schadenspiegel 3/2005. Themenheft Risikofaktor Wasser.<br />

München.<br />

MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2006a: 100 Jahre Erdbeben seit San Francisco 1906. Online im Internet.<br />

URL: http://www.munichre.com/de/press/press_releases/2006/2006_04_13_press_release.aspx (Stand: 25. Mai 2007).<br />

MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2007a: Topics Geo. <strong>Naturkatastrophen</strong> 2006. Analysen, Bewertungen,<br />

Positionen. München.<br />

MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2007b: Die 10 teuersten Überschwemmungen für die Volkswirtschaft.<br />

Online im Internet. URL: http://www.munichre.com/app_resources/pdf/ts/geo_risks/natcatservice/significant_natural_disasters/<br />

MR_NatCatSERVICE_significant_floods_overall_losses_de.pdf (Stand 20. Juni 2007).<br />

NATIONAL HURRICANE CENTER 2007: Online im Internet: URL: http://www.nhc.noaa.gov/pdf/TCR-AL182005_Rita.pdf (Stand<br />

26. Juli 2007).<br />

NIEDERÖSTERREICHISCHER ZIVILSCHUTZVERBAND 2007: Allgemeines über Erdbeben. Online im Internet. URL: http://www.<br />

noezsv.at/wastun/erdbeben/allgemeines.htm (Stand 25. Mai 2007).<br />

POHL, J. 2002: Hochwasser und Hochwassermanagement am Rhein. In: Geographische Rundschau. Heft 1/2002. S.30-36.<br />

PRESS, F. und SIEVER, R. 2003: Allgemeine Geologie. Heidelberg.<br />

REUTERS 2007: Hochwasser in China: Über eine Million auf der Flucht. Online im Internet. URL: http://de.today.reuters.com/<br />

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TOTE-ZF.xml (Stand 13. Juli 2007).<br />

ROSS, S. 1987: Hazard Geography. Harlow.<br />

SALKAUSKYTE, L. 1999: Der Val Pola Bergsturz im oberen Veltlin vom 28. Juli 2987. Online im Internet. URL: http://www.<br />

geographie.uni-stuttgart.de/exkursionsseiten/graubuenden/bergsturz.html (Stand 20. Juni 2007).<br />

SCHNEIDER, G. 1980: <strong>Naturkatastrophen</strong>. Stuttgart.<br />

SPIEGEL ONLINE 2007: Eine halbe Million Chinesen auf der Flucht. Online im Internet. URL: http://www.spiegel.de/<br />

panorama/0,1518,500669,00.html (Stand 28. August 2007).<br />

STEINMÜLLER, M. 2007: Heiße Flecken – Vulkane und Erbeben wo sie nicht sein dürften. Online im Internet. URL: http://www.<br />

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TAGESSCHAU 2005: Verheerende Erbeben seit 1900. Online im Internet. URL: http://www.tagesschau.de/aktuell/<br />

meldungen/0,1185,OID3915780_nav_ref,00.html (Stand 25. Mai 2007).<br />

VEIT, H. 2002: Die Alpen – Geoökologie und Landschaftsentwicklung. Stuttgart.


Typologien von <strong>Naturkatastrophen</strong> anhand von Beispielen<br />

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

Abb.1 KRAUTER, E. 1994: Hangrutschungen und deren Gefährdungspotential für Siedlungen. In: Geographische Rundschau. Heft<br />

7-8/1994. S.423.<br />

Abb.2 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997: Überschwemmung und Versicherung. München. S.30.<br />

Abb.3 GOOGLE EARTH 2007 (Koordinaten: 46°22‘58,84‘‘ N, 10°21‘14,09‘‘ O).<br />

Abb.4 STURM, P. 2004: Bergsturz bei Morignone. Online im Internet. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Bergsturz-bei-Morignone.<br />

jpg (Stand 20. Juni 2007).<br />

Abb.5 SALKAUSKYTE, L. 1999: Blick auf den ehemaligen Stauseeboden. Online im Internet. URL: http://www.geographie.uni-stuttgart.<br />

de/exkursionsseiten/graubuenden/076_Ehemaliger_Stauseeboden_opt.jpg (Stand 20. Juni 2007).<br />

Abb.6 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997: Überschwemmung und Versicherung. München. S.31.<br />

Abb.7 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997: Überschwemmung und Versicherung. München. S.33.<br />

Abb.8 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 1997: Überschwemmung und Versicherung. München. S.77f.<br />

Abb.9 DEMIS MAP SERVER 2007. Online im Internet: http://www2.demis.nl/mapserver/mapper.asp (Stand 20. Juni 2007).<br />

Abb.10 BUNDESANSTALT FÜR GEOWISSENSCHAFTEN UND ROHSTOFFE 2007: Weltweite Verteilung von Erdbebenepizentren und<br />

Vulkanen. Online im Internet. URL: http://www.bgr.bund.de/cln_011/nn_331870/DE/Themen/Seismologie/Bilder/Sei__szgrf__p,<br />

templateId=neuesFenster.html (Stand 25. Mai 2007).<br />

Abb.11 GEOLOGIEINFO.DE 2007: Globale Verbreitung der Plattentektonik. Online im Internet. URL: http://www.geologieinfo.de/<br />

plattentektonik/plattengrenzen.html (Stand 25. Mai 2007).<br />

Abb.12 U.S. GEOLOGICAL SURVEY 2007: The Hawaiian Hot Spot. Online im Internet. URL: http://pubs.usgs.gov/gip/dynamic/graphics/<br />

hot_spot.gif (Stand 25. Mai 2007).<br />

Abb.13 NATIONAL WEATHER SERVICE 2006: Tropical Cyclone Formation Regions. Online im Internet. URL: http://www.srh.noaa.gov/srh/<br />

jetstream/tropics/images/tc_basins.jpg (Stand 20. August 2007).<br />

Abb.14 HAMBURGER BILDUNGSSERVER 2007: Entstehung und Aufbau eines Hurrikans. Online im Internet. URL: http://www.<br />

hamburger-bildungsserver.de/klima/klimafolgen/extreme/hurrikan/aufbau.gif (Stand 20. August 2007).<br />

Abb.15 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2006: Topics Geo. Jahresrückblick <strong>Naturkatastrophen</strong> 2005. München.<br />

S.24.<br />

Abb.16 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2006: Topics Geo. Jahresrückblick <strong>Naturkatastrophen</strong> 2005. München.<br />

S.24.<br />

Abb.17 NATIONAL ATLAS und USGS: Zukunftsprognose für das Auftreten von Wirbelstürmen an den Küsten der USA in den nächsten<br />

100 Jahren.<br />

Abb.18 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2007: Topics Geo. <strong>Naturkatastrophen</strong> 2006. Analysen, Bewertungen,<br />

Positionen. München. S.45.<br />

Abb.19 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2007: Topics Geo. <strong>Naturkatastrophen</strong> 2006. Analysen, Bewertungen,<br />

Positionen. München. S.47.<br />

Abb.20 MÜNCHNER RÜCKVERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT 2007: Topics Geo. <strong>Naturkatastrophen</strong> 2006. Analysen, Bewertungen,<br />

Positionen. München. S.47.<br />

Tab.1 GLOBAL FIRE MONITORING CENTER 2003: Waldfeuerdaten ausgewählter Länder und Regionen. Online im Internet. URL: http://<br />

www.fire.uni-freiburg.de/media/WaldbrandeinEuropaimSommer2003.pdf (Stand 25. Mai 2007).<br />

Tab.2 KRAMPE, C. 2007b: Berühmte Vulkanausbrüche. Online im Internet. URL: http://www.vulkanausbruch.de/ausbruch.htm (Stand<br />

25. Mai 2007).<br />

Tab.3 WETTERONLINE.DE 2007: Fujita-Tornado-Skala. Online im Internet. URL: http://www.wetteronline.de/lexikon/fujitaskala.htm<br />

(Stand 25. Mai 2007).


Strategien, Maßnahmen, Grundprinzipien<br />

Bausystem am Beispiel Erdbeben<br />

Mae Seetha Dauth, Robert Fischer, Sylvie Koberstein, Junze Liu


Vorwort<br />

Erdbeben verwüsten bei jedem Auftreten ganze Gebäude, Viertel und Existenzen.<br />

Um den Schaden und das Risiko zu minimieren werden immer mehr Maßnahmen entwickelt,<br />

die an verschiedenen Punkten der Katastrophe ansetzen. Von Präventivmaßnahmen,<br />

Frühwarnsystemen, baukonstruktiven und städtebaulichen Entwicklungen bis hin<br />

zu Wiederherstellungsplänen geht der Fortschritt immer weiter. Diese Arbeit soll einen<br />

allgemeinen Überblick über neu entwickelte und schon alte gut erprobte Maßnahmen zur<br />

Erdbebensicherheit geben. Dabei befasst sich die Arbeit zunächst mit verschiedenen Frühwarnsystemen<br />

und der Frage ob voreilige Frühwarnung wircklich sinnvoll wäre. Des Weiteren<br />

behandelt die Arbeit das Thema des Risikomanagements im Erdbebenfall und zeigt<br />

welche Maßnahmen in den einzelnen Abschnitten des Umgangs mit Erdbeben zu beachten<br />

sind. Präventiv, während des Bebens und da<strong>nach</strong>.<br />

Außerdem soll insbesondere die Rolle des Architekten für den <strong>Wiederaufbau</strong> und für die<br />

Prävention von Schäden aufgezeigt werden.<br />

Um sich vor großen Schäden an der Bausubstanz zu schützen gibt es auf der ganzen Welt<br />

verschiedene Bauvorschriften, die erdbebensicheres Bauen vorschreiben und regeln. Um<br />

ein Gebäude vor schwerwiegenderen Schäden zu schützen ist die Entwicklung im Baukonstruktiven<br />

Bereich schon sehr weit fortgeschritten, wobei hierbei traditionelle Bauweisen<br />

von Erdbebengebieten ebenso betrachtet werden wie neue Entwicklungen zum Schutz von<br />

Bauwerken und deren Bewohnern. Die Möglichkeiten sind weit gefächert und gehen von<br />

schützenden Maßnahmen am Rohbau bis hin zur richtigen Befestigung von Möbeln.<br />

Auch städtebaulich kann man in einer gewissen Art Prävention betreiben und planerisch<br />

größeren Schaden vermeiden. Auch mit dieser Entwicklung soll sich diese Arbeit befassen.<br />

Um der Obdachlosigkeit <strong>nach</strong> einer Naturkatastrophe entgegen zu wirken werden auch<br />

diverse Notfallbehausungen entwickelt, die eine gewisse Erdbebensicherheit geben, da in<br />

diesen Regionen natürlich immer mit Nachbeben gerechnet werden muss.


Vorwort<br />

Gliederung<br />

1. Erdbebenentstehung, Gefährdete Gebiete, Folgen<br />

2. Frühwarnsysteme<br />

2.1 Seismischer Zyklus<br />

2.2 TriNet<br />

2.3 Akustische Seismologie<br />

2.4 Zukunft der Erdbebenprognose<br />

2.5 Natürlicher Instinkt von Tieren<br />

2.6 Erdbebenvorhersage ja oder „Jein“<br />

3. Research Center<br />

3.1 USGS<br />

3.2 GFZ<br />

3.3 JMA<br />

4. Risikomanagement<br />

4.1 Der Risikomanagementprozess<br />

4.1.1. Identifikation<br />

4.1.2. Abschätzung<br />

4.1.3. Handhabung<br />

4.2 CEDIM AG<br />

4.2.1 Risikokarte Deutschland<br />

5. Grundlagen für erdbebensicheres Bauen<br />

5.1 Erdbebenvorschriften<br />

5.1.1 International<br />

5.1.2 Japan<br />

6. Baukonstruktive Maßnahmen<br />

6.1 Prinzipien der Erdbebensicherheit<br />

6.2 Schwingungsanfälligkeitsklassen<br />

6.3 Konstruktive Maßnahmen im Detail<br />

6.3.1 Gründungen<br />

6.3.2 Gebäude mit Wandscheiben<br />

6.3.3 Rahmentragwerke<br />

6.3.4 Inneneinrichtung


7. Traditionelle Architektur und Erdbebensicherheit<br />

7.1 Erdbebensicheres Bauen mit traditioneller Architektur<br />

7.2 Verbesserungsmaßnahmen für traditionelle Architektur<br />

7.2.1 Lehmbauten in Mexiko<br />

7.2.2 Bambusbauten in China<br />

8. Moderne Erdbebenarchitektur<br />

9. Städtebauliche Maßnahmen<br />

9.1 Auswirkungen von Erdbeben auf Stadtstrukturen<br />

9.2 Planungskriterien und Standortfrage<br />

9.3 Konstruktive Maßnahmen<br />

9.4 Risikomanagement im städtischen <strong>Wiederaufbau</strong><br />

10. Notfallbehausungen<br />

10.1 The Paper Log House<br />

10.2 Eco-Domes<br />

Fazit<br />

Quellen<strong>nach</strong>weis<br />

Abbildungs<strong>nach</strong>weis<br />

Gliederung


Plattentektonik[1]<br />

Tektonisches Beben[2]<br />

Abbruch[3]<br />

Erdbebenentstehung, Gefährdete Gebiete, Folgen<br />

Erdbeben entstehen durch dynamische<br />

Prozesse der Erde. Eine Folge davon ist die<br />

Plattentektonik, also die Bewegungen der<br />

Lithosphärenplatten, welche die Erdkruste<br />

und den obersten Erdmantel umfassen. 1<br />

Bei einem tektonischen Beben kommt es<br />

insbesondere an den Plattengrenzen, wo<br />

sich verschiedene Platten auseinander<br />

(Spreizungszone), aufeinander zu<br />

( Kollisionszone) oder aneinander vorbei<br />

(Transformverwerfung) bewegen, zum<br />

Aufbau gewaltiger Spannungen innerhalb<br />

des Gesteins, wenn sich die Platten in<br />

ihrer Bewegung verhaken und verkanten.<br />

Wird die Scherfestigkeit der Gesteine<br />

überschritten, entladen sich dann plötzlich<br />

diese Spannungen durch ruckartige<br />

Bewegungen der Erdkruste und es kommt<br />

zum tektonischen Beben. 2


Erdbebenentstehung, Gefährdete Gebiete, Folgen<br />

Stark gefährdete Gebiete der Erde<br />

Stark gefährdete Gebiete<br />

Die wohl aktivsten Erdbebenregionen der Welt befinden sich zum einen entlang des San Andreas Verwerfung in Kalifornien¬, Mexico und<br />

Chile, entlang der pazifischen platte vor den Phillipinen, Japan, vor Sumatra und Fiji und in Alaska. 1<br />

Geotechnisch: Erdbeben können verherende Folgeereignisse, wie Felssturz, Steinschlag Rutschung oder Bodenverflüssigung<br />

<strong>nach</strong> sich ziehen. Ein besonderes zerstörerisches Folgephänomen für Länder an Meeresküsten ist der Tsunami,<br />

der durch unterseeische Beben ausgelöst wird. Die dadurch entstehenden mächtigen Wellen können ganze<br />

Küstenstreifen verwüsten.<br />

Zivile: Nach einem Erdbeben kommt es auch zu gravierenden zivilen Folgen. Zusammenbruch der Infrastruktur,<br />

Obdachlosigkeit, Zusammenbruch der wirtschaft sind nur einige wenige Auswirkungen. Opfer leiden oft noch<br />

jahrelang an Schockzuständen. 3


Erdbeben kommen meist völlig überraschend. Die Wissenschaft kennt bislang keine sicheren<br />

Anzeichen für einen bevorstehenden Erdstoß, und nur manche Beben kündigen<br />

sich mit leichteren Vorläufern an. Seismologen versuchen zumindest kurzfristige Frühwarnungen<br />

über herannahende Erdbebenwellen zu geben. Denn je genauer und schneller die<br />

Frühwarnungen sind, desto besser kann man auf die Katastrophe reagieren.<br />

1. Seismischer Zyklus<br />

Frühwarnsysteme<br />

Viele Wissenschaftler sind jedoch überzeugt davon, dass keine Vorhersagen über Erdbeben<br />

gemacht werden können, da es sich möglicherweise bei der Erdkruste um ein „chaotisches<br />

System“ handelt, für das langfristige Prognosen unmöglich sind. Andere Experten meinen<br />

dagegen, dass sich in den Daten dennoch Muster und Strukturen erkennen lassen, deren<br />

genauere Analyse Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit eines größeren Bebens geben<br />

kann.<br />

So soll die sogenannte seismische Ruhe als Ankündigung größerer Erdbeben dienen.<br />

Der typische Ablauf zwischen zwei Beben lässt sich so beschreiben: Nach dem großen Beben<br />

und einigen Nachbeben kommt das System zunächst zur Ruhe, erholt sich langsam,<br />

zeigt dann wieder eine normale Aktivität, bevor es in eine erneute Ruhephase eintritt, während<br />

derer Spannung und Druck in der Erdkruste anwachsen, bis sich die gesamte Energie<br />

im nächsten Hauptbeben entlädt.<br />

Methoden aus der Nichtlinearen Dynamik können die Regelmäßigkeiten hinter den zufälligen<br />

Schwankungen aufdecken. Die Forscher versuchen eine Referenzseismizität zu<br />

konstruieren, also beispielhafte Kurven für ‘Normale Erschütterungen’, ‘Seismische Ruhe’<br />

und die Zwischenphasen. Erst wenn mit Hilfe solcher Referenzphasen die einzelnen Stadien<br />

identifiziert sind und sich in genügend vielen Fällen die Hypothese bestätigt, dass auf<br />

eine Ruhe das große Beben folgt, wird sich die Methode auch zur Erdbebenvorhersage<br />

einsetzen lassen. 4


Frühwarnsysteme<br />

TriNet<br />

Die drei Organisationen für Erdbebenforschung (California Institute of Technology (Caltech),<br />

U.S. Geological Survey (USGS), California Division of Mines and Geology (CDMG)) riefen das<br />

TriNet Projekt für die Erdbebenregion Südkalifornien ins Leben.<br />

Das System basiert auf einem automatischen Netzwerk aus 155 seismischen Messstationen,<br />

welches vor dem Erdbeben schwache Energiewellen, so genannte P-Wellen, erkennt.<br />

Diese gehen ebenso wie die zerstörerischen S-Wellen vom Erdbebenzentrum aus, wandern<br />

aber schneller durch das Gestein und erreichen daher die Erdoberfläche einige Sekunden<br />

eher. So kann Zeit, Stärke und Ort des kommenden Erdbebens bestimmt werden.<br />

Kleinere Beben verursachen P-Wellen in höherer Frequenz, weil sich die Erdkruste nur<br />

über kurze Strecken bewegt, bei stärkeren Beben ist die P-Wellen-Frequenz niedriger, weil<br />

sich größere Störungszonen bewegen.<br />

Das Projekt hat drei Hauptziele:<br />

1. Das rasche Erstellen von Erschütterungsinformation in Form von Kar<br />

ten mit Angaben zu Beschleunigung, Geschwindigkeit und Stärke in den<br />

Minuten <strong>nach</strong> zerstörenden Erdbeben um die Effektivität von Notfallein<br />

sätzen zu erhöhen.<br />

2. Das Erstellen von Aufzeichnungen über Erschütterungen zur Verbesse<br />

rung von seismischen Bauvorschriften und seismologischer Forschung.<br />

3. Die Entwicklung eines Prototyps für ein Frühwarnsystem. 5,6<br />

Akustische Seismologie<br />

In der Erdbebenforschung brachten die Messungen mit dem Seismometer wichtige Erkenntnisse<br />

für das Verständnis der inneren Struktur und des Aufbaus der Erde. Mit dem<br />

Projekt Akustische Seismologie hat das IAIS(Institut intelligente Analyse- und Informationssysteme)<br />

ein neuartiges Verfahren entwickelt, mit dem neue Aspekte seismischer Daten<br />

freigelegt werden. Ziel ist die Audifikation von Erdbebenwellen.<br />

In der Verbindung von visueller Darstellung der Erdbebenkataloge und der akustischen<br />

Transformation von Seismogrammen werden die beiden wichtigsten Erkenntnisorgane des<br />

Menschen in konstruktive Konkurrenz gebracht mit der Hoffnung in Zukunft die <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

vorhersagen zu können. 7<br />

Zukunft der Erdbebenprognose<br />

Forschende der ETH Zürich und des U.S. Geological Survey (USGS) haben eine Methode<br />

entwickelt, welche die Wahrscheinlichkeit für Bodenerschütterungen für einen Zeitraum<br />

von 24 Stunden im Voraus berechnet. Das von der internationalen Forschungsgruppe entwickelte<br />

System berechnet stündlich die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 24 Stunden<br />

eine Bodenbeschleunigung mit einer Mercalli-Intensität grösser oder gleich 6 auftritt.<br />

Für jedes bis zu diesem Zeitpunkt aufgetretene Beben wird die Wahrscheinlichkeit, dass es<br />

von einem Schadenbeben gefolgt sein könnte, bestimmt.<br />

Diese online abrufbaren Erdbebenprognosen stellen die nächste Generation der Prognose<br />

des Risikos dar. Die Karten sind zwar nicht in der Lage, ein einzelnes Erdbeben vorherzusagen.<br />

Epicenter[4]<br />

Karte Bebenstärke [5]<br />

Nachbebenvorhersage [6]


Elefant [7]<br />

Schlange [8]<br />

Aus vergangenen Erdbebenereignissen weiß man aber, dass vor etwa der Hälfte aller stärkeren<br />

Erdbeben ein Anstieg in der Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die neuen Karten<br />

geben außerdem detaillierte Informationen über die räumliche und zeitliche Verteilung der<br />

Nachbebenwahrscheinlichkeit an.<br />

Die Möglichkeit, diese Erdbebenprognosen online abzurufen hat vor allem psychologische<br />

Vorteile für Anwohner und Besucher. Es wird gezeigt, wie gering das Erdbebenrisiko einer<br />

Region im Allgemeinen ist. 8,9<br />

Natürliche Instinkte bei Tieren<br />

Bei Erdbeben, Vulkanausbrüchen oder starken Wetteränderungen berichten Augenzeugen<br />

von auffälligem Verhalten einiger Tiere kurz vor Eintritt der Naturkatastrophe.<br />

Wahrscheinlich nutzen Tiere ihre vorhandenen Sinne anders als der Mensch. Manche<br />

Tiere können Infraschall wahrnehmen. Elefanten können leichte Erschütterungen und die<br />

Richtung, aus der sie kamen, über Drucksensoren an den Fußsohlen, wahrnehmen. In der<br />

Nähe eines potenziellen Epizentrums könnten Tiere die Gefahr womöglich auch aus der<br />

elektrostatischen Aufladung der Luft wahrnehmen. Auch vibrationsempfindliche Tiere wie<br />

Schlangen können vorzeitig gewarnt werden. Schlangen spüren drei bis fünf Tage im Voraus<br />

und auf eine Entfernung von bis zu 120 Kilometern, wenn ein Erdbeben droht. 10<br />

Erdbebenvorhersage: ‚ja‘ oder ‚jain‘<br />

Frühwarnsysteme<br />

Selbst wenn eines Tages eine Methode der Erdbebenvorhersage entwickelt wird, werden<br />

wir dann davon Gebrauch machen wollen? Noch vor ein paar Jahren wäre die Antwort auf<br />

diese Frage eindeutig “Ja” gewesen. Heute ist die Antwort vielleicht ein “Jain”, denn es<br />

wurde deutlich, dass eine Erdbebenvorhersage möglicherweise nicht weniger Schaden anrichtet<br />

als das Erdbeben selbst.<br />

Das ist die Schlussfolgerung, zu der zwei amerikanische Wissenschaftler gelangten, Dennis<br />

S. Mileti und J. Eugene Haas von der University of Colorado. Mileti und Haas verglichen<br />

die der Gesellschaft durch eine Erdbebenvorhersage entstehenden möglichen Kosten mit<br />

den durch die Erderschütterung zusammenhängenden Schäden, und angesichts des Ergebnisses,<br />

zu dem sie kamen, muss man sich fragen, ob eine Erdbebenvorhersage wirklich<br />

der große Durchbruch wäre, für den man sie vielleicht hält.<br />

Bei einer kurzfristigen Warnung bliebe vielleicht zu wenig Zeit, um Gebäude abzustützen,<br />

aber die kurze Warnzeit würde die anderen sozialen Auswirkungen, wie etwa das Absinken<br />

der Grundstückspreise, auf ein Minimum reduzieren. Eine langfristige Warnung dagegen<br />

würde wahrscheinlich viele Menschenleben retten, aber andere katastrophale Folgen haben,<br />

wenn die Leute aus dem betreffenden Gebiet flüchten. Die Menschenverluste bei einer<br />

solchen Massenpanik könnten denen eines tatsächlichen Erdbebens gleichkommen.<br />

Sodann besteht die Gefahr des blinden Alarms. Man stelle sich vor, es wird eine Bebenwarnung<br />

herausgegeben, die Bevölkerung einer Großstadt wird evakuiert, und das Beben trifft<br />

nicht ein. Die Bevölkerung würde bei der nächsten Vorhersage sicher bedeutend skeptischer<br />

reagieren oder sie ganz ignorieren.<br />

Die Behörden stehen somit vor einer schweren Entscheidung, ob eine Warnung oder ein<br />

Schweigen mehr im öffentlichen Interesse liegt. 11


Forschungszentren<br />

USGS<br />

Die United States Geological Survey (USGS, dt. Geologischer Dienst der Vereinigten Staaten)<br />

ist eine wissenschaftliche Behörde des US-Innenministeriums. Zu ihren längsten laufenden<br />

Projekten gehören Untersuchungen um die Vorhersage von Erdbeben zu verbessern.<br />

Das National Earthquake Information Center hält eine aktuelle und weltweite Liste aller<br />

Erdbebenereignisse vor. Eben so können Daten über weiter zurückliegende Erdbeben angezeigt<br />

werden. 12<br />

GFZ<br />

Das GeoForschungsZentrum Potsdam (internationale Abkürzung GFZ) ist das nationale<br />

Forschungszentrum für Geowissenschaften in Deutschland.<br />

Geofon ist eine Liste über Erdbeben weltweit, die beim Ereignis aus dem Geofon-Netzwerk<br />

automatisch aktualisiert wird. 13<br />

JMA<br />

Die Japan Meteorological Agency (JMA dt: Japanische Meteorologische Behörde) ist eine<br />

Regierungsbehörde, die als zentrale Stelle in Japan verantwortlich ist für die Sammlung<br />

meteorologischer Daten. Auch die Vorhersage und Frühwarnung von Erdbeben, Vulkanausbrüchen,<br />

Taifunen und Tsunamis liegt im Zuständigkeitsbereich der Meteorologischen<br />

Behörde.<br />

Die JMA-Skala ist die von der JMA verwendete Intensitätsskala für Erdbeben. Anders als<br />

Magnitudenskalen (z.B. Richterskala) beschreiben Intensitätsskalen (z.B. Mercalliskala)<br />

die Auswirkungen eines Erdbebens an der Oberfläche und können deshalb für ein einzelnes<br />

Beben an verschiedenen Orten unterschiedliche Stärken wiedergeben. 14,15


Was ist Risikomanagement?<br />

Risikomanagement<br />

Risikomanagement ist der letzte Schritt einer Risikobetrachtung.<br />

Selbst bei allen Bemühungen, die Versagenswahrscheinlichkeit und den potenziellen Schaden exakt zu bestimmen, wird ein gewisses<br />

Restrisiko verbleiben. Dieses Restrisiko muss „gemanagt“ werden, um einem Anstieg des Risikos mit der Zeit entgegenzuwirken, oder um<br />

es durch geeignete Maßnahmen wie Katastrophenschutzkonzepte zu minimieren.<br />

Risikomanagement ist ein stetiger Prozess, der einen konstanten Informationsfluss und Feedback vom betroffenen System benötigt.<br />

Risikomanagement [9]<br />

Der Risikomanagementprozess<br />

Risikomanagement kann in 3 Phasen unterteilt<br />

werden. Die Risiko Identifikation,<br />

die Risikoabschätzung und die Risikohandhabung<br />

und Behandlung.<br />

Risiko Identifikation<br />

Die Phase der Risikoidentifikation beinhaltet<br />

das Erkennen und das Bewusstwerden<br />

einer Gefahrensituation<br />

Risiko Abschätzung<br />

Die Phase der Risikoabschätzung wird in<br />

zwei Abschnitte aufgeteilt,<br />

die Risikoanalyse und die Risikobewertung<br />

Während der Risikoanalyse wird zunächst<br />

die Art und Stärke der Erdbebengefahr und<br />

da<strong>nach</strong> das bauliche Verhalten aller Objekte<br />

im betrachteten Gebiet bestimmt. Daraus<br />

ergibt sich das bauliche Schadenspotenzial.<br />

Darauf basierend kann eine Schadensabschätzung<br />

gemacht werden.<br />

Das systemorientierte (gebietsorientierte)<br />

Schadenspotenzial gibt Angabe über das<br />

gesamte Ausmaß der Gefahr unter Berücksichtigung<br />

aller direkten und indirekten<br />

Konsequenzen. Es beschreibt also einen<br />

Verlustwert bezüglich des Schadens an<br />

den betroffenen Objekten selbst und auch<br />

bezüglich des Schadens an der Bedeutung<br />

des Objekts für das gesamte System (Gebiet).<br />

Diese direkten und indirekten Konsequenzen<br />

können wirtschaftlicher, menschlicher,<br />

ökologischer aber auch kultureller<br />

und sozialer Natur sein. Darauf basierend<br />

lässt sich eine Verlustabschätzung machen.<br />

16


Risikomanagement<br />

Auf die Risikoanalyse folgt die Phase der<br />

Risiko Bewertung und Auswertung.<br />

Der Zweck dieser Auswertung ist es,<br />

unterschiedliche Gefahren zum gewählten<br />

System heraus zu filtern und diese dann<br />

untereinander vergleichbar zu machen.<br />

Risiko Handhabung<br />

Die Risiko Handhabung hat die Aufgabe<br />

eine rationale Basis für die Beurteilung und<br />

Bearbeitung der verschiedenen Risiken des<br />

Gebiets zu schaffen. Durch eine sinnvolle<br />

Kosten-Nutzen-Analyse ebenso wie durch<br />

an die mathematische Entscheidungstheorie<br />

angelegte Methoden. Basierend auf<br />

diesen Mitteln kann eine Entscheidung bezüglich<br />

jedes einzelnen Risikos getroffen<br />

werden.<br />

Wenn die Gefahr abgeschwächt werden<br />

soll, stehen verschiedene Optionen zur<br />

Verfügung:<br />

Prävention beinhaltet bauliche Maßnahmen<br />

zur Verringerung schwingungsbedingter<br />

Schäden<br />

Vorbereitung enthält alle Sozialtätigkeiten,<br />

z.B. Evakuierungspläne und Notfalltraining,<br />

die notwendig sind, um Schaden vor-zubeugen<br />

und einzugrenzen, bevor die<br />

Katastrophe stattfindet.<br />

Unter Reaktion fallen alle Tätigkeiten, die<br />

sofort <strong>nach</strong> der Katastrophe zum tragen<br />

kommen, wie der Hilfs- und Schutzorganisationen<br />

für Betroffene, sowie die Kommunikation<br />

zwischen der unterschiedlichen<br />

Hilfsorganisationen zu koordinieren. Der<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> fasst alle Tätigkeiten zusammen,<br />

die gemacht werden müssen, bis der<br />

Status vor der Katastrophe des Gebietes<br />

wieder erreicht ist.<br />

Natürlich kann auch eine Kombination der<br />

erwähnten Möglichkeiten verwendet werden,<br />

um das Risiko abzuschwächen. 16<br />

Risikoabschätzung [9]<br />

Risikohandhabung [9]


Das Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) der Universität<br />

Karlsruhe (TH) und des Geoforschungszentrums (GFZ) Potsdam ist ein interdisziplinäres<br />

Forschungsprojekt im Bereich des Katastrophenmanagements. In den einzelnen Projekten<br />

arbeiten über 50 Wissenschaftler aus mehr als 20 Instituten beider Einrichtungen<br />

Die cedim AG verfügt über zwei Geschäftsbereiche: Beratung und Entwicklung von Informationssystemen.<br />

Im Geschäftsbereich Beratung hat sich die cedim AG auf die Analyse, Optimierung und<br />

Einführung von Geschäftsprozessen zur Risikovorsorge und zum Risikomanagement spezialisiert.<br />

Der Geschäftsbereich Entwicklung der cedim AG konzipiert und realisiert leistungsfähige<br />

Informationssysteme für das operative Krisenmanagement bei Gefahren und Katastrophen.<br />

Hauptforschungsprojekte<br />

Methoden und Werkzeuge zur Quantifizierung von natürlichen und anthropogenen Risiken<br />

in Deutschland<br />

- Risikokarte Deutschland<br />

Ermittlung des Erdbebenrisikos und der Risikoentwicklung in der Megastadt Istanbul<br />

Modellierung großräumiger Hochwassersituationen an der Elbe 17<br />

RISIKOKARTE DEUTSCHLAND<br />

Risikomanagement<br />

CEDIM AG<br />

Erdbebenrisiko<br />

Eines der Hauptziele des Erdbebenrisikoprojektes von CEDIM ist die Abschätzung und Kartierung<br />

des Risikos für ganz Deutschland. Die erste Phase der Arbeit wird Analysen der<br />

direkten Verluste durch strukturelle Schäden an Wohngebäudebestand gewidmet.<br />

Ausgehend von intensitätsbasierter probabilistischer Erdbebengefährdung, für den Wohngebäudebestand<br />

der Gemeinden entwickelter Vulnerabilitätsmodelle und den Werten in<br />

Form der Wiederherstellungskosten für Wohngebäude wird das Risiko berechnet.<br />

Die geplanten Tätigkeiten schließen, unter anderem, die Analysen anderer wahrscheinlicher<br />

direkter und indirekter Schäden, industrielle und öffentliche Gebäude, sowie Infrastruktur<br />

in Erdbebengefährdeten Bereichen ein.<br />

Die Erdbebengefährdung in Deutschland ist im globalen Vergleich relativ gering, aber nicht<br />

ver<strong>nach</strong>lässigbar. Schadenbeben mit Magnituden Mw von über 6, sowie Intensitäten bis<br />

VIII sind in der Vergangenheit beobachtet worden. Künftige stärkere Beben sind nicht auszuschließen.<br />

Die räumliche Verteilung der seismischen Gefährdung für Deutschland (als<br />

auch für Österreich und die Schweiz) ist der so genannten D-A-CH Karte (Grünthal 1998)<br />

zu entnehmen. 18


Risikomanagement<br />

CEDIM AG<br />

Dachkarte [10]


elevante Faktoren [10]<br />

Risikomanagement<br />

CEDIM AG<br />

Man muss beachten, dass potentielle Verluste<br />

nicht nur vom Gefährdungsgrad abhängen,<br />

sondern auch von der Gesamtsumme<br />

der Risikoelemente im gefährdeten<br />

Bereich, vor allem von ihrem Wert und ihrer<br />

seismischen Vulnerabilität. Die Verluste<br />

werden umso deutlicher, wenn die Gefährdung<br />

mit einer hohen Konzentration an<br />

Risikoelementen zusammentrifft. Deshalb<br />

muss man zur Abschätzung und Kartierung<br />

des Risikos die Gesamtkombination aller<br />

relevanten Faktoren betrachten.<br />

Der Wohngebäudebestand deutscher Gemeinden<br />

beinhaltet verschiedene Gebäudetypen.<br />

Die seismische Vulnerabilität des<br />

Gebäudes hängt von seinen konstruktiven<br />

und architektonischen Eigenschaften, sowie<br />

solchen Faktoren wie dem Alter, der<br />

Qualität des Gebäudes, der lokalen Bodenbeschaffenheit<br />

und weiteren ab. Je <strong>nach</strong> der<br />

Gesamtheit dieser Faktoren kann <strong>nach</strong> der<br />

EMS-98 die entsprechende seismische Vulnerabilitätsklasse<br />

des Gebäudes bestimmt<br />

werden. Von den sechs Vulnerabilitätsklassen,<br />

alphabetisch benannt von A (höchste<br />

Vulnerabilität) bis F (niedrigste Vulnerabilität),<br />

repräsentieren die Klassen A bis D den<br />

Wohngebäudebestand in Deutschland.<br />

Die Zusammensetzungen der verschiedenen<br />

Gebäudetypen und Vulnerabilitätsklassen<br />

in verschiedenen Gemeinden sind<br />

unterschiedlich. Jedoch zeigt die Untersuchung,<br />

dass die Bausubstanz der größeren<br />

Gemeinden (urbane Gebiete) generell<br />

durch eine geringere Vulnerabilität (höhere<br />

seismische Widerstandsfähigkeit) charakterisiert<br />

ist, als die in den kleineren Gemeinden<br />

(ländliche Gebiete). Diese Regelmäßigkeit<br />

wurde bei der Risikoberechnung<br />

berücksichtigt 18


Risikomanagement<br />

CEDIM AG<br />

Die Berechnungen wurden für jede der<br />

13490 Gemeinden in Deutschland durchgeführt.<br />

Als Resultat ergibt sich eine Karte, die<br />

die geschätzte Verteilung des seismischen<br />

Risikos zeigt. Die Abschätzungen variieren<br />

von null bis zu mehreren hundert Millionen<br />

Euro. Keine Schäden sind in Gebieten mit<br />

Intensität V oder weniger, sowie in unbewohnten<br />

Regionen. Im Gegensatz dazu ist<br />

das höchste Risikoniveau in Gebieten mit<br />

einer hohen seismischen Gefährdung sowie<br />

einer großen Konzentration an exponierten<br />

Werten zu finden.<br />

Außer der probabilistischen Risikokartierung,<br />

die für die Vergleichsanalyse verwendet<br />

werden kann, ist es möglich mit<br />

der entwickelten Methode auch deterministische<br />

Bebensszenarien zu generieren um<br />

die potentiellen Schäden von Einzelerdbeben<br />

zu analysieren. 18


Risikokarte Deutschland Erdbeben [10]<br />

Risikomanagement<br />

CEDIM AG


Grundlagen für erdbebensicheres Bauen<br />

Erdbebenvorschriften<br />

USA<br />

International Building Code (IBC), International Code Council (ICC) 19<br />

Mexico<br />

Reglamento de Construcciones para el Distrito Federal (Mexico City Bauvorschrift)<br />

Normas Técnicas Complementarias para Diseño por Sismo (Komplementäre technische<br />

Normen für erdbebensicheres Bauen) 20<br />

Europa<br />

Die Eurocodes sind europaweit vereinheitlichte Bemessungsregeln im Bauwesen.<br />

Eurocode 8: Erdbeben, Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben<br />

Die Normen zum Eurocode 8 gelten für die Bemessung und Konstruktion von Bauwerken<br />

des Hoch- und Ingenieurbaus in Erdbebengebieten. Das Ziel ist, sicherzustellen, dass<br />

bei Erdbeben menschliches Leben geschützt ist, Schäden begrenzt bleiben und wichtige<br />

Bauwerke zum Schutz der Bevölkerung funktionstüchtig bleiben.<br />

Teil 1: Grundlagen, Erdbebeneinwirkungen und Regeln für Hochbauten<br />

Teil 2: Brücken<br />

Teil 3: Beurteilung und Ertüchtigung von Gebäuden<br />

Teil 4: Silos, Tankbauwerke und Rohrleitungen<br />

Teil 5: Gründungen, Stützbauwerke und geotechnische Aspekte<br />

Teil 6: Türme, Maste und Schornsteine<br />

Zugeordnete Dokumente für Deutschland<br />

DIN 4149:2005-04: Bauten in deutschen Erdbebengebieten - Lastannahmen, Bemessung<br />

und Ausführung üblicher Hochbauten 21<br />

Japan<br />

Bauvorschriftgesetz , Bauministerium<br />

Vollstreckungserlass, Ministeriumserlass, Notifikationen


Aufbau des Bauvorschriftgesetz [11]<br />

Aufbau des Bauvorschriftgesetz<br />

Allgemeine Vorschriften<br />

- Administrative Vorschriften<br />

- Diverse Vorschriften<br />

- Strafvorschriften<br />

Bauvorschriften<br />

- Feuerabschnitt<br />

- Bauabschnitt<br />

- Abschnitt für Gebäudeausrüstung<br />

Bebauungsvorschriften<br />

- Beziehung zwischen Grundstück und Straße<br />

- Bebauungsvorschriften für Flächennutzung<br />

- Regelung des Verhältnisses ‚Höhe-Masse-Form‘ von Gebäuden<br />

- Beschränkungen in Feuerschutz<br />

Das neue Gebäuderegulierungssystem<br />

Recht Leistungsanforderungen<br />

z.B. Erdbebenschutzleistung<br />

- Feuersicherheit<br />

- Bausicherheit<br />

- Gebäudeausrüstungssicherheit<br />

Vollstreckungserlass Leistungskriterien<br />

Leistungskriterien für Erbebensicherheit für jedes Bauteil<br />

Ministeriumserlass<br />

Verifikationsmethoden Spezifikation durch Beispiele<br />

z.B. Erdbebensicherer Entwurf z.B. Tragende Bauteile sind aus<br />

(Methoden um die Auswirkungen Stahlbeton<br />

von Erdbeben zu prognostizieren und<br />

um die Fähigkeit von Bauteilen ihre<br />

Tragfähigkeit zu erhalten zu bestätigen)<br />

Das neue Gebäuderegulierungssystem [11]<br />

Entwerfer kann einen Weg aussuchen.<br />

Grundlagen für erdbebensicheres Bauen<br />

Erdbebenvorschriften in Japan<br />

Das Bauministerium ist für die<br />

Bauvorschriften in Japan zuständig<br />

durch das Bauvorschriftgesetz und die<br />

zugehörigen Vollstreckungserlasse,<br />

Ministeriumserlasse und Notifikationen.<br />

Das Gesetz setzt sich aus drei Teilen<br />

(allgemeine Vorschriften, Bauvorschriften,<br />

Bebauungsvorschriften) zusammen<br />

und legt die objektiven und funktionalen<br />

(qualitativen) Leistungsanforderungen an<br />

das Gebäude fest.<br />

Im Jahr 1998 wurde das Gesetz geändert<br />

und trat im Juni 2000 in Kraft.<br />

Hauptpunkte bei der Gesetzesänderung:<br />

- Rationalisierung von Nachweisabläufen<br />

- Aufnahme von leistungsabhängigen<br />

Vorschriften<br />

- Wahrung von effektiver Durchsetzung der<br />

Vorschriften<br />

Durch die Veränderungen sollte die<br />

Entwurfsfreiheit zunehmen und zusätzlich<br />

die technische Entwicklung und der Gebrauch<br />

von vielfältigen Materialien gefördert<br />

werden. Für Vorschriftbenutzer gibt es<br />

drei Möglichkeiten innerhalb des aktuellen<br />

Systems. Zum einen können sie, wie bisher,<br />

den vorgeschriebenen Vorkehrungen folgen.<br />

Zum anderen können sie vorgeschriebenen<br />

Verifikationsmethoden folgen. Und zuletzt<br />

können sie beweisen das bestimmte<br />

Konstruktionsmethoden und Materialien<br />

den leistungsabhängigen Vorschriften<br />

gerecht werden. 22


Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Prinzipien der Erdbebensicherheit<br />

Regelmäßige Form<br />

Die Gebäudegeometrie sollte sowohl im Grundriss, wie auch im Aufriss, einfach gehalten<br />

werden. Komplexe, unregelmäßige Formen, sowie Asymmetrien verhalten sich negativ bei<br />

Erdstößen, da sie Torsion oder Verdrehungen des Bauwerkes fördern. Ferner können an<br />

Ecken hohe Kraftkonzentrationen entstehen, denen das Gebäude nicht standhält.<br />

Fester Baugrund und gute Gründung<br />

Das Fundament muss in der Lage sein, die eingeleiteten Kräfte sicher in den Baugrund zu<br />

übertragen und der Grund muss diese Kräfte aufnehmen können. Weiche Böden verstärken<br />

seismische Wellen und fördern Setzungen, die der tragenden Konstruktion schaden. Es<br />

besteht die Gefahr des Kippens oder Weggleitens eines Gebäudes.<br />

Geringes Gewicht<br />

Je leichter ein Gebäude ist, desto weniger Kräfte muss es im Falle eines Erdbebens<br />

aufnehmen. Geraten große Massen in Bewegung, verstärken sie die einwirkende Kraft des<br />

Bebens.<br />

Große Steifigkeit<br />

Eine Konstruktion darf sich bei einem Erdbeben nur minimal verformen. Eine weiche oder<br />

biegsame Konstruktion würde sich übermäßig verformen. Dabei entstünden Schäden an<br />

tragenden Bauteilen oder Ausbauteilen und Installationen.<br />

Gute Stabilität/ Geeignete Konstruktion<br />

Bei Einwirkung der Vibrationen eines Erbebens müssen Gebäude immer noch in der Lage<br />

sein, das Gleichgewicht zu halten. Damit ein Gebäude einem Erdbeben standhält muss das<br />

Tragwerk stabil, symmetrisch, einheitlich und durchgehend, oder zumindest fest verbunden,<br />

sein. Grobe Unterschiede in Dimensionen oder Steifigkeiten, ungeordnete Lastverteilung<br />

oder große Kragarme fördern gefährlich Kraftkonzentrationen, Torsionsspannungen und<br />

Deformationen, welche zu großen Schäden oder dem Einsturz eines Gebäudes führen<br />

können.<br />

Kompetente Materialien<br />

Hochwertige Materialien garantieren die nötige Fähigkeit des Gebäudes jene Energien zu<br />

absorbieren, die bei Erschütterungen eingeleitet werden.<br />

Fähigkeit Energie zu absorbieren<br />

Die Konstruktion muss durch Erdbeben hervorgerufen Deformationen in ihre Komponenten<br />

aufzunehmen, ohne dass dabei größere Schäden entstehen. Ein Gebäude muss flexibel<br />

und gleichzeitig robust sein, damit es nicht bereits beim Beginn eines Erdbebens Schaden<br />

durch Deformation nimmt. Eine starre Konstruktion kann plötzlich und ohne Vorwarnung<br />

einzustürzen.<br />

Qualität der Konstruktion<br />

Eine gute Bauleitung, technische Überwachung und Qualitätskontrolle ist unerlässlich.<br />

Befestigung der Ausbauteile und Installationen<br />

Ausbauteile, wie Trennwände, Fassaden und Fenster, sowie haustechnische<br />

Installationen müssen gut befestigt werden und dürfen die tragende Konstruktion nicht<br />

beeinflussen. 23,24


Konstruktionshinweise – ungünstige Beispiele [12]<br />

Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Prinzipien der Erdbebensicherheit


Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Schwingungsanfälligkeitsklassen<br />

Eine abrupte Verschiebung verursacht eine Beschleunigung des Bodens, die sich in Form von<br />

Transversal- und Longitudalwellen an der Erdkruste fortsetzt. Diese Wellen beschleunigen<br />

Fundamente und die aufgehende Konstruktion. Die resultierende Kraft resultiert aus dem<br />

Schwingungsverhalten des Gebäudes.<br />

Weiche Gebäude können zu Eigenschwingungen angeregt werden. Steife und gedrungene<br />

Gebäude sind der Gefahr der Eigenschwingungen nicht ausgesetzt, sie schwingen sehr<br />

schnell und weisen geringe Verformungen auf.<br />

Geeignet sind doppel-symmetrische Grundrisse mit doppel-symmetrischer Aussteifung,<br />

sonst liegen Massenschwerpunkt und Schubsteifigkeitsschwerpunkt nicht übereinander<br />

und es kommt zu einer Verdrehung der Masse um den Schubsteifigkeitsschwerpunkt.<br />

a) Strukturierung im Grundriss (Voraussetzung: horizontale Deckenscheiben)<br />

[G] Geringe Schwingungsanfälligkeit, wenn der Schwerpunkt der Steifigkeit der<br />

Aussteifungselemente (S) mit dem Schwerpunkt der horizontalen Kraftwirkung (M)<br />

übereinstimmt. Die Erdbebenkräfte werden ausschließlich von den in ihrer Wirkungsrichtung<br />

angeordneten Aussteifungselementen aufgenommen.<br />

[M] Mittlere Schwingungsanfälligkeit, wenn S mit einer Abweichung von max. 20 % mit M<br />

zusammenfällt.<br />

[H] Hohe Schwingungsanfälligkeit, wenn die Erdbebenwirkung in einer Richtung<br />

ausschließlich durch Aktivierung auch normal dazu angeordneten Aussteifungselemente<br />

übertragen werden kann.<br />

b) Strukturierung im Aufriss<br />

[G] Geringe Schwingungsanfälligkeit, wenn rückspringende Geschosslasten direkt ins<br />

Fundament eingetragen werden.<br />

[M] Mittlere Schwingungsanfälligkeit, wenn Rücksprünge auf Biegeträgern des darunter<br />

liegenden Geschosses abgestützt sind, der Rücksprung nicht mehr als das 0,2fache der<br />

Stützweite des darunter liegenden Trägers beträgt und die Durchbiegung des Trägers bei<br />

vertikaler Gesamtlast 1 cm nicht überschreitet.<br />

[H] Hohe Schwingungsanfälligkeit, wenn der Rücksprung mehr als das 0,2fache der<br />

Stützweite des darunter liegenden Trägers beträgt und dessen Durchbiegung 1 cm<br />

überschreitet. 25<br />

Schwingungsanfälligkeitsklasse G (gering) [12]<br />

Schwingungsanfälligkeitsklasse M (mittel) [12]<br />

Schwingungsanfälligkeitsklasse H (hoch) [12]<br />

Strukturierung dder SSchwingungsanfälligkeitsklassen h i f lli k i kl im Aufriss<br />

[12]


Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Schwingungsanfälligkeitsklassen


Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Konstruktive Maßnahmen im Detail:<br />

Gründungen<br />

Erdbebenkräfte werden durch und über die<br />

Fundamente ins Bauwerk geleitet, deshalb<br />

sind folgende allgemeine Anforderungen zu<br />

erfüllen:<br />

- Alle Teile des Bauwerks sind mit dem<br />

Fundament kraftschlüssig verbunden.<br />

- Relativbewegungen an der Basis sind zu<br />

vermeiden.<br />

- Eine Plattengründung eignet sich am<br />

besten.<br />

-Einzelfundamente und Streifen-<br />

fundamente sind durch Aussteifungsbalken<br />

zug- und druckfest verbunden.<br />

- Bei Tiefengründungen ist zu beachten, daß<br />

ein Verdübelungseffekt zwischen Bauwerk<br />

und Untergrund besteht.<br />

- Gründungen sind so auszubilden, dass<br />

das Bauwerk als Ganzes schwingen kann.<br />

Ungünstig ist:<br />

- Fundierung in stärker geneigten,<br />

rutschgefährdeten Hängen<br />

- Fundierung in unterschiedlicher<br />

Gründungstiefe (Teilunterkellerungen)<br />

und/oder mit verschiedenen<br />

Gründungselementen<br />

- Fundierung auf unterschiedlichem<br />

Baugrund<br />

Günstig ist:<br />

- Fundierung auf einheitlichem Baugrund<br />

mit konstanter Gründungstiefe<br />

- Ausbildung des Untergeschosses als<br />

„steifer Kasten“ (schubfeste Verbindung<br />

zwischen Bodenplatte, Wände und Decken<br />

aus Stahlbeton). 25<br />

Ungünstige und günstige Ausführungen von Gründungen [12]


Ausbildung von Wandscheiben aus Holz [13]<br />

Ausbildung von Geschossdecken aus Holz [13]<br />

Ausbildung von Dächern aus Holz [13]<br />

Verbindungen zwischen Fundament und Holzkonstruktion [13]<br />

Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Konstruktive Maßnahmen im Detail:<br />

Gebäude mit Wandscheiben<br />

Die Aussteifung eines Gebäudes durch die Ausbildung von Fundamenten, Decken und<br />

Dächern als horizontale Scheiben ist sehr wichtig.<br />

Wände<br />

Diagonal ausgesteifte tragende Wände nehmen zusätzlich zu vertikalen Lasten<br />

Horizontalkräfte aus Erdbeben auf. Tragende Wände müssen vom Fundament bis zum<br />

Dach durchgehen.<br />

Nicht diagonal ausgesteifte tragende Wände können nur vertikale Lasten aufnehmen.<br />

Sie dürfen sich nicht kreuzen und werden dort erstellt, wo Türen oder Fenster eingebaut<br />

werden sollen.<br />

Alle tragenden Wände folgen dem Verlauf der Streifenfundamente.<br />

Geschossdecken<br />

Eine Geschossdecke muss ständige Lasten, wie auch Nutzlasten tragen. Ferner übernimmt<br />

sie eine aussteifende Funktion. Die einzelnen Elemente der Geschossdecke müssen fest<br />

miteinander verbunden werden.<br />

Dächer<br />

Das Dachtragwerk muss so ausgebildet werden, dass es die horizontalen Lasten und die<br />

vertikalen Lasten aufnehmen kann und diese auf den oberen Abschluss der tragenden<br />

Wand übertragen kann. Dazu müssen entsprechende Verankerungen und Verspannungen<br />

vorgesehen werden.<br />

Konstruktive Grundregeln<br />

Ausbildung von Öffnungen in tragenden Wänden ohne signifikante Schwächung der<br />

Widerstandsfähigkeit.<br />

Verbindung von Dach- und Deckenkonstruktionen mit tragenden Wänden.<br />

Entsprechend ausgeführte Verbindung von tragenden und aussteifenden Wänden und<br />

Ausführung von Wandecken durch gleichzeitiges Hochziehen der Wände im Verband.<br />

Wandlängen<br />

Zur Verteilung der Kräfte, die bei einem<br />

Erdbeben entstehen müssen die Wände<br />

folgende Eigenschaften erfüllen. Minimale<br />

Länge:<br />

Li= 0,17 * Ap<br />

dabei ist:<br />

Li: Gesamtlänge der Wand in einer Richtung ohne Öffnungen<br />

Ap: Gesamte Geschossfläche<br />

Symmetrie der Wände<br />

Wände sollten einigermaßen symmetrisch<br />

angeordnet sein und dieser Gleichung<br />

entsprechen:<br />

dabei ist:<br />

Lm: Länge der jeweiligen Wand in Richtung i<br />

b: Lotrechter Abstand von jeder einzelnen Wand bis zur<br />

Außenkante, des Rechtecks, das die Fläche der Geschossdecke<br />

umfasst.<br />

B: Die Gesamtlänge der Gebäudeseite rechtwinklig zur<br />

betrachteten Wand 26,27


Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Konstruktive Maßnahmen im Detail:<br />

Rahmentragwerke<br />

Rahmen sind Tragwerke die Horizontalkräfte<br />

auf Grund ihrer Biegbarkeit während dem<br />

Erdbeben aufnehmen können. Sie erfordern<br />

eingespannte Stützen um Momente zu<br />

leiten.<br />

Biegebeanspruchung von Rahmentragwerken [14]<br />

Ausgesteifte Rahmentragwerke<br />

Die Rahmen können Horizontalkräfte<br />

aufnehmen, indem die diagonalen Bauteile<br />

verbunden werden. Die Aussteifungen<br />

leiten die Kräfte in die angegliederten<br />

Träger, so dass die Träger zusammen wie<br />

ein Fachwerk wirken.<br />

Man unterscheidet exzentrische Aussteifung<br />

und konzentrische Aussteifung. 28,29<br />

Erdbebensichere Rahmentragwerke [15]


Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Konstruktive Maßnahmen im Detail:<br />

Inneneinrichtung<br />

Möbel können umfallen, so dass Inhalte raus fallen und scharfe Kanten Verletzungen<br />

verursachen<br />

Regale, Schränke und Schubladen sichern mit...<br />

- L- oder Z-Konsolen an Wand<br />

- Schrauben (und Passcheiben) durch solide Hinterwände direkt in Wand<br />

- mechanischen oder selbstschließenden Schlößern für Türen und Schubladen<br />

- Endleisten für Regale<br />

- Rücken an Rücken Befestigung freistehender Regale<br />

- Befestigung schwerer Objekte mit dem Regal, auf den Schränken und Tischen<br />

Sicherung von Regalen [16] Sicherung von Schränken und Schubladen [16] Sicherung von schweren Objekten [16]<br />

Sicherung von hängenden Objekten [16]<br />

Ringhaken [16] Sicherung von Deckenleuchten und abgehängten Decken [16]<br />

Hängende Objekte, Deckenleuten, abgehängte Decken<br />

- freie Wandelemente/ Bilderrahmen sichern mit Ringhaken<br />

- Lampen sichern mit Sicherheitskabeln an Abstützteilen<br />

Lampendeckung an Halterung oder Decken direkt befestigen<br />

Erschütterung-resistente Fluoreszentlampen<br />

- abgehängte Decken sichern mit Sicherheitskabeln in regelmäßigem Abstand von Decke<br />

abhängen<br />

justierbare/ federnde Abstandhalter verhindern aufwärtsbewegung<br />

- Kronleuchter, Deckenventilator, hängende Pflanzen sichern mit Sicherheitskabeln<br />

bei Anordnung und Abstand schaukeln beachten


Baukonstruktive Maßnahmen<br />

Konstruktive Maßnahmen im Detail:<br />

Inneneinrichtung<br />

Große Geräte sichern mit...<br />

- Sicherheitskabel und Riemen an die Wand in der Mitte oder oberen Hälfte<br />

- justierbaren/federnden Wasser- und Gasanschlüssen<br />

Warmwasserbereiter<br />

Neben Überschwemmungsgefahren und Wasserschäden besteht die Feuergefahr bei Gas-<br />

Warmwasserbereitern<br />

- seitliche Befestigung im oberen drittel (1/3) und im unteren drittel (1/3)<br />

- justierbaren/ federnden Wasser- und Gasanschlüssen 30<br />

Sicherung von Warmwasserbereitern 1 [16] Sicherung von Warmwasserbereitern 2 [16] Sicherung von Warmwasserbereitern 3 [16]


Traditionelle Architektur und Erdbebensicherheit<br />

Erdbebensicheres Bauen mit traditioneller Architektur<br />

Traditionelle Architektur ist erdbebensicherer. In Gebieten, die von Erdbeben betroffen sind, hat sich die traditionelle Architektur mit regional<br />

erhältlichen Materialien an die Situation angepasst. Erdbebensicherheit ist ein Resultat eines jahrhundertelangen Entwicklungsprozesses<br />

bei dem durch die Destruktion Städte entstanden sind, die besser gegen Erdbeben gerüstet sind.<br />

Holzbauten in Japan<br />

Detaillierte Analysen von Katastrophenschäden beweisen, dass Holzbauten hinreichend gegen Erdbeben gesichert sind, wenn die<br />

entsprechende Konstruktion verwendet wird. Japan hat eine lange Geschichte von Holzarchitektur. Erst die Kombinationen von Baustilen<br />

und die Einführung von Technologien aus Europa und Amerika führen zum Einsturz von vielen Gebäuden. So stürzen viele Holzrahmenbauten<br />

wegen ihren schweren Ziegeldächern ein. Die Holzkonstruktion ist für die größeren Schubkräfte nicht dimensioniert und es führt zu<br />

starken verformenden Kräften in der tragenden Konstruktion.<br />

Das Büro Ove Arup & Partner wurde mit der Tragwerksplanung des Maison Hermés beauftragt. Bei der Entwicklung griffen die Ingenieure<br />

auf das System des Shinbashira für die hölzernen Pagoden zurück. Von den 500 hölzernen Pagoden sind in den letzten 1400 Jahren nur<br />

zwei zerstört wurden.<br />

System des Shinbashira<br />

Pagoden sind mehrgeschossige Holzbauten, die sich durch ihre Schlankheit und den regelmäßigen, meist quadratischen Grundriss<br />

auszeichnen. Jedes Geschoss der Pagode ist durch ein Dach geschützt und steht auf einer Reihe hölzerner Säulen. Da sich das Gebäude<br />

<strong>nach</strong> oben verjüngt, besteht kein Kontakt der Säulenreihen zwischen den Stockwerken und die Geschosse können sich unabhängig<br />

voneinander bewegen.<br />

Während eines Erdbebens heben sich die Säulen auf der Seite des Angriffs vom Boden. Durch die Übertragung des Impulses reagieren die<br />

überliegenden Geschosse, indem sich jedes in die entgegen gesetzte Richtung zum Unter- bzw. Obergeschoss bewegt sich. Die gesamte<br />

Struktur schwingt.<br />

Eine zentrale, hölzerne Säule, der Shinbashira, läuft vom Erdgeschoss bis zur Spitze des obersten Daches und erfüllt die Funktion eines<br />

Bolzen durch die Geschosse. Er verhindert zu starke Bewegungen und das unkontrollierte Ausbrechen der Konstruktionselemente. Sie ist<br />

im Fundament eingespannt, nimmt jedoch unter normalen Umständen kaum Kräfte auf. Durch die tiefe Gründung und sein relativ geringer,<br />

gleichmäßiger Querschnitt besteht nicht die Gefahr eines Ausbrechens. Die Materialeigenschaften des Holzes machen den Shinbashira<br />

außerdem flexibel genug, die auftretenden Vertikalkräfte zu absorbieren, ohne nennenswerte Materialermüdungen aufzuweisen.<br />

Umsetzung auf das Maison Hermés<br />

Unter jeder Stütze sind viskoelastische Dämpfer angebracht. Diese vikoelastischen Dämpfer erlauben der Stütze eine vertikale Bewegung<br />

an der Basis. So heben sich die Stützen im Falle eines Erdebebens wie die Säulen der Pagodendächer leicht an.<br />

Von einer mittleren Stützenreihe, welche unter Normalbedingungen statisch ausreichend wäre, sind die Geschosse abgehängt. Die Stützen<br />

wirken über die gesamte Höhe des Gebäudes und sind in einem massiven Fundament gegründet. Damit wird ein Umkippen des Gebäudes<br />

in Querrichtung verhindert, sowie das Ausbrechen der Stützen. 31,32<br />

Vom System des Shinbashira zum Maison Hermes [17]


Traditionelle Architektur und Erdbebensicherheit<br />

Verbesserungsmaßnahmen für traditionelle Architektur:<br />

Lehmbauten in Mexico<br />

Die Konstruktion, die man heutzutage als Lehmsteinbau oder Adobe kennt, ist das Produkt<br />

einer langen Entwicklung. Die Lehmsteintechnik hat sich im Laufe der Zeit immer weiter<br />

entwickelt. Das Erdbeben vom 30.09.1999, das starke Verwüstungen verursachte und<br />

auch zahlreiche Lehmsteinbauten stark beschädigt hat, bedeutete eine Abwertung der<br />

Lehmbautradition. Gewünscht werden moderne Bauarten, die aber wenig beherrscht und<br />

zudem sehr kostenintensiv sind, wie zum Beispiel Stahlbetonrahmenbau.<br />

Im Gegensatz zu der japanischen Holzbautechniken müssen die vorhandenen<br />

Lehmbautechniken verbessert werden, um mit geringen Mitteln qualitativ hochwertige<br />

Lehmgebäude zu schaffen. Heute wird der Lehmsteinbau häufig in Kombination mit<br />

Stahlbeton- oder Betonelementen und in Kombination mit Holz, Ziegel- oder Naturstein<br />

verarbeitet. Stahlbetonelemente sind in den Fundamenten, als Fenster- und Türstürze<br />

oder Ringbalken zu finden. Holzelemente werden auch als Ringbalken und Fensterstürze,<br />

sowie als Bewehrungselemente eingesetzt.<br />

Bewehrungskonzepte mit Sisalstricken und Holzleisten wurden entwickelt. Sisal, ein<br />

Nebenprodukt der Landwirtschaft, wurde in Form von Stricken beim Mauern in die<br />

Lagerfugen eingelegt. Zur Verstärkung der Gebäudeecken wurden Holzleisten eingebaut.<br />

Um einen guten Mauerwerksverband zu erhalten, müssten profilierte Sondersteine<br />

entwickelt werden. 33,34<br />

Hütte in Bajarequebauweise [18]<br />

Bewehrungseinlagen aus Sisal [18]<br />

Baukonstruktive Ausführung einer Fachwerkwand mit Lehmsteinausfachung [18] Prinzipskizze zur Fugenausbildung [18]<br />

Baukonstruktive Ausführung einer Fachwerkhauswand [18] Anschlussdetail Lehmsteinmauerwerk zur Holzdachkonstruktion<br />

[18]


Bolzenverbindung [19]<br />

Verbindung mit Stahlbändern [19]<br />

Verbindung Fundament-Wand [19]<br />

Traditionelle Architektur und Erdbebensicherheit<br />

Verbesserungsmaßnahmen für traditionelle Architektur:<br />

Bambusbauten in China<br />

Bei den Bambusbauten haben vor allem moderne Verbindungen zur Stabilität<br />

beigetragen.<br />

Stabverbindungen<br />

Nagelverbindungen<br />

Nagelverbindungen finden Verwendung bei leicht beanspruchten Anschlüssen zwischen<br />

Holz und Bambus, z. B. Rähm und Schwelle in einem Wandelement. Sie eignen sich nicht<br />

für die Verbindung von zwei oder mehr runden Bambusstangen. Wegen der Längsfasern<br />

neigt der Bambus beim Einschlag von Nässe zum Reißen. Nagelverbindungen dienen in<br />

der Regel nur zum temporären Befestigen während Bauarbeiten aber nicht als dauerhafte<br />

Lösung.<br />

Bolzenverbindungen<br />

Alle Rohrabschnitte mit Bolzen müssen mit Mörtel verfüllt werden. Um das Segment<br />

vollständig zu füllen, muss der Mörtel genügend fließfähig sein. Zum Verfüllen einzelner<br />

Bambussegmente bohrt man den Bambus an zwei Stellen an und füllt Mörtel mit einem<br />

Trichter oder einer kleinen Pumpe ein. Durch die zweite Öffnung kann Luft entweichen.<br />

Verbindungen mit Stahlbändern<br />

Mit dieser Verbindung erstellt man gelenkige Anschlüsse. Bei Verbindungen, die auf Zug<br />

belastet werden muss der verwendete Flachstahl eine höhere Zugfestigkeit aufweisen als<br />

die verbundenen Elemente. Der Knoten darf keine größere Zugkraft als 10 kN (1000 kg)<br />

erhalten.<br />

Strukturelle Verbindungen<br />

Bei Bambusfertigteilbauten ist die Verbindung der Elemente innerhalb eines Wandelementes<br />

von untergeordneter Bedeutung und kann daher auch genagelt werden. Im Gegensatz<br />

dazu sind die Anschlüsse der Fertigteile untereinander sowie an Fundament und Dach<br />

strukturell wichtig.<br />

Folgende Anschlüsse werden unterschieden:<br />

Verbindung Fundament-Wand<br />

Aufgehende Mauern müssen direkt mit dem Fundament verbunden sein, entweder direkt<br />

mit dem Streifenfundament oder mit einem aufbetonierten Sockel. Es empfiehlt sich, die<br />

unterste Schwelle aus Schnittholz erstellen, da Bambus Querkräfte schlecht aufnehmen<br />

kann.


Traditionelle Architektur und Erdbebensicherheit<br />

Verbesserungsmaßnahmen für traditionelle Architektur:<br />

Bambusbauten in China<br />

Verbindung mit Schwellen aus Bambus<br />

In diesem Fall muss die Mauer mit vertikalen Verbindungselementen angeschlossen<br />

werden, genau wie beim Anschluss von Bambusstange. Der Bambus darf nicht mit dem<br />

Boden, dem Beton oder Mauerwerk in direktem Kontakt stehen. Daher ruht der Bambus<br />

auf einem Stützenfuß aus Metall oder einem anderenwasserfesten Material. Die Lasten<br />

werden über den Stützenfuß auf das Fundament übertragen.<br />

Zugkräfte werden über eine Bolzenverbindung übertragen. Der Bolzen durchdringt das<br />

erste<br />

oder zweite Bambussegment. Dieses und das darunterliegende Segment wird mit<br />

Mörtel gefüllt, wozu es unten mit einem Knoten abschließen muss. Der Bolzen wird<br />

über Flachstahlanker oder Rundstahllaschen, die in das Fundament eingegossen sind,<br />

mit diesem verbunden. Diese Verbindung überträgt nur Zug und ist eine Ergänzung des<br />

Stützenfußes. Es ist nicht nicht nur an einer Stütze in beiden Achsenrichtungen Zuganker<br />

anzubringen. Der Stützenfuß muss auch Schubkräfte vom Bambus auf das Fundament<br />

übertragen. Dazu muss die Bambusstütze eingefasst werden. Ein solches eingespanntes<br />

Auflager muss mindestens alle 4 Meter, an den Ecken des Gebäude an großen Öffnungen<br />

eingebaut werden. Am besten eignet sich dafür ein Metallrohr mit mindestens 3,2 mm<br />

Wandstärke, in welches das Ende des Bambus eingebaut wird. Dieses Rohr wird in das<br />

Fundament eingegossen. Um eine schub- und zugfeste Verbindung erhalten kann man auch<br />

die Bambusstange direkt in das Fundament setzen. Dabei muss allerdings eine bituminöse<br />

Abdichtung als Trennung zwischen Bambus und Beton eingebaut werden. 35<br />

Verbindung mit Schwellen aus Bambus 1 [19]<br />

Verbindung mit Schwellen aus Bambus 2 [19]


Kraft auf Isolierung [20]<br />

Fundamententkopplung [17]<br />

Elastomerisolator [20]<br />

Fundamententkopplung<br />

Das Bauwerk wird von dem Untergrund entgekoppelt. Diese, auch als Erdbebenisolierung<br />

bezeichnete Methode begrenzt automatisch die in das Bauwerk eintretende Energiemenge<br />

bzw. schwächt diese erheblich ab. Je <strong>nach</strong> Isolatortyp, wird nicht nur die vertikale Auflastübertragung<br />

erbracht, sondern auch die notwendige Rückstellkapazität während und <strong>nach</strong><br />

einem Erdbeben. Die Rückstellung bedeutet, dass die während des Erdbebens verschobene<br />

Bauwerksstruktur automatisch wieder in die Ausgangsposition zurückgezogen wird,<br />

wodurch aufkumulierte Bauwerksverschiebungen in eine Richtung verhindert werden. 36<br />

Lagerungselemente für eine Basisisolation<br />

Moderne Erdbebenarchitektur<br />

Elastomerisolatoren<br />

1. Elastomerisolatoren mit niedriger Dämpfung (LDRB)<br />

Elastomerisolatoren mit niedriger Dämpfung bestehen aus mehreren übereinanderliegenden<br />

Schichten von Stahlblechen, die durch ein spezielles Elastomer verbunden sind.<br />

Die Isolatoren übertragen die Vertikallasten aus dem Bauwerk bei gleichzeitiger Verdrehbarkeit<br />

und automatischer Rückstellung. In vielen Fällen kann jedoch mit dem alleinigen<br />

Einsatz keine ausreichende Energiedissipation im Erdbebenfall erreicht werden<br />

2. Elastomerisolatoren mit hoher Dämpfung (HDRB)<br />

Elastomerisolatoren mit hoher Dämpfung besitzen ein Elastomer mit hochdämpfenden<br />

Eigenschaften. Diese High Damping Rubber (HDR) besitzen eine gesteigerte Berührungsfläche<br />

zwischen Elastomermolekül und Füllstoff.<br />

3. Elastomerisolator mit Bleikern (LRB)<br />

Bei einem Elastomerisolator (LRB = Lead Rubber Bearing) mit Bleikern wird wie bei üblichen<br />

Elastomerisolatoren die Vertikalkraft über das Elastomer abgetragen. Zur Erhöhung<br />

der Dämpfung auf bis zu ca. 40% werden zusätzlich ein oder mehrere Bleironden vertikal<br />

im Elastomer eingesetzt. 36


Moderne Erdbebenarchitektur<br />

Gleitisolatoren<br />

Gleitisolatoren bestehen aus einer unteren und oberen Lagerplatte und einem zwischengeschalteten,<br />

spherischen MSM-Gleitschuh. Diese Lager übertragen vertikale Lasten bei<br />

horizontaler Verschieblichkeit auf einer Gleitfläche. Um die individuellen Anforderungen<br />

verschiedener Bauwerke an die Dissipation zu erfüllen, werden die Reibbeiwerte je <strong>nach</strong><br />

Anforderung individuell an die Bauwerke angepasst.<br />

Generell wird zwischen zwei unterschiedlichen Typen von Gleitisolatoren unterschieden:<br />

- Typ SI: Isolator ohne Rückzentrierung.<br />

- Typ SIP und SIP-D: Isolator mit Rückzentrierung.<br />

1. Gleitisolator ohne Rückzentrierung (SI)<br />

Die Gleitisolatoren vom Typ SI (= Sliding Isolator) ohne Rückzentrierung besitzen eine horizontale<br />

Gleitplatte, die eine Verschiebung erlaubt und dabei mittels definierter Reibung<br />

zwischen den Gleitpartnern Energie dissipiert wird. Je <strong>nach</strong> Aufbau des Über und Unterbaus<br />

ist auch eine um 180° gedreht („upside down“) Anordnung des Isolators möglich<br />

2. Gleitpendelisolator mit Rückzentrierung (SIP)<br />

Gleitpendelisolator mit Rückzentrierung oder auch SIP (Sliding Isolation Pendulum) genannt,<br />

besitzen im Gegensatz zu den Gleitisolatoren eine konkave Gleitplatte. Bedingt<br />

durch die Geometrie hat jede horizontale Verschiebung auch eine vertikale Isolatorbewegung<br />

zur Folge. Dadurch wird ein Teil der einwirkenden kinetischen Energie in potentielle<br />

Energie umgewandelt. Der Ausgleich der potentiellen Energie, welche durch die <strong>nach</strong> oben<br />

gedrückte Überbaustruktur gespeichert wurde, bewirkt automatisch eine Rückführung<br />

bzw. Rückzentrierung des Lagers in die Mittelposition<br />

3. Doppel-Gleitpendelisolator mit Rückzentrierung (SIP-D)<br />

Bei Doppel-Gleitpendelisolatoren (SIP-D) mit Rückzentrierung bewegt sich der Gleitschuh<br />

zwischen zwei symmetrischen konkaven Lagerplatten. Dadurch können diese Isolatoren<br />

gegenüber den einfachen Gleitpendelisolatoren (SIP) bei gleichem Durchmesser den doppelten<br />

Verschiebeweg leisten.<br />

Hydraulische Koppelungs- und Dämpfungselemente<br />

Die Schock Transmitter – auch Shock Transmission Units genannt – sind wartungsfreie<br />

hydraulische Vorrichtungen, um Strukturen.<br />

Treten zwischen den verbundenen Bauwerksteilen schlagartige Beschleunigungen, z.B.<br />

aufgrund von Erdbeben oder Bremskräften usw. auf, welche zu Bewegungsgeschwindigkeiten<br />

über 0,1 mm/s führen, reagiert der Schock-Transmitter mit einer Kraftantwort, d.h.<br />

er lässt nun keinerlei Bewegungen zwischen den verbundenen Bauwerksteilen zu. Es entsteht<br />

eine rigide Verbindung. Das hydraulische Fluid im STU kann bei diesen schnellen bzw.<br />

schlagartigen Bewegungen nicht von einer Kolbenseite zur anderen strömen, wodurch der<br />

STU Bewegungen blockiert. 36<br />

Gleitpendelisolator [20]<br />

Gleitpendelisolator [20]<br />

Gleitpendelisolator [20]<br />

Schocktransmitter [20]


Schocktransmitter [20]<br />

Dämpfer [20]<br />

Schock-Transmitter mit Überlastschutz (STL)<br />

Moderne Erdbebenarchitektur<br />

Schock-Transmitter können zusätzlich mit einem Kraftbegrenzer bzw. Überlastschutz ausgestattet<br />

werden. Dieser begrenzt die maximale Limit-Kraftantwort (Fl) auf einen individuell<br />

einstellbaren Maximalwert. Wird der Maximalwert der Antwortkraft aufgrund übermäßiger<br />

Energiezufuhr erreicht, ermöglicht ein „intelligenter“ Kontrollmechanismus eine<br />

Bewegungen des STL. Die Antwortkraft wird dabei stets konstant auf dem, zuvor festgelegten<br />

Maximalniveau gehalten, wobei die Bewegungsgeschwindigkeit keine Rolle spielt.<br />

Der STL stellt sicher, dass im Gegensatz zum STU alle Schock-Transmitter gleichmäßig<br />

und gleichzeitig belastet werden, bzw. weder das Bauwerk noch das Bauteil aufgrund von<br />

unterschiedlichem Ansprechverhalten von Schock-Transmittern an unterschiedlichen<br />

Bauwerksstellen beschädigt wird.<br />

Dämpfer (MHD)<br />

MHDs sind Komponenten, die Bewegungen (aus Temperaturänderungen, Kriechen,<br />

Schwinden etc.) im Servicelastfall des Bauwerks zulassen, ohne dabei signifikante Antwortkräfte<br />

zu erzeugen. Treten jedoch schnelle Bewegungen auf, werden größtmögliche<br />

Energiemengen dissipiert, d.h. die Bewegungsenergie wird im Dämpfer in Wärme umgewandelt.<br />

Sehr langsame Bewegungen aus Temperaturdifferenzen oder ähnlichem erzeugen<br />

keine nennenswerten Antwortkräfte innerhalb des MHD. Das hydraulische Fluid kann<br />

im Inneren des MHD von einer Kolbenseite zur anderen strömen. Während des Lastfalls<br />

Erdbeben, Verkehr oder ähnlich, ermöglicht ein intelligentes Steuerungssystem Relativbewegungen<br />

zwischen den verbundenen Bauwerksteilen, wobei die Antwortkraft stets auf<br />

einem konstanten Niveau gehalten wird. 36<br />

Viskodämpfer<br />

Die Wirkung von Viskodämpfern beruht auf der Reibung in einer Flüssigkeit, die Reibungskraft<br />

hängt von der Schergeschwindigkeit und der Zähigkeit des Mediums ab. Als Medien<br />

kommen Öle, Bitumen und andere hochviskose Stoffe zum Einsatz.<br />

Als Sonderfall gelten viskoelastische Dämpfer.<br />

Ein solches viskoelastisches Material ist der „hüpfende Kitt“. Schlägt man mit einem Hammer<br />

kurz und kräftig auf den Kitt, springt der Hammer regelrecht zurück und der Kitt behält<br />

seine Form. Übt man jedoch langanhaltend Druck auf das Material aus oder lässt es<br />

einfach eine zeitlang liegen, findet eine Verformung des viskoelstischen Materials statt. 31<br />

Viskodämpfer [17] hüpfender Kit [17]


Moderne Erdbebenarchitektur<br />

Bauwerksdehnfugen für Erdbeben<br />

Die Schwenktraversendehnfuge vom Typ DS wurde speziell für den Einsatz in Erdbebengebiete<br />

konzipiert. Während eines Erdbebens sind die konventionellen Anforderungen des<br />

Gebrauchszustandes nicht relevant.<br />

Wesentlich wird jedoch<br />

die Aufrechterhaltung der Bauwerksnutzbarkeit <strong>nach</strong> dem Beben zumindest für Notfahrzeuge,<br />

der Schutz des Bauwerks vor Anprallschäden durch schließende Bewegungen während<br />

des Bebens, sowie<br />

die Vermeidung eines offenen Bauwerksspaltes aufgrund zu großer Öffnungsbewegungen.<br />

Schließt sich die Dehnfuge oder der Bauwerksspalt zu stark, kommt es zu Schäden oder<br />

zum Versagen des Bauwerks. Für diesen Fall wurde zusätzlich eine sogenannte Fuse Box<br />

entwickelt. Die daran befindliche Sollbruchstelle ermöglicht einen kontrollierten Bruch<br />

der Verankerungskonstruktion bei einer definierten Versagenslast. 36<br />

Geregelte Schwingungstilger<br />

Das Schwingungsverhalten von Hochhäusern wird dadurch kontrolliert, dass daran eine<br />

oder mehrere Zusatzmassen gekoppelt werden. Diese schwingen mit gleicher oder unterschiedlicher<br />

Frequenz und in entgegengesetzte Richtung. Die Ankopplung der Zusatzmasse<br />

am System erfolgt mit Hilfe von federnden Elementen oder einer Pendelverbindung.<br />

Die Tilgung der Schwingung erfolgt entweder mit massiven Schwingungselementen oder<br />

es findet eine Tilgung mit flüssiger Masse statt, das heißt durch einen mit Flüssigkeit gefüllten<br />

Behälter.<br />

Hochhäuser mit großer Schlankheit, Turmbauwerke oder schlanke Schornsteine werden<br />

gezielt an einer oder mehreren Stellen mit Tilgern ausgestattet. 37<br />

Tilgerpendel<br />

Tilgerpendel sind gedämpft aufgehängte Pendel in hohen Gebäuden, um deren Schwankungsbewegung<br />

zu vermindern. Sie dienen dazu, die insbesondere von Wind, aber auch von<br />

Erdbeben und menschlichen Einflüssen erzeugten Gebäudeschwingungen aufzufangen,<br />

in Bewegungsenergie der Pendelmasse umzuformen und in einer darauf abgestimmten<br />

meist hydraulischen Dämpfung in Wärme zu verwandeln.<br />

Das gegenwärtig größte Tilgerpendel der Welt (660 t) befindet sich im Hochhaus Taipeh<br />

101.<br />

Flüssigkeitstilger<br />

lassen sich auch in bestehende schwingungsanfällige Hochbauten relativ einfach<br />

und kostengünstig einbauen. Im Entwurfsstadium können die Tilger in die tragende<br />

Konstruktion integriert werden. Auch aktive Regulierung durch Gas möglich.<br />

38,39<br />

Dehnugsfuge mit Fuse box [20]<br />

Tilgerpendel Taipei 101 [21]<br />

Flüssigkeitstilger [22]


Tokio <strong>nach</strong> Kanto Erdbeben im September 1923 [23]<br />

Slumgebiet in Manila/ Philippinen [24]<br />

Türkei 1999 [25]<br />

Die Gefahr bei Erdbeben in Städten besteht nicht nur im Kollabieren von Gebäuden, das<br />

Menschenleben fordert und obdachlos macht, sondern betrifft auch weitreichend die<br />

Infrastruktur einer Stadt.<br />

Prinzipiell können sich <strong>Naturkatastrophen</strong> und Störfälle auf folgende Netzinfrastrukturen<br />

auswirken.<br />

Verkehrsnetze<br />

Straßennetz, Schienennetzwerk und Bahnhöfe, Flughäfen, Binnenwasserstraßen und<br />

Häfen<br />

Kommunikationsnetze<br />

Städtebäuliche Maßnahmen<br />

Auswirkungen von Erdbeben auf Stadtstrukturen<br />

Versorgungsnetze<br />

Elektrizität, Wasserversorgungsnetz und -entsorgungsnetze, Gasleitungen, Heizwärme,<br />

Rohrleitungen (Pipelines)<br />

Eine gestörte Infrastruktur erschwert Rettungs-, Aufräum- und <strong>Wiederaufbau</strong>arbeiten.<br />

Opfer sind in zweiter Folge von Kälte, Hunger, fehlender medizinischer Versorgung, Bränden<br />

und fehlender Fluchtmöglichkeit bedroht. Ein Zusammenbruch der Wasserversorgung und<br />

des Abwassersystems kann zur Verbreitung von Krankheiten führen. 40<br />

Erhöhtes Risiko in Slumgebieten<br />

Aufgrund ihrer hohen Dichte sind besonders Armutsviertel betroffen.<br />

Schwarzbauten in slumartigen Siedlungen erfüllen natürlich keine Erdbebenschutz-<br />

, oder Brandschutzmaßnahmen. Die Gebäude verfügen über keine Fluchtwege, die<br />

Strassenführung ist oft verschlungen. Technisch nicht korrekt verlegte Gas-, Elektrizitäts-<br />

und Wasserleitungen versagen schneller und stellen eine zusätzliche Gefahrenquelle dar.<br />

Das Kochen über offenem Feuer erhöht die Brandgefahr.<br />

Zusätzlich mangelt es oft an Aufklärung, über korrektes Verhalten bei Erdbeben.<br />

Beispiel:<br />

Der Nordwesten der Türkei wies 1999, als mehrere Erdbeben auftraten, die höchste<br />

Bevölkerungsdichte des Landes auf. In der Gegend des Epizentrum des Erdbebens lebten<br />

zu dieser Zeit 260 Menschen pro Quadratmeter. 41


Städtebäuliche Maßnahmen<br />

Planungskriterien und Standortfrage<br />

Entzerrung der Bebauungsdichte<br />

- Vermeiden des gegenseitigen Gefährdens von Gebäuden (Übersprung von Bränden,<br />

Mitreißen im Einsturzfall)<br />

- Offene Flächen anlegen, evtl. als Parks und Landschaftsarchitektur (Platzgestaltung)<br />

um Fluchtraum (wohin wenn ein Gebäude ein zustürzen droht?) zu schaffen, Fläche<br />

für temporäre Unterkünfte, Versorgungseinheiten und Lagermöglichkeiten für dem<br />

Katastrophenfall im städtebaulichen Entwurf berücksichtigen<br />

- breite Straßenzüge schränken im Schadensfall den Verkehr weniger ein, Hilfsmaßnahmen<br />

können effektiver ausgeführt werden 42<br />

Infrastruktur<br />

- Standorte für Versorgungsstationen (Kraftwerke) müssen besonders umsichtig gewählt<br />

werden<br />

- Lage und Sekundärkonstruktionen für Versorgungsleitungen (Elektrizität, Gas, Wasser,<br />

Abwasser) sind <strong>nach</strong> Kriterien der Erdbebensicherheit zu wählen<br />

- Versorgungseinheiten (Löschstationen, Wasserreservoirs) und medizinische Einrichtungen<br />

sind auf den ganzen Siedlungsraum nicht zentral sondern gleichmäßig verteilt zu planen 43<br />

Erdbebengefährdete Gegenden können geologisch und geographisch erkannt werden.<br />

Ein starker Bevölkerungszuwachs, sowie Städtebau und Stadterweiterung sind in solchen<br />

Gegenden zu vermeiden.<br />

Für den <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> einem Erdbeben ist daher zunächst die Standortfrage zu<br />

klären:<br />

- für den Ort ist das allgemeine Erdbebenrisiko zu erfassen,<br />

- die jeweiligen Konsequenzen sind zu analysieren, wozu eine Analyse des möglichen<br />

Verhaltens bestehenderGebäude und Infrastrukturen im Falle eines Erdbebens<br />

(Anfälligkeitsstudie) gehört. 44<br />

Mikrozonierung<br />

Die Auswirkungen eines Erdbebens auf ein Gebäude oder eine Anlage sind nicht nur von<br />

der im Herd abgestrahlten Energie (Magnitude) abhängig sondern in besonderem Masse<br />

auch von der Beschaffenheit des lokalen Untergrundes. Eine Mikrozonierung dient dazu, die<br />

lokalen geologischen und geotechnischen Eigenschaften des Untergrundes zu erfassen und<br />

direkt in die zu erwartende Verstärkung oder Abschwächung der Erdbebenerschütterungen<br />

umzusetzen. Die Resultate solcher Mikrozonierungsstudien werden in detaillierten Karten<br />

dargestellt und erlauben es dem Bauingenieur, die Bauten gezielt im Hinblick auf die zu<br />

erwartenden Erdbebeneinwirkungen zu dimensionieren. In der Schweiz sind in den letzten<br />

Jahren mehrere Pilotstudien zur Mikrozonierung durchgeführt worden, so im Kanton<br />

Obwalden, im Sankt Galler Rheintal, im Unterwallis und in Basel. 45<br />

Erdbebengebiete in der Türkei [26]<br />

Generierung von Bodenparameter-Karten [27]<br />

Numerische Modellierung der Bodenantwort [27]


Umlaufender Sandgraben als Pufferzone [28]<br />

Städtebäuliche Maßnahmen<br />

Konstruktive Maßnahmen<br />

- Erschütterungen, die sich wellenartig vom<br />

Epizentrum des Erdbebens in Richtung<br />

urbane Strukturen bewegen können durch<br />

zum Beispiel mit Sand gefüllte Gräben<br />

abgeschwächt werden. Federnde<br />

Erdstruktur fördert die Ausweitung von<br />

Erschütterung.<br />

Es kann Stadtmauerähnlich ein Graben um<br />

ein ganzes Siedlungsgebiet angelegt<br />

werden. Dies kann für Erdbebenwellen der<br />

Erdoberfläche funktionieren, da die tiefe<br />

solcher Gräben beschränkt ist. Auch muss<br />

die Länge solcher Gräben diejenige der<br />

üblichen Wellenlänge eines Erdbebens in<br />

der jeweiligen Region übersteigen.<br />

- Es ist zu überlegen ob einzelne Blöcke im<br />

Siedlungsgebiet durch ähnliche Gräben<br />

voneinander getrennt werden können, um<br />

die Übertragung von Schwingungen zu<br />

unterbrechen.<br />

- Da die verheerendsten Schäden von<br />

Oberflächenwellen ausgehen sind<br />

Gebäude besonders tief zu gründen.<br />

Möglich wäre, ganze Gebäudeblöcke auf<br />

gemeinsame, extrem tief gegründete<br />

Ebenen zu planen.<br />

- Das Prinzip >schwimmender Städte<<br />

wäre als System für gefährdete zu<br />

überlegen. Es könnte sich um in Sand<br />

gleitend gebettete Siedlungseinheiten<br />

handeln. 46


Städtebäuliche Maßnahmen<br />

Risikomanagement im städtischen <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Beispielhafte Frageliste:<br />

Reaserch<br />

- Schäden und ihre Auswirkung auf die Landnutzung (Eigentumsverhältnisse,<br />

Nutzungsrechte)<br />

- poitische und wirtschaftliche Situation<br />

Siedlungsform einschätzen<br />

- Welche Art sozialer Gemeinschaft ist betroffen? (urban, ländlich, suburban,...)<br />

- Soziale und wirtschaftliche Charakteristika der betroffenen Kommune, Ressourcen,<br />

Stabilität<br />

- welche Verbindungen und Bindungen bestehen zur unmittelbaren Umgebung? (Verkehr,<br />

Kommunikation, Wirtschaft)<br />

Schäden aufnehmen<br />

- Funktion der jeweils zerstörten Gebäude aufnehmen und präzisieren: (Geschäftshaus,<br />

Wohnhaus, Dienstleistungsgewerberäume, Niedrig-Einkommen-Wohnung,...)<br />

- Spezifische häusliche, kommerzielle oder industrielle Aktivitäten herausfinden, die eine<br />

spezielle Infrastruktur und Räumlichkeit brauchen<br />

- Sind Regierungsgebäude betroffen, wie beeinflusst das die Hilfsmaßnahmen?<br />

- Wie zugänglich ist die betroffene Region, politisch, strukturell?<br />

- Trümmerbeseitigung wo, wann, wie, wer?<br />

- Wird der <strong>Wiederaufbau</strong> Änderungen in der Bevölkerungsdichte, dem charakteristischen<br />

Gebäudebestand, die städtebauliche Struktur, dem üblichen Entwicklungsmuster<br />

erfordern?<br />

Schadensmuster<br />

1. Schadenskarte erstellen, Schäden den geologischen Gefährdungsbereich und<br />

den Nutzungsplan gegenüberstellen<br />

2. Sind die Schäden verteilt oder konzentriert?<br />

3. Schadensprofile erstellen: wie viele Wohnungen, Geschäfte, Industriegebiete<br />

4. Sozial relevante Örtlichkeiten identifizieren: dichte Wohnviertel, Krankenhäuser,<br />

Feuerwehr- und Polizeistationen, Verkehrsnetze, Militär- und Regierungsgebäude,<br />

Schulen, historisch wertvolle Gebiete<br />

5. Gibt es Finanzierungsfonds für die oben genannten Einrichtungen<br />

6. Wie werden Grund- und Hauseigentümer, sowie Geschäftsführer und<br />

Denkmalpflegebehörden in die Entscheidungen über Abrisse einbezogen?<br />

7. Wie verhält sich die Bevölkerungsentwicklung in den betroffenen Gebieten?<br />

8. Einschätzung der obdachlos gewordenen Haushalte, wie viele Personen konnten<br />

untergebracht werden (Notunterkünfte, Verwandte Freunde)? Wohin haben sie sich verteilt,<br />

wann können sie in ihre Häuser zurück?<br />

9. Wo befinden sich Notunterkünfte?<br />

10. Wie war die wirtschaftliche Situation vor dem Erdbeben, abnehmend, zunehmend,<br />

gleichbleibend?


