Festival der Künste 2009 Acht Seiten Schwarz-Special Michel Comte

Festival der Künste 2009 Acht Seiten Schwarz-Special Michel Comte Festival der Künste 2009 Acht Seiten Schwarz-Special Michel Comte

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20zett 2–09 / bühnedas theaterder zukunftAlles ganz anders und neu zu erfinden, ist dieewige Lust und grosse Chance des Schauspiels.Die Theaterausbildung an der ZHdK nimmtdiesen Anspruch ernst, und zwar mit einemvöllig neuen Konzept ab Frühling 2010.Stefan Schöbi* schaut in die Zukunft desTheaters der Künste.Das zwanzigste Jahrhundert hat das Theater vielfach neuerfunden. Die immer schnelleren Veränderungen der Lebenskulturund umstürzende Entwicklungen der Technik,Wissenschaften und Künste spiegeln sich auch in Schauspielund Drama. Von der Avantgarde zum politischen Theater,vom Regietheater bis zur Postmoderne wurden der Mensch(bzw. der/die SchauspielerIn) und der Raum (als Bühne) immerwieder neu skizziert oder wiederentdeckt. Mit den innovativenneuen Formen verbinden wir bekannte Namen wieBertold Brecht, Konstantin S. Stanislawski, Wsewolod E.Meyerhold, Erwin Piscator, Giorgio Strehler, Samuel Beckett,Peter Zadek, Claus Peymann, Peter Weiss, Peter Brook oderAriane Mnouchkine. Die Öffnung neuer Theaterräume undder Austausch der Bühne mit anderen Künsten wie der Malerei,dem Film, dem Tanz und der Musik zeigen, wie wandlungsfähigdas älteste Medium der Welt ist.Trotzdem hat sich in der Bühnenlandschaft Europas, so auchin den Häusern der Stadt Zürich, relativ wenig verändert. Nebenseiner Bereitschaft, alles, aber auch wirklich alles überden Haufen zu werfen, hat das Theater auch einen klaren Hangzur Tradition. Dies gilt auch für einen Teil des Publikums, dasam liebsten nur Klassiker sehen möchte (Christoph Marthalerbekam dies während seiner Zürcher Intendanz zu spüren). Esist gerade diese Spannung zwischen einer endlosen Kette vonWieder-Inszenierungen der ewigen Bühnenstoffe und derMöglichkeit, die Welt und den Menschen innert Sekundenneu zu erfinden, welche das Bühnenfach auszeichnet.Nachhaltig und zukunftsweisend sollen die Curricula an derZürcher Hochschule der Künste gemäss Leitbild der Hochschulesein. Um diesem doppelten Anspruch gerecht zu werden,erneuert das Departement Darstellende Künste und Filmdie Ausbildungsstruktur der Theaterlehrgänge auf das kommendeFrühlingssemester 2010. Auch das Betriebskonzeptdes Theaters der Künste wird den Neuerungen angepasst undändert sich grundlegend. Noch sind die Konzepte nicht bisins Detail ausgearbeitet, aber die wesentlichen Neuerungenstehen bereits fest.Plattformen statt InszenierungenWie sieht das Master-Studium ab Frühling 2010 konkret aus?Es sind vor allem die Aufführungsformen, die Änderungenerfahren. Die Neuausrichtung soll nämlich Kollaborationsformenfördern, die verstärkt zu nicht im Voraus festgelegtenkünstlerischen Experimenten unter Laborbedingungen motivieren.Die klassische Einheit der „Inszenierung“ oder „Produktion“im bisherigen Sinne ist deshalb nicht mehr vorgesehenund wird von sogenannten Plattformen abgelöst, diekünftig Form und Struktur des Master-Studiengangs bestimmenwerden.Es handelt sich dabei um künstlerische Projekte im Rahmeneines experimentellen Spielfelds, dessen Regeln die Mitspielendenfestlegen. Die Formate werden nicht vordefiniert;damit ist der Spielraum für eine Interaktion der Künste, fürInnovation in den Formen und für eine echte Weiterentwicklungder dramatischen Möglichkeiten weitgehend offen. UnterschiedlichsteFormate der Präsentation sind zugelassen:transdisziplinäre Kollaborationen, ad hoc zusammengesetzteEnsembles oder individuelle Formen, vom Monolog bis zumMassenauftritt. Das Experimentierfeld soll eine Vielzahl unterschiedlichsterkünstlerischer und forschender Arbeitenhervorbringen. Die Formen des Produzierens werden deshalbenthierarchisiert: Es gibt keine festen Rollenverteilungen imSinne des Leitens und Ausführens. Mehr als das Produkt stehtdenn auch der Prozess im Vordergrund des künstlerischenSchaffens: Er ist in jedem Fall ein „Ergebnis“ des Arbeitens,und auch das Scheitern einer künstlerischen Arbeit kannPräsentationsform und -gegenstand sein. Als Gegengewichtzur prinzipiellen Offenheit der Form werden die jeweils etwasechs Wochen dauernden Plattformen von einer Künstlerpersönlichkeitinternationalen Rangs mentoriert, geleitet und inhaltlichverantwortet.Drei fixe SpieltageAuch das Theater der Künste als Bühne der Zürcher Hochschuleder Künste wird sich dem neuen Ausbildungskonzeptanpassen. Der Spielbetrieb entfernt sich dabei von dem eineskleinen Stadttheaters (welches das Theater der Künste ohnehinnie sein sollte oder wollte). Eine kurzfristige, inhaltlichsehr freie Planung löst den klassischen Theaterbetrieb ab. SolcheModelle sind erfolgreich auch in anderen europäischenStädten im Einsatz, etwa im Kubus der Volksbühne Berlinoder in der Spielstätte Theater Schmidtstrasse 12 des Hausesschauspielfrankfurt. Das Theater der Künste wird künftig wöchentlichan den immer gleichen drei Abenden – Mittwoch,Donnerstag, Freitag – seine Tore öffnen.Neue PräsentationsformenDas Theater der Künste wird vermehrt als freier Aufführungsraumund künstlerisch-kulturelles Fenster zur Öffentlichkeitverstanden. Hier können verschiedenste Formate mit Aufführungscharaktergezeigt oder dargeboten werden, und zwarvon Master- oder Bachelor-Studierenden gleichermassen.Die inhaltliche Konzeption liegt künftig in den Händen einerstudentischen Planungsgruppe, welche die Produkte derPlattformen auffängt und die Abende aus den vorhandenenElementen programmiert. Auch kurzfristig eingereichte Szenenfinden dadurch ein Publikum. Ein Abend im Theater derKünste kann ein einzelnes Produkt zur Aufführung bringenoder aus einer Komposition von mehreren kleineren Darbietungenbestehen. Die Bühne A wird hierzu mit einem Jahresbühnenbildausgestattet, welches gleichzeitig Schauplatz