Städtebäuliche Maßnahmen<br />

Risikomanagement im städtischen <strong>Wiederaufbau</strong><br />

Politischer Kontext<br />

1. Politischen Kontext des Gebiets untersuchen und beschreiben. Vor und <strong>nach</strong><br />

dem Erdbeben gegenüberstellen; Organisationen, Vereine und Behörden<br />

identifizieren<br />

2. Interessengruppen mit identifizieren (Religionsgemeinschaften,<br />

Nachbarschaftsvereine, Geschäftsvereinigungen, ethnische Gruppen,...) und ihre<br />

Interessen untersuchen<br />

3. Am stärksten betroffene Gruppen und Gründe dafür identifizieren<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>kapazitäten<br />

1. Über welche Ressourcen verfügt die Region? (Material, Arbeitskräfte, Kapital)<br />

2. Welche Organisationen haben sich für den <strong>Wiederaufbau</strong> gegründet?<br />

3. Wer steuert diese?<br />

Schadensbegrenzung und Vorsorge<br />

1. In welchem Ausmaß wurden Erdebenschutzmaßnahmen vor dem Erdbeben<br />

getroffen? Verminderten diese Maßnahmen Schäden?<br />

2. Ursachen analysieren, die zur Schadensminderung geführt haben<br />

3. Gab es Gebiete und Gebäude die von Schäden ausgenommen wurden, welche<br />

Schlüsse können wir auf zukünftige Planung schließen?<br />

4. Typische Erdbebenverläufe in der Vergangenheit feststellen 47


Notfallbehausungen<br />

Notfallbehausungen für Erdbeben<br />

The Paper Log House<br />

Shigeru Ban entwarf 21 neue Häuser für die<br />

Erdbebenopfer des Erdbebens in Kobe im<br />

Januar 1995. In sechs Stunden können diese<br />

Häuser montiert werden aus Papierröhren,<br />

PVC-Folie, Sandsäcke, Sperrholzplatten<br />

und Bierkästen aus Polypropelen (um den<br />

Bau von der feuchten Erde zu trennen).<br />

Das Fundament besteht aus den Bierkästen,<br />

die Wände aus Kartonröhren und das<br />

Dach aus der PVC-Folie. Die Einheit ist<br />

nicht erdbebensicher, aber die leichte<br />

Konstruktion kann bei einem Einsturz keine<br />

Verletzungen verursachen.<br />

Mit seiner Grundfläche von 16 Quadratmeter<br />

pro Einheit ist das House so groß, wie<br />

Standard Flüchtlingseinheit der UNHCR. 48<br />

Eco-Domes<br />

Der im Iran geborene Architekt Nader<br />

Khalili (California Institute of Earth Art<br />

and Architecture) und der Ingenieur P.J.<br />

Vittore entwarfen die wetterfesten und<br />

umweltfreundlichen ‚Eco-Domes‘. Sie<br />

wurden <strong>nach</strong> dem Bam Erdbeben am 26<br />

Dezember 2003 eingesetzt und haben<br />

seitdem eine wachsende Bedeutung<br />

für kurzfristigen, mittelfristigen<br />

und sogar langfristigen Einsatz in<br />

Katastrophengebieten. Die Häuser sind <strong>nach</strong><br />

den kalifornischen Erdbebenvorschriften<br />

gebaut. Durch Schichtung von<br />

erdgefüllten, patentierten Eco-Taschen<br />

in einer geometrischen Anordnung mit<br />

Velcro-ähnlichen Stacheldraht, dass die<br />

Erdbebenkräfte aushalten kann. Die Eco-<br />

Domes können unterschiedliche Formen<br />

annehmen und in Nachbarschaftsanordnung<br />

hingestellt werden. 49<br />

Paper Log House von Shigeru Ban [29]<br />

Eco-Domes von Nader Khalili und P.J. Vittore [30]<br />

erdgefüllte, patentierte Eco-Taschen<br />

Stacheldraht


Fazit<br />

Auch wenn die Entwicklung von Maßnahmen zur Prävention von größeren Schäden durch<br />

Erdbeben stetig voran schreitet sieht man doch immer wieder bei aktuellen Ereignissen,<br />

dass man noch lange nicht genug machen kann, um den Schaden abzuwenden.<br />

Frühwarnsysteme funktionieren zwar immer besser, doch lassen sie den Bewohnern nicht<br />

genug Zeit, um sich wirklich in Sicherheit zu bringen, da die Zeitspanne zwischen Alarm<br />

und Beben zu kurz ist. Auch stellt sich hier die Frage, ob ein zu vorzeitiges Warnen nicht zu<br />

Paniksituationen führt und somit auch großen Schaden anrichtet, vor allem bei<br />

Fehlmeldungen.<br />

Auch Notfallpläne und Hilfsorganisationen sind zwar sehr bemüht, aber die Koordination<br />

zwischen den unterschiedlichen Organisationen müsste besser funktionieren, um vor<br />

allem beim <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> Katastrophen besser zum tragen zu kommen.<br />

Baukonstruktive Entwicklungen helfen immer mehr um Gebäude vor Erdbeben zu schützen,<br />

wobei man hier immer auch die traditionelle Architektur in betroffenen Gebieten mit<br />

einbeziehen muss, da jegliche moderne Entwicklung ihren Ursprung in der Geschichte<br />

hat.<br />

Es gibt auch städtebauliche Ansätze die helfen könnten, wobei diese Ansätze meist unrealistisch<br />

in der Umsetzung scheinen. Hier liegt wohl auch das größte Problem, gerade in ärmeren<br />

Gebieten herrscht eine hohe Bebauungsdichte und eine schlechte Bausubstanz und<br />

Infrastruktur, was dann auch zu schwerwiegenderen Schäden führt. Um richtig handeln zu<br />

können muss man alle wirtschaftlichen, sozialen und politischen Missstände registrieren<br />

und dementsprechend handeln. Es stellt sich die Frage, ob und wie städtebauliche Entwicklung<br />

unterschiedliche Ansprüche und ungleiche Machtverhältnisse bewältigen kann.<br />

Allgemein kann man aber sagen, dass die technische Entwicklung auf dem richtigem Weg<br />

ist, da vor allem bei Neubauten und Hochhäusern der Fortschritt für Erdbebensicherheit<br />

sorgt und so kaum gravierende Schäden entstehen. Klar wird die Komplexität im Umgang<br />

mit dem Bau in Erdbebengebieten und dem WIederaufbau <strong>nach</strong> Erdbeben für den versntwortlichen<br />

Architekten.


Quellen<strong>nach</strong>weis:<br />

1. http://de.wikipedia.org/wiki/erdbeben<br />

2. http://www.brockhaus.de/aktuell/thema.php?t_id=80&jahr=2002<br />

3. http://www.planat.ch/index.php?nav=4,167,167,167<br />

4. http://www.uni-potsdam.de/u/putz/okt98/22.htm<br />

5. http://wwwsoc.nii.ac.jp/ssj/publications/SAISIN/saisin10E.html<br />

6. http://www.innovations-report.de/html/berichte/geowissenschaften/bericht-18174.html<br />

7. http://www.iais.fraunhofer.de/815.html<br />

8. http://pasadena.wr.usgs.gov/step/<br />

9. http://fm-eth.ethz.ch/eth/media/FMPro?-db=pressemitteilungen.fp5&-lay=html&-format=pr_<br />

detail_de.html&pr_id=2005-36&-find<br />

10. http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/index,page=2314568.html<br />

11. http://www.marcellosendos.ch/sav/<br />

12. http://www.usgs.gov<br />

13. http://www.gfz-potsdam.de/<br />

14. http://www.jma.go.jp/jma/indexe.html<br />

15. http://de.wikipedia.org/wiki/JMA-Skala<br />

16. http://www.grk802.tu-braunschweig.de/links/PiefkeSperbeckUrban2006_RMpaper_V4.pdf<br />

17. http://www.cedim.de/13.php<br />

18. http://www.cedim.de/1017.php<br />

19. http://www.iccsafe.org/cs/<br />

20. http://www.acs-aec.org/Documents/Disasters/Projects/ACS_ND_001/MEXICsce.pdf<br />

21. http://www.eurocode-online.de/cmd?level=tpl-gefsuchergebnis<br />

22. http://www.ircc.gov.au/pdf/Japan_structure.pdf<br />

23. http://www.iccsafe.org/government/kits/EarthquakeKit.pdf<br />

24. http://bambus.rwth-aachen.de/de/PDF-Files/Erdbebensicheres%20Bauen%20mit%20Bambus<br />

25. http://www.hochbau.tuwien.ac.at/uploads/media/Kapitel_2_Einwirkungen2005WS.pdf<br />

26. http://bambus.rwth-aachen.de/de/PDF-Files/Erdbebensicheres%20Bauen%20mit%20Bambus<br />

27. http://www.iccsafe.org/government/kits/EarthquakeKit.pdf<br />

28. http://www.kuleuven.ac.be/bwk/materials/Teaching/master/wg17/l0500.htm#SEC_3<br />

29. http://www.livingsteel.org/structural-safety-10<br />

30. http://www.iccsafe.org/government/kits/EarthquakeKit.pdf<br />

31. http://btu-tragwerkslehre.de/doc/erd_read2.pdf<br />

32. http://www.innovations-report.de/html/berichte/architektur_bauwesen/bericht-46982.html<br />

33. http://www.tek.tu-berlin.de/forschung/lehmbau/lehmbau%20in%20erdbebenregionen/<br />

bericht_gasparini.htm<br />

34. http://www.tek.tu-berlin.de/forschung/lehmbau/lehmbau%20in%20erdbebenregionen/pdf/<br />

lehmbautadition.pdf<br />

35. http://bambus.rwth-aachen.de/de/PDF-Files/Erdbebensicheres%20Bauen%20mit%20Bambus<br />

36. http://maurer-soehne.de/de/Bruecken/Erdbeben/Files/Erdbebenschutz.pdf<br />

37. http://de.wikipedia.org/wiki/Schwingungstilger<br />

38. http://www.bauwesen.tuwien.ac.at/forschung/details/news/baudynamik-wind-und-<br />

erdbebeningenieurwesen.html?tx_ttnews%5BbackPid%5D=227&cHash=d9e75c2f61<br />

39. http://publik.tuwien.ac.at/files/pub-bi_3385.pdf


Abbildungs<strong>nach</strong>weis<br />

1. http://www.power-box.de/vulkane/images/tectonic-01-gr.jpg<br />

2. http://www.hlug.de/medien/geologie/bilder/erdbeben/erd2new_gr.jpg<br />

3. http://www.hlug.de/medien/geologie/bilder/erdbeben/erd1_gr.jpg<br />

4. http://wwwsoc.nii.ac.jp/ssj/publications/SAISIN/trinet.GIF<br />

5. http://www.bicepp.org/images/Shakemap.gif<br />

6. http://pasadena.wr.usgs.gov/step/<br />

7. http://www.fernwehmacher.de/namibia/images/elefant.jpg<br />

8. http://www-user.tu-chemnitz.de/~elix/download/wallpapers/snake_01_1600x1200.<br />

9. http://www.grk802.tu-braunschweig.de/links/PiefkeSperbeckUrban2006_RMpaper_<br />

V4.pdf<br />

10. http://www.cedim.de/1017.php<br />

11. http://www.ircc.gov.au/pdf/Japan_structure.pdf<br />

12. http://www.hochbau.tuwien.ac.at/uploads/media/Kapitel_2_Einwirkungen2005WS.<br />

13. http://www.iccsafe.org/government/kits/EarthquakeKit.pdf<br />

14. http://www.aia.org/SiteObjects/files/conted_SA04.pdf<br />

15. http://www.kuleuven.ac.be/bwk/materials/Teaching/master/wg17/l0500.htm#SEC_3<br />

16. http://www.iccsafe.org/government/kits/EarthquakeKit.pdf<br />

17. http://btu-tragwerkslehre.de/doc/erd_read2.pdf<br />

18. http://www.tek.tu-berlin.de/forschung/lehmbau/lehmbau%20in%20<br />

erdbebenregionen/pdf/lehmbautadition.pdf<br />

19. http://bambus.rwth-aachen.de/de/PDF-Files/Erdbebensicheres%20Bauen%20mit%<br />

20Bambus.pdf<br />

20. http://www.maurer-soehne.de/de/Bruecken/Erdbeben/Files/Erdbebenschutz.pdf<br />

21. http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Taipei101_damper.jpg<br />

22. http://www.bauwesen.tuwien.ac.at/forschung/details/news/baudynamik-wind-underdbebeningenieurwesen.html?tx_ttnews%5BbackPid%5D=227&cHash=d9e75c2f61<br />

23. http://home.pages.at/slush/giantquake/tokyo.jpg<br />

24. http://www.patelcenter.usf.edu/assets/img/research/SlumsManila.jpg<br />

25. http://horn.alien.de/tuerkei.jpg<br />

26. http://schule.gfz-potsdam.de/typo3temp/pics/cede58cc1f.jpg<br />

27. http://www.agk.uni-karlsruhe.de/projekte/projekte_ing/mikrozonierung/<br />

mikrozon.php<br />

29. http://www.designboom.com/history/ban_paper.html<br />

30. www.nationalreview.com/ijaz/ijaz200511160848.asp


Abb.1.1: Ruine einer Hauswand als letzte Rettung<br />

1 Überschwemmung - eine zerstörerische Katastrophe<br />

2 Entstehung und Auswirkungen von Überschwemmungen<br />

2.1 anthropogene Ursachen<br />

2.2 klimatische Ursachen<br />

2.3 Auswirkungen<br />

3 Überschwemmungsarten an Beispielen<br />

3.1 Tsunami 2006 - Sturzfluten<br />

3.2 Hurrikan Katrina 2005 - Sturmfluten<br />

3.3 Elbe-Hochwasser 2002 - Flussüberschwemmungen<br />

4 Strategien<br />

4.1 Risikomanagement<br />

4.2 Prävention<br />

4.2.1 Hochwasservorhersage/Frühwarnsysteme<br />

4.2.1.1 Abflussvorhersage<br />

4.2.1.2 Meldestufen<br />

4.2.1.3 Hochwasser<strong>nach</strong>richtendienst bzw. Meldedienste<br />

4.2.2 Bausysteme<br />

4.2.2.1 Systeme<br />

. natürlicher Wasserrückhalt<br />

. technische Maßnahmen<br />

. bauliche Vorsorge<br />

4.2.2.2 Baustoffe<br />

5 Leben mit dem Hochwasser - Utopien und Möglichkeiten<br />

5.1 „Living on water“<br />

5.2 „Floating City“<br />

5.3 „Mose“<br />

5.4 „Offshore living“<br />

6 Überschwemmung - das Resumée<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Literathnis<br />

Strategien, Maßnahmen, Prinzipien<br />

Bausysteme am Beispiel<br />

Überschwemmungen


Überschwemmung - eine zerstörerische Katastrophe<br />

Es „muss angemerkt werden, dass von allen <strong>Naturkatastrophen</strong>, die weltweit<br />

auftreten können, den Überschwemmungen die größte Häufigkeiten, die größten<br />

volkswirtschaftlichen Schäden und sogar die größte Anzahl von Todesopfern zugeordnet<br />

wird.“ 1<br />

DieseBehauptungstütztsichaufStatistikenwiediederMünchenerRückVersicherung.Die<br />

folgenden Diagramme belegen, dass beispielsweise im Jahr 2002 Überschwemmungen<br />

tatsächlich weltweit die meisten Todesopfer forderten und auch die größten<br />

volkswirtschaftlichen Schäden verursachten. Somit kann man Überschwemmungen<br />

also eindeutig zu den größten Schadesereignissen dieser Welt zählen.<br />

Diese Tatsache macht es dringend erforderlich, sich mit der Thematik eingehend<br />

auseinander zusetzen, <strong>nach</strong> Lösungsvorschlägen zu suchen und vorbeugende<br />

Maßnahmen zu ergreifen. Es bestehen Möglichkeiten, Hochwasser und seinen manchmal<br />

verheerenden Folgen entgegenzutreten und ihm den „Wind aus den Segeln zu nehmen“,<br />

das gewaltige Auftreten einzudämmen.<br />

Abb.1.3: Balkendiagramme<br />

Abb.1.2: prozentuale Verteilung weltweit


Abb.2.1: natürlicher Wasserkreislauf<br />

Abb.2.2: Zeitliche Entwicklung von Flusslauf (Begradigung) und Besiedelung (Dichte)<br />

Entstehung und Auswirkungen von Hochwasser<br />

Allgemein sind Hochwasser als natürliche<br />

Zustände in einem Gewässer zu<br />

beschreiben, bei denen der Wasserstand<br />

aufgrund erhöhter Abflüsse einen<br />

bestimmten Schwellenwert überschreitet.<br />

Es können zwei Arten von Hochwasser<br />

unterschieden werden: Hochwasser, die<br />

jährlich im Einzugsgebiet eines Flusses<br />

auftreten und große Hochwasser, deren<br />

Auftretenswahrscheinlichkeit geringer<br />

undunregelmäßigist. 2<br />

2.1 Anthropogene Ursachen<br />

Zu den anthropogenen Ursachen,<br />

die zu einer Risikoerhöhung der<br />

Hochwasserentwicklung geführt<br />

haben, zählen Flussbegradigungen,<br />

Eindeichungen, Versiegelung durch<br />

Siedlungs-undVerkehrsflächeundfalsche<br />

Nutzung von Überschwemmungsgebieten.<br />

Dieser veränderte Entwicklungsverlauf<br />

zeigt sich schon seit Anfang des 19.<br />

Jahrhunderts mit dem Beginn der<br />

industriellen Revolution. Zu dieser Zeit<br />

setzteeinesteigendeNutzungdesWassers<br />

ein. Wasserwege wurden immer wichtiger.<br />

Überschwemmungsgebiete wurden<br />

nutzbar gemacht. Diese Veränderung<br />

steht in einem engen Zusammenhang mit<br />

der wachsenden Bevölkerungszahl. 3<br />

2.2 Klimatische Ursachen<br />

Es sind die unterschiedlichen<br />

Kombinationsmöglichkeiten von<br />

meteorologischen Ereignissen und<br />

hydrologischen Gebietszuständen,<br />

welche die Entstehung von Hochwasser<br />

begünstigen. Beispielsweise kann<br />

ein Überschwemmungsereignis<br />

dadurch verstärkt werden, dass hohe<br />

Niederschlagsmengen auf schmelzende<br />

Schneedecken und/oder gefrorene<br />

Böden treffen. Das Wasser kann nicht<br />

aufgenommen werden, sondern fließt<br />

direkt ab.


Entstehung und Auswirkungen von Hochwasser<br />

Ein anderer auslösender Faktor ist die Niederschlagsanomalie. Die Niederschlagsmengen sind so stark, dass es zu einer Bodensättigung<br />

kommt und das Wasser nicht mehr durch den Boden auf natürliche Art zurückgehalten werden kann.<br />

Weitere an Wasserflächen oder –körper gebundene Überschwemmungen oder Hochwasser können sich ergeben aus drastischen<br />

Wasseranstiegen in natürlichen Seen in Folge von starken, lang anhaltende Niederschlagsereignissen, durch den Aufstau von Fließgewässern<br />

<strong>nach</strong> Erdrutschen oder Felsstürzen und dem plötzlichen Durchbrechen der aufgestauten Wassermassen.<br />

Lokale Überschwemmungen (Sturzfluten) kommen vor allem <strong>nach</strong> intensivern Starkniederschlagsereignissen z.B. auf durch Bodendegradation<br />

beeinflussten Hanglagen vor. Zerstörte Vegetation führt zur Verminderung der Versickerungskapazität, insbesondere<br />

auch des Grobporenanteils im Boden, was wiederum Verschlämmungs- und Verkrustungsneigungen bewirkt, so dass Starkregen mit<br />

hohen Direktabflussanteilen im steilen Gelände zu extremen Wassermengen und Bodenabtragen und zu entsprechend katastrophalen<br />

Überschwemmungen in Kombination mit Schlammwellen u. ä. führen. 4<br />

2.3 Auswirkungen<br />

Zum einen können Personenschäden entstehen. Zu den „geschädigten Personen“ zählen Todesopfer, schwer- und leichtverletzte<br />

Personen.<br />

Es können Sachschäden entstehen. Mit dem Begriff „Sachschäden“ ist immer ein Funktionsausfall in einem der Bereiche Wohnen,<br />

Arbeiten, Versorgung, Kommunikation und Mobilität verbunden.<br />

Außerdem können Überschwemmungen durch Ernteverluste oder Trinkwasserverschmutzung zur Schädigung von Lebensgrundlagen<br />

führen.<br />

Eine positive Auswirkung von Überschwemmungen ist beispielsweise der Nassreisanbau. 5<br />

Abb.2.3: geschädigte Lebensgrundlagen


Überschwemmungsarten an Beispielen<br />

Sogenannte „dynamische“ Überschwemmungen sind Sturzfluten, Sturmfluten und Flussüberschwemmungen. 6<br />

Beispiele:<br />

3.1Sturzfluten:31.August-Dezember2006inThailand<br />

Diese Sturzflut forderte 207 Tote, verursachte einen Schaden in Höhe von 30 Millionen US-Dollars, zerstörte 4.800 km2 Fläche. Insgesamt<br />

waren 2 Millionen Menschen in Indonesien, Sri Lanka, Indien, Thailand, Somalia, Myanmar, Malaysia, Tansania, Bangladesch und<br />

auf den Seychellen und den Malediven direkt von den Auswirkungen und Folgen betroffen.<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> (Situation <strong>nach</strong> einem Jahr):<br />

Der Fokus des <strong>Wiederaufbau</strong>s richtete sich hauptsächlich auf die Hotelerie und die Versorgungsinfrastruktur. Die Wiederbelebung des<br />

Tourismus war aus finanzieller sowie volkswirtschaftlicher Sicht eines der essentiellsten Anliegen der völlig verwüsteten Urlaubsparadiese<br />

wie z.B. Phuket. An anderer Stelle, z.B. auf Phi Phi und Kaho Lak, kam die Erneuerung aufgrund von schleppender Kreditvergabe<br />

schlechter voran.<br />

Abb.3.1(links oben) bis 3.6(rechts unten): Zerstörung <strong>nach</strong> Sturzflut in Thailand<br />

3.2Sturmfluten:25.–30.August2005,HurrikanKatrinaindenUSA<br />

Die Sturmflut riss 1322 Menschen in den Tod. Es entstand ein Schaden von 125.000 Millionen US-Dollar, da mehrere Städte überschwemmt<br />

wurden, wie beispielsweise New Orleans bis zu 80%. Die Infrastruktur und Versorgungseinrichtungen wurden in den Überschwemmungsgebieten<br />

teilweise bzw. völlig zerstört. Durch großräumige Evakuierungen wurden die Bewohner vor den Fluten gerettet<br />

und hunderttausende Menschen verloren ihre Häuser und wurden obdachlos.<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> (Situation <strong>nach</strong> einem Jahr): Zeichen des <strong>Wiederaufbau</strong>ssindkaumzuerkennen:esgibtzwarprovisorischeWohncontainerinmittendeszerstörtenNewOrleans,aberbiszu300.000derehemaligenBewohnerderStadtwolltenoderkönnenaufgrunddes<br />

noch nicht wieder hergestellten Lebensstandards (z.B. 65% der Stadt leiden noch unter Strommangel) dort noch nicht wieder leben. die<br />

Einwohner verfügen meist nicht über die finanziellen Mittel für einen <strong>Wiederaufbau</strong>. Die staatliche Unterstützung bleibt begrenzt.


Überschwemmungsarten an Beispielen<br />

Abb.3.7 bis 3.14: Auswirkungen der Sturmflut Katrina<br />

3.3Flussüberschwemmungen:Elbe-Hochwasser2002inDeutschland,ÖsterreichundTschechien<br />

IndenFlutenverloren21MenscheninDeutschlandihrLeben.DerWasserpegelerreichteam17.August9,40minDresden,wounter<br />

normalenUmständeneinWasserstandvon2,32mherrscht.AlleindieSchädenanderSemperoperinDresdenbetrugeninetwa27<br />

Millionen Euro. Der Gesamtschaden in Deutschland belief sich auf 15 Milliarden Euro.<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> (Situation <strong>nach</strong> einem Jahr): Am schlimmsten hat das Sommerhochwasser zwar strukturschwache Regionen getroffen,<br />

aber auch die sächsische Landeshauptstadt Dresden war schwer beschädigt. Hunderte Kilometer Strassen, Brücken und Schienentrassen<br />

mussten erneuert werden. Zehntausende Gebäude, öffentliche Plätze und Anlagen mussten saniert werden und zerstörte und<br />

beschädigte Deiche mussten repariert werden.<br />

Abb.3.15 bis 3.20: von dem Elbehochwasser verursachte Schäden


Abb.4.1: Aufwand/Risiko-Diagramm<br />

Abb.4.2: Was ist ein Risiko?<br />

Strategien<br />

4.1 Risikomanagement<br />

Eine mögliche Strategie, gegen <strong>Naturkatastrophen</strong> im Allgemeinen und gegen Überschwemmungen<br />

im Speziellen vorzugehen, ist das Risikomanagement. Es handelt sich<br />

hierbei um eine reflektierende Art der Katastrophenverhinderung bzw. -vorsorge und<br />

nicht um die direkte Hilfe <strong>nach</strong> dem Katastrophenfall, da es sich mit bereits geschehenen<br />

Ereignissen beschäftigt, diese analysiert und auswertet, um daraus auf Vorgehensweisen<br />

für spätere Fälle gleicher Art zu schließen.<br />

Es gibt drei sogenannte Risikosteuerungsstrategien, also verschiedene Herangehensweisen,<br />

ein Risiko zu behandeln: die Null-Risiko-Strategie, die trial and error-Strategie<br />

und das rationale Risikomanagement.<br />

Erstere bedeutet ein schlichtes Unterlassen des Risikos. Auf Überschwemmungen übertragen<br />

würde das beispielsweise die Vermeidung einer Siedlung in überschwemmungsgefährdetem<br />

Gebiet oder, falls bereits eine Siedlung bestünde, die Umsiedlung dieser<br />

<strong>nach</strong> sich ziehen. Diese Art des Risikomanagements ist für <strong>Naturkatastrophen</strong> im Allgemeinen<br />

kaum anwendbar, da sie fast überall auf der Erde in irgendeiner Weise auftreten<br />

können und daher selten umgangen werden können.<br />

Bei der trial and error-Strategie werden Versagensfälle analysiert und das System da<strong>nach</strong><br />

neu bemessen. Das heißt, bestehende Schutzsysteme, beispielsweise Deiche, werden<br />

aufgrund von vorgefallenem Versagen erhöht oder verbessert aber erst, sobald ein<br />

Hochwasser auftrat, gegen welches die vorherigen Deiche nicht mehr schützen konnten.<br />

Diese Strategie wird bei <strong>Naturkatastrophen</strong> häufig angewendet, da es eine sehr wirtschaftliche<br />

und doch effektive Vorgehensweise ist. Die Mittel werden da eingesetzt, wo<br />

die Wahrscheinlichkeit für größere Frequentierung der Schutzsysteme höher ist.<br />

Letzteres, das rationale Risikomanagement, vereint diese ersten beiden Prinzipien in<br />

sich: die Gefahren und Risiken werden abgewogen (Nutzen, Kosten, Verluste). Die Berücksichtigung<br />

bisheriger Erfahrungen (trial and error) kombiniert mit Vorausdenken<br />

(Null-Risiko) ist die ideale Vorgehensweise im Risikomanagement.<br />

Ein Risiko setzt sich zusammen aus der Gefahr, also einem potentiell gefährlichen Prozess<br />

(z.B. überschwemmungsgefährdeter Fluss), welcher sich durch ihre Intensität und<br />

seine Wahrscheinlichkeit auszeichnet und dem Risikoelement, das heißt Menschen, Güter,dieUmweltusw.(z.B.Siedlungimüberschwemmungsgefährdeten<br />

Gebiet), charakterisiert<br />

durch ihre Exposition und Anfälligkeit. Ein Überschwemmungsgebiet alleine ist<br />

noch lange keine Gefährdung, zu dieser wird es erst, sobald das Risikoelement hinzukommt.<br />

7


Strategien<br />

4.2 Prävention<br />

4.2.1 Hochwasservorhersage/Frühwarnsysteme<br />

Der Hochwasserschutz ist umso wirkungsvoller, je genauer die Kenntnisse über ein bevorstehendes Hochwasser und dessen Auswirkungen<br />

sind. Je frühzeitiger auf ein bevorstehendes Hochwasser hingewiesen werden kann, desto größer wird der Reaktionszeitraum der<br />

Schutzmaßnahmen. 8<br />

.gefährdete Gebiete können vor Hochwasserwellen und überströmenden Deichen gewarnt werden<br />

.Schutzmaßnahmen, Evakuierung können rechtzeitig erfolgen<br />

.Hochwasserrückhaltebecken und Flutpolder können optimal gesteuert werden<br />

Durch neue Geräte und Kommunikationstechnik kann die Hochwasservorhersage verbessert werden, zum Beispiel durch den Ausbau<br />

eines automatischen und überregionalen Niederschlagsmessnetzes oder durch die Optimierung des Pegelnetzes. Auch Luftbilder und<br />

Luftbildkarten können hilfreich sein. Aus den Aufnahmen mit einer speziellen, großformatigen Reihenmessbildkamera werden durch<br />

digitale Bearbeitung Orthofotos erstellt, sie dienen zur geometrischen Bestimmung von Lage, Größe und Form von Objekten, geben<br />

Informationen über Bebauung und Vegetation und helfen bei der Abschätzung hydraulisch wichtiger Kenngrößen, wie der Rauheit von<br />

Geländeoberflächen. 9<br />

4.2.1.1 Abflussvorhersage<br />

EinwirkungsvollesMittelistdieAbflussvorhersage.DiesesSystembasiertaufderBerechnungvonHochwasserwellen,diedadurchfrühzeitig<br />

und gezielt erkannt werden können. Die Basis bilden dabei Messdaten aus Niederschlagsmessstationen, Abflusspegeln, Wasserständen<br />

und Niederschlägen, diese werden in ein zentrales Netzwerk eingespeist, automatisch aufbereitet und durch Wettervorhersagen ergänzt.<br />

Aus diesen ganzen Informationen können Wasserstände bzw. Abflussprognosen in einzelnen Flussgebieten für die nächsten 6, 12, 24 oder<br />

48 Stunden berechnet werden. Jedoch können Ungenauigkeiten in der Wetterprognose zu fehlerhaften Abflussprognosen führen, deshalb<br />

müssen die Prognosen alle 6-12 Stunden aktualisiert werden und in die Vorhersagemodelle eingespeist werden. 10<br />

Abb.4.3: Schema einer Abflussvorhersage (auch Wasserstandsvorhersage)


Abb.4.4: Meldestufenschema<br />

Strategien<br />

4.2.1.2 Meldestufen<br />

Nach Definition tritt der Zustand eines Hochwassers dann ein, wenn ein bestimmter Wasserstand oder Schwellenwert erreicht oder<br />

überschritten wird. Von den Behörden wurden deshalb definierte Meldestufen installiert, die <strong>nach</strong> den Auswirkungen, die das Hochwassermitsichbringt,differenziertsind.DieseAuswirkungensindje<strong>nach</strong>Gebietunterschiedlichundrichtensichauch<strong>nach</strong>derlandwirtschaftlichen<br />

Nutzung, Infrastruktur und Besiedlung des Raums. Da es noch keine bundeseinheitliche Regelung der Meldestufen<br />

und der dazugehörigen Aktivitäten gibt, sondern diese allein abhängig von den einzelnen Ländern sind, gibt es in Bayern vier solcher<br />

Meldestufen. 11<br />

. Meldestufe 1: stellenweise kleinere Ausuferungen<br />

. Meldestufe 2: land- und forstwirtschaftliche Flächenüberflutet oder leichte Verkehrsbehinderungen auf Hauptverkehrsund<br />

Gemeindestraßen<br />

.Meldestufe3:einzelnebebauteGrundstückeoderKellerüberflutetoderSperrungüberörtlicherVerkehrsverbindungen<br />

oder vereinzelter Einsatz der Wasser- oder Dammwehr erforderlich<br />

.Meldestufe4:bebauteGebieteingrößeremUmfangüberflutetoderEinsatzderWasser-oderDammwehringroßemUmfang<br />

erforderlich<br />

4.2.1.3 Hochwasser<strong>nach</strong>richtendienst bzw. Meldedienste<br />

Den in Bayern zuständigen Hochwasser<strong>nach</strong>richtendienst gibt es schon seit 1883. Seine Aufgaben sind: Wasserstände und Schneefallhöhen<br />

messen, Hochwasservorhersagen und die Bevölkerung warnen.<br />

In Deutschland fallen auch die Meldedienste, genauso wie die Meldestufen in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen Bundesländer,<br />

was wiederum zu uneinheitlichen Bezeichnungen, Verwaltungsstrukturen und Vorschriften. Auch der Meldebeginn und die Vorgehensweise<br />

der einzelnen Behörden unterscheiden sich. 12<br />

In der Hochwasser<strong>nach</strong>richtenzentrale werden Daten aus verschiedenen Bereichen, Wasserwirtschaftsämter, Deutscher Wetterdienst,<br />

Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, be<strong>nach</strong>barter Länder, gesammelt, ausgewertet und an die zuständigen Stellen verteilt.<br />

Ein Hochwasserlagebericht wird vom Nachrichtendienst über Medien, Internet und Telefonansagen für die Bevölkerung bereitgestellt.<br />

Über die Meldestufen bekommt die Behörde einen Überblick über das zu erwartende Ausmaß des Hochwassers. Überschreitet das<br />

Wasser die Pegel, intensiviert der HND seine Überwachungsmaßnahmen und be<strong>nach</strong>richtigt die Hauptmeldestellen, die Wasserwirtschaftsämter.<br />

Diese geben Hochwasserwarnungen an die nächste Behörde, die Meldestellen bzw. Landratsämter und den Katastrophenschutz.<br />

Als nächstes werden die betroffenen Städte und Gemeinden be<strong>nach</strong>richtigt. Die kommunalen Behörden legen ihrerseits<br />

eigene Meldepläne fest, in denen beschrieben wird wer, wie, wann zu warnen ist und welche spezifischen Maßnahmen bei bestimmten<br />

Pegelständen ergriffen werden müssen. 13<br />

Routinegemäß wird in den fünf regionalen Hochwasservorhersagezentralen einmal werktags eine Vorhersage für einen bestimmten<br />

Pegelstand berechnet. Tritt ein Hochwasserfall ein werden diese Vorhersagen mehrmals am Tag erstellt, wodurch die Vorhersagezeiträume,<br />

je <strong>nach</strong> Region unterschiedlich, verlängert werden.<br />

Aber auch bei genauer Vorhersage und modernster Technik muss die Bevölkerung adäquat auf ein Hochwasser reagieren können,<br />

sonst ist jegliche Art an Warnsystem nutzlos. Risikogerechtes Handeln, bzw. so genannte Verhaltensvorsorge muss in den gefährdeten<br />

Gebieten ebenso bedacht werden, wie neueste Technologien. 14


Strategien<br />

Abb.4.5: Schema Informationsweg


4.2.2 Bausysteme<br />

4.2.2.1 Systeme<br />

Der moderne Hochwasserschutz setzt sich aus drei gleichwertigen Bereichen zusammen, dem Natürlichen Rückhalt, dem Technischen<br />

Hochwasserschutz (Deiche, Mauern, Polder) und der Hochwasservorsorge (Verhaltensvorsorge, Flächenvorsorge, Bauvorsorge, Versicherungen).<br />

Diese Kombination wurde im Zuge des „Aktionsprogramm 2020 für Donau- und Maingebiet“ von der Bayerischen Staatsregierung<br />

beschlossen. Nur wenn diese drei Elemente gut zusammenarbeiten, kann der Hochwasserschutz adäquat greifen. 15<br />

Natürlicher Wasserrückhalt<br />

Beim natürlichen Wasserrückhalt werden primär Flächen genutzt, die zum größten Teil landwirtschaftlich genutzt werden oder aus<br />

Naturschutzgebieten bestehen. Diese werden als Retentionsraum ( = Flachbecken, in denen sich das Wasser erst sammelt und dann<br />

zurückgehalten wird) genutzt. Das Ziel dabei ist es, flussaufwärts gelegene weniger wichtige Gebiete als Überflutungsflächen zu gewinnen<br />

oder aber solche Flächen durch Rückbau wiederherzustellen. Der Ablauf der Hochwasserwellen wird dadurch zeitlich verzögert<br />

und der Hochwasserscheitel gedämpft. Maßnahmen die dabei nützlich sind wären: standortgerechte Land- und Forstwirtschaft,<br />

Aufforstung mit stabilen Mischwäldern, Maschineneinsatz mit geringer Bodenverdichtung, extensive Grünlandnutzung und Flächenstilllegung.<br />

Deichrückverlegung: sehr viele Deiche wurden früher nur als punktuellerSchutzvonOrtenbetrachtet und nicht im Zusammenhang<br />

mit flussabwärts liegenden Ansiedlungen gesehen, welche noch stärker überflutet wurden. Deiche werden deshalb heute zurückversetzt<br />

und dem Hochwasser mehr Platz geboten. Es werden dabei ausschließlich Flächen genutzt, die keinen infrastrukturellen oder<br />

siedlungstechnischen Zweck erfüllen. 16<br />

.Technische Maßnahmen<br />

Jedoch sind die natürlichen Möglichkeiten wegen Landwirtschaft und Siedlungsstruktur in der Nähe von Gewässern begrenzt. Die<br />

wichtigsten technischen Lösungsansätze sind:<br />

. Talsperren mit großen Speichern<br />

. Hochwasserrückhaltebecken<br />

.neu:Flutpolder<br />

Weitere Möglichkeiten sind: mobile und ortsfeste Bauwerke zur Vermeidung von Schäden, Flussbau (Begradigung oder Umleitung),<br />

Gerinneausbau und Maßnahmen zum ungehinderten Abfluss. 17<br />

ortsfeste Maßnahmen<br />

Strategien<br />

Hochwasser Rückhaltebecken<br />

Die Ziele eines Rückhaltebeckens sind prinzipiell vergleichbar mit denen des natürlichen Rückhalts. Es handelt sich um die Stauung<br />

des Wassers und die Verzögerte Abgabe <strong>nach</strong> dem Hochwasserscheitel, jedoch bestehen die Maßnahmen aus der Schaffung eines<br />

künstlichenBeckens.DiesesBeckenwirdamOberlaufdesFlussesangebrachtundbestehtimmerauseinemAbsperrbauwerk(Erdoder<br />

Steinschüttdach, Staumauer) und einer Betriebseinrichtung (Betriebsauslass, Hochwasserentlastung). Voraussetzung dafür ist<br />

ein möglichst großer Rückhalteraum. Es gibt verschiedene Konzepte und Betriebsarten für Rückhaltebecken:<br />

.GrünesBecken:EinsatzbeikleinerenBächenundFlüssen,imNormalfallistesleer,natürlichbewachsenoderwirdlandwirtschaftlich<br />

genutzt. Im Hochwasserfall wird es eingestaut und so die ökologischen Auswirkungen minimiert.<br />

.DauerndeingestauterGrundsee:dieserwirdmeistensgleichzeitigalsErholungsraumundBiotopgenutzt,erwirdnichtdauerhaft<br />

maximal gestaut, sondern enthält immer einen „Rest“ an Wasser.<br />

. Becken mit Speicherkraft: dieses Multifunktionsbauwerk dient neben seiner Hochwasserrückhaltefunktion zur Wasserkrafterzeugung,<br />

Bewässerung oder auch zur Trinkwasserversorgung. 18


Strategien<br />

Je <strong>nach</strong> Anlage des Absperrbauwerks gibt es ungesteuerte Becken, in denen der Abfluss<br />

alleine vom Beckenstand abhängig ist oder gesteuerte Becken, die mit computergesteuerten,<br />

beweglichem Wehr oder Grundablass ausgestattet sind. 19<br />

In Bayern gibt es 23 große Wasserspeicher, 14 Anlagen dienen vorrangig als Rückhaltebecken,<br />

9 als Talsperren mit ständig hohem Dauerstau. Beispiele sind: Sylvensteinspeicher<br />

(Bad Tölz, München), Grüntensee an der Wertach, Goldbergsee (Coburg) und der<br />

Drachensee(FurthimWald).DieletztenBeidensindnochimBau. 20<br />

Flutpolder<br />

Im Mittellauf von Flüssen dagegen ist der Bau von Poldern günstiger. Polder sind Flussniederungen<br />

oder Senken, die sich neben Flüssen befinden und ständig oder nur bei<br />

Hochwasser unter dem Wasserspiegel des Gewässers liegen. Sie werden durch Deiche<br />

künstlich vor dem Wasser geschützt und ihr Wasserstand kann reguliert werden. Polder<br />

dienten schon früh auch zur Neulandgewinnung indem durch Deiche Meeresfläche<br />

trockengelegt wurde und sie entstehen bei der Begradigung und Eindeichung von Flüssen.<br />

Sie haben zusätzlich noch die Eigenschaft, dass sie bei Hochwasser gezielt geflutet<br />

werden können. Nach dem Ablauf des Hochwassers wird das Becken wieder entleert.<br />

Wichtig ist, dass sie nur bei richtiger Vorrausage des Abflussgeschehens und des Hochwasserscheitels<br />

effizient funktionieren können. 21<br />

Die baulichen Maßnahmen für die Schaffung von Flutpoldern sind Einlauf und Auslassbauwerke,<br />

die in Trenndeiche integriert werden, diese trennen zur Wasserseite vom<br />

Gewässer ab und außerdem gibt es Absperrdeiche, die zum Binnenland hin abtrennen.<br />

Auch hier sind sowohl gesteuerte, alsauchungesteuerte Flutpolder möglich. 22<br />

Bis 2020 soll in Bayern mindestens 30 mio m³ Rückhalteraum entstehen, dazu werden<br />

sieben Standorte gerade geprüft. Gerade im Bau befindet sich der Flutpolder Weidachwiesen<br />

an der Iller mit 6,3 mio. m³. 23<br />

Abb.4.6: Hochwasserrückhaltbecken<br />

Abb.4.7: Beispiel: Hochwasserrückhaltebecken bei Deggendorf<br />

Abb.4.8: Schema Flutpolder<br />

Abb.4.9: Beispiel: Flutmulde bei Landshut


Abb.4.10: ausgeführte Seilnetzsperre<br />

Abb.4.11: Sperrentreppe<br />

Strategien<br />

Wildbachverbau<br />

Ein Wildbach ist ein sehr steiler, geschiebeführender Bach, der kurzzeitig extrem hohe<br />

Hochwasserspitzenerzeugenkann.SeinEinzugsgebietistkleinundgebirgig.Beiheftigem<br />

Regen oder bei der Schneeschmelze kann er große Schäden durch starken Schwemmholzanfall,<br />

Erosion und Überschwemmung. MeistenssindWildbächeaufgeteiltinden<br />

Oberlauf, in dem Erosion vorherrscht, das Engtal, das einen schmalen Mittellauf bildet<br />

und den Unterlauf, in dem sich die Geschiebefracht ablagert und einen Schwemmkegel<br />

bildet. Die Ziele der Verbauung sind deshalb das Verhindern der Erosion im Oberlauf,<br />

das Unterspülen von Fundamenten und anderen baulichen Maßnahmen zu vermeiden<br />

und das Geschiebetransportvermögen zu erhöhen, so dass weniger Ablagerungen entstehen<br />

und keine Überschwemmungen mehr auftreten können. Die Maßnahmen, die dafür<br />

ergriffen werden können, beziehen sich sowohl auf natürliche, als auch auf bauliche<br />

Schritte. Möglich ist die Fixierung des Wildbachbettes, Stabilisierung der Hänge durch<br />

Entwässerungen, Bepflanzung und die bauliche Sicherung durch Wildbachsperren, Sperrentreppen,<br />

Seilsperren, Treibholzrechen, Sohlrampen und Sohlriegel. 24 Problematisch<br />

bei Hochwasser ist die große Menge an Schwemmholz, die abtransportiert wird und zu<br />

Verklausungen an Engstellen führen kann, woraus Überschwemmungen entstehen können.<br />

Dies kann jedoch gezielt durch so genannte Seilnetzsperren verhindert werden. Die<br />

starke Tiefenerosion wird wiederum von Wildbachsperren gehemmt. 25<br />

Hochwasserschutzdeiche<br />

Ein Deich ist ein künstlich aufgeschütteter<br />

Damm an einem Flussufer, zum Schutz<br />

des dahinter liegenden Landes vor Überflutung.<br />

Die Deichkrone ist eben oder flach<br />

gewölbt, 3-5m breit und befahrbar. 26 Deiche<br />

werden nur während eines Hochwassers<br />

zeitweise eingestaut, weil sie durch<br />

den anhaltenden Wasserdruck gefährdet<br />

sind. Der Schutz von Siedlungen, landwirtschaftlichen<br />

Anlagen und Industrie ist dabei<br />

das primäre Ziel. Deiche sind die klassische<br />

Sicherheitsvorsorge gegen Fluten<br />

und Überschwemmungen. Baulich bestehen<br />

sie aus einem homogenen SchüttkörperausErdbaustoffen.InBayerngibtes<br />

verstärkt Deiche im Raum Regensburg,<br />

Nürnberg und Landshut.<br />

Jedoch ist trotz ständiger Nachrüstung<br />

der Anlagen zu beachten, dass es immer<br />

ein Hochwasser geben wird, das höher<br />

reicht als die Schutzvorrichtungen. 27


Strategien<br />

Feststehende Hochwasserschutzwände<br />

IndichtbebautenBereichen,wieinStädten,<br />

Häfen oder Industrieanlagen, ist die<br />

Errichtung von feststehenden Wänden im<br />

GegensatzzugroßenSchutzvorrichtungen<br />

einfacher. Sie werden auch zur Erhöhung<br />

vonDämmeneingesetzt.DerartigeMaßnahmen<br />

wären zum Beispiel Spundwände.<br />

Sie sind einfach und preisgünstig, werden<br />

tief in den Boden gerammt und oben mit<br />

Beton umfasst. Ferner können Gewichtsmauern<br />

eingesetzt werden, sind jedoch<br />

aus Platz- und Gestaltungsgründen nicht<br />

möglich. 28<br />

Abb.4.14: integrierte Hochwasserschutzklappe<br />

Abb.4.12: Hochwasserschutzwand Abb.4.13: Spundwand in bestehendem Deich<br />

Abb.4.15: Hochwasserwand mit Sicherheitsglas


Abb.4.16 und 4.17: Dammbalkensystem<br />

Abb.4.18 bis 4.23: Beispiele für mobilen Hochwasserschutz an Gebäuden<br />

Abb.4.18 bis 4.23: Dammbalkensysteme<br />

Mobile Maßnahmen<br />

Strategien<br />

In vielen Bereichen ist jedoch noch nicht<br />

einmal der Einsatz von feststehenden<br />

Wänden aus platztechnischen und ästhetischen<br />

Gründen möglich, wie beispielsweise<br />

in einem Stadtkern oder einer Altstadt<br />

in welcher der Erhalt des Stadtbildes<br />

im Mittelpunkt steht. Für diesen Fall gibt<br />

es mobile Konstruktionen, die angeliefert,<br />

aufgebaut und später wieder abgebaut<br />

werden könne. Sie werden auch zum verschließen<br />

von Durchlässen und Durchgängen<br />

bei festen Mauern eingesetzt und zur<br />

Erhöhung von ortsfesten Schutzsystemen.<br />

Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Systemen,<br />

da örtlich individuell auf die Gegebenheiten<br />

reagiert werden muss, zum<br />

Beispiel müssen für einige Systeme feste<br />

Befestigungsmöglichkeiten vor Ort vorhanden<br />

sein. 29


Strategien<br />

Abb.4.24 bis 4.27: Beispiel Mobildeich der Firma Mobildeich GmbH<br />

Steigt die Flut wird der Mobildeich (hier<br />

MD93-3)(Abb.4.24bis4.27)direktindas<br />

ansteigende Hochwasser gerollt. Da<strong>nach</strong><br />

wird der erste Schlauch mittels einer<br />

Tauchpumpe mit Wasser gefüllt. Als nächstes<br />

werden die beiden unteren Schläuche<br />

befüllt, wodurch sie ein Gesamtgewicht<br />

von ca. 80 Tonnen erreichen und bis zu<br />

85cm hoch stauen können. Auslegen und<br />

Befüllen der Schläuche dauert insgesamt<br />

etwasuntereinerStunde. 30<br />

Die Bieber-Barriere (Abb. 4.28 bis 4.30) ist<br />

eine mobile Hochwasserschutzwand, die<br />

vor Überflutungen bis 1,50m Höhe schützt.<br />

Sie besteht aus sehr wenigen Einzelteilen<br />

und ist schnell und einfach einsetzbar. Die<br />

Barriere braucht keine festen Fundamente<br />

undistzudeminanderenBereichennutzbar,<br />

wie Absperrung bei Veranstaltungen<br />

oder als Wasserspeicher. 10m der Bieber-<br />

Barriere können in nur 15min. aufgebaut<br />

werden. 31<br />

Abb.4.28 bis 4.30: Beispiel Bieber-Barriere


Abb.4.31 und 4.32: Schwarze Wanne mit Außen- und mit Innendichtung Abb.4.33: Weiße Wanne<br />

Abb.4.34: Auftriebssicherung eines Heizöltanks<br />

Abb.4.35: druckdichte Türe<br />

Strategien<br />

Bauliche Vorsorge32 Obwohl es die sicherste Maßnahme wäre<br />

gar nicht erst in einem Hochwassergebiet<br />

zu bauen, können angepasste bauliche<br />

Maßnahmen an Gebäuden oder genehmigten<br />

Bauprojekten das Schadenspotential<br />

verringern. Die einfachsten Anpassungen<br />

wären:<br />

.VerzichtaufeinenKeller<br />

. auf Pfahl-/ Ständerkonstruktion errichtete<br />

Gebäude<br />

. als wasserdichte Wanne ausgebildeter<br />

Keller (weiße oder schwarze Wanne)<br />

Eine Schwarze Wanne ist die im Boden befindliche Abdichtung eines Bauwerks und wird<br />

aus Bitumendickbeschichtung oder auch aus Kunststoffbahnen hergestellt. Im Normalfall<br />

befindet sich die Dichtung auf der Außenseite des Gebäudes, eine Innendichtung ist<br />

jedoch auch möglich. Heutzutage gilt die Schwarze Wanne als veraltete Bauweise, da sie<br />

sehr aufwendig undinvielen Arbeitsgängen hergestellt wird.<br />

In den meisten Neubauten kommen nur noch eine Weiße Wannen zur Ausführung. Sie ist<br />

die Bezeichnung für ein Gebäude, dessen Außenwände, Bodenplatte und Decke aus Wasser<br />

undurchlässigem Beton bestehen, wodurch keine zusätzliche Abdichtungsschicht<br />

und keine Drainagen mehr nötig sind. Diese Bauweise ist wesentlich billiger und weniger<br />

arbeitsintensiv alsdiederSchwarzen Wanne. 33<br />

weitere kleine Maßnahmen sind beispielsweise<br />

.hochwassersichere Rohrdurchlässe (Gummidichtungen)<br />

.angepasste Stromversorgung (keine Sicherungskästen im Keller, abstellbarer Stromkreislauf<br />

für gefährdete Bereiche)<br />

.mobile Hochwasserverschlüsse für (Keller-) Fenster und Türen<br />

.Rückstaudoppelverschlüsse in Kanalisation<br />

.Schutz der Gebäude vor eindringendem Kanalisationswasser<br />

.wichtig: Sicherung von Heizanlagen und Heizöltanks<br />

.wasserunempfindliche Baumaterialien<br />

Zubeachtenist,dassvieleSchäden,besondersanKellern,durchdieerhöhtenGrundwasserstände<br />

verursacht werden. Diese treten jedoch erst Stunden bis Tage <strong>nach</strong> dem<br />

eigentlichen Hochwasser auf, da der Grundwasserablauf stark zeitverzögert seinen eigentlichen<br />

Höhepunkt erreicht.<br />

In nur noch sehr seltenen Fällen wird heutzutage ein dauerhafter Schutz von Einzelobjekten<br />

vorgenommen. Dies geschieht nur, wenn die Kosten für den baulichen Schutz<br />

einer Landwirtschaft mit Bebauung wesentlich höher ausfallen, als der Eingriff am Gebäude<br />

selbst. Hierbei werden Mauern oder Deiche um die Objekte herum angebracht, die<br />

diese dauerhaft vor Hochwasser schützen. Jedoch ist diese Maßnahme sehr teuer und es<br />

wird stattdessen temporärer Schutz durch Sandsäcke bevorzugt. 34<br />

4.2.2.2 Baustoffe<br />

Für die eben genannten Bausysteme werden spezielle Materialien benutzt, die für die<br />

AnforderungdesSchutzesgegenWassergeeignetsind.<br />

Je <strong>nach</strong> Anwendungsbereich können Beton, bitumenhaltige Baustoffe, Stahl und Aluminium,<br />

verschiedene Kunststoffe und sogar diverse Hölzer eingesetzt werden.


Leben mit dem Hochwasser - Utopien und Möglichkeiten<br />

5.1 „Living on water“, Prof. C.v.d.Akker, Dipl.Des. T. Rijcken<br />

Nach einer Studie des holländischen Professors Cees van den Akker sind die Niederlande<br />

in spätestens hundert Jahren unbewohnbar: dadurch, dass sich das Klima immer<br />

rapiderändernundimmermehrRegenfallenwerde-vorallemimWinter-,werdeder<br />

Meerespegel immer weiter steigen und die Flüssen, die durch Holland fließen, immer<br />

größere Mengen Wasser ins Meer transportieren.<br />

Um diese steigenden Wassermassen zu verhindern, sollte eine Fläche, die der Größe der<br />

ProvinzvonUtrecht(200.000ha)entspricht,alsStaubereichgenutztwerden.<br />

ImmermehrWissenschaftlerbeschäftigensichdeshalbmitdiesemProblem.EinLösungsansatzwäreder„multipleuseofspace“alsoquasidieMehrfachnutzungdesvorhandenen<br />

Platzes:<br />

So entwickelte der holländische Industrial Designer Ties Rijcken ein modulares System<br />

achteckiger, flossartiger Fundamente aus expandiertem Polystyrol - einer Art Styropor.<br />

Diese Module, die hervorragend vorzufertigen sind, werden durch einen Rahmen aus<br />

hochfestem Beton, der das Polystyrol verstärkt, ergänzt. Die achteckige Form entstand<br />

aus dem Wunsch des Designers, möglichst flexible und auch zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten<br />

bei der Zusammensetzung zu bieten; prinzipiell ist es möglich, die Module<br />

in jeder beliebigen Form herzustellen.<br />

Diese unsinkbaren Fundamente bewegen sich mit dem Wasserpegel auf und ab und<br />

könnten, wie Rijcken sagt, „eine ganze Stadt mit Häusern, Gärten, Straßen und Plätzen<br />

tragen.“<br />

Man könne dort sogar Bäume pflanzen und mit Autos über die flexible Verbindung mit der<br />

Küstefahren.DiesesSystemerlaubees,denverfügbarenPlatzbestmöglichzunutzen.<br />

Die einzige Einschränkung für den Architekten wäre das Gewicht der Gebäude: eine<br />

Leichtbauweise solle bevorzugt eingesetzt werden, da das Fundament nur bestimmte<br />

Lasten tragen könne.<br />

In Zeichnungen zeigt er ein Netzwerk von Halbinseln inmitten eines Sees, die mit Häusern<br />

bebaut sind. Die Häuser haben alle ihren eigenen Anlegesteg und einen perfekten<br />

Blick auf die Wellen um sie herum. Rijcken glaubt, dass wenn die Inseln nur groß genug<br />

wären, die Bewohner überhaupt nicht mehr merken würden, dass sie sich auf einem<br />

riesigen „Floß“ befänden.<br />

In den nassen Jahreszeiten, vor allem im Herbst und Winter, wenn es in Holland teilweise<br />

wochenlang regnet, sollen die für das Wasser Verantwortlichen Pumpen laufen lassen,<br />

die das überschüssige Wasser vorläufig in den See transportieren sollen. So blieben die<br />

die Stadt umgebenden Polder trocken. Der Wasserpegel des Sees würde sich natürlich<br />

erhöhen, aber die „Floß-Stadt“ würde einfach mitsteigen.<br />

In trockeneren Zeiten soll das überschüssige Wasser des Sees zurück in die Polder geleitet<br />

werden um Dürre vorzubeugen. Sobald das Wasser sinkt, würde auch Stadt mit<br />

sinken.<br />

Dieser zukunftsträchtige Entwurf einer vom Hochwasser unabhängigen Stadt bekam<br />

den passenden Namen „H2OPE“ of Holland.<br />

Allerdings gibt es viele solcher Entwürfe und Ideen, die auf großen, teuren Konferenzen<br />

vorgestellt werden. Um sie jedoch zu realisieren, ist eine Menge Geld und somit einige<br />

Investoren von Nöten. Zusätzlich müssten einige Richtlinien bzw. Gesetze geändert werden:<br />

so gilt ein Haus, das auf dem Wasser schwimmt, bis heute nicht als Grundbesitz.<br />

Dies erschwert einige Dinge wie Baugenehmigungen, Hypotheken und Versicherungen.<br />

Abb.5.1: Living on water<br />

Abb.5.2: modulares Fundamentsystem<br />

Abb.5.3: Blick auf eine mögliche Stadt


Abb.5.4: Floating City<br />

Ein schon errichtetes Beispiel einer Siedlung mit 46 Häusern befindet sich in Maasbommel<br />

bei Arnheim, ebenfalls in Holland: diese Siedlung soll wie die von Rijcken bei einer<br />

schweren Sturmflut nicht mehr überschwemmt werden, sondern als „Insel“ auf den Fluten<br />

schwimmen.<br />

1995 trat der Fluss Vaal in der Provinz Gelderland über die Ufer. Die Deiche brachen und<br />

65.000 Menschen mussten ihre Dörfer verlassen. Eines dieser Dörfer war Maasbommel,<br />

das heute allerdings auf der „falschen Seite“ der Deiche, der ungeschützten, wiederaufgebautistundbessergegeneineFlutgerüstetistalsjedesHausaufder„richtigen<br />

Seite“:<br />

Die Fundamente der Häuser bestehen aus wasserdichten Betonwannen, die mit Styropor<br />

gefüllt sind und bei Überschwemmungen als Schwimmkörper dienen. Jeweils zwei HäusersinddurchStrebenmiteinanderverbunden,undsteigenmitdemHochwasseranzwei<br />

Führungspfählenhoch.DiesePfählesorgendafür,dassdieHäuseranOrtundStelle<br />

bleiben. Wenn der Wasserpegel sinkt, gleitet das Häuserpärchen an den Pfählen wieder<br />

<strong>nach</strong> unten und landet mit den Ecken auf Gummipuffern. Auch alle Versorgungsleitungen<br />

machen diese Bewegungen mit: sie rollen sich ab und wieder auf.<br />

Die Bewohner der Stadt warten schon regelrecht auf das erste Hochwasser, um die KonstruktionihrerHäuserzutesten.<br />

Leben mit dem Hochwasser - Utopien und Möglichkeiten<br />

5.2 „Floating City“, Maasbommel bei Arnheim, Holland


Leben mit dem Hochwasser - Utopien und Möglichkeiten<br />

5.3 „Mose“, venezianische Lagune, Italien<br />

Das Projekt Mose vor Venedig ist eine<br />

Maßnahme zur Rettung eines bereits bestehenden,<br />

schützenswerten Gebietes.<br />

Schon seit vielen Jahren hat die Lagunenstadt<br />

Venedig mit dem acqua alta, dem<br />

Hochwasser in der ganzen Stadt, welches<br />

in der Katastrophe am vierten November<br />

1966 in einem Wasserstand von 1,94 Meter<br />

über Normalnull gipfelte. Solche, für Gebäude<br />

und Menschen unzumutbaren Zustände,<br />

soll in Zukunft eines der größten<br />

Sperrwerke Europas verhindern.<br />

Der Bau von „Mose“ wurde 2003 begonnen<br />

und soll bis 2012 zu Ende gebracht<br />

werden. Es handelt sich hierbei um ein System,dasdieFlutabeinerHöhevon1,20<br />

Meter über Normalnull an den Engstellen<br />

zum offenen Meer von der Lagune abhalten<br />

soll:ausdengroßen Stahltoren, die im<br />

RuhezustandmitWassergefülltamMeeresboden<br />

liegen, wird bei Flutalarm das<br />

Wasser ausgepumpt, sie werden leichter<br />

und richten sich auf und hindern so das<br />

Meerwasser daran, in die Lagune einzudringen.<br />

Scheinbar ein sehr guter Ansatz und doch<br />

Abb.5.5: die venezianische Lagune<br />

gibt es viele Kritiker: Venedig ist anhaltend damit beschäftigt, die Fundamente der Stadt,<br />

die besondere Pfahlgründung, intakt zu erhalten, das bedarf einer nicht endenden finanziellen<br />

Unterstützung. Seit Mose bleiben für solche lebenserhaltenden Maßnahmen<br />

weniger Mittel, alles fließt in das vier bis fünf Milliarden teure Projekt.<br />

EinweiterergroßerKritikpunktistderAbwasserstau,derdurchdasSperrwerkentstehen<br />

könnte: große Teile der Stadt<br />

leiten ihre gesamten Abwässer immer noch in die Lagune, welche durch den Anschluss<br />

ans offene Meer einen natürlichen Wasseraustausch erlebt. Müsste man hingegen die<br />

Stahltore mehrere Tage geschlossen halten, würde das eine völlige Vergiftung der Lagune<br />

<strong>nach</strong> sich ziehen.<br />

Auf jeden Fall ist Mose ein großer Schritt zum Erhalt einer der wichtigsten, an Kunst<br />

undKulturreichstenStädteEuropasundesbleibtzuhoffen,dasssichdiePrognosein<br />

Hinsicht auf die Funktionalität des Sperrwerks bewahrheitet und Venedig ein bisschen<br />

länger erhalten werden kann.<br />

Abb.5.6: Funktionalität des Sperrwerkes<br />

Abb.5.7: Funktionalität des Sperrwerkes


Abb.5.8: von der Bohrinsel zum Wohngebiet<br />

Wie viele fluss- und küstennahe Städte ist auch London im überschwemmungsgefährdeten Gebiet entstanden. Nach Schätzungen des<br />

Jahres 2002 befinden sich über 1,2 Millionen Londoner in Gefahr, Opfer einer Überschwemmung zu werden. Da jedoch immer mehr<br />

Wohnraum benötigt wird, expandiert die Stadt trotzdem immer weiter hin zu Gebieten, die zu Überschwemmungen neigen.<br />

Der Architekturstudent Antony Lau nahm dieses Problem zum Anlass, ein interessantes Bild von „Offshore Living“, also Hochseeleben,<br />

zu entwerfen. Bei seiner Recherche fand er heraus, dass große Frachtschiffe und Ölplattformen <strong>nach</strong> ca. 30 Jahren im Gebrauch<br />

stillgelegt und zur Demontage und Recycling in Dritte-Welt-Länder verschifft werden. Jedes Jahr werden ca. 700 solcher Schiffe verschrottetundvieleÖlplattformeninderNordseenähernsichdemEndeihrerProduktivität.<br />

Laus macht diese Ölplattformen im mehreren Schritten als Lebensraum nutzbar:<br />

1. Bohrinseln werden außer Betrieb gesetzt.<br />

2.Aufbautenmüssenentferntundrecyceltwerden.<br />

3. Schadstoffe müssen von der floßartigen Plattform entfernt werden.<br />

4. Vorgefertigte Wohneinheiten werden auf der Plattform aufgebracht.<br />

5.DiePlattformwird„abgeschleppt“undanderrichtigenStelleindenBodenabgesenkt.<br />

Diese neue Idee des Hochseelebens hat <strong>nach</strong> Lau neben der Schaffung neuen vom Hochwasser unabhängigem Wohnraumes noch viele<br />

andere Vorteile: zum einen würden die Bewohner der Plattformen viel näher an der Natur leben als heutige Großstädter, da sich die<br />

WohnplateausdirektimFlussgebietbefänden.DieThemsemitihremtäglichenEbbe-undFlut-ZykluswürdealsowiederindenMittelpunktdesLebensrücken.AußerdemwärederFlusswiederdasZentrumdesHandels,TransportesundderWirtschaft.<br />

Zum anderen könnte eine solche Stadt vollkommen autark und der Umwelt zuträglich sein, wenn man nur erneuerbare Energien (Wind,<br />

Solar, Wasser) nutze und eigene Regenwasser-Sammel-Systeme und Abwassercontainer in die Struktur der Stadt einbaue.<br />

Ein weiterer großer Vorteil sei die Mobilität einer solchen Plattform-Stadt: Die neue „Offshore City“ ist durch ihre „floating architecture“<br />

flexibel und anpassbar. Die Stadt kann abwandern, sich verändern, sich anpassen.<br />

Die Entwicklung einer Stadt ist so nicht länger abhängig von statischer Architektur, sondern vollkommen frei.<br />

Abb.5.10: Offshore living<br />

Leben mit dem Hochwasser - Utopien und Möglichkeiten<br />

5.4 „Offshore living“, London, Themse,<br />

Architekturstudent Antony Lau,<br />

Gewinner des Studentenpreises<br />

für <strong>nach</strong>haltiges Design<br />

des Royal Institute of British Architects<br />

Abb.5.9: Autarkie der Stadt


Überschwemmung - das Resumée<br />

Wie das vorhergehenden Kapitel zeigt,<br />

gehört die Naturkatastrophe Überschwemmungen<br />

eindeutig zu einer<br />

Sorte von Katastrophen, gegen die aktiv<br />

vorgegangen werden kann. Gegen<br />

Vulkanausbrüche, Erdbeben usw. kann<br />

mansichkaumschützenohnenicht<br />

das gefährdete Gebiet verlassen zu<br />

müssen und der vorhandenen Situation<br />

den Rücken zu kehren. Einer Überschwemmung<br />

kann man im Gegensatz<br />

dazu die Stirn bieten und sich mit den<br />

Gegebenheiten, ob durch immer schon<br />

existente Situationen wie Besiedelung<br />

von Retentionsflächen verursacht oder<br />

durch neu auftretende Folgen der Klimaänderung<br />

(Anstieg des Wasserpegels)<br />

verursacht, arrangieren.<br />

Gerade jetzt, wo möglicherweise der<br />

Klimawandel bevorsteht, muss man<br />

versuchen, Raum für neue Innovationen<br />

zu schaffen, diese auch zulassen,<br />

sich flexibel und offen auf neue<br />

Möglichkeiten einlassen. Nicht dem<br />

Althergebrachten, Gewohnten hinterher<br />

trauern sondern mit neuen Situationen<br />

umgehen und leben lernen. Nur<br />

so kann eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung<br />

stattfinden, die zukunftsweisend und<br />

für unser Bestehen unumgänglich ist.<br />

Fußnoten<br />

1 Plate;Merz,S.6<br />

2 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 383f<br />

3 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 384<br />

4 <strong>nach</strong> Goudi, S. 403ff<br />

5 <strong>nach</strong> Merz<br />

6 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 392<br />

7 <strong>nach</strong> Merz<br />

8 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 396<br />

9 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 397f<br />

10 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 408<br />

11 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 397<br />

12 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 397<br />

13 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 409<br />

14 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 410<br />

15 aus: „Spektrum Wasser 1 - Hochwas-<br />

ser“,S.64<br />

16 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 413f<br />

17 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 416<br />

18 <strong>nach</strong> Vischer; Huber, S. 290f<br />

19 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 416<br />

20 aus: „Spektrum Wasser 1 - Hochwas-<br />

ser“,S.66<br />

21 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 419f<br />

22 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 421<br />

23 aus: „Spektrum Wasser 1 - Hochwas-<br />

ser“,S.66<br />

24 <strong>nach</strong> Vischer; Huber, S. 294f<br />

25 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 424ff<br />

26 aus: „Spektrum Wasser 1 - Hochwas-<br />

ser“,S.75<br />

27 aus: „Spektrum Wasser 1 - Hochwas-<br />

ser“,S.69<br />

28 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 438f<br />

29 <strong>nach</strong> Strobl; Zunic, S. 441<br />

30 http://www.mobildeich.de/einsatz.html<br />

-26.06.07-<br />

31 http://www.arttec.com/deutsch1.htm<br />

-26.06.07-<br />

32 aus: „Spektrum Wasser 1 - Hochwas-<br />

ser“,S.85<br />

33 http://www.dammbalken.eu/<br />

-26.06.07-<br />

34 http://www.dammbalken.eu/<br />

-26.06.07-


Abbildungs<strong>nach</strong>weis<br />

Abb.1.1 bis 1.3, 2.1 bis 2.3, 3.7 bis 3.14<br />

© Munich Re Group<br />

Abb.4.1 und 4.2<br />

aus: „Hochwasserrisiken“, Merz<br />

Abb.4.3 bis 4.5, 4.9<br />

aus: „Spektrum Wasser 1 - Hochwasser“,<br />

Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft,S.70,71,69,76<br />

Abb.4.6, 4.11<br />

aus: „Wasserbau“, Vischer; Huber, S. 292,<br />

298<br />

Abb.4.7, 4.8, 4.10, 4.12, 4.13, 4.16, 4.17<br />

aus: „Wasserbau“, Strobl; Zunic, S. 419,<br />

420, 427, 440, 439, 442<br />

Abb.4.14, 4.15, 4.18 bis 4.20, 4.35<br />

http://www.bmvbs.de/Anlage/original_<br />

953503/Hochwasserschutzfibel.pdf<br />

-26.06.07-<br />

Abb.4.24 bis 4.27<br />

http://www.mobildeich.de/einsatz.html<br />

-26.06.07-<br />

Abb.4.28 bis 4.30<br />

http://www.arttec.com/deutsch1.htm<br />

-26.06.07-<br />

Abb.4.31 bis 4.34, 4.21 bis 4.23<br />

http://www.dammbalken.eu/<br />

-26.06.07-<br />

Abb.5.1 bis 5.3<br />

©TiesRijcken<br />

Abb.5.4<br />

http://www.salve.it/uk/eco/default.htm<br />

Abb.5.5 bis 5.7<br />

http://www.italydownunder.com.au/issueeleven/venice.html<br />

Abb.5.8 bis 5.10<br />

©AntonyLau<br />

Literaturverzeichnis<br />

. Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft<br />

(Hrsg.)<br />

2004: Spektrum Wasser 1 – Hochwasser:<br />

Naturereignis und Gefahr<br />

Universitätsdruckerei und Verlag<br />

Dr. C. Wolf und Sohn GmbH & Co. KG, München<br />

. GOUDI, A.<br />

2002: Physische Geographie. Eine<br />

Einführung<br />

Spektrum Akademischer Verlag<br />

GmbH, Berlin Heidelberg<br />

. MERZ, Bruno<br />

2006: Hochwasserrisiken: Grenzen<br />

und Möglichkeiten der Risikoabschätzung<br />

E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung,<br />

Stuttgart<br />

dieses Buch war bis zum Abgabetermin<br />

leider nicht mehr rechtzeitig bestellbar,<br />

daher sind die entsprechenden Angaben<br />

unvollständig<br />

. PLATE, Erich J.; MERZ, Bruno (Hrsg.)<br />

2001: <strong>Naturkatastrophen</strong>: Ursachen,<br />

Auswirkungen, Vorsorge<br />

E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung,<br />

Stuttgart<br />

. STROBL, Theodor; ZUNIC, Franz<br />

2006: Wasserbau: Aktuelle Grundlagen<br />

– Neue Entwicklungen<br />

Springer Verlag, Berlin Heidelberg<br />

. VISCHER, Daniel; HUBER, Andreas<br />

2002: Wasserbau: Hydrologische<br />

Grundlagen, Elemente des Wasserbaus,<br />

Nutz- und Schutzbauten an Binnengewässern<br />

Springer Verlag, Berlin Heidelberg


Rhine Cities Urbane Hochwasserschutzstrategien<br />

Cornelia Redeker Stadtplanerin TU Delft TU München


Auf urbanen Wasserfronten entlang<br />

des Rheins wirkt Druck aus zwei sehr<br />

gegensätzlichen Richtungen. Als<br />

städtische Konversionsflächen entlang<br />

des Flusses erleben sie einen enormen<br />

Entwicklungsdruck bedingt durch die seit<br />

jeher begehrte Wasserlage. Gleichzeitig<br />

besteht im urbanen Kontext das höchste<br />

ökonomische Schadenspotential<br />

bedingt durch jährliche bzw. saisonale<br />

Hochwasser. 1<br />

Die steigende Bedrohung durch Hochwasser<br />

ist einerseits bedingt durch die Begradigung<br />

des Oberrheins im 19. Jahrhundert,<br />

die eine enorme Beschleunigung des<br />

Flusses bedingt hat, und neben anderen<br />

daraus resultierenden Ursachen, wie der<br />

Urbanisierung der Flussauen, zu einer<br />

Reduktion der Retentionsräume um 65%<br />

in den letzten 150 Jahren geführt hat. 2<br />

Hinzu kommen prognostizierte klimatische<br />

Veränderungen, die von einer Zunahme<br />

an Auftritten sowie einer Zunahme an<br />

Extremwasserständen, sowohl hoch als<br />

auch niedrig, ausgehen.<br />

Die Hochwasser von 1993 und 1995 haben in<br />

Kombination mit anderen gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen einen Paradigmenwechsel<br />

im Umgang mit Hochwasser herbeigeführt.<br />

Von einer maßgeblich defensiven Haltung<br />

besteht heute der Ansatz dem Fluss wieder<br />

mehr Raum zu gewähren. Dieser Ansatz, in<br />

Holland unter dem staatlichen Programm<br />

`Ruimte voor de Rivier` 3 organisiert, findet<br />

aufgrund seines Flächenbedarfs und<br />

seinem überregionalen Minderungsziels,<br />

hauptsächlich im ruralen Raum statt.<br />

Expansive Maßnahmen zielen auf Mitigation,<br />

bedingen im Fall von Bauen im Hochwasser<br />

gefährdeten Bereich Adaption.<br />

Nur in Ausnahmefällen finden expansive<br />

Projekte ihren Weg in einen urbanen<br />

Kontext, wie beispielsweise das<br />

Bildunterschriften Din Regular 6pt linksbündig mit Bild<br />

PARADIGM CHANGE – ROOM FOR THE RIVER


ERHÖHUNG ALS SCHUTZ<br />

Source :Ruimtelijke Planbureau overstromingsrisico als ruimtelijke opgave, NAi Publishers, 2007<br />

WALLSTRUKTUREN<br />

Source :Ruimtelijke Planbureau overstromingsrisico als ruimtelijke opgave, NAi Publishers, 2007<br />

RETENTION/UMLEITUNG<br />

Source :Ruimtelijke Planbureau overstromingsrisico als ruimtelijke opgave, NAi Publishers, 2007<br />

GEBÄUDEADAPTION LAND/WASSER<br />

Source :Ruimtelijke Planbureau overstromingsrisico als ruimtelijke opgave, NAi Publishers, 2007<br />

Stadterweiterungsprojekt in Nijmegen . 4<br />

Hier wird die Stadt durch die Erweiterung<br />

auf die gegenüberliegende Uferseite und<br />

eines Zurücksetzens bestehender Deiche<br />

um 350 m sowie die Aushebung eines neuen<br />

Seitenarms geschützt. Bedingt durch die<br />

Morphologie des Flussbetts als auch durch<br />

die urbanen Entwicklungen entlang des<br />

Ufers ist hier das Schadenspotential sehr<br />

groß. Durch die Aktivierung des Seitenarms<br />

bei Extremhochwassern senken sich die<br />

Pegelstände um berechnete 35cm auf<br />

lokaler Ebene und tragen darüber hinaus<br />

akkumulativ zu geforderten Kapazitäten<br />

der Rheinseitenarme bei angenommenen<br />

Abflußkapazitäten von 16000 m³ bei<br />

Lobith bei. Das wasserbauliche Projekt<br />

wird staatlich finanziert. Die geplante<br />

Stadterweiterung (Vinex) verliert dadurch<br />

an baulichen Flächen, gewinnt aber eine<br />

zweite Wasserfront hinzu. Das Projekt<br />

befindet sich in der Planungsphase und soll<br />

bis 2015 realisiert werden.<br />

Trans-industrielle Agglomerationen<br />

entlang des Rheins werden in Zukunft<br />

nicht nur mit globaler Konkurrenz um<br />

Standortfaktoren zu kämpfen haben,<br />

sondern auch mit Schrumpfungsprozessen<br />

und überschüssigen Kapazitäten. Die<br />

Ausdehnung des Flusses auch im<br />

stadtlandschaftlichen Kontext scheint<br />

ein möglicher Schlüssel um diesen<br />

strukturellen Herausforderungen mit<br />

einem <strong>nach</strong>haltigen Ansatz zu begegnen.<br />

1 IKSR, Hochwasseratlas Rhein,<br />

Wasserstände und Schadenspotential,<br />

2001, download unter www.iksr.de<br />

2 WL Delft Hydraulics im Rahmen des<br />

IRMA SPONGE projects, executive summary<br />

2001, download unter<br />

3 www.irmasponge.org<br />

4 www.ruimtevoorderivier.nl<br />

ww.dijkterruglegginglent.nl


Tsunami Welle<br />

Bildunterschriften Din Regular 6pt linksbündig mit Bild<br />

Tsunami Welle an der Küste<br />

Zerstörung durch den Tsunamis<br />

Strategien, Maßnahmen, Grundprinzipien<br />

Tsunami<br />

Begriffserklärung und Charakteristik eines Tsunami<br />

Ein Tsunami (japanish: Hafenwelle; tsu = Hafen, nami = Welle) ist eine sich schnell<br />

fortpflanzende Meereswoge, die überwiegend durch Erdbeben auf dem Meeresgrund<br />

(oft auch als „Seebeben“ bezeichnet) ausgelöst wird. Tsunamis werden oft als Flutwellen<br />

bezeichnet; ihre Entstehung hat jedoch nichts mit den tageszeitlichen Wechseln zwischen<br />

Ebbe und Flut (Gezeiten) zu tun; ebensowenig werden Tsunamis durch Wind verursacht.<br />

Tsunamis sind nicht mit so genannten Riesen- oder Monsterwellen zu verwechseln.<br />

Auf offenem Meer werden Tsunamis kaum bemerkt, in Ufernähe jedoch können starke<br />

Tsunamis weiträumige katastrophale Schäden verursachen und ganze Küstenstriche<br />

verwüsten. Solche Erscheinungen zählen zu den <strong>Naturkatastrophen</strong>.<br />

Der Begriff Tsunami wurde durch japanische Fischer geprägt, die vom Fischfang<br />

zurückkehrten und im Hafen alles verwüstet vorfanden, obwohl sie auf offener See keine<br />

Welle gesehen oder gespürt hatten. Das liegt daran, dass Japan eine Tiefseesteilküste hat.<br />

Die Riesenwellen bilden sich quasi erst kurz vor dem Strand und schlagen deshalb über<br />

die Hafenmauer in den Hafen, wo sie die Schiffe zertrümmern. Eine Reihe verheerender<br />

Tsunamis zwischen 1945 und 1965 machte dieses Naturphänomen weltweit bekannt und<br />

bildete die Grundlage für wissenschaftliche Arbeiten, in deren Folge sich die japanische<br />

Bezeichnung als Internationalismus durchsetzte.<br />

Charakteristik eines Tsunamis<br />

Etwa 86 % aller Tsunamis werden durch Hebungen und Senkungen <strong>nach</strong> Erdbeben<br />

verursacht, die restlichen entstehen durch die abrupte Verdrängung großer Wassermassen,<br />

bedingt durch Vulkanausbrüche, küstennahe Bergstürze, Unterwasserlawinen oder<br />

Meteoriteneinschläge. Auch Nuklearexplosionen können Tsunamis auslösen. Tsunamis<br />

treten mit 79% am häufigsten im Pazifik auf: Am Rand des Stillen Ozeans, in der<br />

Subduktionszone des Pazifischen Feuerrings, schieben sich tektonische Platten der<br />

Erdkruste (Lithosphäre) übereinander, wodurch Vulkanismus, See- und Erdbeben<br />

verursacht werden.<br />

Ein Erdbeben kann nur dann einen Tsunami verursachen, wenn alle drei folgenden<br />

Bedingungen gegeben sind:<br />

-es eine Magnitude von 7 oder mehr auf der Richterskala erreicht,<br />

-sein Hypozentrum nahe der Erdoberfläche am Meeresgrund liegt und<br />

-es eine vertikale Verschiebung des Meeresbodens verursacht, welche die darüber liegende<br />

Wassersäule in Bewegung versetzt.<br />

Nur ein Prozent der Erdbeben zwischen 1860 und 1948 verursachten messbare Tsunamis.<br />

Da sich die leichte Erdbewegung aber über das Medium Wasser weit ausbreiten kann, sind<br />

größere Schäden als bei gleich starken Beben an Land möglich. Möglich ist auch, dass<br />

nicht die unmittelbar durch das Erdbeben bedingte Bewegung des Meeresbodens, sondern<br />

ein durch das Erdbeben ausgelöster unterseeischer Hangrutsch den Tsunami verursacht.<br />

In einem solchen Fall können schon relativ kleine (Magnitude 7) Erdbeben einen Tsunami<br />

<strong>nach</strong> sich ziehen.


Tsunami<br />

Verlauf<br />

Verdrängung großer Wassermassen, Bewegung einer Wassersäule vom Meeresboden zur<br />

Meeresoberfläche, unterschiedliche Ursachen<br />

Ausbreitung der Welle mit hoher Geschwindigkeit aufgrund großer Wellenlänge und -<br />

periode, Abhängigkeit der Wellenlänge und -periode von der Meerestiefe<br />

Wellenlänge(100-500km): Tsunamis sind, da ihre Wellenlänge L viel größer als die<br />

Meerestiefe h ist, so genannte Flachwasserwellen oder Oberflächenwellen. Typische<br />

Wellenlängen bei Tsunamis liegen zwischen 100 und 500 km. Die Wellenlängen von<br />

winderzeugten Wellen erreichen dagegen nur zwischen 100 und 200 Meter. Allgemein gilt<br />

für Wellen die Beziehung zwischen Geschwindigkeit c, Wellenlänge L und Wellenperiode T<br />

c=L/T Mit der Tsunamigeschwindigkeit von oben und der Angabe der Wellenlänge können<br />

typische Wellenperioden über: T=L/c Die Zeit T ist die Zeit, die bis zum Eintreffen der<br />

zweiten Welle vergeht.Je größer die Wellenlänge, desto geringer sind die Energieverluste<br />

während der Wellenausbreitung. Bei kreisförmiger Ausbreitung ist die Energie, mit der<br />

eine Welle auf einen Küstenstreifen auftrifft, in erster Näherung umgekehrt proportional<br />

zum Abstand vom Entstehungsort des Tsunami.<br />

Wellenperiode 10min-2h, Geschwindigkeit (bis 950km/h) : Die Geschwindigkeit eines Tsunami<br />

hängt von der Meerestiefe ab; je tiefer das Meer, desto schneller, und je flacher, desto<br />

langsamer ist der Tsunami. Seine Höchstgeschwindigkeit erreicht er in großer Meerestiefe.<br />

Die Geschwindigkeit c einer Tsunamiwelle ergibt sich aus der Wurzel des Produktes von<br />

Erdbeschleunigung g und Wassertiefe h, also c=g x h. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />

beträgt somit in Ozeanen (Wassertiefe ca. 5000 m) ca. 800 km/h. Das ist vergleichbar mit<br />

der Reisegeschwindigkeit eines Flugzeuges. Tsunamis können also binnen einiger Stunden<br />

ganze Ozeane durchqueren und sich bis zu 20.000 km ausbreiten, ohne dabei unmittelbar<br />

bemerkt zu werden. Bei vom Wind erzeugten Wellen dagegen liegen die Geschwindigkeiten<br />

zwischen 8 und 100 km/h. Bei niedriger Wassertiefe, also in Küstennähe, verlangsamt<br />

sich der Tsunami, wie auf nebenstehender Animation zu sehen ist. Damit verringert sich<br />

auch die Wellenlänge, wodurch es zu einem Anstieg der Wellenhöhe und schließlich zur<br />

Brechung der Welle kommt. Schwerewellen kommen durch die gleichtaktige Bewegung<br />

großer Wassermassen zustande. Jedes einzelne Teilvolumen des Wassers bewegt sich<br />

dabei nur um winzige Beträge. Für eine Flachwasser-Schwerewelle mit der Amplitude a in<br />

einem Gewässer der Tiefe h kann man das sogar quantitativ angeben: Die Geschwindigkeit,<br />

mit der sich die an der Welle beteiligte Materie zirkulär bewegt, ist um einen Faktor a/h<br />

kleiner als die Phasengeschwindigkeit der Welle. Für einen großen Tsunami liegt dieser<br />

Faktor in der Größenordnung 10-5: Wenn sich eine Welle im offenen Meer mit c = 200 m/s<br />

ausbreitet, bewegen sich die Wasserelemente nur mit 2 mm/s, was gegenüber Strömungen<br />

und Windwellen völlig ver<strong>nach</strong>lässigbar und nicht direkt beobachtbar ist. Auf dem offenen<br />

Ozean beträgt die Amplitude selten mehr als einige Dezimeter. Der Wasserspiegel wird<br />

somit nur langsam und nur um einen geringen Betrag angehoben und wieder abgesenkt,<br />

weshalb das Auftreten eines Tsunami auf offener See meist gar nicht bemerkt wird. Die<br />

Zerstörungskraft eines Tsunami wird nicht grundsätzlich durch seine Amplitude, sondern<br />

durch die Wellenperiode sowie durch die transportierte Wassermenge bestimmt.<br />

Amplitude in Küstennähe 10-50m. In Küstennähe wird das Wasser flach. Das hat zur Folge,<br />

dass Wellenlänge und Phasengeschwindigkeit abnehmen, die Amplitude der Welle und die<br />

Geschwindigkeit der beteiligten Materie aber zunehmen. Die Energie der Tsunamiwelle<br />

wird dadurch immer stärker konzentriert, bis sie mit voller Wucht auf die Küste auftrifft.<br />

bevorstehende Tsunamis<br />

Wellenlänge,Wellenperiode und Geschwindigkeit<br />

Flucht vor Tsunamis


Küste im Normalzustand<br />

Bewegung einer Wassersäule vom Meeresboden<br />

zur Meeresoberfläche<br />

Ausbreitung der Welle mit hoher Geschwindigkeit<br />

Auftreffen des Tsunami auf das Land<br />

Tsunami<br />

Wellenpakete durch Periodenverkürzung<br />

Brechungseffekte und Fokussierung des Tsunami abhängig von Unterwassertopographie,<br />

Gezeitensituation.Die Änderung der Wellenausbreitungsgeschwindigkeit bei Annäherung<br />

des Tsunami an die Küste hängt vom Tiefenprofil des Meeresbodens ab. Je <strong>nach</strong> örtlichen<br />

Gegebenheiten kann es zu Brechungseffekten kommen: So wie Licht beim Übergang von<br />

Luft in Wasser oder Glas seine Richtung ändert, so ändert auch eine Tsunamiwelle ihre<br />

Richtung, wenn sie schräg durch eine Zone läuft, in der sich die Meerestiefe ändert. Je <strong>nach</strong><br />

Ursprungsort des Tsunami und Unterwassertopographie kann es dabei zur Fokussierung<br />

des Tsunami auf einzelne Küstenbereiche kommen. Dieser Effekt ist von der Trichterwirkung<br />

eines Fjords nicht scharf zu trennen und kann sich mit dieser überlagern.<br />

Zurückweichen des Meeres<br />

Wie ein akustisches Signal, so besteht auch ein Tsunami nicht aus einer einzelnen Welle,<br />

sondern aus einem ganzen Paket von Wellen mit unterschiedlichen Frequenzen und<br />

Amplituden. Wellen unterschiedlicher Frequenz breiten sich mit leicht unterschiedlicher<br />

Geschwindigkeit aus. Deshalb addieren sich die einzelnen Wellen eines Paketes in von<br />

Ort zu Ort und von Minute zu Minute unterschiedlicher Weise. Je <strong>nach</strong> Ursache kann<br />

ein Tsunami an einem Punkt der Küste zuerst als Wellenberg oder zuerst als Wellental<br />

beobachtet werden. Ist die Ursache des Tsunami ein Hangabrutsch oder Herunterbrechen<br />

einer Kontinentalplatte, so wird Wasser zur Sohle hin beschleunigt. Wasser wird verdrängt,<br />

und es entsteht zunächst ein Wellental. Da<strong>nach</strong> bewegt sich das Wasser wieder zurück,<br />

und der Wellenberg entsteht. Beim Eintreffen der Welle an der Küste zieht sich zunächst<br />

die Küstenlinie zurück, unter Umständen um mehrere 100 Meter. Wenn der Tsunami<br />

eine unvorbereitete Bevölkerung trifft, kann es geschehen, dass die Menschen durch das<br />

ungewöhnliche Schauspiel des zurückweichenden Meeres angelockt werden, statt dass<br />

sie die verbleibenden Minuten bis zur Ankunft der Flutwelle nutzen, um sich auf höher<br />

gelegenes Gelände zu retten.<br />

ein Tsunami Tsunamis


Tsunami<br />

Auswirkungen<br />

Unmittelbare Folgen<br />

zerstörte Infrastruktur, beeinträchtigte Grundversorgung eine zerstörte Infrastruktur<br />

beeinträchtigt die Grundversorgung mit sauberem Wasser und Nahrungsmitteln führt zu<br />

Hunger und Durst.<br />

Krankheit, Epidemien: - viele Todesopfer, ein heißes Klima, verunreinigtes Wasser und<br />

zurückgebliebene Tümpel und Pfützen stellen eine Gefahr für die Verbreitung von Malaria,<br />

Enzephalitis und Dengue-Fieber durch stark wachsende Mücken-Populationen dar. -es<br />

droht die Ausbreitung von Epidemien: durch Erregertypen (Bakterien oder Viren) wie Typhus<br />

und Cholera.-Zu den anderen häufig auftretenden Problemen zählten Lungeninfektionen,<br />

weil verschmutztes Wasser in die Atemwege eindringen kann und Sepsis („Blutvergiftung“),<br />

weil Wunden in einem feuchtwarmen Klima infektionsgefährdeter sind.<br />

Armut, die große Zerstörung nimmt vielen Menschen ihre Lebensgrundlagen und<br />

Erwerbsmöglichkeiten (z.b. Zerstörung von Fischerbooten)<br />

temporäre oder langanhaltende Beeinträchtigung der Landwirtschaft in den<br />

überschwemmten Gebieten ist die Gefahr der Übersalzung in den Böden sehr groß<br />

ökologische Schäden<br />

-Zerstörung von eigentlich Wellen brechenden Korallenriffen durch den hohen Wasserdruck,<br />

aufgewirbeltem Schlamm und Trümmer, somit Zerstörung von Lebensraum für viele<br />

Tierarten<br />

-abgetragener Humus und zerstörte Mangrovenwälder in den überfluteten Gebieten;<br />

der zurückbleibende Boden ist nährstoffarm<br />

kulturelle Schäden<br />

zerstörte historische Bauten, Schulen, religiöse Stätten und andere Kulturgüter<br />

Gender-Aspekt<br />

- Frauen nehmen gerade beim wiederaufbau Rollen ein, die ursprünglich von Männern<br />

übernommen werden (um den <strong>Wiederaufbau</strong> auch mit Hilfe der Bevölkerung zu meistern,<br />

werden Ausbildungen zu verschiedenen Handwerkstätigkeiten angeboten an denen auch<br />

Frauen teilnehmen)<br />

-aber auch durch die entstehende Armut verschlechtert sich die Ausgangslage<br />

unverheirateter Frauen, deren Familien keine Mitgift aufbringen kann und die sich nur mit<br />

Selbstmord aus ihrer Lage zu befreien wissen)<br />

Ertrinken Unterkühlung<br />

Gender-Aspekt<br />

Beeinträchtigung der LW, ökologische Schäden<br />

zerstörte Infrastruktur, beeinträchtigte Grundversorgung


Küstengebiete vor Plattengrenzen<br />

Gefahr durch Vordringen und Abfließen der Wassermassen<br />

unabhängig von der Wellenhöhe<br />

Tsunami<br />

Gefahrenpotenzial eines Tsunamis<br />

Orte der Entstehung und Auswirkung global voneinander getrennt Tsunamis können<br />

Distanzen von bis zu 10.000km zurücklegen<br />

GRUND: je größer die Wellenlänge, desto geringer ist der Energieverlust einer<br />

Welle, und desto weiter vom Ursprungsort entfernt kann sie ihre kraft entfalten hohe<br />

Ausbreitungsgeschwindigkeit, große Energiediese sind abhängig von der meerestiefe.<br />

-Anforderungen an Frühwarnsysteme<br />

auf offenem Meer sind die wellen kaum spürbar, sie erreichen eine Höhe von 30-100 cm,<br />

erst in Küstennähe entstehen die gigantischen Wellen (in Küstennähe, wenn der Tsunami<br />

auf flacheres Wasser trifft, bremst die wachsende Bodenreibung das Tempo der Welle<br />

abprut ab, die Wellenlänge des Tsunamis schrumpft, während die mitgeführte Energie nicht<br />

geringer wird -ein Tsunami besteht normalerweise aus mehreren aufeinander folgenden<br />

Wogen, nicht nur aus einer Wellen wie viele annehmen -Gefahr durch Vordringen und<br />

Abfließen der Wassermassen unabhängig von der Wellenhöhe:die schlimmsten Schäden<br />

entstehen nicht unbedingt durch die Überflutung, sondern durch den gewaltigen Sog, der<br />

sich beim Rückzug der Wassermassen bildet.<br />

Gefahrenzonen.<br />

Die häufigsten Tsunamis entstehen am westlichen und nördlichen Rand der pazifischen<br />

Platte, im Pazifischen Feuerring. Japan musste aufgrund seiner geografischen Lage in den<br />

letzten tausend Jahren die meisten Todesopfer durch Tsunamis beklagen; in dieser Zeit<br />

starben über 160.000 Menschen. In den letzten 100 Jahren richteten jedoch nur 15 Prozent<br />

der 150 registrierten Tsunamis Schäden an oder kosteten Menschenleben. Heutzutage<br />

verfügt Japan über ein effektives Frühwarnsystem, und für die Bevölkerung finden<br />

regelmäßig Trainingsprogramme statt. Viele japanische Küstenstädte schützen sich durch<br />

das Errichten riesiger Deiche, z. B. ein 10 Meter hoher und 25 Meter breiter Wall auf der Insel<br />

Okushiri. In Indonesien dagegen wirkt heute noch die Hälfte der Tsunamis katastrophal,<br />

denn die meisten Küstenbewohner sind über die Anzeichen, die einen Tsunami ankündigen,<br />

nicht informiert. Meistens ist auch das Land sehr flach und die Wassermassen fließen bis<br />

ins Landesinnere (siehe auch Seebeben im Indischen Ozean 2004 und Seebeben vor Java<br />

Juli 2006). Indonesien liegt in einem so genannten „Ring of Fire“, was bedeutet, dass es<br />

von Vulkanen (pot. Auslöser) umgeben ist. Nicht nur die Anrainerstaaten der Pazifikküste<br />

sind von Tsunamis betroffen. Auch an den europäischen Küsten treten diese Riesenwellen<br />

auf, wenn auch wesentlich seltener. Da die Afrikanische Platte sich <strong>nach</strong> Norden unter die<br />

Eurasische Platte schiebt, können durch Erdbeben im Mittelmeer und im Atlantik ebenfalls<br />

Tsunamis entstehen. Auch ein Meteoriteneinschlag kann einen Tsunami auslösen. Die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass der Himmelskörper auf dem Meer aufprallt, ist relativ groß, denn<br />

71 % der Erde sind von Wasser bedeckt. Ein solcher Aufprall würde zuerst eine riesige<br />

Staubwolke aufwirbeln und dann eine gigantische Flutwelle von über 100 Metern Höhe.<br />

Nicht nur die Küstenländer, sondern auch das Binnenland würde überschwemmt werden.<br />

Die Zerstörungen wären verheerend und die Zahl der Toten kaum abschätzbar.


Tsunami<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> und Prävention<br />

Katastrophe-Notbehausung-Sanierung des leicht Beschädigten-Instandsetzung des mittel<br />

und schwer Beschädigten-Neubau des total Zerstörten<br />

Optimierung oder Beseitigung von Fehlplanungen (Stresssituation <strong>Wiederaufbau</strong>) Groß<br />

war die Hilfsbereitschaft der Spenderinnen und Spender <strong>nach</strong> dem Tsunami. Seit der<br />

Katastrophe erhielt terre des hommes insgesamt 12,6 Millionen Euro Spenden für Nothilfe-<br />

und <strong>Wiederaufbau</strong>programme. Rund 8,5 Millionen wurden seither für Maßnahmen bewilligt,<br />

die derzeit laufen oder bereits abgeschlossen sind. Davon wurden rund fünf Millionen in<br />

Indien eingesetzt, weitere drei Millionen in der indonesischen Provinz Aceh und knapp<br />

eine halbe Million in Thailand. Ging es in den ersten Wochen <strong>nach</strong> dem Tsunami noch<br />

darum, die Menschen mit Nothilfe zum Überleben zu versorgen, hat inzwischen längst der<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> begonnen, für den ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren vorgesehen ist.<br />

Indien<br />

Die schwersten Schäden und meisten Todesopfer in Indien waren an der Küste des<br />

Bundesstaates Tamil Nadu im Südosten Indiens zu beklagen. Hier liegt der Schwerpunkt der<br />

terre des hommes-Arbeit; insbesondere in der Umgebung der Distriktstadt Nagapattinam.<br />

Seit dem Tsunami konnte terre des hommes gemeinsam mit seinen Partnern mehr als<br />

1200 Häuser errichten oder wiederherstellen und so den Familien zumindest vorläufig<br />

eine stabile Unterkunft bieten. Rund 1000 Fischerboote wurden repariert und sichern den<br />

Lebensunterhalt der Fischerfamilien. Schulen wurden wieder aufgebaut, so dass mehr als<br />

18.000 indische Schülerinnen und Schüler wieder regelmäßig Unterricht erhalten.<br />

Ein Schwerpunkt der Arbeit in Indien, aber auch in Aceh, ist die psychosoziale Hilfe für<br />

Kinder, die durch den Schock der Flutwelle traumatisiert sind und ihre Erlebnisse nicht<br />

ohne fremde Hilfe überwinden können. Ferner setzt sich terre des hommes gemeinsam<br />

mit seinen Partnern speziell für die Rechte der Dorfgemeinschaften ein, um zu verhindern,<br />

dass Fischergemeinden von der Küste ins Hinterland abgedrängt und ihre Interessen<br />

gegenüber denen der Tourismus-Industrie zurückstehen müssen. Ziel der Programme<br />

von terre des hommes ist es, den Menschen langfristige Perspektiven zu eröffnen<br />

und sie bei der Wiedergewinnung und Sicherung ihrer Lebensgrundlagen und ihrer<br />

Einkommensmöglichkeiten zu unterstützen.<br />

Rund fünf Millionen Euro für die Sofort- und <strong>Wiederaufbau</strong>hilfe in Indien hat terre des<br />

hommes bisher eingesetzt; weitere zwei Millionen Euro sind für längerfristige Maßnahmen<br />

eingeplant.<br />

Aceh/Indonesien<br />

In Aceh, wo die Flutwelle die schwersten Verwüstungen und die meisten Todesopfer<br />

zurückließ, führt terre des hommes ein umfangreiches Hausbauprogramm durch. Fast 200<br />

Häuser sind fertiggestellt; weitere 550 sind im Bau oder in Planung.<br />

Außerdem wird die Sanitär- und Wasserversorgung der Bevölkerung unterstützt. Diese<br />

Baumaßnahmen werden auch 2006 fortgeführt. Langfristige Arbeitsschwerpunkte werden<br />

jedoch neben der psychosozialen Unterstützung für Kinder Programme zur Dorfentwickung<br />

sein. Dazu zählen Hilfen für Überlebende des Tsunami, ein eigenes Einkommen zu<br />

erwirtschaften, sowie Bildungs- und Qualifizierungsangebote für Dorfbewohner und ihre<br />

Kinder. Seit der Flutwelle hat terre des hommes insgesamt rund 3,1 Millionen Euro für<br />

die Arbeit in der Region Aceh zur Verfügung gestellt. Weitere zwei Millionen Euro sind für<br />

längerfristige Maßnahmen eingeplant.<br />

Tsunami Schäden<br />

Zerstörung


Tsunami<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> und Prävention<br />

Thailand<br />

terre des hommes unterstützt den <strong>Wiederaufbau</strong> an der Andamanen-Küste in Süd-<br />

Thailand. Finanziert werden drei Thai-Projektpartner mit verschiedenen Schwerpunkten.<br />

Dazu zählen der Aufbau von Fischerdörfern, Boots- und Häuserbau sowie die psychologische<br />

und materielle Hilfe für Familien und Kinder, die von der offiziellen Tsunami-Hilfe<br />

ausgeschlossen blieben.<br />

Bislang konnten zusammen mit anderen Organisationen 1268 Boote repariert und 166<br />

Häuser aufgebaut werden.<br />

terre des hommes hat insgesamt 466.000 Euro für Hilfsmaßnahmen in Thailand zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Fazit für <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> Tsunami:<br />

eingeschränkte präventive Raumplanung<br />

Aufbau eines Frühwarnsystems (Rettung von Menschenleben)<br />

Verbesserung der Kommunikationswege<br />

Verbesserung der Fluchtinfrastruktur<br />

architektonische Anforderungen und städtebauliche Anforderungen.<br />

Aufbau <strong>nach</strong>dem Tsunami


Tsunami<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>- Projektbeispielen<br />

-Projektbeispiel Indonesien<br />

Nach der Flutkatastrophe Ende Dezember 2004 war die medizinische Versorgung<br />

der Menschen in Banda Aceh zunächst kaum möglich, weil die Flutwelle Teile des<br />

wichtigsten Krankenhauses der Provinz zerstört und neben vielen Patienten auch<br />

Ärzte und Krankenschwestern in den Tod gerissen hatte. Direkte Nothilfe für die<br />

Bevölkerung wurde durch die Bundeswehr in einem Feld-Krankenhaus geleistet. Das<br />

Bundesentwicklungsministerium übernimmt in zusammenarbeit mit Australien den<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> des General Hospital Zainoel Abidin, um den Menschen vor Ort eine<br />

langfristige Gesundheitsversorgung zu bieten. Konkret bedeutet dies die Reparaturen<br />

der Anlagen, die Sanierung der Gebäude und die Beschaffung von Ausstattung, sowie der<br />

Aufbau einer verbesserten Krankenhausverwaltung. Des Weiteren wird Unterstützung bei<br />

der Verbesserung des Gesundheitswesens in der Provinz geleistet. Die Bundesregierung<br />

hat <strong>nach</strong> der Flutkatastrophe in Südostasien die besonders schwer betroffene Provinz<br />

Banda Aceh auf Sumatra (Indonesien) zu einem Schwerpunkt ihrer Hilfe für die<br />

betroffenen Menschen und für den <strong>Wiederaufbau</strong> erklärt. In enger Abstimmung mit<br />

den indonesischen Partnern und der internationalen Gebergemeinschaft soll neben der<br />

dringend notwendigen medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung das zentrale<br />

Krankenhaus “General Hospital Zainoel Abidin” in Banda Aceh wieder aufgebaut werden.<br />

Bis zur Naturkatastrophe war dieses Krankenhaus das wichtigste Klinikum der Provinz,<br />

ausgestattet mit einer Transplantationsklinik und einem Reha-Zentrum. Ein erheblicher<br />

Teil des Krankenhauspersonals hat die Flutwelle nicht überlebt. Die meisten Gebäude<br />

wurden stark beschädigt, aber nicht zerstört. Allerdings wurde die Neugeborenenabteilung<br />

des Krankenhauses komplett weggespült.<br />

Die Bundeswehr hat während ihres dreimonatigen Einsatzes unmittelbar <strong>nach</strong> der<br />

Katastrophe ein Feld- Krankenhaus gleich neben dem Krankenhaus errichtet und erste<br />

Arbeiten im Krankenhaus geleistet. Gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk (THW),<br />

der Kreditanstalt für <strong>Wiederaufbau</strong> (KfW), nichtstaatlichen Hilfsorganisationen und den<br />

australischen Regierung wurden wesentliche Teile des Hospitals wieder funktionsfähig<br />

gemacht. Dabei hat die Partnerschaftsinitiative, die Partnerschaftsangebote aus ganz<br />

Deutschland aufgenommen und in die Tsunami-Gebiete vermittelt hat, das THW bei den<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen mit Spenden in Höhe von 1 Million Euro unterstützt. Der nächste<br />

Schritt umfasste die Reparaturen der Anlagen und die Sanierung beziehungsweise den<br />

Neubau der Gebäude insgesamt, die Beschaffung von Ausstattung, die Verbesserung<br />

der Krankenhausverwaltung und längerfristig den Aufbau eines Gesundheitssystems<br />

in der Provinz. Im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit wurden und werden die<br />

Baumaßnahmen und die Ausstattung des Krankenhauses zusammen mit weiteren Gebern<br />

übernommen. Beispielsweise werden die Gebäude der Poliklinik und der Notaufnahme<br />

in Stand gesetzt. Die Krankenhausverwaltung wird, unterstützt durch deutsche<br />

Berater, reorganisiert und somit wirtschaftlicher und patientengerechter gestaltet. Die<br />

Unabhängigkeit von zentralen Strukturen steht dabei im Vordergrund, um administrative<br />

Abläufe zu beschleunigen, neues benötigtes Personal unkompliziert und schnell<br />

einzustellen und das zur Verfügung stehende Budget eigenständig dort einzusetzen, wo<br />

es benötigt wird.<br />

Zerstörung in der Stadt<br />

prvisorisch Haus<br />

im Krankenhaus


zerstörte Infrastruktur


Tsunami<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>- Projektbeispielen<br />

-Projektbeispiel in Sri Lanka<br />

In Sri Lanka begegnen wir einer Situation, in der vor allem radikale Kräfte auf allen<br />

Seiten anpolitischem Einfluss gewonnen haben. Der Wille zu ernsthaften Veränderungen<br />

in Richtung Machtteilung, Achtung der kulturellen Vielfalt und Gewaltverzicht ist kaum<br />

zu erkennen. In der Hauptsache sind es Organisationen aus dem zivilgesellschaftlichen<br />

Bereich, die nicht nur beständig die Stimme für demokratische und pluralistische Werte<br />

erheben, sondern sich auch aktiv dafür einsetzen. Die Zivilgesellschaft kann damit einen<br />

äußerst wirksamen Beitrag zur Konflikttransformation und für den Friedensprozess in<br />

Sri Lanka leisten. Es gilt, diese zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen<br />

in ihrem Engagement um gewaltfreie Konfliktlösungen zu unterstützen, Dialog und<br />

Zusammenarbeit der verschiedenen Interessengruppen zu fördern und damit zur<br />

gesamtgesellschaftlichen Anerkennung demokratischer und pluralistischer Werte<br />

beizutragen. Hierzu wurde das Projekt “FLICT” (Facilitating Local Initiatives for Conflict<br />

Transformation) ins Leben gerufen. Ein friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft<br />

Sri Lankas ist nur durch die gegenseitige Akzeptanz der unterschiedlichen kulturellen<br />

Identitäten und das Miteinander über ethnische und religiöse Grenzen hinweg möglich.<br />

Vor diesem Hintergrund verwaltet FLICT einen Fonds, der es erlaubt, lokale Initiativen<br />

und Aktionsgruppen in ihren Friedensbemühungen auch finanziell zu unterstützen. Zu<br />

den geförderten Initiativen gehören beispielsweise Theatergruppen, die Alltagsthemen<br />

und Konfliktsituationen bearbeiten. Den Theatergruppen gehören Personen<br />

unterschiedlicher ethnischer Gruppen oder Religionsgemeinschaften an. Gespielt werden<br />

die Theaterstücke in tamilischer und in singhalesischer Sprache. Die Vorführungen finden<br />

in unterschiedlichen Regionen statt und verbinden so Dörfer, zwischen denen ansonsten<br />

teilweise keinerlei Kontakt besteht. Gleichzeitig werden durch die Begleitung von<br />

Aktions- und Selbsthilfegruppen und deren Beratung Kompetenzen und Kapazitäten der<br />

einzelnen Organisationen gestärkt. Gefördert werden zudem Initiativen des politischen<br />

Engagements für demokratische und pluralistische Regierungsformen.<br />

Projektbaispielen in Süd-Thailand<br />

Im Rahmen der Soforthilfe wurden bereits verschiedene Hilfseinsätze mit einem<br />

Gesamtvolumen von rund 300.000 Euro geleistet: <strong>Wiederaufbau</strong>hilfen: Allein für das Jahr<br />

2005 haben die Malteser 1 bis 1,5 Millionen Euro für <strong>Wiederaufbau</strong>programme in Süd-<br />

Thailand zur Verfügung gestellt. Derzeit werden die folgenden <strong>Wiederaufbau</strong>projekte an<br />

den einzelnen Standorten durchgeführt bzw. vorbereitet: Fischer in Payagerla.<br />

a) Ko Koh Khao Island: Wasserversorgung und Abwasserentsorgung für die drei<br />

betroffenen Dörfer auf der Insel konnten vor rund drei Wochen erfolgreich wieder<br />

sichergestellt werden. Weiterhin werden die Malteser zusätzliche Notunterkünfte, die<br />

inzwischen von einer amerikanischen Organisation in einem der Dörfer gebaut wurden,<br />

ebenfalls mit dem neuen Wassersystem verbinden. Der <strong>Wiederaufbau</strong> von Häusern (von<br />

den Einwohnern werden Häuser auf Stelzen bevorzugt) erfolgt durch die Marine, die auch<br />

schon die Notunterkünfte gebaut hat. Im Rahmen dieses <strong>Wiederaufbau</strong>s, der mindestens<br />

ein Jahr dauern wird, werden die Malteser ein Wassersystem anlegen, das 100 Familien<br />

mit Trinkwasser versorgen und gleichzeitig die Abwasserentsorgung regeln wird. b) Ban<br />

Bansak Das momentan größte <strong>Wiederaufbau</strong>projekt der Malteser ist derzeit das Bauprojekt<br />

in dem Dorf Ban Bansak. Am 15. Februar wurde hier mit dem rituellen Einsetzen des<br />

ersten Stützpfeilers für das erste Haus mit dem Bau von 30 Stelzenhäusern begonnen.<br />

Der Baubeginn hatte sich durch die erforderliche Registrierung der zukünftigen<br />

beeinträchtigte Grundversorgung


Tsunami<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>- Projektbeispielen<br />

Bewohner durch den offiziellen Gemeindeleiter etwas verzögert; doch die Zustimmung<br />

regionaler und lokaler Behörden ist für alle Malteser Projekte ein wichtiges Kriterium, um<br />

den langfristigen Erfolg der Projekte sicherzustellen. Seit Mitte Februar arbeiten täglich 26<br />

Arbeiter unter der Aufsicht eines lokalen Bauleiters an derzeit sechs Häusern. Geplanter<br />

Bauabschluss für alle 30 Häuser ist Ende Mai. – Alle Arbeiter auf der Baustelle stammen<br />

aus dem Dorf Bansak. Hiermit geben wir den Dorfbewohnern schon vor der Fertigstellung<br />

ihrer neuen Häuser eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt wieder selbst zu verdienen.<br />

Auch Frauen wurden eingestellt, da viele ihre Männer und damit oft das einzige Einkommen<br />

für die Familie verloren haben. Den Haustyp durften sich die zukünftigen Bewohner selbst<br />

auswählen: es handelt sich um Stelzenhäuser in traditioneller Form, die allerdings in<br />

verbesserter Bauweise auf einem erhöhten Betonsockel und mit einer Betondecke gebaut<br />

werden, um zum einen vor den in der Regenzeit zu befürchtenden Überschwemmungen<br />

zu schützen und zum anderen die Möglichkeit zu späte-ren räumlichen Erweiterungen<br />

bieten. c) Ban Muang - Neben der Versorgung der Mutter-Kind-Tagesstätte in Ban Muang,<br />

in der derzeit täglich noch rund 80 Mütter und 20 Kinder betreut werden, mit Hilfs-<br />

und Gebrauchsgütern und Baumaterialien führen die Malteser hier auch Maßnahmen<br />

zum <strong>Wiederaufbau</strong> der verwüsteten Einrichtung durch. Mitte Februar konnten die<br />

Baumaßnahmen am Gebäude abgeschlossen werden; das Haus wurde mit einem neuen<br />

Dach und mit neuen halbhohen Holzwänden versehen. Derzeit erfolgt der Bau von zwei<br />

kompletten Toiletten-Einheiten sowie eines neuen Waschraumes.<br />

d) Pak Weep Die Schule in Pak Weep diente seit der Flutkatastrophe als Notunterkunft. Die<br />

Toiletten hier hielten dem Benutzeransturm nicht lange stand; daher haben die Malteser<br />

hier zwei Toiletteneinheiten repariert und eine dritte neu hinzugebaut. Außerdem richten<br />

wir für die 124 Schüler einen Waschbecken-Bereich zum Händewaschen und zum<br />

Zähneputzen <strong>nach</strong> den Mahlzeiten ein. e) Laem Tukkae In Laem Tukkae (auf Phuket) wird<br />

die thailändische Marine 26 Häuser einschließlich des Wassersystems wieder aufbauen.<br />

Die Malteser stellen das gesamte für den <strong>Wiederaufbau</strong> der Wasserversorgung und<br />

Abwasserentsorgung notwendige Material zur Verfügung.<br />

f) Ban Lam Pi In dem Dorf Ban Lam Pi in der Nähe von Thai Muang unterstützen die<br />

Malteser ein Ernährungsprogramm für Kinder. Sowohl in der Ban Lam Pi Grundschule als<br />

auch auf dem Dorfplatz erhalten täglich zwischen 60 und 80 Kinder unter sechs Jahren<br />

nahrhafte und vitaminreiche Nahrung. Unter Anle itung einer thailändischen Malteser<br />

Mitarbeiterin wird das Essen von ehrenamtlichen Helfern gekocht und verteilt.<br />

prvisorisch Haus<br />

zerstörte Infrastruktur


Literaturverzeichnis<br />

“Lexikon der Geographie” v. Ernst Brunotte, Hans Gebhart, Manfred Meurer<br />

“<strong>Naturkatastrophen</strong>” v. Franz Fiedler, Franz Nestmann, Martin Kohler<br />

“Das Wetter und <strong>Naturkatastrophen</strong>” v. Sonia Schadwinkel<br />

www. Seiten:<br />

www.wikipedia.de<br />

www.tsunamis.com<br />

www.planet-erde.de<br />

www.unesco-heute.de<br />

www.tsunami.org<br />

Abbildungverzeichnis<br />

Aufbau <strong>nach</strong>dem Tsunami<br />

Ausbreitung der Welle mit hoher Geschwindigkeit<br />

Auftreffen des Tsunami auf das Land<br />

Beeinträchtigte Grundversorgung<br />

Beeinträchtigung der LW, ökologische Schäden<br />

Bewegung einer Wassersäule vom Meeresboden<br />

Bevorstehende Tsunamis<br />

ein Tsunami<br />

Ertrinken<br />

Flucht vor Tsunamis<br />

Gefahr durch Vordringen und Abfließen der Wassermassen<br />

Gender-Aspekt<br />

Im Krankenhaus<br />

Küste im Normalzustand<br />

Küstengebiete vor Plattengrenzen<br />

Provisorisch Haus<br />

Tsunamis<br />

Tsunami Schäden<br />

Tsunami Welle<br />

Tsunami Welle an der Küste<br />

Unterkühlung<br />

Wellenlänge,Wellenperiode und Geschwindigkeit<br />

Zerstörte Infrastruktur<br />

Zerstörte Infrastruktur, beeinträchtigte Grundversorgung<br />

Zerstörung<br />

Zerstörung durch den Tsunamis<br />

Zerstörung in der Stadt<br />

zur Meeresoberfläche


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Abb.1 Kinder vor einer Übergangsunterkunft in Meuraxa , Banda Aceh, (© Gotsch 2005)


'Lessons-learnt' aus dem <strong>Wiederaufbau</strong> von Wohngebäuden in Sri<br />

Lanka und Indonesien <strong>nach</strong> der tsunami Katastrophe 1<br />

Einleitung<br />

Ziele dieser Arbeit<br />

Arbeitsweise und Methoden<br />

Schadensbilder<br />

Indonesien<br />

Sri Lanka<br />

Zwei exemplarische <strong>Wiederaufbau</strong>-Strategien<br />

GTZ-Strategie Banda Aceh, West-Sumatra<br />

GTZ-Strategie in Batticaloa, Sri Lanka<br />

Semi-permanente Wohngebäude<br />

Lektionen<br />

Prinzipien<br />

Permanente Wohngebäude<br />

Rahmenbedingungen<br />

Gebäude<br />

Schlüsselakteure<br />

Fazit<br />

Referenzen<br />

Kurzfristige Aufgaben<br />

Mittel- bis langfristige Aufgaben<br />

Peter Gotsch, Karlsruhe


1. Einleitung<br />

EINLEITUNG<br />

„Als wir die Gemeinden in Aceh aufforderten, ihre Prioritäten zu benennen, war die Antwort<br />

immer die gleiche: Häuser. Auch wenn es oft kein Wasser gab, beteuerten die Leute, dass<br />

es die einzige Art den <strong>Wiederaufbau</strong> zu beginnen war Häuser zu bauen. Feste Häuser,<br />

sichere Häuser, Ziegelhäuser. Keine wackeligen Hütten, sondern Heime mir Türen und<br />

Schlössern.“ (Dercon 2007:16) 2<br />

Kontext, Fünf Wellen<br />

Die Tsumani Katastrophe die den Indischen Ozean am Ende des Jahres 2004 erschütterte,<br />

läßt sich als eine Geschichte von fünf Wellen lesen: Erstens Tsunami; zweitens Bilderflut,<br />

drittens Spendenregen, vietens Helferschwemme, fünftens <strong>Wiederaufbau</strong>bewegung.<br />

Am 26. Dezember des Jahres 2004 verursachte ein schweres Erdbeben der vor südöstlichen<br />

Küste der indonesischen Insel Sumatra eine der folgenreichsten Katastrophen der<br />

Menschheitsgeschichte. Das Erdbeben mit der Stärke 9,1 verursachte eine große Tsunami-<br />

Flutwelle. Diese breitete sich innerhalb kürzester Zeit bis hin <strong>nach</strong> Ostafrika aus (Vgl. Abb.<br />

2-4). Millionen von Menschen wurden verletzt. Hunderttausende starben an der Folgen von<br />

Erdbeben und Welle. Küstenregionen wurden zerstört und die dort wohnenden Menschen<br />

verloren ihre Lebensgrundlagen (Vgl. Abb. 6-9). Die am stärksten betroffen Gebiete<br />

zeichneten sich durch Armut sowie Unterentwicklung aus 3 , aber auch durch zivile Unruhen<br />

und politische Unabhängigkeitsbewegungen. Zu diesen anfälligsten Gebieten gehörten die<br />

indonesische Provinz Aceh, sowie der Inselstaat Sri Lanka 4 .<br />

Die Tsunamiwelle löste in der Folge eine Reihe weiterer Wellenbewegungen aus. So kann<br />

die globale Bilderflut die schon bald um die Welt ging als zweite Welle bezeichnet werden.<br />

Dieser Bilderwelle folgte schließlich als ‚dritte‘ Welle; die der weltweiten solidarischen<br />

Bewegung, die sich in der Ankunft von Spendenfluten ausdrückte. Niemals zuvor wurden<br />

so viele Hilfsgelder in einem so kurzen Zeitraum aufgebracht. Die Tsunami Evaluation<br />

Coalition (TEC) spricht von einer Gesamtsumme von 14 Billionen US$ (TEC 2005). In vielen<br />

der Geberländer war der Anteil privater Spenden beinahe so hoch wie der Anteil öffentlicher<br />

Beiträge 5 . Auch war nie zuvor den sogenannten nichtstaatlichen Hilfsorganisationen<br />

(NGO’s) im Rahmen einer Katastrophe eine derart bedeutende Rolle zugekommen 6 (vgl.<br />

Knapp 2006).<br />

Nach der Katastrophe begannen zahlreiche internationale, staatliche, nicht-staatliche-,<br />

sowie lokale Organisationen und Behörden zusammen mit der überlebenden Bevölkerung<br />

mit ersten Maßnahmen der Nothilfe 7 und richteten lokale Stützpunkte ein. Die Ankunft<br />

der Hilfsorganisationen kann daher auch als die „vierte Welle“ bezeichnet werden. 8 Schon<br />

wenige Wochen <strong>nach</strong> den Nothilfemaßnahmen wurden zunehmend das Ausmaß des<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>es deutlich (fünfte Welle). Diese bestanden vor allem in der Wiederherstellung<br />

der Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung (<strong>Wiederaufbau</strong>). Dabei ging es vor allem<br />

die Wiederherstellung der nötigsten Infrastruktur, wie Wasser, Abwasser, Strom, der<br />

Versorgung mit Schulen, Gesundheitseinrichtungen, und Arbeitsplätzen. Vor allem aber<br />

benötigten die überlebenden Familien hunderttausende von Wohngebäuden. 9<br />

Aufgrund der guten finanziellen Lage (und mangelnder Alternativen) kam es also, dass sich<br />

die Hilfsorganisationen dieser großen Herausforderung dieser fünften Welle annahmen<br />

und sich am <strong>Wiederaufbau</strong> der Siedlungsstrukturen beteiligten. Auch dies ist historisch<br />

einmalig. Denn in der traditionellen Entwicklungshilfe und auch in der Nothilfe war der<br />

Abb. 2-4 Ausbreitung der Flutwelle 1 (©Kenji Satake)


Abb.5 Kontext vielfältiger Akteure und Regelungen am Beispiel<br />

Indonesien.<br />

Abb. 6 Schadensbild eines Einfamilienhaus im ind. Distrikt Pidie.<br />

Abb. 7 Eindringtiefe der Tsunamiwelle an der Ostküste Sri<br />

Lankas (© NASA)<br />

Bau permanenter Wohngebäude längs aus der Mode gekommen 10 . Und so war kaum<br />

einer der beteiligten Akteure war auf diese Aufgabe vorbereitet 11 . (Abb. 5 Illustriert den<br />

‚Urwald‘ von Akteuren in dem sich die ‚Helfer‘ wiederfanden.) Zahlreiche Regierungs- und<br />

Nichtregierungs-Organisationen (NGO) haben mit dem Wohnungsbau somit ein ‚neues‘<br />

Terrain betreten. Die Situation war durch den Mangel an Fachpersonal bedingt und daher<br />

glich der <strong>Wiederaufbau</strong> einem Prozess von ‚try-and-error‘. Das heißt man war darauf<br />

angewiesen, aus den eigenen Fehlern zu lernen. Die meisten der Projekte mussten dabei<br />

‚von unten‘ her successive entwickelt und optimiert werden. Innerhalb kürzester Zeit<br />

entstanden so hunderte individueller Lösungen – gute und weniger gute.<br />

Die sehr zahlreichen und unterschiedlichen Lösungen des <strong>Wiederaufbau</strong>s <strong>nach</strong> dem<br />

Tsunami stellen eine historisch einmalige und eine reiche Fundgrube dar. Die Auswertung<br />

dieser ‚Fundgrube‘ könnte wesentlich dazu beitragen, Fehler in der Zukunft zu vermeiden<br />

und entsprechende Lernprozesse zu initiieren.<br />

Ziele dieser Arbeit<br />

Diese Arbeit versteht als ein Beitrag zur Dokumentation, Auswertung und Reflexion von<br />

Erfahrungen des <strong>Wiederaufbau</strong>es von Wohngebäuden <strong>nach</strong> der Tsunami Katastrophe. Die<br />

hier dargestellten Daten sollen die Erfahrungen der am <strong>Wiederaufbau</strong> beteiligten Personen<br />

reflektieren. Es handelt sich nicht um eine gutachterische Bewertung 12 .<br />

Es ist erfreulich, dass die Anzahl der Studien und ‚Lessons-learnt’ Dokumente von Tag zu<br />

Tag wächst. Die meisten der Dokumente widmen sich jedoch hauptsächlich den Erfahrungen<br />

der Nothilfe, des Management oder der Entwicklung menschlicher Ressourcen 13 . Studien<br />

zum Wohnungsbausektor gibt es kaum.<br />

Arbeitsweise und Methoden<br />

Diese Arbeit arbeitet in erster Linie mit der Dimension des sogenannten Erfahrungswissens.<br />

Darunter ist das Handlungs-know-how zu verstehen, das aus einer Vielzahl von<br />

Lernprozessen zu Beispiel <strong>nach</strong> einer Krise entsteht. Erfahrungswissen heißt handlungs-<br />

und prozessorientiertes Erfolgswissen. Es gehört zu einer Kategorie von Wissen, welches<br />

selten dokumentiert wird und üblicherweise zwischen den Zeilen steht. (vgl. Cusnick 2003;<br />

Moll 2006).<br />

In diesem Sinne ist diese Arbeit nicht als ein bautechnisches Lehrbuch, oder eine<br />

Anleitung zum <strong>Wiederaufbau</strong> zu verstehen. Es geht hier um die subjektiven und objektiven<br />

Erfahrungen von Schlüsselpersonen. Die Autoren fungieren dabei sowohl als Baufachleute,<br />

denn bedürfen eines technischen Verständnisses von Gebäuden, sie agieren aber auch als<br />

Wissenschaftler, Journalisten, und Psychologen.<br />

Die Grundlage der hier präsentierten Erkenntnisse sind zahlreiche Experteninterviews,<br />

die eigene Begehung, Aufnahme und Dokumentation zahlreicher Projekte, sowie die<br />

Auswertung zusätzlicher Dokumente. In diesem Zusammenhang wurden über Vierzig am<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> von Wohngebäuden beteiligte Schlüsselpersonen systematisch befragt. Etwa<br />

genauso viele Projekte wurden besichtigt. Des Weiteren wurden zahlreiche Unterlagen<br />

wie Pläne, Zeitungsartikel, lokale Regelwerke, aber auch weitere Sekundärliteratur<br />

ausgewertet.


Abb.8+9 Küstenausschnitt vor Banda Aceh vor und <strong>nach</strong> der Welle (© GeoEye/CRISP)<br />

Postdisaster Image<br />

Der Bericht stützt sich vor allem auf Material aus zwei Schwerpunktgebieten: Batticaloa,<br />

einem Bezirk an der Ostküste Sri Lankas, sowie in der Provinz Aceh in Indonesien. Die<br />

Daten wurden im November und Dezember des Jahres 2005 aufgenommen, kurz bevor<br />

sich die Katastrophe jährte. Dies war ein kritischer und interessanter Zeitpunkt, denn<br />

er lag zwischen zwei wichtigen Phasen, dem Zeitabschnitt der ‚Nothilfe‘ und der des<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>s. An dieser Stelle waren die <strong>Wiederaufbau</strong>aufgaben der Organisationen<br />

weitgehend definiert und ihre Ansprüche (‚Claims‘) weitgehend verteilt worden. Zuvor<br />

waren im ‚regulatorischen Vakuum‘ des ersten Jahres, angesichts des großen Geldsegens<br />

eine große Fülle experimenteller Modellprojekte entstanden. Daraus entstand ein erster<br />

natürlicher Auswertungs- und Reflektionsbedarf um das weitere Vorgehen zu definieren.


Abb. 10 Übersichtskarte Provinz Aceh (© www.acheh-eye.org)<br />

Abb. 11 Übersichtskarte Sri Lanka (© UN)<br />

SCHADENSBILDER<br />

Der Tsunami vom 26. Dezember 2004 hat in Indonesien und Sri Lanka neben den hohen<br />

Verlusten an Menschenleben auch schwere Schäden am Gebäudebestand verursacht.<br />

Die umfangreichen <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen konzentrieren sich unter anderem auf den<br />

Bedarf an neuen, sicheren Wohnhäusern 14 .<br />

Indonesien<br />

Indonesien war von der Flutkatastrophe vom 26 Dezember 2004 besonders stark betroffen.<br />

Die Provinzen Nord Sumatra und Aceh gehören weltweit zu den durch das Erdbeben und<br />

die Tsunamiwelle am stärksten zerstörten Gebieten. Über 100.000 Tote, 10.000 Vermisste<br />

und mehr als 600.000 Obdachlose waren hier zu verzeichnen. Viele Orte mussten wieder<br />

vollkommen neu aufgebaut werden, teilweise an neuen Standorten.<br />

Die Anzahl der zerstörten Gebäude wurde auf circa 200.000 Gebäude geschätzt. Der Bedarf<br />

belief an neuer Häusern belief sich laut der indonesische Koordinationsbehörde für den<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> (BRR) auf 120.000. (Vgl. Abb. 10)<br />

Sri Lanka<br />

Der Inselstatt Sri Lanka mit 20 Millionen Einwohnern vor der Südküste Indiens war von<br />

der Tsunami-Katastrophe ebenfalls sehr stark betroffen. Cirka 35.000 Tote und Vermisste<br />

waren hier zu beklagen. Mehr als 550.000 (3 % der Bevölkerung) wurden zu Flüchtlingen<br />

und Obdachlosen, die ihrer Lebensgrundlage, Arbeit und Häuser beraubt wurden (Weltbank<br />

2005).<br />

Durch den Tsunami am 26.12.2004 und dessen Folgen waren etwa 255.000 Menschen<br />

von etwa 536.000 der Gesamtbevölkerung Batticaloas direkt betroffen. Mehr als 3.000<br />

Menschen starben und über 2.300 wurden verletzt. Cirka 15.000 Wohngebäude wurden<br />

komplett zerstört und mehr als 5.000 Haushalte wurden teilzerstört. 15<br />

Die Provinzen im Norden und im Osten der Insel (Trincomalee, Batticaloa und Ampara)<br />

hatten mit jeweils ca. 20.000 zerstörten und teilzerstörten Häusern die größten Schäden zu<br />

verzeichnen. Insgesamt wies die UNHCR Ende Januar 2004 113.625 betroffene Häuser aus,<br />

von denen 65.349 vollständig zerstört waren 16 (Vgl. Abb. 11)


ZWEI EXAMPLARISCHE WIEDERAUFBAU-STRATEGIEN<br />

Bevor es an die generelle Dokumentation und Auswertung breiterer Erfahrungen aus dem<br />

Bereich semi-permanenter und permenenter Wohngebäude geht, sollen die Erkenntnisse<br />

verankert werden. Daher werden im nächsten Abschnitt zwei exemplarische Strategien<br />

im Rahmen des <strong>Wiederaufbau</strong>s vorgestellt. Diese beziehen sich auch die Strategien des<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>e der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Sri<br />

Lanka und Banda Aceh.<br />

GTZ-Strategie Banda Aceh<br />

„Wichtig für die Nothilfe war, die Menschen zu unterstützen wieder ihren Unterhalt zu<br />

sichern, statt schnell ein Wohnhaus wieder aufzubauen.“ (Günther Kohl Leiter der GTZ-<br />

Nothilfe in Banda Aceh, in einem Interview 2005).<br />

Die GTZ Themengruppe in Banda Aceh trägt die Bezeichnung „Support for Local<br />

Governance for Sustainable Reconstruction“ (SLGSR) 17 . Im Vordergrund der Arbeit dieser<br />

Themengruppe standen diverse Aspekte des ‚Capacity Building‘. Insbesondere wurden die<br />

personalgeschwächten lokalen Verwaltungen unterstützt. Zusätzlich gehörte die integrierte<br />

Siedlungsplanung und die Unterstützung von Vorhaben des privaten Wohnungsbaus zu den<br />

Aufgaben des GTZ-Büros. Zu den Einsatzgebieten gehörten die Kommunen Banda Aceh,<br />

sowie die be<strong>nach</strong>barten ‚ländlichen‘ Distrikte Aceh Besar und Pidie.<br />

Im Rahmen der <strong>Wiederaufbau</strong>hilfe im Gebäudesektor in Banda Aceh waren vor allem<br />

folgende drei Schwerpunkte herausragend:<br />

1. Ein wesentliches Standbein der Strategie war die Anwendung partizipativer<br />

Planungsinstrumente. Werkzeuge wie zum Beispiel des Community Action Planning (CAP)<br />

dienten der Mobilisierung und Steuerung der Selbstorganisationspotentiale der lokalen<br />

Bevölkerung. (Vgl. Abb. 13, siehe auch unten)<br />

2. Außerdem war die Implementierung zahlreicher Pilot- und Demonstrationsprojekte enorm<br />

bedeutend. In diesem Zusammenhang baute die GTZ zum Beispiel eine Beispielsiedlung<br />

für 350 Einwohner in Laweng (Pidie), exemplarische Notunterkünfte in Kembang Tanjung<br />

(Banda Aceh), oder ein innovatives Bausystem für ein Tsunami-sicheres Haus. Des weiteren<br />

führte man modellhafte Maßnahmen des Küstenaufbaues durch. (Abb. 14)<br />

3. Die Einbeziehung des privaten Sektors war die dritte wesentliche Säule der GTZ Strategie<br />

in Aceh. Dieser wurde zum Beispiel maßgeblich in den Aufbau der sogenannten Building<br />

Clinic (oder auch ArchClinic) eingebunden. Diese ArcClinic war eine Kooperation mit der<br />

indonesischen Architektenkammer, sowie mit der Privatwirtschaft. Sie funktionierte als<br />

Public Private Partnership (PPP). Sie fungierte als Fortbildungs- und Demonstrationszentrum<br />

für Materialien und Technologien des <strong>Wiederaufbau</strong>es von Gebäuden mit Zweigstellen in<br />

der Region. (Abb. 12)<br />

Abb.12 ‘Neue’ Baumaterialien in den Räumen der ArcClinic<br />

Abb.13 Community Action Planning (CAP) in Lamteungoh, Aceh.<br />

(© GTZ)<br />

Abb.14 GTZ-Modellprojekt zum Küstenschutz Distrikt Pidie, Aceh


Abb.14 Ausbildungsmaßnahme im Bauhof der GTZ in Batticaloa<br />

Abb. 15 Betonsteinpressen auf dem Bauhof der GTZ in Batticaloa<br />

Folgende Komponenten waren ebenfalls bedeutend:<br />

a. Die bewußte Einbeziehung eines breiten Spektrums lokaler und überregionaler Akteure<br />

innerhalb der Projekte und Umsetzungsmaßnahmen. (Aus der Bevölkerung, Verwaltung,<br />

anderen Organisationen, Privatwirtschaft etc) 18<br />

b. Die maßstabsübergreifende Einbindung der Projekte in regionale und überregionale<br />

Umweltvorhaben der räumlichen Planung, und der Siedlungsentwicklung. (Vgl. Abb.<br />

c. Die Hinwirkung auf eine Legalisierung zahlreicher informeller Strategien, wie zum<br />

Beispiel die Integration der partizipativen Planungsverfahren, in die lokale Gesetzgebung. 19<br />

(Vgl. Abb.42)<br />

GTZ-Strategie in Batticaloa, Sri Lanka<br />

In Batticaloa, an der Ostküste Sri Lankas bestritt die GTZ den Aufbau von ca. 700 Häusern<br />

auf Privaten Grundstücken und von ca. 300 Häusern in neuen Siedlungen 20 . Die Vorhaben<br />

sind auf einen Zeitraum von 3 Jahre angelegt. Ein subventioniertes Gebäude durfte in Sri<br />

Lanka maximal 55 Quadratmeter haben und wurde mit einer Summe bis zu 5000 US$<br />

gefördert. 21<br />

Die Strategie der GTZ in Batticaloa bestand maßgeblich aus drei Elementen:<br />

1. Partizipation: Um die Beteiligung und Motivation der Bevölkerung beim <strong>Wiederaufbau</strong><br />

zu sichern, wurden Planung und Ausführung gemeinsam besprochen und durchgeführt.<br />

Dabei spielten lokale Nichtregierungsorganisationen eine wichtige Vermittlerrolle.<br />

2. Ausbildung und Training: Wer nicht in der Lage war sein Haus selbständig wieder<br />

aufzubauen, wurde angelernt oder hatte die Möglichkeit eine anerkannte Ausbildung<br />

als Maurer, Zimmermann oder Elektriker zu absolvieren. Wichtig war insbesondere die<br />

Förderung von Frauen. Diese Maßnahme sicherte den Teilnehmern und Teilnehmerinnen<br />

ein Grundgehalt und eine Zukunftsperspektive. Circa 1000 Ausbildungen wurden in<br />

der Projektlaufzeit abgeschlossen. Zusätzlich zu Ausbildung und Training wurden der<br />

Bevölkerung Werkzeuge und Materialien zur Verfügung gestellt. (Vgl. Abb 15)<br />

3. Bauhofmodell: Um den Materialbedarf zu gewährleisten wurde ein Bauhof eingerichtet<br />

(vgl. GTZ 2003) Dieser diente einer effizienten und der unabhängigen Bereitstellung von<br />

grundlegendem Baumaterial. Vor Ort wurden Betonblocksteine gefertigt und Fenster und<br />

Türen produziert. Dabei wurde bereits vorsorgend zum einem sehr frühen Zeitpunkt (und<br />

niedrigen Preisen) eine Lagerhaltung von Dachziegeln, Sand und Zement eingeführt. Die<br />

Verteilung an die Betroffenen regelte ein eigenes Kontrollverfahren. 22 (Vgl. Abb 16)


SEMI-PERMANENTE WOHNUNGEBÄUDE<br />

Der Totalverlust des Zuhauses gehört zu den traumatischen Erlebnissen von<br />

hunderttausenden Überlebenden der tsunami Katastrophe. Aus dem Dialog mit zahlreichen<br />

Schlüsselakteuren wurde deutlich, dass <strong>nach</strong> Katastrophen mit dem Ausmaß eines Tsunami<br />

Strategien für Übergangs-Unterkünfte (semi-permanent shelter) eine besondere Rolle<br />

zukommt. Damit sind Strukturen gemeint, die über Notunterkünfte und Zelte hinausgehen<br />

und welche den Betroffenen im Extremfall einen 1-2 jährigen Aufenthalt erlauben können.<br />

Dabei kommt es vor allem darauf an, den traumatisierten Opfern eine sichere und eigene<br />

Basis zu geben ein Menschenwürdiges dasein zu ermöglichen.<br />

Der folgende Abschnitt reflektiert zunächst einige problematische Lektionen mit semipermamenten<br />

Unterkünften. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den indonesischen<br />

Erfahrungen. Anschließend werden vorbildhafte ‚Lektionen‘ in Form eines<br />

‚Prinzipienkataloges‘ zusammengestellt. 23<br />

Lektionen<br />

An den besuchten Orten gab es viele problematische Erfahrungen mit der temporären<br />

Unterbringung. Die Erfahrungen in Indonesien waren besonders problematisch. Wesentlich<br />

ist dennoch, dass die vorhandene Kultur der Solidarität in Kopplung mit ländlichen<br />

Lebensformen während der Tsunami-Katastrophe eine hervorragende Grundlage für<br />

gegenseitige Hilfe, soziale Absicherung und Solidarität bot. So konnte der überwältigende<br />

Großteil der Obdachlosen (vielerorts mehr als 75-80% der Betroffenen) bei Freunden und<br />

Familien unterkommen.<br />

Dennoch war der langfristige Wunsch der Bevölkerung <strong>nach</strong> einer Wiederansiedlung<br />

auf eigenem Grund und Boden ein sehr wichtiger Parameter innerhalb des <strong>Wiederaufbau</strong>s.<br />

Zur Sicherung des früheren Eigentums wurden zahlreiche alte Grundstücke symbolisch<br />

besetzt (Vgl. Abb. 18). Auch in Sri Lanka gab es dieses Phänomen (Abb. 17). Dieses Leitmotiv<br />

wurde von vielen Beteiligten Helferorganisationen nicht, beziehungsweise erst sehr spät<br />

anerkannt.<br />

Der Großteil der Notunterkünfte in Indonesien wurde durch das Militär eingerichtet.<br />

Dies war schwierig, da viele Acenesen der indonesischen Zentralregierung mißtrauen. Die<br />

Hilfsorganisationen erbrachten ergänzende Leistungen (z.B. Wasser, Nahrungsmittel,<br />

psychologische Betreuung etc). (vgl Abbildung 19) Üblicher weise lagen die Übergangslager<br />

in einiger (zum Teil erheblicher) Entfernung vom früheren Eigentum und wiesen ‚typischen‘<br />

Monotonie auf. (Abb 20, und 21)<br />

Laut dem ‚Immediate Action Plan‘(IAP) der Geberorganisationen wurden 60<br />

Prozent der Menschen in Aceh „off site“ untergebracht. In der Regel befanden sich diese<br />

Unterkünfte in größerer Entfernung zu den alten Wohngebieten.<br />

Es gab nicht genügend ‚solide‘ temporäre Unterkünfte. Im September 2005 lebten<br />

mehr als eine halbe Million Menschen in Behelfsunterkünften, davon 10.000 in einfachen<br />

Zelten. Im Dezember 2005 fehlten <strong>nach</strong> wie vor weitere semi-permanente Unterkünfte.<br />

Entgegen der Pläne und Hoffnungen gelang es in Aceh nicht, permanente Gebäude<br />

schnell und in großer Zahl bereitzustellen. Die großen „Umsiedlungsprojekte“ stagnierten.<br />

Dieses Problem wurde unter Abstimmungsschwierigkeiten der indonesischen Behörden<br />

zurückgeführt.<br />

Abb. 17 Sicherung des eigenen Grundes, Batticaloa, Sri Lanka<br />

Abb. 18 Sicherung des eigenen Grundes, Südküste von Aceh<br />

Abb. 19 Modernes Membrankissen zur Wasserversorgung,<br />

Meuraxa, Aceh


Abb. 20 Übergangslager in Entfernung vom früheren Eigentum,<br />

Meuraxa, Aceh<br />

Abb. 21 Übergangslager bei Batticaloa, Sri Lanka.<br />

Schon bald begannen viele der Flüchtlinge, zu den früheren Siedlungen zurück<br />

zukehren. Sie wollten das alte Land nicht verlieren. Zum Beispiel fand eine vermehrte<br />

Ansiedlung in Risikogebieten statt. Dies führte zu zahlreichen Kompromisslösungen und<br />

Konflikten auf Seiten der Geberorganisationen. Beispielsweise in Meuraxa (Banda Aceh),<br />

einem ungesicherten Gebiet das regelmäßig überflutet wird.<br />

„Nach einigen Monaten begannen die Leute zurück zu gehen. Sie realisierten, dass<br />

herumzuwandern keine Lösung für ihre Trauer brachte. Am Tage begannen Leute Zelte<br />

aufzustellen und begannen sauber zu machen. Zunehmend begannen sie die Regelung<br />

zu missachten die alten Dörfer zu verlassen und woanders neu zu beginnen. Außerdem<br />

gab es keinen anderen Ort. Die Leute in Aceh waren schon immer Risiken ausgesetzt.<br />

Erdbeben waren eine Tatsache im Leben. Die Orte zu Leben waren einst mit großer Sorgfalt<br />

ausgesucht worden.“. (Bruno Dercon (2007:16) 24<br />

Prinzipien<br />

In den besuchten Regionen von Sri Lanka hat die temporäre Unterbringung der Betroffenen<br />

in Übergangs-Unterkünften (semi-permanent shelter) meistens besser funktioniert.<br />

Aus dem Dialog mit den Schlüsselakteuren wurde deutlich, dass dieser Phase des<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>s hier eine besondere Rolle eingeräumt wurde. Die <strong>nach</strong>folgende Auflistung<br />

stellt die lessons learnt aus Sri Lanka in Form von eines Prinzipienkataloges zusammen.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

Die Wiederherstellung des „Status Quo“ hat <strong>nach</strong> einer Katastrophe aus der<br />

Sicht der Betroffenen den absoluten Vorrang.<br />

Die Ansiedlung sollte daher bevorzugt auf eigenem Grund erfolgen.(Vgl. Abb.<br />

22)<br />

Dennoch wird die Ausweisung neuer Siedlungsflächen für einen Teil der<br />

Bevölkerung meistens notwendig. (z.B. Wenn das alte Land vom Meer einverleibt<br />

wurde).<br />

Semipermanente Unterkünfte sollten eine möglichst hohe Qualität haben.<br />

Sie sollten einen ein- bis zweijährigen Aufenthalt erlauben. Auch wenn eine<br />

frühere Umsiedlung in permanente Unterkünfte wünschenswert ist, wird diese<br />

in zahlreichen Fällen immer wieder verzögert.<br />

Die temporären Behausungen sollten sich so nah wie möglich an den<br />

Grundstücken der permanenten Gebäude befinden.<br />

Ob eine Aufstellung von provisorischen Strukturen direkt auf den Grundstücken<br />

erfolgen kann, erfordert einen Abwägungsprozess (lokale Bedingungen,<br />

Traditionen, Größe des Projektes, Stadt oder Land ...).<br />

Bei größeren Vorhaben sollten die Planung der Siedlungsstruktur und<br />

Infrastruktur und deren effiziente Implementierung Vorrang haben.<br />

Als wichtigste Lektion bleibt festzuhalten, dass der <strong>Wiederaufbau</strong> und die<br />

Rekonstruktion in unterschiedlichen Phasen ablaufen und jeweils Zeit<br />

brauchen.<br />

Box: Prinzipienkatalog zu semipermanenten Unterkünften


Die Bilder dieser Seite illustrieren eine Reihe weiterer Erfahrungen aus der Umsetzung<br />

semi-permamenter Gebäude:<br />

- In einigen Lagern wurden saisonale Naturrisiken nicht berücksichtigt. Das Beispiel in<br />

Abbildung 24 aus dem Hinterland von Batticaloa (Sri Lanka) belegt, dass eine falsche<br />

Plazierung der Übergangsgebäude zu massiven Problemen durch Hochwasser führen<br />

kann.<br />

- In den großen Lagern kam es häufig zu Abstimmungsproblemen bei der Planung. Wenn<br />

wie in Abbildung 23 die Sanitäranlagen und Gebäude durch unterschiedliche Organisationen<br />

geplant und ausgeführt wurden, konnte es passieren dass sich die Sanitäranlagen vor dem<br />

Hauseingang finden.<br />

- Die Unterbringung in einem Übergangslager dauert fast immer wesentlich länger als<br />

geplant. Verschiedene kulturelle Bedürfnisse, auch Kultstätten, sollten daher einen Platz<br />

finden. (Lager bei Batticaloa. (Vgl. Abb. 25)<br />

- Erfolgt die Unterbringung ‚on site‘ kann man sich schon langsam an den neuen Ort gewöhnen<br />

und „Spielen bis der nächste Bauabschnitt beginnt...“ (Vgl. Abb 26). Die Übergangsgebäude<br />

finden später häufig eine weitere Nutzung z.B. als Wirtschaftsgebäude.<br />

PERMANENTE WOHNGEBÄUDE<br />

ng<br />

Im folgenden Kapitel werden die Erfahrungen mit dem Aufbau permanenter Gebäude<br />

reflektiert. Die Auswertung erfolgt in drei Schritten: Zunächst werden die Lektionen<br />

des allgemeinen geo-politischen Kontextes zusammengefasst, da<strong>nach</strong> werden die<br />

unterschiedlichen Erfahrungen im Hinblick auf die Wohngebäude entfaltet, schließlich<br />

folgt eine Aufarbeitung der Erfahrungen im Hinblick auf das Zusammenspiel der<br />

unterschiedlichen Akteure. Dazu gehören zum Beispiel die lokalen Verwaltungen, die<br />

Hilfsorganisationen, sowie die Bevölkerung.<br />

Die folgende Auswertung zeigt ferner, dass die meisten der Lektionen widersprüchlich sind.<br />

Das heißt, dass sie in der Regel nicht als ausschließlich negativ oder als ausschließlich<br />

positiv bewertet werden können. Die Beurteilung hängt im Wesentlichen vom Bewertenden<br />

oder vom zugrunde gelegten Bewertungsrahmen ab. Ist ein Projekt aus der Sicht einer<br />

Regierung oder einer NGO erfolgreich abgewickelt worden, so muß es aus der Sicht der<br />

Begünstigten noch lange kein gutes Projekt sein. . Eine Maßnahme kann wirtschaftlich<br />

hervorragend sein, aber ökologisch oder kulturell ein Verhängnis. Zum Beispiel mag<br />

für die Akteure der Geberseite die Partizipation als ein politisch korrektes Verfahren<br />

des <strong>Wiederaufbau</strong>es gelten. Eine Beteiligung der Betroffenen zum falschen Zeitpunkt<br />

und zur falschen Frage kann dem <strong>Wiederaufbau</strong> aber auch schaden. Keiner der in der<br />

Folge beschriebenen Punkte sollte daher in Rahmen kommender Krisensituationen<br />

pauschalisiert werden. Jede der hier aufgeführten Empfehlungen bedarf einer kritischen<br />

Reflexion und Abwägung.<br />

Rahmenbedingungen<br />

Geo-politisches Umfeld<br />

Die geopolitischen Rahmenbedingungen haben einen entscheidenden Einfluss<br />

auf die Risiken, die Schäden sowie auf alle weiteren Elemente der Nothilfe- und<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen 25 . Der <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> dem Tsunami in Sri Lanka und Aceh<br />

Abb. 22 Unterbringung direkt auf den neuen Grundstücken, Distr.<br />

Batticaloa, Sri Lanka<br />

Abb. 23 Sanitäranlagen und Gebäude unterschiedlicher Sponsoren,<br />

Batticaloa<br />

Abb. 24 Hochwasserprobleme durch falsche Plazierung der<br />

Zwischenunterkünfte, Sri Lanka


Abb. 25 Auch Kultstätten sollten einen Platz finden.<br />

Abb. 26 On-site‘ Unterbringung in der Provinz Batticaloa.<br />

wurde stark durch den geo-politischen Kontext beherrscht. Die durch den Tsumami am<br />

stärksten betroffenen Gebiete waren – bzw. sind – die Schauplätze ziviler Unruhen und<br />

liegen in Ländern, die durch die komplizierte, politische (<strong>nach</strong>-koloniale) Aufbauprozesse<br />

charakterisiert sind.<br />

Zum Beispiel beeinflußte die tamilische Widerstandsbewegung (LTTE) die <strong>Wiederaufbau</strong>arbeit<br />

von Infrastruktur, Dörfern und Häusern. Diese Faktoren hatten einen entscheiden Einfluss<br />

auf die Festlegung der Standards (Was bekommen die Opfer?), die Verteilung der Güter<br />

(Wem wird geholfen?) 26 , die Organisation Koordination der Hilfsangebote und Maßnahmen<br />

(Welche Organisation hilft wo?) 27 und den zeitlichen Ablauf der einzelnen Phasen (Nothilfe,<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>, Rehabilitierung...).<br />

Überangebot an Spenden<br />

- Der Post-Tsunami-<strong>Wiederaufbau</strong> war unmittelbar von der Tatsache geprägt, dass die<br />

Maßnahmen von einem relativen Überangebot an Finanzmitteln geprägt waren.<br />

- Das Überangebot hatte einen direkten Einfluß auf Fragen der Steuerung und Organisation<br />

der Hilfsmaßnahmen, die Zweckgebundenheit von Spenden, ihre sozialgerechte Verteilung,<br />

die politische Kontrolle und ideologische Gesinnung.<br />

- Der Geldsegen führte u.a. zu folgendem Teufelskreis: Es gab ein Überangebot. Dieser<br />

Reichtum förderte das Anspruchsdenken der Begünstigten. Diese arbeiteten lieber<br />

mit Geberorganisationen zusammen von denen sie mehr bekamen. Die Organisationen<br />

wiederum konkurrierten zunehmend um Projekte (sowie um Präsenz in den Medien). In<br />

diesem Zusammenhang boten sie sehr unterschiedliche Standards und Zusatzpakete<br />

an. Die Bevölkerung wurde mit ‚Extras‘ (sogenannten „top-ups“) beworben, die über<br />

das amtlich festgelegte Niveau gingen. Dieses Vorgehen führte nicht selten zu Neid und<br />

Streitigkeiten zwischen Nachbarn, die sich be<strong>nach</strong>teiligt fühlten. Das wiederum führte zu<br />

neuem Anspruchsdenken auf der ‚Nehmerseite‘.<br />

- Sehr kritisch war auch, daß aufgrund dieses Ansatzes generell nur zu Schaden gekommene<br />

Besitzer von Wohngebäuden gefördert wurden. Ärmere Bevölkerungsschichten, Mieter und<br />

Landlose wurden im Rahmen des Tsunami <strong>Wiederaufbau</strong>s nicht direkt gefördert. 28<br />

- Das Überangebot an Hilfsgeldern führte zu einer Ver<strong>nach</strong>lässigung des Einsatzes<br />

von Instrumenten einer <strong>nach</strong>haltigen Sicherung der Lebensgrundlagen. Nur wenige<br />

Organisationen arbeiteten mit den Strategien der Armutsbekämpfung <strong>nach</strong> dem Prinzip<br />

der „Hilfe zur Selbsthilfe“ 29 .<br />

- Andererseits kam es trotz des Überangebotes an Geldern aber auch zu zahlreichen<br />

Engpässen. Wie in anderen Ländern mit starker Bautätigkeit <strong>nach</strong> Katastrophen konnte bald<br />

festgestellt werden, dass der erhöhte Bedarf an Baumaterial und Fachkräften eine Inflation<br />

der Stundenlöhne und Baukosten zur Folge hatte. Diese war gekoppelt an Qualitätsverlust<br />

der Baumaterialien und Leistungen. 30 Zudem waren erheblichen regionalen Schwankungen<br />

der Kosten zu verzeichnen 31 . (Vgl. Abb. 51)<br />

- Die Hilfsorganisationen waren nicht ausreichend auf die Dynamik von Preissteigerungen<br />

und Ressourcenknappheit vorbereitet. Diese wurde nur selten in die Budgets einkalkuliert 32 .<br />

Die Gesamtrechnung ging am Ende nur auf, weil letztendlich weniger Gebäude als<br />

veranschlagt gebraucht wurden.<br />

- Daher sollten zukünftige <strong>Wiederaufbau</strong>programme <strong>nach</strong> Katastrophen auch Möglichkeiten<br />

beinhalten die sozialen und ökonomischen Verhältnisse der betroffenen Regionen


<strong>nach</strong>haltig zu verbessern. In diesem Kontext sollten vermehrt Strategien der sogenannten<br />

„Entwicklungsorientierten Nothilfe“ zur Anwendung kommen. Diese integriert die<br />

Maßnahmen der Nothilfe mit denen der Entwicklungshilfe und Armutsbekämpfung und<br />

berücksichtigt die unterschiedlichen Phasen des <strong>Wiederaufbau</strong>es. 33 . (Vgl. Abb. 40 und 41)<br />

- Es wäre in diesem Zusammenhang sehr vorteilhaft, wenn die Aufbaumaßnahmen im<br />

Hinblick auf eine ‚Ökonomie des <strong>Wiederaufbau</strong>es‘ analysiert und ausgewertet werden<br />

könnten (speziell auch die Siedlungsökonomie) 34 . Die daraus abzuleitenden Modelle<br />

wären eine Grundlage zur Definition makroökonomischer Steuerungsinstrumente im<br />

Katastrophenfall.<br />

Regelwerke<br />

Ein Grund dafür, warum Indonesien und Sri Lanka so sehr durch den Tsumani getroffen<br />

wurden ist in den Regelwerken zu suchen. Katastrophenschutzmaßnahmen und -<br />

Regelwerke waren an den Standorten nicht, oder nur sehr rudimentär vorhanden.<br />

Beispielsweise gab es in Batticaloa (Sri Lanka) noch nicht einmal eine Feuerwehr.<br />

- Die lokalen <strong>Wiederaufbau</strong>-Standards35 und Regelwerke wurden erst <strong>nach</strong> der Katastrophe<br />

formuliert. Sie wurden parallel zu den ersten <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen entwickelt<br />

und befanden sich lange in einem Prozess der kontinuierlichen Modifizierung und<br />

Optimierung.<br />

- Probleme dieses Vorgehens lagen u.a. in der verzögerten und <strong>nach</strong>geordneten<br />

Entwicklung, teilweise zu hoch angesetzten Standards (aus westlichen Ländern) 36 , und<br />

den Möglichkeiten die Standards auch vor Ort umzusetzen (soziale, politische, kulturelle<br />

Angemessenheit).<br />

- Daher wird bei der Weiterentwicklung der Regelungen besonders auf die Belange der<br />

Katastrophenprävention und die lokale Angemessenheit der Maßnahmen zu achten.<br />

- Eine Weiterentwicklung der Thematik in Modellprojekten, Prototypen und Studien<br />

erscheint ebenfalls als sehr sinnvoll. Mit Ausnahme einer rudimentären Planung von<br />

Fluchtwegen wurden kaum Beispiele für eine Implementierung von Maßnahmen der<br />

Katastrophenvorsorge im öffentlichen Raum, bzw. Außenraum gefunden.<br />

- Für die Zukunft ist über die Planung und Regelungen von Gebäuden hinaus ist auf jeden Fall<br />

die Entwicklung von Qualitätskriterien für einen <strong>nach</strong>haltigen Siedlungs- und Städtebau –<br />

unter Berücksichtigung der lokalen Bedingungen – zu empfehlen. (Je größer der Maßstab,<br />

umso größer der potentielle Wirkungshebel.) Zu den wichtigen planerischen Aufgaben<br />

des <strong>Wiederaufbau</strong>es gehört daher auch die Berücksichtiging der Katastrophevorsorge in<br />

Flächennutzungplänen, hier am Bsp. Banda Aceh. Hier hatte z.B. die Arbeit der deutschen<br />

GTZ einen Schwerpunkt. (Vgl. Abbildung 27)<br />

Gebäude<br />

Konzept und Gestaltung<br />

Die Planung und Konzeption des <strong>Wiederaufbau</strong>es von Siedlungen gehört zu den Stadien wo<br />

mit einem geringen Aufwand eine große Hebelwirkung im Hinblick auf unterschiedliche<br />

Ebenen der Qualität und Nachhaltigkeit erzielt werden kann. Neben der Verwendung<br />

bestimmter Standards und baulicher Typen zählen auch die Aspekte der Siedlungsplanung<br />

Abb. 27 Masterplanentwurf mit Katastrophenvorsorge. Banda Aceh.<br />

Abb. 28 Erweiterbare Haushälfte der UN-Habitat, Batticaloa,<br />

Sri Lanka<br />

Abb. 29 Demontierbares Fertigteilgebäude der IOM, Banda Aceh


Abb. 30 Tsunamifestes Modellhaus der GTZ<br />

Abb.31 Ausssenraumgestaltung der HFH in Mandana<br />

sowie der Gestaltung der Außenräume dieses Themenfeld.<br />

- Im Rahmen des <strong>Wiederaufbau</strong>es wurden zahlreiche Großsiedlungen gebaut. Ihre<br />

Rationalität resultiert fast zwangsläufig im Verlust lokaler Qualitäten sowie einer sozialen<br />

und ökonomischen Entfremdung. Die Orte wirken häufig Identitätslos. Lediglich die<br />

Rechnungsprüfer der Geberorganisationen sind erfreut.<br />

- Die Organisationen legten in Bezug auf die Gestaltung der Gebäude sehr unterschiedliche<br />

Ansätze und Philosophien an den Tag. Dabei führte anfänglich der Mangel an gemeinsamen<br />

Regeln und der Überfluss an Finanzmitteln zu zahlreichen Experimenten. Später hingegen<br />

überwog der Einfluß der Zweckgebundenheit und zunehmenden Standardisierung. Die<br />

maximalen Grundflächen für ein Tsunami-Haus betrugen 55 Quadratmeter in Sri Lanka<br />

und 36 Quadratmeter in Indonesien. Kriegsflüchtlinge bekommen in Sri Lanka ungefähr<br />

die Hälfte.<br />

- Die Entwicklung flexibler und erweiterbarer Gebäudetypen, die zum Beispiel mit der<br />

Familie wachsen können, wurde dagegen kaum unterstützt.<br />

- Es gab aber auch interessante Ausnahmen: Die UN-Habitat experimentierte mit der<br />

Aufgabe eines ‚wachsenden‘ Gebäudetypus und stellte den Betroffenen symbolisch eine<br />

erweiterbare Haushälfte zur Verfügung (Abb. 28). Die Internationale Organisation für<br />

Migration reagierte auf die schwierige Landfrage in Indonesien beispielhaft mit einem<br />

flexiblen Fertigteilhaus das demontierbar und transportabel war und so mit den Bewohnern<br />

umziehen kann. Ein Prinzip dass in indonesischen Tradition verankert ist. Die Fertigteile<br />

werden lokal produziert. Ein ausgebildetes Team kann innerhalb weniger Tage ein Haus<br />

aufbauen. Eine <strong>nach</strong>trägliche Erweiterung der Gebäudestruktur ist möglich. Die auf einem<br />

schwimmenden Fundament stehende Konstruktion weist durch die Verbindungen der<br />

Elemente hohe Erdbebensicherheit aus. (Abb. 29)<br />

- Auch die Anwendung von Reparaturmaßnahmen und Sanierungen, wurde so gut wie<br />

ausgeklammert 37 . Diese hatte sich zum in Gujarat (Indien) als sehr effektiv erwiesen 38 ,<br />

- Die Außenraumplanung, die für die Identität eines Ortes wesentlich ist, wurde oft<br />

ver<strong>nach</strong>lässigt. Positive Erfahrungen wurden dagegen in den Fällen gemacht, wo man den<br />

Außenraum der Gebäude sowie den öffentlichen Raum der Siedlungen mit in die Gestaltung<br />

einbezog.<br />

- Die Freiraumgestaltung der Organisation „Habitat For Humanity (HFH)“ in Mandana (Sri<br />

Lanka) steht für eine gelungene Aussenraumgestaltung. Hier wurde der Außenraum der<br />

Gebäude gemeinschaftlich geplant und gestaltet. Aus Resten der Baumaterialien wurden<br />

Stallungen und Zäune zur Kleintierhaltung gebaut (Abb.31).<br />

- Eine sehr gute Erfahrung war die Fertigstellung von Musterhäusern. Diese Praxis<br />

erleichterte es der lokalen Bevölkerung die Gebäude, die für sie gebaut werden sollten<br />

besser zu verstehen. Gleichzeitig dienten die Pilotprojekte den Organisationen dazu<br />

die Bauprozesse zu erproben und Detaillösungen zu optimieren. Die GTZ-Nothilfe<br />

entwickelte in einer frühen Phase einen tsunamifesten Gebäudetypus und realisierte ein<br />

Demonstrationsobjekt. Dieses steht an einer exponierten Stelle in Banda Aceh. (Abb. 30).<br />

Material/ Konstruktion<br />

Um die Qualität eines Gebäudes beurteilen zu können, sind neben dem Konzept und der<br />

Gestaltung, seine Materialität, seine Bauteile, sowie ihre Zusammenfügung (Konstruktion)<br />

wesentlich.