ühne / zett 2–0921und Gegenstand des Inszenierens sowie Projektions- undReibungsfläche in einem sein wird. Auf Bühne B werden Projektegezeigt, die ohne grösseren Aufwand seitens der Techniknicht realisierbar wären und eine längere Vorlaufzeit benötigen.Das Zeughaus schliesslich steht als Laborraum für diefreie Entwicklung von Formaten, Elementen und Installationenzur Verfügung.lich zu machen und das noch nie Dagewesene leibhaftig werdenzu lassen. Der lange Atem der Kunstform Theater zehrtvom Innovationspotenzial der Disziplin. Und die Schauspieler,Regisseurinnen, Szenografen und Dramaturginnen, die ineinem so wandelvollen Umfeld ihre Ausbildung absolvieren,werden bestens gewappnet sein für den Theaterbetrieb derZukunft – wie immer er dannzumal aussehen wird.Das Theater als Raum der Möglichkeiten: Ab März 2010 steht auf der nochleeren Bühne A ein Jahresbühnenbild.Alles wird anders – so lautet einmal mehr die Devise am Theaterder Künste. Die Techniker des Produktionszentrums,die den Theaterbetrieb hinter den Kulissen auch in Zukunftgewährleisten werden, erbringen bis zum Startschuss imkommenden Frühling Höchstleistungen. Das Werbebüro derZHdK muss sicherstellen, dass das Publikum die neuen Angeboterechtzeitig versteht – und neugierig wird. Und nicht zuletztsind auch die Studierenden gefordert, die nach der Umstellungauf Bologna bereits die nächste Novität erleben. Esgehört indes zum Wesen des Theaters, das Unmögliche mög-* Stefan Schöbi leitet das Werbebüro ZHdK und betreut die Öffentlichkeitsarbeitdes Theaters der Künste; als promovierter Theaterwissenschaftler liegtihm die Zukunft des Theaters besonders am Herzen(stefan.schoebi@zhdk.ch).

ühne / zett 2–0921und Gegenstand des Inszenierens sowie Projektions- undReibungsfläche in einem sein wird. Auf Bühne B werden Projektegezeigt, die ohne grösseren Aufwand seitens <strong>der</strong> Techniknicht realisierbar wären und eine längere Vorlaufzeit benötigen.Das Zeughaus schliesslich steht als Laborraum für diefreie Entwicklung von Formaten, Elementen und Installationenzur Verfügung.lich zu machen und das noch nie Dagewesene leibhaftig werdenzu lassen. Der lange Atem <strong>der</strong> Kunstform Theater zehrtvom Innovationspotenzial <strong>der</strong> Disziplin. Und die Schauspieler,Regisseurinnen, Szenografen und Dramaturginnen, die ineinem so wandelvollen Umfeld ihre Ausbildung absolvieren,werden bestens gewappnet sein für den Theaterbetrieb <strong>der</strong>Zukunft – wie immer er dannzumal aussehen wird.Das Theater als Raum <strong>der</strong> Möglichkeiten: Ab März 2010 steht auf <strong>der</strong> nochleeren Bühne A ein Jahresbühnenbild.Alles wird an<strong>der</strong>s – so lautet einmal mehr die Devise am Theater<strong>der</strong> Künste. Die Techniker des Produktionszentrums,die den Theaterbetrieb hinter den Kulissen auch in Zukunftgewährleisten werden, erbringen bis zum Startschuss imkommenden Frühling Höchstleistungen. Das Werbebüro <strong>der</strong>ZHdK muss sicherstellen, dass das Publikum die neuen Angeboterechtzeitig versteht – und neugierig wird. Und nicht zuletztsind auch die Studierenden gefor<strong>der</strong>t, die nach <strong>der</strong> Umstellungauf Bologna bereits die nächste Novität erleben. Esgehört indes zum Wesen des Theaters, das Unmögliche mög-* Stefan Schöbi leitet das Werbebüro ZHdK und betreut die Öffentlichkeitsarbeitdes Theaters <strong>der</strong> Künste; als promovierter Theaterwissenschaftler liegtihm die Zukunft des Theaters beson<strong>der</strong>s am Herzen(stefan.schoebi@zhdk.ch).

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