- Wo <strong>nach</strong> einer ökonomischen Verwendung von Material gesucht wird, ist Wiederverwertung<br />

interessant:Recyclingstrategien sind sehr ökonomisch und umweltschonend. Wo viel<br />

zerstört wurde, gibt es gewöhnlich große Mengen von Bauschutt. Dieser kann zum Beispiel<br />

im Straßenbau oder als Füllmaterial für Fundamente neuer Gebäude verwertet werden.<br />

Leider kamen im Rahmen des Tsunami-<strong>Wiederaufbau</strong>es Recyclingstrategien aber nur<br />

selten zum Einsatz. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Küstenstraßen aus Bauschutt<br />

in der Provinz Batticaloa. Durch die ressourceschonende Verwendung von Altholz für<br />

Schalungen und Möbel, konnte der Bedarf an Bauholz stark reduziert werden. „UNDP“ hat<br />

eine Sammelstelle und Recyclingbörse für dieses Bruchholz eingerichtet und bietet es für<br />

den <strong>Wiederaufbau</strong> an. Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz konnten so bis zu 30<br />

% ihres Bedarfs an Bauholz decken. Gleichzeitig wurden Tischler ausgebildet, Schulmöbel<br />

aus diesem Holz herzustellen. (Vgl. Abb. 32)<br />

- Holz ist im allgemeinen, ein sehr interessantes Baumaterial. Es ist ein <strong>nach</strong>wachsender<br />

Rohstoff und hat bei entsprechender Verarbeitung gute Erdbebeneingenschaften.<br />

Traditionelle Wohngebäude aus Holz, wie zum Beispiel in Aceh erlitten nur minimale<br />

Schäden. Sie beinhalten das technische Wissen zahlreicher Generationen. (Vgl. Abb.33)<br />

- Der Grund, warum ‚klassiches‘ Bauholz dennoch so selten Verwendung in der Konstruktion<br />

fand, war seine ungewisse Herkunft. Auf Sumatra findet zum Beispiel ein<br />

illegaler Raubabbau der Regenwälder mit ungeheuren Ausmaßen statt. Um keine Fehler<br />

zu machen verzichteten daher die meisten Hilfsorganisationen auf die Verwendung von<br />

Holz. Zu den Ausnahmen, die neue Wege ausprobiert haben gehörte die Organisation<br />

Muslim Aid. Sie experimentierte bei Ihren Projekten mit Palmholzkonstruktionen. Durch<br />

ein Bausystem in Palmholzständerkonstruktion und Wandfüllungen aus Holzpaneelen wird<br />

ein erdbebensicheres, flutgeschütztes Wohnhaus geschaffen, welches demontierbar und<br />

versetzbar ist. (Vgl. Abb. 34)<br />

- Eine interessante und sich zunehmend verbreitende Innovation ist die Verwendung von<br />

zementstabilisierten Erdsteinen 39 . Dabei wird der Erde ca. 5 % Zement zugesetzt. Man kann<br />

einfache Ziegel mit Handformen herstellen, oder „interlocking Blocks“ mit der Maschine<br />

pressen. Diese erlauben eine einfache, modulare Wanderstellung. Weitere Innovationen<br />

sind zum Beispiel Zementdachziegel. Der japanische Architekt Shigeru Ban in Kirinda, Sri<br />

Lanka, Gebäude in dieser Technik realisiert 40 (Abb. 35, Abb. 36)<br />

- Einige Organisationen setzten aufwendige, und auch importierte Baustoffe ein. Diese<br />

ermöglichen zwar einen raschen Baufortschritt, die Bedeutung bauökologischer, sozialer<br />

und lokaler ökonomischer Aspekte wurde aber ver<strong>nach</strong>lässigt: Abbildung 37 zeigt einen<br />

Gebäudetypus aus Meuraxa an der Südwestküste von Aceh. Hier wurden die Dachstühle<br />

zu 100% aus Aluminiumelementen gebaut. Eine andere Organisation in Sri Lanka baute<br />

Gebäude aus importierten Styrodurelementen. (Abb. 38)<br />

Bauliche Qualität<br />

Neben Entwurf und Technologie ist die fachgerechte Durchführung der dritte wesentliche<br />

Faktor im Rahmen der Herstellung ‚guter‘ Gebäude. In diesem Zusammenhang zeigen die<br />

Beispiele des <strong>Wiederaufbau</strong>es immer wieder, dass die Einhaltung und Überwachung der<br />

Ausführungsqualität (Qualitätskontrolle und Monitoring) eines der zentralen Probleme<br />

der Bauten darstellt. Die Einwirkung einer Naturkatastrophe führt in der Regel zu einer<br />

Krisen- und Mangelsituation mit eigenen Gesetzmäßigkeiten: vom eingeschränkten<br />

Urteilsvermögen der traumatisierten Opfer und Ersthelfer, bis hin zum gravierenden<br />

Abb. 32 Herstellung von Fenstersterrahmen im GTZ-Bauhof<br />

Batticaloa, Sri Lanka<br />

Abb. 33 “Fast ohne Schaden” – traditionelles Gebäude im Distikt<br />

Pidie<br />

Abb. 34 Palmholzständerkonstruktion der Muslim Aid. Banda<br />

Aceh. (©Wallenta)<br />

Abb. 35 Gebäude aus Erdzementsteinen. Kirinda, Sri Lanka (©<br />

Colliers Kirinda Trust)


Sri Lanka<br />

Abb. 36 Erdzementsteine – ermöglichen ein Bauen im ‚Legoprinzip‘.<br />

Sri Lanka<br />

Abb. 37 Aufwendige Dachstühle aus Aluminium, Südwestküste<br />

von Aceh.<br />

Abb. 38 Gebäudetypus aus importierten Styrodurelementen,<br />

Distr. Batticaloa.<br />

Abb. 39 Helvetas im District Batticaloa, Sri Lanka<br />

Mangel an Fachpersonal.<br />

- Insgesamt ist zu konstatieren, dass der Großteil der Probleme in Bezug auf die bauliche<br />

Qualität weniger in mit fehlenden Technologien und Informationen zusammenhing 41 ,<br />

sondern mehr mit der Verfügbarkeit des Wissens vor Ort und dem fehlenden Fachpersonal zu<br />

tun hatte. Daher gehört die Weiterentwicklung des Themenbereiches von Bauüberwachung<br />

und Qualitätskontrolle in Katastrophensituationen gehört zu den wichtigsten Aufgaben der<br />

Qualitätsicherung von Gebäuden.<br />

- Die fachgerechte Durchführung der Bauvorhaben wurde vor allem von drei Faktoren<br />

erschwert: (1) Angesichts der zahlreichen Opfer und der Menge der Aufgaben stand<br />

<strong>nach</strong> der Flutkatastrophe zu wenig qualifiziertes Personal zur Verfügung. (2) Der örtliche<br />

Anspruch an bauliche Qualität sowie das Bewußtsein für Risiken waren nicht weit genug<br />

ausgebildet. (3) Behördliche Kontrollen konnten nur eingeschränkt durchgeführt werden,<br />

da nicht ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung stand oder Zuständigkeiten<br />

nicht ausreichend geklärt waren.<br />

- Dabei gehört zum allgemeinen Konsens der befragten Experten in Sri Lanka und Aceh,<br />

dass der Mehraufwand für konstruktive Maßnahmen der Katastrophenvorsorge weniger<br />

als 10 % der Baukosten beträgt.<br />

- Die häufig mangelnde bauliche Qualität gefährdet die allgemeine Katastrophenresistenz<br />

der Gebäude. Im Detail erwiesen sich immer wieder Bauwerksanschlüsse, die Betonverarbeitung,<br />

sowie die konstruktive Umsetzung des Feuchteschutzes als die schwierigen<br />

Stelle: Oft wurden Sauberkeitsschichten unter Beton vergessen, Feuchtigkeitssperren zum<br />

Beispiel zwischen Bodenplatte und Wand nicht ausgeführt und die Anschlüsse verschiedener<br />

Bauteile unsachgemäß gelöst(Dach-Schornstein, Hauptgebäude-Nebengebäude). Die<br />

Probleme der Betongüte betreffen meist die unsachgemäße Verdichtung, sowie die<br />

Abdeckung- und Güte der Bewehrung. (In Aceh war nur glatter Baustahl erhältlich).<br />

- Zu den Beispielhaften Erfahrungen in den <strong>Wiederaufbau</strong>gebieten gehören dagegen das<br />

sogenannte 6-Augen Prinzip in Batticaloa (Sri Lanka) 42 , sowie der Einsatz von Studenten<br />

durch die UN-Habitat in Aceh im Rahmen des Projektmonitoring.<br />

- Die „UN-Habitat“ arbeitete in Aceh bei der Qualitätskontrolle und der Projektbetreuung<br />

erfolgreich mit lokalen Studenten des Bauingenieurwesens der Syiah Kuala Universität<br />

(UNSYIAH) zusammen. Das Programm evaluierte den Bedarf, den baulichen Fortschritt,<br />

Qualitätsaspekte und das Niveau der Zufriedenheit der „Kunden“. Die Ergebnisse wurden<br />

mit allen Akteuren diskutiert und veröffentlicht (vgl. Dercon 2007).<br />

- Es wäre sinnvoll diese weiterhin zu analysieren und auszuwerten und mit modernen<br />

Qualitätssicherngsmaßnahmen zu kombinieren. (Letztere betreffen zum Beispiel die<br />

technische Prüfung des Baugrundes, den Einsatz von Betonrüttlern zur Optimierung<br />

tragender Bauteile, den Einsatz einfacher Leitfäden und Checklisten im Bauwesen...).<br />

- Einfache, zweckmäßige konstruktive Details verlängern die Lebensdauer von Bauteilen<br />

erheblich. Gute und solide Detaillösungen finden sich z.B. bei den Projekten der Schweizer<br />

Organisation „helvetas“: Diese arbeitet mit lokal üblichen Baumaterialien und einer gute<br />

konstruktiven Durcharbeitung. Bereits einfache Maßnahmen erhöhen die Lebensdauer<br />

der Gebäude und berücksichtigen unterschiedliche Naturrisiken wie Hochwasser und<br />

Starkwinde. Dazu gehört die Erhöhung der Bodenplatte, eine Verstärkung der Dachkante,<br />

zusätzliche Lüftungselemente in der Fassade, ein Abdichtung des Kaminanschlusses.<br />

Vorbildlich ist auch Sicherung der Dachkanten mit Zementstreifen gegen das Abheben bei<br />

Starkwinden. (Vgl. Abb. 39)


Schlüsselakteure<br />

Wohnungsbau als Prozess<br />

Viele der gemachten Lektionen im Wohnungsbau werden leichter verständlich, wenn<br />

man sich die Frage <strong>nach</strong> der Bedeutung des Wohnens für die Bevölkerung stellt. Dabei<br />

kann auf alten Einsichten aufgebaut werden: Bereits 1966 hat der englische Architekt und<br />

Entwicklungsspezialist John Turner den Wohnungsbau als einen Prozess beschrieben –<br />

in Gegensatz zu einem Objekt 43 . Dem<strong>nach</strong> gibt es keinen erfolgreichen Wohnungsbau<br />

ohne die Einbeziehung notwendiger ökonomischer Grundlagen und die Deckung anderer<br />

Grundbedürfnisse wie z.B. Nachbarschaftshilfe, Nahversorgung, ‚kurze Wege‘, und<br />

einer sicheren Umgebung. Daher ist es auch <strong>nach</strong> einer Katastrophe viel sinnvoller eine<br />

ganzheitliche Entwicklung aller Lebensgrundlagen zu betreiben (sog. „Livelihood Ansatz“),<br />

als der Bevölkerung lediglich die Gebäude bereit zu stellen, womöglich aus importierten<br />

high-tech Baumaterialien, wie einige Beispiele des vorherigen Abschnittes zeigen.<br />

Auch die Erfahrungen der UN-Habitat belegen, dass es um einen ganzheitlichen Einsatz<br />

gehen muss: „Die Gemeinde der Helferorganisationen wurde sich langsam der Tatsache<br />

bewußt, dass humanitäre Hilfe mehr tun muss, als nur die grundlegenden Bedürfnisse zu<br />

befriedigen. Vielmehr muss sie ebenfalls die Sicherheit und die Würde der Überlebenden<br />

sicher stellen und ihnen eine Chance geben das Leben von neuem zu beginnen. In den<br />

heutigen Regelwerken beinhalten diese Aspekte der Sicherheit und Menschenwürde das<br />

Recht zurückzukehren und verpflichten die Hilfsorganisationen den Sicherheit des eigenen<br />

Landbesitzes, sowie das private Eigentum von Haushalts- und Gemeidegütern zu schützen<br />

und zu respektieren“. (Dercon 2007: 18) 44<br />

- Als wichtige Lektion bleibt festzuhalten, dass der <strong>Wiederaufbau</strong> und die Rekonstruktion<br />

in unterschiedlichen Phasen ablaufen und jeweils Zeit brauchen. Diese Phasen bauen<br />

aufeinander auf, sie haben eine zeitliche Dauer und bedürfen jeweils eine optimale<br />

Vorbereitung und Planung. (Abb. 40)<br />

- Die Kenntnis der einzelnen Phasen des <strong>Wiederaufbau</strong>s, ihrer zeitlichen Abfolge und ihre<br />

gute Vorbereitung stellt sich in diesem Zusammenhang als das Schlüsselelement eines<br />

erfolgreichen und kosteneffizienten <strong>Wiederaufbau</strong>prozesses heraus. Planung verursacht<br />

also zunächst Kosten, spart aber letztendlich sehr viel Geld (vgl. Gotsch 2006). 45 (Abb 41)<br />

Bevölkerung, Partizipation<br />

„Die aller wichtigste Sache ist, dass die Opfer die Möglichkeit haben alle Dinge selber<br />

zu machen. [...] Sobald wir das Projekt zu laufen gebracht hatten, mussten wir bald<br />

realisieren, das unsere professionellen Annahmen über Gestaltung, Konstruktion und<br />

organisatorischer Überlegenheit übertrieben waren – um es noch milde auszudrücken. Wir<br />

hatten bald gelernt, dass wir das Wissen und die Fertigkeiten unserer angeblichen ‚Kunden‘<br />

brauchten – und wie sehr unsere überheblichen Ideen ihre Realität ignorierten. [...] Die<br />

große Mehrheit waren Migranten der ersten und zweiten Generation. Sie stammten aus<br />

ländlichen Gebieten wo gemeinschaftliche Selbsthilfe, insbesondere bei der Dachdeckung,<br />

selbstverständlich war (John Turner erinnert sich an seine Erfahrungen <strong>nach</strong> einem<br />

Erdbeben in der peruanischen Stadt Arequipe im Jahr 1958. Vgl. Chavez 2000) 46<br />

- In Indonesien und Sri Lanka wurden zahlreiche wertvolle Erfahrungen mit sogenannten<br />

partizipativen Planungsprozessen gemacht. Die Hilfsorganisationen machten vor allem<br />

Abb. 40 Schema: „Vor der Katastrophe = Nach der Katastrophe?“<br />

Abb. 41 Schema: Bauprozess entwicklungsorientierter Nothilfe<br />

Abb. 42 Schema: „Top-Down vs. Bottom-Up“ (Ansatz der GTZ in<br />

Indonesien)


Abb. 43 Spass mit Baumaterialien. Kinder im Distrikt Batticaloa,<br />

Sri Lanka<br />

Abb. 44 Aneignung des Zuhauses. Batticaloa, Sri Lanka.<br />

Abb. 45 Frisch eingezogen... Junge Familie in Paddiyadichenai,<br />

Sri Lanka.<br />

am Anfang ihres Einsatzes die Erfahrung, dass in einem Krisenfall wie der Tsunami-<br />

Katastrophe „Alles von Unten entstehen muss“ und die Prioritäten von den Leuten<br />

ausgehen. So führte der Weg der Hilfsorganisationen, die ‚etwas Grundlegendes erreichen<br />

wollen’, zumindest im ersten Stadium des <strong>Wiederaufbau</strong>s über die direkte Zusammenarbeit<br />

mit den lokalen Gemeindevertretern. Diese Prioritäten der Bevölkerung bleiben aber nicht<br />

ohne Widersprüche.<br />

- Zu den vorbildhaften Beispielen ist sicherlich die oben erörterte Einbindung der lokalen<br />

Bevölkerung in den Bauhöfen der GTZ in der Region Batticaloa (Sri Lanka) zu zählen (vgl.<br />

oben).<br />

- Jedoch muss auch konstatiert werden, dass partizipative Methoden kein Allheilmittel sind<br />

und nicht immer zu den erwarteten Ergebnissen geführt haben: Zum einen hat man es <strong>nach</strong><br />

der Katastrophe mit einer traumatisierten Bevölkerung zu tun, welche die Frage aufwirft<br />

wieviel Partizipation sinnvoll und möglich ist, zum anderen sollte nicht vergessen werden,<br />

dass die lokalen Gemeinden keineswegs politisch und sozial homogen sind (Minderheiten,<br />

Frauenrechte, politische Parteien).<br />

- Hochheitliche Planungsaufgaben (wie z.B. Straßen, Gesundheitseinrichtungen, Schulen,<br />

und Übergeordnete Regelwerke, Rahmenpläne...) sind ebenfalls essentiell. Sie müssen von<br />

den übergeordneten staatlichen Ebenen getragen werden. Die GTZ in Sri Lanka arbeitete<br />

daher mit einer doppelten Strategie. Sie fördert sowohl ‚Grasswurzelprojekte‘, als auch<br />

Maßnahmen auf Regierungsebene (Abb. 42).<br />

- In Sri Lanka und Aceh wurde eine zu intensive Partizipation innerhalb des Baus<br />

permanenter Wohngebäude von den Hilfsakteuren zudem eher als Innovationshemmnis<br />

erfahren. Die lokale Bevölkerung weigerte sich zum Beispiel neue Baumaterialien,<br />

Konstruktionstechniken oder bestimmte Anordnungen zu akzeptieren. Neue, aus der<br />

Sicht der Hilfsorganisationen innovative Baustoffe und Technologien, wie Beispielsweise<br />

Hohlblocksteine, zementstabilisierte Lehmsteine oder Skelettbausweisen wurden nicht<br />

immer durch die Bevölkerung akzeptiert. Aus der Sicht der Helfer wurden die so Maßnamen<br />

erschwert und erhöhte Kosten verursacht. (Abb. 46 und 47)<br />

- Nicht zu negieren ist aber auch die Tatsache, dass mancherorts Innovationen von den Gebern<br />

falsch verstanden werden. In der Bemühung die eigenen Projekte möglichst zu optimieren<br />

und rationalisieren liegt die Gefahr die Nutzer und Begünstigten zu entfremden.<br />

- Das Fazit mündet daher in der Feststellung, dass Partizipation aktiv und lokal angemessen<br />

gestaltet werden muss. Zu glauben, dass sie lediglich mit Selbst-Hilfe im Bauen gleich<br />

gesetzt werden könnte, ist genauso gefährlich, wie anzunehmen, dass die Konstruktion<br />

mehr Bedeutung hätte als die Unterhaltung und Pflege von Gebäuden. 47<br />

- Ein Abwägungsprozess, welche Art von Partizipation wo und von wem angemessen und<br />

möglich ist, bleibt daher unumgänglich. Idealer Weise sollte sich daher die Rolle der<br />

externen Organisationen auf eine Funktion reduzieren, welche die lokalen Kapazitäten<br />

stärkt und mit den Gemeinden zusammenarbeitet um deren Selbstheilungspotentiale zu<br />

fördern. 48 .<br />

- Unter dem Strich profitiert aber jede Beteiligte Gemeinde durch den innitierten<br />

Lernprozess: „Der „People‘s Process“ [Eine partizipatorische Strategie der UN-Habitat]<br />

eliminiert nicht der Konflikt n den Gemeinden. Er schließt auch nicht Missbrauchspraktiken<br />

innerhalb der Gemeinschaft aus. Aber, der Prozess stärkt die Fähigkeit sich selbst zu<br />

organisieren [Governance]“. (Dercon 2007: 120) 49


Community Action Planning<br />

Das Instrument des ‚Community Action Planning’ (CAP) ist ein partizipatives<br />

Planungverfahren. Es lässt sich auf Prof. Reinhard Goethert (MIT, Boston) zurückführen 50 . Im<br />

Zentrum stehen drei- bis fünftägige Workshops mit den betroffenen Bevölkerungsgruppen.<br />

Das Verfahren wurde zunächst in Lateinamerika angewendet und implementiert.<br />

- Die erste Anwendung des Verfahrens in Indonesien durch die GTZ fand auf der Insel<br />

Lombok statt. Hier wurden Projekte der Abfallorganisation durchgeführt 51 . Die indonesische<br />

„Harmonie-Kultur“ und das Prinzip der Blockwarte und Quartiersvorsteher (RT – Rukun<br />

Tetangga, Quartiersvorsteher / RW – Rukun Warga, Distriktvorsteher) erwies sich als sehr<br />

Günstig für die Implementierung. Das CAP Verfahren läßt sich besonders erfolgreich in<br />

ländlichen Gebieten anwenden. In Städten bestehen noch weniger Erfahrungen.<br />

- Das ‚Community Action Planning’ (CAP) stand im Zentrum der GTZ-Maßnahmen zum<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> in Indonesien und hat sich dabei als beispielhaftes Werkzeug erwiesen. Es<br />

greift die Philosophie der Planung von unten auf. (Vgl. Abb. 48 und 49)<br />

- Die GTZ-Strategie verfolgte im Vergleich zu anderen partizipativen Planungsprozessen die<br />

Zielsetzung, das Recht auf Bürgerbeteiligung in der lokalen Gesetzgebung zu integrieren.<br />

- Zu den aktuellen Herausforderungen des Verfahrens gehört seine Implementierung<br />

in die örtliche Gesetzgebung, und der Frage der Integration von Themen der<br />

Katastrophenvorsorge.<br />

- Nach Außen hin steht das CAP vor der Herausforderung des Transfers der Erfahrungen in<br />

andere Länder, in ein städtisches Umfeld, andere Kulturen etc.<br />

Box: Hintergrund des ‚Community Action Planning’ - Verfahrens<br />

NGO´s<br />

- Die erfolgreiche Integration lokaler Nichtregierungsorganisationen ist für zukünftige<br />

Krisenbewältigungssituationen als vorbildliche Lektion festzuhalten.<br />

- Lokale Nichtregierungs-Organisationen (NGO) haben in beiden Ländern (Indonesien und<br />

Sri Lanka) wesentliche Funktionen inne gehabt. Ihnen kam oftmals die entscheidende<br />

Rolle zu, die Lücke zwischen globalen Spendengeldern und der lokalen Bevölkerung zu<br />

schließen. In diesem Zusammenhang wurden sie erfolgreich in die Kommunikation mit der<br />

Bevölkerung (Umfragen, Interviews, Erhebungen, Vermittlungen von Planungen) und in die<br />

Durchführung der Projekte einbezogen. Diese Aufgaben konnten von den internationalen<br />

Geberorganisationen allein nicht bewältigt werden konnten.<br />

Lokale Verwaltung<br />

- Die in diesem Bericht reflektierten Erfahrungen bestätigen, dass der lokalen<br />

Verwaltungsebene innerhalb der Nothilfe und des <strong>Wiederaufbau</strong>es eine Schlüsselrolle<br />

zukommt und dass diese Ebene im Rahmen des <strong>Wiederaufbau</strong>es einer Stützung und<br />

Entwicklung bedarf (Vgl. Gotsch 2005). Lokale Behörden überwachen die nationalen Vorgaben<br />

und Regelwerke und setzten diese um. Auch koordinieren sie die Aufbaumaßnahmen.<br />

- Zu den Problemen lokaler Verwaltungen gehörten mangelnde Kompetenz, fehlende<br />

Kapazitäten und auch zum Teil eine nicht ausreichende politische Autorisierung.<br />

Die Behörden waren in der Regel mit der Koordinierung der Hilfsmaßnahmen und<br />

der Bereitstellung der zugesagten Infrastruktur überfordert. Verzögerungen bei der<br />

Registrierung der Grundstücke und im Baugenehmigungsverfahren führen zu erheblichen<br />

Verschiebungen im gesamten <strong>Wiederaufbau</strong>prozess.<br />

Abb. 46 Importierte Styrodurplatten lassen die Bevölkerung<br />

links liegen. Batticaloa<br />

Abb. 47 Hohlblocksteine wurden nicht immer von der Bevölkerung<br />

akzeptiert<br />

Abb. 48 <strong>Wiederaufbau</strong> mit Hilfe des CAP. Distrikt Pidie, Aceh.


Abb. 49 CAP innerhalb formeller Planungsprozesse. (Skizze<br />

<strong>nach</strong> P. Sidi)<br />

- Die Erfahrungen aus Indonesien und Sri Lanka belegen, wie wichtig die Unterstützung und<br />

der Aufbau lokaler Verwaltungen ist. Diese Aufgabe gehört eher in der Aufgabenbereich<br />

staatlicher und internationaler Hilfsorganisationen (wie z.B. GTZ, DFID, UN, ADB...)<br />

Organisationen, wie die deutsche GTZ nahmen die Aufgabe der Kompetenzerweiterung<br />

(capacity building) auf lokaler Ebene mit vielen Maßnahmen beispielhaft wahr.<br />

- Die Arbeit der lokalen Verwaltungen in Fall von Katastrophen wäre sehr viel einfacher,<br />

wenn vereinfachte Ausnahmeregelungen und -Verfahren entwickelt und eingesetzt werden<br />

würden, z.B. im Rahmen der Landregistrierung und Baugenehmigung. Dies wäre besonders<br />

im Rahmen großer zentral geplanter und gespendeter Siedlungsprojekte hilfreich. In<br />

diesen Projekten musste bisweilen jedes einzelne Gebäude für sich individuell genehmigt<br />

werden, obwohl alle vom gleichen Typ waren.<br />

- Als sehr hat sich auch der Einsatz staatlicher Agenturen erwiesen, die den <strong>Wiederaufbau</strong><br />

koordinieren, wie zum Beispiel der indonesischen BRR. Dies führt zu einer wesentlichen<br />

Vereinfachung des bürokratischen Aufwands und zur besseren Koordination der<br />

Hilfsorganisationen.<br />

FAZIT<br />

Die Tsumani Katastrophe von Süd-Ost Asien war eine der größten <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

und auch eine der größten Hilfsunternehmungen der Menschheitsgeschichte. Im Zuge<br />

des <strong>Wiederaufbau</strong>es wurden unter schwierigsten Bedingungen beispiellose Ergebnisse<br />

erzielt. Die unmittelbare Hilfe ist vorwiegend innerhalb der ersten 12 Monate erfolgt.<br />

Indonesien und Sri Lanka standen da<strong>nach</strong> vor der Aufgabe der Rekonstruktion und des<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>s. Einen wesentlichen Schwerpunkt stellte der Wohnungsbau dar. Ziel war<br />

es hier, einen signifikant verbesserten Schutz der lokalen Bevölkerungen gegenüber allen<br />

örtlich vorhandenen Risiken zu erreichen.<br />

Die vorliegende Studie hat die Erfahrungen der Arbeit einer Reihe von Hilfsorganisationen<br />

in den Schwerpunktgebieten Nordsumatra (Aceh) und Sri Lanka beleuchtet. Die in dieser<br />

Arbeit gesammelten Erkenntnisse bestätigen, dass permanenter <strong>Wiederaufbau</strong> sich<br />

wesentlich von Maßnahmen der Notversorgung unterscheidet. Der <strong>Wiederaufbau</strong> von<br />

Gemeinden ist eine schwierige und langfristige Aufgabe. Während ein zügiger <strong>Wiederaufbau</strong><br />

wichtig bleibt, wird sorgfältige Planung umso wichtiger. Bauliche Strukturen haben in der<br />

Regel eine sehr lange Lebensdauer.<br />

Vor allem wurde deutlich, dass der Erfolg der Maßnahmen in erster Linie von den jeweiligen<br />

politischen, ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen, sowie von der Koordination und<br />

Organisation der zahlreichen einzelnen Akteure abhängig ist. Diese Koordinierungsaufgabe<br />

der Hilfsakteure beinhaltet zahlreiche Lern- und Weiterentwicklungspotentiale.<br />

- Die drei Abbildungen auf der rechten Seite illustrieren einige der wesentlichen ‚Lessons‘<br />

dieses Berichtes: Abbildung 50 zeigt anhand von Zahlen aus Batticaloa (Sri Lanka) die


schnell abnehmende Zahl derjeniger Opfer, die wünschten, an neue Orte umgesiedelt<br />

zu werden. Kurz <strong>nach</strong> der Katastrophe wollten mehr als 12.000 Haushalte in der Provinz<br />

umgesiedelt werden. In weniger als einem Jahr reduzierte sich die Anzahl der Familien<br />

die dies noch wünschten auf 4000. Abbildung 51 Illustriert die Tendenz steigender Material<br />

und Lohnkosten bei abnehmender Verfügbarkeit und Qualität. Abbildung 52, schließlich<br />

skizziert, wie ein frühes Überangebot an zweckgebundenen Spenden zusammen mit der<br />

‚natürlichen‘ Abfolge der Nothilfe und des <strong>Wiederaufbau</strong>es einen Finanzstau und damit<br />

eine Spendenblase. Der Zeithorizont vieler Projekte erstreckt sich auf 2-3 Jahre, während<br />

der <strong>Wiederaufbau</strong> viele Jahre dauert.<br />

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die entscheidenden Probleme weniger<br />

in den übergreifenden Strukturen wie Gesetzen, Regeln, Know-How, und Technologien<br />

liegen, sondern eher in den Prozessen, wie Informationsbeschaffung, Koordination,<br />

Implementierung, Monitoring, Qualitätskontrolle.<br />

In der Folge werden die wichtigsten kurz- und langfristigen Herausforderungen Anhand<br />

der analysierten Erfahrungen und der gemachten Empfehlungen zusammenfassend<br />

aufgelistet.<br />

Kurzfristige Aufgaben<br />

Die kurzfristigen Prioritäten sollen vor allem auf:<br />

- eine gerechte und angemessene Verteilung der Güter,<br />

- die Berücksichtigung täglicher Risiken, wie Wind, Wasser, häusliche Gewalt..., sowie<br />

- eine Weiterentwicklung der Instrumente der Qualitätskontrolle und der Bewertung gelegt<br />

werden. (vgl. Tsunami Evaluation Coalition)<br />

Mittel- bis langfristige Aufgaben<br />

Zu den wesentlichen weitergehenden mittel- und langfristigen Aufgaben gehören<br />

diejenigen Themen, die eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung sowie weitergehende Lern- und<br />

Transferprozesse fördern. Zu diesen gehören:<br />

- Die Anwendung von Strategien aus der Entwicklungshilfe, um die sozialen und ökonomischen<br />

Verhältnisse der betroffenen Regionen <strong>nach</strong>haltig zu verbessern (Entwicklungsorientierte<br />

Nothilfe). Dabei sollte es zur ‚Mission‘ aller Geber- und Hilfsorganisationen gehören, nicht<br />

nur ihren Plansoll zu erfüllen, sondern langfristige Mehrwerte zu schaffen .<br />

- Der Aufbau ‚integrierter Aufbauprogramme’ mit unterschiedlichen komplementäre<br />

Maßnahmen und ihre in Maßnahmen der Friedenssicherung, Demokratisierung und der<br />

Entwicklung einer Zivilgesellschaft.<br />

- Die Entwicklung einer räumlichen Planung von Siedlungsstrukturen und Schutzzonen als<br />

Basis für Strategien wie Katastrophenprävention, Partizipation oder Ökologie. (Städtebau<br />

und Landesplanung)<br />

- Der Ausbau gemeinsamer Plattformen für den Austausch der Akteure bezüglich der im<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> von Wohngebäuden gemachten Erfahrungen wie etwa das ‚Relief Web‘, oder<br />

das , ‚Shelterproject‘..<br />

Abb. 50 Schema: Abnahme der Haushalte die umgesiedelt<br />

werden wollten. (Batticaloa)<br />

Abb. 51 Schema: Fallende Materialqualität bei steigenden<br />

Kosten<br />

Abb. 52 Schema: SpendenblaseJahre dauert


REFERENZEN<br />

(Endnotes)<br />

1 Diesem Bericht liegt eine größere Studie zugrunde an welcher der Autor maßgeblich<br />

beteiligt war (vgl. Gotsch, Wallenta 2006). Bei der besagten Arbeit ging es vorwiegend<br />

um die Optimierung interner Prozessabläufe. Im Vergleich dazu ist es das Anliegen der<br />

vorliegenden Dokumentes ist es, einen Beitrag zur öffentlichen Reflexion der Erfahrungen<br />

des <strong>Wiederaufbau</strong>es zu generieren.<br />

2 (Übersetzung durch den Autor). „When UN-Habitat asked communities in Aceh to name<br />

their priority needs, the answer was always the same: houses. Even though water was<br />

often missing people insisted that the only way to begin was to start building homes. Strong<br />

homes, secure homes, brick homes. No flimsy shelters, but homes with doors and locks.“<br />

3 In keinem der beiden Länder war eine geeignete gesetzliche Struktur, oder geeignete<br />

Regierungs- und Verwaltungsstrukturen zur Koordinierung der <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen<br />

<strong>nach</strong> dem Tsunami vorhanden.<br />

4 Sowohl in Sri Lanka, als auch in Aceh prägen tief verankerte politische Unruhen das<br />

Geschehen und haben die Hilfs- und <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen verkompliziert. In<br />

Indonesien haben die 30-jährigen Kämpfe mit dem Free Aceh Movement (GAM) bereits<br />

mehr als 15.000 Menschenleben gefordert. Sri Lanka ist aufgrund der tamilischen<br />

Unabhängigkeitsbewegung (Liberation Tigerns of Tamil Ealam) gespalten.<br />

5 Vgl. z.B. Die Liste der BBC unter: http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/asia-pacific/4145259.<br />

stm [Zugriff am 06.Feb.2008]<br />

6 UNDP hat eine Seite eingerichtet, auf der man den Einsatz von Ressourcen und<br />

Ergebnissen verfolgen kann: http://tsunamitracking.org/undprcb/ [05.Maerz 2007].<br />

7 Aufgabe der Nothilfe ist im Allgemeinen die Schaffung und der Zugang zu<br />

überlebenssichernden Basisdienstleistungen in temporären Notunterkünften und der Bau<br />

von Notunterkünften, Wasserversorgung, Hygiene, Gesundheitsversorgung.<br />

8 Allein in Aceh waren 124 internationale Organisationen, 430 lokale NGO‘s, 30 nationale<br />

und multilaterale Geber und mehr als ein dutzend UN-Agenturen registriert. Es existiert<br />

ein breites Instrumentarium städtebaulicher Planungsinstrumente und Ministerien.<br />

9 In Sri Lanka und Aceh wurde ein relativ großer Prozentanteil an Wohngebäuden<br />

<strong>nach</strong>gefragt. Mehr als die Hälfte des staatlichen indonesischen <strong>Wiederaufbau</strong>budgets der<br />

BRR von 3,6 Mio. USD wurde für Infrastruktur und Wohnungsbau vorgesehen (vgl. Badan<br />

Rehabilitasi dan Rekonstruksi (BRR), Project Concepts Note Database, Banda Aceh); Im<br />

Budget der Asian Development Bank hatte der Wohnungsbau einen Anteil von 25%. (vgl auch<br />

die Regional Tsunami Resources and Results Tracking website: http://tsunamitracking.org<br />

[März 2008].<br />

10 Die GTZ zum Beispiel hatte ihr Bauabteilung auf eine symbolische Größe von 2 Personen<br />

reduziert.<br />

11 Insgesamt mussten in der Not viele der Bauleiter Stellen waren durch fachfremdes<br />

Personal besetzt werden. Einer der befragten <strong>Wiederaufbau</strong>experten berichtete von einer<br />

NGO welche die Stellen von Bauleitern mit Zahnärzten besetzt hatte.<br />

12 Natürlich ist aber eine subjektive Positionierung allein durch die Strukturierung der<br />

Arbeit und die Auswahl des Materials unvermeidbar.


13 Vgl. ‚Lessons Learnt‘ Dokumente (vgl. Bibliographie und Webseite der TEC).<br />

Interessanterweise ist zu beobachten, dass sich die ‚Lessons Learnt‘ Dokumente mit dem<br />

Thema Gebäuderekonstruktion und <strong>Wiederaufbau</strong> im indischen Raum häufen.<br />

14 Vgl. Informationen auf den Portalen der Internationalen Organisationen in der<br />

Bibliographie, Z.B. www.worldbank.org/eaptsunami<br />

15 Vgl. Tsunami Livelihood Study, GTZ-FSCT, 4/2005, Assessment of tsunami recovery<br />

implementation<br />

16 UNHCR GIS-Unit Sri Lanka: destroyed and damaged houses by Tsunami by district<br />

31.01.2004<br />

17 Im Internet unter: [http://slgsr-GTZ.org/, Zugriff am 09.März 2008]<br />

18 Beispielhaft waren auch Kooperationen mit anderen Organisationen (NGO) die<br />

Erfahrungen in der Armutsbekämpfung hatten Die Gruppe der GTZ-Nothilfe um Günther<br />

Kohl führte einige dieser Projekte mit der Nichtregierungsorganisation AMURTH durch.<br />

Dazu gehört beispielhaft die Wiederherstellung zerstörter Ziegeleien, Strassen und<br />

Fischzuchtbetriebe im Dorf Jambo Timu.<br />

19 In diesem Zusammenhang wurde aktiv auf eine Verschmelzung von CAP mit den<br />

Instrumenten des Masterplanung (Vgl. „blueprint“, Republic Of Indonesia 2005) dem<br />

Regionalplan und weiteren Maßnahmen z.B. des Küstenschutzes hin gearbeitet.<br />

20 Die GTZ arbeitet hier seit 2003 im Vorhaben „Förderung von Ernährungssicherung und<br />

Konfliktbearbeitung in Distrikt Batticaloa“ an den Voraussetzungen für eine <strong>nach</strong>haltige<br />

Entwicklung dieser Region.<br />

21 Vergleichbare Gebäude für Bürgerkriegsflüchtlinge waren maximal 35 Quadratmeter<br />

groß und durften bis zu 2000 USD kosten.<br />

22 Die oben genannten Strategien werden durch weitere flankierende Maßnahmen<br />

ergänzt:<br />

Die GTZ unterstützt lokale Organisationen beim Küstenschutz. Sie betreut regelmäßige<br />

Gemeindetreffen, beteiligt sich maßgebend an der Arbeits- und Koordinierungsgruppe<br />

für den Wohnungs-Sektor (Shelter). Die lokalen Verwaltungen werden durch „capacitybuilding“-Maßnahmen<br />

eingebunden und gefördert. Die GTZ stimmt sich bei ihren Aktivitäten<br />

mit den einheimischen Verantwortlichen, der internationalen Gebergemeinschaft und<br />

anderen Organisation ab.<br />

23 Umfangreiche „Best-Practices“ und Richtlinien für den semi-permeneten Shelter-<br />

Bereich finden sich z.B. unter: www.sphereproject.org.<br />

24 „After a few months, people started to go back. They realised that wandering was no<br />

solution for their grief. At daytime people put up tents and started to clean up. More and<br />

more they began to disregard the order to vacate the old villages and to restart somewhere<br />

else. There was no place anyway. People in Aceh had always been at risk. Earthquakes were<br />

a fact of life. The places to live were once choosen with great care“ (Deutsche Übersetzung<br />

durch den Autor).<br />

25 Erfahrungen, die auch in Ländern wie El Salvador, Kosovo, Afghanistan oder Pakistan<br />

belegt werden.<br />

26 Beispielhaft seiner hier die unterschiedlichen Standards für Kriegsflüchtlinge<br />

(1-Zimmer Haus für USD 2000) und Tsunami-Opfer (3 Zimmer Haus für USD 5000) aus Sri<br />

Lanka erwähnt.<br />

27 Zahlreiche Akteure berichten uns von einem regelrechten Wettbewerb der<br />

Hilfsorganisationen um die besten (werbewirksamsten) Grundstücke in den ersten Monaten


<strong>nach</strong> der Katastrophe. Diese übertrafen sich in diesem Zusammenhang in der Größe ihrer<br />

‚Hilfspakete’ an die Bevölkerung und Verwaltung.<br />

28 Diese Tatsache relativiert sich nur dadurch etwas, dass die <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen<br />

vor allem in ländlichen Gebieten erfolgten, wo die meisten Einwohner ein Gebäude<br />

besitzen.<br />

29 Die UN-Habitat in (Banda Aceh) und Habitat for Humanity (Sri Lanka) arbeitenden mit<br />

Instrumenten wie Gemeinschaftskonten, Mikrokrediten und Kooperativen.<br />

30 Z.B. Ist der Preis für einen Sack (50 kg) Zement von 460,- LKR im Februar 2005 auf 565,-<br />

LKR im Oktober gestiegen. Ein Maurer kostet jetzt 1000,- LKR /Tag, im Februar waren es<br />

noch 650,- SLR (+30%) vgl. Gesprächsnotiz GTZ Office Batticaloa, K. Devarajah.<br />

31 Dies wurde zu einem Problem, wenn z.B. Organisationen für ihre Arbeit in Aceh<br />

(Sumatra) die Kosten von Java ihrer Kalkulation zu Grunde gelegt hatten.<br />

32 Dazu gehört auch das Fachpersonal. Wie viel Handwerker, bzw. Zeit für den <strong>Wiederaufbau</strong><br />

benötigt wird, belegt das folgende Rechenbeispiel: Wenn jeder Maurer 3 Häuser im Jahr<br />

fertig stellen kann, werden 16.000 Maurer benötigt um 100.000 Häuser in 2 Jahren fertig<br />

zu stellen. Zusätzlich braucht man für diese Summe ca. 500 Bauleiter. Diese personellen<br />

Ressourcen waren z.B. in Aceh bei weitem nicht vorhanden.<br />

33 Die Tsunami Evaluation Commission nennt dieses Konzept LRRD (linking relief,<br />

rehabilitation and development).<br />

34 Eine spezielle Aufgabe auf Seiten der Geberorganisationen und -länder ist dabei die<br />

Dokumentation und Auswertung der Erfahrungen mit projektgebundener Finanzierung.<br />

35 Wie zum Beispiel ‚Blueprint’ der BAPPENA in Indonesien und die ‚UDA Guidelines’ in<br />

Sri Lanka.<br />

36 Westliche Beratungsfirmen (z.B. McKinsey) waren an der Entwicklung der Regelwerke<br />

in Indonesien und Sri Lanka behilflich.<br />

37 In Sri Lanka wurde z.B. der Neubau mit 250% der Kosten gegenüber der Sanierung<br />

bevorzugt. Diese Regelung führte in zahlreichen Fällen dazu, dass Hausbesitzer ihre wenig<br />

zerstörten Gebäude selber <strong>nach</strong>träglich beschädigten um den offiziellen Zerstörungsgrad<br />

von 40% zu erreichen.<br />

38 Vgl. Informationen des indischen ‘National Information Centre on Earthquake<br />

Engineering’: www.nicee.org.<br />

39 Für weitere Informationen vgl. auch das integrierte Informationsportal ‚basin’ einiger<br />

Organisationen im Internet: www.basin.info [09.März 2008]<br />

40 Vgl. Sri Lanka Sunday Times, 6.11.2005<br />

41 Zum Beispiel gab es an allen besuchten Orten moderne Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien.<br />

42 Dieser Begriff deutet auf die hier eingeführte Praxis der Bauabnahme der Gebäude<br />

durch drei Personen. Einen Vertreter der Hilfsorganisation, einen vertreter der<br />

Gemeindeverwaltung, sowie einen Vertreter aus dem Gemeinderat.<br />

43 1) Turner, John F.C. 1976: Housing by People, Towards autonomy in building environments;<br />

London. 2) Turner, John F.C. 1966: Uncontrolled Urban Settlements: Problems and Policies,<br />

a working paper for the Unite Nations Seminar on Urbanization Problems and Policies,<br />

University of Pennsylvania, Pittsburgh. Interessanterweise sammelte John Turners seine<br />

essentiellen Erfahrungen, auf einen Einsatz im <strong>Wiederaufbau</strong>. Er war 1959 am <strong>Wiederaufbau</strong><br />

der Stadt Arequipe (Peru) <strong>nach</strong> einem Erdbeben beteiligt.<br />

44 „The aid community gradually became aware of the fact that humanitarian assistance


must provide more than just basic needs. It must also ensure the safety and dignity of<br />

survivors and offer them a chance to restart life. Today, in the official guidelines, safety and<br />

dignity issues include the right to return, and the aid organisations‘ obligation to safeguard<br />

and respect secure land tenure, as well as ownership of household and community assets“<br />

(Deutsche Übersetzung durch den Autor).<br />

45 Die Tatsache, dass zum Beispiel zuerst Gebäude gebaut werden und dann die<br />

Infrastruktur, führt immer wieder zu erheblichem ökonomischem Mehraufwand.<br />

Dagegen muss abgewogen werden, wie lange es vertretbar ist, die Bevölkerung in<br />

Übergangsunterkünften unter zu bringen.<br />

46 .“ „The single most important thing is that the victims have the opportunity to do all<br />

they are able to do themselves.[...] Once we got the project going, we soon realised that<br />

our professional assumptions of design, construction and managerial superiority were<br />

exaggerated, to say at least. We soon learned that we needed our supposed clients‘ own<br />

knowledge and the skills of local builders – and how badly our own bright ideas ignored<br />

their realities. [...] The great majority were first and second generation migrants from rural<br />

areas where mutual help with house building, roofing especially, was the norm.“ [Deutsche<br />

Übersetzung durch den Autor].<br />

47 „It is an error to think that participation in housing is synonymous with self-help<br />

construction. This is reinforced by the false assumption that construction matters more<br />

than management and maintenance.“ (Turner, S. 140)<br />

48 „The role of external agencies then becomes one of supporting indigenous capacity<br />

and working with communities to support their efforts and build their potentials.“ (Q. Beck<br />

2005)<br />

49 „The People’s Process does not eliminate community conflict, nor does it exclude<br />

abuse practices on community level. It does, however, strenghten governance.“ (Deutsche<br />

Übersetzung durch den Autor, eigene Anmerkungen in [...]).<br />

50 Siehe Goethert (1988) oder auch http://web.mit.edu/urbanupgrading/upgrading/issuestools/tools/Micro-Planning.html<br />

[09.März 2008]<br />

51 Vgl. http://www.urbanquality.or.id/ [09.Jan 2006]<br />

52 Dies war auch eines der fünf Hauptthemen in den Evaluierungsbrichten der Tsunami<br />

Evaluation Coalition (TEC - Linkages with Relief, Rehabiltation, and Development)


I<br />

BIBLIOGRAPHIE<br />

0. Zitierte Literatur<br />

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Sektorvorhaben Katastrophenvorsorge (unveröffentlichter ‚Lessons-Learnt‘ Bericht);<br />

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working paper for the Unite Nations Seminar on Urbanization Problems and Policies,<br />

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Quellen für CAP (Goethert und Sippel)<br />

IAP (zur Lage der Semi Permanenten Siedlungen in Indonesien)<br />

Quellen zur „Entwicklungsorientierten Nothilfe“<br />

vgl. BRR, Project Concepts Note Database, Banda Aceh


0. Weiterführende Literatur:<br />

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Erfahrungsauswertung von TZ Vorhaben, Deutsche Gesellschaft für Technische<br />

Zusammenarbeit (GTZ), Eschborn.<br />

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Management By Communities and Local Governments, Reihe: Regional Policy Dialogue,<br />

Washington (DC).<br />

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Network for Accountability and Performance in Humanitarian Action, London.<br />

Lessons-Dokumente<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz) 2003: Armutsbekämpfung in<br />

Städten, Lessons Learnt aus Vorhaben der Technischen Zusammenarbeit, Abteilung 4200:<br />

Mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ),<br />

März 05, Eschborn.<br />

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz) 2003: Lessons Learnt - Best<br />

Practices Integrated Food Security Programme Trincomalee, Berlin und Usingen.<br />

Beck, Tony 2005: South East Asia Earthquake 2005, Learning from previous earthquake<br />

relief operations; ALNAP/ ProVention; [Online at www.alnap.org, Retrieved at Jan 12th<br />

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Fritz Institute 2005: Lessons from the Tsunami: Top Line Findings, San Francisco.<br />

Overseas Development Institute (odi) 2005: Learning from the Indian Ocean Disaster,<br />

London.<br />

Groupe Urgence Rehabilitation Development 2005: 11 Lessons Learnt from Hurricane<br />

Mitch and the Earthquakes in El Salvador which might be useful for the Tsunami<br />

Response; xxxxx.<br />

Baumanuals<br />

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Oxfam 2005: Transitional settlement - displaced population, University of Cambridge,<br />

Shelterproject, Oxford (GB).<br />

Länder-Guidelines (Indonesien und Sri Lanka)<br />

National Housing Development Authority (NHDA) 2005: Tsunami Disaster Housing<br />

Program, Guidelines for housing development in the costal belt of Sri Lanka, Colombo.<br />

Ministry of Urban Development and Water supply, Ministry of Housing and Construction<br />

Industry 2005: Implementation Guidelines Donor Assisted Housing & Township<br />

Reconstruction; TAFREN, Colombo.<br />

Ministry of Urban Development and Water supply, Ministry of Housing and construction<br />

Industry, Sri Lanka 2005: Assistance Policy & Implementation guidelines Housing &<br />

Township Development; Colombo.<br />

Blue Print – Dokument Indonesien<br />

1. Internetadressen ausgewählter Informationsdienste und Organisationen<br />

[Datum des Zugriffs 28 Februar 2008]<br />

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http://www.disaster.info.desastres.net/dipecho<br />

Disaster Relief – Worldwide Disaster Aid and Information via the Internet<br />

http://www.disasterrelief.org<br />

EARTHQUAKE RESISTANT CONSTRUCTION<br />

http://members.tripod.com/str_n_tips/eq/eq6.htm<br />

GeoForschungsZentrum Potsdam<br />

http://www.gfz-potsdam.de<br />

gtz Urban Quality & CAP Indonesien<br />

HazardNet (IDNDR Demonstration Proj.)<br />

http://hoshi.cic.sfu.ca/hazard/index.html<br />

Office for the Coordination of Humanitarian Affairs<br />

http://www.reliefweb.int/<br />

UN Development Programme<br />

Disaster Management<br />

http://www.undp.org/erd/disaster.htm<br />

vgl. GATE, SKAT, oder auch die indonesische Building Clinic


Christian Selig, Sabitha Lorenz,<br />

Konstantin Drexlmaier,<br />

Marie Chaufer, Guillaume<br />

Weiss,<br />

Daniel Haas<br />

Massnahmen, Strategien Grundprinzipien<br />

Erdrutsche<br />

V


Gliederung<br />

I. Einleitung<br />

II. Hauptteil<br />

1. Definitionen und Arten von Massenbewegungen<br />

1.1 Erdrutsche<br />

1.2 Bergstürze<br />

1.3 Muren<br />

1.4 Solifluktion<br />

2. Risikomanagement und Prävention<br />

2.1 Integrales Risikomanagement<br />

2.2 Gefahrenkarten<br />

2.3 Gefahrensituation/ Anfälligkeit (Vulnerability) und Präventionsmöglichkeiten in Gebirgsräumen<br />

der Entwicklungsländer im Vergleich zu Industrieländern<br />

3. Schutzmaßnahmen<br />

3.1 (Städte-) bauliche und technische Schutzmaßnahmen<br />

3.1.1 Potentielle Schäden<br />

3.1.2 Schutzmaßnahmen/ Bauweisen<br />

3.2 Ingenieurbiologische Schutzmaßnahmen<br />

3.3 Frühwarnsysteme<br />

4. Beispiele von Katastrophen aus Industrieländern<br />

4.1 Gondo (Schweiz)<br />

4.2 La Conchita (USA, Kalifornien)<br />

5. Beispiele von Katastrophen aus Entwicklungsländern<br />

5.1 El Salvador<br />

5.2 Venezuela<br />

5.3 Fazit<br />

III. Fazit und Ausblick<br />

IV. Anhang


Einleitung<br />

Stetiges Wachstum der Weltbevölkerung und eine daraus resultierende dichtere Besiedlung,<br />

insbesondere entlang der Küsten, großer Flussläufe oder Gebirgsregionen, sowie<br />

eine stetige Wertsteigerung von Gebäuden und Infrastrukturanlagen verändern die Auswirkungen<br />

von <strong>Naturkatastrophen</strong>. Ein Naturereignis wird zur Katastrophe, wenn Menschen<br />

oder Gebäude dabei zu Schaden kommen. Außerdem besteht durch die steigenden<br />

Ansprüche der Gesellschaft an die Mobilität und der damit verbundenen Zunahme des<br />

Verkehrs und generell der Globalisierung, mit ihrer immer stärkeren Vernetzung im Wirtschaftsleben<br />

und weltweit wachsenden Strömen der Versorgung und Kommunikation eine<br />

deutliche Tendenz zu einem immer größeren Risikopotential in Bezug auf Naturgefahren.<br />

In Gebirgsräumen besteht ein erhöhtes Schadenspotential und ein hohes Risiko von <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

die Menschen und Infrastruktur betreffen, da aufgrund des begrenzten Raums<br />

Siedlungen und andere Nutzungsgebiete sehr häufig in Gefahrenzonen liegen. Die volkswirtschaftlichen<br />

Einbußen, in Verbindung mit einer durch die Naturgefahren verursachten<br />

Einschränkung der Nutzung des Lebensraums, sind hier demzufolge besonders gravierend.<br />

Daher sind Prävention, Schutzmaßnahmen und Risikomanagement (Koordination,<br />

Versicherungsschutz etc.) äußerst notwendig um die Schäden (sowohl menschliche<br />

Verluste, als auch materielle/ volkswirtschaftliche Schäden) in Grenzen zu halten.<br />

Man muss hierbei jedoch anmerken, dass ein extrem großer Unterschied in<br />

Bezug auf mögliche Schutzmaßnahmen und allgemein dem Risikomanagement zwischen<br />

Gebirgsregionen in „höher entwickelten“ Industrienationen der „ersten Welt“<br />

und jenen in so genannten „Entwicklungsländern“ besteht, wo folglich die menschlichen<br />

Verluste und volkswirtschaftlichen Rückschläge um einiges höher sind.<br />

Bei den erwähnten Gefahren in Gebirgsregionen handelt sich vor allem um sogenannte<br />

„gravitative“ Naturgefahren wie Erdrutsche oder Bergstürze, die im ersten Kapitel dieser<br />

Arbeit kurz erläutert und behandelt werden. Des weiteren wird im zweiten Kapitel ein kurzer<br />

Überblick über das integrale Risikomanagement gegeben und anhand einer Gefahrenkarte<br />

der Ortschaft „San Spiert“ verschiedene Grundprobleme der Besiedlung von Gebirgsräumen<br />

erläutert. Anschließend folgt ein Vergleich zu Siedlungen in Gebirgsregionen, in denen<br />

keine Gefahrenkarten oder andere Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden bzw. möglich<br />

sind. Im dritten Kapitel sollen schließlich neben einem Frühwarnsystem die einzelnen<br />

bisher eingesetzten technisch- baulichen als auch biologischen Schutzmaßnahmen vorgestellt<br />

werden. In den Kapiteln 5 und 6 werden anhand ausgewählter Beispiele von <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

in Entwicklungs- und Industrieländern das Schadensausmaß, der Ablauf der<br />

Katastrophen, gegebenenfalls die Wirksamkeit der unterschiedlichen Schutzmaßnahmen<br />

und der <strong>Wiederaufbau</strong>, sowie Instandsetzungsmaßnahmen aufgezeigt. Zum Ende folgt ein<br />

zusammenfassender Überblick über Defizite und Grenzen bestehender Möglichkeiten auch<br />

im Hinblick auf die Unterschiede zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern,<br />

und mögliche Verbesserungen durch neue Schutzmaßnahmen wie z.B. Frühwarnsysteme.<br />

Was sind Erdrutsche? Welche Ursachen können Sie haben? Wie sieht das Ausmaß<br />

ihrer Zerstörung aus und wie kann man sich vor diesen Extremereignissen<br />

schützen? Wie kann der <strong>Wiederaufbau</strong> aussehen? Antworten auf diese und andere<br />

Fragen sollen in dieser Seminararbeit möglichst umfassend gegeben werden.


Hauptteil<br />

1 Definitionen und Arten von Massenbewegungen<br />

Es gibt viele verschiedene Arten von Massenbewegungen. Wir möchten uns jedoch in dieser<br />

Arbeit lediglich auf die häufigsten beschränken: Erdrutsch, Bergsturz, Murenabgänge<br />

und Solifluktion.<br />

„Als Massenbewegung werden bruchlose und bruchhafte, hangabwärts gerichtete Verlagerungen<br />

von Fels- und/oder Lockergestein unter Wirkung der Schwerkraft bezeichnet.“ 1<br />

Diese Massenbewegungen können als schnell ablaufender Prozess (Bergsturz, Murengang)<br />

oder als langsam ablaufender Prozess (Rutschung, Solifluktion, Bodensenkung)<br />

vonstatten gehen. Massenbewegungen können sowohl als Einzelereignis auftreten, als<br />

auch in Kombination mit Erdbeben, Vulkanausbrüchen oder Überschwemmungen, welche<br />

die zerstörerische Kraft einer solchen Katastrophe noch vervielfachen. Das Phänomen<br />

der Massenbewegung ist Bestandteil fast aller Geosysteme, jedoch treten sie verstärkt in<br />

den Regionen der Mittel- und Hochgebirge der Erde auf. 2<br />

Um nun die Arten von Massenbewegungen besser verstehen zu können, werden sie im<br />

Folgenden einzeln behandelt.<br />

1.1 Erdrutsche<br />

Als Erdrutsch wird das Abgleiten großer Erd- und Gesteinsmassen mit mäßiger Geschwindigkeit<br />

bezeichnet. Meist wird er durch den Fall starker Regenfälle auf nicht gefestigten<br />

Boden ausgelöst. Der Boden saugt sich mit der Feuchtigkeit voll. Durch die Flüssigkeit im<br />

Boden sinkt die Haftreibung und die Schwerkraft zieht den Boden talwärts. Neben Regenfällen,<br />

gibt es auch eine Reihe anderer Faktoren die einen Bergrutsch auslösen können:<br />

Erdbeben, Plattentektonik, Vulkanausbrüche, schnelle Schneeschmelze oder Bergbau. Ob<br />

nun ein Gebiet erdrutschgefährdet ist abhängig von der Wasserdurchlässigkeit des Bodens,<br />

der Rohdung großer Waldgebiete, der Schichtung, des Vorregens und vielem mehr. Der<br />

Erdrutsch bewegt sich in komplexer Form dem Gelände folgend zu Tal. Dabei kann er neben<br />

Erde und Schlamm auch Bäume, Schnee und Bauten mit sich tragen oder verschütten. 3<br />

1.2 Bergstürze<br />

Ein Bergsturz ist eine mit hoher Geschwindigkeit talwärts gehende Fels- oder Schuttbewegung.<br />

Dabei verhält sich das Gestein wasserähnlich und kann auf der gegenüberliegenden<br />

Bergwand aufbranden. Auch kann die Druckwelle die entsteht, wenn<br />

der Bergsturz in einem aufgestauten See zu liegen kommt, erheblichen Schaden anrichten.<br />

4 In der Regel entstehen Bergstürze an der Kante zweier Gesteinsschichten<br />

und werden, ähnlich wie der Erdrutsch, von starken Niederschlägen, Erdbeben oder<br />

Frostsprengung ausgelöst. Entscheidend ist jedoch, dass ein Bergsturz fast immer<br />

an den Stellen abgeht, an denen zwei Gesteinsschichten unterschiedlicher Wasserdurchlässigkeit<br />

und Härte nebeneinander oder übereinander liegen. Der weichere Boden<br />

saugt sich mit Wasser voll, die Haftwirkung lässt <strong>nach</strong> und der Boden bricht entlang<br />

der Grenze zum härteren Gestein ab. Bei starkem Niederschlag sickert das<br />

Wasser durch Ritzen in die weicheren Schichten und der Berg stürzt ebenfalls ab. 5<br />

Abb.1: Erdrutsch<br />

Abb.2.: Bergsturz


Abb.3.: Mure<br />

Abb.4.: Solifluktion<br />

1.3 Muren<br />

Eine Mure, oder der Murengang, ist durch ihren/seinen großen Anteil an Sedimenten<br />

gekennzeichnet. Eine Mure ist ein wasserähnlicher Strom aus Sedimenten, Schutt<br />

und Gestein, der sich durch die Schwerkraft talwärts bewegt. Sie entsteht in steilem<br />

Gelände, auf dem eine große Menge an Schutt, Sedimenten und Lockermaterial<br />

aufliegt. Dieses Lockermaterial saugt sich bei starken Niederschlägen mit Wasser<br />

voll und gerät oft, durch ein Bach- oder Flussbett kanalisiert, ins Fließen. Die<br />

oft klar zu erkennende Front der Mure kann bis zu 60 km/h erreichen und wird, je<br />

weiter sie talabwärts fließt, immer größer. Ein großer Murengang kann durch seine<br />

große Energie erheblich mehr Schaden anrichten als ein Hochwasser. Durch ihre<br />

viel größere Masse und den größeren Anteil an Sedimenten, Sand und Lockermaterial<br />

bei gleichzeitigem wasserähnlichem Fließverhalten kann eine Mure Keller<br />

und Kanalisationen „überfluten“, Häuser mitreißen, und sogar ganze Ortsteile verschütten.<br />

Jedoch kann eine Mure, im Unterschied zu den beiden vorher erwähnten<br />

Ereignissen, nicht durch Erdbeben oder tektonische Prozesse ausgelöst werden,<br />

sondern immer nur in Verbindung mit Wasser (Niederschlag, Schneeschmelze). 6<br />

1.4 Solifluktion<br />

Mit dem Begriff Solifluktion wird eine<br />

großflächige, hangabwärts gerichtete<br />

Schutt- und Erdbewegung in sog. Periglazialgebieten<br />

bezeichnet. Dieses sehr<br />

träge Ereignis wird durch das Auftauen<br />

der oberflächennahen Bodenschichten<br />

ausgelöst. Da der tiefer liegende Permafrostboden<br />

(immer gefroren) eine Versickerung<br />

verhindert, ist der Oberboden<br />

mit Wasser gesättigt. Bei einem gewissen<br />

Gefälle (schon ab 2°) wird der Reibungswiderstand<br />

durch den wassergedrängten<br />

Boden vermindert und er gleitet ab.<br />

In Ausnahmefällen kann auch ein Erdbeben<br />

eine Solifluktion auslösen.<br />

Die Solifluktion weist eine klare<br />

gegliederte Morphologie auf:<br />

Solifluktionszunge: Die SZ ist der Hauptkörper<br />

dieses Ereignisses. Sie beinhaltet<br />

sämtliches Material und weist<br />

meist eine zungenartige Form auf.<br />

Solifluktionslobe: Die SL ist eine Auswölbung<br />

an der Front der Solifluktionszunge.<br />

Sie entsteht als Folge der<br />

hangabwärtsgerichteten Bewegung.<br />

Solifluktionsniesche: Diese kennzeichnet<br />

den Herkunftsbereich des Materials;<br />

erkennbar ist sie als Mulde<br />

am Ausgangspunkt der Solifluktion. 7


2. Risikomanagement und Prävention<br />

2.1 Integrales Risikomanagement<br />

Der folgende Punkt beschäftigt sich mit dem Konzept des Integralen Risikomanagements<br />

(IRM) <strong>nach</strong> Walter Amann. Beim IRM handelt es sich um ein operatives Konzept<br />

zur Handhabung von Risiken im Spannungsfeld von Risiko und Sicherheit. Das<br />

heißt im Grunde, die Risiken müssen erkannt und beurteilt, sowie mit geeigneten<br />

Maßnahmen reduziert werden, um schließlich organisatorische Entscheidungen treffen<br />

zu können. Eigentliches Ziel ist also die Planung und Umsetzung von Maßnahmen.<br />

Weitere essentielle Aspekte des Konzepts sind effiziente Maßnahmen während und <strong>nach</strong><br />

einer zu erwartenden Krisensituation, sowie die zentrale Bedeutung der wirtschaftlichen<br />

Bewältigung von Schäden mit Hilfe von Versicherungen. Hieraus ergeben sich die zentralen<br />

Fragen des IRM, an denen sich das Konzept grundlegend orientiert: „was kann passieren<br />

?“ und „was darf passieren ?“ Die Diskrepanz zwischen diesen beiden Einschätzungen<br />

muss mit geeigneten Maßnahmen überbrückt werden. Die wichtigsten Aspekten<br />

dieses risikoorientierten Ansatzes sind daher auf der einen Seite die Häufigkeit bzw.<br />

Wahrscheinlichkeit eines Naturereignisses und auf der anderen Seite das Schadensausmaß,<br />

bestimmt durch die Anzahl der Personen und der Sachwerte die betroffen wären. 8<br />

AMANN unterscheidet verschiedene Typen von Maßnahmen an denen sich auch diese Arbeit<br />

orientiert:<br />

1. organisatorische Maßnahmen. (z.B. Frühwarnsysteme)<br />

2. raumplanerische Maßnahmen (z.B. Gefahrenkarten)<br />

3. technische Maßnahmen (z.B. Hochwasserdämme)<br />

4. biologische Maßnahmen (z.B. Schutzwälder)<br />

AMANN betont hierbei, dass theoretisch alle Maßnahmen gleichwertig einbezogen bzw. eingesetzt<br />

(alleine oder in Kombination) werden. Die größte Herausforderung stellt dabei die<br />

ganzheitliche und einheitliche Beurteilung über alle Phasen hinweg dar, da eine Vielzahl beteiligter<br />

Stellen involviert ist, was zum Beispiel die Koordination in erheblichem Maße erschwert. 9<br />

Hierzu ein Zitat aus WAMSLER´s Text: „Fehlendes Wissen, aber auch Ignoranz gegenüber<br />

bestehenden Risiken lassen die Menschen oft selbst zum zentralen Risikofaktor werden.“ 10<br />

Hauptaufgabe der Integralen Maßnahmenplanung ist also die vorgesehene<br />

Sicherheit mithilfe der kostenwirksamsten Maßnahmen<br />

zu gewährleisten, ohne dabei die Schutzziele zu ver<strong>nach</strong>lässigen.<br />

AMANN fügt noch hinzu, dass der Hauptteil der wichtigsten und effektivsten Maßnahmen<br />

im Bereich der Risikovermeidung (Prävention, Gefahrenkarten, etc.) stattfinden, da hier<br />

das „Übel“ (die Naturkatastrophe) an seiner Wurzel gepackt wird, indem primär die Wahrscheinlichkeit<br />

des Ereignisses verringert wird. Die Risikominderung gilt hingegen als gemeinsame<br />

und solidarische Aufgabe von Bund, Gemeinden, Wirtschaft und Individuum.<br />

Daher müssen alle Beteiligten ihre Verantwortung kennen und wahrnehmen. Eine wichtige<br />

Rolle bezüglich der Solidarität übernehmen in diesem Sinne auch die Versicherungen. Die<br />

Finanzierung erfolgt daher in der Regel über verschiedene Politikbereiche hinweg, wodurch<br />

jedoch auch Probleme entstehen. Zum Beispiel erschweren facettenreiche Finanzierungsformen<br />

die optimale Koordination und den Einsatz der Maßnahmen. Zudem ist<br />

„Sicherheit um jeden Preis“ aus technischen, ökonomischen und ökologischen Gründen<br />

nicht sinnvoll. Es gilt daher die Grenzen der Sicherheit und des Schutzes zu akzeptieren.<br />

Abb. 5: Risikokreislauf des IRM<br />

Legende zu Abb. 6 u. 7


Abb. 6:Gefahrenkarte u. zugehörige Legende des Ortes San Spiert<br />

Abb. 7: eigene Darstellung der Gefahrenkarte vor dem Hintergrund<br />

eines google earth Bildes der Region<br />

Die Maßnahmen sollten vor allem im Sinne der Kostenwirksamkeit mit einem Minimum<br />

an Kosten und einem Optimum an Sicherheit erfolgen. Hierbei stellt sich nur<br />

die Frage: inwieweit dürfen nicht wirtschaftliche Präventionsmaßnahmen auf Kosten<br />

(potentielle Schadenskosten) der nächsten Generation unterlassen werden?<br />

Außerdem ist vor dem Hintergrund, dass sich 95 % der <strong>Naturkatastrophen</strong> mit Todesopfern<br />

in sich entwickelnden Ländern ereignen, eine internationale Solidarität<br />

und Kooperation im Umgang mit Risiken aus Naturgefahren unabdingbar. 11<br />

AMANN übt vor allem Kritik an technischen und baulichen Maßnahmen, da Naturereignisse<br />

(Katastrophen) für die Natur (speziell am Beispiel des Waldes) je <strong>nach</strong> Intensität, Ausmaß<br />

und Häufigkeit, ebenso eine Chance zur Erneuerung und zur Anreicherung der Artenvielfalt<br />

darstellen können. Des weiteren richtet sich seine Kritik gegen den unklaren und ungenügenden<br />

Bezug der Gesetze auf verbleibende Restrisiken. Besonders aus Sicht der Planungssicherheit<br />

sind konkretere Aussagen erwünscht. Ebenso muss die Kooperation und Koordination<br />

zwischen technischen und ökologischen Bereichen der Forschung weiter gefördert<br />

werden. Weiter empfiehlt er der Instandhaltung der bereits aufgebauten, umfangreichen<br />

technischen Schutzbauten und –maßnahmen große Beachtung zukommen zu lassen. 12<br />

2.2 Gefahrenkarten<br />

Wie schon erwähnt, übernimmt die Raumplanung eine entscheidende Rolle, da sie die<br />

Raum- und Flächennutzung festlegt, die für das Schadenpotenzial die entscheidende<br />

Größe darstellt. „Die wesentliche Vorraussetzung für eine effektive Umsetzung raumplanerischer<br />

Präventionsmaßnahmen ist die Erkennung und Dokumentation der Naturgefahrensituation<br />

sowie deren Beurteilung und Bewertung ist“. 13 Die Raumplanung im<br />

Sinne der Gefahrenprävention und Risikovermeidung, wird vor allem durch die Gefahrenkartenkarten<br />

dargestellt. Hierbei ist jedoch zwischen 2 verschiedenen Arten von G. zu<br />

unterscheiden: 1. detaillierte Gefahrenkarten, die genaue Aussagen über die Gefahrenart,<br />

die räumliche Ausdehnung, und den Grad der Gefährdung geben. 2. Gefahrenhinweiskarten,<br />

die eine geringerer Bearbeitungstiefe besitzen, weshalb sie vorwiegend als Planungsgrundlage<br />

für die Festlegung der Notwendigkeit und Dringlichkeit spezifischer Detailuntersuchungen<br />

dienen. Die Gefahrenhinweiskarten beschränken sich daher grundsätzlich<br />

auf die Ansprüche der Richtplanung. Gefahrenkarten werden z.B. in der Schweiz vom Amt<br />

für Wald für die entsprechenden potentiellen Gefahrenarten: Lawine, Wasser, Sturzprozesse<br />

und Rutschungen eigens erstellt. Die Intensität und die Wahrscheinlichkeit (Häufigkeit<br />

und Wiederkehrdauer) der jeweiligen Gefahrenart werden definiert. Es werden<br />

drei Gefahrenstufen (siehe Abb. 6) unterschieden, wobei die jeweilige Schadenwirkung<br />

für jede Gefahrenart und Gefahrenstufe in einer eigenen Karte dargestellt wird. Die Abstufung<br />

reicht von einem sog. Hinweisbereich (geringe Gefährdung), über einen Gebotsbereich<br />

(mittlere Gefährdung), bis hin zu einem Verbotsbereich (erhebliche Gefährdung). 14<br />

Im Folgenden ist ein Beispiel einer Gefahrenkarte für Sturzbewegungen im Umfeld des<br />

Schweizer Ortes „San Spiert“ dargestellt (Abb.6). In der zugehörigen Legende werden die<br />

entsprechenden Anweisungen zu den jeweiligen Gefahrenstufen erläutert. Der nicht zu<br />

bebauende rote Bereich überschneidet sich mit sehr steilen Hanglagen oberhalb des Ortes<br />

und ist größtenteils mit Wald bedeckt, der zusätzlich als Schutzwald fungiert (siehe Abb. 7).


2.3 Vergleich der Gefahrensituation/ Anfälligkeit (Vulnerability)<br />

und Präventionsmöglichkeiten zwischen Gebirgsräumen in Entwicklungs-<br />

und Industrieländern<br />

Der folgende Punkt stellt eine kritische Gegenüberstellung der Gefahrensituation in Entwicklungs-ländern<br />

und Industrieländern dar. Prävention, Schutzmaßnahmen und Risikomanagement<br />

(Koordination, Versicherungsschutz etc.) sind notwendig, um die Schäden<br />

und Risiken in Grenzen zu halten. In Entwicklungsländern fehlen diese Ansätze jedoch oftmals.<br />

Die Gründe hierfür sind zahlreich: die zu hohen Kosten der Maßnahmen, die Handlungsunfähigkeit<br />

der staatlichen Institutionen, die daraus resultierende fehlende Planung,<br />

die geringe bzw. nur kurzfristige Reichweite von Gesetzen und Verordnungen, usw.. So sind<br />

häufig die Ärmsten der Armen in marginalen Siedlungen/ Vierteln der Megastädte, deren<br />

Anteil stetig zunimmt, von gravitativen <strong>Naturkatastrophen</strong> betroffen. Sie leben oftmals in<br />

selbst erbauten Hütten in Vierteln ohne Baugenehmigung und Versorgungsinfrastruktur.<br />

Diese Viertel liegen zudem oftmals in Gebieten die hochgefährdet in bezug auf <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

sind. Das Problem fängt daher schon mit der fehlenden Raumplanung an: Armensiedlungen,<br />

die Erd- oder Geröllmassen nicht standhalten, entstehen in gefährdeten<br />

Gebieten. Die baulichen Schutzmaßnahmen sind aus den erwähnten Gründen oftmals zu<br />

teuer und Gefahrenkarten kaum durchsetzbar. Dies sollen zunächst die Abbildungen 8- 10<br />

veranschaulichen, die entsprechende periphere Siedlungen bei „La Paz“ in Bolivien zeigen.<br />

Zusammenfassend soll hier auf die Studie der GTZ (Deutsche Gesellschaft für technische<br />

Zusammenarbeit) von 2001 verwiesen werden, die die Hauptprobleme zahlreicher<br />

Entwicklungsländer erfasst: „schnelles Bevölkerungswachstum, hohe Bevölkerungsdichte,<br />

unzureichende Stadtplanung, ökologisches Ungleichgewicht, Mangel an technischer<br />

sowie sozialer Infrastruktur, Zentralisierung politischer, ökonomischer und industrieller<br />

Einrichtungen, unkontrollierte Industrialisierung, hemmende politische Faktoren<br />

Abb. 8- 10: Marginalsiedlungen bei La Paz, Bolivien


Abb. 11: Maßnahmen im Bereich Wohnungsbau<br />

3. Schutzmaßnahmen<br />

3.1 (Städte-) bauliche und technische Schutzmaßnahmen<br />

Es gibt kein Allheilmittel gegen Erdrutsche: weder in Bezug auf bauliche oder technische<br />

Schutzmaßnahmen, noch in Bezug auf Präventionsmaßnahmen. Der Großteil der baulichen<br />

Maßnahmen orientiert sich an den speziellen Gegebenheiten der unterschiedlichen<br />

Gefahrensituation. In dieser Arbeit werden nur wenige allgemeine bauliche Maßnahmen<br />

dargestellt, da sie im Kontext der jeweiligen Katastrophe betrachten werden sollten.<br />

Stattdessen werden Berichte von baulichen Schutz- und <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen an den<br />

konkreten Beispielen der Katastrophen in EL und IL erläutert (insofern es dazu die Literatur<br />

gibt). Dies macht auch insofern Sinn, da die Situation in EL und IL aufgrund der unterschiedlichen<br />

sozioökonomischen und klimatischen Bedingungen sehr unterschiedlich ist.<br />

Außerdem sind die baulichen Möglichkeiten begrenzt. Erdrutsche können in<br />

zahlreichen Regionen auftreten und ereignen sich ohne Vorwarnung - im Gegensatz<br />

zu Erdbeben und Vulkanen- und lassen somit kaum Zeit für Notevakuierungen.<br />

Dies ist umso tragischer, da bauliche Schutzmaßnahmen keine<br />

hundertprozentige Sicherheit bieten, wie das Beispiel von La Conchita (Kapitel 4.2) eindringlich<br />

zeigt: mehrere Häuser wurden trotz Barrieremauern verschüttet und zerstört.<br />

Aus all diesen genannten Aspekten kann gefolgert werden, dass der wichtigste<br />

Schutz bei gravitativen Naturgefahren die Prävention mittels Raumplanung und<br />

Gefahrenkarten ist, sowie ökologische und generell <strong>nach</strong>haltige Maßnahmen.<br />

Das anschließende Kapitel widmet sich vor allem baulichen Maßnahmen und Situationen<br />

in Industrieländern, da in EL wenige Beispiele solcher Schutzmaßnahmen zu finden sind.<br />

Gründe dafür sind zahlreich; den Entwicklungsländern fehlt oftmals das Geld und die konsequente<br />

Planung solcher Schutzmaßnahmen (dazu mehr im Kapitel 5.). Deshalb sind in<br />

diesen Ländern leider noch heute die gravierendsten menschlichen Verluste zu beklagen.<br />

Bevor auf die unterschiedlichen Maßnahmen eingegangen wird, sollen zunächst<br />

die möglichen Schäden an Gebäuden und Infrastruktur kurz dargestellt werden.<br />

3.1.1 Bauliche Schäden<br />

Erdrutsche können unterschiedlichste Schäden an Gebäuden herbeiführen. Die Auswirkungen<br />

am Gebäude reichen von Rissen im Mauerwerk bis zu eingedrückten<br />

oder eingestürzten Wandpartien. In den meisten Fällen werden die Bauten entweder<br />

komplett verschüttet, oder sie werden auf einer gleitenden Schicht verschoben<br />

bzw. schief gestellt (siehe Kap.1.4 Solifluktion). Hier ist die Entwicklung von Bauschäden<br />

über längere Zeit zu beobachten. Die Bauschäden reichen von bedenklichen Putz-<br />

3.1.2 Schutzmaßnahmen<br />

Bei bestehenden Gebäuden sind die wichtigsten Maßnahmen die Abführung und Kanalisation<br />

von Regenwasser, die regelmäßige Wartung und Instandhaltung der Häuser,<br />

sowie gegebenenfalls die Erhöhung der Neigung des Dachs. 16 (siehe Abbildung 11)<br />

Eine <strong>nach</strong>trägliche Verstärkung des Fundaments ist kaum möglich.


Städtebau<br />

Bei einem Neubau sollte man in den Gefahrenkatastern und Gefahrenkarten (einsichtbar<br />

bei der Gemeinde, falls vorhanden) prüfen, ob das Grundstück in einem durch Elementarschäden<br />

gefährdeten Gebiet liegt und den Bau entsprechend <strong>nach</strong> dem mögliche<br />

Ausmaß einer Gefährdung ausrichten bzw. anpassen. Diese Prüfung empfiehlt sich vor<br />

allem für Bauparzellen in steilen Hangsituationen. Darüber hinaus ist es möglich Spezialisten<br />

der Baugrundbeschaffenheit (zum Beispiel Geologen) zu Rate zu ziehen. Auch<br />

langjährige Anwohner, lokale Bauunternehmer und Bauverwalter der Gemeinde können<br />

wichtige Informationen über die Bodenbeschaffenheit und mögliche Gefahren besitzen.<br />

Im Bereich der Stadtplanung spielt die Ausrichtung und Anordnung der Häuser eine<br />

essentielle Rolle. Es kommt darauf an, eine kontrollierte Regenwasserableitung und<br />

Wege zur Kanalisierung kleinerer rutschender Massen zu schaffen, um die Schäden<br />

zu vermindern. 17 Beim Schutz von Siedlungen und von wichtiger Versorgungsinfrastruktur<br />

(zum Beispiel Straßen) wird eine Hangstabilisierung angestrebt: rutschgefährdete<br />

Hänge müssen möglichst effektiv befestigt werden. Dies kann durch tief<br />

wurzelnde Bäume und Sträucher erzielt werden, oder durch „Erdnägel“ und Holzkonstruktionen.<br />

Auch Netze am Hang werden zur Vermeidung von Steinschlag und<br />

Bergsturz eingesetzt. Barriere- und Schutzmauern sollen die Erdmassen aufhalten.<br />

Abb. 12: Maßnahmen im Bereich Stadtplanung<br />

Abb.13: Barrieremauer und Schutzwand in La Conchita<br />

Abb.14: Befestigter Hang


Abb. 15: Funktion des Schutzwaldes in Bayern<br />

Abb. 16: Wald als Schutz vor<br />

3.2 Ingenieurbiologische Schutzmaßnahmen<br />

Ein wesentlicher Bestandteil der Bodenstabilität sind die Wälder. Dort wo sie nicht<br />

mehr oder nur teilweise existieren fehlt der Halt des Bodens, vor allem an Hängen.<br />

Schutzwälder sind ein effektiver Erosionsschutz, die leider nur noch selten natürlich vorkommen<br />

und somit angepflanzt werden müssen. Vor allem in außertropischen Gebirgsregionen<br />

der Industrieländern nutzt man diese biologische Schutzmaßnahme. Hier schützen<br />

sie Siedlungen und Straßen: nicht nur vor Erdrutschen und Steinschlag (siehe Abbildung<br />

16), sondern auch vor Lawinen und sogar vor Hochwasser (wasserregulierende Wirkung).<br />

In tropischen Gebirgsregionen (zumeist in Entwicklungsländern) besteht das Problem<br />

der Finanzierung und Planung. Doch gerade hier müssten die Wälder geschützt<br />

werden, da die Wälder aufgrund von Rodung und Abholzung stark zerstört sind.<br />

Die Pflege der Schutzwälder erfolgt generell <strong>nach</strong> den Grundsätzen der Nachhaltigkeit. Der<br />

Wald muss dicht und gesund erhalten werden. Es handelt sich in der Regel um Bergwälder, die<br />

durch ihre Lage an oftmals extremen Standorten auf jede Veränderung reagieren und daher<br />

besonders stark auf intakte Umweltverhältnisse angewiesen sind. In Gebirgsregionen der<br />

Industrieländern stellen sie bisher ein äußerst wichtiges Element der Schutzmaßnahmen<br />

gegen gravitative Naturgefahren dar, wie auch Abbildung 15 am Beispiel Bayerns zeigt. 18<br />

3.3 Frühwarnsysteme<br />

Da bauliche und planerische Schutzmaßnahmen in den Entwicklungsländern selten konsequent<br />

durchgesetzt werden können, wie anhand der folgenden Beispiele zu erkennen ist,<br />

müssen andere Systeme zur Warnung der Bevölkerung entwickelt werden. Dies gestaltet<br />

sich jedoch äußerst schwierig, da Erdrutsche im Vergleich zu Erdbeben oder Vulkanausbrüchen<br />

kaum messbare Vorboten haben. Noch gibt es kein einheitliches Frühwarnsystem, das<br />

eine Evakuierung der Bevölkerung und damit die Rettung von Menschenleben ermöglicht.<br />

Ein Frühwarnsystem für Erdrutsche wurde in Zusammenarbeit mit der NASA entwickelt;<br />

noch ist unklar wie erfolgreich es sein wird und in welchem Ausmaß es genützt werden kann.<br />

Bei diesem Frühwarnsystem werden Satellitendaten der NASA über Niederschläge genutzt.<br />

Zwei Wissenschaftler (Robert Adler und Yang Hong) haben dieses System entwickelt,<br />

um Erdrutsche „vorherzusagen“ bzw. frühzeitig zu erkennen. Monitoring der<br />

Bodenfeuchtigkeit und der Verdunstung stehen dabei an erster Stelle. Mit Hilfe von Satellitenaufnahmen<br />

wurde eine Weltkarte der Regionen dargestellt, in denen Erdrutsche<br />

generell vorkommen können und mit welcher Wahrscheinlichkeit. Bei starkem Regen<br />

können dann Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit für Erdrutsche in der jeweiligen<br />

Region berechnet werden. Die gewonnenen Daten über die Niederschläge sind wenige<br />

Stunden <strong>nach</strong>dem sie aufgezeichnet wurden über das Internet verfügbar. So können Informationen<br />

über das derzeitige Risikopotential fast in Realzeit von Regierungen und Organisationen<br />

über das Internet eingesehen werden. Sehr vorteilhaft an diesem Frühwarnsystem<br />

ist die Tatsache, dass die Erdrutsch- Weltkarte sowie die Niederschlagsdaten online<br />

verfügbar sind. Bis jetzt spricht man von einem experimentellen Charakter dieses Frühwarnsystems,<br />

da noch zu wenige Erfahrungswerte über die Potentiale und Grenzen aufgezeichnet<br />

wurden. Es bleibt spannend, inwiefern dieses Projekt erfolgreich sein wird. 19


4. Beispiele von Katastrophen aus Industrieländern<br />

4.1 Gondo (Schweiz)<br />

Die Schweizer Dorfschaft Gondo (Gemeinde Zwischbergen) befindet sich im Wallis, zwischen<br />

dem Simplonpass und der Grenze Schweiz/Italien. Gondo ist ein Bergdorf, und wurde auf einem<br />

Schuttkegel unterhalb einer imposanten Felswand auf der linken Teilseite der Doveria erbaut.<br />

Das Unglück in Gondo hat gezeigt, dass Gefahrenkarten verschiedenste Gefahrenbereiche<br />

abdecken müssen. Mit einem Hangrutsch hatte dort niemand gerechnet. Die Gefahrenkarte<br />

wurde nur für Steinschlag erstellt, gegen den eine Mauer schützen sollte.<br />

Im Oktober 2000 geschah die Katastrophe: Nach lang anhaltenden Regenfällen<br />

konnten die aufgeweichten Hänge das Wasser nicht mehr aufnehmen.<br />

Der Schutzwall gegen Steinschlag oberhalb des Ortes brach, und <strong>nach</strong><br />

wenigen Sekunden riss eine Schlammlawine ein Dutzend Häuser mit sich.<br />

Das Dorf wurde von einer Schneise der Zerstörung geteilt. Der Stockalperturm wurde stark<br />

beschädigt: Der älteste Teil stand noch, der Wohntrakt wurde ins Tal gerissen. Bei der Katastrophe<br />

kamen 13 Menschen ums Leben. Fast alle der 165 Überlebenden verließen Gondo.<br />

Nach der Katastrophe sollte erst der ins Rutschen geratene Hang<br />

mit Stahlnetzen abgesichert werden um das Dorf von Steischlag<br />

zu schützen und die Hauptstraße wieder passierbar zu machen.<br />

Als nächstes sollte die zerstörte Infrastruktur wieder aufgebaut werden, damit die Bewohner<br />

zurück in ihre Häuser gehen können.<br />

Die landesweite Solidarität ließ nicht auf sich warten. Das schweizerische Radio und Fernsehsender<br />

sammelte innerhalb weniger Monate die Rekordsumme von 74 Millionen Franken. Die<br />

Frage war nur: Wie sollten die Gelder eingesetzt werden? Hat das Dorf überhaupt eine Zukunft?<br />

Ein Jahr <strong>nach</strong> dem Unglück veranstaltete die Gemeinde Gondo einen öffentlichen<br />

Projektwettbewerb, der aus dem <strong>Wiederaufbau</strong> der zerstörten Gebäude, der Sanierung<br />

des Stockalperturms, und einer Neugestaltung des Dorfskerns bestand.<br />

Der siegreiche Entwurf stammt von den Züricher Architekten Richard Durrer<br />

und Patrick Linggi, deren Projekt die Erfahrung des Unglücks verarbeitet.<br />

Das Projekt basiert in Fünfeck- Körpern, die jedoch als eigenständige, turmartige<br />

Solitäre wahrgenommen werden und sich in Form und Maßstäblichkeit<br />

an der Umgebung orientieren. In der Fassadengestaltung suchen<br />

die Architekten den Dialog mit der vorhandenen Bausubstanz.<br />

In der Weiterbearbeitung des Projektes wurden der ursprüngliche Wettbewerb stark<br />

verkleinert, die Inszenierung der Treppenanlage und die Gedenkkapelle weggelassen.<br />

Im überarbeiteten Konzept richten die Architekten die verbleibenden Bauten – das Gemeindehaus,<br />

das Mehrfamilienhaus und der wieder aufgebaute Abschnitt des Stockalperturms<br />

– auf den neuen, schräg abfallenden Dorfplatz oberhalb der Hauptstraße aus.<br />

Mit der Eröffnung des Stockalperturms im Sommer war der <strong>Wiederaufbau</strong> abgeschlossen.<br />

Seine bestehende Struktur sollte so wenig wie möglich angetastet werden.<br />

Der gestockte Sichtbeton des neuen Traktes ist in der Fugenfarbe des historischen<br />

Mauerwerks gehalten, der Bruch somit erkennbar, aber nicht aufdringlich inszeniert.<br />

Wie der Name «Adagio» des Wettbewerbsprojekts sagt, setzt das Projekt<br />

auf Langsamkeit, «auf die Ruhe von massivem Stein», so die Architekten.<br />

Dieses Projekt ist so bedeutend da es zeigt wie wichtig symbolische und psychologische<br />

Aspekte des <strong>Wiederaufbau</strong>s sind. Es handelt sich um eine langfristige<br />

Lösung, die auf die naturräumlichen Gegebenheiten der Gebirgsregion<br />

eingeht. Die Realisierung war jedoch nur mit viel Geld möglich. 20<br />

Abb. 17: Karte der Zerstörung<br />

Abb. 18: <strong>Wiederaufbau</strong> in Gondo<br />

Abb. 19: restaurierter Stockalperlturm


Abb. 20: Lage von La Conchita<br />

Abb. 21: Foto von La Conchita aus dem Jahr 2002<br />

Abb. 22: La Conchita <strong>nach</strong> dem Ereignis 2005<br />

Abb. 23: La Conchita <strong>nach</strong> dem Rotationsblockrutsch 1995<br />

4.2 La Conchita (USA, Kalifornien)<br />

La Conchita liegt an der südkalifornischen Küste zwischen den beiden Städten Ventura und<br />

Santa Barbara (s. Abb. 21). Die Gemeinde ist in westlicher Richtung von der pazifischen<br />

Küste begrenzt. Im Osten endet sie an einem 35° geneigten, 180 Meter hohen Steilhang.<br />

Über diesem Steilhang werden auf einer Plantage Avocados und Zitrusfrüchte angebaut.<br />

Der Steilhang oberhalb von La Conchita weist nur eine mäßige Festigung auf und besteht im<br />

wesentlichen aus marinen Sedimenten der Monterey- und Pico-Formationen. Die beiden<br />

Formationen treffen sich entlang einer aktiven Verwerfung (Red Mountain Verwerfung),<br />

welche sich quer durch den Steilhang über La Conchita erstreckt.<br />

Zuletzt wurde La Conchita am 10.Januar 2005 von einem Erdrutsch heimgesucht.<br />

Der Schaden belief sich insgesamt auf 36 zerstörte oder ernsthaft beschädigte Häuser<br />

und forderte 10 Menschenleben. Das Ereignis war kein Einzelfall in dieser Region.<br />

In Abbildung 22 sieht man den Hang oberhalb von La Conchita.<br />

Das Foto zeigt deutlich die Spuren mehrerer Rutschungen unterschiedlicher Ausprägung.<br />

Gut sichtbar sind auch die letzten beiden aus den Jahren 1995 und 2005, wie in<br />

der Abbildung 3 noch einmal farblich hervorgehoben wurde. Die blaue Linie kennzeichnet<br />

das Ereignis aus dem Jahr 1995 und die gelbe Linie das Ereignis aus dem<br />

Jahr 2005. Die drei Pfeile in der Abbildung lokalisieren weitere kleinere Ereignisse.<br />

Historischen Daten zufolge treten Bergrutsche in der Region um La Conchita regelmäßig<br />

auf. In den Jahren 1889 und 1909 wurde zum Beispiel die Southern Pacific<br />

Rail Line von Bergrutschen überschwemmt. Kleinere Ereignisse haben immer<br />

wieder Straßen und Kulturland unter abrutschenden Gesteinsmassen begraben. 21<br />

Erdrutsch im Jahr 1995:<br />

Im März 1995 wurde die Stadt La Conchita von 600.000 Tonnen Gesteinsmaterial überschwemmt<br />

(s. Abb. 24). Ausgelöst wurde diese Katastrophe durch eine Rotations-Blockrutschung.<br />

Die enormen Gesteinsmassen rutschten innerhalb weniger Minuten hangabwärts<br />

und zerstörten neun Häuser. Eine <strong>nach</strong>folgende Mure vernichtete weitere fünf<br />

Häuser. Die rutschende Masse hatte eine durchschnittliche Breite von 120 Meter, war 350<br />

Meter lang und bewegte sich auf einer Fläche von 4 Hektar. Die Mächtigkeit betrug 30 Meter.<br />

Insgesamt wurde ein Volumen von 1.3 Millionen m³ bewegt. Der Beginn der Rutschung<br />

kündigte sich bereits im Sommer 1994 durch oberflächliche Risse in den höher gelegenen<br />

Bereichen des Steilhanges an. Die Risse vertieften sich allmählich bis in den Untergrund.<br />

Bis zum März 2005 kam es zu einigen kleineren Erdrutschen. Der Rotationsblockrutsch<br />

vom 4. März 1995 wurde durch außergewöhnlich hohe Niederschlagsmengen verursacht.<br />

Während durchschnittlich im Monat März 390 Millimeter Niederschlag fallen, waren es im<br />

Jahr 1995 mit 761 Millimeter fast doppelt so viel. Hinzu kam ein heftiges Unwetter am 2.<br />

und 3. März. Da die abrutschende Masse intakt blieb, ist es nahe liegend anzunehmen, dass<br />

das Ereignis aufgrund des steigenden Grundwasserspiegels ausgelöst wurde. Der außergewöhnlich<br />

hohe Niederschlag und der Sturm waren Hauptursachen für das Ereignis. 22<br />

Nach dem Unglück wurden die Häuser wieder aufgebaut. Zudem<br />

wurden Schutzwälle und Barrieremauern erbaut ( vgl. Kapitel<br />

3.2.1, Abb.13). Die Bewohner der Siedlung glaubten in Sicherheit zu sein.


Erdrutsch im Jahr 2005:<br />

Die Bewohner von La Conchita glaubten sich in Sicherheit vor einem weiteren<br />

Erdrutsch, da die Schutzbauten Erdmassen abhalten sollten.<br />

Der Erdrutsch aus dem Jahr 2005 übertraf allerdings jegliche Vorstellungskraft. Die<br />

Katastrophe ereignete sich am 10. Januar. Er bestand mehr oder weniger aus remobilisierten<br />

Ablagerungen des Ereignisses aus dem Jahr 1995 und umfasste ein Gesamtvolumen<br />

von 200.000 m³. Die Gesteinsmasse hatte eine Länge von 330 Meter und bewegte<br />

sich mit einer Breite von annähernd 100 Metern hangabwärts. Die Schäden beim<br />

Eintreffen des Erdrutsches in La Conchita beliefen sich auf 13 zerstörte und 23 geschädigte<br />

Häuser. 10 Menschen kamen dabei ums Leben. Bedrückend ist das Ausmaß der<br />

Zerstörung, da man in diesem Gebiet mit Erdrutschen rechnen müsste und verschiedene<br />

Schutzmaßnahmen <strong>nach</strong> dem Erdrutsch 1995 errichtet wurden. Hier sieht man jedoch,<br />

dass bauliche Schutzmaßnahmen keinen hundertprozentigen Schutz bieten können.<br />

Das von den rutschenden Massen betroffene Areal ist in der Abbildung 25 dargestellt.<br />

Diese Erdrutsch- Katastrophe wurde ungewöhnlich detailliert beobachtet und dokumentiert.<br />

Kurz vor dem Ereignis kam es zu mehreren kleinen Bergstürzen nordwestlich von<br />

La Conchita entlang des Highway 101. Augenzeugen, Kamerateams und Reporter waren<br />

vor Ort, um die Schäden per Photo und Videoaufnahmen festzuhalten. Die Präsenz der<br />

Schaulustigen hatte zum Vorteil, dass wenige Stunden später Exklusiv-Aufnahmen von<br />

dem großen Erdrutsch gemacht werden konnten. Diese Aufnahmen sind für Wissenschaftler<br />

von großer Bedeutung, da sie den genauen Werdegang eines Erdrutsches darstellen.<br />

Wie bei dem Ereignis vor 10 Jahren wurde auch hier als Ursache ein ungewöhnlich<br />

hohe Menge von Niederschlägen festgestellt. Statt durchschnittlich<br />

122 Millimeter, fielen in diesem Jahr im Monat Januar 493 Millimeter.<br />

Der Erdrutsch hatte eine derartig enorme Kraft, dass die betroffenen Häuser komplett aus<br />

ihrer Verankerung herausgerissen wurden. Ein Schutzwall, der <strong>nach</strong> dem Unglück von 1995<br />

errichtet wurde, wurde mit einer Geschwindigkeit von 10 m/s „spielend leicht durchbrochen“ . 23<br />

Vergleich der beiden Ereignisse:<br />

Es ist nicht einfach zu erklären, wie das gleiche Gesteinsmaterial zweimal bewegt werden<br />

konnte. Das Ereignis aus dem Jahr 1995 war eine mächtige, zusammenhängende Rutschung,<br />

die eine plastische Fließbewegung vollzog und sich so langsam bewegte, dass<br />

die Menschen ihr leicht aus dem Weg gehen konnten. Der zweite Erdrutsch hatte eine enorme<br />

Kraft, riss Häuser komplett aus ihrer Verankerung und zerstörte die Schutzbauten.<br />

In beiden Fällen waren die starken Niederschläge der Hauptauslöser der Katastrophe. 24<br />

Abb. 24: Von den rutschenden Massen eingenommenes Areal<br />

(2005)<br />

Abb. 25: La Conchita im September 2004


Abb. 26: Erdrutsch bei Las Colinas<br />

5. Beispiele von Katastrophen aus Entwicklungsländern<br />

Mittelamerika und Südamerika sind Regionen dieser Erde, die jedes Jahr von zahlreichen<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> heimgesucht werden. Erdrutsche in äußerst dicht besiedelten<br />

Räumen können hier katastrophale Auswirkungen haben, die neben Schäden<br />

an Häusern und Infrastruktur vor allem viele Menschenleben kosten. Zwei<br />

bedrückende Beispiele von Erdrutsch- Katastrophen werden hier exemplarisch aufgezeigt:<br />

eines aus Mittelamerika (El Salvador), das andere aus Südamerika (Venezuela).<br />

5.1 El Salvador<br />

2001 wurde dieses zentralamerikanische Land von mehreren <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

heimgesucht: eine intensive Regenzeit und dadurch verursachte Überschwemmungen,<br />

ein Vulkanausbruch, Erdbeben und Erdrutsche erschütterten das Land.<br />

Die Erdrutsche in El Salvador waren eine Folge des Dauerregens und der Erdbeben. Betroffen<br />

waren vor allem die Hänge, die keine schützende Vegetationsdecke aufweisen. So löste am<br />

13. Januar 2001 <strong>nach</strong> einer intensiven Regenperiode ein Erdbeben (Stärke von 7,9 ° auf der<br />

Richterskala) in El Salvador zahlreiche Erdrutsche aus und verschüttete tausende Häuser. 25<br />

Einer der schlimmsten Erdrutsche ereignete sich am 8.1.2001 in Las Colinas<br />

bzw. Santa Tecla, einem 6 km von San Salvador entfernten Vorort. Santa Tecla<br />

ist die viertgrößte Stadt des Landes und zählt eine Bevölkerung von 191.000<br />

Einwohnern. Der Erdrutsch, der sich am 8.1 2001 von dem Berghang der Bálsamo-<br />

Kordillere löste, begrub 400 Häuser unter sich. Man zählte bis zu 1000 Tote.<br />

Diese Schlammlawine wurde direkt vom Erdbeben ausgelöst. Die Häuser, die hier betroffen<br />

waren, waren nicht nur Armensiedlungen, sondern auch neue, teuer gebaute Häuser.<br />

Verwundern muss hier, dass diese Häuser fahrlässig in diesem hoch gefährdeten Gebiet<br />

gebaut wurden. Dies war ein klarer Fall von Korruption bis in hohe Regierungskreise.<br />

Dieser Erdrutsch, der auch die Häuser der Wohlhabenden zerstörte, darf<br />

nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor allem die Armen von Erdrutschen betroffen<br />

waren. Dabei muss die soziale Ordnung und die daraus resultierende<br />

Siedlungsstruktur des Landes betrachtet und verstanden werden.<br />

Die natürliche Topographie von San Salvador ist von einem starken Relief geprägt. Arme<br />

siedeln in hoch gefährdeten Gebieten, wie an Bächen und Flüssen, an abrutschgefährdeten<br />

Hängen oder sogar an Vulkanhängen. Die Viertel der reichen Bevölkerung sind<br />

klar getrennt von den Armenvierteln. Die soziale Ordnung spiegelt sich in der wildwüchsigen<br />

Stadtplanung wider, die nicht durchgängig organisiert ist. Die Armen siedeln in<br />

den ungünstigen bzw. gefährlichen Gebieten, in denen die Reichen nicht wohnen wollen.<br />

Nach Erdrutschen in der Vergangenheit müsste es der Regierung eigentlich klar sein, dass<br />

die Vermeidung solcher Katastrophen nur mittels strenger Bauverbote möglich ist. Außerdem<br />

muss eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in besonders gefährdeten<br />

und exponierten Gebieten erreicht werden. Weiter muss Wohnraum für die Armen in<br />

sicheren Gebieten bereitgestellt werden. Doch wenig änderte sich <strong>nach</strong> dem Katastrophenjahr<br />

2001. Nach kurzer Zeit siedelten die Menschen erneut an den Hängen; wenn es dort wieder<br />

einen Erdrutsch gibt, werden wie im Jahre 2001 vor allem Armenviertel und Armensiedlungen<br />

betroffen sein. Außerdem bestehen die Häuser dieser Armensiedlungen meist aus<br />

Sperrholz und Wellblech: sie bieten keinerlei Widerstand gegen Erd- oder Schlammmassen.


Der Umweltschutzdachverband UNES wirft der Regierung vor, nicht aus den Folgen<br />

des Erdbebens und der Erdrutsche von 2001 gelernt zu haben. Sie zeige keine<br />

Bereitschaft, sich für eine <strong>nach</strong>haltige Prävention einzusetzen, weil sie Angst habe,<br />

dass dadurch die Verletzlichkeit El Salvadors in sozialer, politischer, wirtschaftlicher<br />

und ökologischer Hinsicht sichtbar würde, welche sich in den letzten 15 Jahren<br />

durch die Wirtschaftspolitik und Mega-Infrastrukturprojekte stark verschärft habe.<br />

Auch im unmittelbaren Katastrophenmanagement zeigte sich die Regierung<br />

unfähig. Während Erdbeben und Erdrutsche El Salvador erschütterten,<br />

beschloss die Regierung die Organisation und Koordination<br />

der unmittelbaren nationalen und internationalen Katastrophenhilfe dem<br />

Unternehmer-verband ANEP zu übergeben, und entledigte sich somit ihrer Verantwortung. 26<br />

Notunterkünfte<br />

Die meisten Menschen in den betroffenen Gebieten flüchteten und suchten Schutz<br />

in leer stehenden Schulen, Kirchen und Privathäusern, die in den folgenden Tagen als<br />

Notunterkünfte dienen sollten. Auffanglager, die in Folge der Erdbeben errichtet wurden,<br />

wurden auch von den Erdrutsch Opfern genutzt. Erdrutsche entstehen so unerwartet,<br />

dass als Notunterkünfte oftmals bestehende öffentliche Bauten genutzt werden.<br />

<strong>Wiederaufbau</strong><br />

Das Abtragen der Schuttmassen, einem Gemisch von Wasser, Schlamm und Geröll dauerte<br />

wochenlang.<br />

Außerdem waren große Teile der Verkehrsinfrastruktur zerstört; Schlammlawinen blockierten<br />

zahlreiche Hauptverkehrswege. Dies erschwerte zusätzlich den Zugang zu betroffenen<br />

Regionen. 27<br />

Es war angekündigtes Ziel der Regierung, in den hochgefährdeten Gebieten ein striktes<br />

Bauverbot durchzusetzen. Lange wurde dies nicht eingehalten. Erneute Korruption und<br />

Bestechung bis in höchste Regierungskreise zerstörte dieses Vorhaben.<br />

Das Erdbeben und die dadurch ausgelösten Schlammlawinen in El Salvador sind erneut<br />

ein tragischer Beweis dafür, dass sehr häufig die dramatischen Folgen solcher<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> anthropogene Ursachen haben. Der Hangabrutsch in Santa Tecla,<br />

bei dem in einem einzigen kleinen Gebiet wahrscheinlich über 1000 Menschen<br />

ums Leben kamen, macht deutlich, dass Katastrophenschutz in diesen Ländern nicht<br />

auf verbesserte technische Ausrüstung und Schulung reduziert werden kann. Es<br />

fehlen Frühwarnsysteme, bauliche Schutzmaßnahmen und vor allem streng überwachte<br />

Bauverbote. Die Häuser in Santa Tecla sind an einem Hang gebaut worden,<br />

der aus ökologischen Gründen nicht bebaut werden durfte. Dies war ein Resultat von<br />

Bestechung und Amtsmissbrauch bis in höchste Regierungskreise von El Salvador.<br />

5.2 Venezuela (Dezember 1999)<br />

Nach wochenlangen Regenfällen lösten sich im Dezember 1999 zahlreiche<br />

Erdrutsche, Schlammlawinen und Gerölllawinen in Venezuela, die ganze<br />

Ortschaften unter sich begruben. Die Zahl der Toten konnte nie eindeutig<br />

beziffert werden. Schätzungen schwanken zwischen 20.000 und 50.000 Toten.<br />

Eine der am schlimmsten betroffenen Städte war Caraballeda, eine Küstenstadt im Ballungsraum<br />

von Caracas, die heute ca. 39.000 Einwohner zählt. Die Hänge des Küstengebirges<br />

El Avila lösten sich und wälzten sich Richtung Karibik, genau auf die Stadt<br />

Caraballeda zu. Die Bevölkerung wurde mitten in der Nacht von dieser Schlammlawine<br />

überrascht, so konnte keine Evakuierung erfolgen und tausende Menschen starben<br />

in ihren Häusern. Glück im Unglück ist dabei, dass sich „nur“ nördliche, und nicht<br />

auch südliche Hänge des Gebirges gelöst haben. Ansonsten wäre die Haupt- und Millionenstadt<br />

Caracas betroffen gewesen und das Ausmaß der Zerstörung unvorstellbar. 28<br />

Abb. 27: Übersicht Caraballeda


Abb. 28: Übersicht der Zerstörung in Caraballeda<br />

Schlammlawinen sind flutartige Massenbewegungen. Das schwere Gestein wird herausgefiltert<br />

und bleibt irgendwann liegen, aber feines Gestein fließt in Form einer<br />

schlammartigen Flut immer schneller, da die bewegte Masse anwächst. Das Zerstörungspotential<br />

einer Schlammlawine ist sehr groß und kaum ein Gebäude auf ihrem<br />

Weg bleibt stehen. Gelingt der Schlamm in die Häuser, werden diese sowohl mit dem<br />

feinen Schlamm, wie auch mit Wasser gefüllt. Zahlreiche Häuser in Caraballeda wurden<br />

innerhalb kürzester Zeit mit Schlamm bis zu den Decken gefüllt. Trocknet der Schlamm<br />

in den Häusern, wird er sehr hart und kann nur mit großer Mühe entfernt werden.<br />

Auch dieser Erdrutsch wurde erst durch anthropogene Ursachen zur Katastrophe : die ungeplanten<br />

Siedlungen der armen Bevölkerung erstreckten sich bis tief in die Berghänge des<br />

El Avila Gebirges hinein. Hinzu kommt, dass in Venezuela in den vergangenen 20 Jahren der<br />

Regenwald an diesen Gebirgshängen intensiv abgeholzt wurde. Rutschungen werden oft erst<br />

durch Abholzungen ermöglicht, da Pflanzen einerseits Wasser speichern und andererseits<br />

den Boden zusammenhalten. Die brisante Mischung aus Armut, fehlender Planung, Eingriffen<br />

in die Natur zusammen mit den Klimaverhältnissen führte in Venezuela zur Katastrophe.<br />

<strong>Wiederaufbau</strong><br />

Monatelang mussten die Gesteins-, Schutt- und Schlammmassen entfernt werden. Zahlreiche<br />

Häuser waren komplett mitgerissen worden. Andere halb zerstört oder zugeschüttet.<br />

Das Gebiet direkt an den Hängen sollte nicht wieder bebaut werden, doch ähnlich wie im Falle<br />

von Las Colinas in El Salvador wurde mittlerweile dort wieder gebaut. Den Armen bleibt<br />

keine andere Wahl. Bauten zum Schutz vor weiteren Erdrutschen wurden nicht errichtet.


5.3 Fazit der Situation in Entwicklungsländern<br />

Als Fazit der Situation in den Entwicklungsländern muss man neben den natürlichen Ursachen die Bedeutung und Gewichtung der sozialen<br />

bzw. anthropogenen Ursachen der Erdrutsch- Katastrophen hervorheben.<br />

Durch die Beispiele wird außerdem deutlich, dass Erdrutsche in Entwicklungsländern zumeist Folgen anderer Naturereignisse bzw.<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> sind wie von Vulkanen, Erdbeben oder einer intensiven Regenzeit.<br />

Der starke Siedlungsdruck in den Hauptstädten bzw. Megacities führt zu Wohnraummangel. Landflucht, schnelle Urbanisierung und das<br />

Bevölkerungswachstum, hohe Bevölkerungsdichte und unzureichende Stadtplanung begründen die Problematik in den Städten. Einzige<br />

Möglichkeit für die Armen ist das Leben und Bauen in gefährdeten Gebieten, genau dort, wo die Reichen aus guten Gründen nicht siedeln<br />

wollen. Zudem bestehen die Häuser der Armen oftmals aus Wellblech oder Sperrholz und bieten keinerlei Schutz vor <strong>Naturkatastrophen</strong>.<br />

Nur weil auch einzelne Teile von Reichenvierteln betroffen sind, kann man nicht sagen, dass diese Naturkatastrophe Arme und<br />

Reiche gleichermaßen trifft. Vielmehr hat der oftmals urbanistische Wildwuchs in den Städten der Entwicklungsländer durchaus seine<br />

soziale Ordnung: die Reichen leben an Stellen, an denen es erfahrungsgemäß weniger Erdrutsche und Überschwemmungen während<br />

der Regenzeit gibt, die weniger erdbebengefährdet sind, die weniger luft- und wasserverschmutzt sind, weniger heiß sind und womöglich<br />

auch noch schöne Ausblicke bieten. Für die Armen bleibt kaum sicherer und lebenswerter Wohnraum übrig. Die Armut zwingt die Menschen<br />

oft gefährliche Wohnbedingungen zu akzeptieren: in abgeholzten Täler, an Vulkanhängen oder abrutschgefährdeten Berghängen.<br />

Ein weiteres Problem kann man beispielhaft im Falle El Salvadors sehen: trotz der absehbaren Gefährdung haben die ARENA-Regierungen<br />

Präventionsmaßnahmen bisher keinen großen Stellenwert eingeräumt. Abholzung und zunehmende Bebauung (neue Straßen,<br />

Einkaufszentren etc.) versiegeln die Böden und führen dazu, dass Niederschläge nicht mehr in ausreichendem Maße im Erdreich versickern<br />

können. Die Gefahr von Erdrutschen wird bei Baugenehmigungen für Straßen, Siedlungen und öffentliche Gebäude auf zur Bebauung<br />

ungeeigneten Flächen wie die Cordillera de Bálsamo ignoriert. In besonders gefährdeten Gebieten wie ungesicherte Flussufer, steile<br />

Hanglagen oder in der Nähe von Gelände, das für Straßen- und Siedlungsbau aufgeschnitten wurde, leben aus Mangel an Alternativen vor<br />

allem die Ärmeren. Ohne Eigentumstitel, aber von der Regierung geduldet, die sich damit ihrer Verantwortung entledigt für sichere und<br />

bessere Unterkünfte zu sorgen. Deshalb ist es nicht erstaunlich, wenn vor allem die Armen von diesen <strong>Naturkatastrophen</strong> betroffen sind.<br />

Bauliche Schutzmaßnahmen sind zudem der Regierung oftmals zu teuer und werden wenn überhaupt erst <strong>nach</strong> einer schweren Katastrophe<br />

von einer Hilfsorganisation erbaut. Die wichtigste Präventionsmaßnahme um Erdrutsche bzw. ihre Auswirkungen zu verhindern, die<br />

außerdem relativ billig ist, sind die Gefahrenkarten. Diese sind jedoch hier, im Gegensatz zum Alpenraum, kaum durchsetzbar. Aufgrund<br />

der hohen Bevölkerungsdichte und dem zunehmenden Siedlungsdruck ist jeder Quadratmeter an bebaubarer Fläche zu kostbar um ihn von<br />

Bebauung auszuschließen. Dabei werden Menschenleben vor allem der Armen bewusst in Kauf genommen. Und als ob diese soziale Ordnung<br />

nicht schon Katastrophe genug wäre, kommt in den Entwicklungsländern noch das Problem der extremen Abholzung der Regenwälder<br />

hinzu. In Hanglagen kann die vom Regen aufgeweichte Erde und das Oberflächenwasser nicht mehr von der Vegetation aufgehalten werden.<br />

Insgesamt versiegeln die Abholzung und wilde Bebauung zunehmend den Boden. Der Regen kann nur noch zu einem geringen<br />

Teil in den Boden eindringen, das Wasser läuft oberflächlich ab. Dadurch schwellen die Bäche und Flüsse unglaublich schnell<br />

zu reißenden Strömen an und reißen mit sich, was an Boden und Gebäuden nicht niet- und nagelfest ist. Dort wo im Zuge des Straßen-<br />

und Siedlungsbaus das Gelände aufgeschnitten wurde, stürzen dann die Erdwälle auf die darunter liegenden Siedlungen.<br />

Als Notunterkünfte dienen oftmals öffentliche Einrichtungen wie leer stehende Schulen und Kirchen, und Privathäusern. Für Evakuierungen<br />

fehlt zumeist die Zeit, da die Erdrutsche unerwartet und ohne Vorwarnung kommen.<br />

Beim <strong>Wiederaufbau</strong> bzw. <strong>nach</strong> dem <strong>Wiederaufbau</strong> stellen sich andere Probleme. Nach solch einer Katastrophe<br />

wird oftmals an genau der gleichen Stelle wieder gebaut. Grund dafür ist der fehlende Siedlungsraum. Dazu werden<br />

Risikoanalysen und Prävention nicht eingehalten, bzw. steht dem Einhalten der Gesetze Korruption im Wege.<br />

Das Einhalten der Bau- und Stadtplanungsgesetze ist kaum realisierbar. Denn hier regieren die Gesetze des Geldes.<br />

Dabei wären Landnutzungsbeschränkungen (Absperrung von Risikozonen) und Umsiedlungen ganzer Gemeinden oftmals die einzige Lösung.<br />

Bei der Umsiedlung von Menschen ergibt sich ein anderes Problem. Überall dort, wo große Gruppen von Menschen unter prekären<br />

Verhältnissen an Stellen leben, die eigentlich nicht bewohnbar sind oder in wilden Siedlungen ohne Grundeigentumstitel,<br />

lassen sich die Leute nicht gerne evakuieren und schon gar nicht umsiedeln, denn der Wohnort ist das Zentrum ihres Lebens<br />

im Elend. Hier ist ihr bescheidenes Vermögen angesiedelt, dass sie nicht den Plünderern überlassen wollen und hier haben<br />

sie sich oft im Laufe einer Generation Gelegenheitsarbeitsplätze aufgebaut. Wie also kann diesen Menschen geholfen werden?


III. Fazit und Ausblick<br />

Wie ersichtlich wurde, ereignen sich Erdrutsche plötzlich und lassen kaum Zeit<br />

für Evakuierungsmaßnahmen. Man spricht kaum über Schäden – die Gebäude<br />

sind meistens komplett verschüttet. Erdrutsche fordern oftmals eine hohe Zahl<br />

von Todesopfern, da es kaum Vorwarnung gibt. An der Weiterentwicklung und<br />

Etablierung von Radar gestützten Frühwarnsystemen wird intensiv gearbeitet.<br />

Erkannt werden muss, dass ein wichtiger Schutz vor solchen Katastrophen die Prävention ist.<br />

Im politischen Bereich findet vermehrt die Zusammenarbeit, sowohl zwischen Industriestaaten<br />

und Entwicklungsländern und Schwellenländern statt. Ein Beispiel hierfür ist das<br />

Programm der CEPRE- DENAC, einem Zusammenschluss aller mittelamerikanischen<br />

Staaten zur Katastrophenvorsorge. Hier suchen Forscher in verschiedenen Projekten mit<br />

den Gemeinden vor Ort <strong>nach</strong> Lösungen für die regelmäßigen Zerstörungen. Auch die GTZ<br />

entwickelt seit 1997 ein Projekt, das speziell auf die Entwicklung gemeindeorientierter<br />

Konzepte zum Katastrophenmanagement ausgerichtet ist, da man mittlerweile der Auffassung<br />

ist, das ohne die Partizipation und Integration auf lokaler Ebene langfristig nichts<br />

zu erreichen ist. Im Gegensatz zu medienwirksamen Hilfeleistungen, wie z.B. der Verteilung<br />

von Essen, Zelten und Decken – die auch wichtig sind, versuchen diese Projekte durch<br />

„unspektakuläre“ Hilfeleistungen, wie Notfallkomitees, Workshops mit der Bevölkerung,<br />

Gefahren- bzw. Risikokarten, etc, (also Maßnahmen die auf vor allem auf Prävention und<br />

Mitigation – Verringerung der Vulnerabilität, abzielen), die Situation zu verbessern. Da<br />

man die Gefahr aber nicht komplett ausschalten kann, soll wenigstens ein Organisationsrahmen<br />

entwickelt werden, der die Folgen eines Ereignisses berechenbar macht. 29<br />

Die Besiedlung von Gebirgsregionen ist mit umweltbedingten Gefahren verbunden.<br />

Erdrutsche wie in der Schweiz haben gezeigt, dass die Beherrschung<br />

der Natur ihre Grenzen hat. Schutzbauten können Gefahren reduzieren,<br />

aber die Bevölkerung in diesen Regionen muss mit einem Restrisiko leben.<br />

Häuser an gefährdeten Hängen gibt es in Entwicklungsländern, wie auch in Industrieländern.<br />

Der Unterschied ist, dass Hänge in dicht besiedelten Gebirgen<br />

der Industrieländern abgestützt und Verkehrswege gesichert werden. In Entwicklungsländern<br />

fehlt dazu oftmals das Geld und die konsequente Planung.<br />

Bereits seit Jahrhunderten fürchten die Menschen in den gefährdeten Regionen solche Extremereignisse.<br />

Die Häufigkeit der <strong>Naturkatastrophen</strong> und die Intensität der Auswirkungen<br />

haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Der globale Klimawandel, die weltweite<br />

Bevölkerungszunahme und die dichte Besiedlung von gefährdeten Regionen tragen dazu bei.


Anhang<br />

Fussnoten<br />

1 DIKAU et al, 2001, S. 115.<br />

2 Vgl. KÖNIG, 1984, S. 205.<br />

3 Vgl. DIKAU et al, 2001, S. 118 ff.<br />

4 Vgl. KÖNIG, 1984, S. 208.<br />

5 Vgl. DIKAU et al, 2001, S. 118 ff.<br />

6 Vgl. DIKAU et al, 2001, S. 118ff.<br />

7 Vgl. FICKERT, 1998.<br />

8 Vgl. AMANN, 2003 , S. 144-146.<br />

9 Vgl. AMANN, 2003 , S. 148.<br />

10 WAMSLER, 2002, S. 33.<br />

11 Vgl. AMANN, 2003, S.151-153.<br />

12 Vgl. AMANN, 2003, S.153-154.<br />

13 SAUERBREY, 2005, S. 47.<br />

14 Vgl. SAUERBREY, 2005, S. 47.<br />

15 WAMSLER, 2002, S. 34.<br />

16 Vgl. WAMSLER 2002, S. 35.<br />

17 Vgl. WAMSLER 2002, S. 32-34.<br />

18 Vgl. http://www.vol.be.ch/site/naturgefahren-schutzwaelder.<br />

19 Vgl. http://earthobservatory.nasa.gov/Study/LandslideWarning/.<br />

20 Vgl. MARCHAL, 2005.<br />

Vgl. GABLER, 2006.<br />

Vgl. HASCHE, 2006.<br />

21 Vgl. JIBSON, 2005.<br />

22 Vgl. JIBSON, 2005.<br />

23 Vgl. JIBSON 2005, S. 8.<br />

24 Vgl. JIBSON 2005, S. 8.<br />

25 Vgl. SCHÜTZ & WASCHL, 2002, S. 46.<br />

26 Vgl. http://www.helpdirect.org/index.php?lnk=pe%7C1321%7C100093; / www.oeku-buero.de.<br />

27 Vgl. SCHÜTZ & WASCHL, 2002, S. 46.<br />

28 Vgl. http://pr.water.usgs.gov/public/venezuela/<br />

29 Vgl. WAMSLER, 2002, S. 33


Literaturverzeichnis:<br />

- AMMANN, WALTER (2003): Integrales Risikomanagement von Naturgefahren.<br />

In: Welt der Alpen- Gebirge der Welt, Bern<br />

- AMMANN, WALTER (2004): Die Entwicklung des Risikos infolge Naturgefahren<br />

und die Notwendigkeit eines integralen Risikomanagements.<br />

In: Alpenwelt- Gebirgswelten – Inseln, Brücken Grenzen, Bern<br />

- BORSDORF, A. (2004): Verkehrs- und Städtenetze in Alpen und Anden. Über die<br />

Problematik der Übertragbarkeit von Erfahrungen im internationalen<br />

Entwicklungsdialog. In: Alpenwelt - Gebirgswelten – Inseln, Brücken Grenzen.<br />

Bern<br />

- DIKAU, R. (2001): Katastrophen als wissenschaftliche und technische Aufgabe;<br />

In: Plate, P. & Merz, B. (Hrsg.): <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

- DITTMANN,A.; EHLERS, E. (2004) : Montane Milieus: Verkehrserschließung und<br />

Siedlungsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung des Karakorum High<br />

way/ Pakistan. In: Alpenwelt- Gebirgswelten – Inseln, Brücken,Grenzen. Bern<br />

- FICKERT, T. (1998): Vergleichende Beobachtungen zu Solifluktions- und Frost<br />

mustererscheinungen im Westteil Hochasiens; In: Erlanger Geographische<br />

Arbeiten, Band 60<br />

- GABLER, CHRISTIANE (2006): „Gewinn der Mitte“. Bauwelt, Ausgabe 47<br />

- HASCHE, KATJA (2006): „Mit dem Rücken zur Wand“. Hochparterre, Ausgabe 10<br />

- JIBSON, R. W. (2005): USGS science for a changing world. Landslide Hazards at<br />

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- KÖNIG, M. (1984): Geologische Katastrophen und ihre Auswirkungen auf die<br />

Umwelt. Ott Verlag, Thun<br />

- KRAAS, F.; SCHNEIDER-SLIWA,R. (2004) :Verkehrssysteme, Urbanisierung und<br />

Metropolisierung. In: Alpenwelt- Gebirgswelten – Inseln, Brücken, Grenzen.<br />

Bern.<br />

- MARCHAL, KATHARINA (2005): “<strong>Wiederaufbau</strong> in Gondo“. tec 21, Ausgabe 44<br />

- ROSS, S. : Hazard Geography. Longman Verlag<br />

- SAUERBREY, KERSTIN (2005): Das Konzept raumplanerischer Naturgefahren<br />

prävention im Schweizer Kanton Graubünden. In: Geographica Helvetica,<br />

Ausgabe 60, Heft 1<br />

- WAMSLER, CHRISTINE (2002): Katastrophen- Risikomanagement. Maßnahmen<br />

für Häuser und Siedlungen in risikogefährdeten Gebieten. In: Trialog (73) – A<br />

journal for Planning and Building in the Third World. Vereinigung zur wissen<br />

schaftlichen Erforschung des Planens und Bauens in Entwicklungslän<br />

dern e.V. (Hrsg.) Vol. 2/ 2002


Internetquellen:<br />

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- www.eld.geo.uu.se/.../Hanna/hanna-index.htm (Stand: 20.06.2007)<br />

- www.ib-galinsky-fg.de/leistungen.php (Stand: 20.06.2007)<br />

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- http://pubs.usgs.gov/of/2005/1067/508of05-1067.html (Stand 10.06.2007)<br />

JIBSON, R. W. (2005): USGS science for a changing world. Landslide Hazards at La<br />

Conchita, California. Open-File Report 2005-1067.<br />

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Ökonomisches Büro 2005 : Land unter in El Salvador, Naturkatastrophe hausge<br />

macht. Erschienen in: Info-Blatt 67 des Ökumenisches Büros . München<br />

- http://www.helpdirect.org/index.php?lnk=pe%7C1321%7C100093 (Stand 10.06.2007)<br />

Kinderhilfswerk terre des hommes. Projekt: <strong>Wiederaufbau</strong> in Guatemala und El<br />

Salvador<br />

Projektnummer bei HelpDirect: 110123610<br />

- www.gondo.ch/wiederaufbau<br />

- http://www.vol.be.ch/site/naturgefahren-schutzwaelder<br />

- http://earthobservatory.nasa.gov/Study/LandslideWarning/ (Stand: 10.6.2007)<br />

- http://pr.water.usgs.gov/public/venezuela/ (Stand: 10.06.2007)<br />

- http://www.bmz.de/de/laender/partnerlaender/elsalvador/zusammenarbeit.html<br />

(Stand: 10.6.2007)Ausländisches Amt: SITUATION UND ZUSAMMENARBEIT El Salva<br />

dor.<br />

Abbildungsverzeichnis:<br />

- Abb. 1-4: DIKAU, R. (2001): Katastrophen als wissenschaftliche und technische Auf<br />

gabe; In: Plate, P. & Merz, B. (Hrsg.): <strong>Naturkatastrophen</strong>, Band, S.<br />

- Abb. 5: http://www.cenat.ch/index.php?nav=5,5,5,5 (Stand: 22.07.2007)<br />

- Abb. 6: veränderte Darstellung <strong>nach</strong> http://www.wald.gr.ch/download/1-1-1-4_<br />

GKo_10_3.pdf (Stand 05.06. 2007)<br />

- Abb. 7- 10: google earth<br />

- Abb. 11-12: WAMSLER, CHRISTINE (2002): Katastrophen- Risikomanagement. Maß<br />

nahmen für Häuser und Siedlungen in risikogefährdeten Gebieten. In: Trialog (73) –<br />

A journal for Planning and Building in the Third World. Vereinigung zur wissenschaft<br />

lichen Erforschung des Planens und Bauens in Entwicklungsländern e.V. (Hrsg.) Vol.<br />

2/ 2002, S. 35<br />

- Abb. 13: http://landslides.usgs.gov/learning/photos/ (Stand: 03.06.2007)<br />

- Abb. 14: http://landslides.usgs.gov/learning/photos/ (Stand: 03.06.2007)<br />

- Abb. 15: Abteilung Naturgefahren Kt. Bern auf: http://www.vol.be.ch/site/naturge<br />

fahren-schutzwaelder (Stand: 15.06.2007)<br />

- Abb. 16: http://www.wald-in-not.de/download9/swald2.pdf (Stand: 15.06.2007)<br />

- Abb. 17-19: www.gondo.ch/wiederaufbau (Stand 01.06.2007)<br />

- Abb. 20-25: http://pubs.usgs.gov/of/2005/1067/pdf/OF2005-1067.pdf<br />

- Abb. 26: http://www.gadr.giees.uncc.edu/hzeventdetails.cfm?ID=48 (Stand:<br />

10.06.2007 )<br />

- Abb. 27-28: http://landslides.usgs.gov/learning/photos/international (Stand:<br />

10.06.2007)


Die wichtigen Planeten der Erde und die aktiven Vulkane<br />

Schildvulkan Mauna Loa, Hawaii<br />

Schichtvulkan Semeru, Indonesien<br />

Aschenkegel Salar di Arizaro, Argentinien<br />

Strategien, Maßnahmen, Grundprinzipien, Bausysteme<br />

Am Beispiel von Vulkanausbrüchen<br />

Einleitung<br />

Seit Bestehen der Erde, d.h. 4,6 Milliarden Jahre, kommt es zu Vulkaneruptionen. Ungefähr<br />

60 der etwa 550 aktiven Vulkane brechen jährlich aus. Die meisten Vulkane konzentrieren<br />

sich rund um den Pazifik und lassen eine Kette von Vulkanen entstehen: den so genannten<br />

„Ring des Feuers“, der anschaulich in Abbildung 1 dargestellt ist.<br />

Seit dem 18. Jahrhundert haben 260 000 Menschen durch Vulkanausbrüche ihr Leben<br />

verloren. Heute sind durch die starke Vernetzung der Infrastruktur in der Umgebung von<br />

Vulkanen auch Verkehrswege, Kommunikationslinien, Stromleitungen und Pipelines enorm<br />

gefährdet. So können Land-, Luft- und Seeverkehrsverbindungen bei Vulkaneruptionen<br />

durch Aschewolken, Aschebedeckung und Überflutung beeinträchtigt oder völlig zerstört<br />

werden. Vulkaneruptionen selber können nicht vom Menschen beeinflusst werden. Da<br />

diese vom Erdeinneren gesteuert und durch äußere Anzeichen wie Vorbeben angekündigt<br />

werden.<br />

Weltweit leben 600 Millionen Menschen in der Nähe von aktiven Vulkanen. Einige dieser<br />

Vulkane sind für den Menschen gefährlich, andere weniger. Das hängt davon ab, wie die Lava<br />

aus dem Vulkan austritt. Die einzelnen Vulkane können sowohl <strong>nach</strong> ihren Eruptionsarten<br />

als auch <strong>nach</strong> ihrer Form unterschieden werden.<br />

1. Vulkantypen<br />

1.1 Schildvulkan<br />

Die Schildvulkane sind die größten Einzelvulkane der Erde. Sie sind schildförmig gewölbt<br />

und haben flache Hänge. Das Innere des Vulkans ist dünnflüssiges, leicht viskoseartiges<br />

Lava, welches über einen Zentralschlot ausläuft. (Goudie, 2002)<br />

1.2 Stratovulkan oder Schichtvulkan<br />

Der Stratovulkan oder Schichtvulkan genannt besteht aus verschiedenen Schichten, ein<br />

Beispiel hierfür ist der Mount St. Helen im US-Bundesstaat Washington. Der Schichtvulkan<br />

nimmt nur einen kleinen Anteil auf der Erde ein. Er hat eine spitzkegelige Form und es<br />

kommt wegen des hohen Gasanteils häufig zu einer explosionsartigen Eruption. (Strahler<br />

& Strahler, 2005)<br />

1.3 Aschenkegel oder Schlakenkegel<br />

Der Aschenkegel hat eine konische Form und mit steilen Hängen und einer stumpfen Spitze.<br />

Außerdem ist er kleiner als die anderen Vulkane. Meist kommt es bei diesen Vulkanen auch<br />

zu einer explosionsartigen Eruption. (Strahler & Strahler, 2005)


2. Eruptionsarten von Vulkanausbrüchen<br />

2.1 Asche-Eruption<br />

Bei Vulkanausbrüchen werden zwei Ausbruchstypen unterschieden. Die Ejektion (Asche-<br />

Eruption) bei der es zu einem plötzlichen Ausstoß von einer großen Menge Feinmaterial<br />

kommt ist sehr heftig und die Explosion kann unter Umständen die ganze Bergkuppe<br />

wegsprengen. Diesen Ausbruchstyp findet man bei den sogenannten „Grauen Vulkanen“.<br />

(Goudie, 2002)<br />

2.2 Lava-Eruption<br />

Die Effusion (Lava-Eruption) dagegen geht ruhiger vonstatten und es tritt in der Regel<br />

nur Lava aus dem Vulkanschlot aus. Dabei bedingt der Anteil von SiO (Siliziumdioxid) die<br />

Viskosität und somit die Fließgeschwindigkeit der Lava. Wenn der Anteil von Siliziumdioxid<br />

in der Lava hoch ist, ist sie eher zähflüssig, ist er gering ist die Lava eher dünnflüssig. Aus<br />

diesem Grund bezeichnet man effusive Vulkane auch als „Rote Vulkane“. Dennoch muss<br />

man hinzufügen, dass eine Ejektion eine Effusion nicht automatisch ausschließt, es gibt<br />

auch Vulkane, die beide Ausbruchstypen aufweisen und somit nicht genau dem einen oder<br />

dem anderen Ausbruchstyp zuzuordnen sind. (Goudie, 2002)<br />

2.3 Die Auswurfprodukte von Vulkanen und damit verbundene Naturgefahren<br />

Die Naturgefahren, die von Vulkanausbrüchen ausgehen, werden durch unterschiedliche<br />

Auswurfprodukte bestimmt, die während der Eruption freigesetzt werden (siehe Abb. 2).<br />

Vulkanische Gase sind vom Magma und der Lava mitgeführte flüchtige gelöste Bestandteile<br />

(Wasserdampf, CO , H , CO, SO , H S), die während der Eruption austreten. Lava ist das<br />

an der Erdoberfläche ausströmende Magma. Als Lava wird die Gesteinsschmelze wie auch<br />

das erstarrte Gestein bezeichnet. Ein pyroklastischer Strom ist eine heiße Glutlawine, aus<br />

der siedende Glutwolken aufsteigen, die aus einer Mischung von Bims und Asche oder<br />

sehr feinen Lavablöcken bestehen. Diese Lawinen bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit<br />

(über 100Km/h) die Vulkanflanken hinab und können Temperaturen bis zu 400 Grad Celsius<br />

erreichen. Der pyroklastische Fall dagegen besteht aus vulkanischem Lockermaterial<br />

(Pryoklasten), das bei der Eruption durch die Luft fliegt und abgelagert wird. Pyroklasten<br />

bestehen aus Bims, Gesteinsbruchstücken und Schlacken unterschiedlicher Korngrößen.<br />

Entsprechend der Korngrößen ergeben sich dem<strong>nach</strong> folgende Bezeichnungen: Asche<br />

ist unter 2 mm groß, Lapilli ist 2-64mm groß und Bomben sind größer als 64mm. Unter<br />

Lahars werden vulkanische Schlamm- und Schuttströme verstanden, die aus Wasser und<br />

vulkanischem Lockermaterial bestehen. Sie entstehen direkt während der Vulkaneruption,<br />

wenn vulkanische Aschen mittels großer Wassermengen (bspw. Gletscher- und<br />

Schneeschmelze) bewegt werden. Ihre Entwicklung kann auch <strong>nach</strong> Eruptionen erfolgen,<br />

wenn ältere Aschenablagerungen durch Starkniederschläge mobilisiert werden. Die<br />

Destabilisierung der Vulkanflanken kann dann zu Hangrutschungen führen, die als<br />

Rotationsrutschung beginnen und als Schuttlawine zu großen Materialtransporten führen<br />

können<br />

Vulkanische Auswurfprodukte


3. Indirekte Auswirkungen<br />

3.1 Tsunami<br />

Tsunami (Flutwellen) zählen zu den<br />

gefährlichsten sekundären Auswirkungen.<br />

Diese entstehen zum Beispiel durch<br />

den Kollaps eines größeren submarinen<br />

Teils des Vulkankegels wenn dieser<br />

küstennah gelegen ist. Tsunami können<br />

auch durch den Eintritt von voluminösen<br />

Glutlawinen ins Meer entstehen. (Deutsche<br />

Forschungsgemeinschaft, 1994)<br />

3.2 Gasemissionen und Aschefälle<br />

Giftige Gase schaden der Landwirtschaft<br />

und den Menschen. Aschefälle sind für<br />

den Luftverkehr gefährlich, da die Asche<br />

die Triebwerke verstopfen kann. (Deutsche<br />

Forschungsgemeinschaft, 1994)<br />

3.3 Klimaauswirkungen<br />

Sehr große Eruptionen können weite<br />

Gebiete zerstören und das Klima<br />

kurzfristig oder <strong>nach</strong>haltig beeinflussen.<br />

So können nicht nur vorübergehende<br />

Temperatursenkungen, sondern auch<br />

langfristige Klimaveränderungen entstehen.<br />

(Deutsche Forschungsgemeinschaft, 1994)<br />

Flugzeug <strong>nach</strong> Vulkanausbruch


4. Katastrophenvorbeugung<br />

4.1 Prognose und Vorhersage<br />

Potentielle Gefahren können durch die Vorgeschichte eines Vulkans abgeschätzt werden.<br />

Diese Daten geben Auskunft über Art, Ausmaß und Wahrscheinlichkeit zukünftiger<br />

Aktivitäten, jedoch nicht über den genauen Zeitpunkt zukünftiger Eruptionen. (Plate, Merz,<br />

2001)<br />

4.2 Erstellung von Gefahrenkarten<br />

In Gefährdungskarten wird dargestellt, ob ein Vulkan gefährlich ist, und wie die verschiedenen<br />

Gefahren eingestuft werden müssen. Diese Karten enthalten die zu erwartende Verbreitung<br />

verschiedener Eruptionstypen und -produkte (Lavaströme, Glutlawinen, Lahars) in<br />

Abhängigkeit von der Ausbruchsstärke, basierend auf einer genauen topographischen und<br />

geologischen Kartierung. (Plate, Merz, 2001)<br />

4.3 Fern- und Bodenüberwachung<br />

Ein Vulkan lässt sich per Satellit überwachen, dabei lassen sich Temperaturveränderungen<br />

und die Bildung von Eruptionswolken beobachten.<br />

Eine Bodenüberwachung wird visuell und instrumentell durchgeführt, wobei der<br />

Schwerpunkt auf der Erfassung der seismischen Aktivität liegt. (Plate & Merz, 2001)<br />

4.4 Schutzwälle<br />

Lavaströme lassen sich durch Barrieren umlenken, solange sie nicht mit sehr hoher<br />

Geschwindigkeit oder hohen Förderrate eruptiert werden. Diese künstlichen Ablaufkanäle<br />

für Lahars sind besonders effektiv an Vulkanen die häufig eruptieren.<br />

4.5 Dächerverstärkung<br />

Aschenfälle sind das häufigste Produkt bei Vulkanausbrüchen. Diese können gemischt<br />

mit Gestein zerstörerische Auswirkungen haben. Die Überlastung von Hausdächern und<br />

dadurch verursachte Zusammenstürze der Häuser sind häufig die Folge von heftigen<br />

Aschefällen. Deshalb ist es notwendig die Tragfähigkeit der Dächer zu verstärken.<br />

4.6 Aufklärung der Öffentlichkeit<br />

Die lokalen Behörden arbeiten Notfallpläne aus, die verschiedene Szenarien und<br />

Anweisungen für den Katastrophenfall enthalten. Zur Warnung der Bevölkerung installieren<br />

sie Sirenen oder andere Warngeräte, wie Holztrommeln. Katastrophenschutzübungen mit<br />

der Bevölkerung durchzuführen ist sinnvoll. Die Ergebnisse der Vulkanuntersuchung und<br />

–überwachung und über mögliche Gefahren sollten in Broschüren, durch die Medien und<br />

in Vorträgen und Kursen an alle am Vulkan lebenden Menschen weitergegeben werden.<br />

(Deutsche Forschungsgemeinschaft, 1994)<br />

Evakuierungsübung für die Bevölkerung<br />

Falschbildaufnahme der Fernüberwachung<br />

Bevölkerung beobachtet den rauchenden Vulkan<br />

Schutzwall zur Ablenkung von Lahars<br />

Laharsstrom


während des Ausbruchs<br />

Etwa einen Monat vor dem Vulkanausbruch mit idyllischer<br />

Landschaft<br />

Mondlandschaft einen Monat <strong>nach</strong> dem Ausbruch<br />

5. Beispiele von Vulkanausbrüchen in Industrieländern<br />

5.1 Mount St. Helens<br />

Der Mount St. Helens gehört heute noch zu den gefährlichsten Vulkanen der Erde. Optische<br />

gesehen ist er ein Schichtvulkan, mit einem flach abfallenden Kegel und schildförmig<br />

gewölbt. Er befindet sich im Kaskadengebirge mit einer Höhe von 2949 Metern und liegt im<br />

US-Bundesstaat Washington, 65 km nördlich von Portland und 145 km südlich von Seattle.<br />

Dieser Teil der USA ist sehr dünn besiedelt aber für Touristen ein beliebtes Ziel. (Geipel,<br />

1981)<br />

5.1.1 Ausbruch<br />

Der letzte Ausbruch fand am 18. Mai 1980 statt, <strong>nach</strong>dem er sich 123 Jahre ruhig<br />

verhalten hatte. Es traf die Bevölkerung aber nicht vollkommen überraschend, denn<br />

durch vorangegangene Erdbeben wurden Geologen und Einwohner wachsam. Deshalb<br />

wurde am 27.März eine „Vulkanwache“ eingeführt, da Geologen wussten, dass von dem<br />

Vulkan eine große Gefahr ausging. Die Gouverneurin von Washington erließ deshalb eine<br />

Schließung des Gifford Pinchot National Forest für Besucher durch eine „Rote Zone“.<br />

(Geipel, 1981) Das Gebiet des Vulkans wurde im Umkreis von 13km gesperrt. Es durfte<br />

sich niemand dem Vulkan nähern. Am 18. Mai 1980 um 8.32 Uhr kam es dann zu einer<br />

gewaltigen und explosionsartigen Ascheeruption. (Findley, 2000) Der Ausbruch war so<br />

enorm, da das zähflüssige Magma sich in Hohlräumen im Inneren des Vulkans staute.<br />

Der Gasdruck wurde so hoch, so dass der Schlotpfropf explosionsartig weggestoßen<br />

wurde. Man kann dies vergleichen mit dem Korkenknallen einer Flasche Sekt. Dabei<br />

wurde das Magma aus der Spitze herausgeschleudert und es entstanden 700° Grad heiße<br />

Gasströme. Diese transportieren Aschesteine, Bimssteine und verschiedene zertrümmerte<br />

Gesteinsmaterialien, welche circa 30 Kilometer ins Vorland mitgerissen wurden. Der<br />

gesamte nördliche Berggipfel rutschte hang abwärts. Die Geschwindigkeit betrug zwischen<br />

100 und 400 Kilometer pro Stunde. Ein weiteres Problem war die Wärmeeinstrahlung.<br />

Denn durch die Höhe des Vulkans befand sich auf der Spitze Schnee, welches durch die<br />

Wärme schmolz. Das Schmelzwasser drang in den Vulkan ein. Durch den Ausbruch kam<br />

es zu einer Umwandlung von Wasser in Wasserdampf und zu einer Vereinigung mit Magma<br />

und anderen freiwerdenden Gasen. Deshalb kam es am 18. Mai 1980 zu einem solchen<br />

explosionsartigen Ausbruch.<br />

5.1.2 Auswirkungen<br />

Die Eruption des Mount St. Helens hat die Bewohner dieser Region und Fachleute wieder<br />

bewusst gemacht, dass von diesem Vulkan eine große Gefahr ausgeht, obwohl er sich 123<br />

Jahre ruhig verhalten hatte. Insgesamt gab es „nur“ 57 Tote, mehr als die Hälfte waren<br />

neugierige Touristen. (Pichler, 2000) Nur drei befanden sich in der abgesperrten „Roten<br />

Zone“. Viele verloren ihre Existenz, da sie in der Nähe des Vulkans ein Hotel oder ähnliches<br />

führten. Auch die wirtschaftlichen Schäden waren enorm. Insgesamt wurden 250 km2<br />

Nutzholz vollkommen zerstört, 300 km2 Land mit Farmen, über 100 km Straßen, 320 Wege,<br />

13 Brücken, 15 Forststationen und 27 Erholungsgebiete mit Wildbestand. Noch einige Jahre<br />

<strong>nach</strong> der gewaltigen Eruption ähnelte das Gebiet einer trostlosen Mondlandschaft. (Findley,<br />

2000) Doch heute findet man dort einen fruchtbaren Boden, mit verschiedene Wildpflanzen<br />

und Weiden. Auch Bäche und Teiche bieten den Kleintieren einen neuen Lebensraum.<br />

Wildtiere sind dort noch eher selten zu sehen.


5.1.3 Präventionsmaßnahmen<br />

Der Mount St. Helens gehört auch heute noch zu den meist bewachten Vulkanen der Erde.<br />

Unmittelbar <strong>nach</strong> dem Ausbruch wurden verschieden seismographische Stationen erbaut<br />

und zahllose Forscherteams wurden angefordert. Heute gibt es eine Art Einsatzgruppe<br />

von Vulkanologen, das „Volcano Disaster Assistance Program (VDAP)“. In nur kurzer Zeit<br />

können sie auf der ganzen Welt einsatzbereit sein, denn durch den Vulkanausbruch des<br />

Mount St. Helen haben die Wissenschaftler viel Neues erfahren. Durch Messgeräte, welche<br />

in dem Vulkangebiet installiert wurden, könne Erdstöße, über die Aufwölbung des Vulkans<br />

und die Zusammensetzung der anstehenden Gase per Computer genau gemessen werden.<br />

So bekommt man Informationen über das Magma im Inneren des Vulkans. Heute ist der<br />

Mount St. Helen ruhig, aber der nächste Ausbruch kommt bestimmt.<br />

5.2 Vesuv<br />

Momentan ist der Vesuv, welcher zu den gefährlichsten Vulkanen Europas zählt, erloschen<br />

und nicht aktiv. Der Schichtvulkan ist heute 1281 Meter hoch und schon einige Male<br />

ausgebrochen. Neue Erkenntnisse weisen daraufhin, dass die Magma Kammer des Vulkans<br />

wieder erwachen wird. Die Katastrophe wäre verheerend, denn der Vesuv liegt nur 9 km<br />

von der Millionenstadt Neapel entfernt.<br />

5.2.1 Ausbruch<br />

Der letzte große Ausbruch fand am 4. April 1944 statt und zerstörte die kleine Stadt<br />

Sebastiano fast vollständig. Noch heute sind die Vorwarnungen von Vulkanologen<br />

unzuverlässig und noch nicht frühzeitig genug um alle Einwohner evakuieren zu können.<br />

Das Problem am Vesuv ist auch, dass sich heute dicht besiedelte Gebiete direkt am Hang<br />

des Vulkans befinden und die Stadt Neapel stark betroffen wäre.<br />

5.2.2 Präventionsmaßnahmen<br />

Obwohl die Regierung schon Evakuierungspläne aufgestellt hat, ändert sich dort nicht<br />

viel. In den nächsten 15 Jahren sollen 150 000 Menschen in andere Städte umgesiedelt<br />

werden. Zur Motivierung eines Umzuges bietet die Regierung den Familien 30 000 Euro,<br />

doch bisher ohne Erfolg. Es wurden illegal 50 000 neue Häuser in der Region um den Vesuv<br />

gebaut. Das Gebiet ist beliebt, der Boden fruchtbar und so für die Familien sehr attraktiv.<br />

Der nächste Ausbruch folgt bestimmt und wird wieder gewaltige Schäden hinterlassen,<br />

wenn die Evakuierungspläne nicht eingehalten werden.<br />

Neapel am Fuße des Vesuv


6. Beispiele von Vulkanausbrüchen in Entwicklungsländern<br />

6.1 Merapi, Indonesien<br />

6.1.1 Grunddaten<br />

Der Stratovulkan Merapi auf der Insel Java<br />

mit 65 dokumentierten Ausbrüchen ist der<br />

aktivste Vulkan Indonesiens und einer der<br />

aktivsten der Erde. Kleinere Eruptionen<br />

ereignen sich alle 2-3 Jahre, größere alle<br />

10-15 Jahre und Ausbrüche katastrophalen<br />

Ausmaß alle 50-60 Jahre. Die größten<br />

bekannten Ausbrüche fanden 1006, 1786,<br />

1822, 1872 und 1930 statt. (Kunz, 1999)<br />

Die bisherigen Ausbrüche schufen<br />

einen sehr fruchtbaren Boden, der<br />

einen Gunstraum für die Landwirtschaft<br />

und somit für menschliche Siedlungen<br />

geschaffen hat. Daraus resultiert die hohe<br />

Bevölkerungsdichte in der Umgebung<br />

des 3000 m hohen Merapi, wie auf Java<br />

insgesamt. Selbst am Fuß des Vulkans<br />

siedeln die Menschen so dicht wie in<br />

einer deutschen Großstadt. Damit liegt<br />

der Risikofaktor für Personen und<br />

Sachwerte extrem hoch. Überdies ist die<br />

Großstadt Jogyakarta mit mehr als 500.000<br />

Einwohnern 30 km Luftlinie vom Gipfel<br />

entfernt.(Hidajat, 2002)<br />

Siedlung direkt am Merapi<br />

fließender Lavastrom<br />

Eruptionswolke während des Ausbruchs<br />

Gefahrenzonenkarte des Merapi<br />

Zerstörte Siedlung mit Asche bedeckt Evakuierung der Bevölkerung


Glutlawine während des Ausbruchs<br />

6.1.2 Präventionsmaßnahmen<br />

Zwei staatlich durchgeführte Vorsorgemaßnahmen am Merapi werden hier vorgestellt:<br />

Die erste Vorsorgemaßnahme ist die Gefahrenzonierung. Nach der Gefahrenzonenkarte<br />

des Direktorats der Vulkanologie von 1976 wird die Region um den Merapi in drei Zonen<br />

aufgeteilt.<br />

Außerdem beinhaltet die Karte Fluchtwege für den Fall einer Evakuierung und dient den<br />

lokalen Behörden als Richtlinie für eine angepasste Landnutzung. Diese Karte ist in der<br />

Abbildung zu sehen.<br />

Die „Gesperrte Zone“ umfasst das Gebiet rund um den Vulkan. Aufgrund der ständigen<br />

Gefahr vor Glutlawinen ist jegliche Neuansiedlung untersagt. Langfristig wird die vollständige<br />

Evakuierung angestrebt.<br />

Die Gefahrenzone I wird aufgrund historischer Ausbrüche als Gefahrenzone eingestuft.<br />

Die Bedrohung erfolgt in diesem Gebiet durch Glutbomben und heißen Ascheregen. Eine<br />

Dauersiedlung ist gestattet, bei drohendem Ausbruch wird vorübergehen evakuiert.<br />

Die Gefahrenzone II erstreckt sich bis zu 40 km vom Gipfel hinab bis in den flachen<br />

Bereich der Täler. Dieses Gebiet wird besonders zur Regenzeit von Lahars bedroht. Das<br />

Siedeln ist erlaubt und bautechnische Maßnahmen wie Dammbau zur Kontrolle von<br />

Schlamm- und Schuttströmen<br />

werden zur Schadensminderung durchgeführt.<br />

Die zweite Vorsorgemaßnahme am Merapi zur Schadensverminderung von Schlammströmen<br />

ist das „Mount Merapi Debris Control Project“ unter der Führung des Ministeriums<br />

für staatliche Bauvorhaben. Es besteht eine enge technische und finanzielle Zusammenarbeit<br />

mit Japan. Geplant ist, in 10 Flußtälern an der westlichen bis südlichen Flanke<br />

des Merapi, 49 Mio. cm² Sedimentmaterial zu kontrollieren. Dazu wurden 81 Dämme, 6<br />

Sandbecken und 38 km Kanäle bis 1995 fertig gestellt.<br />

Ziel dieser Maßnahme ist:<br />

- das Zurückhalten des abgelagerten Ausbruchmaterials und das Vermeiden von Hangrutschungen<br />

am oberen Teil der Nebenflüsse durch Kontrolldämme, Befestigungsdämme<br />

und Sandbecken.<br />

- die Kontrolle der Schuttströme und des Sedimentmaterials zum Schutz von flussabwärts<br />

gelegenen Bereichen durch die Konstruktion von Befestigungsdämmen, Deichen,<br />

Uferschutz und Kanälen.<br />

Geschützt werden sollen damit dicht besiedelte Gebiete, Straßen und Brücken sowie<br />

Kulturdenkmäler.<br />

(Hidajat, 2002)


6.1.3 Der Ausbruch und seine Auswirkungen<br />

Der Ausbruch am 22.November 1994 verdeutlicht die Auswirkungen auf die Region. Die<br />

pyroklastischen Ströme forderten 66 Menschenleben, zerstörten Besitz und verursachten<br />

erhebliche Umweltschäden. 24 Menschen kamen mit schweren Verletzungen, zum größten<br />

Teil mit Verbrennungen, ins Krankenhaus. 5531 Personen wurden für drei Wochen<br />

in Notunterkünfte evakuiert, außer den Bewohnern der gesperrten Dörfer. Diese 2602<br />

Personen blieben in den Unterkünften, bis eine sichere Bleibe gefunden wurde.<br />

6.1.4 Planerische Maßnahmen<br />

Die Tatsache, dass Menschen ihre Behausung verloren haben und nicht mehr in die<br />

gefährdeten Gebiete zurückkehren konnten, forderte von der indonesischen Regierung<br />

Handlungsbedarf.<br />

Nach dem Ausbruch von 1994 erklärte das MVO (Merapi Vulcano Observatory) 12 Dörfer<br />

aufgrund der potentiellen Gefahr für unbewohnbar. Ziel ist, die betroffenen Bewohner zu<br />

einem Umsiedlungsprogramm zu motivieren und auf lange Sicht die Region der „gesperrten<br />

Zone“ frei von Siedlungen zu halten. Von der Regierung werden verschiedene<br />

Programme zur Umsiedlung angeboten. (Hidajat, 2002)<br />

Transmigrasi<br />

Das staatliche Umsiedlungsprogramm ist für die Behörden die einfachste Maßnahme,<br />

da das Ministerium für Transmigration den Betroffenen der Katastrophe den Vorrang vor<br />

anderen Bewerbern gibt. Die Zielgebiete des Programms befinden sich alle auf der Insel<br />

Sumatra.<br />

Nach dem Ausbruch 1994 gliedert sich die Teilnahme aus den verschiedenen Gefahrenzonen<br />

wie folgt: 122 Familien aus der gesperrten Zone, 81 aus der Gefahrenzone I und 79<br />

Familien aus der Gefahrenzone II. Jede Familie erhält ein Haus mit Land für Gartenanbau<br />

und Landwirtschaft. (Scholz, 1992)<br />

Relokasi<br />

Das Programm beinhaltet die Umsiedlung aus den „gesperrten Dörfern“ in sichere<br />

Gebiete. Im Unterschied zum Transmigrasi erfolgt eine Umsiedlung innerhalb der Region<br />

aus der „gesperrten Zone“ in tiefer gelegene sichere Gebiete. Das dauerhafte Siedeln<br />

in den Heimatdörfern wird untersagt, nur die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen<br />

Fläche ist erlaubt. Zur Umsiedlung errichtete die Regierung neue Dörfer, sogenannte<br />

Relokasi. Geplant waren sechs neue Dörfer für 2602 Menschen; verwirklicht wurden bis<br />

1998 nur zwei. 181 Häuser wurden mit kompletter Infrastruktur errichtet, bestehend aus<br />

Wasserleitungen, Stromversorgung, einer Moschee, einer Stallung, einer Versammlungshalle<br />

und geteerten Straßen. 354 Menschen siedelten um.<br />

Jedoch herrscht eine große Skepsis der Bevölkerung gegenüber den Umsiedlungsprogrammen<br />

vor, da die Regierung in der „gesperrten Zone“ einen Golfplatz und einen Campingplatz<br />

duldet. Daraus folgern die Bewohner, dass die Region als sicher einzustufen ist.<br />

Außerdem wird auch der Tourismusort Kaliurang, der 1994 von einer Glutwolke erfasst<br />

und einen Monat gesperrt wurde, weiter<br />

gefördert. (Hidajat, 2002)<br />

Stadt am Fuße des Merapi<br />

Bildunterschriften Transmigrasi-Siedlung Din Regular im traditionellem 6pt linksbündig Stil<br />

mit Bild, bei<br />

ganzseitigen Bildern in das Bild setzen, evtl Schrift weiss stellen


Nevado del Ruiz-<strong>nach</strong> rund 140 Jahren wieder aktiv<br />

Schlammlawine überrollt Armero<br />

durch den Lahar zerstörte Stadt, Armero<br />

6.2 Nevado del Ruiz<br />

6.2.1 Grunddaten<br />

Der Nevado del Ruiz ist ein 5.321 m hoher Schichtvulkan und liegt in den Anden in Kolumbien,<br />

50 km von der Stadt Armero entfernt. Er ist der zweithöchste Vulkan der Nordhalbkugel<br />

und obwohl er nur 500 km nördlich des Äquators liegt, ist er durch seine Höhe von<br />

einer rund 25 Quadratkilometer großen Kappe aus Eis und Schnee bedeckt.<br />

6.2.1 Ausbruch und Auswirkungen<br />

Sein letzter Ausbruch am 13. November 1985 erregte weltweites Aufsehen, denn ein<br />

Lahar begräbt 2,5 Stunden <strong>nach</strong> dem Ausbruch die 50 km entfernte Stadt Armero unter<br />

einer mehreren Meter dicken, zähen Schlammschicht. Die Folge waren 25.000 Todesopfer<br />

und über 5.000 beschädigte Gebäude. Die Ursache für den Lahar war das aufsteigende<br />

Magma, das die Eiskappe des Vulkans schmelzen ließ. Das Schmelzwasser vermischte<br />

sich dann mit dem vulkanischen Lockermaterial und schoss als Schlammlawine die<br />

Vulkanflanken hinab.<br />

6.2.2 Präventionsmaßnahmen<br />

Die große Zahl der Todesopfer macht nur allzu deutlich, dass die Katastrophenvorbeugung<br />

vor dem Ausbruch mehr als unzureichend war. Obwohl erst einen Monat vor dem<br />

Ausbruch eine Gefahrenkarte für den Nevado del Ruiz erstellt worden war und diese auch<br />

an die Behörden weitergeleitet wurde. Die Gefahrenkarte zeigt hohe und mittlere Gefahrenklassen<br />

für Lavaströme, pyroklatische Ströme, sowie eine hohe Gefahrenklasse für<br />

Lahars, die der Stadt Armero zum Verhängnis wurden. Außerdem wiesen die Vulkanologen<br />

schon immer ausdrücklich auf die Gefahr hin, die für die Stadt besteht, da sie zuletzt<br />

1845 ebenfalls durch einen Lahar zerstört worden ist und eigentlich an der gleichen Stelle<br />

gar nicht wieder hätte aufgebaut werden dürfen. Folglich trifft bei der unzureichenden<br />

Katastrophenvorbeugung nur die Behörden die Schuld. Sie waren generell informiert,<br />

unternahmen aber, wahrscheinlich aus Angst vor ökonomischen und politischen Konsequenzen<br />

eines zu frühen oder falschen Alarm, nichts. Denn natürlich ist eine groß angelegte<br />

Evakuierung, wie sie im Falle des Nevado del Ruiz nötig gewesen wäre, auch immer<br />

mit einem enormen Kostenaufwand verbunden. Ein weiterer Punkt war, dass die Bevölkerung<br />

nur ungenügend aufgeklärt wurde, warum und vor allem wie der Vulkan trotz der<br />

weiten Entfernung von 50 km gefährlich werden konnte. So kam es, dass die Sachlammlawine<br />

die Bewohner der Stadt kurz vor Mitter<strong>nach</strong>t völlig unerwartet überraschte, ihnen<br />

keine Chance zur Flucht ließ und eine ganze Stadt ausgelöscht wurde


6.3 Mount Pinatubo<br />

6.3.1 Grunddaten, Ausbruch und Auswirkungen<br />

Der Mount Pinatubo ist ein Stratovulkan auf den Philippinen. Dieser liegt in einem dicht<br />

besiedelten Gebiet, nur 96 km von der Hauptstadt Manila entfernt. Nach 611 Jahren<br />

Ruhezeit hatte keiner mehr mit einem Ausbruch des Vulkans gerechnet, umso überraschender<br />

kam die Katastrophen<strong>nach</strong>richt im Juni 1991 für den Großteil der umliegenden<br />

Bevölkerung. Insgesamt waren fast 2 Mio. Menschen im Umkreis des Vulkans betroffen,<br />

darunter Angeles City mit mehr als 300 000 Einwohnern. 8 000 Häuser wurden komplett<br />

zerstört, 73 000 beschädigt. Dabei entstanden Sachschäden von über 700 Mio. US Dollar.<br />

Das Ausmaß der Eruption war zehnmal größer als die des Mount St. Helen von 1980.<br />

Mehr als 10 km3 Asche wurde dabei in die Atmosphäre geschleudert. Dadurch entstand<br />

eine Verringerung der Sonneneinstrahlung die die Insel mehrere Tage ins Dunkle versetzte.<br />

Eine Temperaturabsenkung von 0,5°C war ebenfalls eine Auswirkung der Eruption,<br />

die sich weltweit bemerkbar machte. Ascheablagerungen bis zu 50 cm setzte sich im<br />

näheren Umkreis des Vulkans ab, in Manila waren es selbst noch 4mm.<br />

6.3.2 Strategien und Planerische Maßnahmen<br />

Um eine größere Katastrophe zu vermeiden wurden 3 Evakuierungszonen (Gefahrenzonen)<br />

im Umkreis von 10 km, 10-20 km und 20-40 km eingerichtet und ein Alarmplan mit<br />

5 Alarmstufen erstellt. ( Stufe 1: Geringe Unruhe, Stufe 2: Starke Unruhe, Stufe 3: Eruption<br />

in den nächsten 2 Wochen zu erwarten, Stufe 4: Explosiver Ausbruch in den nächsten<br />

24 Stunden möglich, Stufe 5: Eruption im Gang). Insgesamt wurden 10 000 Menschen<br />

evakuiert die überwiegend <strong>nach</strong> Manila und Querzon gebracht wurden.<br />

Weitere Präventionsmaßnahmen der Regierung von Guatemala waren die Erstellung<br />

einer Risikokarte mit erwartenden Ereignissen der Vulkanaktivitäten und Aufklärungsvideos<br />

über pyroklastische Ströme, die der Bevölkerung gezeigt wurden damit sie ihre<br />

Gefahrenlage besser verstehen konnten. Die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, US-<br />

Militär, lokalen Behörden und Medien, die Basis für ein gutes Katastrophenmanagement,<br />

funktionierte in diesem Fall sehr gut. Im Verhältnis zum Ausmaß der Naturkatastrophe<br />

fiel die Anzahl der Opfer (500 Menschen) daher relativ gering aus. Die meisten Menschen<br />

kamen unter einstürzenden Gebäuden ums leben.<br />

Schwerste Zerstörungen gab es dagegen im infrastrukturellen Bereich. Viele wichtige<br />

Zugangswege wie auch Flusssysteme wurden durch Schlammlawinen blockiert, große<br />

Flächen von Land wurden zerstört und dadurch Lebensraum für lange Zeit unbewohnbar.<br />

24 Orte in Zambales verschwanden dabei komplett unter den Laharablagerungen. Bis zu<br />

10-15 Jahren stellen die Lahars für die zurückkehrende Bevölkerung eine Bedrohung dar.<br />

Um den Umgang westlicher Hilfsorganisationen mit ethnischen Minderheiten in peripheren<br />

Regionen aufzuzeigen wird nun das Beispiel der Aeta vorgestellt.<br />

Im Fall der Aeta, der Urbevölkerung der Philippinen, kam es beim großen Vulkanausbruch<br />

1991 zu großen Umsiedlungsmaßnahmen. Die Aeta-Familien die sich entlang des<br />

Pinatubo niedergelassen hatten mussten aus den gefährdeten Gebieten in die sicheren<br />

Küstenregionen evakuiert werden. Die Hilfsorganisationen mussten sich dabei besondere<br />

Strategien überlegen um den kulturellen Unterschieden zwischen den Aeta und der Tieflandbevölkerung<br />

gerecht zu werden.<br />

Bildunterschriften Din Regular 6pt linksbündig mit Bild, bei<br />

ganzseitigen Bildern in das Bild setzen, evtl Schrift weiss stellen<br />

Mount Pinatubo<br />

Aschewolke<br />

Offsites der Aeta


Kultivierung von aschebedeckten Böden mit Knollenfrüchten<br />

Aeta Programm, Hilfe zur Selbsthilfe<br />

Umsiedlungszentrum der Aeta<br />

auf Laharflächen errichtete Wetterschirme<br />

Als Ziel wurde die Wiederherstellung der gleichen Lebensbedingungen der Aeta wie vor<br />

der Eruption formuliert (Republic Act 7637). Aus den erst provisorischen Evakuierungszentren<br />

mit 25 000 Personen, Hinterland- und Tiefland Bevölkerung gemischt, wurde die<br />

Aeta Bevölkerung in Umsiedlungszentren untergebracht. Dabei haben sich 3 Arten von<br />

Unterbringungen in Hinsicht auf die Anpassungsweise heraus gebildet.<br />

In den Zentren in der Nähe von Botolan, Loob Bunga und Bunquilan, konnten sich die Aeta<br />

noch am Besten mit den neuen Lebensumständen arrangieren. Sie liegen von ihrem alten<br />

Siedlungsgebiet am Pinatubo nicht weit entfernt. So hatten sie die Möglichkeit sich neue<br />

Arbeitsfelder in der neuen Umgebung zu suchen und gleichzeitig ihr altes Land für die<br />

Landwirtschaft weiterhin zu nutzen. Die beiden Umsiedlungszentren waren entsprechend<br />

schnell überbelegt. Statt den vorgesehenen 500 waren es am Ende fast 1600 Wohneinheiten<br />

die erstellt wurden.<br />

In den 3 Umsiedlungszentren Dampay, Cawag und Iram sah es mit den Verkehrsanbindungen<br />

und den weiten Entfernungen um einiges schlechter aus, so dass es den Aeta<br />

sehr schwer fiel sich eine neue Existenz aufzubauen. Die Folge war eine starke Abwanderung<br />

aus diesen Zentren. Die Kapazitäten der Lager konnten nicht voll genutzt werden.<br />

Statt 1200 blieben in Dampay nur 255 Aeta – Familien, in Cawag nur 105 statt 1600.<br />

2500 der Aeta - Familien, die eigentlich Anspruch auf Hilfe gehabt hätten, entschied sich<br />

für sog. offsites (Kleinsiedlungen) um sich dort selbstständig eine neue Existenz aufzubauen.<br />

Die meisten siedelten sich im Hinterland von San Marcelino an wo sie vor Laharabflussen<br />

geschützt waren. Ungefähr 300 Familien zogen wieder in ihr altes Siedlungsgebiet<br />

am Hang des Pinatubo zurück, das nicht durch Lahar und Glutlawinenablagerungen<br />

betroffen war.<br />

Insgesamt sind etwa 40 kleinere Siedlungseinheiten entstanden. Sowohl Neugründungen<br />

als auch erweiterte Aeta – Ansiedlungen.<br />

Die Umsiedlungszentren der Aeta wurden von der NCIP (National Comission on Indigenous<br />

Peoples) geführt die unter anderem festlegten dass jede Familie eine Fläche von<br />

150-200 m² zur Verfügung gestellt bekommt um sich dort ein Haus zu errichten. Den<br />

Aeta wurde vorerst ausschließlich pflanzliches Baumaterial bereitgestellt um an ihre<br />

traditionelle Bauweise anzuknüpfen. Später bekamen sie auch Bauholz und Blech für die<br />

Bedachung gestellt.<br />

Auf lange Sicht ist das Ziel der Regierung die Aeta in ihrer ökonomischen Eigenständigkeit<br />

zu fördern. Die Meisten der Aeta - Familien wollen jedoch früher oder später in ihr<br />

altes Gebiet am Pinatubo zurückkehren. Ein kleiner Teil hat sich der Tieflandbevölkerung<br />

gut anpassen können und will auch dort bleiben. (Seitz, 2000)


7. Städtebauliche Maßnahmen<br />

Der Vulkan Pacaya ist einer von fünf aktiven Stratovulkanen mit kontinuierlicher Aktivität<br />

in Guatemala. Padrocino ist ein Projekt für präventive Maßnahmen im Bereich Wohnbau<br />

und Stadtplanung in Risikogefährdeten Gebieten.<br />

In abgelegenen Gebieten wie beim Beispiel der Gemeinde Padrocino in Guatemala, die<br />

sich am Hang des Vulkans Pacaya angesiedelt hat, sind präventive Vorkehrungen besonders<br />

wichtig, da ein infrastrukturelles Netz fehlt und im Notfall Hilfe von außerhalb erst<br />

stark verzögert eintreffen könnte. Daher wurde ein gemeindeorientiertes Konzept zum<br />

Katastrophenmanagement unter der Leitung der FEMID (Fortalecimiento de Estructuras<br />

Locales en Mitigación de Desastres) ausgearbeitet, um gezielt auf die Situation der Padrocino<br />

eingehen zu können. Ziel dabei ist, die Bevölkerung besser auf Notsituationen in<br />

ihrer speziellen Lage vorzubereiten und dadurch die Katastrophe weitestgehend kalkulierbar<br />

zu machen.<br />

Dazu sollen vor allem einheimische Maurer und Zimmerer der Gemeinde Padrocino in<br />

Fortbildungsmaßnahmen über Umbaumethoden von Dächern informiert werden und sichere<br />

Modellhäuser mit ihrer Mithilfe geplant werden. Ein unzureichender <strong>Wiederaufbau</strong><br />

<strong>nach</strong> einem Vulkanausbruch soll zukünftig nicht mehr vorkommen. Gefährdet sind dabei<br />

vor allem Häuser die sich in unmittelbarer Hanglage und somit im Weg des Lavaflusses<br />

befinden und durch die Nähe zum Vulkan Asche- und Steinregen besonders heftig ausfallen<br />

und große Schäden anrichten können.<br />

Eine weitere Prävention in Hinsicht auf Bausubstanz ist die Versetzung von Häusern. Auf<br />

planerischer Ebene müssen Zonierungen und Landnutzungsgesetze festgesetzt werden.<br />

Dies hat Absperrungen und Umsiedlungen ganzer Gemeinden zur Folge. Die betroffene<br />

Bevölkerung davon zu überzeugen, dass solche Maßnahmen nötig sind und sie ihre<br />

gewohnte Umgebung aufgeben sollen ist dabei wohl die schwierigste Aufgabe. Workshops<br />

mit Anwesenheit von Architekten wie im Falle der Gemeinde Padrocino helfen den<br />

Menschen vor Ort jedoch ihre Situation zu erkennen und zu verstehen und gezielt etwas<br />

zu unternehmen und wird für zukünftige Vorhaben unabdingbar sein um Katastrophenvorsorge<br />

erfolgreich in den Griff zu bekommen. (Wamsler, 2002)<br />

Gefahrenzone von Siedlungen in Vulkannähe<br />

existierende Bedrohungen für Wohnhäuser in Vulkannähe


geotermisches Kraftwerk<br />

Lavastein Konstruktion<br />

Schlussbemerkung und Fazit<br />

In Entwicklungsländern wird die Gefahr der Vulkane weiter zunehmen, da die Bevölkerungsdichte<br />

in der Umgebung der aktiven Vulkane ständig steigt. Ein wichtiger Grund<br />

hierfür ist, dass eine intensive Landnutzung in unmittelbarer Umgebung möglich ist. Die<br />

Fruchtbarkeit der Böden verhilft zu drei Ernten im Jahr des Grundnahrungsmittels Reis.<br />

Die vulkanischen Ablagerungen sind ein begehrter Baustoff. Die Aschen können beim<br />

Hausbau als Zement verwendet werden und grobe Partikel dienen zur Wärmedämmung.<br />

Außerdem lässt sich geothermischer Strom erzeugen, indem man Gesteinsschichten<br />

mit heißem Grundwasser anbohrt. Da<strong>nach</strong> kann sich das über seinen Siedepunkt erhitze<br />

Wasser ausdehnen und der so entstehende Dampf direkt oder über Wärmetauscher<br />

Turbinen antreiben. Zuletzt darf nicht vergessen werden, dass auch der Vulkantourismus<br />

eine wichtige finanzielle Stütze in einem Entwicklungsland ist. (Schwarzkopf, Schmincke,<br />

2000)<br />

Im Falle von unvermeidbaren <strong>Naturkatastrophen</strong> wie Vulkanausbrüchen bleibt als<br />

wirksamstes Mittel eine gute Vorbereitung in Hinblick auf Präventivmaßnahmen, um die<br />

Schäden möglichst gering zu halt. Dabei spielt das Risikomanagement im Bereich Wohnbau<br />

und Stadtplanung immer noch eine untergeordnete Rolle. Mit relativ einfachen und<br />

kostengünstigen Mitteln wäre jedoch gerade in diesem Bereich der bedrohten Bevölkerung<br />

geholfen um das Ausmaß einer Katastrophe um einen großen Teil zu reduzieren.<br />

Vorbeugende Maßnahmen wie Workshops, Risikokarten und Frühwarnsysteme, die die<br />

Bevölkerung<br />

über Gefahren eines Vulkanausbruches aufklären sollen, sind ein erster Schritt. Entsprechende<br />

bauliche und planerische Tätigkeiten müssen folgen.<br />

Zahlreichen Untersuchungen zufolge sind die meisten Katastrophenopfer durch einstürzende<br />

Wohnhäuser zu beklagen. Generell sind Maßnahmen zur Reduzierung von Anfälligkeiten<br />

von Siedlungen und einzelnen Wohnhäuser gefordert die vielfältig und leichter umsetzbar<br />

sind. Im Fall eines Vulkanausbruches können die schweren Asche- und Steinlasten durch<br />

eine Erhöhung der Dachneigung besser abgeleitet werden und somit ein Einsturz durch<br />

eine einfache Maßnahme vermieden werden. (Wamsler, 2002)


Maßnahmen, Strategien, Grundprinzipien<br />

Waldbrände<br />

Nicole Graiss<br />

Manuel Mühlbauer<br />

Adriana Puhallova


1. Einleitung...........................................................................................................5<br />

2. Typische Feuerlandschaften..............................................................................6<br />

2.1 Afrikanische Savannen................................................................................6<br />

2.2 Tropische Regenwälder..............................................................................6<br />

2.3 Eukalyptuswälder Australiens.....................................................................7<br />

2.4 Boreale Nadelwälder...................................................................................7<br />

2.5 Mittelmeerregion..........................................................................................7<br />

2.6 Alle Kiefernwälder von der Taiga bis in die Subtropen................................7<br />

3. Ursachen...........................................................................................................8<br />

4. Auswirkungen....................................................................................................9<br />

5. Feuerunterdrückung........................................................................................10<br />

6. Feuerexperimente...........................................................................................10<br />

7. Fallbeispiele.....................................................................................................11<br />

7.1 Australien..................................................................................................11<br />

7.2 Lüneburger Heide......................................................................................14<br />

7.3 Waldbrände in Galizien.............................................................................16<br />

8.Prävention…………………………………………………….........................................…………..……………….17<br />

9.Brandbekämpfung ………………………………………………................……………......................……..18<br />

9.1 Definition des Begriffs…………………………………………......................................………….18<br />

9.2 Chemischer Prozess……………………………………………………...................................………….18<br />

9.3 Entfernen des Brennstoffes ………………………………………...................…..........…..………18<br />

10.Löschverfahren……………………………………………………….......................................……..……….19<br />

10.1 Abkühlung des Feuers ……………………………………………......................................…..19<br />

10.2 Ersticken der Flammen……………………………………………….....................…................….19<br />

10.3 Antikatalytische Wirkung…………………………………………...................…....................….19<br />

11.Präventiver Brandschutz…………………………………………….................................……………….20<br />

11.1 Organisatorischer Brandschutz…………………………….............................…………….20<br />

11.2 Städtebaulicher Brandschutz………………………………………................................…..21<br />

11.3 Zivile Infrastruktur…………………………………………………………...................................…..21<br />

11.4 Konstruktiver Brandschutz……………………………………………….............................…….21<br />

11.5 Vorgaben………………………………………………………………………....................................…….22<br />

12. Feuermanagement………………………………………………..……......................................…………24<br />

13. Fazit……………………………………………………………………………………………...............................………..25<br />

14. Bilder<strong>nach</strong>weis………………………………………………………………...…….....….........................……….26<br />

15. Literaturverzeichnis………………………………………………………………....…….........................………28<br />

Inhalt


Einleitung<br />

Im Rahmen dieser Arbeit sollen Brände und hierbei insbesondere Waldbrände<br />

aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachtet und deren Ursachen,<br />

Wirkung und Folgen näher beschrieben werden. Waldbrände sind<br />

Brände im bewaldeten Bereich und entstehen meist während den Trockenperioden.<br />

Sie sind wegen ihrer hohen Ausbreitungsgeschwindigkeit gefährlich<br />

für Mensch und Tier und stellen ein unberechenbares Naturereignis dar.<br />

Zu Beginn der Arbeit werden in Kapitel 2 die Charakteristika und die Verbreitung<br />

von typischen Feuerlandschaften dargestellt und anhand von Fallbeispielen veranschaulicht<br />

werden. In einem weiteren Schritt werden die Ursachen für Feuer<br />

(Kapitel 3), die positiven und negativen Auswirkungen (Kapitel 4), die Feuerunterdrückung<br />

(Kapitel 5) und Feuerexperimente (Kapitel 6) beschrieben. Zur weiteren<br />

Veranschaulichung werden in Kapitel 7 noch drei Fallbeispiele aufgeführt.<br />

Das Kapitel 8 befasst sich mit den Möglichkeiten der Prävention von Bränden<br />

im bewaldeten Bereich. In Kapitel 9 werden die Mittel und Wege der<br />

Brandbekämpfung vorgestellt. Darauf folgend sollen in Kapitel 10 mögliche<br />

Löschverfahren beschrieben werden. Zum Abschluss der Arbeit sollen<br />

in Kapitel 11 die verschieden Arten des präventiven Brandschutzes sowie<br />

in Kapitel 12 der Begriff des Feuermanagements vorgestellt werden.


Typische Feuerlandschaften<br />

2.1 Afrikanische Savannen<br />

Wenn das Feuer für eine Region charakteristisch ist, dann für die afrikanische Savanne.<br />

Diese Gebiete der Tropen und Subtropen sind die größten Vegetationsflächen, in denen es<br />

regelmäßig brennt. Weltweit umfasst die Landschaftszone ungefähr 2,6 Milliarden Hektar,<br />

die in einem Intervall von ein bis drei Jahren in Flammen gesetzt werden.<br />

Da abgestorbene Pflanzen in der trockenen Savanne kaum verrotten können, sorgen erst<br />

regelmäßige Feuer für eine natürliche Auslese unter der Vegetation, verwandeln trockenes<br />

Gras und Gestrüpp in nährstoffreiche Asche und schaffen Platz für neue Pflanzen. Das<br />

Gras verbrennt, während die am Boden liegenden Samen und Wurzeln unversehrt bleiben.<br />

So werden mit der Zeit feuerempfindliche Pflanzen verdrängt und zurückbleibt nur die widerstandsfähige<br />

Vegetation (Scinnex, 2003).<br />

2.2 Tropische Regenwälder<br />

Um in der „grünen Lunge“ Flächen für Plantagen und Weidewirtschaft zu gewinnen, wird<br />

meistens das Feuer eingesetzt. In extremen Trockenzeiten, die durch das El Nino-Phänomen<br />

noch verstärkt werden können, kann es schnell zu unkontrollierten Flächenbränden<br />

kommen. 1997 bis 1998 wurden dadurch alleine in Indonesien ungefähr neun Millionen<br />

Hektar Regenwald zerstört. Besonders schwer betroffen waren <strong>nach</strong> monatelangen Bränden<br />

Borneo und Sumatra. Die Folgen für Flora, Fauna und die Menschen waren unabsehbar.<br />

Teile Indonesiens verschwanden im Rauch - sogar in Singapur herrschte Smog - die<br />

Menschen litten an Atemwegserkrankungen und die in den Regenwäldern beheimateten<br />

Orang-Utans wurden von den Flammen bedroht (vgl. Scinnex, 2003).<br />

2.2 Tropische Regenwälder<br />

Um in der „grünen Lunge“ Flächen für Plantagen und Weidewirtschaft zu gewinnen, wird<br />

meistens das Feuer eingesetzt. In extremen Trockenzeiten, die durch das El Nino-Phänomen<br />

noch verstärkt werden können, kann es schnell zu unkontrollierten Flächenbränden<br />

kommen. 1997 bis 1998 wurden dadurch alleine in Indonesien ungefähr neun Millionen<br />

Hektar Regenwald zerstört. Besonders schwer betroffen waren <strong>nach</strong> monatelangen Bränden<br />

Borneo und Sumatra. Die Folgen für Flora, Fauna und die Menschen waren unabsehbar.<br />

Teile Indonesiens verschwanden im Rauch - sogar in Singapur herrschte Smog - die<br />

Menschen litten an Atemwegserkrankungen und die in den Regenwäldern beheimateten<br />

Orang-Utans wurden von den Flammen bedroht (vgl. Scinnex, 2003).<br />

Abb 1.: Savannebrand<br />

Abb.2 :Bodenfeuer in Sibirien<br />

Abb.3: Boden- und Kronenfeuer


Abb.4: Feuer in der Savanne<br />

Abb.5 :Buschfeuer in Australien während des El Niño 1997/98<br />

2.3 Eukalyptuswälder Australiens<br />

Die harz- und ölreichen Kiefern und Eukalyptusbäume besitzen anfachende“ Substanzen.<br />

Sie sorgen zudem für Brennmaterial im Baumbestand und am Waldboden, indem sie zusätzlich<br />

noch ihre Rinde abwerfen.<br />

Blätter der Eukalyptusbäume sind so leicht, dass sie von aufsteigenden Winden bis zu 30<br />

Kilometer weit getragen werden können. Das brennende Material kann dann, in bis dahin<br />

noch verschont gebliebenen Gebieten, so genannte „Spot-Brände“ auslösen. Durch dieses<br />

„spotting“ können sich die australischen Buschbrände rasend schnell ausdehnen und sind<br />

schwer in den Griff zu bekommen. Bis zu 400 Hektar werden auf diese Art in einer halben<br />

Stunde zerstört. Zum Vergleich: In einem Nadelwald wird in derselben Zeit gerade mal ein<br />

halber Hektar vernichtet (vgl. Scinnex, 2003).<br />

2.4 Boreale Nadelwälder<br />

Die borealen Waldlandschaften besiedeln weltweit etwa 1,2 Milliarden ha. Mehr als 70%<br />

des Waldes (ca. 900mio ha) liegen in Eurasien, im Wesentlichen auf dem Territorium der<br />

Russischen Föderation. Für die borealen Nadelwälder Alaskas und Kanadas liegen recht<br />

zuverlässige Statistiken über den Umfang der Brände auf. Bei einer steigenden Tendenz<br />

der Brandflächen in den letzten zehn Jahren werden heute jährlich Brände auf Flächen<br />

zwischen 3 und 7 Mio. ha verzeichnet. In Sibirien brennt es jährlich auf bis zu 10 Mio. ha<br />

(vgl. Feuerökologie).<br />

2.5 Mittelmeerregion<br />

Flächenmäßig sind die mediterranen Brände allerdings nicht mit denen in den Tropen oder<br />

Subtropen zu vergleichen. Aber immerhin brechen auch in Europa jährlich 45.000 Waldbrände<br />

aus. Dabei brennt es pro Jahr auf einer Fläche von 600.000 Hektar Land - 60 Prozent<br />

davon sind Buschland, 40 Prozent Waldflächen. Lediglich ein Prozent der Brände sind<br />

auf Blitzeinschläge zurückzuführen. Hauptverursacher ist hier eindeutig die Fahrlässigkeit<br />

des Menschen.<br />

Ein anderer Aspekt weshalb es im Mittelmeerraum verstärkt zu Waldbränden kommt ist,<br />

dass schlichtweg mehr „Brennmaterial“ als früher zur Verfügung steht. Nach der Abwanderung<br />

vieler Landbewohner in die Städte, verwilderte die Vegetation in den ländlichen<br />

Gebieten zusehends. Was früher als Brennmaterial zum Kochen und Heizen diente, liegt<br />

nun ungenutzt im Wald und bietet Nahrung für die Feuer in der Natur (vgl. Scinnex, 2003).<br />

2.6 Alle Kiefernwälder von der Taiga bis in die Subtropen<br />

Die Kiefernwaldlandschaften sind überwiegend durch anthropogene Feuer bedingt. Zunehmender<br />

Siedlungs- und Landnutzungsdruck führen zu einer erheblichen Erhöhung der<br />

Brandhäufigkeit der betroffenen Waldflächen.


Ursachen<br />

In 95 Prozent aller Fälle tragen die Menschen aktiv zum Ausbruch von Waldbränden bei -<br />

sei es direkt oder indirekt, sei es durch Brandstiftung oder durch Fahrlässigkeit. Ausnahme<br />

bilden nur die borealen Wälder (z. B. in Kanada) und die Tundrenlandschaften Russlands<br />

und Alaskas: Dort sind die meisten Waldbrände noch immer ein Naturphänomen. Wer die<br />

natürlichen Feuerzyklen in einer Region verändert, egal, ob er sie erhöht oder reduziert,<br />

greift ganz direkt in die biologische Vielfalt dieses Naturraums ein (WWF, S. 2).<br />

Ursache Mensch<br />

Der Großteil der Vegetationsbrände mit katastrophenartigen Auswirkungen wird durch den<br />

Menschen verursacht.<br />

Viele Wälder werden ganz bewusst in Brand gesteckt, um die dadurch gewonnenen Flächen<br />

als Bauland oder für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen – zum Beispiel für Weidewirtschaft<br />

oder für den Aufbau von Plantagen. Negative Vorreiter dieser Entwicklung sind<br />

zum Beispiel Brasilien (Sojaanbau), Indonesien (Zellstoff, Palmöl), Spanien und Portugal<br />

(Eukalyptus).<br />

Ein weiterer Grund für das Feuerlegen ist der Streit um Landrechte.<br />

Auch die Nutzung der Wälder als Ort der Erholung und Freizeitgestaltung führt häufig zu<br />

Waldbränden: Weggeworfene Zigarettenstummel, Glasscherben oder Lagerfeuer können<br />

verheerend wirken und große Waldflächen vernichten. Bestrafungen und Bußgelder sind<br />

in der Regel sehr gering oder werden erst gar nicht verhängt. Die Sünder werden nur in<br />

seltenen Fällen aufgegriffen.<br />

Von Menschen geschaffene oder stark veränderte Wälder, so genannte Sekundärwälder,<br />

sind von vornherein viel anfälliger für Großfeuer. Grundsätzlich gilt das Prinzip: Je natürlicher<br />

ein Wald, desto eher kann er seinem biologischen Rhythmus folgen und sich selbst<br />

vor Katastrophen wie einem großflächigen und weiträumigen Waldbrand schützen. Durch<br />

falsche landwirtschaftliche Anbauweisen wie Monokulturen und Plantagenwirtschaft steigt<br />

das Risiko für großflächige Waldbrände. In Europa ist dies einer der Hauptgründe für den<br />

Ausbruch großer Feuer.<br />

Natürliche Ursachen<br />

Nur 5 Prozent aller Waldbrände sind auf eine natürliche Entzündung zurückzuführen Dazu<br />

gehören Vulkanausbrüche, hohe Temperaturen, Stürme, Dürreperioden, als auch Blitzeinschläge<br />

(vgl. WWF, S.3).<br />

Es werden immer wieder Brände beobachtet, die ein bis drei Tage <strong>nach</strong> dem Gewitter ausbrechen.<br />

Dann hat der Blitz in der Humusauflage gezündet. Später einsetzender Sonnenschein<br />

und Wind trocknen die vom Gewitterregen nur oberflächig befeuchtete Streuauflage<br />

aus, und die tiefer schwelende Glut kann <strong>nach</strong> oben durchbrennen.<br />

Ist ein Brand erst einmal ausgelöst, können noch zusätzliche Faktoren hinzukommen, die<br />

den weiteren Verlauf der Feuerwalzen verstärken. Das wohl wichtigste und gefährlichste<br />

natürliche Element ist der Wind. Wind versorgt das Feuer mit zusätzlichem Sauerstoff und<br />

treibt die Flammen vor sich her. Lokale Winde, wie der Föhn, können die Ausbreitung eines<br />

Waldbrandes auch weiter beschleunigen. Die dabei entstehenden Wirbel und Turbulenzen<br />

reißen die Glut in die Luft oder heizen das Feuer wie mit einem Blasebalg an. Außerdem<br />

erzeugen Feuerstürme ihr eigenes Windsystem, das den Brand lange Zeit in Gang hält. Die<br />

ab einer bestimmten Temperatur ausgelösten Feuerstürme sind ein Phänomen, das mit<br />

enormer zerstörerischer Urgewalt durch den Wald fegt (vgl. Scinnex,2003).<br />

Abb.6: Blitzeinschlag


Abb.7:Waldbrand<br />

Auswirkungen<br />

Die Auswirkungen von Waldbränden auf die Natur haben zwei Seiten: Einerseits vernichten<br />

die schwer aufzuhaltenden Feuerwalzen Tausende von Hektar Wald- und Buschfläche.<br />

Andererseits sind Waldbrände nicht nur alles zerstörende Feuer, denn sie können auch<br />

neues Leben mit sich bringen.<br />

Negative Auswirkungen<br />

Die negativen Konsequenzen eines Waldbrands können sein:<br />

• Erosion, Wüstenbildung und Wasserknappheit;<br />

• unnatürliche Veränderung der Artenzusammensetzung;<br />

• Artenverlust und Verlust der biologischen Vielfalt durch falsche Wiederauffors<br />

tung, Monokulturanbau und Plantagenschaffung;<br />

• negative Auswirkungen auf die Atmosphäre durch Gas- und Partikelemission<br />

und durch gestiegenen Kohlendioxidausstoß;<br />

• Verlust von landwirtschaftlich genutzten Flächen;<br />

• negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit (vgl. WWF, S.3).<br />

Jeder Waldbrand befördert eine gigantische Menge an Aerosolen - winzigen Staub- und<br />

Rauchpartikeln - in die Atmosphäre. Manche Wissenschaftler vermuten, dass die Aerosole<br />

für eine Aufheizung der Atmosphäre sorgen könnten, da die Wärme der Erde unter einer<br />

Dunstglocke festgehalten wird. Andere gehen eher von einer abkühlenden Wirkung aus, da<br />

die Partikel das auf die Erde fallende Sonnenlicht vermehrt reflektieren.<br />

Nach den schweren Waldbränden in Indonesien (1997) wurde ein ungewöhnlich hoher<br />

Anstieg des Kohlendioxid-Gehalts in der Atmosphäre festgestellt. Wie Wissenschaftler herausgefunden<br />

haben, war die Zunahme des CO2-Gehalts zwischen 1997 und 1998 rund<br />

doppelt so stark wie in den Jahren zuvor. Ein großer Teil könnte auf die Brände in Südostasien<br />

zurückzuführen sein, so die Forscher (Scinnex, 2003).<br />

Die Brände in den tropischen Regenwäldern Südostasiens im Jahr 1997 führten zu einem<br />

so genannten „Haze“, einem Dunstschleier, der wochenlang über der ganzen Region hing.<br />

Der Rauch der Brände vermischte sich vor allem in den Metropolen mit den Auto- und<br />

Industrieabgasen und konnte durch fehlende Winde nicht aufs offene Meer abdriften. Der<br />

Smogindex erreichte teilweise gefährliche Höhen von fast 840 (gesundheitsgefährdend<br />

sind Werte zwischen 301 bis 500). Die Folgen waren Atemwegserkrankungen der Bevölkerung<br />

und sogar der Absturz eines Verkehrsflugzeuges (vgl. Scinnex).<br />

Positive Auswirkungen<br />

In der Regel werden Waldbrände als zerstörerische Naturkatastrophe gewertet, doch sie<br />

können auch positive Auswirkungen haben. Sie dienen der Regulierung der natürlichen<br />

Pflanzenabfolge und Samenverteilung und des natürlichen Vorkommens von Brennmaterial.<br />

Des Weiteren tragen sie zur Kontrolle von Alter, Struktur und Artenzusammensetzung<br />

der Vegetation bei. Außerdem regulieren die Waldbrände die Ausbreitung von Insekten und<br />

von Krankheiten verbreitenden Arten und auch den Nährstoffhaushalt (vgl. WWF, S.2).<br />

Für die Natur sind Wald- und Buschbrände oft ein unersetzlicher und erneuernder Faktor,<br />

und viele Ökosysteme haben sich nahezu perfekt an die regelmäßigen und natürlich<br />

vorkommenden Feuer angepasst. Schon <strong>nach</strong> kurzer Zeit erholt sich die Vegetation und<br />

erwacht zu neuem Leben.


Feuerunterdrückung<br />

Bei einem Vergleich zwischen Südkalifornien und Mexiko gab es zahlreiche und kleine<br />

Feuer in Mexiko, während die in den Vereinigten Staaten weniger, aber dafür von größerem<br />

Ausmaß waren. Die Klimabedingungen beider Regionen sind gleich, aber in Mexiko laufen<br />

im Gegensatz zu den USA kaum Maßnahmen zur Feuerunterdrückung. Vor allem im 20.<br />

Jh. wurden alle aufkommenden Brände sofort gelöscht, falls sie in bevölkerungsreichen<br />

Gebieten der USA auftraten. Die Feuerunterdrückung hat es den Büschen und Bäumen erlaubt,<br />

über weite Bereiche ausufernd zu wachsen und zu überaltern. Regelmäßigere Feuer<br />

hingegen schaffen auch Bereiche mit spärlicher und niederwüchsiger Vegetation, die natürlicherweise<br />

zu weniger und moderateren Feuern führt. Falls die Vegetation über solche<br />

natürlichen Brände gepflegt wird, werden viele Flächen auch bei Ausbruch eines Feuers<br />

nicht brennen, da sie noch nicht bereit dazu sind. Ein Großbrand hat dann oft nur <strong>nach</strong><br />

langjährigen Dürreperioden eine Chance. In den letzten Jahren haben sich die Präventionsmaßnahmen<br />

in eine andere Richtung entwickelt. Statt Feuerunterdrückung werden kleinere<br />

Brände gezielt gelegt und die Vegetation so kontrolliert abgebrannt. Diese „prescribed<br />

fires“ sollen helfen, das natürliche Gleichgewicht der Feuerökosysteme wieder herzustellen<br />

(vgl. Grüninger, S. 34).<br />

6.Feuerexperimente<br />

Im Krüger Nationalpark werden seit mehr als 20 Jahren Feuerexperimente mit kontrolliert<br />

gelegten Bränden durchgeführt. Um ein optimales Feuermanagement zu entwickeln, werden<br />

auf verschiedenen Flächen in wechselnden Abständen und zu unterschiedlichen Jahreszeiten<br />

Brände gelegt. Auch hier in der Savanne erweisen sich die wiederkehrenden kleinen<br />

Feuer als effektivste Methode um große Brände zu verhindern. Allerdings werden die<br />

gezielten Feuer nicht in einem bestimmten Rhythmus angezündet, sondern sind abhängig<br />

von der Biomasse pro Hektar. Wird das Gewicht von vier Tonnen überschritten, lassen die<br />

Wissenschaftler den Flammen freien Lauf (Scinnex, 2003).<br />

Abb.8: Chaparral am Lake Hemet in den San Jacinto Mountains,<br />

Kalifornien. Der auf ca. 1400mü. d.M. gelegene See gehört zu<br />

den gut besuchten Naherholungsgebieten (Angeln, Wandern,<br />

Camping) im Großraum Los Angeles–Palm Springs. Im linken<br />

Bildhintergrund ein jüngst abgebrannter Bereich.<br />

Abb.6: Blitzeinschlag


Abb.10: Buschfeuer in Australien Die Häufigkeit von Buschfeuern ist unterschiedlich, sie nimmt zum Landesinneren hin ab. Etwa alle<br />

drei Jahre entstehen Buschfeuer im Küstengebiet.<br />

Abb.11: Südoste Australiens - Fast 20 Brände wüten im Bundesstaat Victoria.<br />

Fallbeispiele<br />

7.1 Australien<br />

Australien gilt als der heißeste und trockenste<br />

bewohnte Kontinent der Erde. Waldbrände<br />

sind in Südaustralien eine solche Selbstverständlichkeit,<br />

dass sie sogar in den<br />

dortigen Atlas Aufnahme gefunden haben.<br />

Eine leicht entzündbare Vegetationsdecke<br />

und gelegentlich auftretende sommerliche<br />

Wetterkonstellationen mit hoher Temperatur,<br />

niedriger Luftfeuchtigkeit und Starkwind<br />

enthalten die Entstehungsbedingungen für<br />

mögliche Katastrophen. In jedem Sommer<br />

ereignen sich dort schwere Waldbrände,<br />

und während hunderte kleinerer Ausbrüche<br />

von den lokalen Feuerwehren erfolgreich<br />

eingedämmt werden, bewirken manchmal<br />

die vereinten Effekte des Wetters und der<br />

Zustand der brennbaren Vegetation Feuersbrünste<br />

von solcher Stärke und schneller<br />

Ausbreitung, dass die Feuerwehren<br />

machtlos sind, sie einzudämmen.<br />

Besonders heiße und trockene Tage mit<br />

Nordwinden bringen jedes Jahr für die<br />

Wälder des Südens von Australien - etwa<br />

südlich einer Linie von Perth über Adelaide<br />

bis Brisbane - akute Waldbandgefahren<br />

mit sich. Innerhalb weniger Stunden steigen<br />

durch trockene Wüstenwinde die Temperaturen<br />

in Sydney, Melbourne, Adelaide oder<br />

Perth von angenehmen Nachttemperaturen<br />

zwischen 15 und 20 C auf Werte nahe oder<br />

über 40 C. Wenn sich dieser Effekt an mehreren<br />

Tagen wiederholt und es zuvor unterdurchschnittlich<br />

wenige Niederschläge gab,<br />

steigt die Gefahr von Buschfeuern dramatisch<br />

(Geipel, S.173).


URSACHEN<br />

Mit markanten Vorwürfen sieht sich die<br />

Holzindustrie konfrontiert. Immer mehr<br />

Land wird für Baumplantagen verwendet.<br />

Dabei hat die Industrie auch viele Flächen<br />

im Auge, die jetzt von Buschfeuern zerstört<br />

wurden. Die Vermutung ist, dass große<br />

Plantagengebiete eine weitaus größere Gefahr<br />

darstellen könnten als ein gut geführter<br />

Nationalpark. In Canberra und dem nordöstlichen<br />

Victoria wurden Tausende Hektar<br />

von Plantagenwäldern durch die diesjährigen<br />

Buschfeuer zerstört.<br />

Eine weitere Ursache ist El Niño .El Niño ist<br />

eine Klimaanomalie im Pazifikraum, die zu<br />

einer Umkehrung der normalen Wettersituation<br />

in zwei- bis siebenjährigem Abstand<br />

führt. Es wird verursacht durch eine Verschiebung<br />

der atmosphärischen Zirkulation,<br />

zum Beispiel die Brände im Dezember<br />

1997 in New South Wales und Victoria rund<br />

200.000 Hektar Buschland vernichteten,<br />

breiteten sich <strong>nach</strong> einer von El Niño verursachten<br />

extremen Dürreperiode aus.<br />

Der australische Wald wird dominiert durch<br />

Eukalypten und Akazien. Insbesondere erstere<br />

haben einen hohen Anteil brennbarer<br />

ätherischer Öle in ihren Blättern. Das abgefallene<br />

Laub von Eukalypten braucht zirka<br />

6 Jahre um zu kompostieren - das heißt,<br />

es steht wesentlich länger als „Zunder“ auf<br />

dem Waldboden zur Verfügung. Abgefallene<br />

Rindenreste der Eukalypten bieten dem<br />

Feuer zusätzliche Nahrung.<br />

Feuer treffen sehr häufig besiedelte Gebiete,<br />

es wurden sogar ganze Ortschaften<br />

vom Feuer zerstört. Die wirtschaftlichen<br />

Schäden sind enorm und so lange die<br />

Städte wachsen und Siedlungen direkt an<br />

den Wald angrenzen oder mitten im Wald<br />

angelegt werden, wird diese Gefahr auch<br />

weiterhin bestehen bleiben. Zusätzliche<br />

Gefahr geht von der Bauweise aus, die sich<br />

in Australien durch leicht brennbare Baumaterialien<br />

auszeichnet und der enormen<br />

Hitzeentwicklung meist nicht standhält.<br />

Abb.:12 Waldbrand in Australien 2006<br />

Abb.13: Waldbrände in Australien 1998


Abb.14. Australien 2002<br />

Große Waldbrände in Australien<br />

Australien hat eine lange Geschichte von<br />

schweren Buschbränden. So forderten<br />

Brände auf Tasmanien 1967 62 Menschenleben<br />

und zerstörten mehr als 1.400<br />

Gebäude. In Victoria und South Australia<br />

kamen 1983 am so genannten „Ash Wednesday“<br />

70 Menschen ums Leben, ganze<br />

Siedlungen wurden zerstört.<br />

Nach den Waldbränden im 1983 zahlte die<br />

Landesregierung den betroffenen Hausbesitzern<br />

eine Entschädigung und begann die<br />

Organisation der Feuerwehren zu verbessern.<br />

Eine Notstands-Feuerwehr-Organisation<br />

wurde als Zweig des Polizeidepartments<br />

eingerichtet und vermittelte Ausbildung und<br />

Ausrüstungen für die freiwillige Feuerwehr<br />

der ländlichen Gebiete (Geipel, S.173).<br />

Die Brände, die im Dezember 1997 in New<br />

South Wales und Victoria rund 200.000<br />

Hektar Buschland vernichteten, breiteten<br />

sich <strong>nach</strong> einer von El Niño verursachten<br />

extremen Dürreperiode aus. Im Januar<br />

2002 erlebte die Region um Sydney die<br />

längste und intensivste Buschbrandkatastrophe<br />

in der australischen Geschichte.<br />

650.000 Hektar Wald und Farmland verbrannten,<br />

Versicherungen schätzten den<br />

Gesamtschaden auf rund 40 Millionen Euro.<br />

Wissenschaftler warnen für die Zukunft vor<br />

weitaus schlimmeren Brandkatastrophen<br />

angesichts extremer Trockenheit.<br />

Neue Vorschriften des Planungsrechtes haben<br />

ab Früjahr1986 den Gemeinderäten in<br />

stark feuergefährdeten Gebieten eine größere<br />

Kontrollmöglichkeit über Lage, Design<br />

und Baumaterial neuer Häuser gegeben<br />

(Geipel, S. 175). Leider halten sich die Australier<br />

nicht daran.


7.1. Brand in der Lüneburger Heide 1975<br />

Der Brand in der Lüneburger Heide bezeichnet<br />

eine Waldbrandkatastrophe aus<br />

dem Jahr 1975 in der südlichen Lüneburger<br />

Heide. Es war der bisher größte Waldbrand<br />

in der Bundesrepublik Deutschland. Begünstigt<br />

wurde der Brand durch eine lang<br />

anhaltende Trockenperiode mit heißem<br />

Sommerwetter und ausgetrocknete Nadelwälder.<br />

Chronologie der Katastrophe<br />

Am 8. August 1975 geriet ein Flächenbrand<br />

nahe der Ortschaft Stüde in der Südheide<br />

außer Kontrolle. Das Feuer breitete sich<br />

schnell weiter aus und übersprang den<br />

Elbe-Seitenkanal. Neben dem Wald- und<br />

Moorbrand zwischen Stüde und Neudorf-<br />

Platendorf brachen in den Folgetagen<br />

weitere Brände im Landkreis Gifhorn und<br />

Landkreis Celle aus, die nur schwer einzudämmen<br />

waren.<br />

Insgesamt wurden 160 Feuer gezählt und<br />

es entstand ein Gesamtschaden von 50- 55<br />

Millionen DM. 15 Gebäude wurden beschädigt<br />

und fünf Feuerwehrmänner kamen bei<br />

Löscharbeiten ums Leben.<br />

Zeitweise waren rund 32.600 Einsatzkräfte<br />

und 4000 Einsatzfahrzeuge mit den<br />

Löscharbeiten beschäftigt.<br />

In dem betroffenen Gebiet werden ca. 80%<br />

der bewaldeten Fläche aus Kiefernbeständen<br />

auf trockenem Sandboden gebildet.<br />

Extreme Witterungsbedingungen in diesem<br />

Sommer verschärften die Situation noch<br />

zusätzlich. Seit Mai herrschten in der Region<br />

extreme Temperaturen und es gab so<br />

gut wie keinen Niederschlag.<br />

Zur Zeit des Brandausbruches lag die relative<br />

Luftfeuchte bei nur 20 Prozent. Dazu<br />

kamen noch zum Teil böige Winde.<br />

Auch gab es einige organisatorische Probleme.<br />

Durch die schon seit Monaten<br />

andauernde Hitze herrschte ein akuter<br />

Löschwassermangel. Außerdem waren die<br />

natürlichen Löschwasserentnahmestellen<br />

viel zu weit von den Brandstellen entfernt.<br />

Abb.15: Die größeren Brände vom August 1975 im Regierungsbezirk Lüneburg<br />

Abb.16: Junge Kiefernbestände bildeten ein hohes Waldbrandrisiko


Abb.17: Die Karte zeigt die Ausstattung der Landkreise mit Tanklöschfahrzeugen im Jahre 1975 und im Jahre 2000<br />

Abb.18: Pilot, Feuerwehr- und Forstmann besprechen den Flugplan<br />

Folgen<br />

Als Folge der Brandkatastrophe ist der<br />

Brandschutz in der Lüneburger Heide, aber<br />

auch deutschlandweit, wesentlich verbessert<br />

worden.<br />

Die Zahl der speziell für Wald- und Flächenbrände<br />

ausgestatteten Tanklöschfahrzeuge<br />

wurde deutlich erhöht und Außenbehälter<br />

für den Löscheinsatz von Hubschraubern<br />

wurden beschafft.<br />

In den unzugänglichen Wald- und Heidegebieten<br />

wurden befestigte Zufahrtswege<br />

ausschließlich für schwere Löschfahrzeuge<br />

angelegt. An in den Wald- und Heidegebieten<br />

liegenden Gewässern wurden<br />

Löschwasser-Entnahmestellen angelegt.<br />

Dort wo offene Gewässer fehlen, wurden<br />

ausgediente Heizöltanks zu Löschwasser-<br />

Vorratstanks umgebaut und in die Erde<br />

verlegt. In den Sommermonaten übernimmt<br />

mittlerweile ein Feuerwehr-Flugdienst die<br />

Überwachung der weitläufigen Wald- und<br />

Heideflächen aus der Luft. Wald- oder Flächenbrände<br />

werden gegebenenfalls geortet<br />

und an die Leitstelle gemeldet. Einsatzfahrzeuge<br />

können zudem aus der Luft an die<br />

Brandstelle dirigiert werden.


Waldbrände in Galizien<br />

Verglichen mit dem übrigen Spanien wird Galicien jedes Jahr im Sommer von überdurchschnittlich<br />

vielen Waldbränden heimgesucht.<br />

Im Jahr 2006 erreichten die Brände einen vorläufigen Höhepunkt. Nach amtlichen Angaben<br />

verbrannten innerhalb von zwei Wochen Anfang August ca. 70.000 Hektar Wald und<br />

Buschland. Insgesamt wurden über 1.600 Brandherde gezählt.<br />

Die spanische Regierung musste die Europäische Union um Hilfe bitten, da es mit den in<br />

Spanien zur Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich war die Brände zu stoppen.<br />

Bei diesen Feuern kamen auch Menschen zu Schaden (4 Tote) und Häuser wurden zerstört.<br />

Durch den unermüdlichen Einsatz von unzähligen freiwilligen Helfern konnte ein<br />

Übergreifen auf ganze Städte verhindert werden.<br />

Bis auf einzelne Häuser musste nicht evakuiert werden. In der Regionalhauptstadt Santiago<br />

verhinderte ein Wechsel der Windrichtung, dass die Feuer auf den Flughafen übergriffen.<br />

Der Rauch der brennenden Wälder führte zu einem erheblichen Smog an der Küste, zeitweise<br />

mussten deshalb sogar Straßen gesperrt werden. Der Gesamtschaden wird allein<br />

2006 auf 500 Mio. Euro geschätzt.Galizien ist im Vergleich zum restlichen Spanien sehr<br />

regenreich und feucht. Aus diesem Grund verwundern die zahlreichen Brände eigentlich.<br />

Jedoch sind die Wälder Galiciens großteils Monokulturen aus Eukalyptus und Nadelgehölzen,<br />

die besonders leicht entflammbar sind. Die Wälder gelten auch als „ver<strong>nach</strong>lässigt“,<br />

das heißt nur mangelhaft bewirtschaftet und gepflegt. Viel nicht entferntes, trockenes Unterholz<br />

trägt zur Ausbreitung von Feuern bei.<br />

Neben natürlichen Bränden durch Blitzschlag oder Selbstentzündung bei Hitze sind jedoch<br />

viele Brände auf Brandstiftung zurückzuführen.<br />

Das Hauptmotiv für Brandstiftung in Galizien sind Bodenspekulationen. Aus diesem Grund<br />

ist Anfang 2006 das so genannte Berggesetz in Kraft getreten, wo<strong>nach</strong> es 30 Jahre lang<br />

<strong>nach</strong> einem Brand unmöglich ist, den abgebrannten Wald als Bauland oder für die Landwirtschaft<br />

zu nutzen. Dass oft Wälder in unmittelbarer Stadtnähe angezündet werden, weist<br />

aber auf Spekulationsinteressen hin. Denn trotz Berggesetz haben die Gemeinden viele<br />

Möglichkeiten, die Flächen umzuwandeln.<br />

Auch Ablenkungsmanöver von Drogendealern, die ihre Geschäfte gern über Galicien abwickeln,<br />

werden gern als Begründung genannt.<br />

Auch wurden schon Feuerwehrleute der Brandstiftung überführt, da die meist privaten Feuerwehren<br />

Prämien für Einsätze bekommen.<br />

Schließlich kommen auch u<strong>nach</strong>tsam weggeworfene Zigarettenkippen und Grillfeuer mitunter<br />

als Ursachen in Betracht.<br />

Die Vielfalt der Ursachen macht eine wirkungsvolle Bekämpfung bzw. Prävention sehr<br />

schwierig. In der Bevölkerung allerdings haben die sehr starken Feuer 2006 einen Umdenkprozess<br />

eingeleitet. Man besinnt sich mehr und mehr des ökologischen und ökonomischen<br />

Werts der Wälder.<br />

Insbesondere die galicischen Brände haben zur Annahme einer Entschließung des Europäischen<br />

Parlaments am 6. September 2006 geführt, die von einer franktionsübergreifenden<br />

Gruppe von Parlamentariern eingebracht wurde. Darin wird die EU-Kommission u.a.<br />

aufgefordert, für eine <strong>nach</strong>haltige Entwicklung der Wälder Europas Sorge zu tragen sowie<br />

Maßnahmen zur Prävention von Waldbränden und Überschwemmungen zu entwickelt und<br />

besser zu koordinieren.<br />

Abb.19: Satellitenaufnahme des betroffenen Gebietes<br />

Abb.20: Einer vielen freiwilligen Helfer<br />

Abb.21: Gefährdete Wohngebiete


Abb.22: Waldbrandgefahrenprognose für Deutschland<br />

Abb.23: Waldriegel<br />

Abb.24: Beimischung<br />

Prävention<br />

Durch frühzeitige Waldbrandschutzerziehung von Kindern können ein großer Teil der<br />

durch fahrlässige Brandstiftung verursachten Waldbrände verhindert werden. In den USA<br />

zum Beispiel wird der SMOKEY-Bär als Sinnbild für den Waldbrandschutz eingesetzt (Lex<br />

1996).<br />

Die meisten Waldbesucher leben in großen Gemeinden oder Städten und sind meist mit<br />

einem ungebändigten Feuer in der Natur und der Einschätzung der tatsächlichen Gefahren<br />

kaum noch vertraut.<br />

Daher sollten zu den gefährdeten Zeiten im Jahr entsprechende Berichte in der Presse<br />

oder Hinweise im Verkehrsfunk veröffentlich werden, die auf das richtige Verhalten im<br />

Wald, auch als Autofahrer, aufmerksam machen.<br />

Warnschilder an Straßen in besonders gefährdeten Waldgebieten, auf Zeltplätzen und<br />

Gaststätten im Wald, die unter anderem auf die aktuelle Gefahrenstufe und den nächsten<br />

Fernsprechanschluss hinweisen, sind weitere Maßnahmen für eine vorbeugende Aufklärung.<br />

Während der Waldbrandsaison in Deutschland stellt der Deutsche Wetterdienst täglich<br />

aktualisierte Waldbrandgefahrenprognosen für Deutschland bereit. Die Berechnung der<br />

Waldbrandgefahr erfolgt auf der Basis des M-68-Modells. Die Waldbrandwarnstufen I bis<br />

IV werden an amtlichen meteorologischen Daten wie relative Luftfeuchte, Temperatur, Niederschlag<br />

und Wind, sowie einem dem Zustand der Vegetation entsprechenden Vegetationsfaktor<br />

unter Berücksichtigung der jeweiligen Waldbrandgefahrenklasse des betreffenden<br />

Gebietes bestimmt. Die Treffsicherheit dieses Modells liegt bei ca. 95%.<br />

In den meisten Wäldern gibt es Geländeteile, die ein Feuer aufhalten können, weil ihre<br />

Oberfläche gar nicht oder nur selten brennt, wie zum Beispiel Wasserflächen, Äcker, Wiesen,<br />

Weiden und feuchte Bruchwälder. Man kann diese natürlichen Feuerriegel durch technische<br />

und waldbauliche Maßnahmen ergänzen.<br />

Bei dem Aufästen von Kiefernstangenhölzern werden auf drei bis vier Meter Höhe Äste entfernt<br />

und alles trockene Material vom Boden entfernt. Verbessert wird dieser Riegel wenn<br />

er durch einen Wundstreifen zum Hauptbestand hin unterbrochen wird.<br />

Waldbauliche Maßnahmen sind langfristig wirkungsvoller, jedoch auch mit hohen Kosten<br />

verbunden. Durch die Beimischung von Buche und Eiche zur Kiefer wird der Wuchs von<br />

Gras und Heide gehemmt und verleiht dem Bestand eine erheblich größere Widerstandskraft<br />

gegen Feuer.<br />

Durch das Anlegen von Kunststrassen und andere Wege im Wald wird die brennbare Bodendecke<br />

unterbrochen, so dass sie als Riegel wirken. Alle Waldwege dienen im Brandfall<br />

zugleich der Heranführung von Löschkräften.<br />

Neben den natürlichen Löschwasserentnahmestellen wie Seen, Teichen, größeren Bächen<br />

und Flüssen können mit technischen Mitteln zusätzliche Löschwasserstellen geschaffen<br />

werden. Es können künstliche Staus, Teiche, Zisternen oder Brunnen angelegt werden.<br />

Der Bau von Löschteichen ist relativ aufwendig, da sie mit einer künstlichen Dichtung versehen<br />

werden müssen.<br />

Wesentlich einfacher und kostengünstiger ist der Bau von Löschwasserbehältern, für die<br />

man zum Beispiel ausgesonderte Heizölbehälter nutzen kann.<br />

Neben den Löschwasserstellen für den Einsatz bodengebundener Löschkräfte müssen<br />

auch solche für das Befüllen von Agrarflugzeugen und Löschwasser-Außenbehältern von<br />

Hubschraubern erkundet beziehungsweise angelegt werden.<br />

Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist eine gute Planung.


Brandbekämpfung<br />

9.1 Definition des Begriffs<br />

Allgemein wird die Brandbekämpfung als<br />

das Löschen von Schadensfeuern definiert.<br />

Dabei kommen verschiedene Methoden<br />

zur Anwendung, die zur Unterbrechung der<br />

Feuerreaktion führen.<br />

9.2 Chemischer Prozess<br />

Die Feuerreaktion ist eine stark exotherme<br />

Redoxreaktion mit Flammenerscheinung.<br />

Organische Materialien werden unter Sauerstoffüberschuss<br />

zu Kohlendioxid und<br />

Wasser oxidiert. Um brennen zu können<br />

braucht ein Feuer nötiger weise drei Voraussetzungen:<br />

Brennstoff, Hitze und Sauerstoff. Um das<br />

Feuer zu löschen kann man den Nachschub<br />

einer der drei Konditionen unterbinden.<br />

Dieser einfache Zusammenhang wird durch<br />

das Verbrennungsdreieck dargestellt.<br />

9.3 Entfernen des Brennstoffes<br />

Schneisen und Erdwälle können das Feuer<br />

von neuem Brennstoff abschneiden und so<br />

die unkontrollierte Ausbreitung des Feuers<br />

verhindern. Die Unterbrechung der bodennahen<br />

Vegetation kann in vielen Fällen einen<br />

Brandübertrag begrenzen. Präventiv<br />

können durch diese Maßnahmen große<br />

Bereiche in kontrollierbare Brandabschnitte<br />

unterteilt werden.<br />

Abb.25: Abb. bb 25 25: VVerbrennungsd Verbrennungsdreieck<br />

b dreiieck k<br />

Abb.26: Brandschneise


Abb.27: Löschangriff<br />

Abb.28: Canadair CL-415<br />

Löschverfahren<br />

10.1 Abkühlung des Feuers<br />

Die geläufigste Methode der Brandbekämpfung ist der Einsatz von Löschwasser in seiner<br />

Anwendungsvielfalt.<br />

Grundsätzlich werden zwei Vorgehensweisen unterschieden:<br />

Eine Möglichkeit der Bekämpfung eines Brandes mit Löschwasser ist der von Feuerwehrtrupps<br />

durchgeführte Innenangriff. Auf diese Weise wird ein Großteil der Löscharbeiten<br />

verrichtet. Bei unzugänglichen Brandherden und großflächigen Bränden wird ein Außenangriff<br />

mit Flugzeugen oder Hubschraubern durchgeführt. Diese können große Mengen von<br />

Löschwasser abwerfen. Der Einsatz ist jedoch von Landungsmöglichkeiten und entsprechenden<br />

Löschwasserreservoirs abhängig.<br />

10.2 Ersticken der Flammen<br />

Die Flammen werden durch einen geschlossenen Löschmittelteppich werden erstickt. Bei<br />

Löschwassermangel und bodennahen Bränden werden auch Schäume zum überdecken<br />

der Brandfläche genutzt werden.<br />

In Innenräumen und stark gefassten Außenräumen kann der Sauerstoff durch Gase oder<br />

Gasgemische verdrängt.<br />

10.3 Antikatalytische Wirkung<br />

Antikatalytische Wirkung ist das chemische Entfernen der freien Radikale aus der Brandreaktion.<br />

Neben der homogenen Inhibition, also der Injektion des Feuers mit Gasen, wird<br />

auch der Wandeffekt von Löschpulver für diese Löschmethode herangezogen. Bei Großbränden<br />

ist diese Methode nicht nutzbar, da die entsprechenden Löschmittelmengen sehr<br />

teuer sind.


Präventiver Brandschutz<br />

11.1 Organisatorischer Brandschutz<br />

Alarmpläne sind die Grundlage für ein<br />

schnelles Ausrücken der Einsatzkräfte.<br />

Eine Rettungsleistelle koordiniert die Einsätze.<br />

Durch verschiedene Meldestufen in<br />

der Alarmierungshierarchie kann auf eine<br />

Vielzahl verschiedener Ereignisse entsprechend<br />

reagiert werden. Die Alarmierung<br />

der lokalen Bevölkerung funktioniert über<br />

Alarmsirenen.<br />

Die Einteilung des Gebiets in Sendebereiche<br />

stellt sicher, dass die Bevölkerung mit<br />

Hilfe der Radiostationen rechtzeitig gewarnt<br />

werden kann.<br />

Rettungspläne zeigen die Fluchtwege innerhalb<br />

von Gebäuden auf, so dass eine<br />

schnelle Orientierung im Brandfall möglich<br />

ist. Auch im großen Maßstab werden solche<br />

Pläne erstellt, damit die betroffene Bevölkerung<br />

im Ernstfall schnellstmöglich evakuiert<br />

werden kann. In ihnen enthalten sind die<br />

Evakuierungswege und deren Alternativen,<br />

so wie Sammelpunkte und Notunterkünfte<br />

für die Betroffenen.<br />

Brandabwehrpläne und Brandeinsatzpläne<br />

dienen der Koordinierung der Einsatztrupps.<br />

In ihnen sind Durchfahrtswege,<br />

Wendemöglichkeiten, Löschwasserstellen<br />

und Sammelplätze vermerkt.<br />

Abb.32: Musterrettungsplan<br />

Abb.29: Alarmplan Wien<br />

Abb.27: Löschangriff<br />

Abb.30: Sendebereiche New York Abb.31: Fluchtweg Forschungszentrum Jülich<br />

Abb.33: Hydrantenplan Goldelund<br />

Abb.34: Feuerwehrplan Altenheim St. Antonius


11.2 Städtebaulicher Brandschutz<br />

Gefährliche Infrastruktureinrichtungen, wie Kraftwerke und Hochspannungsleitungen sind<br />

außerhalb der Siedlungsflächen anzulegen, um die Brandgefahr zu vermindern.<br />

Die Wasserversorgung, sowie das angeschlossene Hydrantennetz werden feuerfest ausgeführt,<br />

damit der Löschwasser<strong>nach</strong>schub gewährleistet ist. Dies geschieht meist durch<br />

eine unterirdische Anlage mit ausreichender Tiefe. Schneisen in der Bebauung durch große<br />

Infrastruktureinrichtungen wie Straßen und Bahnlinien können die Gefahr eines Brandüberschlags<br />

in bedeutendem Maße verringern.<br />

Auch größere Grünzonen und –streifen können innerstädtische Brände an ihrer Ausbreitung<br />

hindern. Bei der Bepflanzung ist darauf zu achten, dass bevorzugt feuerresistentere<br />

Arten zum Einsatz kommen. Sie zeichnen sich durch eine tiefe Verwurzelung, eine hohe<br />

Verholzung und schwer entzündliches Blattwerk aus. Um das Vorrücken der Feuerwehr<br />

zum Einsatzort zu gewährleisten sind Zufahrtsmöglichkeiten in Form von Feuerwehrzufahrten<br />

vorzusehen. Dazu ist die Einhaltung der Durchfahrtsbreiten und –höhen auch im<br />

Straßenraum notwendig. Die Straßennetze sollen gut verknüpft sein und alternative Wege<br />

zulassen.<br />

Die Evakuierungswege aus dem Siedlungsgebiet sind so anzulegen, dass sie auch <strong>nach</strong><br />

Eintritt eines Brandes noch passierbar sind. Mit der Anlage mehrerer Evakuierungswege<br />

kann eine sichere Fluchtmöglichkeit auch erhalten bleiben, wenn eine der Ausfallstraßen<br />

von dem Ereignis betroffen ist. Die Durchführung von entsprechenden Übungen kann die<br />

Zeiträume für eine Evakuierung im Ernstfall erheblich verkürzen. Um diese präventiven<br />

Effekte nutzen zu können ist eine vorausschauende Regional- und Siedlungsplanung nötig.<br />

Auf dieser Ebene können Brandschutzinteressen in die entsprechenden Planungsprozesse<br />

eingebracht werden. So kann <strong>nach</strong> der Erstellung von Risikokarten in den gefährdeten<br />

Gebieten eine Bebauung untersagt beziehungsweise die oben genannten Maßnahmen<br />

durchgeführt werden.<br />

11.3 Zivile Infrastruktur<br />

Die Einrichtung einer ausreichenden Anzahl von strategisch positionierten Feuerwachen ist<br />

die Grundlage für die Brandabwehr. Zur Einhaltung kurzer Einsatzzeiten und zur Unterstützung<br />

der Berufsfeuerwehr werden kleinere Feuerwachen von der Freiwilligen Feuerwehr<br />

betrieben.<br />

Krankenhäuser und Sanitätsdienste stellen die Versorgung der Betroffenen sicher. Durch<br />

das Ausweisen von Sammelstellen und Notherbergen, wie z.B. Turnhallen wird die Evakuierung<br />

erleichtert.<br />

11.4 Konstruktiver Brandschutz<br />

Ein effektiver Brandschutz muss allgemein verbindlich sein und um seine Einhaltung sicherzustellen<br />

gesetzlich festgelegt werden. Die Überwachung des Bauprozesses durch die<br />

Bauleitung stellt die korrekte Ausführung der entsprechenden Arbeiten sicher.<br />

In Deutschland herrscht ein vorbildlicher Brandschutz. Deshalb wird an dieser Stelle ein<br />

Überblick über die wichtigsten Regelungen hierzulande am Beispiel der bayrischen Bauordnung<br />

gegeben.


11.5 Vorgaben<br />

Die Abstandsflächen werden entsprechend der Gebäudehöhe ausgebildet. Bis zu einem<br />

Winkel von 75° dürfen diese Flächen keine Überlagerungen bilden. Ab diesem Grenzwinkel<br />

sind Überlappungen zulässig. Mindestabstand ist im Normalfall 3m. Bei leicht entzündlichen<br />

Dachdeckungen beträgt der Mindestabstand 5m.<br />

Im Bauprozess verwendete Materialien werden <strong>nach</strong> ihrem Feuerwiderstand in bestimmte<br />

Baustoffklassen unterteilt. Diese sind:<br />

A nicht brennbare Baustoffe<br />

A1 keine brennbaren Teile: Stein, Mörtel, Beton, Stahlbeton, Mineralien, Erden und aus<br />

ihnen gefertigte Produkte<br />

A2 in geringem Umfang brennbare Teile: Gipskartonplatten<br />

B brennbare Baustoffe<br />

B1 schwer entflammbare Baustoffe: Holzwolleleichtbauplatten, PVC-Rohre, Gussasphalt<br />

B2 normal entflammbare Baustoffe: Holz, Holzwerkstoffe, kunststoffbeschichtete Holzfaserplatten<br />

B3 leicht entflammbare Baustoffe: Kokosfasern, Stroh, Schilf, Reet, Papier, bestimmte<br />

Kunststoffe<br />

Je <strong>nach</strong> Verwendung der Bauteile werden unterschiedliche Anforderungen an das Material<br />

gestellt. Tragende Wände und Brandwände sind in besonderem Maße feuerfest auszuführen,<br />

um möglichst lange die Standsicherheit des Gebäudes aufrecht zu erhalten.<br />

Die Unterteilung der Bauwerke in horizontale und vertikale Brandabschnitte verhindert<br />

den Rauch und Feuerübertrag über die Geschosse und Brandabschnitte hinweg. Dadurch<br />

sind die nicht betroffenen Bauabschnitte über einen größeren Zeitraum gesichert, was die<br />

Löscharbeiten und die Personenrettung über einen längere Zeit ermöglicht.<br />

In jedem Gebäude sind zwei Rettungswege vorzusehen, damit die Rettung auch möglich<br />

bleibt, wenn ein Fluchtweg abgeschnitten ist. Bei Gebäuden, die so hoch sind, dass sie<br />

nicht mehr mit der Drehleiter der Feuerwehr erreicht werden können sind zwei baulich voneinander<br />

getrennte Rettungswege einzurichten.<br />

Technische Einrichtungen die eine bedeutende Brandlast aufweisen sind mit Einhausungen<br />

zu umgeben. Um die Ausbreitung des Feuers über die Brandabschnitte hinweg zu<br />

verhindern sind brandfeste Klappen ins Lüftungssystem zu integrieren. Rohrleitungen und<br />

Kabel, die Brandwände durchstoßen sind mit Abschottungen feuerfest zu umgeben. Die<br />

Ummantelung von Rohren und Kabeln erhöht die Brandresistenz und die Gefahr von Folgeschäden<br />

durch elektrisch bedingte Feuer.<br />

Die Einrichtung von Löscheinrichtungen ist in Deutschland verbindlich. In Gebäuden müssen<br />

zumindest Feuerlöscher entsprechend der Geschossfläche des Gebäudes vorhanden<br />

sein. In Großbauten sind Trockenleitungen zu verlegen, die es der Feuerwehr ermöglichen<br />

direkt im Gebäude einen Löschwasseranschluss zu nutzen. Sprinkleranlagen werden<br />

primär als Ausgleichsmaßnahmen genutzt, wenn Anforderungen des Brandschutzes aus<br />

technischen oder gestalterischen Gründen nicht eingehalten werden können. Bei Gebäuden<br />

mit sehr hoher Brandlast sind sie verpflichtend.<br />

Eine schnelle Alarmierung der Leitstellen erfolgt durch manuelle und technische Meldeanlagen<br />

wie Notalarmknöpfe und Rauchmelder. Elektrische und mechanische Brandschutzeinrichtungen<br />

sind regelmäßigen Kontrollen zu unterziehen, damit sie jederzeit funktionstüchtig<br />

sind.<br />

Abb.35: Vorbeugender Brandschutz<br />

Abb.36: Abstandsflächen<br />

Abb.37: Grenzwinkel<br />

Abb.38: Überlappende Abstandsflächen


Abb.39: Horizontale Brandabschnitte<br />

Abb.41: Abb 41 Rohrabschottung R h b h<br />

Abb.40: Brandwand<br />

Abb.42: Feuerlöscher<br />

Abb.43: Trockenleitung Abb.44: Wandhydrant Abb.45: Sprinkler


Feuermanagement<br />

Feuermanagement bezeichnet die organisierte<br />

präventive Brandbekämpfung<br />

mit waldbaulichen Mitteln. Das<br />

einfachste Mittel um das brennbare<br />

Material in bewaldeten Gebieten möglichst<br />

gering zu halten ist eine <strong>nach</strong>haltige<br />

Holz- und Forstwirtschaft. Die<br />

Einrichtung von Hackschnitzelkraftwerken<br />

kann motivierend auf die Ausforstung<br />

wirken, da das entfernte Holz hier<br />

als Brennstoff verwertet werden kann.<br />

Beim Entbuschen wird leicht brennbares<br />

Unterholz aus den Waldgebieten<br />

entfernt und so die Brandlast vermindert.<br />

In weitläufigen Trockengebieten<br />

kann diese Maßnahme den Ausbruch<br />

größerer Brände verhindern. Die Anlage<br />

von Waldweiden schafft fruchtbare<br />

Freiräume und offene Waldstrukturen<br />

mit wenig Unterwuchs, die einen Feuerübertrag<br />

erschweren oder verhindern.<br />

Das Legen von kontrollierten Feuern<br />

ermöglicht die Wiederherstellung von<br />

gesundenFeuerökosystemen.


Fazit<br />

Waldbrände haben verglichen mit <strong>Naturkatastrophen</strong> ein anders Schadensbild. Sie treten<br />

im Landschaftsraum auf und gefährden die Siedlungsgebiete aus der Peripherie. Deshalb<br />

sind in den meisten Fällen nur kleinere Siedlungen oder Randgebiete großer Städte von<br />

ihren Auswirkungen betroffen. Außerdem besteht die Möglichkeit Brände zu verhindern<br />

und zu bekämpfen, wodurch sie in ihrer zerstörerischen Wirkung durch den Menschen eingeschränkt<br />

werden können.<br />

Der Wideraufbau erfolgt meist am selben Ort und mit ähnlichen Mitteln, wobei <strong>nach</strong> dem<br />

Schadensereignis mehr Wert auf den konstruktiven Brandschutz gelegt wird. Notunterkünfte<br />

sind in den meisten Fällen nicht nötig, da nur ein kleiner Teil der Bevölkerung durch<br />

Brände betroffen ist.<br />

Eine vorrauschauende Planung der Siedlungsgebiete und deren Strukturen, sowie Vorsorgepläne<br />

und –maßnahmen ermöglichen eine bedeutsame Reduzierung des Risikos. Auch<br />

die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Vermeidung von Feuern und das richtige Verhalten<br />

im Brandfall trägt ihren Teil zur Vermeidung von Bränden bei.


Bilder<strong>nach</strong>weis<br />

Abb.1:http://www.prosieben.de/wissen/maxwissen/erdkunde/atmosphaere/artikel/maxwissen3987/index_druck.php (Stand:<br />

27.06.2007)<br />

Abb.2: http://www.ffu.uni-freiburg.de/feueroekologie/ (Stand: 23.06.2007)<br />

Abb.3: http://www.ffu.uni-freiburg.de/feueroekologie/ (Stand: 23.06.2007)<br />

Abb.4: http://www.ffu.uni-freiburg.de/feueroekologie/ (Stand: 23.06.2007)<br />

Abb.5: http://www.enso.info/globaus.html (Stand: 27.06.2007).<br />

Abb.6: http://www.wdr.de/themen/panorama/wetter/sommer_2005/050704.jhtml?pbild=1 (Stand: 27.06.2007).<br />

Abb.7:http://www.prosieben.de/wissen/maxwissen/erdkunde/atmosphaere/artikel/maxwissen3987/index_druck.php (Stand:<br />

27.06.2007).<br />

Abb.8: Praxis Geographie, S. 1.<br />

Abb.9: http://www.planeterde.de/Members/holgerkroker/0608/Waldbrandforschung/Waldbrand_Krueger/view (Stand:<br />

23.06.2007).<br />

Abb.10: The Ausmap atlas of Australia(1992):Auslig. Cambridge Univ. Press.<br />

Abb.11: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,454892,00.html (Stand: 27.06.2007).<br />

Abb.12: http://www.stern.de/politik/panorama/:Australien-Buschfeuer-Vormarsch-/578344.html (Stand: 23.08.2007)<br />

Abb.13:http://www.dlr.de/caf/anwendungen/umwelt/feuer/;internal&action=_setlanguage.action?LANGUAGE=en (Stand:<br />

27.06.2007).<br />

Abb.14:http://www.prosieben.de/wissen/maxwissen/erdkunde/atmosphaere/artikel/maxwissen3987/index_druck.php<br />

Abb.15: http://www.ibles.waw.pl/proforest/wald1_p_lex.pdf (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.16: http://www.ibles.waw.pl/proforest/wald1_p_lex.pdf (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.17: http://www.ibles.waw.pl/proforest/wald1_p_lex.pdf (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.18: http://www.ibles.waw.pl/proforest/wald1_p_lex.pdf (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.19: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23349/1.html (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.20: http://www.ffu.uni-freiburg.de/feueroekologie/ (Stand: 23.06.2007)<br />

Abb.21: http://www.haditec.de/muster.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.22: http://www.dwd.de/de/SundL/Landwirtschaft/Leistungen/waldbrand.htm (Stand: 18.06.2007).<br />

Abb.23: http://www.ibles.waw.pl/proforest/wald1_p_lex.pdf (Stand: 27.06.2007).<br />

Abb.24: http://www.ibles.waw.pl/proforest/wald1_p_lex.pdf (Stand: 27.06.2007).<br />

Abb.25: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Verbrennungsdreieck.svg (Stand: 21.07.2007).<br />

Abb.26: http://www.adfc-langen.de/BlickVomSteinberg.jpg (Stand: 21.07.2007).<br />

Abb.27: http://www.co.larimer.co.us/wildfire/bobcat_gulch_fire/Photos/612/6-12- 00%20Fire%20FighterKris%20Lindahl.jpg<br />

(Stand: 27.06.2007).<br />

Abb.28: http://nl.airliners.net/photos/photos/8/4/1/0737148.jpg (Stand: 27.06.2007).<br />

Abb.29: http://www.wien.gv.at/feuerwehr/images/alarmplan.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.30: http://www.nysamber.troopers.state.ny.us/images/AMBER-Map-large.gif (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.31: http://www.fz-juelich.de/gs/datapool/page/66/raeumungsplan.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.32: http://www.haditec.de/muster.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.33: http://www.nordfriesland.de/showobject.phtml?La=1&object=tx%7C28.2702.1&NavID=624.14 (Stand:25.06.2007).<br />

Abb.34: http://www.nk-ing.de/uploads/pics/fw_muster-fw-plaene.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.35: http://www.elsatec.de/images/vorbeugender_brandschutz.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.36: Skript Angewandtes Bauordnungsrecht, Friedrich Amann (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.37: Skript Angewandtes Bauordnungsrecht, Friedrich Amann (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.38: Skript Angewandtes Bauordnungsrecht, Friedrich Amann (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.39: Skript Angewandtes Bauordnungsrecht, Friedrich Amann (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.40: http://www.baulinks.com/webplugin/2006/i/1270-friatec1.gif (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.41: http://www.feuerwehr.zwettl.at/archiv2002/zwettl/mitterreith/SIMG0243.jpg (Stand: 25.06.2007).


Abb.42: http://www.vefa.ch/images/Inventar_vefa/loescher1376.JPG (Stand: 23.06.2007).<br />

Abb.43: http://www.feuerwehr-siershahn.de/images/ice/einspeis.jpg (Stand: 23.06.2007).<br />

Abb.44: http://www.rettungstrupp.de/uploads/wandhydrant.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.45: http://www.chem.purdue.edu/chemsafety/SafetyClass/FireSafety/sprinkler.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.46: http://press.valtra.com/main/articles/pic/564_1.jpg (Stand: 25.06.2007).<br />

Abb.47: http://www.fws.gov/northeast/patuxent/Graphics/fire5.JPG (Stand: 23.06.2007).


Quellenverzeichnis<br />

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http://www.freiepublizistin.de/index.php?o=artikel&fs=9&artikel=600__Buschfeuer%20in%20Australien%20unter%20K<br />

ontrolle (Stand: 27.06.2007).


Büttner Benjamin<br />

Dimitrova Marta<br />

Kolcheva Viktoriya<br />

Taucher Jan<br />

Thaller Karina<br />

Wirbelstürme


Verzeichnis<br />

1.Wirbelstürme als Bedrohung für die Menschheit<br />

2.Begriffserklärung und Entstehung<br />

2.1 Arten von Wirbelstürmen<br />

2.1.1 Tornados<br />

2.1.2 Sturmtiefs<br />

2.1.3 Tropische Wirbelstürme<br />

2.2 Grund für Zunahme von Sturmkatastrophen<br />

3. Katastrophenmanagement<br />

3.1 Evakuierung<br />

3.2 Versorgungs- und Soforthilfemaßnahmen<br />

3.3 Infrastruktur<br />

3.4 Verkehrsmöglichkeiten<br />

3.5 Rettungskräfte im Einsatz<br />

3.6 Polizeieinsatz<br />

3.7 Gewalt und Anarchie aus Verzweiflung<br />

3.8 Verzeichnete Verluste und Opfer<br />

3.9 Seuchengefahr<br />

3.10 Schadensbild<br />

3.11 Sturmschadenmindernde Bauprinzipien<br />

3.12 <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen<br />

4. Bedeutende Wirbelsturmereignisse und Gegenmaßnahmen<br />

4.1 Tornado<br />

4.1.1 Katastrophenverlauf des Tornado Outbreaks in Greensburg<br />

4.1.2 Schädensbild <strong>nach</strong> dem Tornado<br />

4.1.3 Maßnahmen<br />

4.2 Tornados in Deutschland<br />

4.3 Sturmböe Kyrill<br />

4.3.1 Katastrophenverlauf<br />

4.3.2 Schäden<br />

4.4 Hurrikan Wilma<br />

4.4.1 Katastrophenverlauf<br />

4.4.2 Schäden<br />

4.4.3 Maßnahmen<br />

4.4.4 <strong>Wiederaufbau</strong> der Tourismusinfrastruktur<br />

5. Notunterkünfte<br />

5.1 Soforthilfemaßnahmen<br />

5.1.1 Das Lebensretterhaus von dem Architekten Hansrüdi Böllinger<br />

5.1.2 Zelte vom Himmel <strong>nach</strong> Mainz<br />

5.1.3 Papphäuser aus Düsseldorf<br />

5.2 Interimsbauten<br />

5.2.1 Schifscontainer von R. Häfelfinger<br />

5.2.2 Falthaussystem<br />

5.2.3 Nissenhütten <strong>nach</strong> dem Erfinder P.N. Nissen<br />

5.2.4 Papphäuser in Japan von Shigeru Ban<br />

6. Die Naturgewalt Hurrikan Katrina<br />

6.1 Bauliche und städteplanerische Maßnahmen <strong>nach</strong> Hurrikan Katrina<br />

6.1.1 Die „monolithic domes“<br />

6.1.2 Nachteile der „monolithic domes“<br />

6.1.3 Konstruktion der „monolithic domes“


6.2 <strong>Wiederaufbau</strong>konzept „bring new orleans back“<br />

6.2.1 Der Schadenbericht <strong>nach</strong> Hurrikan „Katrina“<br />

6.2.2 New Orleans: Zentrum für Wirtschaft und Kultur<br />

6.2.3 Planausführung<br />

6.2.3.1 Überschwemmungs- und Sturmwasserschutzplan<br />

6.2.3.2 Die Verkehrsplanung<br />

6.2.3.3 Die Park- und Freiraumplanung<br />

6.2.3.4 <strong>Wiederaufbau</strong>planung der Wohnviertel<br />

7. Technische Möglichkeiten zur Prävention<br />

7.1 Vorhersagen von Hurrikans<br />

7.1.1 Satelliten<br />

7.1.2 Schiffe und Bojen<br />

7.1.3 Radiosonden<br />

7.1.4 Erkundungsflugzeuge<br />

7.1.5 Radar<br />

7.1.6 Oberflächenüberwachungsgeräte - Die Automatic Surface Observation<br />

Services – ASOS<br />

7.1.7 Probleme der Vorhersagen<br />

7.2 Computermodelle zur Simulation der Wirbelstürme<br />

7.2.1 Wolkenimpfung - Erste Impfversuche per Flugzeug<br />

7.2.2 Gegenwärtige Untersuchungen mit der Chaostheorie<br />

7.2.3 Manipulation im Modell<br />

7.2.4 Das vierdimensionale variationelle Datenassimilationsverfahren<br />

7.2.5 Simulationsversuche von früheren Wirbelstürmen<br />

7.2.6 Mehrere Eingriffsmöglichkeiten zur Manipulation eines Wirbelsturms<br />

8 Fazit<br />

Literaturverzeichnis<br />

Abbildungsverzeichnis


Wirbelstürme als Bedrohung für die Menschheit<br />

Nicht erst seit Hurrikan Katrina, der im<br />

Jahr 2005 Schlagzeilen machte, stellen<br />

Wirbelstürme eine akute Bedrohung für die<br />

Menschheit dar. Zwar wird dieser aufgrund<br />

seiner verheerenden Auswirkungen den<br />

Menschen noch lange in Erinnerung bleiben,<br />

allerdings steht er lediglich in einer<br />

langen Reihe von schwerwiegenden Sturmkatastrophen.<br />

Ein großer Teil der Schäden,<br />

welche durch<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> angerichtet werden, gehen<br />

auf das Konto von Stürmen. Wie aus den<br />

Statistiken der Münchner Rückversicherung<br />

(2000) ersichtlich wird, haben Sturmkatastrophen<br />

zwischen 1950 und 1999 fast<br />

700.000 Todesopfer gefordert und waren für<br />

fast 30 % der volkswirtschaftlichen Schäden<br />

verantwortlich, welche durch<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> entstanden sind. Besonders<br />

die Hurrikanereignisse in der Karibik<br />

und den USA sorgen regelmäßig für Aufsehen,<br />

aber auch Südostasien und auch Europa<br />

werden regelmäßig von heftigen Sturmereignissen<br />

heimgesucht. Besonders mit<br />

der Diskussion um den anthropogenen Klimawandel<br />

und seine mögliche Auswirkung<br />

auf ein verstärktes Auftretens von Wirbelstürmen<br />

gewinnt diese Thematik an Bedeutung.<br />

Um eine Grundlage für dieses Thema<br />

zu schaffen, werden zunächst die Begrifflichkeiten<br />

und Entstehungsweisen von Wirbelstürmen<br />

geklärt und die verschiedenen<br />

Arten aufgeführt. Diese Hausarbeit widmet<br />

sich jedoch hauptsächlich den Präventionsmaßnahmen<br />

vor Wirbelstürmen und <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen<br />

<strong>nach</strong> diesen eingetretenen<br />

Wetterphänomenen. Zum Schluss<br />

werden noch technische Möglichkeiten zur<br />

Vorhersage eines Hurrikans vorgestellt und<br />

Simulationsversuche anhand von Computermodellen<br />

erläutert.<br />

Um Wirbelstürme als <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

systematisch untersuchen zu können, muss<br />

zunächst einmal definiert werden, was genau<br />

unter einem Wirbelsturm verstanden<br />

wird, und welche verschiedenen Arten es<br />

gibt.<br />

Abb.1 Große <strong>Naturkatastrophen</strong> 1905 – 1999. Quelle: Münchner Rück. 2000.


Begriffserklärung und Entstehung<br />

Der Begriff Wirbelsturm stellt einen Oberbegriff für eine Reihe von Wetterphänomenen dar. Da diese Phänomene sehr unterschiedlich<br />

sind, was z.B. ihre Entstehung, Struktur oder auch Größe betrifft, existiert für den Begriff „Wirbelsturm“ keine einheitliche Definition. Man<br />

kann jedoch feststellen, dass es sich hierbei um zumeist starke Windsysteme mit vertikaler Drehachse handelt.<br />

Man kann hierbei unterscheiden zwischen drei großen Haupttypen: Den tropischen Wirbelstürmen, den Sturmtiefs in gemäßigten Breiten<br />

und den Tornados. Bei tropischen Wirbelstürmen handelt es sich um Tiefdrucksysteme mit organisierter schweren Gewittern und einer<br />

geschlossenen Bodenwindzirkulation um das Tiefdruckgebiet im Zentrum des Wirbelsturms. Sie rotieren zyklonal, also auf der Nordhalbkugel<br />

entgegen dem Uhrzeigersinn. Diese Rotation verleiht dem Wirbelsturm seine typischen, spiralförmig angeordneten Wolkenbänder.<br />

Tropische Wirbelstürme können gewöhnlich nur in den Tropen oder Subtropen entstehen, was mit der Wassertemperatur in den Ozeanen<br />

zusammenhängt. Je <strong>nach</strong> der Region ihrer Entstehung werden sie Hurrikan, Taifun oder auch einfach Zyklone genannt wird.<br />

Im folgenden werden die verschiedenen Typen von Wirbelstürmen genauer vorgestellt und mit Beispielen belegt.<br />

Abb.2 Weg der Orkantiefs<br />

2.1 Arten von Wirbelstürmen<br />

Dieses Kapitel befasst sich mit den unterschiedlichen<br />

Formen der Wirbelstürme, deren<br />

Entwicklung und Katastrophenverlauf.<br />

Zusätzlich werden jeweils die Schäden und<br />

die anstehenden Folgen <strong>nach</strong> einer solchen<br />

Naturkatastrophe aufgezeigt. Zunächst<br />

wird der Tornado als kleinräumigster dieser<br />

Wirbelstürme vorgestellt, dann folgen<br />

die winterlichen Sturmtiefs, die häufig nur<br />

im Herbst und Winter auftreten und anschließend<br />

werden noch die tropischen<br />

Wirbelstürme betrachtet, die häufig im<br />

Spätsommer durch immense Verdunstung<br />

von warmen Wassermassen über dem Ozean<br />

entstehen.<br />

2.1.1 Tornados<br />

Die kleinräumigsten dieser Wirbelstürme,<br />

meist Tornados genannt, sind zugleich diejenigen,<br />

welche die größten Windgeschwindigkeiten<br />

erreichen. Es ist zwar noch nie<br />

gelungen, direkt innerhalb eines Tornados<br />

zu messen, da sie sehr kurzfristig entstehen<br />

und auch ihre Zugbahn kaum vorhersagbar<br />

ist; allerdings geht man davon aus,<br />

dass die Geschwindigkeit bis über 500 km/h<br />

erreichen kann. Die Entstehung von Tornados<br />

aus großräumigen und sehr starken<br />

Gewitterzellen ist sehr komplex und bis<br />

heute Gegenstand der Forschung. Voraussetzungen<br />

für ihre Entstehung sind feuchtwarme<br />

Luft in Bodennähe und kalte Luft in<br />

der Höhe.


Sturmtiefs<br />

Bei den winterlichen Sturmtiefs, in Deutschland auch oft Orkane genannt, handelt es sich um großräumige Sturmsysteme, welche im<br />

Herbst und Winter in den mittleren Breiten auftreten. Sie entstehen wenn warme Luft aus den Subtropen auf kalte Luft vom Nordpol trifft.<br />

Zwischen diesen beiden Luftmassen entsteht ein Kanal, der starke Westwinde mit sich führt, welche dann Sturmstärke erreichen können.<br />

Die Tatsache dass der Temperaturgegensatz zwischen diesen beiden Luftmassen in den Wintermonaten am höchsten ist, erklärt auch<br />

warum Orkane ausschließlich zu dieser Zeit des Jahres auftreten. Winterstürme können einen Durchmesser von 2000 bis 3000 km erreichen<br />

und ziehen dabei bis zu 1000 km pro Tag. Zwar wird nur selten eine Windgeschwindigkeit über 200 km/h erreicht, allerdings sorgt die<br />

starke Böigkeit des Windes dafür dass z.B. an Gebäuden eine durch ständige Be- und Entlastung auftritt, was dann auch häufig zu starken<br />

Schäden führt, wenn beispielsweise Hausdächer regelrecht abgehoben werden. Am stärksten von Orkanen betroffen sind West- und Mitteleuropa,<br />

da die meisten winterlichen Sturmtiefs hier ihre Zugbahn haben.<br />

2.1.3 Tropische Wirbelstürme<br />

Tropische Wirbelstürme entstehen wenn über dem Ozean im Spätsommer große Wassermassen verdunsten. Diese steigen in Folge der<br />

Erwärmung auf und werden dabei durch die Erddrehung und die daraus resultierende Coriolis-Kraft abgelenkt, wodurch es zu einer Verwirbelung<br />

der Luftmassen kommt. Ist diese Entwicklung stark genug, entsteht ein Wirbelsturm. Im Auge dieses Sturms herrscht dann<br />

starker Tiefdruck, da dort ja die Luftmassen aufsteigen. Um das Auge herum herrscht dagegen Hochdruck, da hier die Luftmassen <strong>nach</strong><br />

ihrer Abkühlung wieder absinken. Die Bildung von tropischen Wirbelstürmen ist nur über Wasser möglich, da nur dort die Reibung gering<br />

genug ist und ausreichend hohe Luftfeuchte herrscht. Diese ist nötig da der Wirbelsturm seine Energie aus der Kondensationswärme<br />

bezieht. Zudem ist eine Entstehung nur bei Wassertemperaturen von über 26 bis 27 °C möglich. Im Gegensatz zu winterlichen Sturmtiefs<br />

bewegen sich tropische Wirbelstürme nur langsam fort, wohingegen ihre Windgeschwindigkeiten allerdings bis über 300 km/h erreichen<br />

können. Daher ist die langsame Fortbewegung ein großes Problem, wenn z.B. ein Gebiet über ein paar Tage hinweg von einem Wirbelsturm<br />

heimgesucht wird. Neben den direkten Folgen, welche durch die typischen Windschäden entstehen, stellen besonders die Sekundärschäden<br />

ein großes Problem dar. So können aufgrund der extremen Niederschläge, die ein tropischer Wirbelsturm mit sich bringt,<br />

starke Überschwemmungen folgen. In Küstenregionen stellen Sturmfluten ein sehr großes Problem dar. Dies ist auch einer der<br />

Hauptgründe für das enorme Schadenspotential von Wirbelstürmen. Wie die Statistiken bereits gezeigt haben, stellen sie einen der Haupt-<br />

Abb.3 Zugbahnen tropischer Wirbelstürme


schadensverursacher unter den <strong>Naturkatastrophen</strong> dar.<br />

Wie auf der Abbildung erkennbar ist, gibt es weltweit drei Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte, in denen tropische Wirbelstürme<br />

sehr hohe Schadenspotentiale erreichen: Zum einen sind dies stark urbanisierte Küstenregionen wie z.B. die Süd- und Ostküste der USA<br />

(besonders der Golf von Mexiko) oder auch die West- und Ostküste Indiens. Stark exponiert sind natürlich auch isoliert gelegene Inselgruppen<br />

wie z.B. Japan, die Inseln der Karibik oder auch die Philippinen. Zuletzt sind dicht bevölkerte Flussdeltas mit geringer Erhebung<br />

über dem Meer zu nennen wie sie z.B. in Bangladesh oder Nordostindien vorzufinden sind.<br />

2.2 Grund für Zunahme von Sturmkatastrophen<br />

Wie bereits aus den Statistiken ersichtlich wurde, haben die Anzahl und das Ausmaß von Sturmkatastrophen besonders in den letzten<br />

Jahrzehnten stark zugenommen. Die Gründe hierfür sind sehr vielfältig. Zum einen ist die Zunahme der Bevölkerung, besonders in den<br />

stark urbanisierten Regionen der Welt zu nennen. Damit ist auch die steigende Verwundbarkeit verbunden, besonders durch die Zunahme<br />

der Infrastruktur. Auch die Zunahme der Werte durch den steigenden Lebensstandard ist hiermit eng verbunden – wo keine Werte angesammelt<br />

sind, kann natürlich auch kein hoher Schaden entstehen. Brisanterweise liegen viele dieser wachsenden Großstädte an Küsten<br />

in stark von Wirbelstürmen betroffenen Regionen. Da solche Städte natürlich auch stärker exponiert sind, werden dort aus Sturmereignissen<br />

auch viel schneller Sturmkatastrophen. Neben diesen sozialen Aspekten ist aber auch auf eine erhöhte Sturmaktivität infolge des<br />

Klimawandels hinzuweisen. Zwar wird unter Wissenschaftlern über die Wahrscheinlichkeit einer Zunahme von Sturmereignissen durch<br />

die globale Klimawärmung noch diskutiert, allerdings lassen sich schon einige Trends recht deutlich erkennen.<br />

So wurde bei tropischen Wirbelstürmen in den letzten Jahrzehnten ein klarer Anstieg in Anzahl und auch Intensität beobachtet. Noch nie<br />

wurden so viele tropische Wirbelstürme identifiziert wie in der Hurrikansaison 2005: Es wurden 27 benannte Tropenstürme registriert, was<br />

den bisherigen Rekord von 21 aus dem Jahr 1933 bei weitem übertraf. Noch nie erreichten so viele davon Hurrikanstärke (15) wie im Jahr<br />

2005 und noch nie gab es gleich drei tropische Wirbelstürme der stärksten Kategorie 5 in nur einem Jahr. Auch wurden Spitzenwerte bei<br />

den Intensitäten der Wirbelstürme festgestellt: Gleich drei der zehn stärksten Hurrikans aller Zeiten traten im Jahr 2005 auf. Durch die<br />

Klimaerwärmung wird sich höchstwahrscheinlich auch das Gebiet, in dem Hurrikans auftreten können, vergrößern. So könnte auch bald<br />

Europa heimgesucht werden. Es wurden Hurrikans beobachtet, die fast die spanische Küste erreicht haben. Da tropische Wirbelstürme<br />

ihre Energie aus der Wärme des Wassers ziehen, muss infolge der Klimaerwärmung wohl mit häufigeren und auch stärkeren Sturmereignissen<br />

gerechnet werden.<br />

Jetzt wird nun ein Augenmerk darauf gelegt, wie sich das Katastrophenmanagement <strong>nach</strong> einem Hurrikan organisiert, welche Vorkehrungen<br />

und Maßnahmen getroffen werden müssen, um die betroffene Bevölkerung zu unterstützen und zu versorgen.<br />

Abb.4 Zunahme von Sturmereignissen seit 1850<br />

3 Katastrophenmanagement<br />

Das Katastrophenmanagement wird gleich<br />

<strong>nach</strong> dem Eintritt der Katastrophe meist<br />

am Ort des Geschehens und versorgt die<br />

Bevölkerung mit Lebensmitteln, richtet<br />

Notunterkünfte ein für die Menschen, die<br />

alles durch den Sturm verloren haben und<br />

kümmert sich auch um die medizinische<br />

Versorgung bei Verletzungen. Außerdem<br />

versuchen sie die Infrastruktur, auf dem<br />

schnellsten Wege wieder herzustellen.<br />

Zusätzlich kann man hier noch die Rolle der<br />

Hilfskräfte und der Polizei betrachten und<br />

die außergewöhnliche Situation in der sich<br />

die betroffene Bevölkerung befindet beleuchten.<br />

Denn die Folgen für die Anwohner<br />

sind gravierend, sie müssen sich Gefahren,<br />

Kriminalität und Seuchen stellen.


Evakuierung<br />

Unter den Begriff Evakuierung soll man<br />

„vorsorgliches, geordnetes Herausführen<br />

von Personen, Tieren und Sachwerten aus<br />

einem Gefahrenbereich“ verstehen. Die<br />

vorgeschriebene Ordnung soll mittels Katastrophenschutzplanungen,Evakuierungsrichtlinien,<br />

Durchführung von Übungen<br />

und Aus- und Fortbildungsveranstaltungen<br />

geschafft werden. Die Realität aber sieht<br />

meist anders aus: oft wird die Evakuierung<br />

später, als es im Gesetz vorgeschrieben ist,<br />

angeordnet, was Panik und Chaos auslösen<br />

kann. Zusätzliche Schwierigkeiten bereiten<br />

Personen, die sich weigern das Gebiet zu<br />

verlassen oder nicht mobile Personen (Spitäler,<br />

Alters- und Pflegeheime, Kranke).<br />

Die Evakuation erfolgt meistens mittels<br />

Bussen, Hubschrauber oder privaten Autos.<br />

Staus auf den Autobahnen sind dabei eine<br />

unvermeidliche Erscheinung. Der Transportmittelmangel<br />

führt zur zusätzlichen<br />

Spannung unter der Bevölkerung. Die Evakuation<br />

wird auf Plätzen vorbereitet, die<br />

die riesige Menge an Obdachlosen aufnehmen<br />

können. Zum Beispiel Fußballstadion,<br />

Marktplatz, Parkplatz oder in öffentlichen<br />

Gebäuden wie Schulen.<br />

Abb.5 Warteschlange für einen Bus <strong>nach</strong> Katrina in New Orleans<br />

Abb.6 Streit wegen ungenügenden Plätzen Abb.7 Auf der Autobahn ausserhalb von New Orleans warten<br />

Tausende von Flüchtlinge<br />

Abb.8 Häftlinge aus dem Gefängnis in New Orleans<br />

warten auf Evakuation<br />

Abb.9 Warten auf Transport


Abb.10 Medizinische Versorgung in Houston, Texas für die Patienten aus New Orleans<br />

Abb.11 Nachbarstädte im Einsatz - Helfer warten auf Kranke aus dem Krisengebiet<br />

Abb.12 Lkw der Nationalgarde mit Hilfspaketen <strong>nach</strong> Katrina, New Orleans<br />

Versorgung<br />

Unter Versorgung <strong>nach</strong> einer Naturkatastrophe<br />

sind Soforthilfemaßnahmen zu<br />

verstehen. Zum Beispiel medizinische<br />

Basisnotversorgung, Grundnahrungsmittel<br />

(Bohnen, Zucker, Salz, angereicherte<br />

Zusatznahrung für Säuglinge und Kleinkinder),<br />

Trinkwasser. Durch den Ausfall<br />

von Pumpen und Klärwerken gelangen<br />

Fäkalien und Rückstände aus Industrieanlagen<br />

in das Trinkwasser. Weil die Wasserversorgung<br />

nicht funktioniert, muss die<br />

Bevölkerung vorübergehend mit Hilfe von<br />

Tankwagen und mobilen Aufbereitungsanlagen<br />

versorgt werden. Es mangelt oft an<br />

Transportmitteln, Decken, Kleidung. Die<br />

Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung<br />

können oft nicht regional befriedigt werden.<br />

Das betroffene Gebiet bekommt Hilfsangebote<br />

aus aller Welt. Es werden Boote,<br />

Flugzeuge, Zelte, Decken, Generatoren und<br />

Geld angeboten werden.<br />

Abb.13 Wasserversorgung<br />

Abb.14 Lebensmittelversorgung der Bewohner von Gulfport <strong>nach</strong><br />

Katrina


Beschädigung der Infrastruktur<br />

Die Infrastruktur ist <strong>nach</strong> starken Wirbelstürmen<br />

stark beschädigt. Einerseits liegen<br />

überall Trümmer von zerstörten Häusern,<br />

andererseits kann der Wirbelsturm Überschwemmungen<br />

auslösen. Das Verkehrsnetz<br />

in der Stadt selbst und die Verkehrsverbindungen<br />

zu den anderen Städten sind<br />

meist unterbrochen.<br />

Abb.15 Unterbrochene Verkehrsverbindungen zu den anderen<br />

Städten<br />

Abb.16 Bei besonders starken Wirbelstürmen (Katrina) und ungünstiger Lage der Stadt (New Orleans) kann die Stadt bis zu über 80%<br />

überflutet werden<br />

Abb.17 Unterbrochene Verkehrsverbindungen zu den anderen<br />

Städten<br />

Abb.18 Unterbrochenes Verkehrsnetz in der Stadt Abb.19 Unterbrochenes Verkehrsnetz in der Stadt


Abb.20 Aus den Gleisen gehobenen Wagons - an den öffentlichen Fernverkehr ist gar nicht zu denken<br />

Abb.22 Überflutete Busse - an den öffenlichen Nahverkehr ist gar nicht zu denken<br />

Einschränkung der Verkehrsmöglichkeiten<br />

An den öffentlichen Nahverkehr ist oft gar<br />

nicht zu denken, weil die Transportmittel<br />

meist völlig überschwemmt sind. Ähnlich<br />

sieht die Situation bei dem öffentlichen<br />

Fernverkehr aus, der durch den Wirbelsturm<br />

außer Betrieb geraten ist. Die Bevölkerung<br />

ist gezwungen zu improvisieren.<br />

Dabei sind alte, kranke und behinderte<br />

Menschen besonders überfordert.<br />

Abb. 21 Überflutete Privatautos<br />

Abb. 23 Improvisierte Transportmittel


Rettungskräfte im Einsatz<br />

Die Rettungskräfte vor Ort sind meist ungenügend<br />

um die Situation wieder unter<br />

Kontrolle zu bringen. Es wird Unterstützung<br />

durch Menschen und Fahrzeuge von<br />

anderen Städten geschickt. Mit Booten und<br />

Hubschraubern bringen die Rettungskräfte<br />

Menschen von Balkonen und Hausdächern<br />

in Sicherheit. Die Helfer sorgen für die medizinische<br />

und psychologische Versorgung<br />

der Betroffenen, verteilen Mineralwasser<br />

und Lebensmittel, versuchen die Wassermassen<br />

mit Sandsäcken aufzuhalten oder<br />

das Wasser abzupumpen, helfen bei der<br />

Evakuation von alten Menschen.<br />

Abb.24 Rettungshubschrauber im Einsatz<br />

Abb.25 Scootereinsatz bei Rettung einer Familie in New Orleans Abb.26 Tage <strong>nach</strong> dem Hurrican immer noch auf dem Dach unter Extrembedingungen (bei 40 Grad ohne Wasser und Essen)


Abb.27 Bewaffnet ziehen Polizisten von Haus zu Haus um <strong>nach</strong> Überlebenden zu suchen<br />

Abb.28 Das Militär muss nicht nur Menschen retten, sondern auch die Läden vor Plünderungen schützen<br />

Polizeieinsatz<br />

Viele Menschen wollen einer angeordneten<br />

Evakuierung nicht folgen und müssen von<br />

der Polizei überredet und in schlimmsten<br />

Fällen gezwungen werden, ihr Haus zu<br />

verlassen. Oft wird die Nationalgarde eingesetzt.<br />

Sie soll zum einen die Rettung der<br />

Bewohner beschleunigen und zum anderen<br />

gegen Plünderungen und Rechtlosigkeit<br />

vorgehen. Die Situation erschwert sich<br />

zusätzlich von Polizisten, die den Dienst<br />

quittieren. Sie haben selbst alles durch den<br />

Hurrikan verloren und wollen sich nicht<br />

auch noch von Plünderern erschießen lassen.<br />

Abb.29 Unter den wachsamen Augen der Polizei werden die<br />

knapp gewordenen Lebensmittel verteilt<br />

Abb.30 Nicht jeder verlässt freiwillig sein Haus


Gewalt und Anarchie aus Verzweiflung<br />

Unter den verzweifelten Opfern bricht oftmals<br />

Gewalt und Anarchie aus. Es werden<br />

Geschäfte geplündert vor allem Lebensmittelgeschäfte,<br />

Apotheken, Geschäfte,<br />

wo Schmuck- oder Bekleidungsgeschäfte.<br />

Es wird aber auch geprügelt, geschossen,<br />

gemordet, vergewaltigt, teils vor laufenden<br />

Kameras der Nachrichtensender.<br />

Beispielsweise haben sich in New Orleans<br />

<strong>nach</strong> Katrina Bürger zum Selbstschutz bewaffnet.<br />

Es wurde sogar Schießbefehl gegen<br />

Plünderer erteilt.<br />

Abb.31 Plünderung von einem Hotel Abb.32 Drastische Massnahmen: “Plünderer werden erschossen”<br />

Abb.33 Plünderer Abb.34 Die Nationalgarde patrolliert in New Orleans


Verzeichnete Verluste und Opfer<br />

Weltweit gehören die Opfer von <strong>Naturkatastrophen</strong> zumeist zu den Ärmsten der Armen. Denn sie siedeln dort, wo es gefährlich ist: zu nah<br />

oder zu tief an der Küste, unterhalb von erdrutschgefährdeten Berghängen, die in Ermangelung anderer Brennstoffe abgeholzt wurden.<br />

3.9 Seuchengefahr<br />

Die Seuchengefahr <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> ist sehr hoch. Ein Beispiel dafür ist New Orleans <strong>nach</strong> dem Hurrikan Katrina. Experten haben<br />

dort vor dem “toxic stew” gewarnt, einem giftigen Gemisch aus Benzin, Chemikalien und menschlichen Abfällen, angereichert mit<br />

Bakterien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Ausbruch von Seuchen führen können. Damals haben die Behörden beschlossen das<br />

verseuchte Wasser in den Mississippi und den Lake Pontchartrain abzupumpen und damit großflächig zu verteilen. Diese falsche Entscheidung<br />

führte später zur Zerstörung der Fischindustrie und des Tourismussektors, denn viele Touristen waren wegen der berühmten<br />

Fischrestaurants mit ihren begehrten Regionalgerichten aus lokalen Meeresfrüchten gekommen.<br />

3.10 Schadensbild<br />

Die meisten Häuser sind <strong>nach</strong> einem starken Wirbelsturm (wie Katrina) entweder schwer beschädigt und damit unbewohnbar oder völlig<br />

zerstört. Die Zahl der Obdachlosen liegt im Millionenbereich. Millionen leben monatelang ohne Strom. In den USA werden durch den<br />

Hurrikan “Katrina” Wachstumseinbußen in Höhe von 0,2 bis 0,4 % befürchtet. Rechnet man die Schäden an Infrastruktur, Landwirtschaft,<br />

Mensch und Umwelt hinein, werden die Schäden um das 3-fache höher sein, also 600 Mrd. US-Dollar. Das macht knapp 5 % des Bruttosozialprodukts<br />

der USA aus. Es ist billiger, Vorsorge zu treffen, als zukünftig immer mehr klimabedingte Schäden zu begleichen.<br />

3.11 Sturmschadenmindernde Bauprinzipien<br />

Der Dachwinkel sollte zwischen 30 und 45 Grad betragen, um die Sogwirkung zu reduzieren. Grosse Dachüberstände sind zu vermeiden;<br />

Terrassendächer und –rahmen sollten vom Hauptdach getrennt sein. Stark überstehende Ränder, Vordächer, Veranden und andere<br />

dekorative Bauelemente bieten dem Wind zusätzliche Angriffsflächen und sind dadurch stark gefährdet. Zu schwach dimensionierte<br />

Gebäudeteile entscheiden nicht nur über die Stabilität des gesamten Gebäudes, sondern stellen ihrerseits als umherfliegende<br />

Geschosse ein unberechenbares Risiko für die umliegenden Gebäude dar. Strukturelle Schäden an Wänden treten in der Regel nur bei<br />

hohen Windgeschwindigkeiten auf. Backsteinwände, die weder mit Beton aufgefüllt noch mit Armierungseisen verstärkt sind, können<br />

teilweise einstürzen. Besonders gefährdet sind Holzhäuser und vorgefertigte Leichtbauhäuser. Sind diese nicht solide im Untergrund<br />

verankert, so bleibt oft nur ein Trümmerfeld übrig. Auch neuere Leichtmetallbauten, wie sie oft für Lagerhallen und Warenhäuser verwendet<br />

werden, können den extremen Windbelastungen häufig nicht widerstehen und stürzen vollständig ein. Die Gründe dafür liegen<br />

meist in der Bauweise: Die Träger sind einerseits zu schwach dimensioniert und anderseits nur ungenügend miteinander verstrebt. Bei<br />

mehrstockigen Bauwerken werden relativ häufig Wandverkleidungen losgerissen. Durch Turbulenzen in der Windströmung wirken ständig<br />

rasch wechselnde Druck- und Sogkräfte auf die Gebäudeverkleidung ein, bis schließlich Ermüdungsbrüche an den Halterungen auftreten.<br />

Alle Bauelemente- Fundamente, Wände, Fassadenverkleidung, Dachrahmen, Dachbelag- sollten mit starken Befestigungen und Verbindungsstellen<br />

versehen sein. Eine andere Schwachstelle sind Fenster und Türen, insbesondere dann, wenn sie nahe bei Ecken oder Kanten<br />

befinden, wo die stärksten Windkräfte auftreten. Vor dem Sturm angebrachte Bretter und Läden können aber Fenster wirkungsvoll vor<br />

den angreifenden Windkräften und vor umherfliegenden Objekten schützen. Aufprallende Winde verursachen an Frontseiten Staudrücke.<br />

An den windabgewandten Seiten, an umströmten Ecken und Kanten und im Dachbereich entstehen Sogkräfte. Besonders verheerende<br />

Folgen haben Sturmwinde, die durch aufgeschlagene Türen oder zerstörte Fenster ins Hausinnere eindringen können. Sie erzeugen<br />

dort einen Überdruck, der in Kombination mit den außen angreifenden Sogkräften die Hauptursache für strukturelle Dachschäden ist.<br />

Abb.35 Der Dachwinkel sollte zwischen 30 und 45<br />

Grad betragen, um die Sogwirkung zu reduzieren<br />

Abb.36 Grosse Dachüberhänge sind zu vermeiden;<br />

Terrassendächer und -rahmen sollten vom Hauptdach<br />

getrennt sein.<br />

Abb.37 Alle Bauelemente - Fundamente,<br />

Wände, Fassadenverkleidung, Dachrahmen,<br />

Dachbelag - sollten mit starken<br />

Befestigungen und Verbindungsstellen<br />

versehen sein.<br />

Abb.38 Die Fläche der Fenster - und<br />

Türöffnungen in gegenüberliegenden Wänden<br />

sollte ausgeglichen und alle Fenster<br />

sollten verschliessbar sein.


<strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen<br />

Unter <strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> versteht man die Reaktivierung der Infrastruktur, die Instandsetzung von kommunalen Einrichtungen<br />

(Schulen, Kindergärten) und von Privathäusern. Der <strong>Wiederaufbau</strong> liegt meist in den Händen der Bewohner. Die benötigten<br />

Baumaterialien werden aus dem Ausland importiert. Bevor aber der <strong>Wiederaufbau</strong> beginnen kann, müssen die Trümmer beseitigt und<br />

abbruchreife Häuser eingerissen werden. Falls der Hurrikan Überschwemmungen ausgelöst hat, muss das Krisengebiet zusätzlich auch<br />

trockengelegt werden. Die durchweichten Gebäude müssen auch getrocknet werden. Diese Phase vor der <strong>Wiederaufbau</strong>phase kann 1 bis<br />

2 Jahre dauern. In dieser Zeit müssen die Betroffenen in Notunterkünften leben.<br />

Im Folgenden wird an einigen ausgewählten Wirbelsturmereignissen der letzten Jahre gezeigt, welche Zerstörungskraft diese besitzen<br />

und mit welchen Folgen dabei zu rechnen ist. Anschließend werden mögliche Gegenmaßnahmen, sowohl städteplanerische und bauliche,<br />

als auch technologische Präventivmaßnahmen besprochen.<br />

4. Bedeutende Wirbelsturmereignisse und Gegenmaßnahmen<br />

Nun werden anhand von einigen Beispielen die jeweiligen Arten der Stürme noch mal genauer aufgeführt, der Katastrophenverlauf <strong>nach</strong>gezeichnet,<br />

die entstehenden Schäden betrachtet und die <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen genauer beleuchtet.<br />

4.1 Tornado<br />

Über 750 Tornados ziehen jährlich durch die „Tornado-Alley“ im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten von Amerika. Die „Tornado-Alley“<br />

ist ein 750 Kilometer langes und 630 Kilometer breites Gebiet, welches sich über die amerikanischen Bundesstaaten Oklahoma, Kansas,<br />

Nebraska und den Norden von Texas erstrecken. Ein Tornado ist ein räumlich eng begrenztes und zeitlich kurzes Phänomen. Dabei richtet<br />

er kleinräumige, aber verheerende Schäden an.<br />

4.1.1 Katastrophenverlauf des Tornado Outbreaks in Greensburg<br />

Am 03. – 05. Mai kam es in Greensburg, Kansas, zu einem so genannten „Tornado Outbreak“. In dem engen Zeitraum wurde die US-Kleinstadt<br />

von 72 offiziell bestätigten Tornados heimgesucht. Von den 133 vermuteten Tornados befanden sich einige, die auf der Fujita-Skala<br />

den Maximalwert von 5 erreichten. Nach dem Wetterdienst war es der stärkste Tornado seit 1999. Der Tornado war mit seiner Geschwindigkeit<br />

von 300 Kilometer pro Stunde relativ langsam, breitete sich aber auf 2,7 Kilometer aus. In den 22 Minuten, in denen er über Blacksburg<br />

wütete, legte er 35 Kilometer zurück.<br />

4.1.2 Schädensbild <strong>nach</strong> dem Tornado<br />

Laut Stadtdirektor Steve Hewitt gibt es kein einziges Gebäude, das in der 1500 Einwohner zählenden Stadt nicht beschädigt wurde. 1 Obwohl<br />

95% der Stadt verwüstet wurde, mussten nur 10 Menschen sterben. Über 60 Personen wurde teilweise schwer verletzt.<br />

Die Gouverneurin von Kansas, Kathleen Sebelius umschreibt die komplett zerstörte Infrastruktur wie folgt: „Alles ist verschwunden. Es<br />

gibt keine Schule mehr, es gibt kein Krankenhaus,<br />

es gibt keine Geschäfte. Alles,<br />

was eine Stadt ausmacht, ist verschwunden<br />

- außer den Menschen.“<br />

4.1.3 Rettungs- und Evakuierungsmaßnahmen<br />

In diesem Fall haben die Evakuierungsmaßnahmen<br />

verhältnismäßig gut gegriffen,<br />

obwohl die Bewohner klagten, dass sie erst<br />

20 Minuten vor dem Tornado gewarnt wurden.<br />

Präsident George W. Bush überflog mit<br />

einem Helikopter das Krisengebiet. Durch<br />

die Zerstörung erschüttert, erklärte er Teile<br />

Kansas zu einem Katastrophengebiet und<br />

setzte Gelder zum <strong>Wiederaufbau</strong> frei. Zudem<br />

wurden die Rettungs- und Bergungsarbeiten<br />

durch den Irak-Krieg und die dadurch<br />

fehlenden Hilfskräfte und Fahrzeuge<br />

behindert.<br />

Abb.39 Präsident Bush macht sich ein Bild über die Lage in Greensburg <strong>nach</strong> dem Tornado Outbreak


Tornados in Deutschland<br />

Doch wie oft vermutet, sind Tornados keineswegs ein Phänomen, welches nur im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten auftreten kann.<br />

In den letzten Jahren wird das Auftreten der Tornados auch hierzulande verstärkt wahrgenommen. Fälschlicherweise werden die Windhosen<br />

oder Tromben oft als Minitornados bezeichnet. Da die europäischen Windsäulen den amerikanischen oft in nichts <strong>nach</strong>stehen, wirkt<br />

Minitornado sehr verharmlosend und ist wissenschaftlich nicht anerkannt. 3<br />

In Deutschland traten in den letzten fünf Jahren zwischen 20 und 30 Wirbelstürme jährlich auf. Nur in den seltensten Fällen kam es zu<br />

Todesopfern.<br />

Nach Nikolai Dotzek, dem Gründer des Tornadonetzwerks TorDACH, wurden in Deutschland erst zwei Wirbelstürme der Maximalstärke 5<br />

der Fujita-Skala dokumentiert. Das bedeutet Windgeschwindigkeiten um 500 Kilometer pro Stunde. Doch für hysterisches Verhalten von<br />

Seiten der Medien sieht er keinen Grund, denn ein Trend zu mehr Tornados ist nicht festzustellen. „Die Zahl der Tornados hat aber nicht<br />

zugenommen, sondern nur die Zahl der Meldungen.“<br />

Schon im Jahre 1764 berichtete Gottlob Burchard Genzmer dem Minister des Herzogtums Mecklenburg von einer Windhose, welche über<br />

mehrere Gemeinden in der Nähe der Stadt Neubrandenburg fegte. Die enorme Stärke des Wirbelsturms zeigte die Tatsache, dass auch<br />

Baumstümpfe mitsamt ihren Wurzeln „zehen, zwanzig und mehrere Schritte weggewälzt“ wurden. Die detaillierte Beschreibung kann nur<br />

auf einen Wirbelsturm der Stufe 5 schließen lassen. 4<br />

4.3 Sturmböen Kyrill<br />

Am häufigsten treten in der Bundesrepublik Deutschland Sturmböen auf. Der bekannteste Vertreter ist Kyrill.<br />

4.3.1 Katastrophenverlauf<br />

Die gewaltige Unwetterfront zog am 18. und 19. Januar 2007 über West- und Mitteleuropa hinweg und hinterließ enorme Schäden und<br />

Chaos. Neben Deutschland waren Großbritannien und die Niederlande am schwersten betroffen. Bei Windgeschwindigkeiten von über 200<br />

Kilometer pro Stunde brach der Verkehr und dessen Infrastruktur zum Teil vollständig zusammen.<br />

4.3.2 Schäden<br />

In Deutschland wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Deutschen Bahn der komplette Schienenverkehr eingestellt. Auch in den Niederlanden<br />

rollte kein Zug und der Amsterdamer Hauptbahnhof musste evakuiert werden, da das Glasdach teilweise von Kyrill abgerissen<br />

wurde. 5 Es starben mindestens 43 Menschen und es gab flächendeckenden Stromausfall.<br />

Lothar verursachte 1999 Schäden in Rekordhöhe von 11,5 Milliarden Euro europaweit. Kyrill war also der schwerste europäische Sturm<br />

seit acht Jahren und liegt mit geschätzten 10 Milliarden Euro nur marginal dahinter. Ein positiver Aspekt ist die viel geringer Anzahl an<br />

Todesopfern. 1999 starben an Lothar 110 Personen, während Kyrill 43 Menschen forderte. 6<br />

Abb.40 Orkan Kyrill zieht über den Hamburger Hafen<br />

4.4 Hurrikan Wilma<br />

Im nächsten Abschnitt wird die Entwicklung des Hurrikans Wilma erläutert, ein Schadensbericht<br />

geliefert und die <strong>Wiederaufbau</strong> oder Soforthilfemaßnahmen aufgeführt.<br />

4.4.1 Katastrophenverlauf<br />

Am 15. Oktober 2005 bildete sich der gewaltige Hurrikan Wilma. In diesem Jahr war es<br />

schon der dritte Hurrikan der 5.Stufe auf der Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala. Über den<br />

Zeitraum von 11 Tagen bewegte sich Wilma mit einem Radius von mehr als 800 Kilometer<br />

verhältnismäßig langsam fort. Durch Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometer pro<br />

Abb.41a Schadenbild <strong>nach</strong> Wilma


Stunde und einem Rekord-Luftdruck von 882 Hektopascal wurde Wilma als stärkster Wirbelsturm<br />

bis dato im Atlantik bezeichnet. Die betroffenen Regionen waren Jamaika, Haiti,<br />

Nicaragua, Mexiko, Cuba, Florida, Honduras, Belize und Costa Rica. Wilma war der achte<br />

Wirbelsturm der binnen 14 Monaten verzeichnet wurde. Seit Beginn der Wetteraufzeichnung<br />

gab es niemals eine solch hohe Anzahl an Wirbelstürmen. 7 Im Jahr 2006 wurde die<br />

Region von großen Hurrikans gänzlich verschont.<br />

4.4.2 Schäden<br />

In einigen Gebieten verweilte Wilma bis zu 36 Stunden und bescherte beispielsweise Cancun<br />

mehr als 1500 Liter Regen pro Quadratmeter. Wilma forderte 62 Todesopfer und verursachte<br />

einen Gesamtschaden von 24,3 Milliarden US Dollar.<br />

4.4.3 Maßnahmen<br />

Die verhältnismäßig geringe Anzahl an Todesopfern in Industrieländern ist der flächendeckende Bestand an baulichen Schutzmaßnahmen,<br />

wie dem Shelter (Schutzbunker, Keller), Sportstadien und Hallen zu verdanken. Das Hurrikanresistente Bauen an neuen Gebäuden<br />

wird zudem wichtiger. Strategien und bereitgestellte Infrastruktur für schnelle Evakuierung retten Menschenleben, aber können die ökonomischen<br />

Schäden nicht eindämmen.<br />

4.4.4 <strong>Wiederaufbau</strong> der Tourismusinfrastruktur<br />

Nachdem die Entstehung und Ursachen von Wirbelstürmen näher beleuchtet wurden, widmet<br />

sich dieses Kapitel dem <strong>Wiederaufbau</strong> der Tourismusinfrastruktur. Das von Hurrikan<br />

Wilma betroffene Gebiet in Cancun ist überraschenderweise seit dieser Naturkatastrophe<br />

für Investoren und Touristen viel attraktiver geworden. Die 120 bisher bestehenden Hotels,<br />

die beim Sturm gravierend beschädigt oder zerstört wurden, werden nun zu Luxusherbergen<br />

aufgerüstet. Außerdem wird die gegenwärtige Hotelkapazität in dieser Region von<br />

40.000 auf 100.000 Zimmer erhöht. Sogar ein neuer Flughafen nahe der Maya-Stadt Tulum<br />

ist schon beschlossen worden und noch weitere Hotelanlagen an der Küste der Riviera<br />

Maya befinden sich schon im Aufbau. In diesem aufstrebenden Ferienparadies Cancun leben<br />

derzeit noch 800.000 Menschen, jedoch erwartet Bürgermeister Francisco Alor für die<br />

Ferienregion einen jährlichen Bevölkerungszuwachs von 60.000 bis 80.000 neuen Bewohnern<br />

. 8<br />

Für diesen erwarteten Bevölkerungszuwachs müssen natürlich neuer Lebensraum und<br />

mehr Infrastruktur für die Zuwanderer geschaffen werden. Dafür sind große Immobilienprojekte<br />

wie luxuriöse Wohnanlagen schon in Planung oder bereits in der Umsetzung. Es<br />

gibt sehr viele Nordamerikaner und Europäer, die zunächst als Touristen angereist kommen,<br />

dann aber doch in Cancun auch investieren und ansässig werden.<br />

Das Risiko für weitere Wirbelstürme ist zwar in dieser Region immer noch vorherrschend,<br />

trotzdem ist dieser Aspekt keinesfalls hemmend auf den Immobilienmarkt und den momentanen<br />

Bauboom. Es wurden seither Skyscaper, deren Apartments für 150.000 bis zu<br />

mehreren Millionen US-Dollar angeboten werden, errichtet. Diese luxuriösen Betonbauten<br />

sollten anscheinend besonders resistent für Hurrikans sein 9 . Der <strong>Wiederaufbau</strong> und die<br />

Umrüstungen verschlangen bisher Beträge von vielen Millionen US-Dollar.<br />

Nun stellt sich die Frage, wieso die Gefahr vor weiteren <strong>Naturkatastrophen</strong> in solchen Gebieten<br />

einfach ignoriert wird, nur um Profit und Prestige zu erreichen. Denn wenn die gesamte<br />

Infrastruktur und auch die touristische Infrastruktur noch weiter ausgebaut wird,<br />

könnten beim nächsten Wirbelsturm noch mehr Schäden entstehen und natürlich mehr<br />

Menschenleben gefordert sein.<br />

Ein Hauptaspekt dieser Arbeit liegt bei den Notunterkünften, darunter werden verschiedene<br />

Entwürfe von Architekten vorgestellt und auf deren Konstruktion näher eingegangen.<br />

Abb.41b Schadenbild <strong>nach</strong> Wilma<br />

Abb.42 Boomender Immobilienmarkt an der mexikanischen<br />

Küste


Notunterkünfte werden vom Betreuungsdienst<br />

für die durch Schadensereignis obdachlos<br />

gewordene Bevölkerung eingerichtet<br />

und betrieben. Man unterscheidet die<br />

Unterkünfte anhand der Einsatzphase: Als<br />

Soforthilfe bezeichnet werden temporäre<br />

fliegende Bauten bezeichnet, die als erste<br />

und schnellste Hilfeleistung errichtet werden.<br />

Sie bieten Schutz vor unmittelbaren<br />

Witterungseinflüssen, die Bereitstellung<br />

eines „Daches“ in direkter zeitlicher Folge<br />

der Katastrophe. Sobald das Notwendigste<br />

für das bloße Überleben in den Katastrophengebieten<br />

bereitgestellt ist, erfolgt die<br />

Bereitstellung von Interims- bauten. Die Interimsbauten<br />

sind stabile, temporäre Bauten,<br />

die mit lokal angepassten Ver- und Entsorgungseinrichtungen<br />

ausgestattet sind.<br />

Sie sind <strong>nach</strong> praktischen Erwägungen<br />

erstellt, bewusst einfach und beengt ausgestattet.<br />

Wichtig ist dabei, den Bewohnern<br />

das Bewusstsein zu geben, dass es<br />

sich um eine Übergangslösung handelt, um<br />

das Bedürfnis <strong>nach</strong> einer richtigen Lösung<br />

aufrecht zu erhalten. Interimsbauten sind<br />

<strong>nach</strong> Möglichkeit wieder verwendbar, standardisiert,<br />

durch Laien zu montieren, auch<br />

ohne Fundament aufstellbar und möglichst<br />

haltbar, da die Dauer des Einsatzes nicht<br />

abgesehen werden kann. Sobald sich die Situation<br />

stabilisiert, folgt die direkte <strong>Wiederaufbau</strong><br />

-phase. Die Interimsbauten werden<br />

unter Berücksichtigung architektonischer<br />

und städtebaulicher Gesichtspunkte durch<br />

Dauerbauten ersetzt.<br />

Abb.43a Lebensretterhaus Abb.43b Lebensretterhaus<br />

Abb.44 Zelte vom Himmel<br />

Abb.45 Papphaus als Notunterkunft Abb.46 Schiffscontainer als Notunterkunft Abb.47 Nissenhaus<br />

Notunterkünfte


Soforthilfe<br />

5.1.1 Das Lebensretterhaus von<br />

dem Architekten Hansrüdi Böllinger<br />

Der Architekt entwickelte ein Katastrophenüberlebenshaus,<br />

das per Fallschirm<br />

auch auf schwer zugängliche Katastrophengebiete<br />

abgeworfen werden kann, in<br />

kürzester Zeit einsatzbereit ist und von den<br />

Geretteten in Selbsthilfe ausgebaut werden<br />

kann. Der abgeworfene Installationskern<br />

- ein Stahlrohr mit 120cm Durchmesser -<br />

wird mit seinem Fallschirm zu einem Zelt<br />

verspannt und enthält alle zum Leben notwendigen<br />

Einrichtungen (Sonnenkollektor,<br />

Dusche, Auffang für Regenwasser, Feuer/<br />

Herdstelle, Auflagerung für späteren Ausbau<br />

(z.B. Dachbalken).<br />

5.1.2 Zelte vom Himmel <strong>nach</strong><br />

Mainz<br />

Die Idee ist ähnlich dem Lebensretterhaus.<br />

Die Wigwams werden per Fallschirm<br />

als noch zusammengefaltete Pakete über<br />

Krisengebieten abgeworfen. Die daraus<br />

entstehenden Zelte ermöglichen das Überleben<br />

mit low-tech-Standard in allen geographischen<br />

Regionen. Das Paket wiegt<br />

inklusive aller technischen Ausrüstungen<br />

250kg und beinhaltet ein leichtes Traggerüst<br />

aus teleskop- artigem Alu-Dreifuss.<br />

Die Zelthäute werden aufgefaltet, die großen<br />

Stofftaschen in der Außenhaut je <strong>nach</strong><br />

Standort mit Sand oder Eis gefüllt und damit<br />

stabilisiert und ausgesteift. Der Raum<br />

- Höhe 7m, Durchmesser 5m - reicht für bis<br />

zu 8 Personen. Im Kern des zweigeschossigen<br />

Raumes befindet sich eine Nasszelle<br />

aus wasserfester textiler Membran mit Toilette,<br />

Dusche, faltbarem Waschbecken und<br />

Kochgelegenheit. Ein Frischwassertank<br />

dient beim Abwurf als Aufprallkissen. Die<br />

Energieversorgung erfolgt über separate<br />

Solarzellen und Windgeneratoren (Ausrüstung<br />

mit Sattelitentelefon etc. ist möglich).<br />

Abb.48a Falthaus außen<br />

Abb.48b Falthaus innen<br />

Abb.49a Papphäuser in Kobe<br />

Abb.49b Papphäuser in Kobe<br />

5.1.3 Papphäuser aus Düsseldorf<br />

Hierbei handelt es sich um Studienergebnisse<br />

über Notunterkünfte aus Wellpappe.<br />

Die Vorteile des Baustoffes Pappe wurden<br />

im Hinblick auf die Kosten, leichte Transportier-<br />

und Stapelbarkeit, leichte Selbstmontage,<br />

die besondere bauphysikalischen<br />

Eigenschaften und seine Wiederverwendbarkeit<br />

hin untersucht. Das institute<br />

of paper chemistry entwickelte einen<br />

Versuchsbau aus schwefel- imprägnierter<br />

Pappe als tragbare Notunterkunft. Das<br />

Haus hatte eine Grundfläche von 2,40 mal<br />

4,80 m, kostete 60 US-Dollar und konnte<br />

von einer Person aufgestellt werden. Für<br />

die Olympiade 1972 in München und Kiel<br />

wurden von der Gruppe 3h-design Papppolyeder<br />

als Interimsbauten für verschiedene<br />

Nutzungen aufgestellt.


Abb.50 Entwurf eines aufblasbaren Zeltes als Notunterkunft in Krisengebieten<br />

Kindergärten, Sozialzentren oder andere Zwecke eignen. Beim Einsatz in Katastrophengebiet ist zudem jeder Container gleichzeitig als<br />

Transportcontainer für andere Hilfsgüter verwendbar.<br />

5.2.2 Falthaussystem<br />

Verwendungsmöglichkeiten für diesen mobilen Hausbau: Nutzung als Wochenende- und Ferienhaus, Quartier für Asylbewerber, Wohnraum<br />

für Obdachlose <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong>. Der Haustyp wurde für den Transportzustand auf die ungefähren Maße eines 40-fuß-Containers<br />

gebracht. Er ist mit geringem Personalaufwand innerhalb kürzester Zeit montierbar und kann bei Bedarf schnell demontiert und<br />

an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden. Das Haus wird komplett - mit Inneneinrichtung - vom Werk in einem Stück hergestellt.<br />

5.2.3 Nissenhütten <strong>nach</strong> dem Erfinder P.N. Nissen<br />

Vorläufer der Nissenhütten sind in England schon seit 1840 gebräuchliche Gebäude aus Blechteilen, die vorrangig in den Kolonien in wärmeren<br />

Gebieten, z.B. Afrika aufgebaut wurden. Sie waren kosten- günstig, von geringem Gewicht und daher leicht zu transportieren. Der<br />

Engländer P. N. Nissen entwickelte diese Wellblechhütten in Form einer halbierten Tonne, die aus einfach fabrizierten Teilen an Ort und<br />

Stelle zusammengebaut werden. Die Stirnseiten werden mit Holzwänden ausgesteift. In Deutschland erfolgte der Einsatz insbesondere in<br />

den britisch besetzten Gebieten <strong>nach</strong> dem II. Welt- krieg. In Hamburg allein wohnten <strong>nach</strong> dem Krieg 10 000 Menschen in solchen Hütten,<br />

teilweise wurden sie bis 1959 genutzt.<br />

Die Hütten wurden in vorgefertigten Einzelteilen in großen Stückzahlen aus England importiert. Sie basierten auf einem Modulsystem in<br />

variabler Länge und waren mit Wohnküche, zwei Schlaf- zimmern, Speisekammer und Abstellraum ausgestattet. Auf einer Wohnfläche<br />

von 40 qm wohnten meist 2 Familien, oft waren bis zu 10 Leute untergebracht.<br />

5.2.4 Papphäuser in Japan von Shigeru Ban<br />

Interimsbauten<br />

5.2.1 Gebrauchte Schiffscontainer<br />

von R. Häfelfinger<br />

1980 gründete der Schweizer Architekt die<br />

Hilfsorganisation interaid, die zu günstigen<br />

Preisen beschlagnahmte Schiffscontainer<br />

(6 x 12 m) erwirbt und zu Wohncontainern<br />

umbaut. Die Organisation übernimmt den<br />

Transport ins Katastrophengebiet und<br />

stellt sie dort der betroffenen Bevölkerung<br />

gratis zur Verfügung. Nach dem <strong>Wiederaufbau</strong><br />

der Häuser werden die Wohncontainer<br />

von interraid zurück- transportiert,<br />

überholt und deponiert um bei einer neuen<br />

Katastrophe sofort wieder zum Einsatz bereit<br />

zu stehen. Mehrere Container können<br />

sowohl horizontal nebeneinander als auch<br />

vertikal übereinander angeordnet werden.<br />

Durch Entfernen der Längswände nebeneinander<br />

angeordneter Container lassen<br />

sich zudem Nutzräume von doppelter oder<br />

mehrfacher Nutzfläche eines Containers<br />

bilden, die sich ideal für Schulräume,<br />

Die Tragkonstruktion der Gebäude bestehen aus Pappröhren, die aus verleimten Lagen von Recyclingpapier hergestellt werden. Mittels<br />

eines Stecksystems werden die Röhren miteinander verbunden. Die Aufsockelung geschieht durch mit Sandsäcken beschwerte Plastikbierkästen.<br />

Innerhalb von 6 Stunden kann eine der Wohnhütten, die vier Personen Unterschlupf bietet, aufgestellt werden.<br />

Nach den erläuterten Soforthilfemaßnahmen, werden im nächsten Teil neue Baukonstruktionen und Projekte diskutiert, die Möglichkeiten<br />

finden wollen, die Städte für weitere Naturgewalten sicherer zu gestalten, die Infrastruktur stimmig zu lenken und an einige Umweltanforderungen<br />

bei der Planung zu denken.


Die Naturgewalt Hurrikan Katrina<br />

Hurrikan Katrina war ein tropischer Wirbelsturm, der im August 2005 in den südöstlichen<br />

Teilen der USA, insbesondere aber an der dortigen Golfküste enorme Schäden anrichtete.<br />

Der Hurrikan, der zeitweise die Stufe 5 erreichte, gilt als eine der verheerendsten <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Zu den betroffenen Bundesstaaten<br />

gehören Florida, Louisiana (besonders der Großraum New Orleans), Mississippi, Alabama<br />

und Georgia. Durch den Sturm und seine Folgen kamen etwa 1.800 Menschen ums<br />

Leben, <strong>nach</strong>dem zeitweise über 10.000 Opfer erwartet worden waren. Der Sachschaden<br />

beläuft sich auf etwa 81 Milliarden US-Dollar. Die Deiche des Mississippi River bei New<br />

Orleans hielten; jedoch brachen die kleineren Wände von zwei Führungen. Da die Stadt<br />

New Orleans sich zwischen dem Brackwassersee Lake Pontchartrain und dem Mississippi<br />

sowie unterhalb von deren Wasserspiegel befindet, standen <strong>nach</strong> dem Bruch der Dämme<br />

bis zu 80 % des Stadtgebietes bis zu 7,60 Meter tief unter Wasser. Am 23. August bildete<br />

sich bei den südöstlichen Bahamas das zwölfte tropische Sturmtief der Saison als Folge<br />

der Wechselwirkung einer tropischen Welle und den Überbleibseln des zehnten tropischen<br />

Sturmtiefs. Unter günstigen Voraussetzungen konnte sich daraus schon am Morgen des<br />

nächsten Tages ein gewaltiger tropischer Sturm entwickeln, der fortan den Namen „Katrina“<br />

trug. Am 27. August erreichte der Sturm die dritte Stufe der Saffir-Simpson-Hurrikan-<br />

Skala, wodurch er zum dritten Großen Hurrikan des Jahres anwuchs. Am Morgen des 28.<br />

August 2005 wurde er schließlich Stufe 5 eingestuft und um ein Uhr <strong>nach</strong>mittags erreichte<br />

er seine maximale Stärke. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, war Katrina mit Windgeschwindigkeiten<br />

von bis zu 280 km/h, Sturmböen von bis zu 344 km/h und einem niedrigsten<br />

Luftdruck von 902 mbar einer der schwersten Stürme im Golf von Mexiko. Am 31.<br />

August 2005 hat sich der Hurrikan aufgelöst. 1<br />

Wie gezeigt, sind die Folgen von Wirbelstürmen, ganz egal ob Tornado, Orkan oder Hurrikan,<br />

in vielen Fällen verheerend. Neben den oftmals hohen Zahlen an Todesopfern sind es<br />

besonders die wirtschaftlichen Schäden, die einen langen Schatten <strong>nach</strong> sich ziehen. Dabei<br />

könnte ein großer Teil dieser Schäden vermieden werden, wenn sich die lokalen Behörden<br />

verstärkt um entsprechende Maßnahmen in Städteplanung und Baukonstruktion bemühen<br />

würden. Einige dieser Möglichkeiten werden im Folgenden dargestellt.<br />

6.1 Bauliche und städteplanerische Maßnahmen <strong>nach</strong> Hurrikan Katrina<br />

Man konnte zwar <strong>nach</strong> dem Hurrikan Katrina große Zerstörungen feststellen, jedoch blieben<br />

auch einige wenige Gebäude unbeschädigt. Beispielsweise überlebte die „new family<br />

live church“ fast unbeschädigt, da sie der „monolithic dome“-Bauweise <strong>nach</strong>empfunden<br />

wurde, die im folgenden Abschnitt näher erläutert wird.<br />

Abb.51 Schadenbild <strong>nach</strong> Katrina<br />

Abb.52 Schadenbild <strong>nach</strong> Katrina


Die „monolithic domes“ sind sogar gegen<br />

Erdbeben, Tornados und Hurrikans beständig<br />

und haben bereits die Hurrikans Ivan,<br />

Dennis und Katrina überstanden. Sie sind<br />

wegen des speziellen Wandaufbaus feuerresistent<br />

und sind von der Form her sehr<br />

variabel, d.h. sie können sehr groß oder<br />

sehr klein gebaut werden. Die Funktionen,<br />

die die Domes einnehmen, sind auch sehr<br />

unterschiedlich, unter anderem Schulen,<br />

Kirchen, Sporthallen und Wohnhäuser.<br />

Die 1999 patentierte „crenosphere“- Form<br />

diente als Vorlage für die Konzeption der<br />

„monolithic domes“. Diese Domes haben<br />

den Vorteil, dass sie sehr energieeffizient<br />

und pflegeleicht sind und es sich hierbei,<br />

um eine sehr ökonomische Bauweise handelt.<br />

Sie sind sehr leicht an die natürliche<br />

Umgebung und Topographie anzupassen,<br />

wobei das Innendesign unabhängig von der<br />

Größe des Hauses ist. Diese Häuser sind<br />

bereits in 48 Staaten in den USA eingesetzt<br />

worden, sowie bei einem <strong>Wiederaufbau</strong>projekt<br />

in Indonesien.<br />

6.1.2 Nachteile der „monolithic domes“<br />

Die „monolithic domes“<br />

Obwohl diese Bauweise sehr ökonomisch und effizient ist, sind die Häuser relativ geschlossen, d.h. dass eine automatische Lüftung und<br />

Entfeuchtung unerlässlich macht. Zusätzlich kommt die Form des Hauses bei zukünftigen Eigenheimbesitzern nicht so gut an, da die Form<br />

eher gewöhnungsbedürftig erscheint und nicht wohntauglich. 2<br />

6.1.3 Konstruktion der „monolithic domes“<br />

Abb.53a Monolithic dome<br />

Abb.53b Monolithic dome<br />

Die ballonähnliche Form der „monolithic domes“ besteht aus PVC verstärktem Nylon oder<br />

Polyester. Diese „Airform“ wird individuell angefertigt und dient als Grundlage für die ganze<br />

Struktur und Form des Gebäudes. Sie ist <strong>nach</strong> Fertigstellung des Gebäudes nur noch, anhand<br />

der Dachmembrane zu erkennen. Nach den folgenden Abbildungen wird ersichtlich,<br />

wie so ein Dome erbaut wird. Zunächst wird ein kreisförmiges Fundament angelegt, das<br />

mit Stahlgittern verstärkt wird. Die Airform wird auf das Fundament gelegt und mit Hilfe<br />

von Ventilatoren in die richtige Form geblasen. Die Ventilatoren sind bis zum Ende der Bauzeit<br />

für die Erstellung und die Erhaltung der speziellen Form essentiell. Da<strong>nach</strong> wird Polyurethanschaum<br />

auf die innere Oberfläche der Airform gesprüht, um das Haus von Außen<br />

abzudichten und vor Regen, Wind und Kälte zu schützen. Dabei wird eine Schaumschicht<br />

Abb.53c Monolithic dome<br />

Abb.54 Konstruktion Phase 1


von ca. 7,60 cm an der Wand angebracht,<br />

um zusätzlich das Stahlgittern vorm Rosten<br />

zu bewahren. Diese Stahlkonstruktion ist<br />

durch horizontale und vertikale Stahlbände<br />

an den Schaum befestigt. Die kleinen<br />

Domes benötigen nur einen kleinen Durchmesser<br />

Stäbe mit größeren Abständen,<br />

größere Domes dagegen einen größeren<br />

Durchmesser mit kleineren Abständen. Für<br />

die Innenoberfläche wird eine spezielle Betonmischung,<br />

der so genannte Spritzbeton,<br />

angelegt. Die Stahlbewehrung wird dann in<br />

den Beton eingebaut und darauf noch 7,60<br />

cm Beton angelegt.<br />

Der Eingang der Airform besteht aus einer<br />

Doppeltür mit Luftschleuse, damit der<br />

Druck konstant bleibt. Nachdem die letzte<br />

Betonschicht angebracht wird, können die<br />

Ventilatoren abgeschaltet werden. 4 6.2 6.<br />

Abb.57 Fertigkonstruktion<br />

Abb.55 Kostruktion Phase 2<br />

Abb.56 Konstruktion Phase 3


<strong>Wiederaufbau</strong>konzept „bring new orleans back“<br />

Den Wissenschaftlern war schon vor dem Hurrikan „Katrina“ bewusst, dass New Orleans nur durch weitreichende Schutzmaßnahmen<br />

an der Küste zu retten und zu erhalten ist. Ansonsten würde der Stadt der Untergang durch zukünftige Wirbelstürme bevorstehen. Das<br />

Projekt „bring new orleans back“ setzt sich als Ziel, eine Zukunft für die Stadt gewährleisten zu können.<br />

Abb.58 Überschwemmungsgebiete und deren Pegelstand zum Zeitpunkt der Überschwemmungen<br />

Abb.59 Dauer der Überschwemmung<br />

6.2.1 Der Schadenbericht <strong>nach</strong><br />

Hurrikan „Katrina“<br />

Hurrikan „Katrina“ war zwar eine nationale<br />

Katastrophe, jedoch sind die immensen<br />

Schäden nicht allein durch diese<br />

Naturgewalt verschuldet worden, sondern<br />

hauptsächlich durch das Versagen der<br />

Dammsysteme. Der Zusammenbruch der<br />

Dämme verursachte weitläufigere Überschwemmungen<br />

auf größeren Flächen,<br />

als bis zu dem Zeitpunkt zu erwarten<br />

war. Die mangelhafte Bauweise und die<br />

fehlerhaften und überalteten Stellen an<br />

den Dämmen waren zwar bekannt, jedoch<br />

wurde von den zuständigen Behörden und<br />

Verantwortlichen bis zum Eintritt der Katastrophe<br />

nichts unternommen. Es wären<br />

zur Prävention schon im Vorfeld Verbesserungen<br />

und teilweise neue Dammsysteme<br />

von nötig gewesen, um die Ausmaße<br />

dieser Katastrophe verhindern zu können.<br />

Die gravierenden Überschwemmungen<br />

mit sehr hohem Wasserstand richteten<br />

immense Schäden an. Nur 60 cm Pegelstand<br />

sind im Stande, die elektrischen und<br />

mechanischen Anlagen zu beschädigen. Im<br />

Fall „Katrina“ wurde ein Pegel von 120 cm<br />

Wasser verzeichnet. Darüber hinaus verloren<br />

im Zuge dieser Überschwemmungen<br />

mehr als 240 000 Menschen, also mehr als<br />

die Hälfte der Einwohner der Stadt, ihre<br />

Häuser und ihren Besitz. Außerdem war<br />

ein Verlust von mehr als 200 000 Arbeitsplätzen<br />

zu verzeichnen.<br />

6.2.2 New Orleans: Zentrum für<br />

Wirtschaft und Kultur<br />

New Orleans ist das Zentrum der Metropolregion<br />

mit mehr als 600 Milliarden US-Dollar<br />

Wirtschaftskraft dar und hat somit eine<br />

große Bedeutung für die nationale Ökonomie,<br />

hauptsächlich mit der Petrochemie<br />

und anderem Gewerbe. Der Hafen von New<br />

Orleans zählt zu den größten Häfen der Welt<br />

und ist für den internationalen Austausch<br />

von Gütern und Leistungen essentiell. Außerdem<br />

stellt New Orleans ein internationales<br />

Kulturgut mit hoher geschichtlicher


und kultureller Bedeutung dar, wo man<br />

auch hochrangige und im internationalen<br />

Vergleich angesehene Forschungs- und<br />

Ausbildungseinrichtungen und Kapazitäten<br />

im Bereich Medizin vorfindet. Es wurden<br />

<strong>nach</strong> den Überschwemmungen 38 000<br />

Grundstücke in den historischen Bezirken<br />

registriert, die teilweise beschädigt oder<br />

völlig zerstört wurden, die für die Nachwelt<br />

und als Kulturgut für die Menschheit einfach<br />

verloren gingen.<br />

6.2.3 Planausführung<br />

Der <strong>Wiederaufbau</strong>plan von New Orleans<br />

basiert auf vier Elementen, dem Überschwemmungs-<br />

und Sturmwasserschutzplan,<br />

dem Verkehrsinfrastrukturplan,<br />

der Park- und Freiraumplanung und dem<br />

Wohnviertelwiederaufbauplan.<br />

Im folgenden Abschnitt werden diese vier<br />

Entwürfe für den <strong>Wiederaufbau</strong> der Stadt<br />

näher erläutert.<br />

6.2.3.1 Überschwemmungs- und<br />

Sturmwasserschutzplan<br />

Es wurde im Rahmen des Projekt ein umfassendes<br />

System mit mehreren Schutzmaßnahmen,<br />

wie den am Stadtrand platzierten<br />

Dämmen, den Pumpen, den Schleußen,<br />

den internen Dämmen mit eigenen separaten<br />

Pumpen und der Rekonstruktion<br />

der Sumpfgebieten, erarbeitet. Anhand<br />

der Abbildung 19 kann man auf dem Überschwemmungsplan<br />

die Verteidigungslinie<br />

der Überschwemmungs- und Sturmwasser<br />

erkennen. Der parallel zur Küste verlaufende<br />

Kanal wurde durch Kanalpumpen<br />

vom Stadtzentrum in die Nähe des Sees<br />

abgelenkt, sodass das Hochwasser nicht<br />

ins Zentrum gelangt. Der industrielle Kanal<br />

muss im Zuge dessen geschlossen werden,<br />

um das Gewerbegebiet zu schützen.<br />

6.2.3.2 Die Verkehrsplanung<br />

Mit dem Verkehrsinfrastrukturplan<br />

verfolgen die verantwortlichen Planer<br />

das Ziel, die S-Bahn ähnlichen Verkehrsnetze<br />

weiter zu entwickeln und besser<br />

auszubauen, um das gesamte Stadt- und<br />

Umlandgebiet abzudecken. Die Nutzung<br />

des Bahnnetzes sollte durch den Ausbau<br />

für Jedermann attraktiver werden, da alle<br />

Bereiche der Stadt schneller zu erreichen<br />

wären. Die Bahn sollte als Alternative für<br />

den PKW zum bevorzugtem und umweltschonenderen<br />

Verkehrsmittel für die Bewohner<br />

der Stadt werden. Die öffentlichen<br />

Verkehrsmittel sollten die Wohngebiete<br />

jeweils mit dem Stadtzentrum und den<br />

Gewerbegebieten möglichst gut verbinden,<br />

Abb.60 Überschwemmungsschutzplan<br />

Abb.61 Verkehrsplanung


Abb.62 Park- und Freiraumplanung<br />

Abb.63 Wohnviertelwiederaufbauplan<br />

um den motorisierten Individualverkehr<br />

einschränken und umlenken zu können.<br />

6.2.3.3 Die Park- und Freiraumplanung<br />

Die Park- und Freiraumplanung verfolgt<br />

das Ziel, allen Bewohner einen Zugang zu<br />

Parkanlagen und Freiräumen zu gewährleisten<br />

und anzubieten. Dabei sollte jedes<br />

Wohnquartier eine Grünfläche erhalten,<br />

die dann an multifunktionaler Bedeutung<br />

gewinnt. Die Parks sollen die Wohngebiete<br />

mit den Gewerbegebieten verknüpfen und<br />

dadurch auch die Lebensqualität dieser Gebiete<br />

erhöhen. Sie stellen zusätzlich auch<br />

noch einen Teil des Sturmwassermanagmentsystems<br />

dar, da der Boden der Grünflächen<br />

mehr Wasser aufnehmen kann und<br />

somit keine Pumpen angebracht werden<br />

müssen. Es scheint als hätte die Stadt- und<br />

Verkehrsplanung von ihren Fehlern vor der<br />

Katastrophe „Katrina“ gelernt und vermeidet<br />

nun weitere Versiegelung von Flächen<br />

und geht besser auf die Anforderungen an<br />

die Natur ein. Deshalb versuchen sie auch<br />

mit dem Entwurf, Frei- und Grünflächen in<br />

das Stadtbild zu integrieren.<br />

6.2.3.4 <strong>Wiederaufbau</strong>planung der<br />

Wohnviertel<br />

Das Konzept des Wohnviertelwiederaufbauplans<br />

hat eine Zentralisierung der Wohnquartiere<br />

zum Ziel, um den Flächenverbrauch<br />

zu minimieren. Die Planer wollten<br />

möglichst kurze Wege für die Bewohner<br />

zwischen den Wohnviertel, dem Zentrum<br />

und den Gewerbegebieten erreichen, um<br />

die Verkehrsbelastung einzuschränken und<br />

somit die Umweltbelastung zu verkleinern.<br />

Jedes Wohnviertel weist eine komplette<br />

Infrastruktur mit der Kanalisation, Dienstleistungen,<br />

dem Verkehrswegenetz für den<br />

motorisierten Individualverkehr und dem<br />

öffentlichen Personennahverkehr, öffentlichen<br />

Bildungseinrichtungen, kulturellen<br />

und öffentlichen Institutionen, Denkmälern,<br />

medizinischer Infrastruktur, Parks<br />

und Anbindung an die Gewerbegebiete<br />

auf. 5 Nachdem wir uns den <strong>Wiederaufbau</strong>maßnahmen<br />

und neue widerstandfähigen<br />

Baukonstruktionen in den betroffenen Gebieten<br />

gewidmet haben, werden wir nun die<br />

technischen Möglichkeiten zur Prävention<br />

näher beleuchten. Die Messgeräte, wie z.B.<br />

Satelliten und Radargeräte, werden zukünftig<br />

für Wirbelsturm-Frühwarnsysteme eine<br />

wichtige Rolle spielen, wenn sie sich so<br />

schnell wie bisher weiter entwickeln werden.<br />

Dadurch wäre es bald möglich, solche<br />

Katastrophen in diesen Gebieten schon viel<br />

früher zu erkennen und die Gefahr zu mindern<br />

oder zu vermeiden.


7 Technische Möglichkeiten zur Prävention<br />

Durch Satelliten können zwar Wirbelstürme schon sehr früh erkannt werden, jedoch werden häufig vermeintlich harmlose Tiefdruckgebiete<br />

unterschätzt, die dann plötzlich eine höhere Zerstörungskraft entfalten, als man anfangs vermutet hatte. Trotz sehr früher Warnung<br />

ist es meist nicht möglich, die Sturmschäden zu begrenzen. Es bleibt meistens keine andere Alternative, als die betroffenen Landstriche<br />

zu evakuieren. Hauptsächlich in Florida kommt es in regelmäßigen Abständen zu solchen Wetterphänomenen. Dabei werden die Menschen<br />

gezwungen ihren Besitz zurückzulassen und die ausgeschilderten Fluchtwege zu ergreifen.<br />

Im Zuge dessen müssen also Maßnahmen zum Schutz der Erdatmosphäre und der Menschen in solch betroffenen Gebieten getroffen<br />

werden. Sehr viele Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass die Anzahl und Stärke von Wirbelstürmen in Zukunft noch weiter zunehmen<br />

wird, da sich die Atmosphäre langsam weiter aufheizen wird. Durch die globale Erwärmung steigt die Gefahr der <strong>Naturkatastrophen</strong>,<br />

insbesondere die Gefahr von Orkanen, die für rund die Hälfte aller Katastrophenschäden verantwortlich sind 10<br />

7.1 Vorhersagen von Hurrikans<br />

In den USA verwendet der National Weather Service (NWA) unterschiedliche Alternativen zur Beobachtung von Wirbelstürmen. Dabei<br />

werden indirekte Messungen durch Satelliten durchgeführt, solange sich die Hurrikans in großer Entfernung zum Festland auf dem<br />

Meer befinden. Aber auch Schiffe und Wetterbojen liefern Daten und Fakten zu aktuellen tropischen Stürmen. Wenn sich die Wirbelstürme<br />

innerhalb von 200 km Küstenentfernung bewegen, werden auch Radargeräte für die Messungen eingesetzt. Bei Annäherung<br />

des Sturmes an die Küste können direkte Messungen durch Erkundungsflugzeuge, Radiosonden und automatische Oberflächenüberwachungsstationen<br />

(ASOS) vollzogen werden. Zur Vorhersage der Sturmintensität und der Zugbahn mittels Computer erstellte Modelle<br />

benötigen die Wissenschaftler eine Menge Daten über die Atmosphäre. Die Hauptfehlerquellen für Hurrikanvorhersagen werden durch<br />

unzureichende Beobachtungen, Fehlern und schlechtem Datenmaterial hervorgerufen.<br />

7.1.1 Satelliten<br />

Die primären Beobachtungssysteme sind die „Geostationary Environmental Satellites“ (GEOS) für Amerika, der METEOSAT für Europa<br />

und der INSAT für Indien. In einer Höhe von 22.000 km umkreisen die GEOS die Erde über dem Äquator und schicken regelmäßig in halbstündigen<br />

Abständen Aufnahmen zur Erde. Die Forscher können mit diesen Bildern den Aufenthaltsort, die Größe, die Bewegungsrichtung<br />

und die Intensität des Hurrikans abschätzen. Dadurch ist es den Wissenschaftlern möglich, atmosphärische Auslöser für besonders<br />

starke Wetterphänomene wie Tornados, Gewitter, Hagelstürme und Hurrikans festzustellen. Die Instrumente der Satelliten können<br />

dabei ausgesendete und reflektierte Strahlung messen, von denen Temperatur, Winde, Luftfeuchtigkeit und Wolken in der Atmosphäre<br />

ausgemacht werden können.<br />

7.1.2 Schiffe und Bojen<br />

Schiffe und Bojen liefern zusätzliche Daten und Informationen über Windgeschwindigkeit und –richtung, Luftdruck, Meeres- und Lufttemperatur<br />

und Seegang innerhalb eines tropischen Zyklons. Sie sind als einzige Quellen imstande während eines Zyklons ungehinderte<br />

Messungen auf dem Ozean vorzunehmen.<br />

7.1.3 Radiosonden<br />

Die Radiosonde ist mit einem kleinen, mit Instrumenten gefüllten Paket und einem Sender, die an einem großen Ballon angebracht<br />

sind, ausgestattet. Der Ballon, der durch die Atmosphäre schwebt, kann die Lufttemperatur, -feuchtigkeit und –druck messen. Die<br />

Informationen werden zu einem Computer einer Wetterstation geschickt und übertragen. Zusätzlich können sogar mit den Sonden die<br />

Windgeschwindigkeit und –richtung berechnet werden. Es entsteht jedoch ein großes Informationsdefizit über den Ozeanen, da die Sonden<br />

nur über dem Festland freigelassen werden. Die Forscher bedienen sich auch einer Variante der Radiosonden, die vom Flugzeug aus<br />

in den Wirbelsturm fallengelassen werden, um sie besser erforschen zu können.<br />

7.1.4 Erkundungsflugzeuge<br />

Um die Winde in einem Hurrikan zu messen, ist es die direkte Methode, Flugzeuge in den Sturm fliegen zu lassen. Jedoch sind die<br />

Möglichkeiten dieser Methode sehr begrenzt, da sie nur Anwendung finden kann, bis der Hurrikan in die Nähe des Festlandes gelangt.<br />

Für die Vorhersage eines Sturms sind diese Informationen trotzdem sehr wichtig. Dafür bedient sich die U.S. Air Force Reserve speziell<br />

ausgerüsteten C-130 Flugzeugen, die in das Zentrum des Hurrikans fliegen und dabei Wind, Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit<br />

messen und eine genaue Positionsangabe des Auges machen 11 .<br />

7.1.5 Radar<br />

Die Radargeräte sind im Stande einen Hurrikan, sobald er sich der Küste nähert, zu erkennen und anzuzeigen. Der Radar stellt Daten<br />

über Windfelder, Regenintensität und die Bewegung des Sturmes zur Verfügung. Somit können lokale Wetterstationen, die diese Daten<br />

empfangen, kurzzeitige Warnungen vor Überflutungen, Tornados und starken Winden für bestimmte Gebiete ausrufen.


7.1.6 Oberflächenüberwachungsgeräte - Die Automatic Surface Observation Services – ASOS<br />

Es gibt in den USA über 850 Stellen, an denen die Oberflächenüberwachungsgeräte aufgestellt wurden. Sie übermitteln ständig Informationen<br />

über das Wetter. Dieses System funktioniert jedoch nur auf dem Land, sodass ein Hurrikan davon auch nur wahrgenommen wird,<br />

wenn er sich der Küste nähert. Die ASOS messen und ermitteln die Wolkenhöhe, die Niederschlagsart (Regen, Schnee), Hagel, Niederschlagsmenge,<br />

Luftdruck, Temperatur, Windgeschwindigkeit und –richtung und Luftfeuchtigkeit.<br />

7.1.7 Probleme der Vorhersagen<br />

Ein Meteorologe hat für eine gute Vorhersage den Anspruch, dass er innerhalb von 50 Kilometern die Windgeschwindigkeit eines Sturms<br />

mit einer Abweichung von 12 km/h, 12 Stunden bevor dieser die Küste erreicht, erkennen kann. Dagegen will der Katastrophenmanager<br />

den Standort und die Stärke eines Sturms mit einer exakten Genauigkeit, 72 Stunden bevor er ans Festland geht, wissen. Es entstehen<br />

auch häufig Fehler bei Vorhersagen einerseits durch Ungenauigkeiten bei der Beobachtung und andererseits durch unvollständige<br />

Daten über die physischen Bedingungen eines Hurrikans und die Atmosphäre, in der er entsteht. Ein Problem ergibt sich auch vor<br />

allem auf See, ausreichende Beobachtungsdaten für die Erstellung eines Computermodells zu sammeln. Beispielsweise können die<br />

Beobachtungsmethoden unter den besten Bedingungen den Sturm nur innerhalb von sechs Kilometern aufspüren und lokalisieren.<br />

Infrarotsatelliten könnten unter schlechten Bedingungen den Aufenthaltsort eines Sturms sogar um bis zu 100 Kilometer verfehlen. Alle<br />

Gesichtspunkte einer Vorhersage von Hurrikanstrukturen und –verhalten können durch die Fehler und Ungenauigkeiten bei der Erfassung<br />

beeinflusst werden. Die Meteorologen haben also als Ausgangspunkt eine große Menge an Daten, die sie analysieren müssen. Sie<br />

müssen zusätzlich unterschiedliche Ergebnisse aus Computermodellen auswerten und den besten Vorschlag eines 3-Tage-Pfads und<br />

einer Vorhersage der Intensität berechnen. Diese Resultate aus den Auswertungen liefern eine Übersicht über die sich verändernden<br />

Bedingungen. Somit kann die betroffene Bevölkerung frühzeitig gewarnt werden.<br />

Zum Schluss wird noch ein Ausblick in die Zukunft gewagt und ein Projekt vorgestellt, in dem die Wissenschaftler mit Comutermodellen<br />

versuchen, die Wirbelstürme zu simulieren und zu manipulieren 12 .<br />

7.2 Computermodelle zur Simulation der Wirbelstürme<br />

Die Wissenschaft beschäftigt sich gerade mit Versuchen anhand von Computermodellen, die einen Hurrikan abschwächen oder ablenken<br />

sollen. Dafür sind Präzise und detaillierte Vorhersagen der Entwicklung eines Wirbelsturmes und die genaue Kenntnis der Mechanismen,<br />

die einen Wirbelsturm entstehen und anwachsen lassen als Voraussetzung grundlegend.<br />

7.2.1 Wolkenimpfung - Erste Impfversuche per Flugzeug<br />

Die ersten Versuche zur Zähmung der Wirbel konzentrierten sich auf das Eingreifen in den Kondensationsprozess, da Hurrikans ihre<br />

Energie zum größten Teil aus der Wärme beziehen, die bei der Kondensation von Wasserdampf zu Wolken und Regen freigesetzt wird.<br />

In den 60er Jahren war die Wolkenimpfung dafür das einzig durchführbare Verfahren. Ein wissenschaftliches Beratungsgremium der<br />

US-Regierung testete im Rahmen des Projekts „Sturmwut“(„Stormfury“) mit einer Reihe von Experimenten die Machbarkeit dieses Ansatzes.<br />

Die Forscher wollten mit dieser Methode den Niederschlag im ersten Regenband außerhalb des Auges verstärken und dadurch<br />

die Entwicklung des Hurrikans bremsen. Sie impften dazu die Wolken mit Silberiodidkristallen, die aus den Flugzeugen abgeworfen<br />

wurden. Diese Kristalle sollten als Kondensationskeime in dem unterkühlten Wasserdampf, der in die höchsten und kältesten Regionen<br />

des Wirbels aufgestiegen war, Eispartikel entstehen lassen. Somit sollten die Wolken schneller anwachsen und die Vorräte an feuchtwarmer<br />

Luft über der Meeresoberfläche aufbrauchen, die sonst die anwachsende Augenwand füttern würden. Dadurch sollte der Radius<br />

des Auges zunehmen und die Stärke des Hurrikans entsprechend abnehmen. Nach heutigem meteorologischem Forschungsstandard<br />

ist das Impfen von Hurrikanwolken mit Kondenskeimen wenig wirksam, da die Luft im Wirbel entgegen früheren Vermutungen kaum<br />

unterkühlten Wasserdampf enthält.<br />

7.2.2 Gegenwärtige Untersuchungen mit der Chaostheorie<br />

Als chaotisch bezeichnet man ein System, das vom Zufall bestimmt scheint, tatsächlich aber präzisen Regeln gehorcht. Dieses System<br />

zeichnet sich durch eine hohe Empfindlichkeit gegenüber den Anfangsbedingungen aus, wodurch minimale Störungen häufig tief<br />

greifende Auswirkungen haben, die innerhalb kürzester Zeit unvorhersehbare Folgen <strong>nach</strong> sich ziehen. Bei Hurrikans werden durch<br />

winzige Modifikationen der Meerestemperatur, der Lage großräumiger atmosphärischer Strömungssysteme und sogar der Form der<br />

um das Auge rotierenden Regenwolken, die Zugbahn und Stärke des Sturms stark beeinflusst. Wissenschaftler der Firma Atmospheric<br />

and Environmental Research (AER) modellieren Hurrikans im Computer und suchen <strong>nach</strong> Möglichkeiten, die den Sturm steuern oder die<br />

Windgeschwindigkeit drosseln könnten. Das Verhalten früherer Wirbelstürme wird dabei simuliert und dabei die Auswirkungen verschiedener<br />

Eingriffe getestet 13 .<br />

7.2.3 Manipulation im Modell<br />

Durch die besten Computermodelle wird versucht, die Hurrikans <strong>nach</strong>zubilden und zu manipulieren. Man kann den Zustand der Atmosphäre<br />

durch physikalische Variablen wie Druck, Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und –richtung bestimmen.<br />

Die Forscher berechnen mit diesen Computermodellen für jeden Zeitschritt die Auswirkungen der Winde, also die Prozesse wie solare


Aufheizung, Verdunstung, Niederschlag, Oberflächenreibung und Wärmeabstrahlung in dem betroffenen Gebiet. Ein Wirbelsturm lenkt<br />

diese Prozesse als wanderndes System in der Strömung mit sich. Die gesamten Daten werden als Variablen auf einem Gitter, dem so<br />

genannten Modellzustand dargestellt. Das Computerprogramm erzeugt aus einem Modellzustand denjenigen, der wenig später eintritt,<br />

um eine Vorhersage zu erstellen. Hurrikans weisen jedoch ungewöhnlich komplexe, detaillierte Strukturen auf und leider liefern die<br />

Wolkenbilder nicht annähernd genügend Informationen. Die Simulation schwerer tropischer Stürme würde sogar bei perfektem Ausgangszustand<br />

des Modells fehlerhaft ausfallen. Aus diesem Grund werden die Strukturen des Hurrikans in der Nähe des Auges geglättet<br />

und unscharf. Die Wissenschaftler bedienen sich einer hoch entwickelten Methode, das vierdimensionale variationelle Datenassimilationsverfahren<br />

(4dVar), um die Beeinflussbarkeit von Hurrikans zu prüfen.<br />

7.2.4 Das vierdimensionale variationelle Datenassimilationsverfahren<br />

Die Meteorologen verknüpfen dabei die besten Messwerte von Satelliten, Schiffen, Wetterstationen und Ballons mit einer fundierten<br />

ersten Näherung des aktuellen Zustands der Atmosphäre. Es handelt sich bei diesem Vorgang um die Datenassimilation. Die erste Näherung<br />

wird aus der sechs Stunden zuvor erstellten Vorhersage gewonnen. Aus der Verknüpfung des realen Datensatzes und der ersten<br />

Näherung wird die nächste Sechs-Stunden-Vorhersage erstellt. Der Atmosphärenzustand, der den Modellgleichungen genügt und der<br />

ersten Näherung sehr nahe kommt, wird aus dem 4dVar-Verfahren ermittelt. Dafür wird aus den Abweichungen die Empfindlichkeit des<br />

Modells berechnet. Dieses so genannte adjungierte Modell durchläuft das Sechs-Stunden-Vorhersageintervall rückwärts in der Zeit.<br />

Die ermittelten Korrekturen an dem Modellzustand werden dafür verwendet, dass ein erneutes Simulationsverfahren die tatsächliche<br />

Entwicklung eines Hurrikans während des Sechs-Stunden-Intervalls exakt <strong>nach</strong>bildet. Dieser aufgeführte Vorgang wird zur Feinabstimmung<br />

der Resultate oftmals wiederholt. Durch diese Methode können <strong>nach</strong>träglich Hurrikans simuliert werden.<br />

7.2.5 Simulationsversuche von früheren Wirbelstürmen<br />

Die Forschungsgruppe der AER führte schon zu dem Taifun Iniki über Hawaii von 1992 Simulationsversuche durch. Der Taifun Iniki zog<br />

direkt über die Hawaii-Insel Kauai hinweg, dabei verloren etliche Menschen ihr Leben und entstanden erhebliche Sachschäden. Die<br />

Forscher wollten den Modellzustand Inikis derart verändern, dass der Taifun sechs Stunden später hundert Kilometer weiter seiner<br />

tatsächlichen Zugbahn umgelenkt wird. Die schwerwiegendsten Veränderungen stellte man bei den Anfangstemperaturen und –winden<br />

fest. Die Windgeschwindigkeiten nahmen auch nur um ca. drei bis fünf Kilometer pro Stunden zu. Wegen der geringen Ablenkung der<br />

Windrichtung wichen die Geschwindigkeiten nahe dem Sturmzentrum um bis zu dreißig Kilometer pro Stunde ab. Diese minimalen Unterschiede<br />

zwischen der Computerversion und der tatsächlichen Struktur des Hurrikans reichten dazu aus, um den manipulierten Taifun<br />

in den nächsten sechs Stunden <strong>nach</strong> Westen abdriften zu lassen. Dadurch wäre Kauai vor dieser Katastrophe bewahrt geblieben.<br />

7.2.6 Mehrere Eingriffsmöglichkeiten zur Manipulation eines Wirbelsturms<br />

Um solche Störungen hervorrufen zu können, würde man eine gewaltige Energiemenge benötigen. Dazu würden sich die ohnehin<br />

geplanten Solarkraftwerke im Weltall irgendwann in der Zukunft eignen. Die Strom erzeugenden Satelliten wären mit riesigen Spiegeln<br />

ausgestattet, die das Sonnenlicht auf Solarzellen bündeln und die wiederum die aufgefangene Energie zu Empfängern auf der Erde<br />

übertragen. Somit könnte man gezielt bestimmte Bereiche der Atmosphäre in einer beliebigen Höhe aufheizen. Eine weitere potenzielle<br />

Alternative zur Beeinflussung tropischer Wirbelstürme wäre die die direkte Einschränkung der Energiezufuhr durch Überziehen der<br />

Meeresoberfläche mit einem dünnen Film aus biologisch abbaubarem Öl, das die Verdunstung verlangsamt. Dieses Verfahren würde<br />

erheblichen Einfluss auf die die Intensität und Zugbahn des Wirbelsturms haben. Durch eine minimale Veränderung der normalen<br />

menschlichen Aktivitäten wäre auch eine Verbesserung des Anfangszustands denkbar. Somit könnten Flugzeuge an bestimmten Stellen<br />

zu einer bestimmten Zeit eingesetzt werden, um Kondensstreifen zu erzeugen und die Wolkenbildung damit zu fördern oder eben um die<br />

Feldbewässerung dafür einzusetzen, die Verdunstungsrate zu steigern oder zu drosseln.<br />

8. Fazit<br />

Wirbelstürme stellen durch ihr verstärktes Auftreten im Vergleich zu anderen <strong>Naturkatastrophen</strong> eine ernstzunehmende Bedrohung für<br />

Städte, Dörfer und ihre Bewohner dar. Dass die von Stürmen ausgehende Gefahr erkannt wurde, zeigen die anfangs erwähnten Statistiken<br />

der Münchner Rück- Versicherung deutlich. Von den versicherten Schäden, die von <strong>Naturkatastrophen</strong> ausgehen, nehmen Stürme<br />

einen Anteil von 70 Prozent ein. Der Mensch kann sich aber durch fortschrittliche Bebauungen und Präventivmaßnahmen schützen und<br />

die größten Schäden durch vorausschauende Maßnahmen eindämmen. Das „Hurricane resistant housing“ ist ein gutes Beispiel für einen<br />

<strong>nach</strong>haltigen städtebaulichen Fortschritt. Zudem können durch sturmschadenminimierende Bauprinzipien betroffene Regionen effektive<br />

Schadensbegrenzung betreiben.


Literaturverzeichnis:<br />

1 http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/960/112848/<br />

2 http://www.welt.de/welt_print/article858089/Schwerster_Tornado_seit_1999_verwuestet_US-Kleinstadt.html<br />

3 Titz, S. (2007), S.14-15<br />

4 Titz, S. (2007), S.14<br />

5 http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6313028_REF1,00.html<br />

6 http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,460970,00.html<br />

7 http://www.stern.de/politik/panorama/:Hurrikan-Wilma-%FCber-Florida/548221.html<br />

8 Smets, F. (2007), http://www.spiegel.de/reise/fernweh/0,1518,492998,00.html<br />

9 Smets, F.(2007), http://www.spiegel.de/reise/fernweh/0,1518,492998,00.html<br />

10 http://www.stern.de/politik/panorama/<br />

11 http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

Junghans/lebensret2.jpg&imgrefurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_Jung<br />

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Fq%3Dlebensretterhaus%26gbv%3D2%26svnum%3D10%26hl%3Dde%26sa%3DG<br />

12 http://www.swissre.com/resources/c81e9800455c7dc5b934bb80a45d76a0-cyclons_dt.Paras.0014.File.pdf<br />

13 http://de.wikipedia.org/wiki/Hurrikan_Katrina<br />

14 http://www.inhabitat.com/2005/10/10/monolithic-domes/<br />

15 http://www.monolithic.com/plan-design/mdconst/index.html<br />

16.http://www.bringneworleansback.com/Portals/BringNewOrleansBack/Resources/Urban%20Planning%20Action%20Plan%20Final%2<br />

0Report.pdf<br />

17 Münchener Rückversicherungsgesellschaft, 2007<br />

18 Director Referate: http://www.referate10.com/referate/Geographie/14/WIRBELSTURMARTEN-reon.php<br />

19 Director Referate: http://www.referate10.com/referate/Geographie/14/WIRBELSTURMARTEN-reon.php<br />

20 R.N. Hoffman (2005): Zukunft des Wetters – Hurrikane an der Leine. In: Spektrum der Wissenschaft - Ausgabe August 2005.<br />

21 R.N. Hoffman (2005): http://insel-reunion.de/zeitschrift_spektrum_august05.htm<br />

22 R. N. Hoffman (2002): Controlling the global weather. In: Bulletin of the American Meteorological Society, Bd. 83, S. 241.<br />

Abbildungsverzeichnis:<br />

Abb.1: Große <strong>Naturkatastrophen</strong> 1905 – 1999. Quelle: Münchner Rück. 2000.<br />

Abb.2: Große <strong>Naturkatastrophen</strong> 1905 – 1999. Quelle: Münchner Rück. 2000.<br />

Abb.3: Große <strong>Naturkatastrophen</strong> 1905 – 1999. Quelle: Münchner Rück. 2000.<br />

Abb.4: Große <strong>Naturkatastrophen</strong> 1905 – 1999. Quelle: Münchner Rück. 2000.<br />

Abb.5: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.6: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.7: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.8: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.9: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.10: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.11: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.12: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.13: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.14: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.15: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.16: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.17: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.18: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.19: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.20: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.21: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.22: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.23: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.24: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.25: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.26: http://www.stern.de/politik/panorama/544974.html?cp=2<br />

Abb.27: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.28: http://www.stern.de/politik/ausland/545048.html?cp=4<br />

Abb.29: http://www.stern.de/politik/ausland/545048.html?cp=6<br />

Abb.30: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.31: http://www.stern.de/politik/ausland/545048.html?cp=14<br />

Abb.32: http://www.stern.de/politik/ausland/545048.html?cp=8<br />

Abb.33: http://www.stern.de/politik/panorama


Abb.34: http://www.stern.de/politik/panorama<br />

Abb.35: http://www.swissre.com/resources/c81e9800455c7dc5b934bb80a45d76a0-cyclons_dt.Paras.0014.File.pdf<br />

Abb.36: http://www.swissre.com/resources/c81e9800455c7dc5b934bb80a45d76a0-cyclons_dt.Paras.0014.File.pdf<br />

Abb.37: http://www.swissre.com/resources/c81e9800455c7dc5b934bb80a45d76a0-cyclons_dt.Paras.0014.File.pdf<br />

Abb.38: http://www.swissre.com/resources/c81e9800455c7dc5b934bb80a45d76a0-cyclons_dt.Paras.0014.File.pdf<br />

Abb.39: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/74/Greensburg%2C_Kansas_2007May09_-_after_tornado.jpg<br />

Abb.43a: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.43b: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.44: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.45: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.46: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.47: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.48a: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.48b: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.49a: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.50: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.uni-weimar.de/architektur/e%2Bgel1/projekte/kosovo/Seminare/Bley_<br />

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Abb.51: http://english.people.com.cn/200509/01/images/0901_A42.jpg<br />

Abb.52: http://info.laworks.com/images/hurricane/hurricane2.jpg<br />

Abb.53a,b,c:http://www.inhabitat.com/2005/10/10/monolithic-domes/<br />

Abb.54: http://www.monolithic.com/plan-design/mdconst/index.html<br />

Abb.55: http://www.monolithic.com/plan-design/mdconst/index.html<br />

Abb.56: http://www.monolithic.com/plan-design/mdconst/index.html<br />

Abb.57: http://www.monolithic.com/thedome/index.html<br />

Abb.58: http://www.bringneworleansback.com/Portals/BringNewOrleansBack/Resources/Urban%20Planning%20Action%20Pla<br />

n%20Final%20Report.pdf<br />

Abb.59: http://www.bringneworleansback.com/Portals/BringNewOrleansBack/Resources/Urban%20Planning%20Action%20Pla<br />

n%20Final%20Report.pdf<br />

Abb.60: http://www.bringneworleansback.com/Portals/BringNewOrleansBack/Resources/Urban%20Planning%20Action%20Pla<br />

n%20Final%20Report.pdf<br />

Abb.61: http://www.bringneworleansback.com/Portals/BringNewOrleansBack/Resources/Urban%20Planning%20Action%20Pla<br />

n%20Final%20Report.pdf<br />

Abb.62: http://www.bringneworleansback.com/Portals/BringNewOrleansBack/Resources/Urban%20Planning%20Action%20Pla<br />

n%20Final%20Report.pdf<br />

Abb.63: http://www.bringneworleansback.com/Portals/BringNewOrleansBack/Resources/Urban%20Planning%20Action%20Pla<br />

n%20Final%20Report.pdf


INHALT:<br />

EINLEITUNG<br />

VERWUNDBARKEIT<br />

Soziale Verwundbarkeit<br />

KATASTROPHEN UND KRISENMANAGEMENT<br />

ORGANISATIONEN UND PLÄNE DES KRISEN-<br />

MANAGEMENT IN DEN USA<br />

Organisationen<br />

Pläne<br />

NEW ORLEANS<br />

Geschichte<br />

Geografie<br />

Demografie und Gesellschaft<br />

KATRINA: EINE CHRONOLOGIE<br />

PLÄNE UND ORGANISATIONEN WÄHREND<br />

DER KATRINA-KRISE<br />

Organisationen<br />

Pläne<br />

EMPIRISCHE STUDIE: LOWER NINTH WARD<br />

Lower Ninth Ward: Geschichte<br />

Methoden und Ziele der empirischen Studie<br />

SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

Physische Verwundbarkeit<br />

Mobilität<br />

Soziale Verwundbarkeit<br />

WIEDERAUFBAU<br />

EINLEITUNG<br />

Die vorliegende Arbeit entstand in Zusammenhang mit einer schriftlichen postgradualen<br />

Masterarbeit mit dem Titel „The Making Of Catastrophe“ am Institut für Europäische Urbanistik<br />

an der Bauhaus Universität Weimar. Thema der Arbeit ist soziale Verwundbarkeit im<br />

Kontext der Katrina-Katastrophe in New Orleans.<br />

Warum dieses Thema? Es lässt sich erkennen, dass in der Folge der Katastrophe bestimmte<br />

Menschen schwerer betroffen waren und sind als andere. Wie entsteht ein solcher Zustand,<br />

und worin liegen die Ursachen? In den Medien wurde ein Bild hauptsächlich armer,<br />

schwarzer Menschen gezeichnet, die in einer zerstörten Stadt verzweifelt auf Hilfe warten.<br />

Warum waren sie nicht in Sicherheit? Konnten sie die Stadt nicht verlassen? Wo sind sie<br />

heute – konnten sie zurückkehren, um die Stadt <strong>nach</strong> der Katastrophe wieder aufzubauen?<br />

Mobilität vor, während und <strong>nach</strong> der Katastrophe ist ein zentraler Aspekt, um diese Fragen<br />

zu beleuchten. Die Beantwortung dieser Fragen dient dazu, die Hypothese zu belegen, dass<br />

diese Katastrophe nicht „nur“ eine Naturkatastrophe war – sie war eine von Menschenhand<br />

geschaffene Katastrophe mit tief liegenden sozialen Gründen.<br />

Diese Arbeit besteht aus den folgenden Abschnitten. Zunächst wird das Thema Verwundbarkeit,<br />

insbesondere soziale Verwundbarkeit, erläutert. Verwundbarkeit handelt davon,<br />

wie Menschen auf unterschiedliche Weise von einem Unglück betroffen werden. Was stellt<br />

ein solches Unglück dar? Dazu folgt eine Typologie von (Natur-) Katastrophen, deren Management<br />

sowie die Organisationen und Pläne, die in diesem Zusammenhang in den USA<br />

eine Rolle spielen. Wo fand das Unglück statt? Eine Einführung stellt die Stadt New Orleans<br />

mit ihrer Geschichte, Geografie, sowie physischen und demographisch-sozialen Charakteristiken<br />

vor. Um welches Unglück handelt es sich? Die zeitliche Abfolge von Ereignissen<br />

während der Katrina-Katastrophe liefert den chronologischen Rahmen für eine Dokumentation<br />

der Art und Weise, wie während und <strong>nach</strong> dem Hurrikan Organisationen eingegriffen<br />

haben und Pläne implementiert wurden. Wer wurde von dem Unglück betroffen? Hierzu<br />

folgt eine Beschreibung der empirischen Studie, die im Juni 2007 vom Autor im Lower<br />

Ninth Ward, einem Stadtteil von New Orleans, durchgeführt wurde. In der Schlussfolgerung<br />

werden diese theoretischen, situationsbezogenen und empirischen Untersuchungen<br />

im Kontext sozialer Verwundbarkeit verknüpft. Ein Ausblick soll Pläne und Projekte des<br />

<strong>Wiederaufbau</strong>s kurz vorstellen.<br />

Im Sommer 2005 erschien Katrina und legte die sozialen Probleme der Stadt New Orleans<br />

mit einem Schlag bloß. Diese spielten während und <strong>nach</strong> der Katastrophe eine Rolle dabei,<br />

wie Menschen betroffen wurden. Im Sinne der Erforschung sozialer Verwundbarkeit ist es<br />

wichtig, den Ort zu verstehen, aber auch den Verlauf der Katastrophe und die zum Einsatz<br />

gekommenen Pläne und Organisationen. Dies soll im Folgenden vermittelt werden.<br />

VERWUNDBARKEIT<br />

New Orleans, Katrina, Soziale Verwundbarkeit<br />

Mark Kammerbauer<br />

Dipl.-Ing. Arch. (TU)<br />

MSc. (Urban Studies, IfEU, BUW)<br />

Cand. Prom. (Bauhaus Universität Weimar)<br />

Im Wesentlichen beschreibt Verwundbarkeit den Grad, in dem ein System einem Einfluss<br />

(exposure) ausgesetzt ist (sensitivity) und darauf reagieren – oder nicht reagieren – kann


(adaptive capacity) (Adger, 2005). Ausgehend von der Risiko- und Katastrophenforschung<br />

wird der Begriff Verwundbarkeit von Ökonomen, Anthropologen, Psychologen, Ingenieuren<br />

und Soziologen verwendet. Das bedingt auch die Flexibilität des Begriffs – Verwundbarkeit<br />

spielt eine Rolle in einer großen Bandbreite von theoretischen Grundlagen, Methoden und<br />

Zielen der jeweiligen Forschungsrichtung. Die definitorische Vielfalt kann als Schwierigkeit<br />

bei dem Ziel, Verwundbarkeit als globales quantitatives wissenschaftliches Werkzeug<br />

zu verwenden, betrachtet werden, aber auch als Tatbestand eines lebendigen Diskurses<br />

(Adger, 2005).<br />

Wisner et al. (2004) fordern eine klare Trennung – Verwundbarkeit wird als ausschließlich<br />

„menschlicher“ Zustand definiert, d.h. Menschen sind „verwundbar“, Gebäude aber „einsturzgefährdet“<br />

oder Orte „gefährlich“. Sie stellen fest, dass Verwundbarkeit etwas ist, der<br />

nicht erst mit dem Eintreten einer (Natur-) Katastrophe als Einfluss entsprechend der oben<br />

beschriebenen Definition entsteht, sondern bereits vorher existiert (Wisner et al., 2004).<br />

Andere Autoren gehen sowohl von physischer als auch sozialer Verwundbarkeit aus, wobei<br />

die physische Verwundbarkeit in Zusammenhang mit dem schädigenden Einfluss (die Katastrophe)<br />

auf einen Ort oder Gegenstände steht, die soziale Verwundbarkeit mit sozialen<br />

Tatbeständen. Mit anderen Worten – ein Ort ist gefährdet: er ist physisch verwundbar; an<br />

dem Ort wohnen Menschen aus bestimmten Gründen: sie sind sozial verwundbar (Yarnal,<br />

2007).<br />

Soziale Verwundbarkeit ist die Unfähigkeit von Menschen, Gesellschaften und Organisationen,<br />

schädigenden Einflüssen zu widerstehen. Sie liegt begründet in sozialen Konstellationen,<br />

Institutionen und Systemen. Minderheiten, Frauen, Kinder, arme, alte und kranke<br />

Menschen sind am meisten von sozialer Verwundbarkeit betroffen (Warner, 2007).<br />

Die jeweilige Definition und Gewichtung von Verwundbarkeit und deren Komponenten<br />

ist abhängig von dem Forschungsschwerpunkt. Wichtig ist, dass Verwundbarkeit bisher<br />

hauptsächlich in Zusammenhang mit Entwicklungsländern betrachtet wurde (Warner,<br />

2007). Die Relevanz des Ortes oder der Ortswahl spielt ebenso eine Rolle, da es Orte gibt,<br />

die stärker einer Gefahr ausgesetzt sind als andere (Cutter, 2006). Darüber hinaus ist es<br />

ein interdisziplinäres Forschungsfeld, dass <strong>nach</strong> einer Zusammenarbeit der Forscher aus<br />

allen involvierten Disziplinen ruft (Yarnal, 2007). Doch was sind die in den Definitionen von<br />

Verwundbarkeit auftretenden „negativen Einflüsse“?<br />

KATASTROPHEN<br />

Im Fall von New Orleans war dieser „negative Einfluss“ bedingt durch den Hurrikan Katrina<br />

und insbesondere die damit verbundene Sturmflut. Die Risikoforschung stellt eingehende<br />

Betrachtungen zum Thema <strong>Naturkatastrophen</strong> an. Die dabei verwendeten Unterscheidungen<br />

und Typologien sollen an dieser Stelle kurz eingeführt werden. Grundsätzlich untersucht<br />

man in der Risikoforschung <strong>Naturkatastrophen</strong> und bewaffnete Konflikte getrennt.<br />

Allerdings wird der Begriff „Natur“ innerhalb dessen, was man allgemein unter Naturkatastrophe<br />

versteht, durchaus kritisch betrachtet (Tierney, 2006).<br />

“Vulnerability is the state of susceptibility<br />

to harm from exposure to stresses associated<br />

with environmental and social change<br />

and from the absence of capacity to adapt.<br />

Antecedent traditions include theories of<br />

vulnerability as entitlement failure and<br />

theories of hazard. Each of these areas has<br />

contributed to present formulations of vulnerability<br />

to environmental change as a<br />

characteristic of social-ecological systems<br />

linked to resilience” (Adger, 2005).<br />

New Orleans, Lower Ninth Ward, weggeschwemmtes Haus<br />

(Aufnahme d. Verf.)


Es wird zwischen Katastrophen unterschieden, die entweder einen natürlichen oder einen<br />

technologischen Ursprung haben (Fischer, 1998). Zu sechs von Fischer (1998) aufgeführten<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> zählen Erdbeben, Flut, Hurrikan, Tornado, Vulkanausbruch und Tsunami.<br />

Bei Hurrikanen ist zu beachten, dass Schaden nicht nur durch die Winde als Teil des<br />

Hurrikans entstehen können, sondern insbesondere durch die resultierende Sturmflut.<br />

ORGANISATIONEN UND PLÄNE DES KRISENMANAGEMENT IN DEN USA<br />

Katastrophen passieren nicht einfach, insbesondere wenn eine Gesellschaft betroffen ist.<br />

Organisationen und Pläne greifen im Krisenfall ein, helfen den Menschen, stellen den Rahmen<br />

für Rettungsoperationen her und definieren Hilfsmaßnahmen. Die wesentlichen Organisationen<br />

und Pläne der lokalen, staatlichen und bundesstaatlichen Regierungen in den<br />

USA in Zusammenhang mit <strong>Naturkatastrophen</strong> sollen hier dargestellt werden.<br />

Organisationen<br />

Es lassen sich in den USA Strukturen zur Krisenbewältigung auf drei Ebenen unterscheiden,<br />

die den administrativen Aufbau des Territoriums der USA widerspiegeln – örtlich,<br />

staatlich und bundesstaatlich. Die örtlichen Organisationen wie Stadtverwaltung, Polizei<br />

und Feuerwehr sind nicht nur am meisten mit den Bedingungen vor Ort vertraut, sie sind<br />

auch diejenigen, die als erste vor Ort die Krisenreaktion durchführen.<br />

Die einzelnen 50 Staaten der USA verfügen über Mittel wie z.B. die National Guard (Nationalgarde),<br />

eine militärische Organisation, die während Einsätzen innerhalb ihres jeweiligen<br />

Staates dem Kommando des Gouverneurs/der Gouverneurin untersteht und die im Krisenfall<br />

eingesetzt werden kann (Select Bipartisan Committee, 2006). Darüber hinaus wurde<br />

auf der Ebene der Staaten mit dem EMAC (Emergency Management Assistance Compact<br />

– Beistandsvereinbarung zur Krisenbewältigung) ein Werkzeug geschaffen, mit dem Staaten<br />

von anderen Staaten Unterstützung anfordern können (National Emergency Management<br />

Association, 2006).<br />

Die Bundesregierung mit Sitz in Washington, DC greift ein, wenn die örtlichen und staatlichen<br />

Strukturen von einer Krise überfordert sind. Zu diesem Zweck wurde aus einer Vielzahl<br />

unterschiedlicher Behörden eine zentrale Organisation geschaffen, die der Planung<br />

und Vorbereitung, der Krisenbewältigung und dem <strong>Wiederaufbau</strong> sowie dem Schadensersatz<br />

<strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong> dient: FEMA (Federal Emergency Management Association<br />

– Bundesbehörde für Krisenmanagement). Nach den Terroranschlägen des 11. September<br />

2001 wurde FEMA in die neue Heimatschutzbehörde, das Department of Homeland Security<br />

(DHS), integriert (Cooper und Block, 2006).<br />

Pläne<br />

Als Beispiel von Plänen auf lokaler Ebene ist der „City of New Orleans Comprehensive<br />

Emergency Management Plan“ oder kurz „New Orleans Plan“ zu erwähnen. Er verleiht<br />

unter anderem dem Bürgermeister die Autorität, im Krisenfall eine Evakuierung anzuord-


nen. Auf staatlicher Ebene ist der Contraflow-Plan des Staates Louisiana von Bedeutung,<br />

der eine Massenevakuierung koordiniert, indem alle Spuren der Autobahnen in Richtung<br />

Landesinnere verfügbar gemacht werden und eine in zeitlichen Phasen stattfindende Evakuierung<br />

von Küstenbereichen definiert wird (Select Bipartisan Committee, 2006).<br />

Die als „Planübung“ bezeichnete Hurricane Pam Planning Exercise von 2004 diente der<br />

Förderung der Zusammenarbeit zwischen lokalen, staatlichen und bundesstaatlichen Behörden.<br />

Dies wurde von FEMA finanziert und verwendete einen hypothetischen Hurrikan in<br />

New Orleans als Basis für eine Simulation, an der Krisenmanager und Krisenreaktionskräfte<br />

auf lokaler, staatlicher und bundesstaatlicher Ebene beteiligt waren. Die Planübung<br />

wurde mit hohem Anspruch an Realitätsnähe durchgeführt.<br />

Teilnehmer wurden in Gruppen mit bestimmten Verantwortungen aufgeteilt und durften<br />

nur mit real existierenden Ressourcen hantieren. Der daraus entstandene Plan besteht<br />

aus der Dokumentation aller Entscheidungen und Handlungen während der Simulation<br />

und verweist mit unheimlicher Genauigkeit auf das, was New Orleans mit Katrina noch<br />

bevorstand. FEMA ist darüber hinaus für die National Flood Mitigation Assistance Fund, der<br />

bundesstaatlichen Flutversicherung, verantwortlich (Cooper und Block, 2006).<br />

NEW ORLEANS<br />

New Orleans liegt 100 Meilen landeinwärts von der Mündung des Lower Mississippi River in<br />

den Golf von Mexiko, im Staat Louisiana im Süden der USA. Die Stadt liegt im Wesentlichen<br />

zwischen dem Mississippi im Süden und dem Lake Ponchartrain im Norden. Vor Katrina<br />

hatte die Stadt eine Einwohnerzahl von 450.000 und war mit den umliegenden urbanisierten<br />

Bereichen als Greater New Orleans die Nummer 35 in der Rangfolge der größten „Metropolitan<br />

Areas“ in den USA.<br />

Wie Wisner et al. (2004) andeuten, können Gründe für Verwundbarkeit lange zurückliegende<br />

Ursachen („Root Causes“) haben. In diesem Sinne, und um die Stadt New Orleans besser<br />

zu verstehen, folgt ein kurzer Einblick in die Entstehung und Geschichte der Stadt, eine<br />

Erläuterung seiner komplexen Geografie, sowie der demografischen und sozialen Struktur<br />

der Stadt.<br />

Geschichte<br />

Ende des 17. Jahrhunderts suchten die Gebrüder Iberville und Bienville <strong>nach</strong> der kürzesten<br />

Landüberquerung zwischen Mississippi und Lake Ponchartrain. Mithilfe von Ureinwohnern<br />

wurde diese Stelle ausfindig gemacht und dort per Dekret im Jahr 1718 die Stadt New<br />

Orleans gegründet, die neue Hauptstadt des von Frankreich kontrollierten Territoriums in<br />

Nordamerika – Louisiana.<br />

Kern der Stadt wird eine auf orthogonalem Raster aufgebaute Siedlung – das spätere<br />

„French Quarter“, umgeben von Plantagen, die durch eine schmale Front mit Zugang zum<br />

Mississippi gekennzeichnet waren. Diese Großparzellierungen wurden zur Grundlage der<br />

New Orleans (Brookings Institution et al., 2007, A2/7; Wooley et<br />

al., 2007, ES4; bearbeitet durch den Verfasser)


“The landscape created by humans in New<br />

Orleans is the social response to concerns<br />

with environmental conditions” (Colten,<br />

2005, p. 11).<br />

folgenden Ausdehnung der Stadt. Die französischen Territorien in Nordamerika wurden<br />

1803 an die USA verkauft (Campanella, 2006).<br />

Bis zur Erfindung und Installation von Großpumpen am Anfang des 20. Jahrhunderts war<br />

die Ausdehnung der Stadt auf über dem Meeresspiegel liegende Bereiche beschränkt. Die<br />

Trockenlegung von tief liegenden Sumpfgebieten und die darauf folgende Urbanisierung<br />

dieser Bereiche waren da<strong>nach</strong> möglich.<br />

New Orleans profitiert vom Hafenbetrieb, der den Handel am Mississippi und damit den<br />

Handel im gesamten Binnenbereich im Zentrum der USA und dem Golf von Mexiko kontrollierte.<br />

Der Hafenbetrieb verlor mit der Einführung der Eisenbahn kontinuierlich an Bedeutung.<br />

Heute ist der Hafen <strong>nach</strong> wie vor von wirtschaftlicher Bedeutung für die Stadt, ebenso<br />

die Öl- und der Messeindustrie sowie der Tourismus; mit dem Superdome verfügt die Stadt<br />

über einen der größten überdachten Stadien der Welt – ein Gebäude, das während Katrina<br />

traurige Berühmtheit erlangt (H3 Studio, Inc. et al., 2007).<br />

Geografie<br />

Der Mississippi hat mittels aus dem Landesinneren mitgeführten Sediments im Laufe der<br />

Jahrtausende die Deltalandschaft am Golf von Mexiko erschaffen. Dieser Umstand führte<br />

auch dazu, dass die Uferbereiche die am höchsten liegenden natürlichen Bereiche der<br />

Landschaft sind, da das im Mississippi-Strom mitgeführte Sediment durch kontinuierliche<br />

Überschwemmungen der Flussufer zur Bildung natürlicher Deiche führte. Die natürlich<br />

hoch liegenden Bereiche bilden den Standort für die ursprüngliche Stadtgründung und Urbanisierung<br />

bis zur Entwicklung eines effektiven Drainagesystems. Die trockengelegten<br />

Sumpfbereiche führten im Laufe der Zeit zu einem anderen Problem – dem kontinuierlichen<br />

Absinken dieser Bereiche der Stadt (Campanella, 2006; Colten, 2005).<br />

Bereits früh wurden in der Stadt künstliche Deiche und Flutschutzmauern errichtet, um sie<br />

vor Überflutung durch den Mississippi zu schützen. Das System der Deiche wurde mit der<br />

Zeit und dem Wachstum der Stadt immer komplexer. Heute stellt sich New Orleans als eine<br />

von Deichen und Flutschutzmauern umgrenzte „Schüssel“ dar, durch das Pumpensystem<br />

trocken gehalten, die Wasser über die Stadt durchziehende Kanäle im Wesentlichen in den<br />

Lake Ponchartrain pumpen.<br />

Nach der katastrophalen Flut von 1927 wurde das United States Army Corps of Engineers,<br />

die Bauingenieurabteilung des US-amerikanischen Militärs, von der Bundesregierung damit<br />

beauftragt, das System der baulichen Flutkontrolle zu errichten und zu überwachen<br />

(Barry, 1997). Im Fall von New Orleans wird diese Aufgabe weiter aufgeteilt zwischen einer<br />

staatlichen Organisation, dem Orleans Levee District, und einer städtischen, dem Sewerage<br />

and Water Board (Cooper und Block, 2006).<br />

Darüber hinaus existieren verschiedene Schifffahrtskanäle, die zum Teil das Stadtgebiet<br />

durchqueren. Der Industrial Canal, der den Mississippi mit dem Lake Ponchartrain direkt<br />

verbindet, trennt die Stadtteile Lower Ninth Ward und New Orleans East vom Stadtzentrum<br />

ab – sie sind nur über Brücken erreichbar. Lower Ninth Ward und New Orleans East sind


ebenfalls durch einen weiteren Kanal voneinander separiert – durch den Mississippi River<br />

Gulf Outlet, oder MRGO, der die Verbindung von Industrial Canal zum Golf von Mexiko darstellt<br />

(Select Bipartisan Committee, 2007, p. 89).<br />

Demografie und Gesellschaft<br />

Ein Jahr <strong>nach</strong> der Stadtgründung 1719 wurden bereits die ersten schwarzen Sklaven <strong>nach</strong><br />

New Orleans gebracht. Es gibt neben schwarzen Sklaven und den Weißen noch die Gens de<br />

Couleur Libre, eine freie Klasse von Farbigen. Die Identität der Kreolen entwickelt sich - die<br />

frankophone, katholische Bevölkerung mit gemischter ethnischer Herkunft. Mit dem Kauf<br />

von New Orleans durch die USA, dem Zuzug von Amerikanern angelsächsischer Herkunft<br />

und sukzessiven Wellen von Einwanderungen aus Europa verändert sich diese ethnische<br />

Konstellation.<br />

Vor und <strong>nach</strong> dem amerikanischen Bürgerkrieg verschärfen sich die Gegensätze zwischen<br />

schwarz und weiß. Nach dem Bürgerkrieg ist die Sklaverei zwar aufgehoben, aber erst mit<br />

dem Gerichtsbeschluss Brown Vs. Board of Education von 1954 wird die Rassentrennung<br />

aufgehoben. Doch dies führt zur „White Flight“ der weißen Bevölkerung in die Vorstädte.<br />

Die Trennung von schwarz und weiß im städtischen Raum verschärft sich, es bilden sich<br />

innerstädtische Ghettos wie Central City. Die ethnische Polarisierung wird verstärkt durch<br />

das touristische Interesse am französischen Viertel, dem Vieux Carré, und durch Prozesse<br />

der Gentrifizierung, die dort ihren Anfang nehmen und sich in umliegende historische Bereiche<br />

ausdehnen (Campanella, 2006; Select Bipartisan Committee, 2006).<br />

Die Stadt hatte ein Image, „anders“ zu sein, ein einzigartiger Ort in den USA, mit merkwürdigen<br />

Bräuchen wie Mardi Gras, exotischem Essen und reichlich Musik. Dieses Image<br />

wurde auch bewusst kultiviert und diente der Förderung des Tourismus. Vor Katrina war<br />

New Orleans auch eine Stadt mit mehrheitlich schwarzer Bevölkerung; ein Stadt, in der<br />

sich ein großer Teil der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze befand, mit<br />

einem überdurchschnittlich großen Anteil alter Menschen.<br />

KATRINA: EINE CHRONOLOGIE<br />

Am Samstag, den 27. August 2005, veröffentlicht das National Hurricane Center (NHS) einen<br />

Bericht über den „Tropischen Sturm Katrina.“ Der Sturm ist zu einem Hurrikan der<br />

Kategorie 3 geworden, und man erwartet, dass er noch stärker würde. Katrina hatte bereits<br />

zwei Tage Florida überquert, 9 Menschen getötet und 500.000 Einwohner ohne Strom<br />

zurückgelassen.<br />

Sowohl Michael Brown, Direktor von FEMA, als auch die Gouverneurin von Louisiana, Kathleen<br />

Blanco, sowie der Bürgermeister von New Orleans, Ray Nagin, raten und empfehlen<br />

der Bevölkerung der Küste sowie den Bürgern von New Orleans die Stadt zu verlassen.<br />

Einige Verwaltungsbezirke oder Parishes, wie sie in Louisiana genannt werden, ordnen<br />

Evakuierungen an. Die Nationalgarde von Louisiana wird in Bereitschaft versetzt.<br />

Lower Ninth Ward, Trailer neben Haus (Aufnahme d. Verf.)


“From the marshes of Louisiana’s Plaquemines<br />

Parish to the urban center of New<br />

Orleans to the coastal communities of<br />

Mississippi and Alabama, Katrina cut an<br />

enormous swath of physical destruction,<br />

environmental devastation, and human<br />

suffering” (Select Bipartisan Committee,<br />

2006, p.7).<br />

Einen Tag später, Sonntag, ist Katrina zu einem Hurrikan der Kategorie 4 gewachsen und<br />

wird wenig später in die Kategorie 5 eingeordnet. Das Superdome in New Orleans wird<br />

als „Ort der letzten Zuflucht“ von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt. Ray Nagin<br />

ordnet um 9:30 Uhr die Evakuierung der Stadt mittels einer „Mandatory Evacuation“ an.<br />

Der National Weather Service warnt davor, dass die betroffenen Gebiete unter Umständen<br />

wochenlang oder länger unbewohnbar sein könnten. Bis Sonntag verlassen 80 Prozent der<br />

Bevölkerung von New Orleans die Stadt. Ein Ausgehverbot wird verhängt.<br />

Katrina erreicht die Küste am Montag, 29. August. Küstenstädte und Landschaft werden<br />

zerstört. Die Flutwelle des Hurrikans, der „Storm Surge“, erreicht nicht zuletzt über die<br />

künstlichen Schifffahrtskanäle die Stadt New Orleans. Strom und Telefon fallen aus. Bereits<br />

jetzt brechen die Flutwände und Deiche entlang der innerstädtischen Kanäle, dem<br />

Industrial Canal und des 17th Street Canal.<br />

In der Folge werden 80 Prozent der Stadt unter Wasser gesetzt, das teilweise eine Höhe<br />

von 5 Metern erreicht. Tausende Menschen, die beschlossen haben, in ihren Häusern zu<br />

bleiben, sind von der Außenwelt abgeschnitten. Katrina hat New Orleans nur gestreift, und<br />

<strong>nach</strong> Verlassen des Golfs von Mexiko nimmt die Stärke des Hurrikans kontinuierlich ab.<br />

New Orleans ist überschwemmt; die Küstenwache und die Fischereibehörde sind die ersten<br />

Organisationen, die vor Ort Rettungsaktionen durchführen.<br />

Am folgenden Dienstag befinden sich 20.000 Menschen im Superdome, das weder über<br />

ausreichende Versorgung, Strom oder funktionierende sanitäre Einrichtungen verfügt,<br />

noch über künstliche Belüftung, in der subtropischen, feuchten Hitze. Die Krankenhäuser<br />

konnten zum Teil nicht evakuiert werden.<br />

Da das Superdome bereits überfüllt ist, wird die wachsende Zahl von Menschen, die sich<br />

noch in der Stadt befinden und von den Dächern ihrer Häuser gerettet wurden, ab Mittwoch<br />

zum Convention Center gebracht – einem Konferenzzentrum, das gar nicht auf diesen Fall<br />

vorbereitet ist.<br />

Kathleen Blanco fordert Bundestruppen zur Unterstützung der Nationalgarde an. Die Polizei<br />

von New Orleans ist bereits überfordert und geschwächt. Präsident Bush drängt darauf,<br />

das Kommando über die Truppenaktion der Bundesregierung zu übergeben, was Blanco<br />

wiederholt ablehnt (Brinkley, 2006; Cooper und Block, 2006; Horne, 2006).<br />

Am Donnerstag, den 1. September, sind nicht nur bis zu 25.000 Menschen am Convention<br />

Center, es befinden sich darüber hinaus bis zu 4.000 weitere Verzweifelte auf einer Autobahnüberführung,<br />

dem „Cloverleaf“, und warten auf Rettung. Bürgermeister Nagin ruft die<br />

Entscheidungsträger in einer spektakulären Radioansprache dazu auf, „ihre Ärsche hochzukriegen,<br />

um die gottverdammt größte Katastrophe in diesem Land zu bewältigen“ 1 (Horne,<br />

2006). Die Evakuierung der Geretteten in New Orleans <strong>nach</strong> Houston geht nun voran.<br />

Am Freitag treffen Truppen der US Army unter General Honoré in der Stadt ein und die<br />

bisher schwierige Sicherheitslage ist beruhigt, die durch Gerüchte angeheizt wurde und in<br />

Folge die Hilfsaktionen für die Stadt erschwert oder ganz verhindert hat. Samstag, den 3.


September, sind schließlich fast alle Menschen aus der Stadt evakuiert und die schwerwiegende<br />

urbane humanitäre Krise als direkte Folge von Katrina fürs erste bewältigt (Brinkley,<br />

2006; Select Bipartisan Committee, 2006).<br />

PLÄNE UND ORGANISATIONEN WÄHREND DER KATRINA-KRISE<br />

Organisationen<br />

Im Verlauf der Katrina-Katastrophe kamen Organisationen und Pläne auf städtisch-lokaler,<br />

staatlicher und bundesstaatlicher Ebene mit zum Teil sehr unterschiedlichem Grad<br />

an Effektivität zum Einsatz. Dies liegt sowohl in organisatorischen wie auch in politischen<br />

Ursachen begründet.<br />

Die primären Reaktionskräfte der Stadt wie Polizei und Feuerwehr waren nicht nur selbst<br />

Opfer der Katastrophe, die Polizei hatte insbesondere damit zu kämpfen, dass Polizeikräfte<br />

unerlaubt den Dienst quittierten und aus der Stadt flohen. Als die Stadt überschwemmt<br />

war, konnten diese Organisationen mangels Booten kaum oder nur zu einem geringen<br />

Grad eingreifen.<br />

Die Nationalgarde, vor Ort in den Jackson Barracks im Lower Ninth Ward stationiert, konnte<br />

ebenfalls nur eingeschränkt operieren. Ihr Hauptquartier war überflutet und dadurch<br />

alle Fahrzeuge unbrauchbar gemacht worden. Allerdings übernahmen Truppen der Nationalgarde<br />

die Überwachung des Superdome (Horne, 2006).<br />

Die Nationalgarde ist im Gegensatz zur Bundesarmee dazu berechtigt, Gesetzeshüter-<br />

Funktionen auszuführen. Jedoch brachte die Präsenz von Bundestruppen alleine einen<br />

beruhigenden Einfluss mit sich. Es ist aber auch anzumerken, dass ein großer Teil der<br />

Truppen und Ressourcen der Nationalgarde im Irak eingesetzt ist (Select Bipartisan Committee,<br />

2006).<br />

FEMA war in jeder Hinsicht überfordert. Die Behörde musste als Folge der Eingliederung in<br />

die Department of Homeland Security finanzielle, organisatorische und personelle Einbußen<br />

hinnehmen. Zum anderen war FEMA nicht in der Lage, logistisch den Zufluss von Hilfsmitteln<br />

und Gütern zu kontrollieren und behinderte die Hilfsaktionen durch bürokratische<br />

Vorgehensweisen. Zum Beispiel wurden Busse zur Evakuierung der in der Stadt Zurückgebliebenen<br />

nur spät und in unzureichender Zahl geliefert (Cooper und Block, 2006).<br />

Die Probleme FEMAs liegen zum Teil auch daran, dass das Department of Homeland Security,<br />

in das FEMA integriert ist, im Wesentlichen auf Terrorbekämpfung ausgelegt ist und<br />

<strong>Naturkatastrophen</strong> eher wenig Beachtung schenkt (Select Bipartisan Committee, 2006).<br />

Pläne<br />

Der „New Orleans Plan“, der die Maßnahmen zur Evakuierung der Stadt im Falle eines<br />

Hurrikans festschreibt, sieht keine Handlungen für nichtmotorisierte Bürger vor. In einer<br />

Stadt, in der 30 Prozent der Einwohner kein Auto besitzen, ist das eine klare Fehlplanung.<br />

Lower Ninth Ward, „Shotgun-House“ (Aufnahme d. Verf.)


In Zusammenhang mit der Weigerung, Schutzräume oder Schutzbereiche bereitzustellen,<br />

führte dies zur humanitären Krise in der Stadt.<br />

Das Superdome war für diesen Fall nur unzureichend vorbereitet und ausgestattet, das<br />

Convention Center dafür überhaupt nicht vorgesehen. Die Weigerung, Schutzräume verfügbar<br />

zu machen, wird damit begründet, dass man die Bürger nicht noch ermutigen wolle,<br />

in der Stadt zu bleiben, wenn ein Hurrikan eintritt (Select Bipartisan Committee, 2006).<br />

Der Contraflow-Plan hat eine der größten erfolgreichen Evakuierungsmaßnahmen der<br />

USA ermöglicht. Jedoch wurde auch auf staatlicher Ebene die Tatsache, dass es Bürger<br />

gibt, die keine Transportmöglichkeit haben, ver<strong>nach</strong>lässigt (Select Bipartisan Committee,<br />

2006). EMAC (Emergency Management Assistance Compact), eine Hilfsvereinbarung zwischen<br />

den Staaten, hat den betroffenen Regionen effektiv und schnell Hilfe bereitgestellt.<br />

Dies liegt auch daran, dass sich die staatlichen Krisenmanager zum Teil persönlich kennen<br />

und verbal Hilfsleistungen organisierten, im Vertrauen darauf, dass die bürokratischen Belange<br />

wie schriftliche Anträge <strong>nach</strong>gereicht würden (Cooper und Block, 2006).<br />

Die Bürger, die die Stadt nicht verlassen können, die keine Transportmöglichkeit haben, die<br />

im Krisenfall auf sich selbst gestellt waren, und die nicht wiederkehren können, aufgrund<br />

finanzieller Umstände und mangelnder Gelder vom Staat – sie sind die Verwundbaren. Waren<br />

sie es auch vorher schon? Sind sie es immer noch? Eine empirische Studie soll hierzu<br />

genauere Informationen liefern.<br />

EMPIRISCHE STUDIE: LOWER NINTH WARD<br />

Um die Umstände sozialer Verwundbarkeit in Zusammenhang mit Katrina in New Orleans<br />

genauer zu beleuchten, wurde ein Stadtteil ausgesucht, das Lower Ninth Ward. In einem<br />

Besuch vor Ort im Juni 2007 konnte der Autor den physischen Zustand des Ortes beobachten,<br />

mit Betroffenen sprechen und eine quantitative Befragung durchführen. Da viele<br />

Menschen noch nicht <strong>nach</strong> New Orleans zurückkehren konnten, hat der Autor in Houston<br />

ebenfalls eine quantitative Befragung mit ehemaligen Bewohnern des Lower Ninth Ward<br />

vorgenommen – Houston ist die Stadt in den USA, in der die größte Gruppe derer lebt, die<br />

aus New Orleans evakuiert wurden und noch nicht zurückgekehrt sind.<br />

Lower Ninth Ward: Geschichte<br />

Die Stadt New Orleans wurde ursprünglich in verschiedene Wahldistrikte aufgeteilt, die<br />

„Wards“ genannt werden und durch Nummern gekennzeichnet sind. Das „Ninth Ward“,<br />

östlich des Zentrums und des Vieux Carré entlang des Mississippi-Ufers gelegen, wurde<br />

durch den Industrial Canal in der Mitte geteilt. Als Folge wurde der zentrumsnahe Teil<br />

stromaufwärts mit den Nachbarschaften Marigny und Bywater „Upper Ninth Ward“ genannt;<br />

der Teil stromabwärts erhielt den Namen „Lower Ninth Ward“. Hier gibt es ebenso<br />

voneinander unterschiedliche Nachbarschaften wie die Holy Cross Neighborhood entlang<br />

des Mississippi-Ufers und das Lower 9 in den tiefer liegenden, trockengelegten ehemaligen<br />

Sumpfgebieten dahinter (H3 Studio, Inc. et. al., 2007; Horne, 2006).


Begrenzt wird das Lower Ninth Ward durch den Industrial Canal im Westen, den Mississippi<br />

im Süden, den Jackson Barracks entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Orleans Parish<br />

(der eigentlichen Stadtgrenze) und St. Bernard Parish im Osten sowie einem begrenzenden<br />

Deich im Norden mit dem dahinterliegenden MRGO-Kanal.<br />

Die Holy Cross Neighborhood ist der Bereich des Lower Ninth Ward, der als erster besiedelt<br />

wurde, da er auf dem natürlichen Deich entlang des Mississippi liegt. In den frühen<br />

1800er Jahren lebten hier 200-300 Menschen. Die Gemeinde wuchs bis 1852 auf bis zu 1800<br />

Bewohner heran, zumeist arme Einwanderer und Gens de Couleur Libre. Ihnen folgten in<br />

den 1870er Jahren befreite Sklaven. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bereich einen deutlich<br />

ländlichen Charakter.<br />

Mit der Erschaffung des Industrial Canal und der technisierten Trockenlegung der Sumpfgebiete<br />

wurde das Lower Ninth Ward interessant als Wohngebiet für Hafenarbeiter. Nach<br />

dem 2. Weltkrieg siedelten sich hier auch farbige Veteranen an, da Schwarzen die weißen<br />

Vorstädte nicht zur Verfügung standen – die Rassentrennung war noch aktuell. Erst zu dieser<br />

Zeit wurden Abwassersysteme installiert, davor es gab noch offene Kanalisation.<br />

Ebenso wie der Rest der historischen Stadt beruht die städtebauliche Struktur auf der ehemaligen<br />

Plantagenparzellierung mit einem regelmäßigen orthogonalen Raster, dass an<br />

einer Stelle, nämlich der ehemaligen Grenze zwischen zwei Plantagen, zueinander verschoben<br />

ist. Dies ist bedingt durch den kurvenförmigen Verlauf des Mississippi.<br />

Die Architektur ist entsprechend der Zeit, in der die unterschiedlichen Teile des Lower<br />

Ninth Ward entwickelt wurden – mit typischen „Shotgun-Houses“ 2 und Bungalows im Holy<br />

Cross Neighborhood und vorwiegend Einfamilienhäusern im Ranch-Stil in den <strong>nach</strong> dem 2.<br />

Weltkrieg entstandenen Bereichen.<br />

Bis zum 2. Weltkrieg war das Lower Ninth Ward ethnisch gemischt, da<strong>nach</strong> wurde der<br />

Stadtteil überwiegend von Schwarzen bewohnt. Holy Cross ist heute noch ethnisch heterogen,<br />

Lower 9 dagegen hauptsächlich schwarz. Die Bewohner gehören überwiegend der<br />

Arbeiterklasse an. Waren es früher die Hafen- und Ölindustrie, die Arbeit boten, sind es<br />

heute im wesentlichen Servicejobs, die den Bewohnern in der vom Tourismus dominierten<br />

Stadt zur Verfügung stehen.<br />

Ein großer Teil der Bewohner lebt unterhalb der Armutsgrenze. Allerdings sind Kriminalität<br />

und Arbeitslosigkeit hoch, und ca. 14 Prozent der Häuser standen bereits vor Katrina<br />

leer. Nicht nur in Zusammenhang mit der „White Flight“ war New Orleans eine Stadt, die<br />

vor Katrina bereits geschrumpft ist: die Bevölkerung von Orleans Parish war von 1960 mit<br />

ca. 650.000 Einwohnern bis 2000 auf 450.000 zurückgegangen (H3 Studio, Inc. et al., 2007;<br />

Horne, 2006).<br />

Insbesondere im Lower 9 besteht ein enges soziales Netzwerk zwischen Einwohnern, das<br />

auch auf familiäre Bande zurückzuführen ist. Das Viertel ist fußläufig erschließbar und war<br />

vor Katrina und in begrenztem Maß auch jetzt durch ein Busnetz mit dem Stadtzentrum<br />

verbunden. Der berühmteste Bewohner ist der Sänger Antoine „Fats“ Domino.<br />

Lower Ninth Ward, Ruine (Aufnahme d. Verf.)


Durch Katrina wurde das Lower Ninth Ward schnell und schwer überschwemmt. Und <strong>nach</strong><br />

Katrina folgte Hurrikan Rita, der das Viertel noch einmal überflutete, da die Deiche und<br />

Flutwände entlang des Industrial Canal zu dieser Zeit noch nicht wieder repariert waren.<br />

Das Lower Ninth Ward wurde so zum letzten Viertel, das wieder für Rückkehrer geöffnet<br />

wurde. Bis Januar 2007 sind ca. 20 Prozent der ehemaligen Bewohner zurückgekehrt. Im<br />

Vergleich dazu liegt die Quote der in den Stadtbereich von Orleans Parish bis Januar 2007<br />

zurückgekehrten bei 50 Prozent (The ACORN Housing/University Partnership, 2006).<br />

Methoden und Ziele der empirischen Studie<br />

Im Verlauf der empirischen Studie wurden im Juni 2007 Interviews mit Experten und Betroffenen<br />

sowie eine Fragebogen-basierte Untersuchung durchgeführt, deren Ergebnisse<br />

im Moment ermittelt werden.<br />

Das Lower 9 im Juni 2007 ist ein desolates Geisterviertel, in dem hier und da, bedingt durch<br />

persönlichen Einsatz, Courage und den Willen, <strong>nach</strong> Hause zu kommen, Hoffnungsschimmer<br />

aufblitzen. Es lassen sich allerdings Unterschiede zwischen Holy Cross und Lower 9<br />

erkennen. Holy Cross ist weniger zerstört, liegt höher und war von daher nicht so schwer<br />

überschwemmt wie das Lower 9, und weist viel höhere Aktivitäten und mehr Zeichen der<br />

Wiederbelebung auf.<br />

In Bezug auf Mobilität vor, während und <strong>nach</strong> der Katastrophe lassen sich drei Gruppen<br />

unterscheiden. Eine Gruppe umfasst Menschen, die die Stadt vor/während/<strong>nach</strong> Katrina<br />

verlassen haben/konnten/wollten und wieder in ihr altes Viertel oder sogar ihr altes Haus<br />

zurückkehren konnten. Die zweite Gruppe stellen Bewohner dar, die die Stadt verlassen<br />

haben und nicht mehr zurückkehren können/wollen – zu diesem Zweck wurde in Houston<br />

ein Teil der Befragungen durchgeführt, da hier die größte Gruppe der aus New Orleans<br />

evakuierten Menschen in der „Diaspora“ <strong>nach</strong> Katrina lebt. Das dritte Szenario ist<br />

ein Sonderfall und behandelt Menschen, die die Stadt verlassen haben und wieder in New<br />

Orleans wohnen, allerdings in einem anderen Stadtteil. Hierzu konnte ein Interview mit<br />

einer Betroffenen geführt werden. Die befragte Person und ihre Tochter harrten während<br />

des Sturms auf einem Hausdach aus, wurden von einem freiwilligen Helfer mit einem Boot<br />

ins Superdome gebracht, von dort zum Flughafen von New Orleans transportiert und per<br />

Flugzeug <strong>nach</strong> Texas evakuiert.<br />

Die Fragen der Mobilität, die mit diesen Gruppen zusammenhängen, spielen eine Rolle darin,<br />

welchen Einfluss Krisenplanung und Krisenreaktion auf soziale Verwundbarkeit haben<br />

können und dadurch eine Katastrophe erzeugen.<br />

SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

Physische Verwundbarkeit<br />

Es lassen sich verschiedene Aspekte physischer und sozialer Verwundbarkeit in Zusammenhang<br />

mit New Orleans und der Katrina-Katastrophe erkennen. New Orleans ist physisch<br />

verwundbar durch seine Lage am Mississippi und dem Lake Ponchartrain und der


Tatsache, dass diese Region der USA regelmäßig durch Überflutung des Mississippi und<br />

durch Hurrikane bedroht wird. Das ist in der Vergangenheit geschehen, wie in der großen<br />

Mississippi-Flut von 1927 und den Hurrikanen Betsy (1965) und Camille (1969). Zudem ist<br />

die Stadt dadurch physisch verwundbar, dass große Bereiche der Stadt unter dem Meeresspiegel<br />

liegen.<br />

Während der Katrina-Katastrophe hat sich gezeigt, dass das System der Deiche und Flutmauern<br />

keinen absoluten Schutz garantieren kann. Das System hat aus verschiedenen<br />

Gründen versagt, ein Umstand, den sogar das dafür hauptverantwortliche US Army Corps<br />

of Engineers zugeben musste.<br />

80 Prozent der Stadt wurden überschwemmt, darunter sowohl „schwarze“ (Arbeiter-)Viertel<br />

wie das Lower Ninth Ward, aber auch „weiße“ Vorstädte (der Mittelklasse) wie Lakeview.<br />

Sachschaden entstand umfassend und quer über ethnische Verhältnisse hinweg. Auch war<br />

der ethnisch homogenere Bereich des Lower 9 bedingt durch seine Lage physisch verwundbarer<br />

als das im wesentlichen auf dem höhergelegenen natürlichen Deich des Mississippi<br />

gelegene Holy Crosss (Select Bipartisan Committee, 2006).<br />

Mobilität<br />

Wie konnten/wollten Menschen die Stadt während Katrina nicht verlassen? Die Evakuierungspläne<br />

ver<strong>nach</strong>lässigten, dass viele Einwohner kein Auto besitzen. Allerdings sind<br />

manche Einwohner aus anderen Gründen vor Ort verblieben, aus finanziellen Gründen (Gehaltsschecks<br />

und Sozialhilfe kamen – wie Katrina – am Monatsende), um ihren Besitz zu<br />

schützen, weil sie meinten, sie seien geschützt, weil sie die Gefahr unterschätzten, weil sie<br />

kein Geld hatten, um zu evakuieren, weil sie den Informationen keinen Vertrauen schenkten,<br />

weil sie sich um junge, kranke oder alte Familienmitglieder kümmerten, die unter<br />

Umständen nicht transportfähig waren.<br />

Wie sieht es nun mit der Rückkehr aus? Dies hängt unter Anderem davon ab, ob finanzielle<br />

Mittel vorhanden sind (hat man seinen Job noch, oder neue Arbeit, oder ist man immer<br />

noch arbeitslos?), ob das Haus noch steht oder zerstört ist (wo wohnt man in der Zwischenzeit?),<br />

wo sich die Familie befindet (die durch die Evakuierung über das ganze Land<br />

verstreut wurde), und in welcher Form man Unterstützung vom Staat bekommt.<br />

Das Lower Ninth Ward war das Viertel, das am spätesten wieder für Rückkehrer geöffnet<br />

wurde. Ein Großteil der Bausubstanz ist zerstört oder geschädigt. FEMA ist dafür verantwortlich,<br />

Wohnwägen zur Verfügung zu stellen. Das wird dadurch erschwert, dass FEMA<br />

diese Trailer in Flutgebieten eigentlich nicht aufstellen darf. Die Vergabe von Geldern aus<br />

Flutversicherungspolicen, für die FEMA ebenso verantwortlich ist, ist daran gebunden, ob<br />

das betroffene Haus in einem offiziellen Überflutungsbereich liegt oder nicht. Die Vergabe<br />

von Darlehen ist einerseits an die Höhe des Einkommens gekoppelt und ob man in der Lage<br />

ist, das Geld zurückzuzahlen (Cooper und Block, 2006; Lubell, 2006).<br />

Lower Ninth Ward, Haus mit <strong>Wiederaufbau</strong>-Schildern (Aufnahme<br />

d. Verf.)


“Suddenly, race and class mattered, and<br />

mattered more than most people were<br />

prepared to acknowledge” (Powell et al.,<br />

2006, p. 59).<br />

Soziale Verwundbarkeit<br />

Gründe sozialer Verwundbarkeit wie Finanzstatus und ethnische Herkunft spielten in der<br />

Katrina-Katastrophe eine Rolle. Die finanziellen Aspekte lassen sich auf das Einkommensniveau<br />

der Einwohner zurückführen, verbunden mit ihrer ethnischen Herkunft (arm und<br />

schwarz). Dies war in den Fernsehberichten zur Katastrophe erkennbar und lüftete den<br />

Vorhang vor der sozialen Realität in den USA. Hierzu bedurfte es erst einer Krise im Ausmaß<br />

von Katrina.<br />

Die Krisenplanung für Überflutungen selbst reproduziert Aspekte sozialer Verwundbarkeit<br />

dadurch, dass sie die verwundbarsten Gesellschaftsmitglieder in der Planung ver<strong>nach</strong>lässigt<br />

werden. Hier spielten Gründe für Verwundbarkeit wie Finanzstatus, Alter und Gesundheit<br />

eine Rolle. Die Versorgung von Alten und Kranken im Superdome stellte sich ebenfalls<br />

als völlig unzureichend heraus.<br />

Diese Reproduktion von Verwundbarkeit lässt sich auch auf der Ebene der Organisationen<br />

feststellen. Die Vergabe von Geldern ist gekoppelt an die Fähigkeit, diese zurückzuzahlen.<br />

Das ist ein direkter Nachteil für alte Menschen, Bürger mit niedrigem Einkommen, und<br />

für Hausbesitzer, die ihre Hypothek bereits abbezahlt haben (Lubell, 2007). Es lässt sich<br />

feststellen, dass gerade die Bürger mit hoher sozialer Verwundbarkeit einem Mangel an<br />

realistischer finanzieller Hilfe beim <strong>Wiederaufbau</strong> ausgesetzt sind.<br />

Interessanterweise sind bis zu 60 Prozent der Anwohner Hausbesitzer – allerdings auch<br />

schon seit Generationen. Sie leben noch immer in den Ranch Houses, die ihre aus dem 2.<br />

Weltkrieg zurückgekehrten Großväter gebaut haben; die Hypotheken sind längst abbezahlt.<br />

Arbeit bietet im Wesentlichen die Service-Industrie in Zusammenhang mit dem Tourismus<br />

in der Stadt.<br />

Schlussfolgernd ist erkennbar, dass Aspekte der sozialen Verwundbarkeit wie finanzielle<br />

Mittel, Alter, Gesundheit, und ethnische Zugehörigkeit in der Katrina-Katastrophe eine<br />

Ungleichheit dessen bewirken, wie Menschen davon betroffen waren und noch sind. Der<br />

Zustand existierte vor der Katastrophe, war während der Katastrophe offenbar und hat sich<br />

<strong>nach</strong> der Katastrophe fortgesetzt.<br />

Die Pläne und Organisationen stellen sich mit Ihrem Versagen, für gewisse Bürger Hilfe<br />

zu leisten, als Teil der Katastrophe dar – sie zeigen auf, wie menschliche Einflussnahme<br />

den Begriff der „Natur“ in einer Naturkatastrophe relativiert, die Katastrophe erscheint als<br />

„von Menschenhand gemacht“.<br />

WIEDERAUFBAU<br />

Der <strong>Wiederaufbau</strong> der Stadt wird von diesen Problemen überschattet. Die tief liegenden<br />

Ursachen sozialer Verwundbarkeit sind nicht gelöst, insbesondere solange auf institutioneller<br />

Ebene soziale Verwundbarkeit durch strukturelle Be<strong>nach</strong>teiligung geschaffen wird.<br />

Diese sind <strong>nach</strong>teilig für Menschen, die ihre zerstörten Häuser wiederaufbauen und <strong>nach</strong>


Hause zurückkehren wollen. Auf örtlicher Ebene finden Schritte zum <strong>Wiederaufbau</strong> statt,<br />

die kurz erläutert werden sollen.<br />

Eine Reihe von Plänen wurden entwickelt, um den <strong>Wiederaufbau</strong> in der Stadt zu fördern,<br />

darunter der städtische BNOB-Plan („Bring New Orleans Back“), der im Kontext eines<br />

staatlichen Plans der Louisiana Recovery Authority eingebettet wurde. Als nächster Schritt<br />

wurde der Unified New Orleans Plan (UNOP) entwickelt, der die einzelnen Stadtteile direkt<br />

in den Planungsprozess einbindet.<br />

Stellvertretend für das Lower Ninth Ward waren hier ACORN am UNOP beteiligt, jedoch<br />

kam es zum Interessenkonflikt, da ACORN auch gleichzeitig von der Stadt die Genehmigung<br />

erhielt, steuerrechtlich in den Besitz der Stadt übergegangene Grundstücke im Lower<br />

Ninth Ward planerisch zu nutzen. ACORN wurde vom UNOP ausgeschlossen, formulierte<br />

aber einen eigenen Plan, den „Peoples’ Plan to Overcome the Hurricane Katrina Blues“ 3<br />

(The ACORN Housing/University Partnership, 2006).<br />

Die Architekten Deborah Gans (Gans Studio, NYC), Associate Professor am Pratt Institute,<br />

und James Dart (dArchitects, NYC), Special Lecturer und Director (Siena Program) am New<br />

Jersey Institute of Technology (NJIT), haben ein Projekt für ACORN entwickelt, dass 400<br />

Wohneinheiten aus vorfabrizierten Elementen in Modulbauweise beinhaltet, die auf den<br />

enteigneten Grundstücken errichtet werden sollen. Geplanter Baubeginn für eine erste<br />

Phase, die 225 Einheiten umfassen soll, ist für Herbst 2007 vorgesehen.<br />

Gründe für eine vorfabrizierte Bauweise sind der Mangel an Fachkräften vor Ort und die resultierende<br />

Explosion der Baukosten sowie der große Bedarf an Wohnraum. Die am meisten<br />

beschädigte Baumasse der Stadt stellen die <strong>nach</strong> dem 2. Weltkrieg errichteten Häuser<br />

im Ranch-Stil dar. Die Einhaltung der von FEMA vorgeschriebenen Fluthöhe („Base Flood<br />

Elevation“) als Grundlage für die finanzielle Unterstützung von Baumaßnahmen stellt bei<br />

reparaturbedürftigen Häusern ein weiteres Problem dar.<br />

Der Projektbereich umfasst einen Teil des Lower Ninth Ward, der als „Model Block“ bezeichnet<br />

wird und aus 12 Blocks besteht, die bis zu 8 Fuß unterhalb des Meeresspiegels<br />

liegen. Der Maßstab ist das Einfamilienhaus in verschiedenen Konfigurationen in Zusammenspiel<br />

mit Freiraum und Landschaft sowie der städtischen Infrastruktur (Studio Gans,<br />

dArchitects, 2007).<br />

Das Lower Ninth Ward wird mit seiner besonderen Geschichte, seiner örtlichen Kultur und<br />

seiner vorher bestehenden, wenn nicht breiten, jedoch dichten sozialen Struktur, als besonderer<br />

Ort der Stadt New Orleans erkannt. Die länger währende Überflutung des Stadtteils<br />

und die Umstände <strong>nach</strong> der Katastrophe haben dazu geführt, dass hier wesentlich<br />

weniger Bürger, 20 Prozent, zurückkehren konnten, im Vergleich zu 50 Prozent für den<br />

Rest der Stadt. Das Programm dient dazu, die Rückkehr zu ermöglichen und zu verhindern,<br />

dass das Lower Ninth Ward ein Geisterstadtteil bleibt.<br />

Model Block Wohneinheit (Studio Gans, dArchitects, 2007)<br />

Model Block Modul-Variation (Studio Gans, dArchitects, 2007)


ANMERKUNGEN:<br />

1. Übersetzung durch den Verfasser<br />

2. Shotgun Houses sind eine lokalen Typologie, in der Räume<br />

ohne separate Erschliessung hintereinander in einem schmalen,<br />

langen Hausgrundriss angeordnet sind<br />

3. Der Plan wurde entwickelt in Zusammenarbeit mit Fachleuten<br />

von der Cornell University, Columbia University und der University<br />

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Gans, dArchitects.


Impressum<br />

<strong>TUM</strong> Technische Universität München<br />

Fakultät für Architektur<br />

Arcisstrasse 21<br />

D - 80333 München<br />

<strong>Wiederaufbau</strong> <strong>nach</strong> <strong>Naturkatastrophen</strong><br />

Ergänzungsfach Gender in Architektur und Städtebau SS07<br />

Konzeption und Leitung:<br />

Nicola Borgmann, Kunsthistorikerin und Architektin, München<br />

nicola.borgmann@gmx.net<br />

Astrid Weisel, Architektin, München<br />

astrid.weisel@tum.de<br />

Referenten:<br />

Prof. Thomas Bock, TU München<br />

Peter Burk, Architekten über Grenzen<br />

Peter Gotsch, TH Karlsruhe<br />

Mark Kammerbauer, Bauhaus Universität Weimar<br />

Lars von Minden, UNOPS<br />

Heike Molzberger, Architektin München<br />

Dr. Wolfgang Kron, GeoRisikoForschung Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft AG<br />

Cornelia Redecker, TU Delft und TU München<br />

Rico Wallenta, ani. arch-net international<br />

Studenten:<br />

Martina Albrecht, Michael Arnold, Benjamin Büttner, Marie Chaufer, Chih-Chieh<br />

Chuang, Mae Seetha Dauth, Marta Dimitrova, Konstantin Drexlmaier, Robert Fischer,<br />

Aloysia Forestier, Barbara Geissel, Nicola Graiss, Anja Gruber, Daniel Haas, Kerstin<br />

Heller, Hanna Kohl, Johanna Kluß, Nina Kielbrei, Silvie Koberstein, Viktoriya Kolcheva,<br />

Junze Liu, Sabitha Lorenz, Patricia Lutz, Manuel Mühlbauer, Andreas Mrosek, Adriana<br />

Puhallova, Eva Schamberger, Christian Selig, Philipp Stumhofer, Christian Speckbacher,<br />

Lucia Stöger, Jan Taucher, Carina Thaller, Christina Thanner, Katharina Tron, Philipp<br />

Vohlidka, Guillaume Weiss, Patricia Wurst, Magdalena Zogorska

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